Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, September 25, 1903, Zweiter Theil, Image 14

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    ssssssssossssdsssss
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FODULXEIOÄ mocwxmxs sCOOm es
l
(2. FortsehungJ
»Ich höre Niemanden als mir!
tbst an. weine Liebe. Außer shnenj
be ich nur eine-Freundin au der
Welt —- ineine utter —- die zu
schwach war, mich vor der Thrannei
meines Vaters zu schii en. Er und ich
konnten nicht in demse n hause leben.
ais ich ein Mann geworden war; meine
Männlichkeit empörte sich gegen den
häuslichen Despotismus, ich wendete
einem heim den Rücken, das ein We
spennest tleinlicher Austegungen war,
nnd alle meine Angehörigen schrieen
tiber meine Schlechtigleit. Nein, liebe,
tleine Freundin, für mich giebt es
teine Rückkehr, ich muß mein Glück
elbsi versuchen, wie ich nuk irgend
nn.«
Als die Thurmuhr Zehn schlug, hielt
sie mitten im Gespräch inne und sagte
ihm gute Nacht.
Er bat sie, zu bleiben, doch sie sagte,
daß ihre hausftau entsest sein würde,
wenn sie nicht vor Els zu Hause wäre,
nnd dann wollte er sie nach hause be
gleiten, aber sie war halsstarrig und
wollte ihn nicht einmal wissen lassen,
wo sie wohnte.
Der sol ende Abend war der, an dem
er seine hätigteit im Kometsaal be
ginnen sollte, es war demnach der
abendliche Spaziergang unmöglich ge
macht, und so mußte sie ihm verspre
chen. sich Sonntags im Kensington-»
start einzufinden F
»Es wird Jhrer Wohnung näher?
sein-« Fatttemer listig gesagt. I
-;-e-.-.- h-«
Cl WII Its-I Hi Use-u »He-aus« »u-—
nihus und ging in feine Wohnung in s
der Lambethstraße, urn den Ar:itelI
iiher das Cricketmatch niederzuschrei-«
hen· Er war eigentlich kein Schrift
steller, hatte auch teinen akademischen
Grad erreicht und so durch dies Leben
nach eigenem Gefallen den väterlichen
Zorn auf sich geladen; allein er war
kein Dummtopf und verstand ein rei
nes, hie und da schwungvolles Englisch
u schreiben, und indem er überCricket,
Lust-all oder Athletik schrieb, schrieb er
her Alles, was er wußte; der Redak
teur lobte seine Artikel und zahlte ihm
auf der Stelle einen Sooereign.
»Wollen Sie den Artikel mit Jhrem
Namen unterzeichan fragte er.
»Ich habe keinen Rainen.'·
« , dann nehmen wir ein Pseudo
nym,« ’agt.e der Redakteur, »wir lieben
das. ie scheinen ein Kenner zu sein,
nennen wir Sie also »Der Kenner«.
Die Zeitun war eine ganz neue und
destrehte sitz so modern und ausfal
iend zu sein, wie es heut utage alle
Spertzeitungen gewöhnlich sind.
Arnald und seine neue Freundin tra
fen im Kensingtonparl an mehr als
einein Na ittag zusammen. Er nahm
gelegen lich mit, um einein Wett
pie zuzusehen. sie tranken Thee in
m kleinen Schrveizerhaufe in der
Kensingtonstraße, wurden immer bes
sere Freunde und tannten doch nur
Einer des Anderen Taufnamen Für
ihn war sie nur List-, für sie war er
nur Arnald; und diese Freundschaft
dauerte nun schon seit einem Monat,
das Band festigte sich von Tag zu Tag,
obwohl sie kaum wußten, wie start es
werden sollte.
Und eines Sonntags, Abend-:- — an
dem einzigen Abend, den er frei hatte
—giiigen sie länger als gewöhnlich
umher. Sie vergaß die Stunde ihrer
hausfraih die Möglichkeit, gefcholten
zu werden — vergaß den Flug vers-Zeit
als sie in dein tiefen Matten der
Bäume hin und her ging und den Bit
ten Arnolds lauschte; er verlangte nach
mehr als ihrer Freundschaft —er be
gehrte Liebe, er begehrte sie. Weshalb
sollte sie sich weigerns Er wußte, daß
ße ihn liebte;sie hatte ihn von einem
immlrchen Tod gerettet, er genorre
r und sie ihm. Er vertrat seine
Sache in so einfacher und mannbafter
Sprache, wie ein Arbeiter sie zu seinem
Scha gebraucht haben würde, und sie
« gab ich ibim bedingungslos hin, als
Gattin oder Geliebte hatte sie ibn
doch von der ersten Begegnung an ge
Mk war hingeschmolzen bei dem Ton
seiner Stimme. hatte geziiiert bei fei
nerBeriibrung, all oie Zeit in der sie
— sonst strenge Zurückhaltung bewahrt
Zittern Die Uhren schlugen Zwölf,
7 sichre-w sie noch immer sprachen.
»Was wird Frau Marmian zu mir
? Sie bat ein so schreckliches
rament!«
»Sie soll von heute an nichts mehr
sogen haben, mein heim ist Dein
- m, du Du nun versprochen haft
« mir onzuveritauenf
.;, Sie ins-en zusammen nach Hause.
seine - irihsin war von get-röthlichem
l, biieb selbst lange auf, erschrak
tot dem späten Nachbauiekommen
Riethey rot-; auch nicht einem
Zog-at a geneigt
»F bwchie nieine Frau mit Frau
-« fass Arnold kühl. »Sie
nicht daß ich oetheirarhei bin
- , Mk Sie isi eben von ihren
Mai-de gekommen und
Miska ßsch Jht Gepssck
Use- scheucht werden. «
Dei-files Kapitel.
«- srom its-m m is
vollkommener harmonie und Glück-;
seligteit. Keine Fra e nach heitathl
ward gethan. Hätte ie jene standhastej
Energie, jene Kraft. göttlichen Regun
gen widerstehen zu tönnen, jene hohe·
Selbstachtung die ein Prin ip der
Frau ist, besessen, sie hätte A es beil
ihm erreichen können. Aber sie warl
von unbestimmter, demüthigek Natur,
war unter dem Druck bek Armuth zer
malmt worden und hatte unter der
Verachtung der Welt viel gelitten. Vom
ersten Moment war sie seine Stlavin
ewesen, ihm ergeben, sich glücklich
chiisend wenn sie sein Leben nur ein
wenig glücklicher machen konnte.
Sie war die Tochter eines Abenteu
rers, hatte das übliche unstöte Leben
einer heimathlosen geführt, seit sie sich
erinnern tonnte, und hatte in dieser
beschränkten Existenz so manche tleine
Fertigkeit erlernt. Sie konnte ein Mit
tagessen kochen, einen Hut putzen, war
eine Künstlerin mit der Radel und so
.im Stande, Amole tleine Erspar
nisse zu vermehren, um den hunger
von der Thür abzuhalten, wenn es
schlecht gehen sollte; doch es gab Zeiten,
wenn das Sportblatt eine Menge Ar
titel Amole annahm, ba lebten sie
in Freuden·
So ging es ein Jahr lang fort, als»
ihnen ein Kind edoren wurde, dasJ
jedoch nur eine Pfoche lebte und dessen
Tod aus die Mutter schrecklich ein-;
wirtte. Sie verfiel in eine langwierige l
fgefährliche Krankheit, während welcher;
knnkn sie Jan und Nacht vflesit Und«
skiae Stellung dci dek Singen-than
ausgeben mußte, indem rr hoffte, sie
und sich mit seiner Feder zu erhalten.
Er war bei der Sportzeitung gu An
sehen gelangt. und so lange dre Zei
tung und ihre Beliebtheit dauerte, war
er seiner drei Pfund wöchentlich sicher.
Zu Beginn ihrer Genesung erzählte
Lisa ihrem Geliebten das Geheimnis
» ihrer Vergangenheit.
: »Ich glaube, Du hältst mich für
Tschlechter als ich bin, weil ich nie von
Dir verlangte, daß Du mich heirathen
; mögest,« sagte sie wie gebrochen, «selbst
nicht, als das Kind kam. Aber Du
s besragtest mich nie über meine Jugend,
und ich fühlt-e, ich hätte nicht daeRecht
Deinen Namen zu tragen, wenn ich
s Dir nicht sagen tonnte, daß ich Deiner
wiirdig sei.«
»Theure, Du bist es, sage mir nichts
weiter, ich will nichts über Deine Ver
gangenheit wissen. Jch kenne Dich,
sicherlich ist das genug. Du warst gut
und treu und hast mich geliebt, wie es
Niemand vorher gethan. Breite Dich
gesund zu werden« und sobald Du
start genug bist, um in eine Kirche zu
gehen, wollen wir heirathen.«
»Du würdest das nicht sagen, wenn
Du Alles wüßtest,« schluchzte sie.
Und dann erzählte sie ihm ihre jam
mervolle Geschichte: daß sie die Tochter
eines Mannes oon haltlosem Charakter
war, der ties in Schulden von Stadt zu
Stadt zog, seine Frau und seine Toch
ter vernachlässigte, ungerührt war, als
seine Frau gebrochenen herzens dem
Elend erlag, der seine siebzehnjiihrige
Tochter allein durch die Straßen der
oerderbtesten Stadt Europas gehen
Ließ, um siir ihn Eintäuse zu besorgen.
Jung« hübsch, schlecht gekleidet, mit
jener gerin en Selbstachtung, die dar
natiirliche esultat einer in Armuth
derlebten Kindheit ist, war das mutter
lose Mädchen eine leichte Beute siir
einen Schurken. Des ersten Mannes
Stimme, die zärtlich zu ihr gesprochen,
war die Stimme des Versiihreri »Ich
war so unglücktich so lrant und müde,
als er mich zum ersten Male ansprach,
ich dachte, daß er mir nur aus Mit
leid Beachtung schentte. Er war alt
genug, um mein Vater sein zu können,
ich fürchtete mich nicht vor ihm. und
«
sah zu ihm wie zu einem höheren We
sen auf-wie zu einem Freund, zu
einem Wohlthäter. Er versprach mir,
meinem Vater eine Stelle zu verschaf
fen, unser Leben glücklicher zu gestal
ten. Jch fah ihn jeden Tag, wenn ich
ausging, um unsere qrmleligen Ein
liiufe auf dem Markt zu machen —
ader Denn ich für meinen Vater zum
Psandieiher ging —und eines Tages
Konvulsivilches Schluch en unter
brach ihre jämmerliche Gefchichtr. Ar
nold drang in sie, ihm nichts mehr zu
erzählen-—sie war ihm nicht weniger
i,heuer weil sie so unglücklich gewesen
war-.
»Nein, nein, Du sollst Alles missen.
Alles —Alles —- und wenn Du dann
noch glauhft daß ich werth hin, Deine
Frau zu tein
Er versuchte ihren Worten Einhalt
e- thun, aber sie bestand darauf; nnd
abgeran Sätzen erzählte sie ihm
wie sie in London verlassen worden
war, wie sie gehungert und getämpft
hatte, tun sich von den Ahgrunden fern
n halten, welchen die verlorenen
seinen verfallen sind. Sie war eben
o nahe niie er dem Selhsimord gewe
sen, hatte dann non einipen Pfennig
täglich, ern den Jaglphn eurei Schnei
derin in Weiten d wachenlang Mxleht
mir Hinsicht-I mehr, herrere,
unser kamen des Manne-, der
Dis-h ist-eg- Ie sit EI- Alles- ds
WZZ «"i"««i sei re- S i
« CI U U Mk Uc c
s- « Fik
Cr ilt in rlin sehr angesehen, åt
- steht zu ihm auf wie ich, bevor i ihn
lannte, und wenn Du den Leuten er
"hlen würdest, was er mir angethan,
würden es nicht glauben. ch könnte
mich isen, daß ich ihm ver kaut habe
—da ich ihn geliebt habe. Ja, ig
liebte ihn, Arnald, nicht wie ich Di
liebe, aber mit der Liebe eines unwis
senden Mädchens, das niemals ein
zärtliches Wort vernommen hat. Er
war gut zu mir —- zärtlich, großmüthig
— so lange seine Laune wahrte; aber
dann verließ er mich, ohne eine Stunde
vorher mich zu warnen. Sein Diener
brachte mir einen Brief. Adieu — und
eine Zwanzig-Psund-Note. Sein here
war am selben Abend nach Berlin ge
reift. Und da erlannte ich, was es
beißt, allein in London zu bleiben.«
Arnald war voll Zärtlichkeit und
Mitleid, und dennoch kühlte ihn ihre
Geschichte ab, Er hatte vermu tz dasz
irgend ein iieferer S merz als , inuth
ihre Mädchenzeit ver instert W daß
ihre Seele in duntle Wasser Otaucht
war; aber die G echichie mit dem Zit
lichen Geliebten —- eine Simsean
lanntschaii —-—,en:behrte eines jeden ro
mantischen Elements. Sie hatte also
ihren Verführer geliebt —geliebt, weil
er ihr schmeichelte und sie mit Geschen
ken überschüttete; sie dachte seiner viel
leicht mit Bedauern, sehnte sich nach
dem Luxus jener Wohnung, nach der
Equipage, den feinen Kleidern, blickte
danach zurück von ihrer ärmlichen Din
tertreppenrvohnung in der Lambeth
ftraße.
Sie fah die Veränderung in seinem
Jnnern nicht; allein das langsame Er
sterben seiner weltenden Liebe hatte be
gonnen. Seine Liebe nahm Zoll um
Zoll ab, obwohler es lelbft nicht wuß
te; er dachte, er wäre des elenden Lon
doner Lebens müde —- dieses steinernen
Labyrinth-L des rauchgefchwärzten
himmels — nicht ihrer müde.
Die Zeiten wurden immer schlechter
III-» TI« III- mnk ein-II Ihr-Of KfCUIMi
zu schwach, um sich durch Nähen etwas
erwerben zu können, under hatte ch
mit dem Aufgeben der Stelle im o
metsaal übereilt, Denn dieSportzeitung
fing an, ein schlechter Zahler zu wer
den; er mußte drei- oder viermal hin
» gehen, bis er die paar Pfund Honorar
; bekam. Die Noth war drückender ge
worden, als sie es je gewesen.
l Die Miethe der ärmlichen Wohnung
war rückständig, und die gemiithliche
hausfrau sah ihn mißmnthig an, wenn
er durch den dunklen Korridor hinaus
oder hineinging
«Wenn Sie sieben Shillings wöchent
lich zu viel finden, wäre es besser, wenn
Sie es sich mit einem Zimmer einric
ten würden,'· sagte sie, und Arnosd
stimmte unter den gegenwärtigen Ver
hältnissen zu.
O des Elends in dern einen Zimmer,
in dem fiir nichts Plah war! Der
Tisch, an dem er schrieb, war in eine
Ecke gepfercht, wo die Ellbogen an die
Wände stießen, während Lisa auf
einem anderen Tische feine Wäsche
biigelte oder ein einfaches Mahl berei
tete. Wie unerträglich die Unwirklich
teit all dessen dem Manne war, der in
großen Räumen, in einer schönen Um
gebung, in der reinen Luft der Felder
und Wälder von Susfolt ausgewachsen
war! Lisa war matt und niedergedrückt »
und brauchte Luftoeränderung nachj
ihrer Krantheit, dann litt sie an einem »
eintönigen Husten der ihn durch seine»
regelmäßige Wiederkehr quälte. Wenn
er für die Festung schrieb, geistreich
und lebhaft ein wollte, um feinen Be
richt iiber ein Cricketmatch oder eine;
Negatta mat humor auszuschmiicken,’
ließ ihn dieser ewig wiedertehrende
husten, leicht wie er war, die Zähne in
neroöser Qual aufeinanoeepressen
Das Leben wäre ihm erträglicher ge
wesen, hätte er nur einen Raum für.
sich gehabt. dachte er, blos eine Kam.
mer, wo er sich einschließen tonnte und
nicht jede Bewegung seiner armen Ge
fährtin hören, den Geruch von Würften
und Ost-klingen die sie zum Abendessen.
zubereitete, riechen und nicht von jedem
Detail dieser unsauderen Existenz
wissen mußte.
Sie versanien bald in immer tieferes
Elend. Er hatte iaurn drei Monate
feine Stelle im Kometsaal aufgegeben,
als die andere, wie er früher gedacht»
bessere Quelle feines Einkommens ver- (
trocknete. rDie Sportzeitung starb den
stillen, euhmlosen Tod der Zeitungen,
die eingehen: Niemand wußte, was ge
schehen war, sie hörte einfach auf, zip
fein. Jhre auffallende, verblüffendej
Modernität hatte nicht genügt, sie für.
kurze zwei Jahre am Leben zu erhalten.
Arnald erfuhr erst von dem an ihm
begangenen Raub, als er in das Bu-:
eeau eines Administrators kam, der in
lehtee Zeit schwer zu änglieh gewesen,
obwohl der Derartige r ungewöhnlich
eifrig die Artikel des «Kenner« neige-s
nommen hatte.
Das Bittens-, das sich in einer ann- I
seligen Straße zwischen Strand und
Lon Aere befand, war geschlossen, und
ein latet in einem der Fenster verwie
iir weitere Aastünfie an die Herren
enard Fe Bat-geh Agenien. rn der
Die-Mitreise
Arnald wendete sich nicht an Bar
nard ckc Badger. Was halfen ihm wei
tere susiiinfiei Er hatte den drohen
den Ruin in dem Benehmen des her
aussehen vorausgesehen, in dessen
Ausweichem wenn et ihn um das ho
npect erfasste, und als er ihn mit
eine- Spver statt der essen Ok
zahisng vertr . ·
Hist see Wirken-s Im es ass,
W
und das hie-I so viel als Verhungern
Wohl gab es andere Zeitungen. vie
über Athletit und anderen Sport be
iichteten, allein alle die lange gegrün
deten Zeitungen hatten bereits ihre
Mitarbeiter und würden die Beiträge
eines Renlin s nicht gewünscht haben,
dachte Arno in peinlicher Selbster
tenntniß.
Er gin heimwärts und sah ausdem
Wege na dem Kometsaal hin. Nein,
dort war tein Plah mehr sirr ihn. Sie
hatten einen Portier von sechs Fuß
höhe und dementsprechendem Umsange
ausgefunden, den sie in eine mit Gold
bvrten beseyte Unisorm esteckt hatten
und der dem Saale ein HAnsehen gab
mit dem sich Arnoldg abgetragener An
zug nicht vergleichen konnte.
Nein, seine Dienste waren imKomeL
saale überflüssig geworden; nun kam
die elende Von-der-Hand-in-den
Mund-Existenz, der tägliche Kampf
uns Brod und Wohnung. Wie tvnnte
Liebe in solcher Atmosphäre bestehen?
Sie bestand, bei einer von den Beiden
—- bei der Frau, die sortsuhr, zu lieben,
mit jener hündischen Liebe, die nie er
stirbt.
Trotz Allem waren sie gut und zärt
lich zu einander. Wenn sie trank wurde
—- und sie war vst trank —vslegte er
sie. Zu Zeiten, wenn seine starle Ge
stalt unter der schweren Last nidersant,
Ermüdung ihn übersiel, psle te sie ihn
nnd ernährte ihn mit ihrer Hände fAr
beit. Er ersuhr niemals, daß sie aus
halbe Tage scheuern ing, um das Mit
tagessen sür ihn taufen zu können.
Ei war jene Zeit, als das Diaman
tensieber in Kimberley Zu wüthen be
gann und die Leute in nglanb nichts
von den Schwierigkeiten in den Berg
werien wußten und dachten, da nur
Reichthum drunten am Oranjes uszsie
erwarte. Einer der Mitarbeiter der
gewesenen Sport eitung, der Tursarti
lel geschrieben, gegnete Arnolv, wie
er, armselig gekleidet, am Strand um
berging, nahm ihn in eine Weinsiube
mi: und liess ihm ein Frühstück geben.
Dieser Mann war bei den großen
quvkcövsnnpv DIIIIHIIII »Im-III Alä
bei seinen Lesern, die feinen Prophe
zeiungen. welche er fiir die Sportzei
tung geschrieben, nicht glaubten. Er
hatte von Tom Tidler in Südasrita
gehört, und war bei seiner sanguini
schen Anlage bereit, dort sein Glück mit
dem gewonnenen Geld zu versuchen.
Er sah zu Arnold wie zu einem.
Menschen von besserer Erziehung und!
Bildung empor und bot ihm an. ihn;
nach den Goldfeldern mitzunehmenJ
Er wollte nicht nach Kimberley, sondern :
nach Barllh Weit gehen, das zwan igj
Meilen vom Centrum der Golowäsches s
reien entfernt war, wo ein Mann sein ;
Ghin machen konnte, wenn er harti
arbeiten wollte. s ’
»Sie sollen von Allem, was wir
machen, zwanzig Pro ent haben,« sagte
et zu Arnold. ,Jch in ein Zugvogel,
aber ich hasse den Gedanken, allein
gehen zu müssen. Wenn Sie nicht das
Geld haben« so will ich die Fahrt be
zahlen«
»Sie sind wirklich gut. aber das ist
nicht enug,« antwortete Arnald, und
seine i ugen teuchteten. sein Gesicht rö
thete sich dei dem Gedanken an ein
Entrinnen. »Ich tann eine Freundin
nicht verlassen ——sie nicht verhungern
lassen, ich müßte noch zehn Pfund
zurücklassen können«
Der Mann war gutmiithig; er lieh
——oder gab Arnald zehn Pfund mehr
als das Fahrgeld betrug, und Arnald
lie diese Summe, die, mit ihren Ent
be rungen in letzter Zeit verglichen,
sehr groß war, Lisa zurück.
,Jch nühe Dir nichts-I sagte er,
»denn die lehten drei Monate warst
Du es, die allein etwas verdiente. Du
hast mich erhalten, plagteft Dich für
mich, Lisa, sei versichert, is wird Dir
besser gehen, wenn Du allein bist.«
»Besser!«
Die Verzweiflung in ihrer Stimme,
die bleiche Angst aus ihren eingesunte
nen Wangen und behenden Lippen er
siictte ihn vor Schamgefiihl. Er wußte.
daß ihr Herz gebrochen war, und daß
er selbst froh war, von ihr gehen zu
Zinnen, von den vier Wänden, oem
Yollssllcc Pillllllcl Illll Nat Ell-lacu
den, elenden Leben; allein, Alles, was
m ihm großmüthig und gut war, er
hob sich bei ihrem Kummer; was er
sagen konnte, um sie zu trösten, spra
chen seine Lippen zu ihr, ais sie an
ihm hing, an seiner Brust weinte, in
jener auaivvllen Abschiedsstunde
«Liebste, wenn ich lebe, una es mir
glückt, werde ich zutiickiommen——zu
eiicktatnrnem um Dich zu heirathen und
eine Dame aus Dir zu machen, das
schwöte ich. Komm, Liebchen. sei tapfer,
wer weiß? es wird mir viellein in den
Minen gut gehen. Es gab änner,
die, wie sie gingen und standen, an
fingen, und heute dreifache Millionäre
sind. Ich will mir ein Vermögen um
Deinettvillen schaffen, ich werde ais
reicher Mann zurückkehren, und Du
sollst mein Glück theilen, wie Du meine
Armuth getheilt hast«
»Nein, Arnald, nein —,- Du wirst
nie mehr zurückkehren. Du warst zu
unglücklich rnit mir.'·
»Ah, ich bin auch glücklich gewesen;
Du bist das einzige Weil-, das ich wirt
iich geiiebt habe, und wenn es rnir gut
geht« so wird es auch Dir grt gehen.«
So schieden sie voneinander, sie mit
Verzweiflungsthrönem et mit Küssen
und Beesprechungen. ;
Die Erinnerung an die Warte, die
er gesprochen, ersiteite i n nun, aiser
in ’eer Einsamkeit der acht, rnii dein
fIsäies in der hand, in seiner Rai-tue
a .
«Benn Du Dich nicht durch Dein
s
f
tx
W-M-— ;.-- -«-- «-.-.-—.-. —
Versprechen gebunden stihlst.« schrieb
sie. »Wennl« Er wu te, dass er dadurch
gebunden war; C re und Gewi en
erklärten senes Versprechen sttr bu
dend. Er hatte es ungesoroert gegeben,
da sie immer unei ennii ig und treu
gewesen, und fele als te ihn daran
erinnerte, oergab sie ihen tin Mus,
wenn er sein Wort brechen wollte. Sie
beschwor ihn zurückzukommen, wieder
ihr Beschiiher und Freund zu sein,
lunz-t sie zu lieben, wie er sie einst ge
Ie .
Das aber konnte nicht sein. Er muPte
zurückkehren, fein Ver prechen eian en
und sie heirathen. A ein die in Ver
zweiflun gebotene Liebe, die pliißliche
Sumpat ie zweier einsamer Wesen.
war in Arnolds herz und Seele blos
eine Erinnerung an etwas, was einst
süß und theuer gewesen. Er konnte nie
mals ohne Zärtlichkeit Lisa Rahaer’s
gedenken, aber er hatte lange aufgehört,
sie zu lieben
Die Jahre, während welcher sie ge
trennt gewesen, waren fiir ihn voll rei
cher Begebenheiten Er hatte ein neues
Leben gelebt, fühlte sich wie ein neuer
Mensch, hatte in einer Welt gelebt, in
der Alles jung, frisch, emsig, muthig
und hoffnungsfreudig war. Wie konnte
er noch Glück erwarten, wenn er sich
mit jenem gebrochenen Leben verband,
das er hinter sich gelassen, mit dem
welken, traurigen Wesen, dessen Ge
miith von den bittersten Erinnerungen
beschattet und umdiistert war, auf des
sen Gesicht der Kummer solche Linien
gezogen?
Und schlimmer als Alles, als er sich
des welken Gesichtes entsann, tauchte
ein anderes neben ihm auf, so frisch,
so strahlend von Jugend uns hoff
nung, daß der Kontrast zwischen beiden
ihm wie Licht und Schatten vorlam·
O fröhliches Gesicht mit dem offenen
Blick in seiner unschuldigen Furcht
losigkeit, das Zeichen und Merkmal
eines sleckenlosen Lebens! holdes Ge
sicht, das er in den mäßigen Tagen der
Fahrt über das winterliche Meer be
obachtet und studirt hatte, durch dass
ihm der Dezember warm wie der Juni
erschienen wart
wspolde Mart-, nicht um Deiner
Schönheit willen liebe ich Dich,« sagte
er, den Brief Lisas noch immer in der
Hand haltend, traurig vvr sich hin.
»Ich hsbe hübschere Gesichter ge
sehen, aber keines das so von Jugend
und hoffnung strahlte. Meine fröhliche T
Mard, mein lustiges, leichtherzigess
Mädchenl« »
Er blickte nach jener alten Zeit in
Suffolt zurück, als Mary gewisser
maßen seine tägliche Gefährtin geweer.
Seine Mutter hatte mit ihrer Einfam
teit in dem haushalt der altjiingferli
chen Tante Mitleid gehabt und hat e
sie als die Spieltameradin ihrer To -
ter zu sich lommen lassen. Beatrice war
Arnolog einzige Schwester, fünf Jahre
jünger als er, und zwei Jahre älter als
die kleine Mart-.
Marh war noch die tleine Math, als
Arnald das haus verließ, noch ein
Kind, dessen zwölfter Geburtsta eben
vorüber war und das damitpra ite
«Jch bin schon zwölf,« pflegte sie
svorwurfsooll zu fagen, wenn Arnald
sie neckte. »Sie dürfen mich nicht mehr
i bei den Haaren ziehen.«
»Dann dürfen Sie nicht mehr solch
einen albernen Flederwisch tragen, die
Versuchung ift zu ftart für mich,« hatte
L Aronld darauf erwidert·
Er hatte die kleine Mollh von Herzen
gern, ieine Molly. feine tleine here.
Er nannte sie mit allen möglichen al
bernen Namen, um sie zu ärgern, doch
für ihn war sie immer das «Kiihchen«.
wen er von ihr sprach· Er neckte sie,
fpielte mit ihr Tennis, Croquet, Fuß
lsall. und Mary wollte Alles spielen,
was man nur ir end konnte. Warum
nicht auch Billar ? Sie war sicher,es
spielen zu können, wenn man sie nur
gewähren ließ.
»Man-s Munterleit ist ein wenig
liirmend, aber sie iftriesi nett,'« fagte
Frau Wentwvrth »und re isi eine vor
zügliche Gesellschafterin für Bea, die
immer über den Büchern si t. Es ist
wirklich besser für sie, daß re hier ist,
denn es muß schrecklich düfter bei ihr
upuusc sein« Iqle South Utulltclll
xarmilon, liebt die Jugend nicht und
ist mir nur oanthar, wenn ich ihre
Nichte tagsiiher behalte.«
Piinttlich jeden Abend um sieben Uhr
im Sommer-, um fünf Uhr im Winter,
halte Fräulein Iarmilon’s Stuben
miidchen oder bei schlechtem Wetter der
Gärtner das ileine Fräulein ah· und
viinttlich um zehn Uhr Vormittags-,
ausgenommen an Sonntagen, erschien
Mach sri ch und strahlend an der
: Thiir des chulzimmers, um an Beaö
jLettionen theilzunehmen. Bea hätte
: mehr Interesse fiie aie Arbeit bekom
men, Jeit sie eine Kameradin hatte,
iagte die Erzieherin zu Frau Weni
tvorth In der k. hat gab Mart-s stöh
liches Temperament der Plackerei im
Schulzimmer einen angenehmen Beige
schmack und alle die Könige und Köni
ginnen ver Weltgeschichta die bis jeh:
tlatse itbstkatrionen gewesen waren,
bekamen Leben.
Marh war nach der Theorie räu
lein Farmilon’s bis zum zehten ahre
wild ausgewachsen unr- war weit hinter
Bea zurück, ais sie mit ihr zu lernen
ansing; aber-bald holte sie ihre Ge-;
spietin ein, und ei bedurfte großerf
Mühe von Seite der Erzietprim daßs
va- eiusache nein- Miivchk vix jung-!
Dame des bauiei nicht übe olte.
Als ein atra-Wes le
aewinnendes Kind, und ur als ein
Kind, erinnerte sieh Arno s-i«...- W :
neu Freundin, und in d« Vergangen
heit Juni-blickend sah er ie anmuthi
-·--.-.-· ..-....·-.-....-- —---.- ·,.- —
ge,tindliche Gestalt in dem Bild des
von ihm verlassenen Elternhauseo und
dachte, wie es ihm doch nie eingefallen
ei, das sind tiinne zu einer Frau
ranwachsen oder daß die Jahre den
ratter ihrer Freundschaft ändern
w· rden, wenn sie einander wieder be
gegnen sollten.
Nun waren sie einander begegnet,
und nach dem ersten Erstaunen, sie
rosz und weiblich u finden, hatte er
fee mit der alten ffenheii und Frei
heit be ndelt, als wäre sie noch die
kleine ary, neckte sie, lachte sie an
wie in früheren Zeiten und verbrachte
die meisten müßi n Stunden in ihrer
Gesell chast. W s gab es auf der
See esseres zu thun, als mit einem
Mädchen zu sprechen, das man gern
hattei Die anderen Passagiere beobach
teten, wie die Beiden mitten unter den
fliegenden Haaren und Rücken, Mary
in ihrer Lustigkeit ebenso kindlich wie
die Kinder, sich prächtig unterhielten,
und die Mei ten hielten es für ausge
macht, daß Mary und Arnold Verlobte
sein, die nach Hause fuhren, um zu hei
rathen.
»Ich glaube, Sie werden gleich
schrecklich viel mit Jhrer Ausstattung
zu thun haben, wenn Sie antommen,«
bemerkte eine neugierige alte Jungfer,
die sich schon während der Reise den
Kop zerbrochen hatte, warum-Mach
ohne Garde war; und Mai erräthete
zornig und erklärte ihr, see "tte keine
Ausstattung zu tausen, nur ein oder
zwei Trauerlleider:
»Ich muß für meine Tante Trauer
anlegen,« sagte ste.
»Und Herr Wildorver ist also nicht
Jhr Bräutigams Wie tomischl Wir
Alle hielten Sie siir Verlobte.'«
«Welcher Unsinn! here Wiloower ift
ein alter, alter Freund von mir, eine
Art Spiellamerad, als ich noch tlein
war. Er dentt so wenig daran, sich
in mich zu verlieben, als in Sie,«
schloß Math, nach einem Beispiel für
das Unwahrscheinliche suchend.
Sie war über die Jmpertinenz der
alten Jungfer ärgerlich eworden, noch
mehr aber über lich iel it dair sie in
heiß erräihet war.
»Ich hasse den Damensalon,« sprach
sie spchher zu Arnold. »Er ist voll
alter Jungfern«
iAli- sie in einigen Tagen in South
arnpion ankamen, ward Marn durch
eine Veränderung in Arnoldj Beneh
men deirossenx er betheiligie sich nicht
mehr an den Spielen der Kinder, ge
sellte sich ihnen nur hie und da zu,
wenn sie daran bestanden.
«Vielleicht fängt auch er an. sich
meiner zu schämen, weil ich ohneGaroes
dame inn,« sagie Marn siir sich, na
i dem sie ein weni geweint hatte, als
allein in ihrer abine saß und ein
i lehrreiches Buch aus der Schiisidiblioi
thel —die Biogradhie ir end Eine-,
s von dem sie nie gehört, geschrieben von
einem gleichfalls Undeiannten —- zu
lesen versucht hatte. Reine Gardes
frei-! Wie ich das-Wort immer gehaßt
habe! Als wenn ein Mädchen rnii
einem Körnchen Sinn und Verstand
seine alte Frau« um sich wünschen
:wiirde! Man lann begreifen, daß eine
Ialte Frau ein Mädchen dei sich haben
l möchte, das ihr in verschiedenen Unan
nehrnlichleiten behilflich sein lann, ihr
den hist erade zu richten u. s. w. Aber
daß ein ädchen eine alte Frau neben
sich wünschen sollte, isi zu absurd.«
ån Southampton sagte ihr Arnald
Le wohl, als er sie irn Expreßschisf
sitzen sah, das sie nach Waterloo brin
gen-sollte, von wo sie sich radeaus
nachSufioli wenden wollte. on einem
iiinsiigen Zugammentressen wäre lein
Wort erwä nt worden« hätte nicht
Marh davon gesprochen.
lFortsehung solgi.)
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Leserbllfen aus Orde.
Pastelen aus Erde oder ein Töri
chen aus Lehrn wäre bei uns lein
Leckerbissen. Nur trankhast veran
lagie Kinder sind bei uns zuweilen
von der Passion besessen, ihren Ma en
rnii Erde, Kall oder Lehm zu siopsen
und dabei ein vergnügies Gesicht zu
schneiden, als wennsie Marzipan oder
äCa
cui-course ortsuskrerh Arktklvttkvlgc
Speisen genießen die zahlreichen Ver
treter der gelben Rasse in Sibirien,
Venezuela, Neu-Caledonien, Kame
run. Siam u. s. w. und ergöhen sich
Jung und Alt an sonderbaren Erd
und Lehmspeisen. Aus den Jnseln
Java und Sumatra sind einige Sor
ten von Lehnr vielgesuchter Leckerbis
sen. Die Bereitung der Speisen be
ruht aus rulinarischer Tradition. Der
Lehm wird rnit Wasser vermengt und
zu einem Teig geknetet, wobei alle har
ten Bestandtheile, wie Sand und
Steintörnchen. aus das Sorgfaltigste
entsernt werden. Der Teig wird dann
in iForm don slachen Schnitten aus
erolen gebraten. Die Japaner
machen aus dem Teig künstlerische Fi
guren und backen ihn roie Psesfertu
chen. Die Chinesen legen besonderen
Werth aus diejenigen eßbaren Sor
ten von Erde, in denen sich eine unge
heure Menge winziger Kerbtbiere be
sindet. In Tonling giebt es zwei Ar
ten von Lebtnbiietereien. Die eine, ge
nannt «Kahenobren«, hat die Form
von obeispiinen, die andere wird mit
»Da psanne« bezeichnet turd erinnert
durch Farbe und Geschmack an ge
wöhnliche —--— DachziegeL Nahrbast
sind diese Leckerbissen keineswegs, sol
len aber dessenungeachtet den gelben
Gourmands gut munden.
Mr nian nur wüßfn was ftn
Deutschland strenger verboten ist: Das«
Dnrlliven oder das Nichtwllirenif