Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, July 24, 1903, Zweiter Theil, Image 14

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Uns des Jagd uakh SechzigscausM
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Erzählung-eiqu Privatdetektivt Z
V o n Thorwald Bogstud.
· (6- this-Swa)
Wir wollen nicht zu schildern ver
suchen, welche Nacht sie verhrachtes
Die Psiizei wußte noch immer nichts-,
versprach aber-, der Sache Aufmerk-»
samteit schenken zu wollen. -
Bei länger-ern Nachdenken war sie·
indessen zu dem Schluß getonimen,;
daß ihre Jahre lang gehegte Befürch
tungen wirklich eingetreten seien.
Ohne Zweife! hatte Heil endlich ihren
Zusluchtsoirl aus-gespürt und ihren
Sohn mit sich genommen. Sie kannte
feinen eisernenWillen und wußt-. daß »
er in allen diesen Jahren seine Nach- «
forschungen nicht aufgegeben hatte.
Sie sah nur ein einziges Mittel. unt
ihnen Sohn zurück·zu bekommen, und
wieder haben mußte sie ihn, kostete es,
was es wolltet Sie war zu Allem»
bereit, zu allen Zugeständnisiem Ineun
se- neur ihren Sohn wieder erhielt. .
Sie erliesz daher am folgende Tage I
folgendes Jnrserat in norkvegischer
Sprache in allen größeren Zeitungen
« Bei-link »Herr Oskar Hell! Dies-.
nige, die Sie 10 Jahre lang gefuchts
haben wünscht Sie zu sprechen Be- ?
seit zu Allem, unter einer Bedingung! i
Ast-esse durch die Expeoitisnxs !
18. K a p i te l. l
»Nun, haben Sie ihn?" (
»Wahlbehalten, Herr Bithring, ins
sicherer Obhut bei einer Freundin von i
mir. Er machte Anfangs ein wenigi
Lärm, denn der kleine Kerl ist nichtj
ganz dumm und ahnte Verrath, aber
endlich beruhigte er sieh doch.« j
»Und die Adresse des Vaters-V l
»Ist die frühere. Meriwiiroig ge
nug, hat er es nicht sitt nöthig befun- i
Lsclh sclllcll äuskllthw »Du zu Cur-y- (
· sein, obschon er nun weiß daß wirz
ihm in die Karten geguckt hab-en Und !
·" truniit es an Ihnen, ihm die Damm »
seh-rauben anzulegen. Preisen Sie nur
ordentl: ch daraus los« Bühti ng nickt e
mit sinsterern Lächeln.
»Gebt er nicht nach, dann soll es
ihm am schlimmsten treffen.«
»Aber haben Sie Dieses da gese
hats-" Guttensritz zog eine Zeitung
aus der Tasche uno zeigte seinern Ge- ;
ncssen Olga Hell’Z Jn«sera!. »
»Nein —lasz mich sehen.« Er er
griff die Zeitung und las das Jnserth
einige Male durch.
»Na das schadet meinen Interessen
nicht, « sagte er, die Zeitung hinlegend.
»Die Bitten seiner Frau werden has
sentlich dazu Beitragen, daß er nach
giebt. Mögen sie sich ruhig treffen —
Das ist wahr,« fügte er nach einer
kurzen Pause hinzu, Joan Sie da
siit, daß der Junge keine Noth leidet.
Ich- will nicht, daß er Schaden neh
men soll. Ver-stehen Sie?«
Gurtensritz nickte stand aus und
ging
hell war in den letzten Tagen lei
aeW bei guter Laune gewesen Er
hatte eingesehen, daß er wieder über
listet worden war und sich in eine
ziemlich plumpe Falle hatte locken las
sen. Bei der Nachforschung aus den
Polizei-sinken vernahm er bald,
ep in Berlin keinen Detettio Viktor
Hemmkl gan, UND ck IJM VllkUIck MS
Klare, daß er mit ein-er von Bükk
rings Kreaturen »Hu thun gehabt hatte.
Er verwünschte feine Unvorsickiiakeii
und gelobte sich, in Zukunft wen? zier
kichtgläubig zu sei n Er hatte se nen
Plan entworfen und glaubte fest an
die Möglichkeit der Durchführbarkeit
desselrsen
Da Miß FL orinas A« itellunnszct
nun abgelaufen sei n muß. e, . fan: e
er feinem Stellvertreter in Hamburg
sein Honor-at und oankte ihm fiir den
Dienst.
Er ha«ie gerade den Brief abgeä
sandt, als er in einer Zei tungJ Oqu
Jnferat entdeckte. Er wurde Elekch
wie eine Leiche und stand schnell vom
Stuhl auf. Er wagte kaum seinen
eigenen Augen zu trauen. Oder war
das vielleicht ein neuer Streich von
Seiten seines Gegners·
Die Sache mußte intessen unter
sucht werden und er eilke darum fo
gle ch in die Expebiti on der Zeitun, wo
er augenblicklich die Adresse erhielt.
Frau Olga Leiiney Jssftraße 106.«
War das wieder eine Falle oder
wirklich seine Frau, die Mutter seines
Kind-eilt —- Hell sank auf eine Bank
im Expeditionslolale, übermält igt von
seither Bewegung-. r
Unter solchen- Urnftsänden sollte er
He gif- nach zehn Jahren wiederfin
-SUI! Aber sein« Kind, seinen kleinen
Rasen mußte er unter essen Umstän
trs feiqu
, c- Wie sich trth bange sondern
M eine Droschpe nnd fuhr hinaus
— Inw- Messe
i O i
sitt-Sieh kriegst iß wie
Anwesenden Kehlen
", W M auch erkal
Wenn zwei Merkschonberzem die
esnmal eng verbunden gewesen sino
nach jahrelanger Trennung sich wieder
einmal an ein-ander schließen, so wür
de es ein eitles Bemühen sein, ein sol
cles Wiederfinsden in trockenem Er
zählerton schildern zu wollen.
Hell hatteOslga wiedergefunden und
zirar so, wie er es nie zu hoffen ge
wagt hatte. Er fand eine bildschöne,
reife Frau, die trotz ihres Hasses gegen
ihren Mann, zu dem sie die Pieiiit ge
gen ihren Vater in diesen langen Jah
ren immer mehr zu verpflichten schien,
doch immer für ihre Erinnerungen
und in denselben gelebt hatte-.
Sie kam ihm Anfangs nur mit
kühl-er Höflichkeit entgegen, aber die
lieben Züge, die Stimme, der sie frü
ber so osi in süßer Ver au schung ge
lauscht, seine Erzählung von dem
was er in ben- langen Jahren gelitten
hatte, alles brachte alle Saiten zum
Zittern, und lange bevor sie es in
Worten aussprach, hatte sie ihm schon
vergeben und ban waren die b-«den
Menschen wieder siir’s ganze Leben
mit ein-ander verbunden.
Hell hörte mit Schrecken, daß sein
Knabe vor zwei Tagen auf unerklär
lkche Weise verschwunden sei. Bei
näher-er Uederlegung glaubte er in
dessen bald den eigentlichen Zusam
menhang gesunden zu haben und er
erklärte dies auch« seiner Frau. Er er
zählte ihr von seiner Jagd nach den
Eechzigtausend, mii denen Bühring
durchgebrannt loar, von seinen kleinen
Siegen und Riederlagen besoncers
aber von der Unoorsichtigkeii di
sich hatte zu schulden kommen lassee n
unsd welche die Ursache zu der Ent
führung des Kindes bildete.
Man hatte diesen Raub ausgesöhrt,
um einen Druck ausüben zu können,
darüber konnte lein Zweifel bestehen.
»Jedenfalls«, fügte er hinzu, »tst es in
ihrem eigen-en Interesse, daß sie dem
Knaben keinen Schaden zufügen Wir
werden wohl in Rn nächsten Tagen
von ihnen hören. Und da kannst Du
daron zählen, daß wir den Jungen
baid wieder haben werden«
»Ja, Oster,« antwortete sie durch
Thränen, »Du hast ein ganz besonde
res Interesse daran, ihn mir wieder
zu verschaffen
»Wieso, Geliebte-P
»An jenem Tag, an dem Du ihn
wohl-behalten mir wieder zurück
bringst, ist alles, alles vergessen Und
rergebem
19. K o p i te l.
Es ging wie hell erwartet hatte.
Als er in seine Wohnung zurückkam
fand er dort folgenden Brief vor:
»Herr Hell!
Jemand, site den Sie sich ganz be
sonders interesstren und der im Stan
de ist, Ihnen eine wichtise Mittheä
lang zu machen, wünscht eine Be
; fprechung mit Ihnen unter vier Au
gen. Dis ich natürlich aus nentralem
chden zu erscheinen rollend-, so er
j suche ich Sie, heute Abend tm zweit-en
Stock des »Case Bauer« zu warten.
s untern-Heu Sie aus Fuchgstskiche Sie
los-TM Wust-( UZJJI Its-II ein«-fis- Its-o
irr-erwünschte Vorkehrungen gegen
« Sie veranlassenf
I Der Brief zvnr deutsch geschrieben
IEL war nicht Bühri ngs Handschrift,
Die Hell Von jenem Br ief her tannte,
Jken er in Wandrup erhaigen hatte,
sader er war doch überzeugt das-, der
« Unbekannte, der eine Unterredun;«rnit
ihm wünschte, kein Anderer war, alk
tsch Stück Wild, das er nun einen
Monat long gejagt hatte.
»Gut«, sagte er zu sich selber, »ich
. werde tornmen.«
Il- J if
Hellfhatte es merkwürdig eilig an
diesem Tag. Wir finden ihn zuerst
bei einem der tüchtigsten Instrumen
tenrnacher Berlins, dann in Castans
Panoptitum, wo er eine längere Un
terredung mit dein Direktor hatte.
Daran sehen wir in im Privatge
mach des Inhabers des Cafe Bauer
und endlich eine Viertelstunde vor
acht Uhr an einem Tisch im zweiten
Stock des betreffenden Gasthofe-.
Das Cafe ist zu dieser Zeit wenig
besucht. Die unzähligen Barietearti
sten Berlins, die ihre Börse und ihr
Stammquartier irn zweiten Stock die
ses weltberühmten Nachtcafes haben,
waren um diese Zeit alle verschwun
den. Da und dort schlief ein phleg
matischer Engländer halb über seiner
»Times«, in der Ecke aber-, wo Hell sich
niedergelassen hatte, befand sich tetn
Mensch
Endlich Wie unt cchi Uhr-, trat
Bitt-risse i- w Mc Es trat pha
W UND Tgch und seßte sich
mit M M
-«HD«ieberzusehen,
M Beisammen
- Ihrr Ende.« Er
I »so M- m.« w- aa ern
«das jeder von uns fein Lilien-r bei
s stellt und ohne Umfchweife zur Sache
ltommt Pfi! Aufwärter!«
Das Bier wurde von einem wohl
fristrten, trägen und schiiifrigen Auf
wärter aebracht.
»Sie ahnen wohl, weshalb ich Sie
ium diese Unterredung ersucht habe Z«
) »O ja, gewiß! —- Kellner!«
L Heil that einen Schlag auf eine
große Metallplatie, die auf dem Tisch
. vor ihm stand. .
i »3wei Cigarren!«
L »Ich tauche gern bei einem Ge
,präch, das ich am liebsten vermieden
hätte.«
»Ihr Sohn von Frau Leiiner, alias
Frau Hell ist verschwunden, nicht
wahr?«
J »Ja, ich habe davon vernommen!
Sagen Sie mir wenigstens, bevor wir
weitersprechen, wie Sie sie anfgefpiirt
jhaben?«
»Das werde ich Jhnen gern erzäh
len. Der Mann, dessen ich mich be
diente, um über Sie und Jhre Absich
-ten ins Klare zu kommen, war Ge
hilfe auf dem Namensänderungsbu
reau, als jene Dame ihre Namen wech
selte, und erinnerte sich noch ihrer da
maligen Adresse.«
»Also haben Sie, Herr Bühring,
»das Kind bei Seite schaffen lassen?«
Bühring blickte sich vorsichtig um.
Rein Mensch war in der Nähe der ihn
hören konnte.
» ,,Ja,« antwortete er endlich ent
schlossen, »ich bin eg. Und nun sehen
» Sie wohl endlich ein, daß es in meiner
lMacht steht, mich von Jhrer sonder
! baren Zudringlichkeit zu befreien. Ent
zweder gehen Sie mir Jhr Ehrenwort
;darauf, daß Sie sich nicht mehr mit
Jmeinetn Leben und Treiben beschäf
tigen wollen, oder andernfalls werden
« Sie Ihren Sohn nie mehr sehen. Ent
"fchliefien Sie sich — auaenblicklichk
Geben Sie mir Ihr Ehrenwort —
sdenn das genügt mir! —- nicht binnen
einer Viertelstunde, so überläßt mein
IGehilse den Jungen einer Seiltiinzep
»truppe, die ihn festzuhalten wissen
wird.«
»Ist das Jhr letztes Worts«
»Mein allerletztesl Un nur um
Ihnen dieses ohne Zeugen sagen zu
stönnern ersuche ich Sie, herauszutom
smen. —- Jch nehme übrigens an, daß «
sSie den Tanz bald satt haben, Herr
Hell! Sie sehen wohl, dasz Sie es
mit einem Mann zu thun haben, der
Ich nicht an der Nase herumführen
läßt«
»So, glauben Sie das? —- Pitl
Auswärterl — Ach, seien Sie so ge
fällig, sich diesem Herrn vorzustellen
und ihm Ihre Raritäten zu zeigen.«
Hell lächelte diesmal ein wenig
)iboliich.
»Wohl. mein Herrs«
Der Aufwärter nahm die Nummer
von seinem Rock und setzte den Ber
liner Polizeitnvps an die Stelle der
selben.
»Mein Name ist Krause, Detettiv
bei der Berliner Polizei, mein Herr,«
sagte der Fremde zu Bühring gewen
det, »und ich werde Jhnen mit Ver
gniigen die Richtigteit eines kleinen in
teressanten Experiment-Z beweisen. —
Sehen Sie hier« —- er schraubte die
vordere Platte von dem Gonggong ab,"
das aus dem Tisch vor ihnen stand —
»hier unten haben wir das niedlichste
Milrophon der Welt, und nun sehen
Sie« —- er legte den Tisch aus die
Seite —- »hier haben wir die letzte und
beste Ausgabe eines Apparates. den
man Ntmnmmvb nennt- und hier« —
er strich die Wachsrolle von der Walze
und legte sie in eine mit Watte verse
hene Schachtel, die er darauf schnell in
die Tasche iteclte — ,,hier haben wir
das Gespräch der Herren, das icb mit
Vergnügen bei dem Polizeidirettor be
zeugen werde, wohin die Herren mir
also zu folgen belieben.«
Bühring sperrte vor Staunen
Mund und Nase auf. Er war über
listet —- iiberlistet auf eine ebenso ver
blüifende wie rassinirte Weise und er
zog es vor, nachzugehen
»Hei-r Hell!« saaie er endlich, »das
Kind befindet sich wohlbehalten bei
einer Frau Wanscher, Mittelstraße
68. Ersparen Sie mir weitere Un
annebmlichteiten. Sie haben es ia
übrigens mir zu verdanken, daß Sie
das Kind und Ihre Frau wiederge
funden haben.
Heil sah ihn lange an.
»Es ist gut,« sagte er endlich, —
,,aus diese Weise ist aber die Sache
nicht obigen-tacht Herr Deieitiv, ten
den Sie sofort einen Polizisten nach
dem Kind und lassen Sie es hierher
bringen. Da ich indessen Zweifel da
ran hege, ob seine Angaben richtig
sind, so behalte ich diesen Mann hier,
bis der Polizist mit dem Kind kommt.«
»Der Deteitiv verneigte sich und
SMA
hell nnd Bühring sehien sich wie
der, ohne ein Wort zu sagen. Aber
ans den bösen Bticken des Letzteren
und seinem verbissenen Mienenspiel
las unser held, dcß er sieh fiir die
Folgezeit einen Feind auf Leben und
Tod geschaffen nnd das er das
Schlimiie non diesem Elende-n zu er
warten hatt-,
cudikcky III ein Polizist Init einein
hsischen, blendin Knaben, den
hell zu dessen und der Gäste groser
Verwunderung umarmte und lüste.
Bührtng wurde durch rtnen Wink be
oeutet, daß er nun verschwinden tön
ne. und er eilte schnell hinaus.
»Im gehen wir wohl zu Manni«
iragte der Kleine.
»Ja, mein Junge,« antwortete Hell,
.nun gehen ich und Du nach Hause zu
Ier Mama.«
2 0. K a p i te l.
Am nächsten Tag ging die Sonne
iber wenigstens drei glücklichen Men
7chen auf. Jhre Freude läßt sich leich
ker denken, als beschreiben.
»Jekt mußt Du lieber Mann mir
Illes erzählen, was gestern geschehen
.ft," sagte Olga zu ihrem wiedergefun
Ienen Mann.
»Ja, das werde ich Dir erzählen.
Die Geschichte ist eigentlich nicht sehr
Iang. Wie ich erwartet hatte, erhielt
.ch einen Brief von meinem Mann, des
Inhalts, daß er ein Gespräch rnit mir
)hne Zeugen wünsche. Jch wußte be
reits, daß der Knabe durch ihn ent
Iiihrt worden war, als er durch einen
nertwiirdigen Zufall Deinen Aufent
haltsort erfahren hatte und ich war
iber seine Absicht ebenfalls sehr genau
unterrichtet. Er verlangte nur das
bindende Versprechen von mir, ihn für
vie Zutunst in Ruhe zu lassen, indem
Er mir dafür unser Kind wiedergeben
vollte. Er lud mich ins »Cafe Bauer«
kin, und ich wußte wohl, daß er dort
.1ngehindert und ohne Zeugen leicht
sagen konnte, was er wünschte. Für
nich handelte es sich darum, Zeugen
inseres Gespräches zu erhalten« da ich
richt daran zweifelte, daß er rein von
ver Leber weg sprechen würde. Jch
fJesah mir die Lokalitäten, fand aber
keine Stelle, wo ich einen lebenden
lltensechn so hätte verbergen können,
Iair er in der Laae aewesen wäre. un
7er Gespräch anzuhören. Nun lam mir
Der Gedanke, ob es nicht möglich wäre,
einen Phonographen so zu verstecken,
Daß er unsere Unterhaltung wiederzu
zeben vermöchte, und ich berieth mich
Deshalb mit einem der tüchtigsten
Fachmänner Berlins. Er verneinte
nvessen die Sache. Sollte der Schall
Tänger die Lustwellen übertragen klin
ien, so müßte er so groß gemacht wer
)en, daß er absolut die Aufmerksam
keit des Andern erregen würde, falls
vir den Apparat aus dem Tisch vor
ins anbriichten. Der Direktor in Ca
tans Panaptilon, der ein kleines La
zer von den neuesten und besten Pho
iogravben besitzt, sagte mir das Glei
be. Ein leise gesithrtes Gespräch
soiirde nicht aus diese Weise wiederge
Zeben werden können. Da es sich fiir
mich nur darum handelte, den Knaben
wieder zu erhalten, so nahm ich meine
Zuflucht zu einer List, die auch gelang.
Ich hatte eine Unterredung mit dem
Wirth des »Case Bauer«, der mir so
gleich sreie Hand ließ. Jch brachte
einen Mitrophonapparat in einem
Gouggong an, das aus dem Tisch vor
uns stand und besestigte einen ge
wöhnlichen Phonographen darunter.
Ich fand mich dann etwas früher ein,
um mich des rechten Tisches zu ver
sicherm Bald kam mein Mann. Wir
wurden von einem Kellner bedient, der
in Wirklichkeit ein Detettiv, mit mei
nem Plan bekannt, von mir die noth
wendigsten Jnsttuttionen erhalten
hatte. Sobald wir allein waren, rück
te Bühring ohne Weiteres mit der
Sprache heraus. Als er schließlich zu
triumplyiren begann, da rief ich den
Aufwärter, oder eigentlich meinen
deutschen Detektiv herbei und er stellte
sich sogleich als derjenige vor, der er
war, und zeigte meinem verblüsstm
Deglick Vcn Unnkclckscll APPCTCL Uk
gab augenblicklich nach« er glaubte
steif und sest, daß seine unvorsichiigen
Worte von dem Siift des Phonogrw
vhen aufgezeichnet worden wären, und
bald hatte icki unsern Sohn wiedek.«
»Aber gesetzt, daß er —-"
»Seine eigenen Worte wieder zu
hören verlangt hätte, meinit Du. —
Ja, da wäre ich wohl in eine schlimme
Verlegenheit gekommen. denn die
Walze enthielt nur ein Negerlied, von
Tom Jackson im »Winiergarten« ge
sungens·'
Hell brach in ein herzliches Geläch
ter aus. .
Heil war halb und halb aus Rück
sicht auf seine Frau geneigt, die Jagd
aufzugeben, aber sie wider-setzte sich die
ser Absicht ganz entschieden, beson
ders nachdem sie in die Einzelheiten
seines Planes eingeweiht worden war.
Hell mußte stillschweigend zugeben«
daß sie damit seinen eigenen Wün
schen entgegenkam.
Er brannte vor Begierde, der Sache
ein Ende zu machen.
»Wenn ich ihn nur in eine kleine
Stadt locken tönniei« sagte er eines
Tages·
Er wußte, daß sich Bühting noch
innerer in Berlin aushielt und ohne
Umstände den slotten Kavalier spielte.
Miß Flor-ina, seine Liebhaberin, hatte
jeht eine Aniiellnng in Berlin erlangt
und hing, obschon siihring in Wirt
liehkeit sie saii beionnnen hatte, wie
eine Kletie en ihm,
»Nicht Dei ihn absolut ans Berlin
hinauku
W
h»Absolut! Es hängt alles davon
a .'«
»Sage mir, mein Freund,' sragte
Frau Heil schmeichelnd, »Ein ich noch
schiin genug, um einem Mann den
Kopf verdisehen zu tönneni«
Heil titßte sie lachend. «Weihaib
sragst Du?«
»Ja, ich hiitie Lust, Deinen Mann
dahin zu locken, wohin Du ihn haben
willst.«
Hell stutztr. »Was sagst Du? Woll
test Du wirklich ——«
»Ja, gewiß, —- das wiirde mir ein
Vergnügen sein gegenüber Jemand,
der es nicht besser verdient. Und ist
er so leicht zu entflammen, wie Du
sagst, so wird es kaum schwierig sein,
ihn in die Falle zu locken.«
»Hat er Dich nie gesehen?"
»Ich glaube nicht. Jch bin in den
letzten zwei bis drei Monaten kaum
einmal aus unserem Stadttheil her
ausgekommen.«
»Aber wie willst Du denn versah
ren?'«
»Ueberlasse das mir. Forsche nur
nach-, was er z. B. morgen Abend vor
zunehmen gedenkt und bis dahin mußt
Du mir sagen, wohin Du ihn haben
willst. Das Uebrige kannst Du mir
überlassen.«
»Wenn Du Dich nur nicht Unan
nehmlichkeiten aussetzest!«
»O, durchaus nicht. Geht es, wie
ich meine, so ist die Geschichte bald
fertig.«
O s II
Am gleichen Tage verreiste Hell,
nachdem er noch zuvor eine Untern
dung mit dem Detettiv Krause ge
pflogen hatte, dem er es überließ,
Bühring und sein Treiben zu beobach
ten. Er kehrte schon an demselben
Abend infiirl J
»Nun?« fragte feine Frau lächelnd,
,,wohin willst Du ihn locken?«
,,Nach Grünftadt, einem kleinen
Flecken, ungefähr zwei Meilen von
Berlin entfernt.«
»Noch welchem hotel?«
»Dort ist nur ein einziges! —- Und
nur ein einziger Waffenhändler,« setzte
er irn Stillen hinzu.
(Fortsetzung solgt.)
--—-—
Jn der see-stecke der Umständen
Wir sind des guten Glaubens, daß
die große Masse auch der billigen
Weine, die durch achtbare Kaufleute
verkauft werden, in der That aus ge
gohrenem Traubensaft bestehen. Auch
rücksichtlich der Rothweine, die von
jeher die Domane der Weinzälscher ge
wefen sind, mag man da elbe Ver
trauen haben obgleich weifellos
manche leichteRothweine als ordeaux
verkauft werden, die nicht in Frank
reich gewachsen find. Diese Art des
Betrags tann jedenfalls noch kindlich
genannt werden gegen den Schwindel,
der gelegentlich rnit den Weinen ge
trieben wird.
Man erinnert sich noch des famofen
«Nieritei ners«, der von einer rheini
schen Firma in den Handel gebracht
wurde, bis man ihr vor Kurzem das
Geschäft legte, und der nur zum ge
ringsten Theile aus gegohrenem Trau
benfaft, um größten aber aus Allo
hol, Wa er und gewissen aromatifchen
Stoffen zufammengesetzt war. Daß
solche Fa e nicht einzig dastehen un
auch auf Deutschland n: cht beschränkt
sind, wird von vornherein Jeder an
nehmen, aber es ist doch lehrreich, ein
mal einen Vlick in das Laboratorium
der Weinfälfcher zu thun, wie ihn uns
ein vom Londoner ,,Lancet« veriiffent
lichter Bericht eröffnet. Da ist zu
nächst die Rede von einem »St. Ju
lien«, der am Themfeufer zu 65 Heller
fiir Liejlasche verkauft wurde;· Da
R
Dck Wem llllcy Engl-Ins Voll-c AMWF
e: ngefiihrt wird, ist der niedr: ge Preis
nicht überrasclknd Jedenfalls holder
Lieserani auch dabei noch einen ganz
anständigen Nur en gehasl, und sehr
wahrscheinlich ben die W: ederbep
täuser ihn mit soviel höherem Preise
los-geschlagen bis er schließlich in den
Besitz des Consumenten gelangte Es
wäre überhaupt interessant, e:nrnal
eine Erhebung liber die Zusammen
setzung der Rothweine anzustellen, die
in den einfacheren Wirthshäusern
und namentlich auf dem Lande, ais
solche verkauft werden. Jn der Regel
dürften sie außer der Ausschrisr »Sl
Jnlien" oder vielle: chl ,,'«Medoc nichts-«
mit dein französischen Ursprungs-Ton
zu thun haben, und nach einer Beginn
lrikzreing ans den Kerlen wir's man ver
ge ns suchen.
Der «Lancel« hat einige hübsche
Recepte zur Verstellung von Weuen
zusammengebracht die wir als ab
schreckendes Beispiel wiedergeben wol
len, in der Hoffnung, dirsz ihre Ver
össentlichung keinen weiteren Schaden
stiftei. Zur Verjerrignng eines »Bor
deaux« soll die beste Grundlage ein
leichler ungorischer Rothwein sein. l
Zwei Heftoliler dieses Weines werden
versetzt ntii einein halben Litrr Kinn, »
dein bekannten dunkelblutrothen Furt-: «
giess, bis zu einem Zehntelliter chwe «
el eurem Eisen, in einein Quart to
chenden Wassers gelöst rnit einem
Weinglas voll Exteacl der Schwert
lilientprrrzel und einer ebenso großen
Menge von Hirnbeerexlreren Billige
Rolhweine nrii einein Geschirre-T ähn
lich dein der S werllrlienwurzel sind
lein- zn große ellenheisl
Flievie rstellun eines »Leergan
W« l l belieblx Ei
May Wlåcw Theile Use-Zweite rnil 10
nlei von schweren
THE-Inn 6 IS len gesiphener steter
sortnthem even so otelen,chttsen M
ulverten tcnmeti, einein hol «
hett gepu oerter roher Weinsteinsi
tönte nnd 50 Theilen eines durch Ber
vam sung roneentrirten Mosis ver
nns t.
Seht hübsch ist such ein Chamxogs
nerltqueur folgender Art: sy-« P und
keins-en Zuckers werden sitt-L tter
Wo er gekocht und allmiiälig 2 Liter
Altohol von 90 Prozent inzugethan,
woraus vie Mischung filtrirt wird.
Um den eigentlichen Liquenr in be
liebten Marien zu gewinnen, werden
noch verschiedene Mixturen zu esedt.
Will man einen »Candon et oet«
(griiner Lack) haben, so wird·1ene
Flüssigkeit mit 30 Lsiter Weißwein
und 1X4 Liter Cognac gemischt. Um
einen »Louis Röverer« (,,Griin- und
Bronzelack«) zu erhalten, hat man 30
Liter Weißtoeim eine Fla ehe Co ac
nnd 4 Tropfen Schwefeliit r, in vg
nac aufgelöst, zuzusetzen. Eine beson
vere Finesse erhält vie Fälschung noch·
durch Zusatz einer kleinen MengeCogs
nac, in der vorher zwei Selleriewur-"8 «
zeln 4 Stunden lang ein-getaucht wor
den waren.
Einige Rezepte werden noch für an
dere Spirituofen gegeben, auch beson
dere Anleitungen zur Erzeugun von
»Madeira«, »Malaga« und » et
wein«. Champagnerpräparate werden
natürlich mit Champagnerlorten ver
schlossen und nach allen Regeln der
Kunst mit Bindfaden und Draht be
festigt. Die Weinfälscher verfügen
also über ein ganzes Arsenal von
Waffen, mit denen sie ihre Siege über
den harmlosen Weintrinler erfåFtem
.)
- —
Mlertet Unkosten.
Die Rasse ua internationale erzählt
eine ganze eihe von Anetdoten über
die Cigenheiten berühmter Männer.
Einige wenige seien hier erwähnt.
Nach Sueton fürchtete sich Augustus
derart vor Gewitter, daß er immer
ein Lammer bei sich trug als Talisi
man und sich beim Gewitter in nie
drige Gewölbe verkroch. Chopin schau
derte vor dem Anblick eines Leichen
tuches; Thcho de Brahe zitterte beim
Anblick eines Fuchses oder Hasen, Tu
renne beim Anblick einer Maus. Ros
sini wurde die Angst nicht los, daß er
einst arm werde und betteln müsse,
trotzdem er lehr viel Geld verdiente;
im höchsten Grade mißtrauuifch wa
ren Napoleon l., Ariost, Foöeolo,
Leopardi, Carlyle, Renan. Der Ma
ler Dante Gabriel Rossetti litt an ei
ner Art Verfolgungswahnsinm denn
er hörte aus dem Vogelgesang allerlei
Befchimpfungen heraus und er ließ
sich fein Zimmer mit Matrazen aus
tapeziren, um nichts mehr zu hören.
Der Philosoph Hobbeg fürchtete sich
im Dunleln, da er sich dann vor den
Seelen der Verstorbenen umgeben
glaubte. Peter der Große war ängst
lich, auch nur den kleinsten Fluß zu
überschreiten; Mozart dagegen erlaub
te, daß er vergiftet werden wiirde und
zwar von den Italienerm Schumann
meinte, der Geist Beethovens habe
ihm einzelne seiner Werte dictirt. Als .
fieri tonnte es nicht ertragen, wenn
der Schlüssel zu seiner Wohnung von
außen eingesteckt wurde. Sein Pferd
war ihm eine Art Oratel, nahm es
seine Lieblosungen amMorgen freund
lich auf, so war der Dichter den aqu
zen Tag über wohlaemutb. blieb eg
aber gleichgültig. so blieb auch Alfieri
verstimmt.
-«—-t·-.--»
Ute Inn tu Seel-ten sicher- reist.
Vor etwa zehn Jahren reiste ein
französischer General durch die Bal
tanlönder. Bei einem Grenzpoft n in
der Nähe von Nisch zeigte sich ei ser
brfcher Gendarmerieleutnant höchst ru
bortommend und machte ihn auch da
rauf aufmerksam, welche Gefahren er
liefe, wenn er allein in den Gegenden
reiste, in denen Briganten hausten.
Um ihn auf seinem Wege in Serbien
zu schützen, gab er ihm eine Egtorte
mit und höndigte ihni auch einen war
men Empfehlungsbrief an einen
Freund, der leitender Beamter in der
nächsten bulgarifchen Stadt war, ein.
Jn Bulgarien bewunderte der Gene
ral die Leichtigkeit. mit der Dank die
ier Empfehlung sich alle Schwierigkei
ten ebneten, und er sagte sich, daß
diefe Viilter fehr zu Unrecht in schlech
tem Rufe stünden. Bei der Rückreife
nach Serbien traf er dieselben Wachen
wieder an. Als er nach Franlreich
zurückgekehrt war, war sein erster Ge
dante, zum Zeichen seiner Dankbarkeit
dem aufmerksamen Gendarmerieleut
nant ein Andenken zu schicken Als
jedoch einige Monate vergangen wa
ren, ohne daf; er etwa-«- von dem ter
bifchen Offizier gehört hatte, fragte
der Generat, der sieh über das Schick
fal feines Gefchenles beunrubigte, bei
deerefandtfchaft in Belgead nach des-·
fen Verbleib an. Die iiberrateixende
Antwort lautete, daß sowohl der
Gendarm wie der bulaarifcbe Beamte
hinter Schloß und Riegel saßen. Es
waren nämlich ganz einfach zwei Bri
gantenfiibrer aewesen, deren Banden
in den beiden Ländern einander in die
Dände arbeiteten. Die Beforgniß vor
dem Lärm, den ein ileberfall auf den
General hätte hervorrufen tönnen,
hatte sie dazu gebracht, fein ioftbarei
Leben mit hbchfter Sorgfalt zu be
fchiißern
Wassermelonen tollen ia diesem
Sommer sehr fehlecht gediehen fein
Sehon wieder ein Rasse-Produkti! ·
- e- s- i
i Das ift das Schönste an den Lotte
iriern daß man immer den Einsah ge
winnt, wenn man nicht spielt.