Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 06, 1903, Zweiter Theil, Image 9

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    f
« Yebraska
Staats-; nzeiger Und ·« T mild.
J. P Windolph, Herausgehen Grund Island, Mehr» Ci. Nov. l9033. (31veiteleieil.) Jahrgang 24 No. lu. l
Thriinen dar n sie n,
W oder kommst auf raschen iisen
seine crheiden du und Wiederse ’n —
Solang« ein Derz in heißem Streben
u dir läßt die Gedanten weh’n,
o lange lohnt es sich, zu leben,
So lange scheint die Welt dir schön!——
M’Mnaeh zwei Aufer- getisen
Solang’ in wahrer Lieb’ und Treue
Noch eine Seele an dir hängt,
Od nah’, ab fern, doch stets aufs neue,
Wo du auch weilst, an dicht nur denkt,
So lang' ist Frieden dir gegeben
Und freudig wirst du’s zugestehm
So lange lohnt es sich, zu leben.
So lange scheint die Welt dir schi3;t!——
Jikk Todtenopfcr !
Erzählung von Zoe von Reuß-Liegnitz.
Der Wochentnartt war abgeräurnt,
nur der angrenzende Blumennmrtt bot
noch ein belebtes Bild. Er war heute
sganz besonders reich mit Floras
herbstiindern befchiclt gewesen. Den
noch war die Garte tunst der Groß
stadt taunr im Stazdh den heutigen
enormen Bedarf an Blumen zu decken
-«—« ihre Produtte waren fast ans-ver
tanst. Denn Sonntag, morgen-, war
Todtensest.
Abseits von den lachenden und
schwatzenden Käufern nnd stattsam-;
nen, denen gar wenig at«;urnertes: war :
von dem Opferdienst der Liebe, der sie ?
her-getrieben hatte, starre-en zwei Nin-il
der, Knabe und Mädchen. Das Mäd- I
chen war sieben oder acht Jahre alt-, der (
Knabe wohl um die Hälfte jüngerJ
Während der Knabe in einen Apfel
biß, liebäugelte das Mädchen nnt den
schönsten Kränzen, bis es sich ein Herz j
faßte und an die Verlaufs-bade heran- H
trat. :
»Jcl;« will auch einen Kranz, den z
schönen dort,« saate es, bestimmter, als j
man seinem scheuen Wesen zitterner
tonnte. »Hier das Geld!«
»Der isbrnsantiiemurntranz lustet !
eine Mari, die-I sind die Fiinsziavfens ?
I·igträn«ie,« wies-s oie Vertiiufekin ab. I
»Ach bitte, quleim geben Sie mir ;
Vom VII IQONZI Kranz, Dcll Vlc PUN
ne inständig. »Das andere Geld —
ich spare es nnd bringe es- ganz ge
wile Bitte, bitte!«
»Borgen thun wir hier nichts Der
andere iit auch schön! Muosiränze
sind dauerhaft . . . .««
»Aber Manto batteBlumen so Hierm«
sagte die Kleine tbränenschluelend. l
»Deine Mutter ift geil-erben -—— vor «
Nitsch frug plötzlich eine Daniel
mittleren Lebensalter-S neben dem wei- ?
nenden Kinde. Sie war ernit. aber;
nicht in wirtliclze Trauer gekleidet und «
durch cuiisllend energische, mehr ;
männliche Gefielktsziige einentiick un- ;
schön. Doch war die Haltung nichtl
ohne Ell-ganz, und die grauen Augen
blickten scharf und llug, als sie jetztl
den Schleier «uriictfchlug, um die I
Kleine genauer zu betrachten. Das in (
einfache Traucrtleidung gekleidete
Kind hatte plötzlich für die Dante et
was BelsnnteT Ansprechendeå . .
»We- ifi Dein Vater-W
»Auch todt —- fchon lange! Auch
ein Schwesterchen das der Storchs ge- T
bracht hatte. Nur Felixchen lebt r.och.« (
»Fe—lixchen?« frug die Dame leicht I
itberrafcht. (
Der Knabe tarn bernn mit einem!
Schmuttbart, den die Schwester sofort l
durch Katzenrviische mit dein Taschen- !
tuche entfernte. Dann hieß sie dasl
iTinld der Dame eine Patfchhand ge
n.
»Nimm den Kranz, der Die gefällt,«
fagte die Dame zu der Kleinen. »Und 1
da ich eben auf dem Wege zu dem
Friedhof bin, tannft Du mitfnhren
nnd Deinen Kranz auf die Gräberl
Deiner Eltern legen.«
Dann spannte sie den Regenfchirm
aus« weil der Novctnvernebel fix-; in:
Regen aufzulsien begann, zwischen ·
welchem auch einzelne federnrtige -
Schneegebilde trieben, um niederfal
lend das aufgegveichte Straßenpslaster
in seiten, winterlichen Frost erstarren:
zu lassen. Vorläufig war alles Nässe ;
und Schmutz. —-- »Darf -- Felixchenl
auch mitfahren?« frirg die Kleine zag- l
lzafn »Er thut es so gern . . .
Die Dame schien nicht besonders I
iinderlieb zu fein, denn sie überlegtel
etwas. Dann sagte sie, nicht sebrj
freundlich: »Wenn er nicht allein nach .
Hause finden lann ---— meinetwegen!
Aber er muß stilliitien!« Damit toinlte ;
sie einen Wagen heran.
Fünf Minuten später saß man im
Waisen zusammen, auf dem Schooße
prachtvolle, weibevolle, qu Kränzen ac
bosene Palmwedel nebst herrlichen Ro
sett, welche die Dante für ihre Person
erstanden hätte. Anat die Kleine hielt
außer ihrem Chrysanthemumlrarue
nochveinen Strauß Roten in der band,
den sie sich mit Erlaubniß der Dame
ausgesucht hatte. Dabei hatte sie ein
Dorn an der band verletzt, ein vaar
Trispfchen Blut brachen hervor.
»Es thut wohl met-. Lilli?« srun das
Brüdercksem »Will’j heil worden«
eDie Dame mußte unwillkürlich la
cheln.
»Er will ein Doktor werden« wenn
er aroit ist« erlliirte die Schwester.
»Wir spielen immer Kranlseim mit
den Nun-den«
Jent trot den Knaben ein Blick der
Dante. der let-wer in enteiitbieln war-—
ltcllsietio. fast zärtlich. und doch mie
der hast«-stillt Sie let-ten ihr Gut
meinen plssltch zu bereuen.
! Der Weg zu dem großen Gräber
selde war weit, zuerst durch belebte
Straßenzeilem dann durch ein Willen
viertel, zuledt zwischen Fabrilschorn
steinen und Arbeiterwohnungen hin
durch. Die Unterhaltung stockte, bis
sich die Dame als Borsieherin eines
Wohlthätigkeitsvereins gezwungen
.siI’ulte, sich endlich doch etwas nähere
HAustunst über die verlassenen Kinder
geben zu lassen.
« »Wie lange ist Euere Mutter todt?«
siug sie pflichtgemöß.
»Viele Wochen —- ivie die Stachel
beeren reif waren im Garten, ist sie ge
storben. —- ,,Wo wohnt Jhr jetzt·t« —
,,Rautenftraße vier-bei Frau Hering
dorf.'« —- »Jst die Dame eine Ver
wandte Von Euch?«
»Nein, Tante Schwester hat uns
hingebracht — gleich als Mama gestor
ben war. Und als Mania begraben
wurde, kam der Herr Pastor mit einein
anderen Herrn s-— ich glaube es war
der Bürgermeister. Sie sagten, baß ich
bei Frau Verm-vors bleiben solle, bis
ich vierzehn Jahre ali sei. Dann sollte
ich ins Mutterhau6, weil ich Kraninp
pslegemi werden solle wie Tante
Schwester. Mama balse es so gewollt.
Frau Hermgdorf belonnnt auch Geld
iiir uns beide, sie holt cg jeden Monat
vom Rath-kraus Es sind auch noch
zwei Flimer bei ihr Mwir spielen zu
sammen . . »Gefälli es Euch
dort Z« sing die Dame weite:.
»O ja! Aber -- Denn doch Mai
I«
ma noch lebte.
Uns-»Es Toll s-:«1«In-Is"1n«sq « spkeflsbt
»wu-o-- Isu ssahcvaosounsqu --,s
der Knabe
Der Wagen hielt, man stieg aus,
und betrat zusammen blumenbdaden
den Friedhof.
Die Kleine schien vollkommen ver
traut mit der Oertlichteii des Gräber
selces, iiiii Gruß undDank verschwand
sie bald, um aus einem Seitenpsade die
Gräber ihrer Lieben auszulachen
Das Briiderchen irotteie ihr nach
Die Dame Fräulein Elisab::i)
Be rni,aeo, baite einen ziemlich weiten
Wen bis zu dem letzte-n Bett des ge
liexren Vaters-. Langia-n und geb-an
tei: rll fctxritl sie zwischen den den
Haus-: wen einsäumericen mächtigen
Aiazien dahin, die ihre leeren Blatk
rippen ivie Todtenfinger in die Last
streckten. Der Ernst und die Weihe des
Ortes-, der Zweck ilzres Besuches und
die Melancholie des Noverndertages
Vereinigten sich in iltr zu stimmungs
vollem Ente-sinken Unwilltiiriich
schaute sie wieder nnd wieder aus nach
bekannten Namen aus den Leichenstei
nen, und damit ——nach alten Erinne
rungein Vergangenheit und Gegenwart
begannen sich allmälig in Fräulein
Elisabeths Gedanken zu verschmelzen.
Sie sat; sich wieder ais langjäiirige Ge
fährtin des sriiii verivittireten Vaters,
der als Gelehrter doppelt einer Stütze
bedurfte. Dann empfand sie sich jung,
und in heimlichein Verkehr mit ihm,
dem einzigen Manne, den sie geliebt
hatte. Er war gleichaltrig mit ihr, Af
sistent des Vaters gewesen« und dem
selben schnell unentbehrlich geworden
So mai er auch in die Familie gekom—
meet uns- mit ihm ein neues, volles,
schöneres Leb-en. Denn bald hatte sich
aus dem sreundschastlichen Verkehr
zwischen der seingedildelen Professoren
tochter nnd dem iugendirastiasn geist
UUUTU SCHde III IVULIULIGI UIIUUK cui
wickelt, welch-g- bei der leidenschaftli
chen Natur Elifabetbs schnell in Flam
men emporgetoder t war. Es geschoben
Aussprache und Treugelöbniß ganz ge
Leim-. .Die bat ld darauf erfolgte lTie
deklassung des jungen Toltors in einer
Vorstadt pvar fder erste Schritt zur
Vereinigung. Da bemerlte Elisabetb
ein ollrnäliges Erkalten, während die
eigene Leidenschaft wuche. Sie for
derte Erklärung rückhaltlos Was sie
ersah-n war WVernichtungi Der Ge
liebte gest-and frei, saß er eine andere,
beißere Liebe hege, die iiber ihn gekom
men sei, plötzlich, unwiderstedlich. Tie
Geliebte sei eine junge Volksschnilehre:
rin, die er behandelt habe. Es- geschah
wie er erwartet haben moch: r: Ei· lisa
beth wandte sich von ihm, stolz, todtlich
verleßt... Das Leben in der Groß
ftadt crleichterte den Bruch — man
hörte nichts mehr oon einander, weil
man nichts hören wollte. Fräulein
Eiisobeth lebte von dieser Zeit an
hauptsächlich der Wohi:bätigi:it, der
Wohlanstiindigieit, und hatte sich über
ibre äußere Lebensstellung nicht zu le:
Hagen-. Die kluge. vermögende Pros
seisorentochter ward in der Gesellschaft
nicht nur Fednldeh sondern ausgesucht.
» Nur die rinnerung ließ sie empfin
» den, daß sie einmal reicher gewesen mai
« als jetzt Dann sreii ich brannte die
Wunde, umsomehr als dass lkeiße Blut
nack- innen strömte, weil ihr stolzer
Wille suc- ttanie Herz von elnfang an
vor r : ekelt verborgen hatte» Sehn
iiictstiz erinnernngsooll, grübelnd way
sie am Grabe des Vaters anne. anat
Sie wand ihre beiden lbitlirben Pol
menzweire um das weißeMnrrnorireuz
nnd Tegee ihre Rosen auf dos Grab des
sVaters nieder. Dann brach sie ein
- paar Epheublätter, um sie mit sich zu
« nehmen, als Erinnerungszeichen Die
s rasch hereinbrechende Dämmerung des
tNavetnbertages mahnte energisch zur
Heimlehr.
i Erst als sie fast den Ausgang des
Friedhofe erreicht hatte, fielen- ihr die
verwaisten Kinder wieder ein. Sie
waren nirgends zu erblicken. Jn unab
j weisbarer Sorge schritt Fräulein Eli
« saheth den Seitenpfad hinab, den die
sKleine vor einer Viertelstunde einge
l schlagen hatt-e. Und wirklich fand sie.
s die Kinder bald auf einein frisch be
; hiigelten, noch unbepflanzten Grabe.
; Die Kleine ardnete noch an den Blu
j men, Bruderchen las sich Steinchen zu
, samtnen
» »Ich wartete schon, tommt,« gebot
s Fräulein Elisabeth. »Ihr werdet Euch
ertälten!«
) Die Kleine fuhr aus und rief das
l Brüderchen. Beide waren bereit zu
; gehen. Aber die Dame steht plötzlich
s still und starrt unversvandt nach dem
t schlichten Eisentreuz hinüber, das aus
dem angrenzenden Grab-e errichtet ist.
s Sie liest staunen-d: Felix Biuns, Dr.
nied. Darunter stand der Spruch:
»Wir standen Händ in Hände,
Als wär’s auf immerdar,
Da plötzlich lam das Ende,
Wie es am schönsten wart«
Es war wie ein Stich-— das warme
Herzblut spridte auf. Dann srug sie
lisoch gespannt: »Ist das Eueres Vaters
Grabs«
»Warte Liegt hier begraben«
Tit » ·'.I«·... r...-. e-ke-« k-.-r«.
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HQIyo i- .U70ss OUUZI IUUCI MJUII
I Du ihn gelannt?'·
E »Ja, ich weiß auch noch, wie er aus
j sah. Er war groß und trug eine Brille.
« Rathe Backen hatte er nicht, aber einen
I Schnuirdart. Felixchen faßte immer
;l.inein... Jeh schlief net-en seinem
. Bette.·'
! »Wi- Hsißt Due« —- »Lixti, Lirti
l Bruns --—«
War Lilli eine Abkürzung von ih
- rem eigenen sckönen Namen Eliiabech
Miiglich . . . Aber trenn es auch nicht
ein Gedenlen des Geliebten an den ein
stigcn Bericht trat-, sie fiihlte plötzlich
eine Zusamntengehörizateit mit den cer-«
waisten Kinrern von der Straße, die
die Einsame trieb, ihnen die Arme ent
gegenzustreckem Es war, als oh die
Vorsehung trit Schicksalssliigeln ihr
; mit einem Male ihre irdiscke Bestim
mung, ihr Glück entgegentreibe . . . .
Aber sie stand in der Weit, und da
Leben hatte sie vorsicktia, ilua und kühl
tgenrachn Darum sagte sie nut:
, »Ich werde Euch nach Hause beglei
ten und Euere Pslegemarna bitten, daß
Jhr mich morgen besuchen dürft.«
I I I
; Andere Tags hatte Fräulein Elita
Tbeth die Einladung sast bereut· Sie
fürchtete sieh vor ihrem Herzen, das sie
durch die iikeemächtig gewordene Erin-:
nerung an ihre einzige Liede zu einer
Thrrheit veranlassen lönnr. Die Ve
ha lichteit ihres Lebens durfte nicht
getört werten. Dennoch gab sie der
Köchin Befehl, den Küchenzettel heute
siir kleine Ledermiiuler einzurichten.
Und als der Abend kam, nach einem
unruhigere Todtensonntag, an dcrn sie
nicht einmal Zeit gesunden hatte zu
Wem gewöhnlichem behaglichen Mit-:
»taqsschläfck;en, weil ihre tieinen, un
irr-Sinon Eis-Hin ci- knkisscsbti Z» M
»-- .- s--7z-.-k» -------
spruch genommen harten durch Erzäh
len. Fragen, Bitten und Spielen, hatte
sie ein Gefühl, als ob »die Mühle nun
still stehen müsse«. Aber gleichzeina
war es auch, als ob das Leben nnd die
Liebe mit den Kindern von ihr gehen
werde, und sie zurückbleibe aus einer
wüsten Jniet . . . . Dar- herzliche
Anlchmiegen des kleinen Möbel-eng
s hatte sie wie etwas wunderbar Süßes-,
inie Besessenes empfunden, und die
crolligen Einfälle des Knaben machten
ihr ein ganz unerwartete-A Vergnügen
Dazu blickten sie die Goldpiinttchen in
Felirchene braunen Augen mit desn
Enaidilchelmisrken Ausdruck des Ge
liebten an, so daß ihr ordentlich jung
ums Herz wurde. Nein, nein, sie ließ
sich den unverhofft gefundenen Schatz
nicht wieder entreiszent s-— Die einkei
tenden Schritte wurden rasch und
sicker gethan. Natürlich war die stiid
tische Verwaltung zufrieden damit,
daf: ihr die Sorge siir die Waisen von
leistungsfähirer Seite abgenommen
wurde. Fräulein Elisabeth aber hat
ihr «Todtenspser« niemals bereut.
WH
SMschss.
Anni: »Die Klara hat doch einen
recht freigebigen Mann bekommen.
Alle Augenblick erscheint sie in einein
neuen Kleide.«
Einmi: »Ach Du, das verdient sie
sich mit Klavierspielen und Sinnen«
Annh »Die Matt-, nicht mögliche«
Einmi: «Doch, jedeörnah wenn sie
anfängt, giebt ihr ihr Mann einen
«Quarter«, damit sie aushörtt«
Wer mit der Wirklichkeit zu rechnen
weiß. versteht wirklich zu rechnen.
Der Borsdorfer.
Novellette von Marie Trenter.
Es war kein echter Borsdorfer, wie
er im Herbst an einem schlanken Aste
reift, um dann die Pflichten feines
Daseins in dem Jnnern einer fetten
Brat ans oder vergoldet als Zierde
des shrifthaums zu erfüllen, sondern
es war ein imitirter, aber keineswegs
weniger appetitlicher Borsdorfer und
hieß im gewöhnlichen Leben Etel.
Etel oder Etelka war die Tochter
des Sanitätsrathes Bergmann.
Den Kosenamen Borsdorfer ver
dantte sie ihrem glühendsten und be
harrlichsten Verehrer, einem jungen
Fabrikanten, der ihr nicht nur ihres
apfelfrischen Gesichtchens, sondern
hauptsächlich ihrer ungelünstelten Na
tjirlichteit und Anmuth wegen, hul
digte.
Herr Eugen Walde-n so hieß der
junge Fabritant, hatte einen Reben
buhler. —
Diesen Nehenhuhler hegiinftigte
Herr Bergmann — und mit Recht;
kenn erstens war er reich, zweitens
hatte er als Specialarzt eine ausge
zeichnete Praxis und drittens führte
er den Tizel eines Professor. Kurz
um; er war eine glänzende Partie.
Daß er äußerlich klein, unanfehnlich
uno nicht mehr jugendlich und im
Uebrigen ein ausgemachier Pedant
war, zudem dem Borsoorfer nicht im
Geringsten gefiel, kam bei dem gestren
aen Papa gar nicht in Betracht.
Der Herr Sanitätsrath war augen: I
skITsIlTA ---.IJ- kKk- «»c k-:»« its-s l
ein«-sin- OIWD Its-II USI sbluv cckbsi
Bei einer Abendgescuichafi in sei-v
-nem Hause hatte sie sieh recht abstoßend
zu seinem Protege benommen, nnd
seitdem hatte Professor Klein das
Haus seiner Auserlorenen nicht wieder
betreten. Die Sache mußte wieder ins
Geleis gebracht werden. Wenngleiih
Herr Vergmann kein Freund officieller
Feste war, so machte er irir Interesse
seines Kindes schon hin und wieder
eine Ausnahme
«.Kinder, wir besuchen heute Abend
das Fest der medizinischen Gesell
sckast«, hatte er aeaen Mittag wie
beiläufig in das Wohnziknmer hinein
aerufen ——— und, den Protest seiner
Damen wegen der nicht so felfnell zu
hefckaffenven Toilette nicht achtend,
mit einem:
»Es bleibt, wie ich gesagt habe«, die
Thüre von außen zugen!ael1t. !
»Nur weil er weiß, daß Eugen kei
nen Zutritt hat und wir den Professor
dort finden«, schluehzte der Borsdorfer.
Die Mutter hatte Miith das auf
geregte Mädchen zu beruhigen. —
Der Abend kam. «
Jn dem großen Feftfasal eines der
ersten Hotels in der Residenz war be
reits eine zahlreiche Gesellschaft ver
sammelt. «
Der Borsoorfer ließ die schönen
Augen resignirt iiber die Versammlung
gleiten. Sie erschien ihm öde und
farblos-.
»Etel«, fliisterte Frau Bergmann
plötzlich und richtete die langgestielte
Lorgnette nach dem Eingana keg
Saales. Mechanifch selgte Etelta der
angegebenen Richtung. Gleich darauf
überzog eine fahle Blässe ihr reizend-II
Gesicht. ,
Träumte fie oder ijfste sie ein Spul.
Herr Euaen Walden, ihr Eugen, be
trat mit einer jungen, schönen Dame
am Arm den Saal.
Etella schloß die Augen, fre wollte
Zac- Osntfenuaje nian nan einmal Ie
en.
Sie mußte sie aber unwillkürlich
und bald wieder öffnen denn vom
Flügel her erklangen die Jntradnit ia
nen zu der »Mignon« Romanze, die
lein anderer spielte, als ihr Eugem
der mit Reclt ein Meister in der Mufit
aenanni werden durfte —-—
Von den Lippen seiner schönen Ve-l
aleiteri n e: tlana es in fchmelzenden,
herzbeweaen en Tönen:
»Kennst Du das Land, wo die Ei
tranen dliihen?« ;
Und dahin wollte sie mit ihrem Ge
liebten zie hn?
Nein niit ihrem, mit Ettellas Ge
lichten.
- O das war schändli rh!
Und er hatte sie doch so lieb gehabt,
sie war fein Barsdcrfer gewesen noch
bis vor —
. Ja, wie lange denn? Bis vor vier
zehn Tagen
Das war allerdings schon eine lange
Zeit, in welcher ein junger Heißspoin
i wohl den Geschmack an einem gewöhn
lichen Borsdorser verlieren konnte, Zus
mal trenn man ihm eine goldschim
mernde Orange dafür als Ersatz bot.
l Das war zu viel für Etelias ge
lriinlteö Gemütb.
- Ein heftiger Schmerz lramvfte ihr
das Herz zusammen, eine Ohnmacht
befiel sie und sie senkte das Kdvfchen
wie eine aetnickte Lilie gegen dieSchul
ter ihrer Mutter.
Als sie wieder zur Besinnung lam,
befand sie sich in einem Zimmer des
« Hotels allein mit ihren Eltern.
,,sWir fahren nach Haufe, Etel«,
sagte der Sanitätsrath endlich.
Er verbarg seine vergnügte Miene
hinter der Maske des besorgten Va
texts-.
Er hatte es ja immer gesagt, daß
der junge Walden ein Leichtfuß und
ein weni charaktervoller Mensch sei.
Jetzt bgatte der Professor Chance,
wenigstens bei seiner Frau. —
Welche Mutter würde nicht einen
Professor-, zum Ersatz für einen leicht
"sinnigen Fabrikanten, als Schwieger
-sohn willkommen heißen?
Nun war et auch nicht mehr der Ra
benvater, der sein Kind zu einer Hei
rath zwingen wollte. —
Acht Tage ungefähr nach dem Feste
der medizinischen Gesellschaft erhält
Herr Sanitätsrath Bergmann eine
Verlebungsanzeige.
Mit wechselseitigen Empfindungen
öffnete er in Gegenwart seiner Frau
und Tochter den eleganten Catton.
Einestheils freute es ihn, daß sich
die Sache so schnell und günstig"ab
wickelte, ancererseits hatte er Mitleid
mit seinem Kind, das blaß und still
im Hause herumschlich
Ater was war denn das-? Das
konnte doch nicht möglich sein?
chStand denn da nicht klar und deut
li :
»Meine Verlobung mit Fräulein
Josephine von Geldern, Tochter des
verstorbenen Generalg von Geldern
und seiner Gemahlin, geborene von
Reichenbach bcehre ich mich ergebenst
anzizzeigm
Prrfessor Dr. Alfred Klein.« «
Der Herr Sanitätsrath fah cui-z
IRS-»wer- nipkis »ein-obs »u-; »U- ·»- RI
».,.-.-.. .....,. «..,......, -..«, .»» » »..
inhaltsschrveren Worte laut vorlas.
Etelta verhielt sich theilnahmlos,
oder es schien wenigstens so.
Jn Wahrheit hatte sie, als ihr Ba
ter die Anzeige entfalteje, aezittert, wie
wenn ihr Todesurtheil verkündet wer
den sollte. —- -
Letzt athmete sie erleichtert auf.
..-er Herr Sanitiitgrath verließ
heute lreniger selbstl«eivußt, wie ge
wöhnlich, seine Familie.
Es war kein Wort zwischen ihnen
in der fatalen Angelegenheit amech-«
selt werden, aber er fühlte instinktiv,
daß die Geschichte seinen Haken halte.
Das- mit dem Professor hatte sich Ekel
wegen ihres abstoßenden Wesens selbst
,·,nzusch:eil·en, aber den jungen Fabri
tanten hatte er vertrieben.
Und der war doch im Grunde ge
nommen leine schlechte Partie. Seine
Mutter war reich — und das Ge
schäft —- nun es hätte sich mit der Zeit
schon gemacht.
Vor allen Dingen liebte ihn Etelta,
Und das war doch die Hauptsache
Ja, er war ein Esel gewesen, als
er den jungen Walden vor einigen
Wochen so schnöde abgewiesen hatte.
Und dieser Ductmäuser von einem
Professor, er verlobte sich mit einer
Generalstoehter.
Ter Sanitiitsrath war entschieden
schlechter Laune, als er am Spätnach
mittag von seinen Krankenbesuchen
heimkehrte.
Er fand seine Gattin allein im Sa
lon.
Miirrisch beantwortete er ihre Fra
gen nach harmlosen Ereignissen
Als er Miene machte, das Zimmer
zu verlassen, hielt sie ihn mit den
Worten zurück:
»Lieber Leopold, ich bin in der
Lage, Dir eine ähnliche Neuigkeit ver
künden zu können, wie sie Dir und
uns heute Morgen wurde· Herr Eugen I
Waloen hat sich verlobt.«
»Mit der Theaterprinzessin oder
was sie ist?« antwortete Herr Berg-:
mann erbost. »Das überrascht mich
nicht bei so einem —«
»Stil! lein Wort weiter«, unter
brach ihn seine Gattin zürnend.
»Nicht mit der Sängerin, wie Du
anzunehmen scheinst, sondern mit sei
nem lieben kleinen Borsdorfer.«
»Schan keinen Unsinn, Alte, was
ist das fiir eie Person?« -
»O, Du Ungeheuer von einem
Mann, Du weißt nicht einmal, wer der
Borgdorfer des Herrn Walden ist?«
rief Frau Bergmann in komischer Ver
zweiflung.
»Unser Kind ist es, unsere Etel.«
Da wurde die Thür ausgerissen
und -
»Papa -—— lieber Papa!« jubelte eine
helle Stimme und zwei weiche Arme
llamnsertenslch fest um den Hals des
verblüfften Sanitiitsrathsz
,Jetzt sagst Du aber ja, Herzens
mann«, schmeichelte Frau Bergmann,
indem sie nun auch ihrerseits die Arme
um den Hals des Gatten schlang.
»Nun fehlt nur noch der Herr
Schwiegersohn zu der Erdrosselungs
procedur und Jhr werdet mich bald in
das Jenseits befördert haben. Zum
Henker, laßt mich los, ich ersticke.«
So polternd machte sich der Herr
Sanitätsrath aus den Armen seiner
weinenden Frau frei. um den in de
müthig bittender Stellung harrenden
Bräutigam feiner Etel an das Herz zu
drücken.
f
« Dann le te er seilhsisseines Kindes
cherzte, indem er nur mühsam seine
tthrung vertrag
»Da haben ie Ihren Gradensiet-·
nee oder Borödorser, wie die Sorie
heißen mag. Machen Sie ihn aber
glücklich, Sie Schwerenöther. Uns
eine Komödie aufzufiihren mit einer
«Theaterprinzessin, das war toll.« f
,,«Nothwehr, theurer Papa,« lachte
der jung Mann übermüthi . »Ju
tessen, cherz bei Seite. sie Dame
ist eine renommirte Conzertsängerim
eine entfernte Verwandte unserer Fa
milie und hält sich augenblicklich im
Hause neiner Mutter auf. Ueberdies
hat sce sich gestern mit Herrn Profes
sor Klein, den sie auf dem Feste der
medizinischen Gesellschaft kennen ge
lernt, verlobt.«
Herr Sanitätsrath Bergmann mach
te nach dieser Eröffnung ein schwer zu
beschreibendes Gesicht, seine Gattin
verbarg ein etwas schadenfrohes Lä
cheln hinter ihrem Taschentuch. Herr
Eugen Walden aber blickte lange und
innig in die feuchtschimmerndeu Augen
seines Borsdorfers.
—- - »A-«——
Fsme Name-.
»Das muß anders werden!« sagte
der Bahnhofsrestaurateur von R. in
Preußen zum Pietola »Du läufst im
mer höchst dämlich am Zuge von einem
Ende zum anderen: »Wer gefällig?!
Bier aefällig?!« Von ljeut ab drehst
Du vor den Wagen vierter Klasse um
und läufst um so öfter vor den besseren
Klassen auf und ab!« Der Piccvlo
merkt sich das-. Wie der nächste Bunt
ntelzua landete halten in R. nicht) mit
langer Waaenreihe von L. bis 4. Klasse
einläuft, hüpft der Ganymed mit dem
Brett voll schäumender Gläser herbei.
Gerade vor der 4. Klasse aber schnappt
er nun jedasmal ab und macht kehrt.
Diesinal aber befand sich anscheinend
ein durstiaer Reisender hinter dem ei
nen der kleinen Abtheilfenster, und da
er sich von rein Biirscheken ,,gescl«,nit
ten« sieht, lehnt er sich weit hinaus und
brüllt: ,,Eic, Riemen kommen Sie doch
mal bitte auch zu neir!« Da eilt der
Dreitäseloch dienstfertiq l;erl·ei, stellt
sich auf die Zeler nnd kedt ein Glas
Tand in d des Unseriorenen und
Bier in die Höhe. Der Rufende aber
winkt ab: »Ne, ne, Bier wollt’ ich jar
fern-Z. Jch wolli’ Ihnen man bloß
fragen: »Im-gen Sie nicht früher einen
Backenbart?«
, --——-.-- —
Ausgleich.
Madame Cdas Dienstmädchen beim
Lesen ihrer Briefe überraickend): »Ja,
wag solt denn Das nur heißen, Lina,
Sie lesen ja meine Briese durch?« .
Lina (Verleaen): »Ach, entfchuldigen
Sie, gnädiae Frau, ich —- ich — —
miffen Sie mas, anädiae Frau, da ha
ben Sie meine Briefe —- lesen Sie die
I«
auch durch.
Verratlrem
Der kleine Fritz kommt öfter mii
Nüssen heim. Die Mutter fragt, wo
her er sie habe; geschenkt bekommen,
entaeanet er. Eines Tages geht sie
mit ihm zum Krämer, und während
sie dort etwas warten müssen, meint
der kleine start plötzlich: ,,Siehft Du,
Mutter, jetzt hab’n s’ den Nußsack
schon zugebnnden.«
Die Hauptsache
Der kleine Karl im »Wilhselm Tell«
lnach der Apfelschußszene): »Mama,
wer wird denn nun eigentlich den
Apfel ausessen?«
Dei- Anderen Hund
»Mein Herr, gehört der Hund Ih
nen?«
»Warum?«
»Er bat mich qebi ssen «
»Dann gehört er nicht mir.«
Gerechte Beitiirthinn
»Geftern pumpte ich Titerwald um
III-I aU.«
»Wa: er nicht bestür; t?«
»Nein, aber Ich «
Wieso?«
.. s-— t .»I L· m-«
»u« uuthc tttu Utc «p-)«
Verdächtinck Erfolg.
Waben Sie ein zuverlässigeå Mittel
gegen Hühner-augens«
Apotheler: »Gewiß, hier haben Sie
eines, das ich selbst schon seit vierzehn
Jahren mit dem grössten Erfolg ge
brauche.«
Ein litt-natur Sparta-month
»Der reiche Meyer ist auch so’n
riiclsichisloscr Autler, dem Menschen
leben nichts gelten . .
»Da thun Sie ihm Unrecht, der
nimmt bei seinen Ausfahrten gleich im
mer ’nett Arzt mit.«
Jagdgliick.
A.: ,,Halsen Sie Glück aus der
Jetng
B.: »O ja, ich habe neulich an ei
nein Tage 13 Enten geschossen.«
A.: »Wa·ren sie wild?«
B.: »Die Enten nicht; aber der
Bauer, dem ich sie todt geschossen, war
sehr wild.«
Bei-fehlte Wir-kuns.
Mann: »Was soll denn das, so viel
LKampser in meine Sachen zu thun,
das.hält man ja vor Gestank kaum
aus-M
Frau: »Aber Max, das geschieht
doch gegen vie Motten.«
Mann: »Aber so viel, das ist ja,
unt die Motten zu lriegen."
Jn keinem Punkte soll man so por
sichtig sein, als in der Wahl seiner
Duzbriider.