Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 15, 1904, Zweiter Theil, Image 9

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    Basenegeschiehtem
Das setz- was mag? siir Wunder
roa en:
Bald näheet’d lüstern sich dein Ma ,
Bald toknnit es wie ans hohen Wes-gern
Desschwarmend durch den Kopf ge
zogen.
Dann sinlt es zitternd in die Schuhe,
Und taum, daß du’s gebracht zur
« Ruhe,
So sitt es- schon mit kühnem
unge
Vertraulich plaudernd aus der Zunge.
Ja, wie das mußte mir passiren:
Man tann eö ganz und gar verlieren
Und dringt ein anderes zurück —
Und das nennt dann der Mensch sein
Glück!
Ernst Willich.
M
O Nikolaus !
Humoreste von Fritz Brentano.
Filz heißt der Held meiner kleinen
Geschichte.
Kein schöner Name, wie ich leider
zugeben muß, wenn ich das inir angeg
horene ästhetische Gefühl zu Rathe ziehe
——aber ein praktischer Name, insofern
ich den Charakter seines Trägerg mit
tritischem Scharsblict in’g Auge fasse.
Timothens Filz, vierzig Jahre alt,
ficht groß, hingegen mager, dasiir aber
häßlich, langjähriger einziger Kommie
in einer Porzellanhandlnng nnd ledig.
Ledigt Ich bitte, diese letztereEigeni
schoft der Fittich-en Persönlichkeit als
bemerlenetverth im Auge zu behalten,
denn ans ihr basirt Das tragische Ge
schick meines Helden.
Jeder Stehbtiehe hat solch ein«-Schick
sal, warum sollte mein Filz nicht auch
Das seinige haben?
Filz hiesr er nicht nur, er roaranch
Filz, ja, die zitziateit war sein her:
vorstechendster Cl)aratterzng.
Er hätte dein Harpagon Molieree
ein Double vorgeben können »Min
an ihm roch nach Geiz, Vorn spärlichen
Haar bis herab ans die schnstigifnchsis
en Stiefel, welche nur selten mit Frau
ichsbiirste intimere Belanntschast
machten. Er schrieb sogar eine geizige
Handschrift, indem er mit peinlichster
Aengstlichleit alle überflüssigen Züge
vermied und konsequent alle i ohne
Punkte in- die Welt schickte.
Mit einem Worte, Pilz war, wag
anständige Menschen einen Schniutzian
nennen. Sein Prinzipal allerdings
war lein anständiger Mensch uns
nannte ihn des-halb einen höchst soliden
jungen Mann, dessen ,,ehrent;asteSpar
saenteit« ganz seinen eigenen Prinzi
pien entspräche Er hätte ihm gerne
seine Tochter szur Frau gegeben, aber
»er hatte teene«, und so mußte sich un
ser Iilz mit dem guzen Willen begnü
gen und sich unter den übrigen Töch
tern des Landes nach einer besseren
hälste umsehen.
Und das that er auch redlich seit
vierzehn Jahren schon, allein erst in
den leßten zwei Jahren schien ihm das
Glück günstig zu sein. Seit dieser Zeit
hatte er sich nach und nach in eine sehr
respettable Bürgersaniilie eingeschmugi
gelt, weniger durch sein eigenes Ver
dienst, als rnitHilse eine-— treuen
Landsmannes, eines ehrlichen, guten
Jungen, der nit der jüngsten Tochter
des Hauses Verlobt war und nun ad
solut auch der älteren einen Mann ver
schassen wollte. Dazu aber hatte er
seinen einzigen Belannten, Timotheue
Filz, ausersehen und dieser war nack
sorgfältig eingezogenen Ertundigungen
mit allem Eifer aus das Projekt ein
gegangen.
Die Partie war denn auch keine
schlechte. Seine Zukünftige in spe war
war nicht schön, aber sie ersetzte diesen
angel durch Geld —- viel Geld. War
waren indessen bei Timotheug Fitz alle
Reize cer weiland drei Grazien geger
diesen klingen-den Reiz, und so gabe1
sich mit zähester Ausbauer der hebuns
les Schade- hin, der ihm in Gestalt
der etwas überreisen Jungsrau Dorn
thea Schelle entgegenlachte. Und de
diese um jeden Preis einen Mann an
gtnwolltq so war die Sache- ini bester
ange und den beiderseitigen Wün
schen schien nichts im Wege zu stehen
Timotheus entsattete aber auch eine
Lä--;c---h- O;-h--;n-I;-d«äss-ZO Ins-Isc
., ..... .»....» » ....... . ..... »...., .-...,.
sich hauptsächlich darin tund gab, daß
et jeden Abend mit der Familie Schelle
zu acht speiste, hieraus mit dem Al
ten zwei Stunden Sechsundsechzig dit
Partie a 2 Pfennige, spielte und sich
dann mit dem erhebenden Bewußtsein
zu Bett legte, seinem großen Ziel(
abermals um einen Schritt nähergei
kommen zu sein.
Sein» Landsmann und Protettor
hatte dasselbe allerdings schon erreicht
denn seine hochzeit sand bereits in
einigen Tagen statt. Dieses Ereigniß
hatte sür Tmotheus Filz zwei Seiten
s- eine angenehme und eine schmerz
liche.
Die erstere bestand darin, daß bei
demselben die lange gesuchte Gelegen
heit sich sand, um die 90,000 Mart —
pardon —- um die Hand von Ireäuleir
Dorothea Schelle anzuhalten — di(
lehtere lang in dem Umstand, daß ei
sich an dem Tage absolut nobel zeiget
und ein Hochzeitsgeschent geben mußte
Ein Geschenk geben! Schrecklichei
Gedanke! Er, Timotheus Mit-schen
ten! Dieses Wort war bisher niemals
in seinem Leixton zu finden gewesen
und sent pliißlich tauchte es« vor ihn
auf gleich einem drohenden Gespenst
welches am Tage in seinem Gehirr
spielte und sich währen-d der Nacht al
Yeöraskia
Btaats Inzexger Und Yerold
JMantthekq ng Gkstkstm N- 1.3-m1904 Hu- tTvn « Juhgqug24 No. III
kintefurchtbarer Alp auf seine Brust
CS
Man erzählt von Erfindetn, oder
besser gesagt Nichterfindern«, welche so
lange iiber die Herstellung eines
Perpetuum Mobile grübelten, bis sie
den Verstand verloren. Auch Timo
theus tvar zwei Tage vor der Hochzeit
nahe daran, auf dieser letzten Station
des menschlichen Geistes anzulangem
einen solch’ harten Kampf rang seine
angeborene Zähigleit mit dem uner
bittlichen Musi, sich an diesem Tage
J als ein nobler Gebet zu Präsentiren.
Und wieder stand er verzweiflutig3
voll an seinem Pult und versuchte mit
tels eines lranipfttiaften Kauens an
lseiner Feder seine Gedanken auf einen
srettenden Weg zu führen, wie er ent
Ttoeder die schreckliche Schenlung ganz
umgehen oder dieselbe doch mit mög
J lichst geringerBeläftigung feines Geld:
; beuteli in das Wert setzen könne.
j Pldtzlich fiel sein Blick in eine dunkle
E Ecke des Fiontorsz ein Freudenstrahl
· leuchtete in seinen Augen, und ein won
nigliches »Hut« cntfuhr seinen Lippen
Jch will die Leser nicht lange in Un
- getvißheit über diesen Stimmungsz
3 wechfel meines Helden lassen nnd ihnen
pflichtschuldigst mittheilen, daß derselbe
Igefunden hatte, was er brauchte —
leinen famosen Gedanlen und ein billi
t ges Mittel, um ihn sofort auszuführen.
—; Jn der duntlen Eile stand nämlich
kein lostbares französisches Porzellan
· service, und dieses wollte er dem Paare
kam Hochzeitstage schenken.
» Ohoi höre ich aus« dem Munde des
s erstaunten Lesers ertönen -- bitte aber,
dieses Erstaunen eine Weile zu beruhi
gen, denn der anscheinende Zwiespalt
in dem Charakter meines Timotheus
wird sogleich gelöst sein, toenn ich er
gänzend hinzufüge, daß das ,,lostbare
Service« leinen Pfennig werth und seit
lvielen Jahren in diese Ecke gebannt
:-war, weil durch einen unglücklichen
Fall alle Oenlel an den Kannen und
Tassen und alle Knöpse an den Deckeln
der ersteren abgebrochen —— nicht zu
gedenken der verschiedenen anderen
Wunden, welche das Ganze an jenem
Unglückstage erhalten hatte.
« Ein einstiger Lehrling’de·s Geschäf
Ltes hatte den heillosen Schaden anges
J richtet, und als furchtbares Warnung5:
IErempel siir die liinstige Lehrlings
iGeneration Ivar das ruinirte Service
jin die Ecke des Kontors verpflanzt
jtvorden Damals hatte Filz den ver
« brecherischen Jüngling schrecklich durch
gebliiut, heute segnete er sein Angeden
len. denn — doch davon später!
Vorerst muß ich den Leser mit Mitv
laus bekannt machen.
Nilolaus, ein blasser, ichmächtiger
Waisenlnabe, war der Lehrling des
Geschösts und wurde von Timotheus
Filz mit besonderer Vorliebe als Prit
geljunge benutzt. Er war einer jener
Ungliirllichen, die mit dem besten Wil
len ihren Vorgesetzten nichts recht ina
chen lönnen, vielleicht, weil diese nie
etwas recht gemacht haben wollen. Und
; wenn man das intelligente Gesicht des
"tarmen Jungen betrachtete, und dann
i am Schlusse des Quartals die Summe
Frek Kniissc und Piisse addim weiche
s e:« in sreigebigster Weise erhalten hatte,
s so drängte sich einem unwillkürlich die
lVermuthung aus, daß- der Herr des
« Geschästs sowohl, wie auch der Rom
s mis zu der leyteren Klasse von Vorge
’ setzten gehörten.
, Aber es gibt eine sühnende Gerech
- —»- A4..IL -.-.I c--L
llglklh suchst-( uuc Wust-IV aus List-tu
rächt, und darum sollte auch Nikolaus
»das tragische Schicksal« unseres Ti
motbeug werden. --« —- —
Ani Morgen des erwähnten Hoch
zeitstages gab dieser dem Priigeljun
gen den Austrag, das deselte, über und
über bestaubte Service zu reinigen, in
eine neue Kiste zu paelen und pünktlich
um ein Uhr durch einen Dienstknann
per Narren an die Adresse des Braut
paares befördern zu lassen.
Die Frage des erstaunten Nikolaus,
wozu denn dao zerbrochene Geschirr
dienen solle, wurde mit einer »Unte
gung" seitens Tirnotlyeus' beantwortet
und zugleich die tröstliche Versicherung
hinzugefügt, daß diesem Liebes.zeichen
noch weit scljagendere folgen würden,
wenn iiber die Geschichte nur eineSilbe
verlautete.
Nikolaus rieb sich die »angeregte«
Stelle und machte sich schweigend an
die Arbeit, während Herr Tiinotbeus
sich auf seine Stube zur Toilette be
gab und eine Stunde später das Haus
verließ, uni der·Trauung und den da
raus folgenden lieblichen Genüssen bei
zuwobnem
Er war außerordentlich zufrieden
mit sich, und aus seinem gelblichen Ge
sicht - tbronie ein vergnügliches
Schmunzelm Und weshalb auch nichts
Er war ja »fcheene raus«, wie man zu
sagen pflegt.
Die Hochzeitsgesellschast befand sich
in sehr animirter Stimmung, denn
Papa Schelle hatte etwas draufgehen
lassen. Natürlich, zwei Töchter an ei
nem Tag los zu werden, ist keine Klei
nigkeit, und daß Timotheus Filz heute
die Zweite erhielt, war außer allem
Zweifel. Dieser aber befand sich in ro
sigster Stimmung, die nicht wenig
durch den Anblick der reich gedeckten
Hochzeitstasel und den Gedanken ge
hoben wurde, daß die Ueberreste dersel
ben gerade noch hinreichten, seine Ver
lobung zu feiern. Mit großem Geschick
verstand er es, die allgemeine Span
nung aus sein zu erwartendes Hoch
zeitsgeschenl hinzulenken, welches, wie
er zu verstehen gab, von ihm unter
großen Opfern direkt aus Frankreich
bezogen war und jeden Augenblick ein
treffen mußte. Wenn etwas die freu
diae Erwartung des jungen Paarrs zu
trüben vermochte, so war es nur die
ängstliche Besorgniß des spleudiden
Gebers, daß die kostspieliae Gabe beim
Trsansport zerbrochen fein könnte, und
.er wußte hundert Geschichten zu erzäh
len, wo nnvorsichtige Dienstmänner
»toerthvolle Gegenstände durch fahrläs
ssige Behandlung beim Ileberbringen
trotz sorgfältiaster Verpactung ruinirt
hatten. Und sorgfältig verpactt hatte
er das Geschenk mit eigener Hand-, so
versicherte er zehnmal.
Endlich rollte der Handwageu vor
die Thüre des Hauses-, und fünf Mr
nuteu später schleppte der keuchende
Dienstmann mit Hilfe des Küchenmäd
chens die umfangreiche Kiste in das
Zimmer, wo sie von Anwesenden mit
einem allgemeinen »Ah!« begrüßt und
auf zwei Stühle vlazirt wurde. Rasch
waren Hammer und Zange herbeige
holt und die Gesellschaft gruppirte sich
erwartungsvoll um Herrn Filz, wel
cher mit gewandter Hand den Deckel
öffnete, aber noch ehe er einen Blick
auf den Jnhalt der Kiste geworfen
hatte entsetzt aufsprang nnd die Har
renden mit den Schreckensworten nie
derschmettthe: »Alles zertrümmert!
Und wie schön hatte ich es verpackt!
Aber der Mensch soll mir dafiir auf
lommenl 200 Mark verloren --- ich
s«
möchte verrückt werden
Herr Timotheus Filz spielte wirklich
gut, und das allgemeine Bedauern galt
ebensowohl dem ruinirten Geschenk
wie dem unglücklickpen Gebet, der aller
dings vollständig vernichtet erschien.
Der Brautvater fasite sich zuerst, hob
den Deckel der Kiste ganz ab und sagte
gutmiithig: »Na, laßt mal sehen! Viel
leicht ist der Schaden nicht so arg.« .
»O doch,« stöhnte Timotheus , ohne
nur einen Vlick auf seine Gabe zu wer
sen, »ich sah es sogleich — Alles total
hinl«
»Ja, was ist denn dass?« rief in die
sein Augenblick Herr Schelle, welcher
einige der eingepackten Dinge geöffnet
hatte. »Na, dies ist aber starl!« Aller
Blickegnusterten den Inhalt der Kiste
und richteten sich dann wie auf Kom
mando auf unseren Filz, der bei dem
Anblick, den diese bot, wie Loths Weib
erstarrt dastand und keines- Wortes
mächtig war
Soviel war ihm tlar er war
durchschaut —- verloren.
Nikolaus hatte allerdings das Ser
vice verpackt, und zwar mit solcher
Aturatesse verpackt, daß er sich die
Mühe nicht hatte verdrießen lassen,
auch die abgebrochenen Henkel, Knöpfe
t- -"- k--«-I-«II: i« syst-In on ass
I- Is-« III-s fu«-Blut
denpapier zu wickeln und den betreffen
den Tassen und Kannen beizulegen.
Was soll i noch hinzufügen? Herr
Timotheus Fiz war angesichts der
zahlreichen Gäste aus eine Weise bla
niirt, die einen ferneren Verkehr mit
dem Hause Schelle geradezu unmöglich
machte. Die überreise Jungfrau wars
ihm einen fürchterlichen Blick zu, und
er verstand denselben so gut, daß er ei
nige Augenblicke später mit Zurückw
sung der Porzellantriimmer geräuschi
los aus dem Hause verschwand und
zwar aus Rimmertoiedertehr.
Am selben Abend noch erhielt er
seine Kiste zuriict mit einem malitiösen
Schreiben, welches ihn belehrte, daß
Fräulein Dorothea Schelle mit ihren
90,000 Mart siir ihn aus dem Buche
der Lebendigen aestricben war.
Was half es Timotheus, daß er den
.,,«sorasamen« Parter Nikolaus so ener
gisch inufste, bis dieser, solcher Thron
nei überdrüssig, aus, der Lehre entliei
und sich einen milderen Herrn suchte.
Eine zweite Braut von der Qualität
der ersteren sand sich um so weniger
wieder, als die Geschichte zum Gau
dium der ganzen Stadt und Umgegent
überall die Runde machte.
Und wenn Sie seht, nach langen
Jahren, einen vertrockneten alten Filz
indes Wortes oerwegenster Bedeutung
trübselig hinter dem Komptoirfenster
der Schrapper’schen Porzellanband
lung setzen, so ist dies Timotheus, den
sein ,,tragisches Schicksal« in Gestalt
seines oft gequälten Lehrling-'s ereilte.
· ----.
Das gemeinsame Liebesmaht
Militärische Stizze von O. Elster.
So steis und tommiszmäszig die Lie
besmashle des Jnsanterie-Re·aiments
vertiefen, so lustig und aus«-gelassen war
man aus benLiebeHmahlem die man bei
besonderen Gelegenheiten mit dem Hu
sareniReaiment rer Garnison gemein
sam feierte.
Der Charakter eines-J Ofsizierglorps
ricl«tet sich nach dem Charakter des
Kotntnandeurs, wenigstens bei den of
siziellen Festlichteiten, und einen größe
ren Gegensatz tonnte man sich kaum
denken, als zwischen dem Oberst Ksreutz
berza vom ansanterie - Resairnent und
dem Oberst ron Sterbect vom Hasenpr
Reaiment bestand.
Oberst Kreuizbera lang, hager, eckig
und steif, wie ein Linial, Oberst von.
Storbeck klein, zierlich, beweglich, ivie
ein Stieglitz.
Oberst streutzbera trug eine Brille,
Oberst von Storbeck ein Monotle, pag
er nur beim Hochruf auf den allerhöch
sten Kriegsherrn mit einer überaus to:
mischen Grimasse aus dem Auge fallen
ließ.
Oberst Kreutzbera trna einen sehr
turz gehaltenen, pedantisch zugeschnit
tenen Vollbart, Oberst von Storbect
bist-n- Itsrf In fes- TFRHU ««cO-J-;»iqe-«
4
,.-.- -.- .»-.,. ,........ .....
Schnürrbari.
Oberst Kreutzbera war zugelnöpfl
bis an vie Ohren, Oberst von Stor
beel war unter seinen jungen Ossizieren
augaelassen wie ein Fähnrich
Oberst Kreutzbera war ein ausge
zeichneter Rechnen Oberst von Storbecl
lam nsie mit seinem Gelde aus und hats
te soaar ein-e Rechnung im Flasino —
lurz Oberst Kreutzberg war einPedanL
Oberst von Storbeel ein slotter llava
lier. —
Oberst Krentzbera war nichts als
Vorgesetzten Oberst von Stvrveck war
laaßerdern noch ein Freund und Kame
rad sseiner jungen Offiziere.
Da war es denn kein Wunder, wenn ;
die Liesbesmahle beim Husaren - Regi- :
nienl stets in der beilersten Weise »r
liesen, und daß auch ab und· zu ein klei- .
nses »Jen« entriert wurde. Ver kleine
Oberst drückte dann wohl ein« Auge zu,
setzte sich mit dem StabsisOfsizier und
dem ältesten Hauptmann in einen ent
fernten Winkel zu einein aemiiiblichen
Dauerstat nieder und ließ die übermü
tbiae Bande der jungen Ossiziere ge
währen.
So tvar denn auch das letzte gemein
same Liebeslnahl in der heitersten Wei
se terlausen und trotz Des eisigen, fro
stiaen Gesteins des Jnsanterie : Kom
mandeurg hatte sich an dem aroßsen
runden Tisch in einein Winkel deHSaa
les eine Gesellschaft von Hilsarens und
Jnfanrerie : Osfizieren zusannnenge:
sondern die bis »zum frühen Morgen
das schöne Spiel »Lustige Sieben«
spielten.
Am solaendenllliittaa stand Zum Er:
staunen sämmtlicher Husaren- Offi
ziere in dem Ordee:Buch: »Der Herr
Oberst wünscht die Herren Offi,;iere
heute Nachmitcaa um Z Uhr im Kastnv
zu sprechen. Anzug: Mützen-«
»Was rhabt Ihr denn wieder ausge
fressen?« fragte Rittmeister von Weitig
lachend seine beiden Lieutenants.
»Nichts, Herr Ritlmeister,« entgeg
nete Lieutenant von Tanwte leck, ob- J
gleich er solch ein dumpfesGefiihl hatte· «
Fels ob diese ,Of«fiz«i»ers - Versammlung
Icmcilllcgcll llogcqcilccl Wut-IV
»Na, na, junger Freund,« lachte der
Nilfnteister. »Ihr Lieutenantg habt
doch ssets ein böses Gewissen.«
st »Dieses Mal nicht, Herr Mitwi
er . .
,,Nee, wahrhaftig, Herr Nittmeisler,«
nahm der Ober:-Lieutenant von Spaj
das Wori, »weisz wahrhaftiq nicht« was
der Komtctandeur will.«
»Ihr habt gewiß gestern Abend wie-:
der gejeuiTs«
««Aber seste... Das ist doch aber
kein Grund, Herr Rittmeiiter . .
»Na, wer weiß. Habe so’n Glöckchen
läuten hören.«
»Der Alte wird doch nicht bosl ge
worden sein?« brummte Lieutenani
von Tarnpie vor sich bin.
Jn dem versammelte-n Osiizierkorps
herrschte ebenfalls vollständigellnkennti
niß, was den waillen des Obersten
erregt haben konnte. Die Mehrzahl
neigte der Ansicht zu, daß Lieutcnani
von Tampie, der »Windbund" des Re
girnenis, wieder einmal eine Yummheii
gemacht sbättr.
Kurz nach 3 Uhr trat der Oberst
mil dem Reginxenis - Adiutansiem dem
langen Grafen Grün-ingen. ein« —- Der
Oberst belundete eine seltsame Unruhe,
ein leicht rerlegenes Lächeln schwebte
um seine Lippen, während der lange
Grads Grüningen seine gewohnte über
legene Ruhe zur Schau trug.
Der Stabs Mfsizier meldete, daß
alle Offiziere zu gegen seien.
,,,Gut qui « sagte der kleine Oberst
und zupfte neroös an seinem Schmier
bart. »Meine Herren» .hm —- äh
— meine Herren — unanjeniethine Ge
schichte das —- muß strafend einjreifen
— äh sehr unanjenehm das —- geht
aber nicht anders —- Oberft Kreutzberg
hat mich d’rum ersucht —- »hat seine
Offiziere auch eingesteckt«
Jn sprachlosem Erstaunen blickten
sich die Offiziere an
,,Ol)erst Kreutzberg,« fuhr der kleine
Kommandeur fort, ,,hat gestern Abend
bemerkt, daß iqejeut ist —- Teufel auch,
meine Herren, wenn Sie’s jeuen durch
aus nicht lassen können, dann thun Sie
es doch wenigstens nicht unter der Nase
des » des «hm.. des Oberst Kreutz
bera» . ich habe eine ünangenehme
stflicht zu fraaen, ob Sie gejeut halen,
nieiike Herren?«
»Hm Befehl, Herr Oberst, « tljna es
in vollem Chor zurück
»Na ja — tveißj a ----- äh, seid n
Teufelsbande . mußd a wirklich mal
strafend einfreifen-höchst un anjenehm
das —— höchst unanfeniehnn Al· l:o Sie
haben gejent . ..
,,Zu Befehl, Herr Oberst « lrähte
Zieutenant von Tampte aus der letzten
« eile
,,.leh —— Lieutenant Von Tampke
l
I
I
I
I
I
l
l
ich— ich will nicht wissen, ob Sie spe: «
ziell aejeut haben» . ich bitte miraus,
daf; Sie nur sprechen, wenn Sie ge
fraat werden.
,,Zu Befehl Herr Obers,« krähte
Lieutenant von Tampte wieder, »ich
qlaubte, Herr Oberst meinten mich be
k«-k. »
Haupte-h twu Use-L UUTLIL llllut ausp
hen.« —
,,Sie sind doch ein frecher Dachs-,
Tampke«, raunte Rittmeister von Wed
dia seinetii Lieutenant zu
»Ich frage Niemanden besonders, «
fuhr der Oberst fort ,,Will nichts
ivisten... ist nir unanjen-,ehm höchst
unanjenebnn Habe aber Vertrasien zu
Ihnen, meine Herren, und —- und da
ich strafend einjreifend muß,f o mag
sisch jeder, Der gestern Abend gejeut hat,
ali- mit 24 Stunden Stuben- Arrest
bestraft ansehen» . ich danke Ihnen
meine Herren.
»Herr Oberst verzeiljen,« sagte der
lange Gras Grüninger, als sich der
kleine stoinmandeur rasch entfernen
wrllte. ,,Soll die Strafe gleich ange
treten werden? Dann muß ich den
Herren die Säbel abholenk«
»Nicht nöthig, nicht not na —- habe
Vertrauen zu meinen Offiziieren —
Strafe gleich antreten. . mergen
vorüber.
,,Set«,r wohl, Herr Oberst, dann kön
nen wir uns morgen Mittag triei der
Paroleangaabe wieder melden?«
»Wie? —- Sie auch Grüninaen?«
,,3u Befehl, Herr Obers, « en: aegne
te der lange Adjutant, ,, ich habe ja die
Bank aehalten..
,Will nichts wissen.·. habe stra
sen-) einjreifen müssen... können sich
inoraen auf Parole wieder melden. ——
Danke Ihn-en, meine Herren . . .
Damit verschwand der kleine Oberst
— froh -—— daß er die ,,unaniienehme
Geschichte-. « erledigt hatte, die ibrn der
Oberst Kreutzberg Vom Jnfanteüth
aiment einaebroett. —
Am anderen Morgen sab es auf dem
Platz oor der Husaren-Kaserne, auf
dem sich die Schwadronen zum Aug
rücken für das Regimentsstsxerzieren
sammelten, seltsam aus. Außer dein
Herrn Stabs—s-Os·sizier und zwei Ritt
meistern war kein Osfizier zu gegen. «
Auch der Reaiinents : Adjutant fehl-te
und rathlos estandesnmdie Waschtmeister
»U, un lUXll Icc Ulk LIUPUULCI UUZCVLU
sollten.
Der Stabs - Ossizier nnd die beiden
Rittmeister schimpsten auf den unglück
lichen Gedanken des Obersten, alle Of
fiziere des Regimensts in- Arrest zu schi
cken; der tönsigliche Dienst mußte ja
darunter leiden! Dieser Jnsanterie
Oberst mit seiner Pedant-nie der eine
solche Maßregel veranlaßt shatte, er
hielt gerade keine schmeichelhasten Ei
gennamen
Jetzt lam der Herr Oberst auf den
Platz saeritten Ganz Verdrin sah er
sein Reaiment an, Das obnse —Offiriere.
wie eine von ihren Hirten verlassene
IHerde Dastand.
Der Major spreniate ihm entgeaen
s »Melde gehorsamst, Herr Oberst,
daß sämmtliche stiziere mit Aus
nahme von drei Herren, dem Nittmei
zster von Weddia, von Tiirtheim nnd
; mir, sieh in Arrest besinden.«
i Vor Erstaunen ließ der Oberst fein
sMonocle mit einer geradezu fiirchteri
i lieben Grimasse aus dem Auae fallen.
,,Unanjenel)m —- höchst unanjenelune
Sache rag, Herr Major. Kann doch
unmöglich Briaake melden, das; Res—
menstsexerzieren ausfallen mußte, weil
alle Ofiizierc in Arrest... lim, wür
de selbst am Schlechtesten dabei fahre-n.
Was matten mir denn da, liebster Ma
jor?« «
»Wenn ich mir einen aehorsamsten
Vorschlag erlauben dars, so ist es der,
das Re—mentsenrzieren eine Stunde
präter anzuseyent Inzwischen könnte
,·-«
Dienst erscheinen sollten. hert O
gollten die Strafe als verbtißt anse
n. —- —
»Seh; gut —- sehr gut. Wollen Sie
das Weitere veranlassen, Herr Moor
. — sbtn Ihnen sehr dankbar; wer hätte
aber auch denken können, daß alle Her
ren sich arn Jeu betheiligtent Werde
doch mal strafend eingreisen m«iissen.«
Der dienssteisrige Major sprengte zu
den einzelnen Schwadronen, die seelen
vergnügt in die Kasemen zurück-kehrten
Der Oberst, der Mafor und die bei
den Rittmeister begaben sich in das Os
siziersKa-ssino, um eine kleinre Herz
stiärlung zu nehmen.
Nach einer halben Stunde meldeten
sich die Offiziere en masse aus dem
Grüning war, der erste, der ,,freche
Dachs-« Liseutenant von Tamipte der
letzte. Der kleine Oberst murmelte bei -
jeder Meldung etwas von »Nicht wie
der vorkommen« und «Zur Lehre die
nen lassen« —- ,,strafend einjreisen« —
war aber sonst herzlich stob, daß die
Sache so abgelauer war. Das hätte
siir ihn eine böse Geschichte werden
können.
Mit klingendem Spiel rückte das Re
ginsent nach einer Stunde vollzählig
zum Exeriiken ab und noch- niemals
hatte es ein solch lustiges und flottes
Reginæntg s- Ererzieren gegeben, wie
an diesem Tage. Jeder wollte bewei
sen, das-, dass »strasende Eingreifen«
deg- Olrersten diesem nicht die Liebe sei
ner Offiziere verscherzt hatte-.
»Ein gemeinsames Liebesmabl nliit
Dem Kreutzberg machen wir nicht wie
Zer, Griiningen,« sagte der Oberst zu
seinem Adjutanten beim Nachbause
Reiten nnd der lange Grüninsgen legte
rrrsdsriftemäfzia die Hand an die-Pelz
miitze und erdiderte mit tomisschem
»Hm-i- Ou Nososbl Sen- Okterft —
M M Ue VMM m jeder aiment ,
sue Ordoncmz schicken, daß sit M
(i(·
is
"sf
t
i
kkkkk
Osfiziere . . .«
————-·-«-——
Einem aufs Dom steigen.
Diese seltsam klingende Redensart
wird man wohl zunächst gern aus ei
ner einfachen Bildvorstellung erklären
wollen, wie sie etwa in den Redensar
ten »Einem ans Leder kommen, zu
Leibe gehen« vorzuliegen scheint. Jn.
Wahrheit liegt jedoch, wie Professor
L. Günther (Gießen) in seinem hüb
schen Buch ,,Deutsche Rechtsabterthii
mer in unserer heutigen deutschen
Sprache« mittheilt, die sprachliche
Nachwirkung einer im Mittelalter
häufig geübten sinnbilidlichen Ehren
strsafe vor. Aus das Dach stieg man
nämäich früher thatsäctilich, um es zu
Schimpf unld Schande des darunter
thneneen abzudecken. Namentlich
fiir Ehemiinner, die sieh von ihren
Frauen hatten schlagen lassen, findet
sich solche Dachabdeckung im 16. und
17. Jahrhundert nicht nur in Chro
niien (z. B. in einem Mainzer Amts
berichte vom Jahre 1666) erwähnt,
sondern sogar in Gesetzen (z. B. in
den Blankenburger Statuten von
1594) vorgeschrieben, ja, selbst aus
dem 18. Jahrhundert sind uns noch
Fälle ihrer Vollziehung bekannt (so
z. B. in den Jahren 1768——69 im
Fiirstenthum leda). Mtan darf dtie
Strafe wohl als eine Abart der soge
nannten Wilstung betrachten, einer
vermögensrechtlichen Strafe, die als
Niederreifsen oder Nicioerhrennen des
Hauses seitnn fiir die älteste Zeit nach
weisbar ist.
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Sprüche.
G e d u l d.
Geduld ist nur ein hübsches Sommer
kleid,
Das noch zur Nothdurst hält in Herb
« steszeit,
Doch hiite dich, es besser einzuschätzent
tiES acht beim ersten Wintersturm in
» Fetzen.
D i e E h e.
. Entweder ist sie ein Liebesbund,
» Ph» siks ist ein Nortmn
s Siesqtuurde geschliofssen init Herz oder
l Mund,
? Wie eben die Chance lag.
Doch weht durch die Ehe ein scha ;
Wind, .
l
j Dann sind es in kritischen Tagen ,
H Just die durch Vertrag gebunden sind,
i Die sich dann nicht vertragen. i
l Absolut können manche Frauen
Ein Geheimnis; nicht verdauen,
I Können nicht sterben und nicht leben,
Z Bis sie es wieder von sich gegeben.
E G e n i e.
F Genie ist wie ein Feuerbrand,
jEin Gliictgi und Friedenswiirger,
zlttenieland ist ein Vaterland,
' Tag Prinzen bat, nicht Bürger.
!
Z Krankheit
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Mu Linsensystems-.
Aug Dem ehemaligen Besitz Alexan
sder o. Humboldt’s wurde ein Riesen
;sinaragd in Rudolph Lepte’s Kunst
lauttienehaug in Berlin öffentlich ver
; steigert. sen Smaragd hatte einrst
Kaiser Nikolaus der Erste Humboltdt
Hain Geschenk gemacht. Seine Größe
s beträgt in der Länge zehn Centimeteiz
ist von vier Seiten geschliffen, die
Itibrigen Theile sind roh geblieben.
l Sehr originell ist die Fassung des kost
; baten Stein«-eg. Er ruht in einem Fei
1 sen von massivem Silber, um den sechs
: Gnomen gruppirt sind, die den Felsen
; mit ihren Harten bearbeiten. Das
« Ganze ruht aus einem Ebenholzpoiltxs
Inient mit ausgesalzten, sikbemen , -
I zierungen. Der jetzige Besiyer erstand
das Kunstwerk für den verhält-riß
maßig geringen Preis von 2020 Mari