Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, July 24, 1903, Zweiter Theil, Image 13

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Tour-Iow- per-seine
Humoreste von E. N e et e r.
·
,,Ja. Vatten was möt. das mött
(·muß), ich behalt· Dich ja viel lieber
nier, aber ich weis-, von Deiner Ham
buran Reise laßt Da nun einmal
ni . Also um 1 Uhr geht’ö los, da
ivi ich denn rasch Dir noch ein Bit
schen zuin Essen machen, die Fahrt ist
lang, und Du wir-se schon noch wieder
Hunger genu unterwegs lriegen."
Ein nnart aliries Gransen war die
ganze Antwort aus diese lange schöne
Rede, denn der Angeredete stand, das
Gesicht voller Seitenschanm, in Hemd
Frrneln vor dein Spiegel und rasirte
ich.
Meister Geora Briixnrner war der
erste Schneidertneitee des Hotsteiner
Städtchens Oester·elp und ein Lebe
mann. Alle Jahre zweimal reiste er
nach Hamburg, nrn dort persönlich sei
ne Tucheintäufe zu machen. Er war
der Ansicht, baß das nicht anders gin
ge, er war es einmal «o gewöhnt, und
von seinen Gewohnheilen gin er nicht
ab. Zudem war es in Hain ur im
mer sehr nett, er war überall be annt
nnd aniiisirte sich dort ganz prächtig,
nnd einmal ohne Frau —- in allen Eh
ren natürlich
Also Meister Gerch s« so wurde et
auf holsteinische stlrt von seinen Be
tannten genannt —-- .:achie sich schön
znr Himiburger Reif-» Inzwischen war
seine Frau in die Fikjche acaanaen um
ihm etwas zur-: Essen zxr nmclxen Was
das nnterlar ja leiste-n Zweifel, ihr
Horch as; ja so azrn Frikadellcn nnd
Ziartnsselfnian das rozr rasch tjrrzns
stellen nnd nur-i te Eksrss Tirenor. Er ließ
kss ssm ant sinnst-arti nnd reiste ver
aniiat nach Hamburg ab, wo er um 4
Uhr a!tt.::n. Nachdem er Dort einige
Vesucssc Henmitm begab er sich in den
Holitsincr Los m Eit. PanlL wo er
nrxs womue und bekannt war. Uma
lichcrweise sann er auch den Tisch in
der Ecke leer wo er immer saß und
fühlte sich vor einem Glase Erlanaer
sehr wohl. Inzwischen war es 7 Uhr
geworden nnd allmählich bekam er
wieder Hunger
»Saaen Sie mal Kellner, was gibts
denn zum Abendbrot?« fragte er den
bestackten Ganymed, der erst kürzlich
imBHolsteinischen haus engagirt war
» essteal, Wiener Schnitzel, houit
a la mo te. » —
»Na schon gut dann bringen Sie
mit das letzte, n la mode —— das paßt
gerade stir mich. ich bin doch immer
a la tin-den«
»Er-ten Tag. Meister Gorg, auch
mal wieder hier,« begrüßte ibn der ans
Desterseld stammende Besitzer des
Gasthosee. »Das trissst Du aber
schön. Gerade heute Abend gibts als
Stammabendbrot Dein Leibgericht:
-Fritandellen mit Kartoffelsalat, was
meinst Ist-"
»Ich bab’ mir eben was n la mode
bestellt, weil sür uns Schneider doch
die Mode die Hauptsache ist, aber ---
wer weis-» was das ist« laß mir lieber
mal Frilandellen kommen. Jch hab'
zwar i;--eut’ Mittag schon mal welche
gegessen aber wer weiß wann ich wie
der einmal bekomme Uebrigens Fri
landellen kann ich jeden Tag, das
anze Jahr durch essen. So recht
fch chön tnusperig gebraten recht hübsch
Zwiebeln drin und dazu Kartoffelsa
lat was Schöneres gibt s gar
nicht.«
Meister Gorch lief bei seinen eigenen
Worten das Wasser im Munde zusam
0s «
»Fritz,« ries Ver Wirth. »für Herrn
Briimmer tein tun-sit a la mit-its san
rsrn einmal Stamntabendbrot.«
Meister Gorch schmeckte es prächtig,
und nachdem er noch einige Stunden
in einem Etteiialitätenthseater sich
antiisirt, ging er sehr vergnügt quett
in dent Bewußtsein, den ersten Tag
seiner Hamburger Reise sehr schon und
zweckentsprechend nerbractst zu haben.
Ter nächste Vormittag war Der Ar
beit gewidmet. Zum Mittag war Mei-«
ster Gorch bei seinem Bruder eingela
den, einem gut situirtrn Schrift-entrei
ster in Altona. Freudig wurde er bei
willkommnet und mußte viel von
Oesterseld erzähten Dann ainass zu
Tisch.
«Fre«a" Dich man, Bruder Gorcks,
iteut’ gidt’s Dein Leitsesien," meinte
der Bruder, und richtig, Fritandellen
ntit Kartossetsatat
»Ra, das ist nett,« sagte der Meister
und setzte sich zu Tisch. --- Ader ob
wohl er Hunger hatte, wollte es ihm
nicht recht schmecken. Vielleicht waren
zu viel Ztviedeln am Fleisch, oder der
Salat zu sauer! « Meister Gorch
freute sich ordentlich, als es noch einen
Griespudding mit Fruchtsauce Fab,
damit er den saure-i und zwiebttgen
Geschmack los wurde, während er
sonst sotch’ weichiiches Zeug eigentlich
verachtete.
Rachmitta s ging’s wieder ins Ge
schäft, ant bend diesmal aber zur
Schwester seiner Frau in St. Georg«
Tante Wirte, die, otnvoht sie viel
Schweres tm Leben durchgemacht doch
nie den Muth und den humor verlo
ren hatte. Freudig wurde der Schwa
gee von ihr und den drei Kindern be
grüßt, nnd wieder mußte er erzählen.
Den-zwischen drauf ein angenehmer
Dust von gebra enent Fleisch und
Wirbeln von der Küche in’s Zimmer«
den Meister Gorch' Zonst sehr liebte
Aber merkwürdig. ieimal schien et
« ihm gar nicht so entkettet-tm er machte
sogar einmal den ersu , auszubre
chen — aber da kannte er ante Wien
schlecht. Die ließ nicht locker-, er mußte
zum Abendbrot bleiben.
Endlich tvar’s so weit, und wasl
Meister worch geahnt, hier warne zur
Wirklichkeit: Frtlandellen undKartoss
selsalatl ,,Merstwiirdig,« dachte Mei
ster Gorch, »die Frauensleute können
doch nicht Maß halten, da sind jamehr
« tebeln als Fleisch, und der Salat,
auer —-— essigsauer, das zieht einem sa
Mund und Magen zusammen.«
Es half aber alles nichts,'Tanie
Wirte verstand das Nöthigen aus dem
ff, essen mußte er, und das tüchtig, so
sauer-im wahrsten Sinne des Wor
tes —- ihm das auch wurde. Doch auch
dieses ging vorüber und Meister Gorch
tröstete sich mit diversen Gläsern Ech
tem, um den sauren Geschmack hinun
terzuspiilem Morgen wollte er sich
übrigens schadlos halten. Da war er
bei dem Tuchhändler eingeladen, bei
dem er seinen Hauptbedars kaufte, und
wo auch sein einziger Sohn in der
Lehre war. Da gab’s immer was
Gutes, Krebssuppe, Hasen- oder Reh
braten s- da wollte er sich denn mal
ordentlich entschädigen. Ordentlich
Hunger hatte er aus so was. Rascher
als er gedacht, toar der Mittag da
und richtig « er hatte sich nicht ge
täuscht: mit Krebssuppe sing-Z an, o
wie schmeckte-das schön. Aber er
hielt sich noch etwa-Z zurück, er wollte
sich nicht den schönen Appetit verder
ben. Als die Suppenterraine abgetrai
gen, sagte der Kaufmann:
»Dir-sinnt habe ich eine g nz beson-f
dere Ueberraschung siir Hie, Herr
Briicniner, passen Sie mal niif.«
Meister Gorch horchte hoch aus, wag
konnte Herr Lindenberg nur meinen.
LZollte es vielleicht erst noch Fische ge
ben - - ltnrpen wohl gar, die er so
sehr gern asz?
Er brauchte nicht lange zu warten,
schon tam das Mädchen mit dem zwei
ten Gang und setzte ihn auf den Tisch.
Wirklich eine Ueberraschung! Da stand
die Schiissell Daraus appetitlich ge
teilst, mit griiner Peiersilie Verziert,
eine stattliche Anzahl lnnsprig gebm
tener Flitandellen und daneben eine
Schüssel mit startosselsalai. Das- Dus
tete to schon nach Ztvreveln und Peter
filie, dazwischen der feine Egdragons
essisggerich wirklich appetitlich.
»Na, was sagen Sie nun, Meister
Briirnmer, Jhr Lieblingsessewi Jhr
Sohn l;at es uns verrathen, wir woll
ten Jhnen mateine Freude machen.
Nun langen Sie aber ordentlich zu,
weiter gibt’s nichts. Na---nicht wahr,
das hätten Sie nicht gedacht?« Nein,
nicht gedacht ——-s der Zwiebelgeruch nnd
der Essig waren ihm schon so zuwider«
sein ganzes Innere war schon ange
säuert und zwiebli . Aber was half-?
Seinen besten Liekeranterh der es ja
gnt meinte, konnte er doch nicht vor
den Kopf stoßen. also mutbig draus
los. Zwei Fritandellen tviirgte er
hinunter, dann gings nicht mehr. Er
mußte sich mit Ropfschmerzen ent
schuldigen, denn das war man hier
gar nicht gewöhnt, daß er so wenig asz.
Endlich war auch dies Mittag vor
über. Nun noch einen Abend, denn
morgen ging’s wieder nach Qesterseld
in die tägliche Arbeit zurück. Der heu
tige Abend gehörte ihm ganz allein,
nirgends eingaladen, keine Verpflich
tungent Da wollte er mal nach sei:
netn Behagen leben. Diese ver
dammten Fritandellen, einfach scheust
lich -— wie hatte er dieselben sonst so
gerne essen mögen unbegreiflich
und Fiartofselsalat ——-— schrecklich, das
wiirde wohl Wochen dauern, bis er
rie Säure los würde. es war itnn, ali
Hätte er eine Csssigsabrit im Leibe. Vor
allein erst mal ein NegenniitteL Rasch
fuhr er mit der Pseroebahn nach dem
Jnnasernstiea und asr dort iin Alster
Davillon zwei Windbeutel mit Schlag
sakpnen Er latte so was- Siißes sonst
nie aemocfkl ian nnn wurre inm so
ivadbilich zu Muth -s und auch so
hungrig» Meister Gorch überlegte. --
Was-H nun? - Essen, nnd recht wars
Gutes-! Hamburger AalsuppeZ
Die war auch säuerlile Austern
nett-, mochte er nicht. Was also?
Halt - da fiel ilmeitL das beste und
ieinste Essen sollte es im »Hotel de
France« geben« wo alle Franzosen, die
nach Hamburg kamen unen, wo
Wirth, Kellner und Koch französisch
waren Also los.
ilnserm Meister larn es im Speise
saal des eleganten Hotelg ein wenig
sonderbar vor. Die Kellner mit ihren
Fiorelettbiirten sahen aus wie Konsi
storialräthe und der Oberlellner gar
wie ein Minister. Frack und Beintleid
saßen wie an eqossen, und der Stoss
vom besten; Eieister Gorch war viel zu
sehr Fachmann daß ihm dieses nicht
sofort aufgesallen wäre. Einer der
noblen Kellner legte ihm nun dieSpei
selarte vor. JawohlLalleS natürtich
sranzösisch Das hatte der Meister
nicht gelernt, da war denn die Wahl
schwer. En dlich blieb sein Auge aiis
einem Gericht haften das mit sechs
Worten bezeichnet war Aussprechen
konnte er s nicht aber vorsichtig sagte
er zum Kellner aber hochdeutsch, denn
zu Haus sprach er, wie alle andern,
nur plattdeutsch:
»Na, rr Obertellner, bringen Sie
mich ma das hier, aber nicht zu we
nig! Es schmeckt doch gut?«
WNaturellement gewiß —- ganz de
liziösf
»Na denn man zu.«
Es dauerte gar nicht sange, so kam
die Geschichte, pitsein. Aus einer
Schiissel lagen drei iängliche Dinger,
tait versteckt unter allerlei Kräutern
und Beilagen, Zitronenscheiben und
aus einer zweiten Schüssel, ja was
war denn das? —- Kartofselsalat —
wirtliku nnd walte-hastig Kartosselsa
lat. eister Gorch tramsste sich das
herz »s— oder war es der Magen —
»
- .- .--- -.
r
im Leibe zusammen, nnd ganz benaut
fragte er den seinen Kellner, der das
mannigfache Geräth vor ihm zierlich
ordnete:
»Sagen Sie mal, lieber Mann.
was ist denn dass-m Dabei zeigte er
aus die FleischschiisseL
Der Angeredete sah ihn so ein we
nig von oben herab und sagte:
»Aber Monsieur, Sie haben ja
selbst gewählt: ,,Brisolettes aux fines
herbes!«
»So so, wie heißt das denn auf
deutsch?«
,.Einen deutschen Namen gibt es ei
gentlich nicht dafür, siir gewöhnlich
nennt man diese Speise Frikandellen
—- Frilandellen mit feinen Kräutern,
Monsieur.« —
Meister Gorch stieß einen tiefen
Seus er aus —— auch das noch. Aber
er sa te sich. Nicht um einer Million
hätte er davon essen können.
,,Nehmen Sie man den Kram wie
der weg,« sagte er zum Kellner, »und
bringen Sie mich mal Butterbrot mit
Käse.«
Der Kellner schaute ihn verwundert
an, aber ihm konnte es ja gleich sein,
wenn der sonderbare Gast nichts da
von asz. -
,,Besehlen Sie Fromage de Brie,
Camembert, Roquefort -—«
,,Nee « von dem Französischen
habe ich genug, bringen Sie mir Hol
länder.«
Das schmeckte iveni«stens. Aber
die Rechnung! 9 M. 505 s. —- Etwas
betreten zahlte der Meister, als der
siellner herausgeben wollte» winkte er
ab, weniger als 50 Pf. konnte er dem
feinen Herrn doch nicht anbieten.
IHerr Briimmer schlief diese Nacht
recht schlecht. Er träumte scheuleich
Er ivatete in weißem Kartoffelsalat,
wie in tiefem Schnee, und die Jun
gens warfen ihn mit Schneeballen, die
ihn aber rnerlwiirdigerwrise immer in
den Mund trafen und dort zu Frikang
dellen wurden, die furchtbar nach
Linisswin frfunsrnon
Ziemlich mißmuthig wachte er auf
und ging nach dem Bahnhos. Endlich
wieder nach Haus-. Die diesmalige
Reise hatte so schön angefangen, und
scheusilich geendet; das war aber ge
wiß: Mutter durfte ihm für das erste
Vierteljahr keine Frikandellen mit
Kartoffelsalat ans den Tisch brin·en.
-—- Um 12 etwa war er in Oesterzeld
und wurde von seiner Aeltesten a ge
—bolt. Zu Hause war’s doch am·besten.
Jn der Hausthür empfing ihn schon
seine Frau mit herzlichem Willkom
men. Aber sie hatte wenig Zeit.
,,Mach’ Dich nur ein wenig zurecht
und zieh’ Dir einen anderen Rock an,«
sagte sie freundlich, »das Essen ist
alcich parat. Es gibt auch was ganz
Gutes.« «
Damit war sie hinaus. nnd Meister
Gorch saß bald ganz vergnügt in der
Eßstube hinter dem großen runden
Tisch. Garnicht lange dauerte es, so
kamen Mutter und Tochter, jede mit
einer großen Schüssel· —-—
»Nach all’ dem seinen Hamburger
Essen wird die Hausmannslost mal
wieder schmecken. Säh mal, Vatter,
Fritandellen nnd Kartiisfelsalat,« »
damit lüstete sie den Deckel der Schilf
sel.
Meister Gorch war steil und jäh in
die Höhe gesprungen, pnterrotb war
sein Gesicht, und donnernd schlug er
mit der Faust aus den Tisch, daß die
Gläser und Teller tanzten.
,,Hitnmeltansendtreuzdonnerwetten
nun ist's mir aber zu toll mit den ver
kammten Fritandellen raus da
mit, rang rang - J«
Mutter und Tochter waren vor
Schreck balb otsnmiichtig in zwei
Stuhle gesunken, denn sie konnten
nichts-«- anderå glauben, als das; Vater,
Uclllllll gclUUlOUL scukchlll pUllclT
ten die Eckiisseln zu Boden, und die
Frauen flohen zur Thür hinaus, denn
Meister Gorch war aaiu blau iin Ge
sicht geworden und schrie immer noch
,,rauss— raus«.
Als nach einer Stunde der Doktor
Hartmann kam. den die Frauen in
ihrer Angst hatten holen lassen, sasz
der Meister wieder ganz ruhia am
Tisch und aß Butterbrot und Mett
wurst.
Als er satt war, erzählte er seine
Geschichte Aber leider erzählte ei sil
auch seinem Freunde Bose Zteffeng,
der eine so rothe, lieifze Nase hatte,
das; die Fliegen, stvenn sie sich einmal
aus Versehen darauf setzten, sich aleiaz
die Füße verbrannten. Und dieser
ein SpaßvosgeL konnte nicht schweigen:
so erfuhren es alle Freunde und Ve
iannten. Wenn er einmal in der
Stammtneipe saß und etwas aß, dies-.
es gleich: »Na, Meister Gen-ch, wallt
Du nich lewer Fritandellen und Kan
iiisselfalat?«
Das Gericht hat ihm seine liebe
Frau aber überhaupt nicht wieder vor
seyen dürfen.
Ali-!
Sie: »Dente Dir, heute habe ich
mich eine volle Stunde lang mit zwei
Franzosen unterhalten!«
Er: »Aber Du kannst doch gar nicht
itanzösisch2"
Sie: »Macht nichts-, die sprachen
sehr gut deutsch!«
Das Schreckliche
Arzh »Diese’v-ynrptome lassen at
lerdinsgsss aus das Vorhandensein von
Reurasthenie schliesem Hab-en Sie
beöngstigente Träum?«
Student: »Ja den lehten Nächten
hat es mir wiederholt geträumt, das-,
ich ein großer Glas Wasser an die
Lippen siihrte.«
— .·... «...»-»- —..--———- ..-----,
Emewsvchreckensvolle Ballnacht.
Von J. L o r m.
Vor wenigen Ta en, am J. Juli,
jährte sich zum 93. Blau der Tag, der
dieErinnerung an ein furchtbares Un-(
aliiel wachrust, dessen S au la am
1. Juli 1810 die öftereichi che otichaft
in Psaräs war. s
Es war kurz nach den Vermah
lnngsfeierlichteiten Napoleons mit der i
österreichischen Kaiserslochter Maries
Luise, welche der auf dem Gipfel seiner
Macht und seines Glückes stehende
Kaiser ein Vierteljahr nach fein-er
Scheidung von Josephine heimgefiihrt
hatte. »Ein Fest folgte dem anderen;
Frankreich lag zu den Füßen feiner
schönen Kaiserin, und Poeten verherr
lichten den Zauber, der von ihr aus
ging, indem sie dieselbe mit einerGoti
heit verglichen, die ur Erde herab
gestiegen war. Fürst sarl von-Schwar
zenberg, der damalige Botschaster,
welcher das Palais in der »Rue de
Mont Vlsanc lder jetzigen ,,Rue de la
Chaussee ’d’Antin«) bewohnte, welches
einst der Wohnsitz der Marquise de
Montessom morganatischen Gemahlin
eines Herzogs von Orleans gewesen,
riistei sich, zu Ehren der Tochter seines
Zouberäns ein glänzendes Ballfest zu
neben Da sich aber die Empfangs
ränme der Botschaft fiir das pruni
nolle Fest als zu llein erwiesen, liesz
der Fürst einen großen Saal errich
ten, dessen Holzfufzsboden auf Ballen
ruhte ein-d zu Dexn man gelangte, wenn
man alle Salons nnd eine lange,el)en
falls aus Holz erbaute Gallerie durch
safsriiten hatte. An den Fenstern hin-:
aen leichte seidene Gewebe-, Delorsatio
ixen aus dnftender Eeidenaaze verklei
Jcten die Wände, ein riesiaer Kron
lenchler thg von der Decte her-ab und
indelartige offene Flammen, an allen
Lilien und Enden des Saales befestigt,
prädeftinirten den lustigen Raum da
iJ im Falle einer Feneraefabt wie
Zunder iin Flammen auszugehen
Um zehn Uhr, mit der Pünttlichkeit,
dje die Höflichkeit der Könige ist, be
trat der Kaiser, mit dem Bande des
Königlichen Sankt Stephans-Ordens
ascschmückt, den Saal an der Seite der
strahlend schönen jungen Kaiserin und
durchschritt durch die sich tief vernei
aende Menge von Offizterem Diplo
maten und Alademiterm die mit i ren
grün desticktem schwarzen Röcken Ba
pageien in Trauer ähnelten, nach dem
istarten des Palais, wo ein Tempel
errichtet worden war, indem sich neun
Sängerinnen als Musen um Apoll
schaarten.
Eine mit Guirlianden geschmiickte
und mit Blumenbeeten aus farbigen
Flammen beleuchtete Allee führte nach
des SiegestempeL in dem vier der
schönsten Frauen des Hofes, in niytho
logische Kostiime gehüllt, den Weih
rauchlvolten, die goldenen Dreisiiszen
entströmten, zu entsteigen schienen.
Und endlich, als die Huldigung für die ;
Kaiserin, wurde ein Tanzpoem von!
den ersten Mitgliedern des tasserlichen
Balle tarpg exetutirt, dessen Rahmen
eine tachbi1dunsg des Luxemlburger
Partei-z bei Wien darstellte, in dem die
Fürstin die schönen Tage ihrer Kind
heil verlebte. «
Nach diesen Ausführungen begab
sich der Hof, gefolgt von der glänzen
den Suite und den 1500 Gästen nach
dem FestsaaL in dem um Mitternacht
der Ball seinen Höhepunkt erreichte.
Jm Strudel der Tanz-enden die Köni
gin von Neapel mit dem Fürsten
Esterhazln Prinz linan Leuchtenverg
mit der Botschafterin Fürstin-Schwar
zen-berg, während das-; kaiserliche Paar
mit der Könikiin von Westfalen uno
der Vicetökiigin von Icaliem Amalie
Attgxiste von Bauern lder Gemahlin
Des Prinzen Leucliteiibera, Vicekönigg
von Jtalient von der fiir sie erbauten
Loae am lfnoe deg- Zaalegs aug« dem
Tanze zusah.
Oclö -L.-kll·,cflck llklslllklc clllcll fclfUl
tifchen Tanz, als plötzlich ein kurzer
Aufschrei ertönte An einer der offe
nen Flan cnen hatte ein vom Abend
wind bewegter Zeinenvorhana Feuer
gefanqen Graf Dumanoir und meh
rere Offisiere stiirztcn ans Fenster,
um ihn herabzureißen, aber zu spät.
Jn wenigen Seiunoen hat das Feuer,
Von einem der leichten Gewebe aufs
andere itacrsprinaena an Ausdehnung
gewonnen, der Hoi zplason o beginnt zu
glimmert, es tnistert und kracht Flam
men, wohin das Auae blickt, Flammen
und Rauch und beifpieltofe Verwir
rang.
,Mit einem Satz ift der Kaiser über
die Brüstung der Loge in den Saal
gesprungen, und es gelingt ihm mit
Hilfe der- Fürsten Schwarzenberg die
halb ohnmächtige Kaiserin durch eine
kleine, nach dem Garten führende
Thiir in Sicherheit zu bringen. Jn
zwischen spielen sieh im Saale Scenen
avauenvoiler Verwirrung ab.
Alles drängt nach dem Ausgang,
der in die bereits brennen-de Gallerie
führt« die Dank dein Wind, der durch
die gewitterfchwüle Nacht weht, schon
in hellen Flammen steht.
Halb erstickt, gelingt es dem Stief
fohn des Kaisers, Prinzen Engen und
feiner Gemahlin, das Freie u gewin-;
nen, ohninächtig trägt man- «e Köni
gin von Weftfalen hinaus, während
es nicht gelingt, die Fürstin Pauline
von Schwarzen-berg, die Schwiigerin
des Botschafters, zurückzuhalten,
welche kaum geborgen in die qualm
und feuererfiillten Raume zurückeiLt
um ihre jüngste Tochter zu retten, die
sie noch im Saale weiß.
Im Augenblick. da sich Mutter und
Tochter, wie durch ein Wunder, in dem
Menschentnäuet finden unsd gemein
s am den Weg ins Freie suchen wollen,
! türzt unter sdonneriiihnlichem Krachen
die nach dem Garten führende Treppe
zusammen und Ihr-gräbt unter i ten
brennenden Trümmern die Fll in,
ihr Kind und unzählige andere.
Auf der Straße und im Pakt be
ginnt inzwischen ein verzweifelte-T
»hoffnungslofes Rettungswert. Der.
Kaiser, der die Kaiserin zu Fuß nach
sden Tuilerien ebracht hat, eilt zurück
unsd betheiligt Fich- mit rauchgefchswärz
ten Händen, schmuhbedecktsen Kleidern
und Strümpfen, die die Spuren des
Feuers tragen, an der Arbeit, die im
Morgengrauen ihr trauriges Ende er
reicht. Das Feuer ist gelöscht, nach
dem es verheerend gehaust, und unge
heuer ist die Zahl der Menschenopfen
gietdiese schreckliche Ballnacht gefor
er .
Jn zwei halbverkohlten Leickxnamen
erkennt man mit Mühe die ürstin
von Schwarzenberg unid ihre Tochter,
von denen die erstere, Mutter von geht
Kindern, einem baldigen neu-en Fami
lien-Ereigniß entgegensah Jhre Iden
tität wurde nur mit Hilfe eines
Schmuckes ko-mstatsirt, den die unglück
liche Fürstin an jenem Abend trug
nnd ohne welchen man in der unförmi-i
gen Masse, die man unter den Trüm
mern hervorzog, niemals die Fürstin
Schwarzenberg erkannt haben würde.
Die Fürstin von- der Lern, welche, von
Brandwunden bedeckt, mehrere Tage
in furchtbaren Schmerzen zugebracht
hatte, starb an den Folgen jener Nacht
und Prinz Kuratin, sder von den erlit
tenen Aufregungen geisteskrank ge
morden, verfiel in ein schweres siech
tl)mn.
Der dunkle Schleier, den dieses Un
ztliick üder den französischen Hof uns
feine Gesellschaft gebracht hatte, ruhtk
noch lange, einer schweren Wolle
gleich, über den Vielen, die in jener
furchtbaren Nacht den Tod eines der
Ihrigen zu beweinen hatten.
—- --—--.- b-—
Türme-e Vorher-um«
Eine türkische Prinzessin befindet
sich zur Zeit auf einer Vortrag-steife
durchs Europa —— sicherlich etwas ganz
neues. Sie will die europäische Frau
enwelt über die traurigen Verhält
nisse austlären, in welchen ihre orien
talischen Schwestern leben. Der erste
Vortrag fand in Kopenhagen, der
zweite in Stockholm statt. Prinzessin
Oairie Ben-Aid, eine Türkin von
Iaußerordentlicher Schönheit, Gattin
des ehemaligen tiirkischen Generalcon
suls Ali Nourt Beh, spricht indeß
nicht selber. Sie begnügt sich damit,
die Zuhörer nach orientalischer Art
durch eine Handbetoegung zur Stirn
zu ebgriißen, sowie eine kurze türkische
Ansprache- zu halten, dann nimmt sie
auf dem Podium Platz, während den
Vortrag selbst der ehemalige RedacL
teur des »Stambnl« Aumehghian ein
Armenier hält, und zwar in französi
scher Sprache. Die Prinzessin spricht
nur ihre Muttersprache Aunieghian
schildert Erziehung und Leben der
türkischen Frau. Der Unterricht, den
die Türkin genießt, ist höchst mangel
hast. Er beschränkt sich auf das Le:
sen des Korans, und es giebt in der
ganzen Türkei kaum 100 Frauen, die
von ausländischen Gouvernanten uns
terrichket wurden und dadurch eine
höhere Bildung erhielten. Besonders
grell tritt der Abhängigkeitsznstand
der tiirkiscben Frau bei der Verheira
thung zu Tage. Bevor die künftigen
lkhegatten einander gesehen haben, be
schließen die beiderseitigen Eltern die
Verheirathung. Das Mädchen ist ein-:
fach Waare, die verhandelt wird.
Fällt ihr Zutiinstiger nicht nach Ge
fkkmmsi meet muß fiø Um tin-Ob nehme-n
nöthiaensallg wird sie durch Miß
handlung dazu gezwungen. Eine
Scheidung kann sie nur äußerst scktlver
durchführen, wogegen es dem Mann
eine Leichtigleit ist, seine Frau vor die
Thiir zu setzen, und in der Ehe wird
sie oft schlimmer wie eine Sklavin be
handelt. Die Sklaverei ist officiell
abgeschafft, aber der Handel mit Mäd
chen wird doch frttvunghaft betrieben.
Auch alle Frauen des Sultans, mit
einer einzigen Ausnahme, sind Skla
vinnen. Indessen giebt es jetzt in der
Turkei Frauen. die fiir Verbesserung
der Lage der Tiirtinnen wirken, und
zu diesn gehört Prinzessin Quirin
Diese geht unverschleiert, so daß das
Publikum genügend Muße hat, sieh
von ihrer großen Schönheit zu über
zeugen. Jhr Gatte Ali Nouri Ben.
der ein gebotener Schwede ist, wurde
von den türkiscken Gerichten zu insge
sammt 101 Jahren Gefängniß ver
urtheilt, doch zieht er es vor, außer-«
halb der Gefilde der Türkei ein freies
Leben zu führen. Er begleitet nun
feine Gattin aus der Rundreise. Da
Aumeghian zu lebenslänglichem Ge
fängniß verurtheilt ist, hat er gleich
falls keine Sehnsucht, nach der Tür
kei. Alle Drei bilden also eine lebende
Illustration türkischer Verhältnisse
Ein Schirmen
Der Lehrer stellt feinen Schülern
die Aufgabe, ein-en Satz zu bilden, in
dem das Wort ,,immerhiin« vorkommt.
Keiner, außer dem schlauen Wirth
Xaverh findet einen solchen Satz:
»Wenn bei uns g’rauft wird, dann ist
einer immer hin.«
. Bosheit .
s »Ich und meine Frau sind einer
l Meinung !«
) »Natürlich ihin Meinung«
W
site qineflfches sesswsem
Jn Lian Tsfuang lebte ein Pfäh
riger Greis, der infolge einer heftigen
langsiihrigen Vautlranlheit seinen
Kindern und Enkeln sehr zur Last
war. Sie dachten aber eifrig dariiber
nachs wie sie sich des Alten auf gute
Weise entledigen könnten. Jhn einfach
zu tödten, schien ihnen mii Rücksicht
auf die schwere, hierfür gesetzlich be
stimmte Strafe doch nicht gerathen.
Der Elterntnörder wird nämlich nach
dem chinesischen Strafgesetzbuch ent
weder lebendig geschunden oder durch
Ochsen auseinander gerissen. Nach
Erzählung von Chinesen sollen auch
noch andere gleich schöne Strafen auf
dieses schwerste aller Verbrechen geseht
sein.
So war denn die Noth in der Fa
milie groß und es gehört schon chine
sische Erfindungsgabe dazu, um den
folgenden Ausweg zu ersinnen.
Es wurde ein prächtiger Sarg ge
kauft, das kostbarsie Geschenk, das
Kinder ihren Eltern üebrhaupi ma
chen können! Der Alte war daher beim
Anblick der neu angestrichenen und im
frischen Firnifzschmucle glänzenden
Kiste hoch erfreut. Die Söhne aber
sagten zu ihrem greifen Erzeuger:
»Vater, es wäre das Beste, wenn Du
Dich gleich in den neuen Sarg legen
würdest und begraben ließest; jetzt ist
er noch hübsch und glänzend, in einem
halben Jahre schon ist er verstaubt
nnd unansehnlich.« Als der Alie hier
:ns nicht eingehen wollte, fuhren sie
fort: »Siehst Du, wir würden dann
ein herrliches Leichenfest geben und
In selbst könntest nocht daran theil
nehnien!« Diese Aussicht machte auf
sden Greifen schon mehr Eindruck
»Du lebst doch nur noch kurze Zeit und
iist innerhalb znseier Märkte (10
Tages vielleicht schon todt Dann
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ckrnschmaus und das ganze schöne Fest
nicht mehr mitgenießen. Vergiß auch
nicht, daß bei uns Feuer ausbrechen
i nnd Dein herrlicher Sarg dabei ver
brennen tönnte. Wir aber haben kein
Geld mehr, einen zweiten zu kaufen.
Es ist freilich wahr, daß uns das Ab
lcben von Dir sehr zu Herzen gehen
wird, aber einmal muß es ja doch sein
und Deine Seele bleibt dann wenig
stens bei uns im AhnenteiTpel!« So
sprachen die Verlocker we Dem
Alten aber schien das Anerbieten sei
ner Kinder vernünftig und gut und so
willigte er denn ein.
Nun wurde der Tags des Begräb
nisses festgesetzt. Freunde und Ver
wandte wurden eingeladen und Mu
sil bestellt. Dann ging das Braten
und Kochen zur Bereitung des Lei
chenschmaufes los.
Als endlich der bestimmte Tag an
brach, ertönte schon am Morgen fei
erliche Musik. Die Gäste versammel
ten sich Und gegen Mittag begann das
große Essen, an dem auch der alte
Mann, dessen Begräbniß gefeiert
wurde, nach Kräften theilnahm. Für
ihn war es ja die legte Mahlzeit, nach
derselben mußte er sich in den Sarg
legen und begraben lassen und dann
"roar es aus mit den irdischen Genüs
sen! Als endlich die Tafel aufgehoben
war, setzte sich der lange Leichenzug
in Bewegung Voran die Musik, dann
die trauernden Kinder und Enkel,
hieran der leere, von acht Männern
getragene Sarg und dahinter schritt
der »lebendige Tode« als sein eigener
»Lei’okragender«.
Am Begriibnifzplatz wurde Halt ge
machi. Man stellte den Sarg sehen
das frisch aufgeivorfene Grab, der
Deckel wurde abgenommen und der
Alte legte sich selbst freiwillig in die
Kiste-. Nun wurde der Deckel wieder
nusaelegt nnd mit langen Nägeln be
ssestigt. Als die dumpfen Hammer
stlxläae ertönte-in hoben Kinder und
! Enkel ein lautes Wekaaan an. Hier
euf wurde der Sara in die Erde hin
alxaesentt und die Grube wieder mit
Erde gefüllt, so daß sich bald ein fri:
scber Hiiael iiber derselben wölbte.
Drunten aber iui Sarg laa der
»Todte« nnd lebte noch! Die Menge
zerstreute sieb, die Kinder aber trock:
neten ilire Tbränen und gingen nach
Hause, stob, von dem alten, unnützen
««.Itann auf so gute Weise befreit zu
Nun
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Eiue Zpreehübmm.
Die altehrwiirdiae »Bierrede« lan
tet: »Brsauchsbare Bierbrauerburschen
bereiten beständig braune-z, bairisches
Bier, bekanntlich billiges Bedürfniß
begniiasainer, brüderlich sbehagli bei
sammen bleiben-Der Bürger. Be hörte
biekseindliche Bacchusbrüsder behaup
ten bisweilen bestimmt: bairsissches
Bier berausche bald, befriedige blos
Bauern, beraube besseren- Bewußt
seins, beschränke blübende Bildung,
bearünde breite Bäuche, befördere blin
den Blödsmnt BegeistektBacchus besser
— bleibt beim Besseren! Besingt Bur
gunider, Bordeaux, Brauseweim be
schimpst has-hast bairisches Bier! Bie
dere Biertrinkeri Bevor Beweise Besse
res bewähren, bleibt beigesellt beim
braunen Becherblinslem bleibt bairische
Biersreunde beim bairischen Bier.
HO— —
Kuiisturthetb
Maler: »Wie gessällt Ihnen mein
neues Bild »Adam und Eva,,?«
Kunstsrennd: »Den Adam finde ich
sehr ähnlich, aber die Eva kommt mir
cis-schmeichelt vor.«