Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, September 11, 1903, Zweiter Theil, Image 3

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    W-—·W MMW- -.
Rosen.
Von dort so die frohen Menschen sind,
Bin ich gest n. mein fliszes blind.
All meine No en. rotb und weiß-;
Die brach ieb vom Stamme. . eie um
Reis-,
lind bah- sir heimlich in schivciacnder
Nacht
K Trinan stillen Grabe gebracht
wogte der Nebel gespenstig und blan
Und T«mitcothriiiicii liingrn am Gras-.
Ich firgtc die Wirtinin zum dnftigcn
Krani,
Den stimmten Oiiacl bedeckte-n fie itz.
Tcin iit der Frieden, Dein ist der reis
Dein find die Rose-n vnrpnm nnd wein
Dir Rosen-eiles, auf Deinem Stein —
Tic Dornen alter-, die Dornen find
inein!
Z. v. Coisriitg.
——-—-—-—s—
Bütieniagd
Siizze von Mar Thielert.
Weit hinten am blauen Himmel er
schien ein Punkt.
Aber während das scharfe Auge des
Jägers in der Hütte vergeblich die Art
des Rauboogels, der sich mit großer
Gescktvindigieit heranbetvegte, festzu
siellen versuchte, hatte das des Uhns,
das mit fo unglaublicher Genauigkeit
trie eine Kamera aus nahe und ferne
Gegenstände eingestellt wird, längst
den gefährlichen Feind erkannt. llnd
augenblicklich warf er sich von der Inst
Schafer beschlogenen Kriicke aus, wel
che ihn die List des Waidmanness setzt,
um durch fein saft allen Raubvögeln
verhaßtes Aeuszere sie heranzuloclen
und vor seine Biichfe zu bringen und
reckte die Dolchfiinge, welche in der
Freiheit mit so fürchterlichem Griff
auf den lautloien nächtlichen Streif
züren dein harmlosen Hafen durch·den
Riicten dringen oder die geschtriitzige
Elfter im Nest oder eine lleinere Eule
fassen, tent hertnvrausenden Gegner
entgegen.
Nur wenige unter den Königen und
Fürsten der Liifte ehrt der Uhr auf
diese Weise: die großen Adlerarten
oder die eleganieiren Flieget, die Mi
lane, welche mit einem Flügelschlage
iiber Vede und Thäler dahinzugleiten
scheinen.
Ter Jäger in der Hütte starrte mit
angelsaltenetn Athem auf das- Schau
spiel. Sliegungelos lag die Flinte im
Anschlag, eine einzice tleine Bewegung
lonnte im lesten Augenblick den-. un
glaublich scharfen Rauboogelauge ver
dächtia erscheinen. lind so rasch, wie
ein Gedanle slieat. schwentt der Räu
c-- L...,..-- ..—
uu mequ au» In »(«u»»uuu(ss, klyr
der Finger den Drücker berührt hat.
Mit angelegten Flügeln tam das
Thier herunter, wie besinnungslos vor
Worin Und sast schien es, als wsirden
sich nun die beiden riesigen Vögel
packen und es wijrde ein furchtbarer
Kampf der zwei Gewattigen anheben,
von den: niemand weiß, wie er enden
wird nnd in dein der Jäger nickt zu
schießen wagt, weil er ebenso leicht den
treuen Gesährten verlegen könnte.
Aber irn legten Augenblick mußte
der Fremde die Anwesenheit seines
trdtbringenden Feindes in der Hütte
bemerkt haben« jäh versuchte er ji«-h
wieder zu erheben
th war zu spät. Sei es, das; die
Gewalt des Sturzes zu groß gewesen
war oder, daß die Fänae des Uhu-i ihn
doch schon etwas gefaßt hatten und
ihn arn schnellen Ausstiegen verhinder
ten, er tani nur wenige Meter weit.
, Schon donnerte ein Schuß über die
Berghatde hin, man hörte die Schrote
gegen die harten Federn schlagen und
als der Vogel wie iniide sich in der
Lust aus die Seite legte und dem
Schützen die volle untere Fläche bot,
trachte ein zweiter.
Da tam er ganz denen-er. Abstan
stat: aus den Boden zu sinken, erhob er
sich sast augenblicklich wieder und stand,
indem er im Todestampse die Fänge in
das weiche Moos schlug.·llnd wie der
Jäger mit staunenden Augen herüber
tah, ettannte er in ihm den König der
Lüste, den Stein: oder Goldadler.
Von dem heimathlichen Felsenhorst
vertrieben, war er aus seinenIrrsahrten
nach einem neuen Reich in das ebene
Land verschlagen worden. Jugendtiches
Feuer und überstiömender Kampfes
---.51. ---- II—--c-s---—l--:s l--A4-— II-- :
UIULU Ill» ulIIL.Isf·-SIIL,III INIIGII Ilsll Ist
das Verderben gesiihr:, den Listen der
treulosen Lauter war er noch nicht ge
wachsen.
Eiliq lud der Jäger die Doppelslinte
- wieder u. näherte sich vorsichtig seiner
Beute, jeden Augenblick bereit, noch ein
mal zu seuern. Aber wollte er das Fe
derlleid nicht obneNoth und nicht all
zusehr Zerschießen oder bewegte ihn die
Art dieserv königlichen S.erbens, genug,
Jst stand aus einmal wie in Andacht
ill.
Nubig saß der Vogel aus dem Boden.
Mir der Todeswunde in der Brust sah
er den Jä- er surchtlos an wie prü
fend. Es schien, als lauschte er einem
sernen Nus oon weiten Flügem Felsen
und biauen Seen, darein dunlle Wäl
der schauen. Dann ließen die Fönge
langsam die Erde los, uns obne jeden
Laut sank er zur Seite.
Der Jäger starrte mit .valdsernen
Augen und wie im Traum aus das
Bild. ,Ær so sterben könnte," mur
inelre ec, »so still und roßs Wie ist
derMensch dagegen armalig mit seinem
Geschmätz und Siiibnen Mit seinem
schwächlichen Dossen und Glaubens
Aber dieser König smlt dahin und in
seinem Blick spiegelt sich nur die heilige
Erbabenheit der Natur. Wie miißig
ist doch das menschliche Trachten.«
So stand der Maler. Allmählich aber
MAX-an zeiger Und « erold
J P Windolph, Herausgehen Grand Island, Nebt 11 Sept.190:3 Hmeitet Tipciu Jahrgang 24 Nasz z.
J Aehraskia
l
I
tarn in feinem Herzen doch etwas wie
Stolz über den Gefällten auf und er
trat an ihn heran, der noch in seinem
Tode mit den scharf bewehrten Fängen
und dem getrüknmten Schnabel Bor
sich. zu gebieten schien.
Einige Schrote waren in die Brust
edrunaen und der eine Flügel war
ichtbar zerschossen Mit festem Griff
faßte der Maler beide in der Nähe ka
Gelenke, um die Spannweite durch
Augftreaen der Arme festzustellen. Der
Adler war schwer und er mußte feine
ganze Kraft aufbieten.
lind da Waus einmal « was .var
» dai Z! Dem Manne wollte fast vor Ent
. schen das Blut in den Adern gerinnen,
’ s— die Hänge des tootgeglaubien Vogels
streckten sich vor und griffen nach ser
ner Brust, die Augen öfneten sich und
schienen mit ihrem Feuer die seinigen
zu versxnaen und gleichzeitig versuchte
»der Adier mit dem krummen, scharfen
FSchnabel nach ihnen zu hacken.
Wie besinnungslos hielt der Maler
; im ersten Augenblick das Thier durch
» Auxspreizen der Arme von sich ab. Er
H war ein keherzter kräftiger Mann und
H seine Wiege hatte in einem Forfthause
san der masurischen Grenze gestanden,
Hodafi ilsm diese furchtbare Plötzliche
Gefahr nicht wie etwas ganz Unge
wohnicsk anfiel. Aber es war ihm doch,
als sehte der Herzschlag für eine Weile
aus. Laie der Adler seine Flügel
besser net-tauchen tönnen so würde er
den Mater durch ihre Gewalt bald er
miider haben, so war es ihm noch
möglich, Ringe und Schnabel des Vo
astr- von sich fern zu halten«
Das Thier war matt und zerschosfen
uns doch drohten feine fpriihenden
Auan in unmittelbarer Nähe von de
nen des unglücklichen Jägers, immer
·vieder lratzten die spitzen Fiinae über
feine nackte Brust und rissen die Haut
herunte-.
UND cluliiciqilcks kam Dem JJccllck Die
llare nnd scharfe Ueberlegung und ließ
ihn die Möglichkeit seiner Ne tung
überblicken Dann spannte-i sich die
eisernen Arme von neuem und die Ver
suche seines Feindes schienen sch ocicher
:u ir:rd:n. Dann aber loderten Wild
l- it und jähe Lehnslras: wieder hef
tiger rus noch eine kurze Zeit, dann
mußte sich dieser kühne aetriicnmte
Schnabel bliyschnell in seine Augen
senken und das qoidene Licht des Tages
würde aus immer vor ihnen verschwun:
!-den sein in dem von den wiithenden
Schna elhieten zersetzten Antlitz würde
n an vergeblich nach den ehrlichen
wohlaestal. eten Zügen des Malers Fritz
Wüstenhagen suchen Selbst die Liebe
lind aus rer Brust des Mannes rang
sich ein so furchtbarer Schrei, ein so
arausiger Laut des Entsetzens, das-· die
Thiere des Waldes crust-drehten So
aualvoll tornmt ihnen der Tod nicht.
Und er lommt ihnen doch ost
Wieder schoß dem Maler ein Gedanke
" durch den Kopf. Wenn er an den Uhu
heranaing, so weit dessen Fessel reichte
und ihm seinen Feind entgeaenhielt?
Der wacker e Gesell würde ihn schon
fassen
Aber bei jeder Vorwärtsheneaung
schien sich die Kras des Adlers wieder
tu beleben als haucht e ihm die arößere
Nähe des- .ödtlich Gehastten neue Werth
ein. Er würde nicht weit lomrneri Da
blieb er wieder stehen.
. Oder wenn er sich mit aller Gewalt
snach vorn aus den Boden wars? Sein
Körperqewicht müßte den Vogel er
,driicten
Ader im letzten Auaenblick würsen
,sich seine Fönge unlösbar fest in seine
Brust graben und ehe sie herausge:
schnitten wären· müßte längst eine
"Vllllllckgllllclg clllgclcclcll sein«
» Und Friy Wüstenhagen begann sei-:
ncm Feind in die untelnden Augen zu
leben. Er hatte ietzt dabei soaar einen
philosophischen Gedanken. «Merlwiir
dig,« fand er, «wie sich mit der Lage
dir Ansickten ändern. Wir wollen doch
urtheilen! Vorhin erblickte ich in diesen
Lichtauaen Trauer und Größe und
ietzt Tücke, ogheit und Rachfucht.
Und sie haben ich doch kaum verwan
delt. Was ist die Wahrheit?«
Die Kraft feiner Arme begann zu
schwinden. Schon rührte einmal die
Spiye des Schnabels beim Vorwärts
stoßen an feiner Nase, mehr und mehr ;
schien der Adler sich zwischen seinen
Händen zu bewegen und zu schwanken.
Und deutlich spürte er das lumpi
bafte Auf- und Zufassen der Fänge.
Dann rann ein Schauer über ihn hin.
Wer hat schon au langen endlosen
Märscken in Staub und glühendem
Sonnenbrand unter der Lait des Ta
aes aeltöhntc »Ich lann nicht weiter«
zein Ende, s- nur ein Ende.« Aber er
1 bartnungslos stampft die Kokonne
weiter und lein Laut dringt über die»
erblaßten Lippen, als ein Lachen des
fTrahes über die Qual der Welt und
sihre Thorheit. Wenn man noch alaus ;
; ben lann, daß man es nicht mehr lange «
h—
i
! aushält, ist es noch weit zur Verzwei
lung.
i Wel e Fülle der Gedanken, welche
s Abgriin e und Höhen in wenigen Mi
tnuten! Säsze den Menschen das Ver-l
jderben noch sichtbarer im Nacken, sie
I würden das Leben noch besser erkennen
ilcrnen. Da stellen sie Vergleiche an,
« tein Wort ist ihnen zu hoch, kein Be
. griss zu tief, wer möchte nicht mit dem
iAdlet ben reinen Hauch des Aethersi
trinken oder glaubte nicht einmal mitl
« seinem Fliigelschlag iiber Zeit und
» Raum zu kreisen? Und wenn der todt
,ir-unde ehrliche Recke ibm Auge in Auge
» gegenübersteht, versagt der Muth und
»wird. klein, und Grausen zieht in die
»seige Seele, die aus dem Hinterhalt
» den Tod bereitete. Laß die reien Her
s zen liegen Mensch und Knecht! I
I »Ich glaube beinahe, mein Denlen
sgebt in der Jrre,« rnurmelte Fritz
WiistenhageIL »Ein Adler, der nach
meinem Herzen faßt, ist es eine Vi
sion":-’« Dann dachte er an das Ende.
»Linls von mir liegt die Flinte, die
Häbne sind gespannt, ich tituß sie nach
her mit der Spitze des Stiefels ab
) drücken. Es wird geben, ich werde sie
trotz meiner Blindheit inden. Nur
gleich zum Schluss« ehe noch der klü
grinde Verstand die Lebensmöglislpkeit
l herausgefunden hat«
l Als Fritz Wüstenbagen die Möglich
teit einer Rettung ausgegeben butte,
sbänmte sich das Leben des Adlers zu
den letzten Todesziickungen auf. Roch
einmal wiederholte sich das furchtbare
Ringen des Menschen mit dem sterben
den König der Lüfte, dessen Fänge(
ldem Maler die Brust zerrissen. s
z Aber der Mann blieb Sieger. Der !
«.iiops des Vogels sanl endlich zur.
Seite, der Körper wurde schwer. Da !
i nett-«- Jkid imtifbpnknrssn kenn c8«l, ji«-i i
!
s
l
.-,-—n--. --- «--·- »v-!
Thieres init der einen Hand und riß
mit der anderen die Fänge des Adlers
aus seinem Jagdrock Und weit
schleuderte er seinen Gegner von sich«
Dann sank er lautlos zu Boden, wäh
rend das hervorströmende Blut die
Wunden rein wusch und sie geri: inend
schloß
,,Fiins Minuten«, sagte der Maler
nachher,· ,,laucn länger hat dieser
llamps gedauert. Wer die Ewigkeit
nnd die Qualen der Hölle ermessen
irill braucht nur so etwas dikrchzu
machen. Manche Leute sollen behaun .
tcn, die Jagd sei niitunter ein Ver
ar:iigen. Man muß das nicht iuimerT
glauben, meine Herren«
—«—.-—-— —
Der Schnellläufei·.
Ziiixe non Maurice ReinlwlI von»
Stern. s
Es war in einer Z adt i.-n lslsaß, »
vor Jah: en, im Hochsoinnier Jni
Begriff, mich in ein Schwarzwaldbad
zu begeben, entsckloß icb mitb- jeneni’
dunklen Dranae folaenz der einen
bisweilen in unbekannten alten StiiI !
ten in ra· thselhafter Weise sestksiilk,
einige Taae hier zu verweilen. Dies
Ialterthiimliche, etwas diistere Stadt
bot thatsiichlich nich: viel Zehen: wer «
ihes ein aus der Zeit Napolesns
flammendes Museum, in dessen Nähe
ein bescheidenes Dichterdentmal stand:
einige mittelalterlickke Kircken ven»
denen eine als Getreidemagazin be
nutzt zu werden schien: ein mit Denk T
«mälern französischer Generale aezier
les Marsfeldz eine Martihalle« in der »
von Frauen«und Mädckzen»»»in· Der:
irclusuiucu small ver Ullllllcklllllkll
Blumen nnd Grün«:ellg feilgebotenzz
wurden.
So trat ich, eines Morgens von der ;
Marlthalle tommeno, wo ich mir bei?
einem hübschen Rinde ein Sträußleink
Duftenoer Reseda getauft hatte, in ein -
nnfcheinbares Gasthaug ein. Es war I
eine Weinwirt«l)fck,aft, in oer nur ein J
heimische Weine aus-geschenkt wurden
Ein alter Mann saß «an einem
Stuhl und schlief. Die Zeitung war
seinen Händen entglitten und sdie
Bkiue hatte sich auis die äußerst-«
Nasenspitze verschoben. Als ich mich
«
räusperle und an einem der lleinens
Titel-e Plan nahm, erwachte er, ent
ichuldigte sich mit einiger Verlegen
keit und fragte nach meinen Wiin
schen. Jch bestellte meinen Wein und
sah mich derweil im Garten um. der «
eine veritoble Wildniß blühenoer
«Kapuziner« bar-stellte
Enolsich blieben meine Blicke an
einem farbigen Plcktat hängen, dass
neben mir am Bretterzaun des Gar
tens ongellebt war. Aus dem Mal-it
war Folgendes zu lesen
»Noch nie daaeirsesem Wettlaui
mischen einem Mann und einem
Pferd. 500 Mart Belohnung dem
jeniqen Reiter, bekJnich im Dauer
laus besiegt. Rennpserbe nicht ausge
schlossen. Produktionen in allen
Ländern vor, den höchsten Herrschas
ten. Ankona heute oen 17. August
punlt Isiints Uhr Nachmittags auf dem
.
W
Mars-selbe Tellersammlung vor der
Vorstellung.«
Beim zweiten Schuppen war es
mittlern-eile Mittags-seit geworden.
Fch zahlte und verließ den freund
ichen alten Mann mit seinem ver
wunschenen Garten, um mich zum
Essen in meinem Gasthof zu -t)egeben,
dessen Mauern auch schon mit den
Antiindigungen des Schnellläufers
geziert waren. Nach dem Essen wußte
ich nichts Besseres zu thun, als in
das grüne Land mit seinen Gent-use
uno Weingarten hinaus-zuwandern
Als ich gegen 4 Uhr von meiner
Wanderung in die Stadt lzurückkehrte
hatte sich das Wetter aeiindert. Es
war triib und winoig geworden, und
graue Wolken trieben hoch am Himmel
dahin und verschatteten die alte, stille
Stadt. Die rothen Handschuhe und die
Stiefel, die Nasirbecken und sonstigen
Scksilder vor den Liiden ichwantten
träumerisch hin und her. Sonst war
alles so still und stockend wie am Vor
mittage. Oder vielleicht noch stiller und
stockender.
Das ivar allerdings kein Wunder,
da sich sast Tie ganze Stadt auf dem
Marsseloe befand, um dem ,,noch nie
daaetvesenen Wettlaus zwischen dem
Mann und dem Pferd bei,:uwohnen.
Als ich auf dem Platze anlangte, war
er schwarz von Menschen. Miihfam
dahnte ich mir den Wea durch die
Menae, die den mächtigen Platz im
Kreise umstand und ihn dadurch so
msaaen in eine Arena verwandelte
Die Tellersammlung hatte bereite be
gonnen. Der Schnellläufer. esin klei
ner, kränklich aussehen-der Mann in
irfarlachrdther Kleidung, zwängte sich
mit seinen beiden Tellern, aufgeregt
die Schultern vorschiebend, durch die
iummende Menschenmassr. Er hatte
schwarze, unruhia flackernde Augen,
mit denen er mißtrauissch um sich
blickte, als wenn er sich dersickern
wollte, daß ihm auch niemand den
Obolus schuldig bleibe. Einige gaben
50 Pfennige, die meisten Zehn-» nnd
Fünf-Psemägstiicle. Von Zeit zu Zeit
bestete der Mensch seine Blicle bohrend
und nachdenklich aus den Teller, als
rechnete cder zählte er. Es schien, als
mühe er sich ab, eine bestimmte Summe
zitsammenzubringem Plötzlich, als ich
»so die murmelnde nenaiekige und grau
tame Menge unt ihn herum betrachtete,
die grauen Walten über uns dabintrei
ben sah, die Giebel, Däcker und Thiiri
me der alten Stadt erblickte und dieien
aufgereaten Menscten im scharlachro
then Kleide ins Auge faßte, hatte ich
die seltsame Vision, längst Verschollene,
im grauen Mittelalter geschehende
Dinge zu erleben. So zwar, als wenn
ich nickt in jene Zeiten zurückversetzt,
sondern mitten in ihnen drin aewesen
wäre. Wenn etiva an Stelle des
Schnellläufers rothaetleidete Henkers
tnechte aufgetreten wären, einen Karten
mit zum Tode berurtlteilten Verbre,
chern begleitend, baarhänptig, die Haare
vom Winde bewegt, es hätte mich eben
fowenig überrafchen können. Es war
eine Stimmung von Ruhe, Rohheit,
Stumpfheit und Selsbstberständlichteit
über diese Menae ausgebreitet, als
wenn durch einen Zauber ein Bild
aus dem 12. oder ist. Jahrhundert
ins Leben zurückziernfen worden wäre.
Sogar die Spracke Der mich nmaeben
den Menschen erschien mir fremd
artig. —
Mittlertveile war die Einsammluna
bendet, nnd ich sah den Zchnelllänfer
nxit erregten Gebärden, innerhalb des
vcn der Menge gebildeten Kreises, auf
einen Mann einreden, der ein schönes
Reitpferd am Zügel führ:e. Mit ael
lenderStimtne suchte er ihm irgend et
was begreiflich zu machen.
Endlich begann die Produktion Bier
Schnellläuser nahm ein weißes Tuch
in ten Mund. was alle Zchnellläuser,
ich weiß nicht wesweaen, thun, und
fing an geinächlich im Kreise zu lau:
sen. Bald daraus setzte sich der Reiter
im schärsten Trabe in Bewegung, den
Läuser sogleich überholend Die Menge
lachte höhnisch Der Läuser aber
machte eine verächtliche Handbeweguna,
als wenn er sagen wollte »Wartet nur,
das hat nichts zu bedeuten!« In der
That handelte ei- sich um keineKonkur
renz der Schnelligkeit, sondern urn ei
nen Wettkampf im Bauerlaui.
Das schien der Reiter, ebenso wie
die Menge, auch endlich begriffen zu
haben: denn er mäßigte sein Tempo,
um zuletzt mit dein Läuser gleicken
Schritt zu halten. Die Zuschauer
quittirten dies mit Aspplaus, der vom
Schnellläuser mit einem Juchzer beant
wortet wurde.
Es war ein grotesken beinahe lo
miscker Anblick, den teuchenden und
bereits mit Schweiß bedeckten, schar
lachrotben IJienschen mit dem traben
den Thier um die Wette lausen zu
sehen, um so grotesken als dieser os
serrsichtlich den Sinn der Konkurrenz
erkannte und den Menschen immer
wieder zu siiberholen und soaar nie
derzurennen trachtete. Zuletzt waren
alle: die Zuschauer, der Reiter, das
Pferd und der Schnellliiuser in einem
W
ksustand von Nervosität, der lächerlich
gewirkt haben würde, wenn er nicht
von einer gewissen schmülen Angst be
gleitet gewesen wäre.
Jedesmal, toennn der Läufer mei
nen Standort passirte, faßte ich ihn
«enau ins Auge. Er schwitzte unbe
schreiblich, war dabei aber kreideweiß
im Gesicht und hatte einen Ausdruck
sinnlofer Todesangst in den starren
metallisch glänzenden Augen. Wenn
der Reiter dicht hinter ihm war, so
wandte er sich im Laufen häufig um
und rief ihm heftige, abgerissene Worte
zu. rie nicht zu verstehen waren. Er
schien zu befürchten, daß ihm das
Pferd auf die Harten treten könnte.
Die Aufmerksamkeit der Menge war·
lauptsächlich aus den Läufer konzen-;
tritt. Daraus folgte, daß sie den Rei- J
tei und das Pferd nicht aufnrertfami
grnua beobachtete. Bald bemerkte ich,
daß ter Reiter halb demoralisirt want
Er schüttelte häufig nervög und miß-l
muthig den Kopf, wechselte die Gang
art und schien von Schwindel erfaßt zu »
werden. Das Pferd aber war vosni
Schaum und Schweiß über und über(
bedeckt, schnaubte wiederholt und ritt-s
telte mit unwilltürlichen Kopftewps
.gungen, die denen des lReiters ähnlich
waren, ärgerlich am Zaum. Daß Ros-,
und Reiter ermüdet seien, merkten nun
auch die Zuschauer und brachen in wil- F
den Jubel aus. Diese ersten Anzei-»
schen des Sieaeg eines Menschen im!
Wettlauf mit einem der schnellsten;
Thiere der Welt fanatisirten das Volk. »
Immer häufiger blickte der Schnell-(
läufer hinter sich. Es schien mir, daß!
er seine gespannte Aufmerksamkeit auf;
die Beine des Pfades-richtete End-»
lich blieb es keuchend stehen· Der Rei- «
ter sprang ab und wischte sich, ebenfalls«
tiuchend, mißmuthig den Schweiß aus
dem Gesicht. Dann bedeckte er das
lllcssh -;- LJJL--«J t:-t.«...«..«-. »Um
p»»,, pur »Hu-us- eru,s»euun(.v steter-»
das nun beinahe schwarz aussah, mit
einer ihm gereichten Decke. Von die
sen Dingen hatte der Läufer in seiner
Erregnng offenbar nichts bemerkt,
rrnn er lief mit automatisch pendelns
den Beinen vorwärts-.
Erst der donnernde. sinnlose Ap
plaus der Zuschauer machte ihn stutzig.
Er wandte sich um, sah das teuchende,
zunedeckte Pferd und brach nun seiner
seits in ein heisereszx unheimliches Sie
qeigeschrei aug. Um seinem aus’s
Aeuszerste angestachelten Ehrgeiz Ge:
niige zu thun, lief er noch einmal,
Zweimal. dreimal im Kreise. jedesmal
heiser jauchzend und verächtlich die
Hände schlenternd, wenn er am Pferde
vorbeikam. Dieses stand beschämt und
zitternd da und zuckte nervög mit den
Ohren.
Wieder tönte das heisere Jauchzen
des Zchnelllätisers. Dann sah ish ihn
plötzlich. keine zehn Schritte von mir
entfernt. topsiiber hinstürzem die
Arme weit ausgestreckt, reglos. rö
chelnr· Um ihn herum bildete sich eine
dunkle Vlutlache, die durch ihre dunk
lere Farbe seltsam vom scharlachrotben
Gewande abstach. Nur ein kleiner
Theil der Zuschauer bemerkte den Vor
fall. lssiniqe eilten schnell zur Hilfe
und hoben ihn von der Erde aus. Das
Gesicht war ganz von Blut und Erde
bedeckt, die Augen aber blickten starr
und gebrochen in das Grau der flie
henden Wolken.
Die Menge lierstreute sich gestikuli
rend und in riusgereater Weise diskuti
rend. Aus dem Platze blieb nur der
realose Körper des Schnellläufers zu
rück, über den sich eine Frauenaestalt
l:enate. Neben ihnen lagen zwei Tel
ler im Staube.
NO
I Ueber-vertheilt.
f Der Zchkächter Münzer kommt zu
» einem Bauern, der zwei Ochsen zn ver
; kauten hat.
s »Was kostet dieser Ockse·?"
F ,,.-ZtveihundertIJiart.«
»Und der andere?«
»Vierhundert Mark.«
»Ich nehme den billigeren Ochsen.
Hier sind zweihundert Mart-«
Tags daraus bringt der Schlöchter
den Ochsen wieder zurück: »Ich habe
mir rie Sache überlegt, ich nehme den
iheueren Ochsen«, sagte er.
»Gut, da ist er«, sagte der Bauer-,
»aber nun bekomme ich noch zweihun
dert Mark.«
i »Unsinn!« sagte der Zchtächter. »Ihr
’ bekommt ja diesen Ochsen dasiir, der ist
. ja zweihundert Mart tverth.«
s »Jawohk!« bestätigte der Bauer.
; Nun, und zweihundert Mart gab ich
I Euch ja bereits gestern«
»Ei, freilich, das macht vierhundert
Mart, es ist richtig. nehmt den Ochsen
nur mit.«
W
Kennzeichen.
»Wie, um Himmelswiltem tennen
Sie Ihre Zwillinge auseinander, Frau
O’Hare?«
- »Ohne Schwierigkeit Ich stecke mei
nen Finger in Jims Mund. und wenn
er beißt, weiß ich, daß es Mike ist.«
set-seinem . ; «
Die StammtischgefellschaftW tin
,,schwarzen hund« plagte heute-siedet
der Teufel. Während er gestern der
Assessor Me r war, den die luklgen
und angere en Herren zur Zielschetbe
ihres oft recht beißenden Wihes ge
macht hatten, war es heute der kleine
Rentier Bierhuber, der eine Fülle al
lerdings nicht böse gemeinter Spötte
leien über sich ergehen lassen mußte.
Bierhubers Pantoffelheldenthum wur
de in genannter scherzhafter Weise er
örtert. Jeder der Herren illustrirte
dasselbe durch »aus Wahrheit« beru
hende Geschichten so drastisch, daß
Leute, die Herrn Bierhuber mit seinem
feisten Korpus nicht lannten, ihn mit
Leichtigkeit für einen Menschen halten
konnten, der durch die liebevolle Be
handlung feiner Gattin allmählich
zum Ehetrüppel geworden ist.
»Nicht einmal zum Besitz des Haus
schlüsselg hat es unser Freund Bierhu
ber bis jetzt gebracht.«
Mit diesen Worten setzte ein Herr
Müller allen Erzählungen die Krone
auf.
Herr Bierhuber hatte bis dahin ge
schwiegen. Erst auf den Angrifs des
Herrn Müller hin ergriff er das Wort:
»Meine Herren! Alles was Ihnen
sceben hier über mein angebliches
Pantoffelheldenthum erzählt wurde,
erkläre ich hiermit für erlogen Jch
lsin nicht in der Lage, gegen alle diese
a negesprochenen Verdächtigungen Ent
l«.st11nggbeiveise vorzubringen, lann
Ihnen aber nur das Eine versichern,
das-, Sie sich betreffs des Hausschlüs
scls sehr im Jrrthum befinden: ein
Wort an meine Frau und ich bin mor
gen im Besitz desselben.
»Beweisen!« rief Alles.
Herr Bierhuber erklärte, daß er den
Beweis nur nach einer abgescklossenen
Wette antreten wolle; und zwar so,
das; er, falls- er bis morgen Abend
nicht im Besitz dec- Hausschlüssels sei,
den Brei-:- der Wette erlegen mußte,
andernfalls sollten die-Herren die Ko
sten tragen.
Man erklärte sich mit dem Vor
schlage Bierlruberg einverstanden, und
die Höhe der Wette wurde aus zehn
Flaschen kliüdesheiiner festgesetzt
Am nächsten Abend erschien Bier
huber pünktlich am Stammtisch und
wieg- lächelnd den anwesenden Herren
den Hansschliissel vor. Man zweifelte
man staunte, ja man verdächtigte ihn
7-8-.-- ksc -- UZLJ sm- C«.»"Jk«i.s.«:kk-k
iskzu-, vun U- usw-,- uwx Funken-aussti
zn seinem Hause wäre. Erst aus einen
feierlichen Eid Bierhubers hin glaubte
man ihm nnd bestellte, sich fiir besiegt
ertliirend, die zehn Flaschen Rüdeshei
mer. Bald that der Wein seine Wir
kung, und die Stimmung am Stamm
tisch wurde eine urfidele, da gegen
dreiviertel Zehn erhob sich plötzlich
Biekhuber, um auszubrechen Allge
uieiiseg Erstaunen. »Er hätte doch den
Haugfchliissel!« hieß eg. Bierhuber
iiichelte verschmäht
»Natürlich habe ich den sHausschliiF
sel « sagte er, »aber ich muß ihn mei
ner Frau vor Oausschluß abliefern· «
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Mn Vessimermigsamomat
ist die neueste englische Erfindung.
Man wirft einen Pennn in die Oeff
nung, daraus wird ein Handgriff nach
vorn gedreht, ein gespitzter Bleistift
sällt heraus-, und es- erscheint eine-Oeff
nung, wo die Person, die sich versi
chern will, ihren Namen einschreibt.
Ter Handgrisf wird danach suriickge
’ dreht und im gleichen Augenblick fällt
eine Versicherunggpolice heraus-. Der
Apparat notirt außerdem neben der
Unterschrift des Versicherten, Tag,
Stunde nnd Minute des Abschlusses.
Stößt dem Inhaber der Police inner
halb « Tagen irgend ein Unsall zu, so
ist die Bersicherungggesellschast zu be
uachrichtigen und diese ist verpflichtet,
fiir jeden eingezahlten Pennh, also auf
»jede Police ein wöchentlich-es Kran
itenaeld von 10 Schillingen während
s einer bestimmten Zeit, bei Todessällen
eine Pauschalsumme zu zahlen.
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) Aus Adern-a Paufs Alt-um.
Rossini schrieb einst in rai- Album
. Ahn-ihm Nntth fass-ums Mian
»Meine gute Adelina-! Es giebt nichts
Leichteres fiir mich. als in Jhr Atbum
einen Gedanken einzutragen, einen Ge
danken der mein ganzes Denken er
fi«llt. nnd das ist: Sie zu lieben als
cin anbetunggwiirdigeg Wesen, Jhr
merttviirdigeg Talent zu bewundern
und auf immer zu verbleiben Jhr
Freund Gioachino Rossini.’
Mel-entkei
» »Nein, zu den Mulligans ach-e ich
t lkente Abend nicht. Ich fühle mich nicht
. wohl bei ihnen nnd die Maggie niaa ich
schon aar nicht leiden nnd anzuziehen
- habe ich auch nichts und nebenbei ge
» sagt, bin ich gar nicht eiitaeladen.«
i Fckch.
i Herr: »Sie bitten mich um ein Al
txnosen und nehmen nickt einmal den
: Hut ab?«
Bettler: »Ach, lieber Herr, das thue
ich nicht aus UnhöflichsteiL Da drüben
iftebt aber ein Polizist nnd wenn der
sieht, daß ich oen Hut abnehme, so
dentt er, ich bettle; behalte ich ibn aber
auf, so hält er uns einfach für ein
paaar gute Belannte.«
Ethik-it
Vater: »Meine Tochter will Sie also
ivirstlich heirathen?« Die ist ja ver
rückt!« ·
Freier: »Er’blich belastet?«