Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, September 25, 1903, Image 3

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    Ueber-listed
dumm-le- von Carl o. Densel.
Meintes- Emmy Schwad- wak nch
ntlich elbst nicht recht ilar über
libre Ein ndun g.en
Sie mochte sie alle beide gut leiden,
« ibve sweiAnbetee nämlich, die einan
der gegenseiti mit vieler Kunst den
. Rang abzulau en suchten.
- Un dem jungen Schriftsteller gefiel
ihr, außer dem lastanienbraunen
Lockenhaar —- und es waren echte
Locken, teine vorn Frifeur mittels des
Brenneiiens hergestellten künstlichen-—
besonders dessen sanfies, träumerisches
Wesen, welches freilich, sobald der Ne
benbubler in Sicht ian1, bedenklichen
Schwankungn unterla und sich leicht
rn die beit der erierier« ver
wandelte, um uns seines eigenen, mit
Vorliebe angewandten Ausdrucks zu
. bedienen.
Fräulein Emmy war selbstredend
oiel zu vernünftig, ihm das etwa zum
Nachtheil anzurechnen
Nicht zum letzten hatten es der jun
gen Dame übrigens die rührenden Ge
chte angethan, welche hans Hause
ges re elmäizg zum Frühstück lieferte
atiir sich nichI tzum Betfpeisen son
dern als Leitiire.
Aber Leo Schnell war auch nich.
iibel. -
Der aussallend dichte, an den außer
ten Enden tiihn emporkiezrvirbelte
chwarze Schnurrbart, um den jin-.
mancher Gardeleutnant beneiden
konnte, gab feinen Zijgen eine energi
fches Gepräge, und erregte Fräulein
Emmys unaetheilte Bewunderung in:
Gegensatz zu Hans Hause der il«
scheußlich fand, weil seine eigene Ober
lippe mit tonitanter Bosheit unbeschak
tet blieb.
Als Jrfpettor einer qioßen Lebens
oerfichc1«.i :ngiel1schaft hatte Lea fes :
gutes Aus-kommen, und wag den Cl J
ratter anbelangte, so ließ sich nur est-;
Beste von ihm sagen. Wenn er bloß ds-:
unieidliche Manier hätte aufteben dol
len, immerfort don seinem sBerufe zu
sprechen! Dabei suchte et alle Welt in
seinen ver ichernden Bannlreis zu drin
gen, die Qarmlofesten Individuen im
eanguirte er, und wenn es mitten ans
der Stra e war.
hans aase nannte ihn daher spöt
tisch nur den »Versicherungsontel".
Leo Schnell drückte sich allerdings
auch nicht gerade respeltooll aus, wenn
er auf seinen Rivalen zu sprechen lam.
In feiner tunstunverständigen Seele
sielen die Begriffe Schriftsteller und
»Aufschneider« vollständig zusammen.
Er betrachtete die ersten als ziemlich
gemeingefährliche Subjette. vor denen
man namentlich junge Mädchen nicht
genug warnen könne. -
Zwischen diesen beiden heterogenen
Naturen also schwanlte Fräulein
Emnih’s Herz, wie das Zünglein einer
Wange hin und her.
Jn ihrem Verhalten lag eben fiir
teinen eine besondere Bevorzugung. Sie
behandelte beide mit der gleichen Lie
benstoiirdigteit und darum er chien es
Bezug haase immerhin gerathen, dem
rsicherungsontel nicht erst Zeit Zu
einer Herzensversicherung Fräulein
Einmis- zu lassen, was am besten Da:
durch verhindert werden tonnte. daßer
ihm mit seiner Erllärung zuvortam
Unglücklicherweise hatte jedoch Leo
Schnell genau dieselbe Jdee. Er hielt
es ieineeloe o fiir unmöglich, daß.
wenn der Schriftsteller bei Fräulein
Emmy uerst zum Wort gelangte, die
junge ame angesichts seiner Auf:
schneidereien leicht den halt verlieren
und ihm in die Arme sinten könnte.
Heute war übrigens hans hause
der vom Glück Begünstigte. Zu seinem
eigenen Erstaunen fand er Fräulein
Enuny allein an ihrem Gewinne-plötz
chen. Träumerisch saß sie aus einer
Bunt, dicht am Gestade des Sees, des
sen blaue Wellen im Sonnenlicht
glitzertem
»Wo ist denn der Versicherungs
ontel?'· entschlüpfte es Hang unwill
tiirlich statt eines Gruße-zu als er
Ernmh eilfertig entgegentrat.
MOIO fnb kein Mkiftfhllsk Aus
ihrem Sinnen aussahrend, etwas besz
iremdet an.
»Guten Tag, Fee Haase,« versetzte
sie dann, seine enge unbeanttvoktet
lassend, in pitietem Ton.
»O, bitte tausendmal um Entschul
di ungl« stammelte der Dichter, dem
si nun das Bewußtsein ousdkiingte«
gleichzeitig eine Dummheit gesagt und
eine Unhoftichtett begangen zu haben«
»Meine Zetsteeutheit . » Vetzeihen j
Sie sütigsi... Aber ich war wirklich
Perseeut, Sie einmal ohne den Vet
tcheeun sont» ohne den Jnspettoe
nnzut sen. daß ich ganz oekgaß..·«.
»Sie sind wohl lein besonderen
reund vom Deren Jnspettok ?" fragtH
inmh mit neckiichem Lächeln. »
»O doch, im Gegentheih wie können ;
Sie glauben!« überhagpette sich Deus-!
der, nun et wirklich mit Emmy allein
Mk. in grenzenlose Vetteqenheit ge-»
rieth. s
Fräulein Emmh brach in ein herz:
liches Gelächter aus.
»Sie widersprechen sich sa in einem
fort! Herr hause, here hause, was
sind Sie doch fiit ein Konsusiong:
tath!«
»Da haben wit’s!« seufzte der Dich-s
tee inwensig. »Sie macht sich iiber
mich lusti
Dann surrte er stumm und trosilos
in die blauen Wellen des Sees.
eiiuletn Emmy zeichnete mit der
S ihres Sonnenschiems zierliche
I een tn den Sand. ,
- Mut so mehrere Minuten ver
zinsen were-. ohne daß der Dichten
regte in dein jungen sdchen rote
oer de Spottlgt
»Es scheint, ie find In wich ge
worden, Verr haale,« föaqgte . »
»O o,«« rang ca ji in anglo-»Hm
Stöhnen aus der Bru ihr-es Gefahr
ten, »diese Gelegenheit, ohne oen Bee
licherungsonteh die e tsftliche Gelegen
heit, die vielleicht nie wieder-Lehrt, und
ich Unglüelimenich tun-n wieder nicht
reden!«
Plötzlich fchlug er fich vor die Stirn
»und rief mit einem wahren Jubeltorn
« »Ich halfst Ich halfst daß ich auch
nicht gleich daran dachte!«
»Was haben- Sie denn?« fragte
Fräulein Emmy verwundert.
Der Dichter suchte fieberhaft in
allen Taschen.
»Nein, ich hab’ es nicht,« murmelte.
er endlich betrübt. »Ich muß es ver- «
loren haben·« »
»Aber mein Gott, was denn?« ’
»Das Manuskript, aus dem ich
aus dem ich-woraus ich Ihnen-—l
—- o, o, das ift sehr schlimm, es bildete
meine letzte Hoffnung«
»Es war wohl eine fehr werthvolle -
Art-eili« fragte Fräulein Enimy theil
nehmend.
»O ja, sehr werthvoll.«
»Das :hut mir wirklich leid.«
»Miru«auch.«
i »Eisieh da! Da kommt ja auch oer
lHerr Jnipettor!« rief gleich darauf
lErnmy, nach linls deutend.
»Na ja, der fehlte mir je t gerade!«
f schrie Hans beinahe, dessen chiichtern
; lzeit beim Anblick ceg verhaßten Neben
jksuhlers sofort verschwunden war, um
ldie »Wildhei1 der Berferter« an ihre
l Etelle treten zu lassen.
l ,,Wuß«.e ichs doch, daß der Auf
,schneider hier kein ,wiirde,«' sagte der
auch nur ein Wort geus hätte
l
Jufpeltor fiir ich, auf die Gruppe zu
treteno. »Na, hoffentlich tomme ich
noch nicht zu fpät.«
»Ich bin entzückt Sie noch zu tref
fen, Fräulein Schwabe,« begann er dass
Gespräch, den Schriftsteller geflissent
; lich ignorirend.
» Dich nicht,« brummte dicfer.
? alte nämlich einen abscheulichen
; llnfall, im wahren Sinne des Wortes2,
Der mich hinderte. schon ikiiher mein
zewohntesNachmittagsplätzchen hier am
! Eee aufzusuchen, welches mir dadurch,
daß es auch Jhr Lieblingsaufenthalt
Hist, schon lange doppelt werth- gewor
oen.«
»Sie scheinen sich als den Schatten
Fräulein Schwabes zu betrachten,« be
merkte hans haase spöttisch.
Der Jnspeltor hielt es unter seiner
Würde bietan zu antworten, ver
zvickelle aber dafür Fräulein Schwalbe
in ein langes Gespräch über seine neu
abgeschlossenen Geschäfte und setzte ihr,
unter geschickt eingestreuten Liebensi
.viirdigleiten und Schmeicheleien aus
einander, daß er nun bald General
Agent sein und wie glänzend es der
einst eine Frau an seiner Seite haben
J werde
l »O Gott, o Gott, wenn ich doch auch
nur so reden könnte, wie dieserStaats
! menschl« jammerte der Dichter in tief
ster Seele·
» Fräulein Ernmn schien die ewigen
Versicherungsgeschichten aber schließlich
; doch langweilig zu finden, und in
seinem solchen Augenblicke war’s, wo
hand, aus seiner stummen Verzweif
l lung emporfahrend, die Blicke des jun
gen Mädchens gar freundlich auf sich
ruhen sah.
» Das gab ihm mit einem Male wun
J derbaren Muth.
,,Zriiulein Emmy,« flüsterte er leise,
»ich muß Ihnen etwas sagen'
lslnwilllürlich antwortete sie ebenfalls
lei e:
»So sprechen Sie doch.«
»SchickenSie erst den Versicherungs
onlel weg.«
»Aber mein Gott «—«
»Dann werde ich ibn en:fernen.«
»Es ist-in der That merkwürdig
daß manche Menschen nie merten wenn
sie überflüsng sind,« sagte er darauf
laut, daß der nspeltor es hören solle
»Ja, wirlli sehr niertwiirdig,« gab
diese-r stoisch-«««zuriick.«
»Das oeriangr nicht« onchre Dank-,
»aber fort muß er, diesmal weiche ich
nicht anders als Emnitfs Verlobier
oom Plahe.«
Eine ileine Pause entstand, während
alle drei sich ihren Gedanken über
ließen.
Plöklich sing der Dichter an zu
Ihnen.
Fräulein Emrny —- Herr Jnspet-!
tor —ich —ich glaube, ich werde
Lchwarz... mir wird schwarz vor den»
ugen —- Goti —ich werde ohn —!
ohnrniichtig.« s
Jn seinen Gesichtsziigen schien es
schmerzlich u arbeiten, die Augen nah
rnen einen arren Ausdruck an.
Ennnh brach in einen Schreckens
tus aus.
Heiliger Himmel. er stirbt!« rief sie
entsetzt. »Herr Jnspettor, um Gottes
willen, holen Sie Hülfe, schnell, einen
Wa en!«
» ein —- nur —- Rum, ein Anfall
Wöfter schon « Rum,« murmelte der
Dichter rnit verlöschender Stimme.
»So gehen Sie dach,«· orängteEtnn1y.
»Ja doch, ich gehe schon!« murrte der
Jnspettor, sich widerwillig auf den
Weg machend.
»O Gott, laß ihn nicht Jterben.« stü
sterte das geöngstigie Mädchen, sich
iiber den Pseudo-Ohnmächtigen nei
gend, dasz er den warmen hauch ihres
Mundes ganz nahe an seinen Schläsen
fühlte. ,
Jhrn aber hatte die Jnnigieit ihres
Jenes gleichfalls das suße Geheimnis
ihres Herzens offenbart, und in der
seligen Erienninid sich geliebt zu
O
W
tvi en, verslllchtete jählings alle
st digteit seiner schii ternen Natur.
.Emmy, Emmh, du liebst michl"
klang es leise in's Ohr des jun en
Mädchens, und zu ihrem renzenlosen
Erstaunen schlang rer hnmiichtige
plötzlich die Arme um ihren Hals, und.
un kümmert um die etwaigen Zeugen
dieses sondersaren Schausde preßte
er einen glühenden Kuß auf ihre
Lippen.
Zum Glück tvar an dem an und fiir
sich nicht allzu belebten Ort gerade kein
Mensch in der Nähe.
»Ja bist du —sind Sie — ich dachte,
Sie wären ohnmiichtig,« stammeltedas
Mädchen, sich verwirrt und erröthend
seinen Armen entziehend.
,,,Ach, es war ja nur eine Kriege-list,
um den Versicherungsontel zu entfer
nen, und sie hat mir schneller zu dei
ner Liebe verholfen, als ich jemals hof
fen durfte,« antwortete er mit fröhli
chem Lächeln, aufs neue nach ihrer
Hand haschend, die sie ihm nicht mehr
zu verweigern wagte.
»Dir hat sie das Herz geöffnet und
mir gleichzeitig die Lippen gelös fuhr
er fort, Jetzt tann ich’s sagen unaus
hörtich sagen: ich liebe dich, Emmy, o,
ich liebe dich! Und du? Sag mir'g
nun auch mit süßen, deutlichen Wor
ten, was mir bis jetzt nur deine zärt
liche Sorge verrathen!"
»Hier ist der Rum!'· klang da eine
Stimme hinter ihnen.
Der Jnspettor war, mit einrr großen
Flasche JamaicasNum in rer Hand,
zwischen den Bäumen hervorgetreten.
»Es scheint, das Leben ist schon zu
riickgetehrt und der Todestandidat hat
sich in einen Bräutigam verioandelt,«
fuhr er ingrimmig fort, da rr mit
cinem Biirt die ganze Situation über
schaut und ertennen mußte, rasz er der
Gefoppte war
»Tragen Sie es mir nicht nach,«
sagte Hans guttniithia, »aber in der
Liebe ist sich jeder selbst der Nächste.
Und nun in den Ortug mit allem
Groll! Na, —-— die Hand her, Verstehe
cherungsontel!«
»Der Teufel ist Jhr OnteL aber
nicht ich!« schrie dieser müthend
TIan TIE- hnrfr mir-fis in nnnoriiåhn
lich, Herr Jnspettor,« schmeichelte
sEmmh
s Der tünstige Generalagent aber
wandte dem Brautpaar erbittert den
Rücken und die unschuldige Flasche mit
dem töstlichen Labetrunk weit hinaus
in ·die blauen Wellen des Sees schleu:
dernd, schwur er:
»Jn meinem Lebtag hole ich teinen
Rum mehr sür Ohnmäch:ige!«
W
Der böse Herr von Goethe.
Der berühmte Schauspieler V. er:
zählte mit Vorliebe die folgende Amt
dote. Einst kam der Künstler zu einem
turzen Gastspiel nach ver trainischen
Hauptstadt Laibach. B. war bereits
einmal aufgetreten und beabsichtigte
fest, den von der Zensur verbotenen
»Faus« zur Ausführung äu bringen«
tZudem Zweck begab er sich zu dem
;Statthalter, einem besahrten Bureau
straten Der Empfang war freundlich
genug: »He ha ’ Sie gestern g’sehen,
Sö hab’n Jhre Sach’ ganz brav ge
macht. Was wollen S’ von mir?« s«
»»Jch wollte Eure Exzellenz unt Er
"laubnisz bitten, den »Faust« ausführen
. zu dürsen.« —-- »Den »Faust«? Was ist
Jdenn bös sür a Stück?« « »Der
;,,3aust« von Goethe, Erzellen«i.« —
t »Goethe! Goethe! Was ist das für ein
Goethe?" -—-— »Johann Wolsgang v.
Goethe, der große deutsche Tichter und
»srühere großherzvglich .oeimarischeMi
;nister!« »Ah, Minister! So, schau,
schaut Na, dars denn bös Stück hier
Egegeben werden, Herr oon Sterzel
huber?" wandte er sich an seinen Se
tretär, »was ist Denn dbii mit dem
»Faust« vom Minister von Goethe,ist
ldenn der bei uns verboten Z« »Z«
Befehl, Erzellenz, es ist ein nsispszkicheg
Stück!« —- ,,Aber, mein Denk nirf
B. ein, der »Faust« wird ja i«-. .-.·ie—
ner Hvsburgtheater von Direttor Laube
schonG längst anstandslos ausgesiihrt.«
q- »«Ju, lUcllIl VI lllll Utlv UclUclfcll
lönnten,« meinte der Stank-alten —
,.Euer Exzellensz brauchen nur die
Gnade zu haben, an den Direktor
Laube telegraphiren u lassen!« —
»Na, na, diis is z’ umständlich Was
lommt denn in dem Stück vor?« —
»Der Teufel lornmt darin vor, txt-zel
lenz,« erklärte Herr d. Sterzelbuber.
—- «Der Teu— der Teufel! No, dös
wär’ a schöne G’fchicht, den Teufel
aufs Theater zu bringen. O je, oje!
Sö san zwar a guter Mann, aber nnt
fo was müfsen S’ mir nit lommenl
Halfn S’ lan and’res Städt« Und
anstatt Goethes »Ian « mußte Halms
»Der Sohn der Wildniß« angesetzt
weroen.
—-«--—-.--——
Falls-aufgefaßt
Sommerpartie lzu ihrer Hau?frau):
»Aber liebe Frau, wie lönnen’s denn
die Säu’ in Ihrer Wohnstube halten,
cas ift nicht gefund.«
Bäuerin: »lln1aetebtt! Dick und set:
tvekden’s«, daß a Freud« is!«
Der echte Viert-Inventan
Junge Frau: »Wie, in diese dumpfe
Kneipe sollen wir gehen, ca ist ja eine
entsetzliche Luftl«
Gatte: »Das ist«-Z ja eben, was die
ser Kneipe solchen Reiz oerleiht."
Schwere Aufgabe.
Gemeint-Mienen »Na, hat denn Dein
Vater fein’ Namen noch immer net
unter die Listen geschrieben?«
Dunkl: »Ja, da miiffew schon a
bifferl warten —— jetzt schreibt er ihn
eser in’j Unreine·«
W-——.- ----
r Ver Regimentsappell
Militiirhumoresle oon C. C r o m e
S ch w i e n i n g.
Negimentsadjuiant von Streithorst
Isaß in iibelster Laune in seinem Bu
reau. Herrgott, ist das ein miserables
Leben seit dem Antritt des neuen
Kommandeursl Oberst Krimmer hattel
sich in feiner Hoffnung, eine Brigadq
zu erhalten, getäuscht und war oben
drein in dieses Nest versetzt worden,
um das vor zwei Jahren erst neugebil- l
dete Regiment mit der dreiziffrigen
Nummer zu führen. Der Oberst war
schon bei seinem alten Regiment ob
seiner Strenge ein gefjirchteter Herr
gewesen -—— in sein neues Kommanoo
hatte er zudem seinen ganzen Aerger
iiber das Ausbleiben der Beförderung
und diese fataleVerse ung mitgebracht.
Die Neugierde des « egiment5, seinen
neuen liammandeur kennen zu lernen,
war nach der neuesten fulminanten
fRedh welche der Oberst vor dem zum
»Kann formirten Regiment gehalten
!hatte, total verflagen. Die Stab-Z
Hoffiziere sahen sich sehr vielsagend an,
j den Hauptleuten lief ein eisigerSchauer
Jdie mehr oder minder breiten Rücken
herab, uno nur die sorglosen jungen
»Es-inwie- griimten fich nicht sonder
c .
; Aber für den arme-n Regimentsadjw
itanien war eine fürchterliche Zeit her
ieingebrochen Er bekam von jedem
»Aera-er, der sich im Obersten zufam
iinenbrante, den ersten Anfang Dazu
Flam, daß Oberst Krixnmer feine Be
» fehle mir in einzelnen Stichworten er
s theilte und über die Fragen, welche ein-(
l mal aegebene Befehle betrafen, in einen;
Zustand gerathen konnte, daß fogarl
»Die Regimentgschreiber darob erbleich
Hen. Wie fo manche höher-In Offizieres
jhatie auch der neue Fionmtandeur sich;
l eine kliedengart angewöhnt, die auf der
Baroiiteterslala seiner Laune Sturml
bedeutete. «Muß llappen!« lautet-es
diese Redensart, nnd da er obendreinl
die lilemohnheit hatte-· feinen dickenI
rothrmunen Schnauzbart dabei zwi-’
DA-— Iz- Its-—- ... ji«-« -.. r4 k- :
IbelI Ulk UND-III ou lshllslllcll, IU Aug IUI
diefen halb unverständlichen Worteni
etwas geheimnißvdll Drohcndes, das
seine Wirkung nicht verschlie. l
Ach der junge lebengluftige Regi
mentgadjutants hatte in diesen drei
Wochen- seine ganze Lebensluft verloren.
Er war von dem Kommandeur in die
ser Zeit foviel ,,angesauft« worden« daß
er bis zum Avancement zum General
ausgiebig davon genug haben konnt-.
Die stete Furcht, einen Befehl des Ge
waltigen falfch zu verstehen, hatte ihn
fast trübsinnig gemacht und den beiden
Versuchen, um Wiederholung zu bitten
hatte er keinen dritten hinzugefügt.
Es lief ihm noch talt über den Leib,
wenn er an die Standreden dachte, die
sie ihm eingetragen hatten·
Zur selben Zeit braute im Obersten
der Aerger wieder einen gan gehörigen
Sud zusammen. Zu Hauie hatte er
nichts zu tomtnandiren, das beforgte
die Frau Oberst. Und niees überall
eine ausgleichende Gerechtigkeit gibt, so
auch hier. Es ist nur gut daß die
Standreden der Oberstfrauen nicht vom
Regiment gehört werden, sondern daß
die nur der Avmmandeur allein em
pfängt
Oberst Rrimmer war deshalb auf
die Ehe im Allgemeinen und auf die
Freuden der Liebe im Befonderen
schlecht zu sprechen. Und seine Natur
war nicht dazu angethan, dag, wag
ihm felbft versagt blieb anderen freu
dig zu gönnen Als er gestern durch
die Straßen der kleinen Stadt geschrit
:en, hatte der Aerger zu brauen ange
fangen. Das war ja eine oerdeuwelte
Zucht hier. Bot jedem Haus ein Sols
dat mit einem Mädchen, und in den
tlnlagen hatte er die Pärchen, von dei
nen die eine Halste lönialiche Montur,
die andere Rock und Schürze trug, zu
Ttltzenden herumlaufen sehen.
»Kreuzmillionen« discfe Karesfi
rcrei wollte er seinem Regiment schon
austreiben! Und als er mit diesem
ern-Janus ynnceuur und me knau
Lbristin obendrein wieder mir Schran
nells galligster Laune geladen fand, da
itand’s bei ihm fest, morgen wollte er
bei einem Regimentsappell den Kerls
ein Privatiisimum über königlichen
Tienit und Liebe lesen, daß ihnen die
Augen übergehen sollten.
Heute Morgen nun hatte der Aerger
noch eine anz besondere Würze erhal
ten. Der Zberst war just darauf zuge
kommen, wie der Pserdeburiche hinter
der Stallthiir das Zimmermädchen
tüchtig abliißte. —- Zehntausen'dschock
millionen Patronenhiilsen, nun war's
genug! !
Der Regimenteadjutant erkannte;
mit Schrecken, daß heute wieder iml
sLberiten Kalender ein kritischer Halb-i
icher Tag erster Ordnung war, miti
EruptionemHs Gewittern und Niedersl
; schlagen.
l »Schreiben!« tam esJ aus des Ober
«sten Munde. »Heu:e Nachmittag —
iiinf Uhr » Regimentgaprsell ——«
» und nun tlemtn:e die Rechte die eine
ngiitfte des dicken Schnurrbaetg zwi
. schen die Zähne und feine Lieblings
redensart drang dumpf und unheimlich
hindurch. Dann rasseite der Oberst auf
die Thiir zu, die hinter ihm derb inke
: Schloß iiet.
Dem Regimentgadjutanten tvar der
; Bleiftift aus der Oand gefallen. »Re
-gimentjeappell ——·« ja, mit was denn?
l Die zwischen dem eingettemmten Bart
T bervorgeftoßenen Worte hatten wie1l
»Juki«-den« geklungen. Aber, um»
Gottestvillen — ein Regtmentsappelll
i mit Fußlappen . .. .
l ,,Sergeant Krö.ter!" rief der Ade
t
tant, bleich vor innerer Auste ung.«
«Haben Sie den Befehl des eern
Obersten genau derstandens Mit was
sholl2tliegimentsappell abgehalten wer
en sc
»Es llang wie ——Fußlappen, Herr
Oderleutnant!« sagte der Seigeant.
»Das habe ich auch verstanden!« ries
der Adjutant mit sast iammerndem
Tone. Jetzt stand der zweite Regi
mentsschreiber stramm aus: »Ich habe
genau zugehorcht, herr Oberleutnant
—- ich hab- auch ganz genau Jußlappen
oekstanvenl«
Leutnant von Streithorst überlegte.
Unmöglich war bei dem neuen Rom-.
mandeur Ia nichts. Er hatte sich in die
sen Wochen als der schonste Yedantev
wiesen. Daß er das ganze Regiment
cnit zwei Stiefeln antreten liesz, war
schon dagewesen, und er hatte diesen
nützlichen, sehr oft be- und oersolzlten
Ausrüstungsstücten ein Interesse ge
schentt, atr- sei die Kunst ,,Hans
Sachs« sein Lebenselement. Also ents
schied er sich, aber mit schwerem Her
zen: »Nachmittags 5 Uhr aus dem
Cxerzierplatz Appell des ganzen Regi
ments mit Fußtappen!«
Die zwölf Kompagniefeldwebel mach
ten die strengsten Dienstgesichter, als
der Adjutant begann: RegimentsbesehL
Oeuxe Nachmittag süns teyr Appell —
—-« Aber bei dem Worte «3("Fußlap
pen« stockte jeder Bleistift und aus den
zwölf maitialischen Gesichtern, die sich
auf einen Ruck emporhoben, lag so viel
Ueberraschung, daß dem Regt-items
adjutanten ausg diene heiß und kalt
wurde. Aber seinen eigenen Zweifel
den ,,3tompagnie-:Utijttern« zeigen?
Nie und nimmermehr Und so donnzrte
er denn noch einmal »Fuszlappe·az
Verstandens« gab der Oidounanz das
Schriftstiict und ging ins Kasino, um
in einer einsamen Ece seine sorgcnren
Gedanken in einer Flasche Scharzlws
beiger zu ertränlem
Die Antiindiauna von einer Extra
Besichtiguna durch den lommandiren
den General hät1e nicht aufregender
wirlen lönnen, alg die Antijndiauna
dieses Reaimencgappellg mit Jus-Jap
isen. Heiliger Marg, wag war vorge
sallen, Das-, der Oberst diese reinliche
Besichiiauna der Leincvandstucie, ioelme
bei der Infanterie die Stelle der
Strümpfe vertreten so plötzlich anord
nete. Allen Hauptleuten war der
Appetit oerfloge"n. Jn der ganzen Ka
ferne war ein plötzliches Fuleappen
Waschen ausgebrochen und die Sonne
fah mit ihren Strahlenangen verwun
cert auf die endlosen Reihen von Lein
wandstiicten, die an schnell gezogenen
Bindfaden in den offenen Fenstern
aufgehäugt wurden. Die drei Botenl
lons- -Kantiniers, die neben den leibli
chen Genüssen auch PutzartikeL Fuß
« lappen u. s. ro. auf Lager hatten, raum
ten ihre Vorräthe an letzteren in nicht
mehr als einer halben Stunde
Dem lakonifchen Regiinentsrefehl
waren durchaus nicht latonische Ba
taillons- und sehr dratvnifche Kom
Pagniebefehle gefolgt Leritnant von
: Streithorst aber ließ an diesem Mittag !
» fein Essen im Kafino im Stich Jeder
Offizier, der seiner habhaft werdens
konnte, wollte von ihm den Grund die »
fes seltsamen Appells wissen. Er ent-»
floh in die Stadt und aß in einem;
Restaurant — aber auch er hatte einen ;
merkwürdig schlechten Appetit. ’
Schlag dreiviertel fünf Uhr standen
die Kniopagnien auf dem Exerzierplan,
jeder Mann in der Rechten den regi-:
mentgmäßigen Fußlappen hat ttend, fau
bete an den Fiiszen Das ganze Regi
ment sah aus alssei es zu einem Nie
fenstaubwischen lommandirt
Finsteren Angesichts tam der Obern
auf den Exerzierplatz. Pflichtschutdigst
meldete sich am Eingange desselben
der Regimentgadjutant bei ihm: »Das
Regiinent ist ium Appell mit Fußlap
pen ange: reten!«
Der Oberst heftete seine Augen mit
einein sonderbaren Ausdruck auf den
itngliictlichen Adjutanten.
»Mit —— obs-«
»Mit Fule appen, Herr Oberst, xrsie
befohlen!«
«.»1 , fis-It i k «
CCL CIUIUUIIU clslkluslc Ulltcl Uclu
Blicke des Obersten, dessen Gesicht sich
rothbraun zu färben begann. Sein
Schnurrbari zitterte und nur mühsam
ransgen sich die Worte von seinen Lip
pen los:
»Herr Oberleutnant von Sireitborst
—- mit roas sind die Leute zum Appell
angetreten?«
»Mit —Fu—ußlap—pen!« stöhnte
der Unglückliche. »Der Herr Oberst
selbst haben ——— be—sohlen.«
Der Oberst wandte sich ab. Wie die
Töne einer verstimmten Trompete tam
es aus seinem Munde. Das dauerte
eine Weile. Der RegimentsadjutanL
athmete kaum noch: Sein Rommanssp
deur lachte? — Um Gottesrvillem was
in aller Welt hatte er denn verstundens
,,Mel·den! Aelrester Stabsossizier soll
Appkll abhalten — Nachher Sie veit
mir melden, verstanden!«
Und der Oberst ging nicht auf dass
Negiment zu, sondern beiseite. »Mus;
tlappen —- Fußlappen ——« trompetete
er prustend vor sich hin. Mit den Lap
pen in der Hand tann ich roch den
Kerls nicht sagen, daß sie das oercnate
deite Karassiren lassen sollen!
Was der arme Regirnentcsadjntant
nachher empfing, war teine Zions
waschung mehr: es war schen mehr-jin
moralisches Hamabzieyen bei tedendi
gem Leibe. Ader sonderbar, von
die·em seltsamen Appell an wart-e es
bei er. —
»Mit dem Alten ist. sent aanz gut
auszutommen!« sagte der Reaimente
adjutant zwei Wochen später wieder
ganz lebenslustig im Rasino »Man
muß sich nur erst an ihn geroöhnent«
Heute mei noch keiner. warum Re
girnentsappe mit Zußlapden angefth
war. Leutnant von Streithorst hats
Niemanden verrathen.
schmause- fasten-.
Doktor bill, getränkt von der Einig
lichen Atademie der Wissenschaften in
London« die ihm« die Aufnahme als
Mitglied versagte, rächte sich durch
einen Scherz ganz neuer Art. Er arms
sirte an »den Seiretär der Akademie,
unter dem erdichteten Namen eines
Arztes aus der Provinz, die Erzäh
lung einer Kur, die er kürzlich gemacht
habe. »Ein Mattose,« schrieb er,
,,brach ein Bein. Zufällig war ich ge
genwärtig ich fügte die Theile des zer
brochenen Beines genau zusammen und
nachdem ich sie stark mit Bindfaden
umwickelt hatte, begoß ich sie fleißig
mit Theerwasser. Jn kurzer Zeit
spürte der Matrose die Wirkung des
Mittels und bediente sich seine-— Beines
nach .wie vor.« Zu derselben Zeit
machte Barteley Bischof von Cloyen,
sein Buch üter die wirtsamteit des
Theerwassers bekannt, ein Wert, das
viel Aufmerksamkeit erregte und die
Aetzte entzweite Der Bericht des
Doltorg wurce sehr ernsthaft in einer
öffentlichen Versammlung der könig
lichen Ataoemie vorgelesen, Und man
stritt sich darüber mit dem größten Zu
tranen aus die wunderbare Kur. Die
einen sahen darin einen auffallcnden
Beweis der Vortrefflichieit des Thea
«-Jasser"3, die anderen behaupteten daß
entweder das Bein nicht wirllich ge
brochen gewesen oder die Heilung nicht
so geschwind erfolgt sei. Man schrieb
nnd druckte dafür und dc.xegen, als die
Atademie einen zweiten Brief erhielt,
der dem Setretär schrieb: »Ja meinem
letzten Briefe lzabe ich vergessen, Ihnen
zu sagen, daß das zerbrochene Bein
dec- Malrosen ein hölzernes Bein war.«
Der Scherz wurde bald in ganz Lon
don belannt und belustigte lange Zeit
ans Kosten Der königlichen Akademie
—«....·-«-.-—
Zu welcher Zelt eine Million Men
schen von der Erde verschwinden
Der englische Medizinalfiatisiiter
Jaxc hat berechnet daß der letzteMensch
oon einer Million Neugelxorener nach
ilts Jahren von der Erde oerichwindri.
Das Sterben einer Million Menschen
vollzieht sich auf folgende Weise: Von
einer Million Kinder, welche, ange
nommen, an ein Und demselben Tage
geboren werden, sterben im ersten Jahre
150,00(), im nächsten Jahre 53,000,
im dritten Jahre 28,000; am Ende
des dritten Jahres ist also bereits fast
ein Viertel der Million verschwunden.
Jn den darauffolgenden zehn Jahren
sind die Sterbefälle weniger zahlreich,
und erst im 13 und 14. Lebensjahr
fangen sie wieder an zu steigen; es
sind das die Jahre der Entwicklung,
weiche unter Mädchen und Knaben
zahlreiche Opfer fordern. Trotzdem
der Anfang und das Ende der Zwan
zigerjahre auch gefährliche Jahre sind
und besonders der Uebergang in die
Dreißigerjahre viele Opfer fordert,
sind doch nach 45 Jahren erst ebenso
viel Menschen gestorben, wie in den
drei ersten Jahren, so daß immer noch
über die Hälfte von der Million Men
schen vorhanden ist« Arn Ende des
W. Jahres sind noch 370,0()0 Men
schen von jener Million übrig. Die
nächsten 20 Jahre raffen aber diesen
Bestand schnell dahin; es find nämlich
nach 80 Jahren nur noch 78,00() vor
handen. Nach 95 Jahren sind noch
233 übrig, deren Zahl von nun an
rasch abnimmt, so daß nach 108 Jah
ren der letzte Mensch von der Million
verschwunden ist.
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Heimgesihickd
Der Dichter Grabbe bekam einst von
einein Hamburger Kolletteur ein Lot
terieloos zugesanot, das, wie letzterer
in feinem Schreiben behauptete, »ung
bedingt« init einem Gewinn gezogen
werden würde, nnd dann hieß es wei-«
ter: »Aus diese-n Grunde senden wir
Ihnen das Loog Nummer 2226 anbei
und ersuchen Sie, da die Ziehung bin
nen 14 Tagen ihren Anfang nimmt,
uns umgebend den Betrag oder, im
Falle Sie Jhr Glück von der Hand
kreisen, selbst das Loos zurückschicken
zu wollen.« Grabbe erwiderte darauf
sogleich: »Ihr Lovs, auf welches »un
bedingt« ein sicherer Gewinn in Aus
sicht gestellt wird, behalte ich. Zur Et
sparung von Porto fiir Geldsendungen
ersuche ich Sie, die Summe, die das
Loos kostet, von dem »ficheren Ge
winne« abzuziehen und den Uebersluß
gesälligst auf hier anweisen zu wollen·
Sollte das Loog jedoch durchfallen, to
betrachten Sie den Verlust als Strafe
für Ihren Aberglauben.«
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Abschied
Kunstsrcnnd: »Die-Z ist also Ihre
Aschiedgtour.«
Sängerin: »Ja«
Kunstfreund: »Und Sie wollen nicht
mein öffentlich fingen?«
Sängerin: »O nein, die Leute wün
schen blos eine Gelegenheit, sich von
ihrem Geld zu verabschieden.«
Zwei Ideale-·
»Ich stirchte,« sagte die reiche Erbin
zu dem Freier mit Rang und Titet,
»Daß unsere Ideale auseinandergehen«
»Und worin?«
»Jet- möchte um meiner selbst willen
geliebt werden, Sie um ihrer Familie
will-um«
Der erste Ein-ans.
Junge Frau (an dem Matii):
Waben Sie vielleicht Spiegeleier7«