Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, May 20, 1904, Zweiter Theil, Image 9

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L
W.
ci M ein wundersame Leben (
eines Made Duft,
Use Gnade flink ich schweien
Wo durch vie weiche Lun.
Sie breitet aus die milden hände
reicher S en niederträuft
DaLicht und iede sonder Ende
Sich cufdas Daier frei Menschen«
u .
Des Himmels Schuh wird ausgestreu
lieh
Das rs faßt all’ die Fülle nicht;
Ei w rd das Seligfte verschwendet
Duft Liebe, Wärme, riledern Ficht!
ix Da n
—
Wenn der Wind aus dieser
Richtung kommt.
Frei nach dem Englischen von Jo
hannes Bernhard
,,Jch tiinimere mich nicht um dag,
was du mir sagst. Jch habe mir eine
neue Toilette angeschafft, und deshalb
gehe ich.«
Du ironeft mir also?«
Sie warf den Kopf trotzig hinten
iiber und schob die rothen Lilpen vor.
Sein Antliß wurde finsteret. Eg
war idr erster Streit. »Nun aut, dann
wirft du ohne mich geben«
Er wandte sich ungeduldig von der
tleinen Frau ab und trat an das Fen
ster. Hätte er sie betrachtet, so wiirde
er gefunden haben, daß ein Schatten
von Trauer ihr hübsche-» feines Ant
liy verdiintelte
»Es wird ein sehr schönes Fest, « be
gann sie plötzlich, »und nach delnTanxe
ein auggesuchtes Souper . . «
»Ich wünsche das Ballfeft dorthin,
wo der Pfeffer wächst!« Aver, ais
wolle er seine verlorene Wiirde wieder
gewinnen fuhr er fort: »Ja-h habe dir
meine Antwort qeaeben, «.tlora.«
»Und ich dir die meine· 'cnuwortete
sie mit einem Versuch, entschlossen aus
zusehen.
l» ins-bi- bsftin sein-n schwirrt-In
Schnurrbart. Sein Jnneres torbte
vor Wutb. »Wir wärenallo einig.«
Er schellte.
«Janas!« sagte er zu dem Diener.
uBarte meine Neifetasche.«
Sie triillerte eine lustige Melodie
vor sich bin und that, als ordne sie ei
nige Rosen in einer Vase.
»Willst du verreisen?« fragte sie
gleichgiltig. Ein auter Einfall tam
ihr: »Wir-hin soll ich deine Briese sen
den?«
»Damit brauchst du dich nicht zu be
iasten. Jch werde Jenas meine Adresse
Lebens fiigie er hinzu und verließ das
Zimmer.
Sie f te sieb ins Saphir »Das war
nicht brib ch von ilsm.« sprachsie zu sich
selbst- « u reifen und mich mitten in
der Sai on allein zu lassen« Sie wa
ren a erft sechs Wachen verheirathet!
"«brenddesfen saß er in seinem
Zimmer und las die Zeitung. Er
durchlief die lange Lifte der vornehm
sten Badeorte und blieb bei Lyttleton
Sand-I stehen. das durch feinen Fisch
reichtbunr und feine ersitlasfiqen Gast
höfe berühmt ist. Er beschloß. dort
hinzugehen Der Zua fuhr fiinf llyr
dreißig Minuten. Er hatte also noch
eine halbe Stunde . . . .
«Senden Sie die Briese nach Lyttlei
lon Sands, Esplanaden Hotel, Jo:
nas!«
»so Befehl. gnädiger Herr. Glück
liche Reife!" sagte der nlte Diener, nnd
der Wanzen fuhr davon.
If O O
Es war ein sehr reaneriicherTag am
Meere. Der Regen itrömte vom Him
» mel herab, und ein talter Wind draon
durch jede Fuge in den Fenstern und
This-ten des Spielen
--.- . pp
Iitvilh Der allem unten-Zimmer nig,
- drückte wie rasend auf den elektrischen
Knopf, und ein Diener zeigte sich.
»Sei-n Sie dort,« sagte Neoill ver
zweifelt. während er aus den Ofen
zeigte, ans dern dichter Rauch ins Zim
mer drang.
»Ja, leider, mein Herr." sagte der
Diener entichuldigend, »so geht es aber
immer trenn der Wind aus dieser
tliichtun lotnmt.«
Nevi betrat die Vorhalle
«Sind Briefe siir mich gehnttnen «-.'«
Ratte er an diesem Tage zum zehnten
a e. ·
»Jatvohl, hier isi etner.«· Der Por
tier überreichte ihm einen Pries, der.
wie er wußte, eine Rechnnnq enthielt.
Nevills Gesicht hatte sich einen Au
penblicl aufgelliiri, aber ebenio schnell
wurde es auch wieder länger.
»Wir ist der Solon?'« srastte er är
gerlich. »Ich bin gezwungen, dort Zu
flucht zu suchen. Jtn Lesezimmer ist cs
vor Rauch nicht auszuyalten."
»Ach ja, mein Herr, das tft immer
der Fall, wenn der Wind aus dieser
Richiung. . .
»Ti- weiß, ich weiss!" rief er in vol:
let rztveiflung über diese Entschul
digung. die er jeden Augenblick hören
mußte.
An der hoteltasel tonr leine einzige
Gesellschaft eine alte griesgrämige Da
nte, die ihren Mund nur öffnete, wenn
sie etwas zu lritiftren hatte. Seine
Gedonlen lehrten wiederholt ist seinem
gemiitltlichen Speisezimmer, dem aus-:
nterisatnen Jenas nnd vor Allem zu
dein kleinen allerliehsien Geqeniibek do
rin zurück, das ihin fo freundlich zu:
Akte und so hiibfch zu plaudern
VI te.
»Ach sich int Solon nieder. Am
Fenster sah die alte verdrießliche Dante
stil eine-! ßf Sitielsirmnpf in der
Hand. Der träte-l war aus den Bd
« greises-seid —
Staats Anzejger Und Yrrold
J. P. Windalph, Herausgehen Graad Island, Nebr» 20. Mai 19()4. (-Zwecter"k«liccl) Jahrgang 24. No .-3-««.
k
den gefallen, Er hob ihn auf und
reichte ihn ihr mit einer Berbeu ung.
Sie beantwortete .ste mit einem eifen
Ricken des Kopfes und murmelte:
»Dante«.
Er versuchte, eine Unterhaltung ein
zuleiten »Seht re neris er Tag"
Sie blickte von igrem trickstrumps
aus und nahm die Brille oon der dün
nen Adlernase.
»Junger Herr, Sie dürfen nicht kla
gen. Gott- giebt uns auch Sonnen
schein, wenn er glaubt, daß die richtige
Zeit da ist«
Darauf pukte ne ihre Brille und
setzte sie mit einem Ruck auf die Nase,
wobei der Knäuel wieder zu Boden
fiel.
Dies-mal machte er sich nicht die»
Mühe, ihn wieder aufzuheben, son
dern verabschiedete sich mit einem küh
len Gruße. Auf der Straße traf er
teine Seele. Ein einsamer Strand
wächter marschiert oor dem Zollhause
auf und ab
,,Jst teine Aussicht aus besseres Wet
ters" fragte Neoill.
Der Wächter schüttelte den Kopf.
»Nein, das glaube ich nicht. Der Ne
aen wird den ganzen Tag anhalten,
und ich würde mich gar nicht wundern,
wenn er auch morgen fortdauerte. Se
hen Sie, Herr, wenn der Wind aus
dieser Richtung. .
Jtevill war bereits verschwunden
Es schien sich alles gegen Neoill ver
schtooren zu haben. Der Regen wurde s
heftiger und heftiger. Er begann, sich i
nach seinem Heim zu sehnen und nahm ]
sich vor, Nara mit einigen freundlichen (
Worten zu versöhnen. Jn Gedankens
sah er schon ihre Freude bei seiner(
Rücksicht I
Betrachtete er alles in allem, so war
er ja eigentlich etwas zu schroff ausge
treten. Er hatte sich als richtiger Ty
rann benommen. Sie waren doch erst
sechs Monate verheirathet, und doch
hatte er ihr den Ball abgeschlagen. aus
den sie sich so unendlich gefreut hatte.
Und ietzt war sie ohne ihn gegangen.(
Das hatte sie gut gemacht — dachte er
bei sich selbst mit jenem vollständigen
Wechsel der Anschauungen, der bei hef
tigen Naturen so ost eintritt. Er er
hob sich und griss zur Reisetaschez denn
er hatte seinen Entschluß gefaßt: er
wollte schon mit dem nächsten Zuge
fahren.
Der Zeitung-junge ries draußen:
»Extrablatt! Extrablatt!. .. Großes
Brandungliiel in London . .. Dreis,ig
Damen aus einem Balle verbrannt!«
Inzwischen ries eine andere Stimi
me: »Ertrablatt, Extrablatt. .· Feuer
aus einein Londoner Balle. .. Dreißig
Damen der vornehmen Welt umge-—
kommen. . .«
Er toar wie vom Schreck gelähmt.
Plötzlich fuhr er auf und stürzte aus
die Straße, unt ein Ertrablatt zu lau
sen.
Lillzl Da stand es mit seiten Let
iern: »Brandungliick aus dem Balle der
Frau Elise Baring...« Er stöhnte
laut. Das war ja der Ball, ten sie
besuchen wollte! Die Buchstaben tanz
ten vor seinen Augen umher, er tonnte
nicht weiter lesen.
Nevill wnnlte die Trevven hinauf
nnd sing an, wie von selbst seine Nei
setasche zu packen. Darauf sah er im
Siurssbuch nach. Entsetzlich: er war ge
«,rvungen, bis zum folgenden Tage zu
Ovartent Der Zug ging erst am näch
sten Morgen um sieben Uhr. Und die
Zeitangsiungen mit ihren heiseren
Stimmen fuhren sort, die nnheimiiche
Neuigteit auszuruskn
Er begann aus dem langen Gang
aus- nnd abzugeben. Das Gongzei
chen zum Essen ertönte; er hörte es
aber nicht. Er ging immer hin und
het. .
Eine Tbür wurde geöffnet, und er
hörte eine Frau lachen -- ein schönes
sonnentlares Lachen. das ihn an Nora
erinnerte. Weshalb tvar er nicht mit
ihr aus den Ball gegangen? Viell:icht
hätte et sie retten können. . .
Er zog sich schnell zurück, als ein
Dienstmädchen aus dem Zimmer trat.
»Bleib: nicht zu lange sort, Vikto
rine«« sagte eine Stimme aus dem Jn
nern des Zimmers.
Aus einem Sopha im Halbduntet lag
eine Dame in einem schmiegsarnen
Abendkleide, das so reich mit Spitzen
und Stickereien besetzt war, daß man
ihren tieinen blondloaigen Kops kaum
sehen konnte.
Er stand bereits aus der Schwelle.
..Sie scheinen sich zu irren, mein
herr. Dies ist ein Privatzimmer.«
»Nota. Norat«, ries er aus und
wars sich vor ihr aus vie Kniee.
.Du verbitt-Pia mein steil-I sagte
sie mit einein schwachen Versuch ernst
zu scheinen. Dann brach sie in ein
munteres Lachen aus. Es klang wun
rervoll, entzückend, bezaubernv. -
»Du hast dich also voch nach mir ge
;srt)nt,« sagte sie triumphirenv, wäh
lrrnv sie vie Arme um seinen hals
« schlang und sliisterte:
»Ich ging nicht aus den Ball, son
dern kam hierher, um dich zu überra
schen!"
Sie richtete sich aus; ihre Augen
leuchteten vor Freude. Noch hatte sie
nichts von dem Unglück gehört, vem sie
entgangen war.
»Ach, möchte der Regen doch nach
lassen,« stöhnte sie· »Erst fragte ich
den Kellner, dann den Portier und
schließlich den Wirth, und alle antwor
teten sie:
»Sehen, gnädige Frau, wenn der
Wind aus-. . . .«
Nevill küßte die Fortsetzung von ih
ren Lippen weg.
Durch die Wüste.
Erinnerungen eines modernen Land
tnechts.
Es war im Januar 1868... Ein
halbes Jahr vorher hatte ich noch der
preußischen Armee als Ossizier ange
hört und als solcher auch bereits den
Feld-Fug 1866 mitgemacht. Nach dem
Durchtosten des bunten, wechselvollen
Kriegslebens wollte mirs der eintönige
Friedrnsdienft nicht mehr recht beha
gen. Jugendlicher Leichtsinn und Ju
gendiibermuth kamen hinzitslurzuw
im Januar 1868 stand ich, in meinem
Drange nach Abenteuern, vor dem
französischen Werbebureau in Meh.
um mich auf fünf Jahre siir das »re
giment etranger" engagiren zu las
sen. »Welche Thorheit"· . . werden
viele meiner Leser sagen, und heute
stimme tch ihnen darin volllommen bei,
aber damalsL .. Wer konnte damals
auch nur ahnen, in wie kurzer Zeit
meine Kriege-—- und Abenteuergeliiste
in ganz anderer Weise hätten gestillt
werden können Wer glaubte in jenen.
Tagen an einen nahe bevorstehenden
Kriegt —
Jedensallszs nahmen die Herren
Franzosen mich sofort an. Sie fragen
beim Anwerben siir die Fremdenlegion
überhaupt nicht lange nach dem Wo
her und Weshalb, denn altgediente
Soldaten sind siir fI ein Material,
das sie ganz prächtig in Algier als lta
nonenfutter verwenden können.
Das Werbedepot in Metz gehörte da
mais dem ist. Chafseurbataillon an.
Schön war der Aufenthalt auf diesem
Werbeplatze gerade nicht. Wir mußten
volle vier Wochen in Metz zubringen,
ehe der übliche Transvort von 25
Mann Neuangeworbener vollzählig
war. Dann wurden wir ver Bahn
nach Marseille geschafft, erreichten von
dort nach einer stürmifehen lleherfahrt,
die wir Tag und Nacht trotz hiiusiaen
Regens ständig auf Beet zubringen
-nus1,ten, die Hafenitadi Oran und nach
zweitägigem Fußmarfcti Maskera.
Dort erft fand unfere Einlleiduna uan
Bewaffnuna statt, woran wir durch
ein dreiwöchigeo, ganz obersliichlisleg
Exerzieren in »fertig ausgebildete,
französifche Soldaten« umgewandelt
wurden. -- Damals wielleicht auch
heute nochi mußte der französischc
Soldat dem Staate feine Umfan
Wäsche und Fußbetleidung bezahlen,
0. y. es mulor qtrrfut wn teure cuu
nung eine bestimmte Summe einbebal
ten. Hielt nun der einzelne Mann
seine Sachen gut instand und nahm
tein neuen, so machte er in seiner Ab
rechnung ein «Vlus«, das ihm viertel
jährlich ausbezahlt wurde. An lolcben
Imhltagen war nach altehrwiirdiakm
Brauch das halbe Reaiinent regelmii
hig . . . bezecht, ohne das; jemand des
wegen bestraft rund-· Jn dem damals
äußersten Grenznest der Provinz Oron
in literville dessen Garnison nir
sehe bald sag-theilt wurden, nahmen
sich soaar an den Zahltaaen eine
Menge Leute 48 Stunden Urlan nnd
zackern Init Lebensmitteln, vor allein
aber mit Kognat und Abfinth reichlich
versehen, ins Gebirge. wo sie an sehnt
tiaen Quellen ihre Zelle ausschlunen
»pouk saire la noce«, wie es in der vul
aären Soldatenspkacbe aenannt wurde;
in Wirttichteit, um eine lolossalc
Trintoraie zu feiern. Meist waren
schließlich Patrouillen nöthig, um diese
allzu Feuchtfröhlichen nach 42 Sinn
ten zum Kamp zurüazuaeleiten »
Ich habe während meiner Leaions
zeit viele anstrengendc Märsche miige
macht, der nach Geryville aber gehörte
entschieden mit zu den schlimmsten Er
währte volle 20 Taae und siihrte uns
durch eine trostlos öde Wüstenaeaend,
in der alles Leben erstorben schien. So
weit bas Auge reichte. überall nnr
Sand und nacktes Felsgestein, tahler
Fels und Sand. Schon ein paar em
porstatternde Raben oder eine graue
Eidechse, die sieh aus den Felsen sonn
te, bildetest in dieser Wüstenei ein Er
eigniß. Sonst ließen sich nur noch ge
sräszige Aasgeier sehen, die unseren
Spuren folgten und, die Biwaks und
Schlachtpläye umkreisend, auf ekle
Ayung lauerten. Es war siir uns alle
ein recht hart-er«Marsch, am meisten
aber hatten die bisherigen Nichtsolda
ten zu leiden, die sich nur zu bald die
Füße tvundliesen. Die Etappen und
damit die Länge unserer täglichen
Märsche richteten sich einzig und allein
nach den vorhandenen Wasservlätzen,
nnd diese lagen in sehr verschiedenen
Entfernungen voneinander. Hin und
wieder waren es nur Bo, ost aber auch
M, selbst 50 Kilometer, die wir in ei-—
nem Tage zurückzulegen hatten.
Der späteren großen Tage-inne we
gen wurde bereits um It Uhr früh aus
gebrochen; doch schon eine Stunde iu:
vor mußten von uns mit vor Kälte
starrern Händen die thaunassen Zelte
abgebrochen, gerollt und ausaeschnallt
werden. Dan hieß es fluas sich selbst
fertia machen und noch in Eile das
spärliche Frühstück verzehren. Kaum
i eine Sttinde«11nterwegg, Zog siels unsere
Hjiarscnkolonne schon bedenklich in die
; Länge. Doch daraus achteten die Li
siziere wenig· Wirkliche MarschdigiL
plin war ja von jeher der Franzosen
. schwache Seite, und in Alaier eiaentlich
nur eins Verpönt: das Zurückbleiben
Icinzeluer Manuschastm Wehe dem,
lder keuchend unter der schweren Ge
väck : lleberlastung zusammenbrach!
Ward’5 ihm doch schon schwer, allein,
ohne eine hilfreiche Hand wieder aus
die Füße z:« kommen. War der Grund
des Aussvnnnens nur eine vorüber-:
gehende Schwäche gewesen und über
nahmen g.itmiithige, selbst schwer be
vackte Kameradener eine Weile einen
Theil seiner Ausriistiing, dann ginge
noch. hielten aber die Kräfte des
Mannes nicht bald wieder stand, brach
er oon Neuem zusammen, so verfiel er
unretthar der gesiirchteten Arrierre
garde, und diese tannte kein Mitleid.
Fiir sie galt nur eine als Richtschnur:
der Befehl alle noch irgend Inarschir
fähigen Nachziigler mitzubrinqem und
Wenn sie darum selbst auch noch so spät
Abends die Etappe erreichen sollte.
Diesem Befehl kam sie oft m aeradezu
empörender Art nach, zumal, wenn
ihre Führer vermutheten, dass hinter
der Erschdpfung des Zurückgebliebenen
zum Theil böser Wille zu suchen"sei.
Das Gepaet wurde dein Unaliictlichen
allerdings abgenommen, ihm zugleich
aber die Schlinge einer Futterleine um
jden Hals aelegt, und diese am Trag:
; sattel eines der weitauöschreitenden
.Maulthiere befestigt, die die toinfor
tabse Kürheneinrichtuna der Osfiziere
trugen. So blieb dem Gemarterten nur
die Wohl, entweder mit äußerster
Energie seine Schwäche zu b-et«cimpsen,
oder aber elend ftrangulirt zu werden.
Konnte der Ungliickliche absolut nicht
mehr fort, dann ward er einfach sei
nem Schicksal überlassen. nachdem ihm
zuvor Waffen und Montnr bis auf die
Kvpsbedetuna und die Schuhe sortaes
nointnen mun. Diese Stücke mufeten
siir den französischen Staat gerettet
werden. So forderte es die Vorschrift.
Jch übertreide nicht, sondern erzähle
die volle Wahrheit!
Ein schon halb Berlorener, blieb der
Marode inutterseelenallein in derWüste
zurück. Mit welchen Gefühlen solche
Unglückiichen den letzten sichtbaren
Punkt der abmarschirenden Kolonnes
verschwinden sahen, das vermochte
kaum einer von ihnen zu berichten,
Heim mit leyk lvellth lehrten irr-euer
An alle waren nur zu bald die Schreck
i.isse der Wüste herangetreten: die sen
gende Sonnengluth und der entsetzlich
Durst, und wenn endlich die herein
brechende kühle Nacht diese Martern
auch ein wenig linderte, fo barg sie
dafür andere, noch furchtbarere
Schrecken in fich. Rings um den Ver
fchmackptenden bildete ficli allmählich
ein immer enger werdender Kreis
beutegieriger Schala15. Auf den Hin
terbeinen hockend, glotzen sie mit blnt
unterlansenen Augen gierig zu ihr«
hinüber -s - zu feige, um anzugreifen.
lo lange ihr Opfer noch einer einzigen
Bewegung fähig ist. Jetzt aber um
fängt diesen eine tvohlthätige Ohn
macht. Mit inarlerschiitterndem strei
schen wirft sieh die lüstetne Meuteanf
ihn, stiebt aber mit Jarnmergeheul
ebenfo schnell wieder auseinander. Ein
Stärker-er ift zwischen sie gefahren,
eine Hhäne, der bekanntlich der Ge
rnehssinn abgeht, und die deshalb stete
einern Nudel jagender Schatale folgt.
Witthend mn sich beißend. verscheucht
dieser Große die tleinen Räuber, und
ein einziger Biß seiner gewaltigen
Kinnbacken befreit den armen Ohn
mächtigen von all feiner Qual. Ich
felbft stieß einft bei der Suche nach
einem Verwundeten in buschigein Ge
birgsland auf die Ueberrefte eines Le
gionär3. der dort elend umgelommen
war. Neben ein paar abgenagten
Menschenlnochen lagen nur noch die
Holz-, Eisen- und Messingtheile seiner
Ausriiftung — nebst Leder-setzen. denn
sselbft das Lederzeug und die Schuhe
hatten die Bestien in ihrem Heißhun
ger angefressen.
Doch fort von dem grausigen Bilde!
Kehren wir zu unserer Marschlolonne
zurück, die endlich ihr TageszieL eine
Zisterne und damit ihren Biwalplatz
erreicht hat. Jetzt heißt’s, die Zelte
aufschlagen. Selbstverständlich zu
nächst die fiir die Offiziere, für welche
auch Brennholz, vor allem aber fri
sches Wasser zur Mischung ihres Ab
sinths herbeigeschafft werden muß.
Dann erst darf die Mannschaft für sich
selbst sorgen. Das alles war aber
durchaus nicht so leicht, denn auf den
meisten Biwalplätzen machten sich
Holz: und Wassermangel recht fühl
bar. Für ersteres mußten dann die
getrockneten Exlremente der Kameele
und grünes, dorniges Gestrüpp her
halten, ein Brennniaterial, bei dessen
Verwendung sich das Garlochen der
stereotypen ,,soupe« noch mehr in die
Länge zog als gewöhnlich. Ganz gar
wurde das Fleisch in der Suppe
eigentlich nie, weil die Thiere, von(
denen es stammt, stets erst auf dern
Bimalolatz geschlachtet und das oft
noch lzuclende Fleisch sofort in den
Kessel aeworfen wurde. Dazu lam
noch, dasz häufig in Ermangelung von
Salz Schiefzpulver als Würze des
Mahls hinzugetlfan werden mußte.
Aber gegessen wurde es doch. »Der
Hunger treibt«s euch schon ’nein,«be:
lehrte uns Neulinae ein alter. weiser
Legionär, und er behielt recht; zumal,
wenn die um 1 Uhr Mittags angesetzte
Suppe sich erst um 7 Uhr Abends eini
germaßen genießbar erwies. — Noch
schlimmer sah es auf den Märschen mit
der Stillung des Durstes aus. Posten
mit geladenem Gewehr bewachten an
den wenigen Zisternen deren warmen,
geschmacllosen Inhalt, um zu verhin
dern, daß außer zu bestimmten Zeiten
Wasser geschöpft wurde. Manchmal
mußten auch durch Regenwasser gebil
dete Lachen und Pfützen aushelfen.
Aus unserem Marsch nach Geryville
kam es einmal, als die Gewehre kaum
zusammengesetzt waren, um eine solche
unappetitliche Wasserpfiitze zu einem
erbitterten Handgemenge, das erst ge
trennt wurde als die inzwischeneiw
getroffenen Transporttameele sich mit
ten in den wirren Haufen stürzten,
um gleichfalls ihren rasenden Durst
zu stillen. Waren sie doch schon den
dritten Tag taum getränkt worden.
Jm allgemeinen sind diese »Chameaur«
unangenehme Thiere, die ihren arabi
schen Treibern und den zur Bedeckung
lommandirten Mannschasten manchen
Aerger verursachen. Jm Verhältnis-,
zu ihrer Größe und Stätte tragen sie
nur aeringe Lasten. Scheint nun
einein der Thiere auch diese noch zu
schwer, fo plärrt es mißmuthig,
schnappt mit schläfrigen Augen tückisch
um sich und springt schließlich aus sei-s
ner tnieenden Stellung, in der es be
laden wurde, aus. Jn das sonst so
ungeschlachte, schiversiillige Thier ist
Plötzlich Leben gekommen. Nur we
nige tolle Sprunge aus drei Beinen,
denn ein Vorderbein ist ihnen ge
lriimiut gefesselt. und die Last ist unter
den Bauch gerutscht. Dann gehts
mit einem uiisztönendem boshafirn Ge
lschrei querfeldein· Hinterher stiirmen
fluchend die arabischen Treiber, geleitet
von dem Halloh der schadensrohen
Soldatesta. Nur miihsam werden in;
solchen Fällen die steuerlos gewordenen j
.,Wiiftenschisse« wieder in den richtigen J
Kurs aebracht. Ja. ein Kameel ist
sdurchauiz nicht solch ein Muster von
s Geduld und Fügsamkeit, wofür es ge
wöhnlich gehalten wird
Gegen die Sonne schützen allenfalls-H
die Zette, nicht aber gegen die bittere
Kiilie der nordasritanischen Nächte.i
An erquickenden Schlaf war bei dem
Neuling auch nicht zu denken War
doch fast ununterbrochen das meiner
liche Geschrei sagender Schakale ver
tnischt mit dem dumpfen Laut deri
Hyänen vernehmbat. Dazwischen tönt
regelmäßig das monotone, langges
dehnte SchildwacheniAchtungl der La
gerposten. Und diese einsam stehen-;
den Schildtvachen hatten auch alle Ur
sache. acht auf sich und das Vorterrain
zu geben« sonst wurden sie das Opfer
l:-erumfchleichenrer Araber. Das wuß
»ten die Posten und hielten deshalb die
großen Steine und Alsabiichsen im
Votgelände scharf unter Obacht.
Jetzt scheint sich da vorne etwas zu
bewegen. Fester faßt die nervige Faust
War- schuszbereite Gewehr, aber. so sehr ,
’stch auch das Auge in die Dunkelhtit
fbohrt, erkennen läß« sich nichts Da
Iplötzlich erdröhnt ein Schuß. Dumpf
verhallende Detonationen längs der
ganzen Postentette geben sofort Ant-i
wort, und wenige Sciunden später tö
nen Trommeltoitbel, Hornsignale.
HWafsengetlirn Kommandorufe und k
tolles Fluchen in den verschiedenstenj
Sprachen wild durcheinander. Diesmal
was-z Täuschung gewesen und der
Alarm ein falscher; doch wehe dein Po- I
Iften, der die Augen nicht offen hält!
i
Nur zu ost winden sich die geschwebt
gen Araber schlangenarttg an ihn "
an. Ein Wurf mit ihrem nie NR
den »Madral« (einem ieulenartigen
Stock aus hartem Holz), und ohne ei
nen Laut bricht die soertraneniselige
Schildwache mit zerschmettertem Schä
del zusammen. — Zwanzig Tage wa
ren wir schon durch die Wüste gezogen,
als uns endlich unser Bestimmungs
ort Geryville in Sieht lam. Beim
Ausbruch vottt letzten Halt erscholl das
Kommando ,,Bajonett hoch!« Unter
unheimle Gerassetl flogen die ge
schweiften Bajonette aus der Stahl
scheide und wurden ausgepslanzi. Un
·ser Kommandeur wollte damit den
Arabern imponiren. Ob das gerade
hierdurch geschah, will ich dahingestellt
sein lassen. Wild genug sahen wir
aber aug, fast zu wild für eine regu
läre Truppe, denn die meist martiali
I schen Gestalten mit den trosigem son
: nenverbrannten, bärtigen Gesichterni
T steckten in arg derangirten, zerrissenen
llnisormen, als wir endlich in Gery
ville einrüctten, das vorläufig unsere
sGarnison bilden sollte
-——s——— -- —
TMaxim Gorti und Lord Lyvedem
Aus London wird geschrieben: Der
Inssische Schriftsteller, der unter dem
-c.ngenonimenen Namen Maxim Gorti
ebenso packende wie lebengwahre Schil
dernngen aus dem Treiben der russi
» schen Barsüßler schreibt, hat mit dem
englischen Lord Lyveden, der als Nach
folger seines Oheimg vor vier Jahren
seinen Sitz .im britischen Qberhaus«
clllliuyllh cllIcV gclllcllh koclsc IUIU
nämlich in ihren jungen Jahren in
allen möglichen Beschäftigungen thäti
gewesen. Von Maxim Gorki weis
man, daß er i.J. 1879 bei einem
»Schuhmacher in die Lehre trat, dann
mit einem Architetten arbeitete, als
Küchenjunge auf einem Posiboot das
Geschirr abwusch, daß er für einen
Bäcker arbeitete, bevor er Packträger
wurde, daß er nochmals Brod but,
bevor er als Sänger in einer Schmiere
mit wandernden Schauspielern in
Provinzstädten austrat; er hat einen
Selbftmordoersuch gemacht, bevor er
bei einem Rechtsgelehrten als Schrei
ber eintrat; er hat Ruszland zu Fuß
durchquert, um schließlich im Jahre
1892 in der Werkstätte einer Eisen
bahn Beschäftigung zu finden. Jm
selben Jahr erschien seine erste Erzäh
lung. Und nun Lord theden, der
vor einigen Tagen vom König von
Griechenland in Audienz empfangen
wurde. Er hat vor Jahren als ge
meiner Soldat in der königlichen Ar
tillerie gedient, war stumme Person
auf der Bühne im Hahmartet-Theater
und dann Aufwärter in einem Kost
haus in der Bowerh in New York; auf
- einein Dampfer, der die amerikanischen
Istiisten besuchte, ist er Steward gewe
sen, hat die Staaten bereist als Mii
glied einer Schmiere, bevor er als
Haupt einer Truppe wandernder
Schauspieler England durchzog. Dann
ist er Handelsgärtner geworden und
bat in Stanwict Tomaten gezogen, die
sich leider nicht inGeld umsetzen ließen.
Schließlich ging er wieder aus die hohe
See als Steward in verschiedenen
Passagierdampfern und hat seine in
diesem Geschäfte-zweier gesammelten
Erfahrungen als Proviantmeifter ber
werthet, nachdem er einen Fieberanfall
in Burnog Aires überwunden hatte.
Da starb sein Oheim, und der frühere
Soldat, Aufwärter und Komödiant ist
setzt erblicher Gesetzgeber des britifchen
Weltreiche5.
-.»-..-·. « »M
Gemiimtiche Menscher-fressen
Signor Barzini. der vortreffliche
Ilteiseredattenr dek- ,,Eorriere della
Sera« erzählt, wie der Gouverneur
ron Tentschblleuguinea sieh über feine
lieben und getreuen Unterthanen
äußert Der Gouvernem, eine echt
deutsche, martialische Gestalt, im Ge
sicht mit zahllosen Schmissen veri
sichert, »die gangbare Münze in seinem
Bereich fei der Paradiegoogel«. ,,Defto
besser,« meint der Journalift, »daß fi:
nicht, wie anderswo, mit... Men
fchentöpfen bezahlen« s-—- ,,J wo!«er
widert der Gouvernem, ,,fie fressen
auch noch die Köpfe auf.« Und er fuhr
fort: »Ja wohl, meine Unterthanen
fressen sich auf. Von Zeit zu Zeit
mache ich eine Reife ins Innere und
finde eine Zahl geröfteter Knochen.
Jch weiß nicht, ob es wahr ist« aber die
Eingeborenen fagen mir, das Fleisch
der Weißen sei schlecht, salzig und
hart. Dafür fchmecke der Chinefe
wunderbar... Jeden Augenblick ver
speisen fie mir ein paar meiner chine
fifchen Arbeiter, zuletzt waren es sechs-.
Die Eingeborenen fagen in ihrem
,,Pidgin-Enalisch«: »Chinxfe good-,
good like Sugar«. Dabei fchnalzrn
fie init der Zunge und streicheln fich
den Bauch« Und ein belgifcher Groß
liändler mer offenbar vom Kongostaat
tommt), bemerit dazu: »Wenn nun
tkhinesen als-z Schlachtvieh dorthin im
portiren konnte das :·-«i·.! ein Vic
ichöft!«
Bei der Pisnier - Uebung.
Hauptmann: »Sergeant Knebchen,
haben Sie genügend Spaten?'·
Sergeant: »Zu Befehl, Herr Haupt
mann -— Löwenbräu ift auch da!'«
—..-.-. —
tfin kleiner Schienberyet.
Frihchem »Straft der Knecht Ru
precht auch die Ksinder?«
Tante: »Gewiß, die ganz bösen frißt
er fogar auf.«'
Fritzchen (ängftlich)k »hoffentlich
kommt er Zu uns erst, wenn er schon
— satt ift!«