Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, August 21, 1903, Zweiter Theil, Image 9

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    Nebraska
DtaatssAnmgrr Und rroljc
J. P. Windolph, Herausgeber Grund Island-, Nebr» 21. August 1903. (Zweitkk TheiU Jahrgang 23. No. 51.
— Ver cinsame
I Fenster fidefki ein Mann der triibe
auf s Gewühl
tmdes Weges gEichen
Hiird Lei dei« Raebiten obs-· fühl
Rost ehenzimmer steht ne Wiege,
I Bat-n ehlt, die Wieg iit leer
Des kleinen niilaeiltö innloe Lallen
Dringt zu des Vaters O r nicht mehr
« Ilnch onft blickt Alles wiist nnd öde,
ime mit feinem bunten Tand,
Deut iste r staut-ta, denn es fehlt ja
er Hausfrau immer regehand
So hat dein arm-en Mann die die Lieben
Der Tod qerattbks — Nein, sie sind fort
Aufs Land nnd der Gemahl muß
zahlen
Jetzt zwanzig Tvllars sommcrboard
—
Jm Feuer.
Sommergeschichte von A II n ie L a t t
Fels-berg.
haltet euch man dazu, dat die Bur
schen da drüben nit früher fertig wer
den, wie wir Mädels -—« mahnte das
»Fräuleinien«.
»Weil die da drüben können, das
können wir alleweil schon lange,« rief
ei durcheinander Die Mädchenaugen
blitzten aus den braunen Gesichtern »Hu
den Arbeitern des Nachbarfeldeö hin
über sdie rathen Lippen schaben sich
iiber die lräftigen, weißen Zähne, die
gewohnt waren in hartes Brot zu
beißen, selbstverdientes Brot in heißer
Feinarbeit.
Es war eine Luft anzusehen wie die
braunen, festen Arme der sechs Mädels
ugriffem wie sie den goldenen Ernte
segen in Garben banden.
hei, wie das fehafftek
Am eiskigsten von allen war die
junge Herrin, das ,,Fräuleinlen«.
Der kurze Rock fchwentte energisch
um die linöchel ver kleinen Füße. Die
Schmieqsamteit der lräftigen schlan
ten Gestalt trat in jeder Bewegung
hervor.
Eine beinah unheimliche Gluth brü
tete seit Tagen über den Feldern.
Kein hälmchen regte sich in der be
vriielenden Schmäle, im weißschiw
mernden Sonn-Unsicht
· Mit schwerem Atheni arbeiten die
»ewigen Amomen-, an eiporni von rn
rer thatiräftigen Herrin
»Vorwärts« Mädels, nachher gibt’s
ein ordentliches Bier.«
Sie hätten es ihr alle gar nicht zu
getraut, daß sie so schaffen konnte,
mitten unter ihnen. Da war kein Ska
gen iein Bedienten frisch zugrei en
war ihre Art.
«Ob sie dat woll in die Stadt ge
iernt -hat?«
,,J tw. — Jn die Stadt, da lernt
sich dat doch nichf du dumme Trine,
dat sitzt drin in jeder tüchtigen Hof
tochter.«
»Richtig is sie, dat muß man sie
lassen, aber ein bischen hoffärtig doch
»Ein bischen sehr, besonders gegen
dat Munnsvolt Der sda drüben nett
sich die Augen deinati ans dem opv
« nach unser Freikeinken. —- Aber die
sieht et yar nit.«
Dünne Glockentöne durchschwirrten
die Luft vom Dorfe her.
« ierirbendP
« bt redlich geschafft heut. Nun
mag das eLGnnertvetter kommen, un
ser Getreide ist sicher in seiner Miete,'«
sprach lebend das Freileinien
»Den sieht ganz verflixt schedelich da
oben aus.'·
»Sput euch, heim, Mädels-W
seit liiftete sie das weiße Tuch und
knüpfte es los. Etn prächtiger blon
der Rasselopf. Feste, energische Züge
und ein Hals, braun und länzend,
wie aus heller Bronze gego en.
Den bochsgebundenen Rock liefz sie
herab bis aus die Füße fallen, den
Obertörper« den nur ein weißes Hemd
bedeckt beider Arbeit, düllte sie in eine
Blouse nach städcischer Art. Den
braunen Strohhut bielt sie in der
Hand.
Nun blickte sie hinüber nach dem
Kornfeitd, wo ein Paar junge Burschen
das Korn aeschnitten.
Da stand auch er, der Hofiohn. mit
dem leck auxgedrehten Schnnrrsbart
nach neuester rt.
übeEr schwenkte den Hut zu ihr ber
r.
Aber sie that. als sähe sie nur noch
U« Ists-I asssthnhss MOOOQ
s- so q----«Y --v, soc-as ·
Der sollte sich doch nicht etwa ein
bilden daß sie nach ihm aueichautri
»So was sieht's ja gar nich
la te sie und drehte sich so rasch, schritt
so lott ihres Weges, als merle sie gar
nicht, wie eilig er es hatte, hinter ihr
- her zu sein.
Sie hatte ihn nie leiden mögen. Er
war immer so vorlaut unsd jetzt wo er
seine zwei Jahre bei den Gardedraao
nern abgediesnt erst recht Da dachte
er Wunder, was er wäre meinte sie
Wenn er Sonntags, modern geklei
det wie ein Stadthern mit ungeheuer
bochstehendem Schnauzdart in der
Kirche ihr immer in den Wea trat, är
gerte sie sich ihre ganze Andacht hm
w
Oåie tiihlte förmlich seine Blicke auf
ihrem Gesichte brennen, nnd unwillig
fah sie tdoch oft zu ihm herüber
Wie ein Faust iam er ihr vor.
Jm Theater hatte sre den »Fauft'«
gesehen, als sie im Pensionat war, um
Bildung zu lernen.
So ein »duntntei Gretchen« war sie
nun nicht.
Sie witterte ordentlich ein Stück
zIeuteP in ihm, wenn er ihr zu nahe
Des lItM
ffan gar-n trinielijezmd mag M
Wie der Wind flog sie jetzt vor ihm
her, dem Dorfe zu.
Er gab es auf« sie einzuholen.
»Renn nur zu — ich krte dich
doch,« te er, »so eine, das s grad
mein Ja ."
Ein lustiges Soldatenlied pfiff er
hinter ihr sdrein, so laut, daß sie s noch
horen konnte. »Es hört sich grade an,
als wollte er sagen: »Ich pfeif’ dir
was!« dachte sie zornig.
Zieht fegte plötzlicher Sturm ihm die
ren.
t »Das wird ein schönes Donnerwet
er·«
Nun waren sie alle daheim.
Wie das schmeckte nach der schweren
Tagesarbeit !
Ein Bild voll Kraft und Gesund
heit, saß »Freileinlen« und biß mit
den weißen Zähnen in das schwarze
Brod, mit der goldgelben Butter he
strichen und rosigem Schinten belegt.
Ein Glas Milch nach dem andern ver
schwand in dürftigen Zügen hinter den
rothen Lippen. Sie fühlte es ja in
den Armen und Schultern und im
Kreuz, daß sie ordentlich geschafft
hatte, aber das that ihr wohl, so ihre
gesunde Kraft voll zu oerausgaben
»Und nun schlafen, to recht gut
schlafen,« meinte sie und zog sich zu
rück in ihr Giebelzimmerchen.
»Sollteft lieber aufbleiben, bis das
Wetter vorüber gezogen,« meinte der
Vater. »Man kann nie wissen.«
»F —— wo. Jch fürcht’ mich nicht,
Vater. Jch fchlaf’ ordentlich aus bis
moran um vier Uhr, dann geht’s wie
der los da draußen auf dem Feld.
Gute Nacht, Vater. Gute Nacht alle
fammt. ich bin todtmä·de!«
,,Gutnacht, Freileinlen!« —— tönte es
ihr nach. und wohlwollende Blicke be
gleiteten sie. »Sie hat redlich geschafft,
sie darf schon müd sein, die schwere
Arbeit ist sie auch nicht gewöhnt wie
wir ander-U flüsterten sie untereinan
soer.
Sie sank in die hohen Federtissen,
die sie selbst gestopft hatte mit den
Daunen her selbstgezogenen Gänse.
Wie schön das doch war, ein Vater
lmus zu haben, wo alles shineintvuchz
alles vom eigenen war.
»Es ist Doch herrlich, »das Landleben,
Das Säen und Ernten, das Arbeiten
und Genieszen,« so dachte sie noch, und
befriedigt lächelnd schlies sie ein in köst
licher Ermattung
Kaum eine Stuwde war verflossen.
Jn jähe-m Schreck wachte sie aus.
Ein surchtbarerDonnerschlag durch
zitterte das haus von oben bis unten.
Rasch sprang sie aus dem Bett· Ein
neuer Schlag.
Jetzt umwallte sie ein Feuermeer,
ein Knistern und Knattern, und be
täubt siel sie zur Erbe nieder.
«Eingeschlagen! Aus dem Hos bat’s
eingeschlagen!« schrie es durcheinander
»Feuer!"
»Das Vieh! Das Vieh! Nettet das
Vieb!«
Ein unbeschreibliches Durcheinan
der.
Ein Rennen, Jagen, Jammetn und
Schreien.
Darüber zuckten die Blitze, und
schwere Donnerschläge tobten weiter,
als gölte es die ganze Erde in ein
» Chaos zu verwandeln.
I Wie sie jetzt alle herbeieilten, zu rei
i ten und zu belsen! All die Nachbarn,
I die sonst mit neidischecn Blick einander
s nichts giinnten Ost nicht das Weiße
in den Augen.
Das- tvar ein Schlag Gottes, der
konnte jeden treffen. Da mußte einer
dem andern helfen.
Wie wahnsinnig brüllte das Vieh in
den Ställen. Die losgerissenen Kühe
liefen direlt ins Futen
Oben aqu dem Giebel schlugen jetzt
auch die bellen Flammen
»Das Freileinlen, o Gott« o das
Freileinlen schläft ja obenl"
«Wo ist sie?« tönte die scharfe,
jchneidiae Stimme, die vorher die Leute
an Edie Spritzen tommandirt.
»Jn ihrem Zimmer. da oben im
Giebelf·
Wie er die Treppen hinauf floqt
Nun stand er vor verjchlossener
Thür.
Mit einem einzigen Fusiiritt stieß er
sie auf.
Erftickender Qualm drang ihm ent
gegen.
Da sah er sie betäubt neben dem
Bette liegen. -
Mit einem Sprunge war er am
Fenster und schlug die S cheiben ein.
.Luft!«
Nun riß er sie empor, schan die
Decke um sie und hob sie mit lriijtigem
Arm auf die Schulter.
Sie schlug die Augen auf voll jähen
Entsetzens.
Sein Gesicht dicht an dem ihren.
Sie sträubte sich.
»Um des Himmelswillem nicht
sträuben. ionsi sind wir beide verloren
—« rannte er ihr zu mit« teuchender
sei-öd . ebe nicht ohne dich.«
« aß m ch gerunten ich will nicht!«
»Nein, jesit bist du mein —- mein
fti r immer und ewig-i«
»Liebe: sterben!« schrie sie auf.
JDU —- du!« leuchte er und preßte
seinen Mund auf ihre geöffneten, zor
nigen Lippen. »Du mußt —«
»Nein —- nein!« — sie wimmerte es
nur noch in halber Bewußtlosigleit.
Er preßte sie san sich, als müsse er
sie ersticken, um jeden Widerstand zu
betäuben.
Mit zitternden Knieen schleppte er
sie die Treppe hinab, trug er sie wei
ter wie mit Riefenträften ausgestat
tet, durch Sturm und Regen und Blis
und Donner in fein Haus, wo er auf
dem Bette seiner Mutter sie endlich nie
derlegte.
»Sorgt für eure Tochter. Mutter,
die ich euch aus dem Feuer her-überge
sholt habe.«
Fort eilte er, zu retten, zu helfen in
Ihrem Vaterhaus.
»Mein Töchterchen, nun gieb dich
nur drein, wenn er dat sagt, dann
wird et schon so sin. Der hat einen
Eifenlopp, wat der mal will, dat will
er.«
Sie war jetzt wirklich zu matt, um
der alten Frau zit widersprechen. Wie
gelähmt waren ihre Glieder. Es war,
als ob ihre ganze große Energie er
mattet wäre in seinen Armen, ale ob
er sie weggetijfzt mit seinen bärtigen,
heißen Lippen.
Jhr Troytopf wandte sich aber doch
von ihm ab, als er mit blutenden Hän
den und rußgeschwärztem Gesicht vor
sie trat, nsach vollbrachtem Rettungs
wert.
Aber er griff ihren Kopf mit beiden
Händen und wandte ihr Antlitz sich
tvieoer zu. Mit strahlendem Blick
sprach er:
,,Renn' nur zu, ich krieg dich doch!
Nun hab' ich dich noch schneller als ich
dachte. Uns bat der Himmel mit
Donner und Blitz zusammen gethan,
siehst du, nun bist du doch mein!«
Sie athmete erregt, sie wollte sich er
heben, ihn abwehren. Aber die Glie
der versagten ihr plötzlich den Dienst.
Miide und matt sank ihr Trotztops an
seine Schulter.
Nun lachte er glückselig, triumphi
rend. Zart, schmeichelnd küßte er die
Thriinen zorniger Liebe von ihren
blassen Wangen.
Sie hatte ihren Herrn und Meister
gesunden. «
-—---·-- »so
Mein Vetter Fritz.
»J-unge, wie bist Du gewachsen!«
Da ich, nebenbei gesagt, seit etwa
25 Jahan meine 7 Fuß 2 Zoll messe,
so sollte diese Anrese natürlich ein so
genannster Wip sein, und da derjenige,
der ihn macht-e resp. verbrach, nicht »al
lein ein Blutoverwandter «meiniges"
war, sondern auch ein ganz frisches
Grünhorn, das seine ganze Hossnuw
gen aus das Land der unbegrenzten
Möglichkeiten gesetzt hatte, so verzieh
ich ihm diesen etwas veralteten Ein
sijhrungsscherz. Und schließlich brauch
te sich Vetter Fritz nicht speziell bei
mir einzuführen, denn seine Anlunst
war mir bereits oon der lieben Tante
adistrt morden.
Tllso Vetter Fritz war da, nnd ich
lxabse mich Ivirtiich gefreut, dem Jun
gen, den ich zuletzt als vielversprechen
ren Tertianer gesehen, wieder die
Hand drücken zu können.
Erst wurde natürlich über Famii
lienangelegenheiten ,,aetallt«, als
dann die Zeit, die ich dem lieben Bet
tier dieses Mal wiomen konnte. vier
strichen war, mußte ich ihn seinem
Schicksal überlassen. Er gab mir seine
Adresse, Brooilyn so und so, und ich
versprach ihm meinen Besuch siir den
nächsten Taa. Dann sollten wir alles
Weitere für die Zukunft berathen und
besprechen.
Am folgenden Nachmittag löste ich
mein Versprechen natürlich ein, und
Vetter Fritz begrüßte cnich noch herz
lich-er, wenn auch weniger witzia, als
am Tage zuvor.
Er führt-e mich in einen auf das
Eleganteste eingerichteten Frontpar
lor, der mich in feiner tadellosen Rus
ltattung an dass Empfangszimmer ei
nes prominenten Arztes erinnert-.
Ich lonnte mir natürlich nur den
l«3n, daß dies der allgemeine Parlor
des betreffenden Boardinghauies sei,
und wir ließen uns in den schwellen
ren Fauteuils nieder.
Was wir dann plauderten, ja, das
mag Niemand interessiren. Ratt-dem
wir dann aber eine vorzügliche russis
sche Cigareiie nach der andern aus
dem wappengefchmiickten Sillieretui
Vetter Fritz’ geraucht hatten, meinte
ich, wir sollten uns der Gemiiihlkchleit
halber doch lieber in sein eigenes Zim
mer zurückziehen
«Mein eigenes Zimmer?-—Ja, mein
Junge, hier bin ich ja zu haufe, dies
ist mein Solon und hier ist mein
Schlazirnmer. Hier zu Lande muß
man sich natürlich nur flir den An
fang möglichst einschränken, wenn’s
auch feher fällt!«
Und dabei schlug Vetter Fritz eine
schwer-: Portiere zurück und fiihrte3
mich in einen nicht minder elegant
ausgestsatteten »Back Parlor«, der in
ein Schlafgemach umgewandelt war.
Wir ließen uns nun nochmals auf»
den weichen Sesseln nieder und Bei-;
ter Fritz fragte mich nun, was ich für
ihn thun könne. Die alte Tante hätte
ihm gesagt, es würd-e mir gewiß nicht i
schwer fallen, ihrem Lieblinge die.
Wege in der neuen Heimath zu ebnen. i
Jch muß offen sagen, daß mich- Bet- i
ter Fritz in Verlegenheit brachte. Mir?
irr-ass- ja ähnlich gegangen, als ich als I
Grünhorn noch ein Paar mitgebrachtef
Kröten bei mir hatte. Sollte ich feine
Jllufionen mit einem Schlage zerstö
ren, wo er nur wenige Tage in derl
neuen Heimath weilte? Er und die alte »
liebe Tante ’in der fernen Heimath
wiirden mich fiir undankbar, hat-ther
zia. gefühllos halten. Und doch, es
mußt-: sein, gerade weil ichs für den
Jungen noch die alten oerwandtlchaft
lieben Gefühle hegte « und weil ich
ihn kannte.
»Nun sage ’:n-al, Fritz, was Zahlft
Du für Deine Wohnung?«
»Ach, nicht .)iel, lumpige zwölf Dol
l-Aig!«
»Das ift allerdings erstaunlich hil
lia, zwölf Dollars den Monat fiir so
etc-Kante Räume!«
»Ach, was denlit Du denn. Zwölf
Tollars die Woche!«
»Ach fo! Nun sage einmal, wäre es
nickt weit vernünftiger, wenn Du Dich
in einem einfachen irifchen Bonrdinsgs
hanfe einquartiren würdest? Da
b1.mchieft Du inllufive volle Pelzni
grzng noch nicht einmal oiie Hälfte zu
fu«-SI-- »..-. ist-»Juki ...r....8.«..
·.,...,... .... » ..,. ... .,. ».»,.. .
schneller englisch lernen, womit es bei
Tir wahrscheinlich noch etwas ha
per:.«
Vetter Fritz war jetzt schon etwas
pitirt. »Willst Du mich gleich mit Er
mahnungen emvfangeM Ich denke, ich
habe deren genuig zu Hause genießen
i:iiissen. Du wirst doch nicht etwa ver
langen, daß ich mich von Hause aus
gleich- in ein kleines Loch sperren lasse
tin-d mit Plebejern verkehre. Du mußt
nicht vergessen, daß ich mit Herren der
russischen Botschaft von früher her be
tannt lrin und daß Dieser oder Jener
mich aufsuchen könnte. Schon aus die- ;
fern Grunde allein muß ich wenigstens
. einigermaßen anständig wohnen. Also,
jetzt lasse, bitte, Deine Moralprcdig
ten und sage mir, was ichDseiner maß
aebesnden Ansicht nach hier anfangen
fell.«
Jch kämpfte einen zweiten Kampf,
dann wurde ich hart, rücksichtslos.
»Ich werde Dir was sagen. Fritz.
Ich möchte Dir vor den Fehlern be
.Vsahren, die ich selbst hier begangen
hab-e, als mir der Himmel noch voller
Neigen hin-g. Also höre.«
»Du zahlst zwölf Dollars wöchent
lich fiir Deine Wohnung. An Deiner
Linien funtelt ein werthvoller Dia
:! ant. Deine tsadellose Weste schmückt
est-se ooppelreihige schwere gofdene
llhrkette, die auf einen nicht minder
«i:erthvollen Zeitmesser deutet. Jch
tann Dir nur beim besten Willen und
nach eigener Erfahrung teinen Natb
Jedem ehe Diamantring Und Uhr zum
Pfondontel gewandert sind und Du
Deine qoyen soc-inne aus Wpyington
Liei Mutter Grün empfangen mußt.
Mit einem Wort, wenn Du am Hun
kiertuche nagst, dann weißt Du, 1vo
Du mich finden kannst, dann erst kann
Dir geholfen werden. Und nun, lie
uer Fritz, lasse uns von etwas anderem
reden!«
Vetter Fritz sah mich sprachlos an.
Dann schwiegen wir beide, er im höch
sten Grade Pitirt und ich, weiks mir
wieder ieid that, ihn so hart angefaßt
VI haben.
Nach einer turzen gezwungenen Un
terhaltung trennten wir uns und na
hezu zwei Jahre vergingen, bis wie
uns wiedersahen, ja, bis ich von ihm
etwas hörte.
Eines Tages meldete mir der Os
fice-Jun-ge, daß mich im Vorzirnmer
Jemand zu sprechen wünsche Er war
Vetter Fritz· Und wie hwite er sich ver
ändert, wenigstens dem Aenßeren
nach. Trotz der schneidenden Winter
tLilte trug er einen hellen Sommer
ilöierzieher, der schon lange bessere Zei
ts.n gesehen hatte, aus den ungemichs
sten Stiefeln lugte der Strumpf in
" aanz bedenllicher Weise hervor und
. ins den Augen der leere Magen. Jch
nahm ihn in die nächste Wirthschast
s und nachdem er sich einigermaßen ge
sstärit hatte hosste ich jetzt wirklich,
Iibm und auch der alten Tante einen
wirklichen Liebe-Dienst erweisen zu
können. Daß eö ihm schlecht, sehr
schlecht gegangen sei, daß er nicht
mehr 12 Dollars fiir seine Wohnung
bezahle, brauchte Fritz mir nicht mehr
zu sagen, das konnte ihm ein Jeer
ansehen.
" Jch erinnerte ihn nun an mein gege
benes Ver-sprechen und lusd ihn ein, bis
sich etwas- fiir ihn fände, bei mir zu
wohnen. Alles andere würde sich jeht
schon machen. Aber Vetter Fritz schlug
jede der-artige Hilfe rund ab, er lönne
in diesem elenden Lande nicht länger
bleiben, für ihn« sei hier nichts zu ho
len, andere mögen sich fiir ein paar
Nickel quälen, er habe dieses Hund-ele
ben satt und wollt-e schleunigst zurück
in die alte Heimath
Nachdem alles Zureden meinerseits
vergebens- blieb, gab ich ihm selbst den
Rath, wieder den Ozean zu kreuzen.
»Das will ich ja, aber ich habe kein
Reisegeld. Du hast doch- Verbindungen
mit den Dampsergefellschasten, Du
kannst mir doch ein Fretticiet oder we
nigstens eines zu ermäßigten Preisen
besorgen!«
Jch versprach es ihm und bestellte
ihn siir einen bestimmten Tag narh der
unteren Stadt, damit er selbst sein
Jicket inEmpssang nehmen sollte, nach
dem ich durch persönliche Konneitio
nen das Nöthige besorgt hatte.
Zur bestimmten Stunde stellte sich
Vetter Fritz auch pflichtschuldigst ein.
Bei seineniltlnblick aber war ich sprach
los. Wie mit»ein-em Zauberschlage
war der Vetter Trsamp in einen Grand
Zeigneur verwandelt An Stelle des
hillbrsnunen verschossenen Sommer
ijberziehers war ein hocheleiganterBa
rknpelz getreten. Das blonde, zvierer
hinten gescheitelte Haupt trug esnen
zwar nicht mehr ganz modernen, aber
tadellos ausgebiigelten Zylinder, Lack
stiefel waren an die Stelle der durch
löcherten Stiefel getreten, und di: mie
her naht .nit·tntrntifrf1.-s Sand tritt-nick
ten ein paar weicher heller Glacecä
J »Ja, Menschenkind, wo kommst
Wenn Du her?«
»Ich Verstehe Dich nich-t!«
; »Na, Junge, was ist denn Das für
eine Magd-kams«
»M·asierade? -— ich verstehe Dich
beim besten Willen immer noch nicht!«
»Ja, aber Fritz, ivie kommst Du zu
der elegan.ten Llusstattunsg?«
»Na, Du wirst mir doch nicht zuge
niuthet haben, daß ich mich als Dein
Berwandter in dem Tramp-Kostiim,
in vdem Du mich zuletzt gesehen, im
Bureiau der Dampsergesellschast blicken «
lasse. Einer derartigen Rücksichtslo-J
sigkeit Dir gegen-über hältst Du mich
ooch nicht fiir fähig, zumal Du so lie- J
benswiiroig warst, mir ein Freitickets
zu besorgen, was hätten die Herrens
von Deiner Hertunft gedacht, wenn sie s
mich, Deinen leiblich-en Vetter, in dem I
Aufzuge gesehen hätten!«
Jch war noch spr«arhloser. Ehe ich
dein lieb-en rücksichtsoollen Vetter aber
die Wahrheit sagte, wollt-e ich Doch er
fahren, welche Bewandtniß es mit dem
schweren Bärenpelz und den. sonstigen
elsnanten Zutbaten hatte.
Vetter Fritz aab mir denn auch be
reitwilligst Die Erlläruna.
Wenisaer meinem damalian Rathe
als der Noth gehorchend, habe er nach
nnd nach, als dieMittel versieaten und
fein Zuschuß mehr ans der alten Hei
math eintraf, ein tvertbvolles Stück
nach dem andern nach dem Pfand
F.-»7- du«-hass- lslf-- u-- -r.--- --.2
Bequemlichkeit durch einen Wucherer
mit dem et schon driiben ,,Gefcl,iifte«
gemacht hatte und den er zufällig hier
getroffen habe.
Unter den verschiedenen Versatxolp
fetten hatten sich auch zwei Bärenfelle
befunden. Als die Rückeeife nach den
beimathlichen Gefilden nun in Titus
sicht stand, habe er sich mit dequein
rer geeinigL Er habe ihm die sämmt
lichen noch nicht verfallenen Pfand-yet
tel geschenkt und der Wucherer habe
ihm dafür den einen Pelz auscielöst
und zum Präfent gemacht und dazu»
noch ein paar Dollars fiir Handschuhe (
» svussvbd n OUIIIJ UII U Heut-t- uud
i
etc.
»Nun, siehss Du« —- schlofz Netteri
Fritz feine Erzählung-»welche Rück-i
ficht ich aus Dich und Dein-e Stellung
nenommen habe. Um Dich nicht zu
tompromittiten habe ich die then-seiten
Andenken fahren lassen!«
Ich verstand den kleinen Hieb aberi
trotzdem wurde ich zum zweiten Male
hart noch härter als damals.
Mein lieber Fritz ich bin wert da !
von entfernt, Deinen Opfermuth zu
bezweifeln, es thut mir aber herzlich
leid, Die sagen zu müssen, daß Du
das verfprochene Ticket n: cht erhalten
kannst wenigstens nicht in dem Aus
zuge!«
W.
Inst war Vetter Iris wieder
sprachlos. «
»Oder glaubst Du vielleicht, daß ich
Dich in der Garderobe nach dem sue -
reau schielen tverdeii Ich habe hat«
Tiaet für einen Tramp geschnorrtt
was würden die Leute aber denken,
wenn sich dieser verhungerte Ber
wsandte als ein ,,Dude« entpuppt, des
sen Pelz allein so viel werth ist wie
die Fahrlarte siir die elegante Ka
bin-el«
»Nun, ich werde Dir was sagen. Du
begiebst Dich jetzt schleunigst nach Dei
ner Wohnung oder in Ermangelung
einer solchen dorthin, wo Du den hell
braunen Ueberzieher gelassen hast,
itrirsst Dich wieder in das- Tramplo
zstüm und schickst mir den Bärenpelz
Izu. Diesen werde ich aus demselben
; Dampser nach« Europa expediren und
erst drüben kannst Du ihn wieder an
ziehen. Du aber triffst mich morgen
in braunem Ueberzieher und ohne
Handschuhe und Lackstiesel und dann
kannst Du Dir das Ticket holen.«
Und so geschah es. Jnnerlich gewiß
tief empört über meine ernseuerte Roh
heit, stellte Vetter Fritz sich in der ver
langten Garderobe ein und gab ihm
dann dsag Geleit zum Diampsfer.
Ich hätte an dsisese tleine Epksode
wohl iaum mehr gedacht, wenn ich
nicht kürzlich von Vetter Fritz einen
- langen, herzlichen Brief erhalten hätt-e,
in welchem er mir jetzt für meine
Härte dankt. Es geht ihm nämlich
wieder gut, dem lieben Vetter Fritz!
———-.-.——.—
Der dankbare Lande«-artig
Von einem Leser der »Fkkf- Ztgz«
wird geschrieben: Beim Blättern m
einem Bündel vergilbter Briefe aus dem
ersten Viertel des verflossenen Jahr
hunderts bin ich auf eine heitere Amt
dote gestoßen, die bei der damaligen
Handhabung der Zensur wahrscheinlich
nicht in die Presse gedrungen ist. Sie
bezieht jjch auf den ehemaligen Land
grasen von HessemKassel und späteren
ersten Kurfürsten von Hessen (1803———
1821), Wilhelm den Ersten. Wir«man
weiß, wollte der alte Herr nach Wieder
einsetzung in seine Rechte die Zustande
in Hessen auf dasjenige Maß zuwei
schrauben, das vor 1806 in seinem
Lande gegolten hatte. Unter anderem
mit-rh- dip tmiehorpinfiibrimn his- thfkä
als eines unentbehrlichen Attributs der
triegerischen Würde beim Militär be
f.chlossen Nun wächst aber ein Zopf
nicht in einem Tage Man suchte sich
also zu helfen. Wer die Rudimente
eines Zöpfleing zu erzielen verstand,
der band sich einen künstlichen Zops da
ran; wen die Natur mit einem kargen
Haarwuchg bedacht hatte, der beseitigte
das vorgeschriebene Anhängsel hinten
am Tschalo. .
An einem schwülen Sommertage —
der Vorgang spielt sich in einem der
landesherrlichen Lustschlösser ab —
machte eg sich die Mannschast in der
Wachtstube bequem. Man hatte die
Tfchakos abgelegt und lag aus den
Bänken ausgestreckt, einzig und allein
mit dem Abwehren der zudringlichen
Fliegen beschäftigt. Plötzlich ertönte
der Rus: ,,Achtung! ’rrrrraus!« Der
Kursürst kommt! Jeder ergreift seinen
Tschato und stürzt heraus Es hatte
sich aber zugetragen, daß ein biederer
·Hesse, dem schon ein stattlicher Zon
vom Hinterhaupt herabhing, die Kopf
bedeckung seines Nebenmannes ergriff,
die mitB einem künstlichen Anhängsel
versehen war. Dem scharfen Auge des
Kurfürsten konnte der zweizöpsige Ge
freite nicht entgehen. Er winkt, und der
Schuldbewußte mit den zwei Zöper
steht zi:ternd vor feinem Fürsten. Es
kommt aber anders, als er es sich ge
dacht hatte. Eine Thräne im Auge zer
drückend, zieht der sonst sparsame Lan
desherr einen Napoleongdor aus der
Tasche und drückt das Goldstück dem
erstaunten Landeslind in die Hand,
mit den Worten: »Ich weiß eg, ihr
Heben seid mir allezeit ergeben gewesen;
ich bin mit eurer Treue zufrieden!
Schauet aber ja zu tan die beiden
Zöpfe meisend), das; das Reglement
nicht überschritten werde!«
———-—--—-s—
Vorsicht in Geldsachem
Der englische Staatsanwalt Wright,
der die Vereinigten Staaten bereiste,
kam eines Tages in ein Bankhaus in
Philadelphia, urn sich auf einen von
einer Londoner Firma aus-gestellten
Wechsel Geld auszahlen zu lassen. Das
Vanthaus war dazu geneigt, verlangte
aber, der Staatsanwalt solle sich über
seine Persönlichkeit ausweisen. Er er- -
klärte dem Chef des Banthauses, das
wäre ihm unmöglich, da er niemand in
der Stadt kenne, zeigte ihm jedoch sein-e
Pasztarte, seine Briefe, die in seinem
Taschentuch eingestickten Buchstaben —
alleg umsonst. Der Bankier verlangte
genauen Nachweis seiner Jdentität.
Während der Unterhaltung erfuhr
der Engländer, «DerChes des Banthauses
wäre auch gleichzeitig Friedensrichter
des Bezirks, und als er alle Bemühun
gen erschöpft, sagte er schließlich ärger
lich: »Ich glaube, mein Lieber, Sie
haben schon öfter einen Menschen auf
geringere Beweise hin hängen lassen.«
»Das kann sein,« versetzte der Ban
lier gelassen, »aber wenn es sich um
Feld handelt, muß man vorsichtiger
etn.«
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Zu gefährlich.
»Sie haben wchl den«beabsiel)tigten
Besuch bei Ihrer Frau Tochter aufge
geben, Frau Rath?« «
-.Jawo»hl, mein Schwiegersolm
schrieb mir, er hätte sich ein Automobil
ongeschafftläs