Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 13, 1903, Zweiter Theil, Image 10

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    Krimiual Roman von M. L. Max-well.
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sp.
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ssssssssssssssssssssssssss
(9. Fernerqu
Ich nahm ein Notizbuch von dem
Init. auf dem mein Arm lag, und sah
bezüglich Will-over s Aussage über das
Fette Gespräch in der Dyneoorftaße
mä. Ich fand, daß er in dieser Dar
gellung gesagt hatte, er hatte Lcsa
Amt-er die Banden-ten während ihrer
Wien Umkehr in der Straße, gerade
nur fünf Minuten ehe er ihr vor ner
Tbür Nr.13 Adieu gesagt ha:1e, ge
neben.
Es war natürlich ganz im Bereiche
der Möglichkeit, daß irgend ein Land
ftreicher sie das Geld nehmen sah, aber,
daß Jener mit einem Revolder ver
sehen und iiihn genug gewesen sein
sollt-e, ihr auf ihr Zimmer zu folgen,
sie in einem Hause voll Leuten zu er
fchießem in der hoffnung, ihr die
Banknoten rauben unso entfliehen zu
törmery nachdem sein Opfer auf den
Boden der Dachstube gefallen mar,
schien unglauhhaft.« Wie ich mir das
Verbrechen vorstellte, mußte der Mör
»der nur den Mord beabsichtigt haben
nnd hatte sich, um entfliehen zu tön
nen. auf die Raschheit der That ver
lassen. Um auf meine erste Annahme
zurückzukommen: hier sollte ein Men
fchenleben aus der Welt geschafft wer
den. und Alles was der Mörder wollte
war: es fortzuschaffen
Der Mensch fascinirte mich und ge
wann mein Vertrauen Es trat etwas
ungewöhnlich Gewinnentes in dem I
schönen Gesicht, dem offenen Benehmen »
tin-d jenem gewissen Sichgeben oezs
Mannes, der unter Got:es freiem Hirn i
Irel aetcht unsd gearbeitet hatte, der sich I
um jene Dinge nicht tümmerte, weich-e
der Sxädter so überschätzt: Leiden
Dieser-T Gesellschaften und um all den
Wunder den Thomas Earlyle verspot
sei Hier war ein Mensch, aessenWiiere
nnd Auftreten nicht von feinemScbnei
l
der abhing; seine gerauliten Hosen .va
set an sden Knöcheln aufgestülpt, seine
Schuhe waren breit und plump, sein
Uebetwck zeigte die Spuren langen
Tragens-; und doch sah ich ihm den
Gentleman an. I
»Nun also, Herr Wildover,« sagtes
ich. nachdem ich die Sache bei mir ek- ’
wogen hatte, »ich «oachte· es sei bei mirs
mit meinen Erforschungen von Ver-I
brechen fiir immer aus; ich leugne nicht,
daß dieser Fall mich intereisirt, denn er
ist ein schwierigen aber ich sehe nicht,
Das gethan ten-den kann. Nicht viel
wenigstens.«
»O ja, viel, Alles —- von einem
Man-ne Ihrer Erfahrung. Der Mann,
der die Pistole hinter das Gitter fallen
Lied war Derienige, der Lisa Rayner
umbrachtr. Sie haben den Blitz-sen
siacher, der Ihnen sagen kann, wie der
Mann aussah.«
»Der Mann« der sdie Pistole hinein
warf. muß nicht Tier sein, der sie lauf
ie.« Während ich dies sprach, beobach
tete ich aufmerksam sein Gesicht. Wie
ich auch von seinem anaenehmen Aerßes
ven. seinem gefällig-n Benehmen einge
nommen war, to war ich keineswegs
von seiner Unschuld überzeugt, denn
ich hatte zu viel derartige Mord-er ge
sehen« und zwar besonders in der Ber
aiftungsbranchr. Eine bessere Sorte
davon. als Jacaues Palmer, gab es
nicht. ehe er überführt wurde
«Ja,« sagte er, »wohl wahr. Jeden
falls müssen Sie den Mann finden,
der die Pistole hinter das Gitter wars.«
»Ich miill mein Möglichsteg thun,
Herr; aber ehe ich anfange, bin ich ver
pflicheet, Sie zu erinnern, daß Sie, da
Sie verstört und freigesprochen mur
Ism. heute oder morgen abermals coe
aen weiterer und stärierer Beweise ver
haftet werden können. Es ist daher
glicisesossskstztkksic und ist Sis
Mlch Ach UOchcli zu Mklsncn UND
den schlafend-en Löwen nicht zu werden«
«Jch fürchte mich nicht vor schlafen
den Löwen Oder vor irgend jemanxern
Art-deren, Herr Faunce. Beunruhigen
Sie sich nicht urn meine Sicherheit,
sondern suchen Sie mein-en Namen rson
dem faulen erck zu reinigen, den Ihr
Diensteifer ihm beigebracht hat«
Ich theikie ihm meine Ansicht mit
daß der Mord vielleicht verübt wurde,
um ein Wesen fortzuschaffen dessen
Exjsienz eine Quelle der Gefahr unsd
des Verdrusses fiir einen Anderen ge
weer fein mochte: dann bat ich ihn,
rnir Alles. was er von Frau Rayner’5
Geschichte mußte, zu erzählen, reine
Einxiheih deren er sich erinnern sonn
te. zu verschweigen Er antwortete mit
sichtlicher Aufrichtigkeit und erzähl:e
sie die Geschichte ihres Lebens-, bevor
er M WMM war-—so wie sie sie
ih- erzählt hatte ———und wäan ver
W die fee miteinander in Armuth
derber-O heiter-.
Die Stich-TM Hieß We von einer
Miit versinkt-ern sicht- von Raub
Mr m anderes dunklen Geheimnis
Ess Der Berliner Berfiihrer war von
see Ferne den, der Vater
W gemacht zu
schwiegen hatte. Doch es ist wahrschein
lich, daß eine Frau, die aus den unrech
ten Wen gerathen ist ——gleich wie ein
verschuldeter Mann — immer etwas
zurückbehält etwas, was vielleicht der
Hauptoosten in der Geschichte oder in
der Liste der Gläubiger ist. Ich war
geneigt, zu glauben. daß in diesem
Fall nicht Alles enthüllt worden war
—daß in diesem Etwas der Schlüssel
zu jenem Geheimniß lag.
Sie hatte ihm die Geschichte ihrer
Mädchenzeit nur inUinrissen erzählt;
er wußte weder den Namen ihres Va
» ters noch den des Berliner Bankiers,
I unter dessen Schutz sie im Westen Lon
dons gelebt hatte. Er kannte nicht ein
zmenschliches Wesen-. dessen Betannt
; schast sie während ihrer Gianzzeit ge
macht, oder die Adresse des Hauses.
» in dern sie gewohnt hatte, denn er
hatte ihr verboten, von ihrer unseliaen
Vergantenheit zu reden; es verletzte ihn
zu sehr, sie von ihrem Fall sprechen
Zu hören
»Sie sehen, ich liebte sie zu jener
Zeit so innig, als wäre sie mein ans
aetrautes Weib gewesen —- und ihre
Schmach war meine Schmach. Sie war
snir eine ergebene Gefährtin gewesen,
ich harte den Wunsch, sie achten zu
können. Es ist enir nun. da sie im
Grade ruht. verhaßt, das Geständnis-,
zu wiederholen, das sie mir gemacht,
als sie von einer gefährlichen Krankheit
genasf
,,Zw:iseilos! Doch, wenn Sie rnir
nicht Alles erzählen, so haben Sie nicht
die geringste Aussicht, das Geheimnisz
zu enthüllenf sag e ich. »Ich muß Jh
nen jedoch essen sagen, daß die Dinge
wie Hundert gegen Eins sich mir ge
aeniiher verhalten. Da ich aber nun
Muße habe und die übriaen Stunsen
meines Tages ausfüllen will —— ich
sagte ihm nicht« daß ich mehr als un
gefähr zehn Stunden übrig hatte —-- so
will ich seien, was meine lange und
mannizfache Erfahrung in der C.J.
Abtheiluna rnir dabei nützen wird.«
Er dankte rnit, bat mich, das dazu
nöthiae Geld als Nebensache zu be
trachten, und wollte rnir dann und
wann einen Chect für hundert Pfund
ausstellenz aber ich sagte ihm, ich sähe
bei dem gegenwärtigen Stande der
Dinge nicht ein, wie ich fünf Shillings
seinetwegen ausgeben tönnte, und so
schieden wir, nachdem ich ihn aufgefor
dert hatte, mich von heute in vierzehn
Tagen um dieselbe Stunde zu besuchen.
Er bat mich, dies in acht Tagen thun
zu dürfen, doch ich sagte ihm, es wäre
unwahrfcheinlich daß ich ihm vor vier
zehn Tagen irgend etwas mitzutheilen
hätte.
Mit sehr wenig Hoffnung auf Ers
foig begann ich meine Aufgabe, aber ich
war froh, irgend etwas zu thun zu
haben, um an irgend etwas Anderes
denken zu können als an Villa hawton
Ich war der Pflege der Tulpen herzlich
müde, rie, wie mir schien, widerstre
ben-d aus ihren grünen Blattscheiden
hervortarnen und sich fragten, ob die
Rosenitöcke, die bis aufs Aeußerfte bei
E fchnitten waren, wohl noch var hoch
. fornkner Zweige und Knospen treiben
würden. Offen gestanden, ich war
entzückt, die Tunevorftraße wieder zu
! sehen. Jch sagte meiner Frau, ich
) hätte eine Privatangelegenheit über
Lnornmen die, wenn- sie Erfolg hätte,
rnir ein schönes Geld eintragen würde;
und ich glaube, Charlotte Elisa war
l nicht Detrth, mich außer Hause be
T schäfriat zu wissen, daß sie sich frei
dem Stank-mischen des Porzellans und
der Möbel lvidmen konnte, ohne von
einem Gatten gestört zu werden, der
nichts mit sich anzufangen wußte.
Zunächst begab ich mich zum Büch
ienmsacher und versuchte, eine bessere
Beschreibung des Mannes, der den
Revolver gelausl, zu erlangen; aber ich
konnte nichts herausbelommen als daß
er den Eindruck eines Gelehrten ge
macht Habe, der blaue Brillen getragen,
daß fein Haar länger war, als es die
Mode verlangte, ferner, daß er einigei
Zoll kleiner als Wildooer gewesen. Der (
Unterschied in der Größe hätte allein!
genügt, um zu beweisen, daß der Mann
mcht Wilcsooer war; überdies waren(
die beiden Männer in jederB ziehung(
einander unätrnlich
.Wiirden Sie den Mann erkennen, i
wenn Sie ihn wieder sehen würden?«j
freute ich I
»Nein. Jch erinnere mich wohl des
Mannes aber es war nichts Bemer
kencwerthes an ihm, nichts, was dazu;
heitreran würde daß ich ihn aus einem »
Dutzend ähnlicher Menschen herausfins »
den könnte. Ich lfs be ihn, als ich in
der Hatnpsiendstraße wohnte und durch »
die Große Ruiselstrasse nach hause
zu geben psiegte, einmal des Abends
aus dem kritischen Museum kommen
Rede-K
»Glaubt-r Sie, daß er mit den Bril
ken eine Zettieidung beabsichtigte?«
..O sein! Sein Auftreten war zu
Hist-, gis daß mir solch ein Einfall
Bisses M«
M piei sit det- Bächsennracher
W —- sur die Betaut-thing
de; IIÆ GXIW Wstssehen
KHMUÆ
Nuteurno sei-lasen tounte zu etwas
verhelfen Ich war sotchen während
meines Aufenthalte- in sloornihury
oft begegnet und kannte diesen Typus.
Es iit sür den Uneingewethten der tri
minellen Erforschung taurn möglich
die Schwierigkeiten des Unssindens
einer Person in dem großen Ozean
von London zu begreifen, wenn die
Blasen auf der Oberfläche des Wassers
verschwunden sind. Jch war von einer
unrichtiaen Spur ausgegangen —
coenn man Wildover glauben sollte-»
und harte meine Zeit verschwendet, in
dem ich einem Phantom folgte, wo
oielleicht andere Gelegenheiten gewesen
fein mochten, die aus die richtige Spur
hätten führen können. Jch mußiealso
wieder mit Der verlorenen Spur begin
nen.
Es wäre nudlos meine Unter ach
una Schritt iiir Schritt zu beschreiben
Eine Woche nach Wildooer’s erstem
Besuch in Villa Hawton machte ich
meinen ersten Fortschritt aus derBahn,
die ich beschreiten wollte, indem ich die
Entdeckuna machte, daß eine der Be
schreibunq des Biichsenrnachers entspre
chende Person zur Zeit des Mordes
in der Tunevorstraße gewohnt hatte
und so umnittetlxir daraus ausgezogen
war. daß dieser Auszug Bei-dacht er
rean mußte. Jch hatte die Straße
von Haus zu Haus untersucht, und
man Hatte mir in den meisten Fallen
willig qenntirorten jedoch in einem
Hause schienen Die Leute nur wider
itrebend iider die Personen, die im
verflossenen Deiember dort gewohnt
hatten. Auslunst geben zu wollen. Der
Haus-here gestand zuletzt, daß er einen
Grund sur dieses Verschweigen hatte.
»Wenn Ihre Angelegenheit etwas
mit Dunnmit oder Nihilisten zu thun
hat, will ich nicht hinein gerathen,«
sagte er. »Die arme Frau Grogan ist
durch Den Mord am Weihnachtsabend
fast ruinirt. Sie tonnte weder ihre
Zimmer im zweiten Stock, noch das
Zimmer, wo die junge Frau getödtet
wurde. vermieihern und ich will nicht«
daß mein Haus roycotiirt wird, weil
irqend ein Herr-, eer mit Dnnamit zu
tinrn hatte-, darin turze Zeit gewohnt
dat.« Ich versicherte, datz das, wu
I
lcq WIUlc, lclllcn THIS llllf Liqllsllllls
arden oder Nibilisten hatte. und gab
idm zu verstehen, daß es its-m schlimmer
ergeben würde, wenn er sich weigerte.
meine Fragen nicht nach seinen besten
Kräften tu beantworten. Jch muß ge
stehen, daß dies ein Kniff meinerseits
war. Denn ich benutzte meine Macht aus
früheren Zeiten, ehe ich mich vom Po
li.ieibienst zurückgezogens hatte. Die
Wirtuna ivar augenblicklich, denn Dur-—
iin’s Frau, eine anständige Person, die
bei unserer Untereedung gegenwärtig
war, brana in ihn, mein Verlangen
zu erfüllen. Das haui war ein nett
möblirtes Logirhaus, so rein als ein
Londoner Haus nur sein kann; und
ich fand es wunderbar, welche Frische
und Neintichteit eine arbeitsame, thö
tiae Frau, trotz Sieiniohlen uno No
vembernebel erzielen kann. Ohne bi
rett aeaeniider von Nummer Dreizebn
iu fein, gestatten die Fenster emen
rollen Ausblick auf das Haus, und ein
Beobachter würde zu erkennen im
Stande aewesen sein, wer bei Frau
Groaan aus und ein ging.
Nun zur Auskunft meines Haus
berrn unb seiner Frau, die, nachdem
sie einmal nachaeaetem mir eifrig Altes
mittheilten, was sie Alles wußten.
Sie Ratten vom 14. November bis
zum 26. Dezember einen Miether auf
dem zweiten Stock gehabt —- gerade
solch einen Herrn, aus den meine Be
schreibung paßte ——, sehr gelehrt, ruhig
und zuriickaezogen, den größten Theil
seiner Tage auswärts oerbrin b,zu
meist. kme sie glaubten, im ritischen
Museum: weshalb er auch, ioie er ib
nen gesagt, diese· Zimmer gewählt, um
dem Museum nahe zu sein.
Er hatte zu Dame rernevjiayxzesren
eingenommen, außer Kaffee und Brod
des Morgens und rann hatten seine
eigene Maschine zum Thee bereiten ge
habt ein Sarooan wie ihn Frau
Turiin nannte --, eine russische Ma
schine, »nach der großen rnssiichen
Schlacht benannt,« wars der Haus
berr ein. Und er war stets spät heim
aetommen nnd blieb lesend undschrei
beer oit bis lange nach Mitternacht
au .
Es gab nie einen weniger störenden
Mietber; er harte seinen ThorsckriiisseL
ließ sich Nachts wie ein Geist selbst ein,
zahlte seine Miethe und alle Ertras
ium Augenblick, erhielt teine Briefe,
ten-ei Besuche; ein höchst solioer Herr.
Er hatte den Namen Longmann an
aeaeben — keinen Taufnamen.
Ob ver Miether Brillen getragen?
Ja, immer; er mußte viel an Augen
traniherren gelitten haben, hatte ein
mal seine Augenwinrpern verbrannt,
als er ein chemisches Experiment
machte, erzäigte Frau Dursin, welche
Einräumung, neben anderen Din en
—- der rufsischk Sahst-an zum «
sviel — in ihr den Verdacht erregte,
dasi er ein Anarchist sei. Er hatte ge
rade vie stille Art oee Verschivörer——
obwohl er durch und durch ein Genue
man zu sein schien —, ee mußte ein
mat obenaus nnd Einer genesen sein,
der Befehle gab, die Andere ausführen
mußten. Sie hatten sein Gepiick ange
sehen. aber nat ein paar Anztige nnd
ein halbes DUW her-wen war Allei,
was er ins Saus gebracht hatte, nnd
diese Sachen waren alle in der Korn
mode aufs Wflse zusamnasengelegtzes
Isti sicher kein Drin-tin iter dabeigernp
Eies-no in seinen Zimmern til-ersehen
Richti, außer zerrissene Papiere im
Papiertorbx viele hatte man sosleith
als er fort war, zum Feueranz nden
betriist
« ab er Ihnen Reserenzen, alt er
lam?«
.Er gab uns im Voraus die Miethe
iiir eine Woche, das und sein respek
tables Aussehen schien uns ganz ge
niiaend.«
Ueber sein Alter befragt, schätzteihn
berr Durfin auf Dreißig, seine Frau
hielt ihn fiir fiinf oder sechs Jahre
älter. Er wäre nicht gerade kahl ge
wesen, aber er trug ei dünnes, itrasses,
dunkelbraunes haar, nach dem Nacken
zurückqeftrichen
Auf die Bitte. ihn so genau als sie
konnten zu beschreiben, theilten mir
Hexe und Frau Dursin weitere Detailg
mi.
Höhe iiber fünf Fuß neun; schmale
Lande«qu Füße, die besonders fein
geformt waren. Seine Schuhe seien.
ein Vergnügen zum Wichsen gewesen,
fügte Frau Durfin hinzu. Ob eines
Schuster-s Name darin gemeseni Nein.
Die Nase wäre adlersörmig gebogen,
mit seinen Niistern gewesen, dasRinn
start und eckig, ein Kinn, dem Niemand
etwas vorzuschreiben wagen würde.
Die Geiichtsfarbe sei blaß, eigentlich
nicht zu bezeichnen, weder licht noch
duniel kranefenx was Frau Dursin die
Lorrtooner Gesichtsfarbe nennen wiirde
Ob rr eine Narbe, etwas Besonderes
im Ausdruck oder irgend ein Merkmal
arbabt dabei Keines-.
Erinnerte sie sich der-Art, wie er am
26. Dezember ihr Haus verlassen? Ja,
soweit es nur irgend etwas gab, dessen
man sich erinnern tonnte. Er ging
am Weihnachtstage sriih fort, war den
aaneen Tag abwesend und kehrte dor
Mitternacht in einem Wagen zurück.
Frau Duriin bemerkte, daß er iin Ge
sellschaftsanzug war, als er nach hause
kam. obwohl er das Haus in seinem
anvöbulichen dunlelgrauen Anzug ver
lassen- hatte. Arn Tage nach Weih
nachten fuhr er mit seinem Porternam
keau in einem unerntzer rorr. Herr
Durfin hörte, wie er dem Kutscher
.Waterloo« zurief, und schloß daraus,
daß er die Stadt verlassen und sich
zur Stuiion begehen wollte. Er hatte
ihnen nichts von feinen Plänen mitge
theilt, nur eine halbe Stunde oor fei
nem Fortgehen seine Rechnung ver
lanat nnd die Miethe für eine Woche
ftatt der Kündigung bezahlt.
Die Zimmer waren an ein Paar mit
einem Kind aus Manchester vermiethet
worden, feit herr Longmann fort war;
aber oiefe waren vor vierzehn Tagen
nach dem Norden zurückgekehrt; dem
nach waren die Zimmer leer und ich
durfte iie bei-reinigen Es that mir leid,
Daß oie Zimmer oercniethet worden
waren —- denn, diefe Thatfarhe mit
Frau Durfin’s gewohnter Reinlichleit
verbunden. machten es unwahrschein·
lich, daß nur ein zollbreiter Streifen
oon LGamann zurückgeblieben fein
tonnir. Meine Erfahrung hatte mir
gezeigt, daß Leute aus der Klasse der
Verbrechen wie sorgsam sie auch alles
Konwromittirende entfernen, immer
irgend etwas in dem von ihnen be
sootmäen Haufe zurücklassen; allein in
eiefin aufgeriiumten und gereinigten
Zimmer-n« die nach dein Wiederbewoh
nen aoermals aufgeräurnt und gesäu
lert wurden. lannte ich schwerlich hof
fen. eine Spur des fortgezogenen Mie
thers zu finden. Jch stieg jedoch zum
zweiten Stock hinauf und nahm mir
oor. meine Augen aufs Aeußerfte an
zuftrenzaem
Meine Blicke fielen sogleich au einen
altwsutsler Schreihiifry rnii f.. rägexn
Deckel. der, als ich ihn aufhob, jene
Menge kleiner Schudlakoen und tleinrr
Fächer zeigte, roie sie unfere Vorvjter
liehten. ·
Apis-- Drin-- hhhss Ins-sh- das-h
».»...... ,..». .. «.....,.. .....
neue. one Möbel sinnt-W fragte ich.
»Sie nicht. FRer erwiderte Frau
Duriin, die mich begleitet hatte, weil
sie besser als ihr Gatte die Treppen
steian konnte. »Ich glaube nicht, daß
sie ein balde-J Dutzend Briese geschrie
den haben, seit sie bei uns waren; sie
liefen beständig herum. Sie tamen
herauf, um die Sehenstviirdigteiten
London-z zu besichtigen, waren Nacht
für Nicht in Tteatern und Konzerte-n
souvirten nachher; Herr Longman hin
aeaen schrieb alle die Zeit, so lange er
hier war, auf diesem Pult, und ließ es
in ein-m schönen Zustande voll Tinte
zurück, ais er fortging-«
»Und Sie rein-isten es sorgsam,
jweifezioåf
»Ich that Alles-. trag sich mit Ter
ventin und Wachs thun lößt,« sagte sie
und ich haßte die Frau, um dieser rast
losen Reinlichleit willen.
.Und fanden Sie teine Papiere in
einer Die-let Schubladen?« starrte ich,
sie alle. eine nach der anderen heraus
ziehend und in die geheimen Tiefen
dieses Schreibtischej guckend, während
ich sprach
Frau Dursin haftete und machte eine
Pause. ehe sie antwortete. Jedoch ein
Blick auf sie sagte mir, daß sie etwas
gefunden dabe; ich suhr denn fort, die
Laden und Fächer zu untersu en, in
dem ich vorgab, mich fiir den chreilp
tisch als Möbelstiiet zu interessiren.
Frau Dursin haftete abermals
, DE und Dursin wollen nicht in
Ridilisiengeschiepten hineingerathen,«
sagte tie- -es Ist schwer genug» lem
Inst-armen in einer Straße zu finden,
die zu Grund geht« auch ohne das.« ;
Je ess- in He Versicherung- which
kei- RiigMeees let Gewiß hatte
is eines SM« Erfindigerngen ein
W sitt se Hätt-u seit-a sitt
liersiitaensan nsuesenbeiteihnicht Waus
Nibilitmus. Blta der Futen dran
erhellte lich bei meinen War streut
aeanete mir daraus, das fie, wenn sie
dies aewuirt hätte, aufrichtiser mit mir
aewesen wäre, und brachte auf eine
iebr alte Börse zum Lors n, und
aus dieser Börse einen schmaien Strei
fen Papier, der offenbar aus einem
Notizbuch gerissen worden war, den sie
mir feierlich eintiöndiftr.
.Daz war das etnzg e Stück Papier
das ich, von oben bis unten ausriiu
mend, iand,« sagte sie: »und mein
Mann alaubt, daß die Schri i darauf
die Chiffre eines Nihilisten i Weder
ich noch er können einen Buchstaben
berausbetommen.«
Es war die gewöhnliche Pitman’sche
Steno.1rapl7ie, und ich versicherte Frau
Durfin, daß an dem Dolument nichts
Gefährt iches oder Beunruhigendeö sei,
daß ich es aber gern Debatten würde,
wenn sie es erlaubte.
Ich ließ, als ich diese Bitte stellte,
einen Zooereian in ihre bereitwillige
Hand aleiten.
»Ich alaube, Sie könnten es zwei
Sprereiang sein lassen, Herr, da es
nur das einzine Papier ist« das er zu
rückließ· und da es zu einer werthvol
tcn Entdeckung führen lann.«
»L· Frau Turfin, welche eine Ge
schäft sfrau Sie sind!" sagte ich, gab«
ihr den uneitenzoveteign und ging mit
ntienem Fund fort.
Es war nicht viel, doch etwas. Jch
truq es aeradeaus in ein Maschinen
schreidbureau, wo eine Menge geschick
ter Mädchen deren einige recht gut
ftenoacapdirten, unter einer sehr klugen
jungen Dame arbeiteten. Sie tannten
mich in dem Bnreau und waren bereit,
für mich zu arbeiten.
»Ich komme in einer halben Stunde
zurück, um das Papier und die Copie
in Maschinenfchrift zu holen,« sagte ich
»Sie könnten in einem Zimmer da
rauf .:var en,« meinte die Prinzipalin
»Ich warte niemals irgendwo, meine
liebe iuuae Dame. Ich tann meine Zeit
in etwas Besserexn benutzen, als in
einem Himnrer zu warten, und wenn
OZ nur Kne- «U-nf«m«(nisn Nf mjrlkflisf
auf der Straße ist. «
Cooie und Original waren in einem
Couvert bereit, ais ich in das Bureau
zurückkam.
Zwei Seiten in Maichinenichtiit—s
ohne Anfang unso Ende ——-ein Frag
ment eines Essays oder einer Rede —
ich konnte nicht sagen, was es war sp-,
doch dieZeichen wieien auf einen münd
lichen Vortrag bin. Der Gegenstand
war der eioiae Arbeiter und die Mög
lichkeiten von Verbesseruan auf dem
eriiehiichen Gebiete desselben. So viel
von oer Sout. die der Mietbee hinter
lassen. Und nun, was konnte ich mir
von Lonaniann für meine Untersuch
una weiter veriprecheni Nicht viel,
sicherlich. Die Thatsache, daß er Bril:
ten getragen, die seine Augen verdeck
ten. nnd daß sein Aeußereö der Be
schreibung, die der Büchsenmacher von
ieinern Kunden gemacht, getreu ent
sprach, war etwas. doch nicht viel.
Brillen find ja etwas Gen-ähnliches
selbst i one blauen, entstellenden Brillen
· — und alle Beschreibung-en oon Gestalt
und Gesichtöziigen un estimmt. Der
Umstand von Longmann’i Fortgehen
arn Taqe nach Weihnachten war aller
dings aussallend7 besonders da dieses
offenbar undorbedacht war, da eine
Kündigung sonst erfolgt wäre. Jedoch
ein Gesenkten der in höheren Sphären
weilte, mochte solch eine Kündigung
aus reiner Vergeßlichteit unterlassen
haben.
Das Datum des Tages, an dem er
die Zimmer gemietbet, traf genau mit
dem des Laufes des Revoloers zusam
men. Diese Thatiache war auch son
derbar: aber ich habe zuviel sonder
bare Coineideneen mit angesehen, um
Edem viel Wichtigteit beizulegen. Alle
diefe Entdeckungen, die aus Longmann
als den Mörder wiefen, waren höchst
ichatteulsaftx aber da ich vorläufig
nichts Besseres zu finden im Stande
mar, entschloß ich mich, diesen schwa
chen Lichtern über den Sumpf des Un
beiannten zu folgen.
Diese Aufzeichnungen mochten zum
Feststellen der Jdentität des Schreibers
führen, und wenn der Mann erst sicht
bar wird, war es möglich, eine rück
blickende Unterfuchung seines Lebens
anzustellen, was vielleicht eine Verbin
duna nvischen ihm und der Ermorde
ten offenbaren tviirde. Meine erste Auf
gabe war daher, den siebenuntobierzig
Zeilen in Maschinenschrist nachzusors
fchenz dies war teinestvegs eine hoff
irunqsrsolle Sache, denn ej war höchst
wahrscheinlich, daß diese Zeiten ein
Theil eines unverössentlichten Essays
oder einer angesprochenen Rede waren
und zu jener großen Masse wiederge
fchriebener Gedanken gehörten, die nie
zur Veröffentlichung gelangen.
Zehntes Kapitel.
Bitt-er empfand Arnold Wentnwrthv
das langsam dadinschleichende Jahr«
sein Alleinfein in London. in jener;
steinernen Wildniß, die ihm einsamer?
als Idie grösste Wüste Larve-, öder ais
der von Lüoen durchstaen te Sand
Rentralafritas erschien. ·ßig und
zieltos aina er umher, wartete er auf
die Löfuna des Gebeimnisses, das sein
Leben überschattet, sei-ne Zukunfts
triiunie verdunkelt hatte. Wen-n er sich
des Blickes Marns entsann, ihres der
iinderten Gesichtes, jenes quälenden
Mißtrauens erinnerte! Er hatte sie
voll Zorn untd hobn verlassen; aber
nachher in den langen Stunden des
Erst-eint iiber demselben unseli en
Thema hatte ee sich gestehen mä en,
das He lauen dafiir zu tadeln war,
denn das M der Umstände tunm M
su eng-« Er haste London, ein zweis
loies Leben da tdst, und link sich
nach Johannes urg und den Minm
nach dern Fieber der Märkte, den Ka
meraden im Rand; dem Leben, das
aus Arbeit und Oeffnung bestand, uns
dem Dochgenusz der Ruhe nach der
Arbeit.
Und danach London mit seinem
brennenden Pslaster, dem engen hori
zont, den staudbeladenen Bäumen und
dem verienaten Gras der hauptstiidtis
schen Anlagen; danach das schmerzendi
Gefühl der Einsamkeit und Verlassen
beit. ein Paria mitten unter den ihe
umaebenden Menschen —- unter Mem
schen voll Frohsinn und Thätigkeit——
zu sein. Zwei oder drei Nachmittage
faß er in den Parianlagen, um sich
an Sonnenlicht und Blumen zu ers
freuen und hörte den- Leuten um ihn
gu, die in einem Jargon sprachess dkzi
ern och weniger verstand, als dit
Sprache der Hottentoten oder der Be
wohner des Beschuanalan-des.
Er ioar im Sinne der asritanischen
Millionäre nicht reich zu nennen; doch
hatte er Geld in Minen angelegt uns
ein Einkommen, das ihm gestattete,
auf seine bescheidene Weise zu leben,
ihn berechtigte, eine Frau mit beschei·
denen Llnspriichen zu heirathen. Ei
miethete eine Wohnung vier Treppen
hoch. in einem neuerbauten Hause am
Themseufer, denn er liebte die Aus
sicht auf den Fluß und den Verkehr
länas desselben: es wäre mehr Son
nenschein als anderswo in dieser rauch
erfiillten Wildniß, dachte er.
Eine feiner ersten Handlungen nach
feiner Untetredunq mit Mary Free
lano war. seinen schönen goldbraunen
Bart. der sein Gesicht so charakteri«
sirte, der Scheere zu opfern. Mit diesem
alattraiirten Gesicht hatte er seine
neuen Zimmer bezogen, nnd die Leute
des Hauses tannten ihn nur nach die
iem Aussehen. Ais er sein Bild im
Stiieael mit der rohen Stizze von dem
?tiiaetla.1teii, wie sie in den Aber-Ic
blättern erschienen war. dergiich, dachte
er, daß jene roh umrissene Zeichnung-,
die, zu seinem Glück, nicht ähnlich Sei
« «U-x'
IIUU UND-Tini wus, Wuer un www-.
niß net-lieben sein tonnte, um von sei
ner Familie oder feinen englischen
Freunden erkannt zu werden« Seit-it
wenn der eiaentliche Mörder diese illu
strirtenBiätter aufgehoben hatte, würde
er das alattrasirte Gesicht des leben
den Mannes tauin in der nngeföhren
Stiiie eines Gesichtes wieder ertannt
haben. in dein der Bart am meisten den
Blick auf sich zog.
Wie die Veränderung, die das Ro
siren hervorgebracht, so machte sich bald
eine Veränderung seiner hautfarde be
merkbar-. denn die iiidaftitanifche
Bronie war nach und nach verschwun
den und hatte seinen ei entlich angel
iächsischen bautton zurifctgelassem
Wer hatten seine Besuche in der
tleinen Billa in Putnen nur geiäuschte
hoffnunan ergeben. Faunce hatte
ils rnnichts mitzuttyeilem entmuthigte
ihn vielmehr.
»Ich glaube, Sie werden die Ge
schichte mit Ihrer Entlassung als ge
schlossen betrachten müssen," sagte er.
»Die Reit. die wir mit dem Verfokgen
einer falschenSdur verloren, tann nicht
wieder aewonnen werden. Gesetzt den
Fall, ich hörte von einem Man-ne, der
nach Zeit und Oertlichleit der Gefuchte
fein könnte. wie lann ich ihn mit dem
Mord in Verbindunq bringen? Alls
Fäden frnd verwirrt oder abgerissen
und ich fürchte nicht nur, daß ich meine
Zeit veraeude —- was zwar nichts be
teuten würde, da ich Zeit genug habt
- . sondern, was schlimmer, daß es
Jixre Groutd erschöpfen würde-«
Entsetzung solgt.)
Sirt »ein-lisper- Kinder-F
M Ein Finder eigener glri hat sich in
Paris gemeine-: »5Funmuncsert Fran
len Belohnung. Zwischen l» und ll
Uhr Abends ist in Tier Avenue de
l’Lpera ein gestieltes Parteseuille mit
10,t)()t) Fr. in Banknolen verloren
morden. Obige Summe erhält der
ehrliche Finder No. Nur Riooli.« Die
se Anzeige konnte man dieser Tage aus
ten Pariser Boulevards überall in
großen Placaten lesen. Tags daraus
erhielt der Verlieren ein sehr reicker
Finanzier folgendes Schreiben: »Aus
Ihren gesälligen öffentlichen Ausruf
habe ich die Ehre, mich als aliicklichen
Finder der 1(),0(10 Fr. zu bekennnen,
wozu ich benrerle. daß der sehr relative
Begriff von Ehrlichkeit mir erlaubt,
diese Eigenschaft auch für mich in An
spruch zu nehmen. Ich beklaae mit
Ihnen den augenblicklichen Verlust.
der Sie betroffen. Da mir aber nickt
unbekannt ist, dasz Sie für den Orden,
der seht Jhre Brust ziert, Vor Kurze-n
eine annähernd gleiche Summe Zahl
ten, sitt einen Orden, der von Rechts
wegen nur den schmiiclen durfte, der in
christlichen und humanitären Tugenden
hervorleuckxtet, so glaube ich in der an
genehmen Lage zu sein« als sicher au
nehmen u dürfen, dasz Sie einem
zur it edürsligen obige 10,000 Fr.
mit kreuden überlassen werden. Au
ßerdem gebe ich die Versicherung, daß
die Summe sich in vollkommen guter
Verwahrung befindet, sowie das feste
Versprechen, tun besten Gebrauch da
von zu machen. Als eine kleine Er
kenntlichteit meinerseits verzichte ieh au
die angebotene Belohnung, die ist woh
verdient zu haben glaube, und bitte
Sie dringend, die 500 Franken aus-h
aus nach Ihrem eigenen Ermessen ver
wenden zu wollen« -
De- nkern-nd des uns nicht hin
auch einmal eine hochberzige Damit-he
zu begehen, ist ein braver Verstand