Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, July 24, 1903, Zweiter Theil, Image 10

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Die Sünden der Väter.
Roman von Fraul Bartett
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(18. Fortsetzung.)
Die Wirtbschastersin öffnete. Sie
hatte Eveline schon gekannt, als diese
noch ein Kind war. Deshalb machte
ji« keine Umstände und führte Eveline
n das Speise immer, wo Olga an
einem spärlich setzten Frühstückstische
saß. Brod, Butter« Früchte und eine
Mkasfemit Wasser —, sonst nichts-.
Seit Lesley die Mahlzeiten mit ihr
ui mehr theilte. lebte Olga äußerst
ein ach und sparsam.
Eveline blieb aus der Thürschwelle
unwillkürlich sieben, da sie Olaa nicht
wiederertannte, so ermüdet und abge
spannt sah Olgas Gesicht aus, so we
nig ähnelte die junge Frau dem reizen
den jungen Mädchen, Das Eoeline einst
·gebannt und bewundert hatte. Von
ihrer Schönheit war Olga nichts mehr
ärbliebem als die großen ountlen
eigen, die aber jetzt traurig und
hoffnungslos ins Leere starrten.
Das gute Mädchen eilte rasch aus
Olga zu und umarmte sie, damit diese
· nicht den schmerzlichen Eindruck be
merkt-e, den Eveline empfand.
»Ich sehnte rnich schon lange dar
nach, Sie wiederzusehen meine tbeure
Olga, und mit anen zu plain-ein«
»Sie waren stets gut uno lieb zu
Mir,« antwortete nga, die durch Eve
Iinens liebe-volle Worte bis in ihr Jn
uerstes bewegt wurde, mit zitternoer
Stimme »LeSI-ev ist ausakcmllakm
iaber ich denke, daß er in einer halben
Stunde zurück sein witd.'«
»O, nein! Papa sagte mir, daß er
ihn mindestens bis drei Uhr festhalten
wird.« Da sie Olgas Ueberraschung
bemerkte, We sie hinzu: »Sie wissen
Bachs dsß sie zusammen irn Cluh früh
en "
»Nein. Lesleh sagte mir nicht, wo
hin er gehe.«
Eveiisne mußte ihr ganzes Taitge
fühl aufbieien, um ihre Verwunderung
dar-Tiber zu verbergen. Es schien ihr
sasi unglaublich, daß Lesleh seine
junge Frau ohne irgend eine Ermi
tung allein zu Hause lassen konnte,
besonders in einem so kritischen Au
genhlich
»Papa will ihm einen besonderen
Vorschlag machen,« erklärte sie, »und
« rGaite hat Ihnen nichts davon ge
gt, weil er wahrscheinlich fürchtete,
alsche Hoffnungen in Jhnen zu er
wecken; aber ich will Jhnen Alles er
grhlem denn ich zweisle nicht an dein
folge. Es ist eine jener »großen
deen«, die Papa zuweilen hat. Jch
ann doch frei sprechen, meine liebe
Olga?«
»O is- gswkß!«
»Nun alsoo.. Sie befinden sich in
Scidveriegenheiten. Und Sie waren
doch glücklich-in Pangbourne, nicht
wahrs« fragte Eveline.
.Ach, so glücklich!« rief Olga aus
Und ihre Augen füllten sich mit Thra
« tren.
" »Dann seien Sie beruhigt, Sie fol
kn dahin zurückichren.«
Olga antwortete mit einem trauri
gtn Kopfschüttelm Sie hatte das Vor
" fähi, daß sie ihre kleine Billa in
» gbourne niemals wiedersehen
werde.
Ihm-R ihn-f- liobo Dian- « wrsickrerie
sie Eveline lebhaft. »Le51ey erzählte
meinem Paap, daß er gezwungen sei,
einen Miexsher zu suchen, und seine
Möbel zg verkaufen. DIE werben mir
aber nxcht erlauben unb« —- fie zog
einen langen blauen Briefumschlag
ans der Tasche —- ,,unv Mama ha
rnich beauftragz, Jhnen das hier als
Hochzeitsgeschenl zu überreichen.«
Olga nahm den Umschlag und be
trachtete ihn erstaunt. Eoeline aber
fuhr fort:
.ES ift nicht nöthig, daß Sie ihn
fonem da Sie von seinem Inhalte
doch nicht viel verstehen würden. Jal
will Jhnen aber verrathen, daß Ihnen
-die Billa für immer gehört.«
»Was könnte ich Ihnen daraus er
widern!" rief Olga und ließ sich auf
einen Fauieuil nieder. Wie sie Das
THE-schen in ihrer Hand betrachtete,
: M sblitzarthg in ihrem Geiste der
nle auf, daß sie ihr ehemaliges
, «,« liches Dasein in Pangbourne wie
s- aufnehmen könnte, und ein Hoff
ztnggößrahl verschönerte ihr blasses
T Mrmtes Gesicht
,-D, das ist noch nicht Alles!« meinte
- Ali-re Jch ils-be Jhnen noch viel
seht mitzutyeilem Jch möchte Sie
eint eer sum ein Butterbwd und ein
clstchen Ssherty bitt-ein«
Ei Olga schämte sich, die Pflichten der
Gßsrecxdschaft ver-letzt zu haben.
sit erhob sich rasch und bediente eifrig
He 2 renndin Eveline ließ sich das
e Früshftätt gut schmeckt-, und
Meigjtdjeåjrcässens fuhr sie fort m
III a tIIgtti. «
»Bei-e sagt, ein Deus Free-die Mii
jaråcszu leben, Wes-fikt- fie un
äc gleichen r , we wenn
E ,M einen weißen Elephanten
i Bellt-. Roma nnd ich sehen
»H- etx wie m Das anstellen sollte,
Es L Matt-Kein nasse-hellem
— blich iß. Da
eis- itsleinfexä —
ks· III erstes-M er in
if. :- ekses knfall,
M THIS
; fen nnd eine Zeitschrift grünt-m Diese
Jdee ist nitch neu. Er wollte schon
,seit lange eine Zeitschrift herausgeben,
» wenn er nur einen passenden Titel ge
funden hätte. Jetzt ist er aber voll
s tommen entschlossen, tin-d er unter-han
delt mit Lesleh, daß dieser sdie Redak
«tion übernehme. Lesleh kann dieses
fAngebot nicht ablehnen, außer wenn er
iSre sollen fleißig mitarbeiten. Jeder
inmnn weiß, »daß der »Monat" nur
!J«hrer Mitarbeiterschaft seinen Erfolg
jverdantt, und natürlich werden Sie
für eine Zeitschrift schreiben, die Jhr
jMann redigirt, nicht wahr?«
i »Ich werde Alles thun, was in mei
Jner Macht steht.«
»Dann ift der Erfolg sicher. Und
Jshr werdet in Pangbourne wohnen;
nur die Expedition der Zeitschrift soll
sich in London befinden. Papa hat
eine ganze Masfe Ideen.«
Eveline verbrei:ete sich über die Vor
züge der zu begründenden Zeitschrift,
aber Olga hörte nicht mehr zu. Ihre
Gedanken weilten bei der Möglichteit,
Lesleys Liebe wiederzugewinnen von
Neuem mit ihm in ihrem Zimmer in
Pangbourne am Schreibtische zufam
men zu arbeiten, oder an seinem Arm
den Wald zu durchstreifen und mit
ihm iiber ihre Arbeiten zu Plaudern.
War-Zum follte das nicht mehr möglich
fein
Es war unmöglich, daß sie so weiter
lebten. Und wenn ihr Lesley erft ihr
Vergehen verziehen haben wird, wa
fsnm sollt-n Si nirka wish-v »Es-»Es
sein können, da sie in Zukunst teine
Geheimnisse ,mehr vor ihm haben
würde? Ach, welch glückliches Dasein
könnten sie in Pangbourne führen!
; »Bliiht der Rosenstock an dr kleinen
HGartenthiir schon?« fragte sie plö lich.
s Dbe Rosen hatten sie stets bei der lia
stehr von ihren abendlichen Spazier
s gängen bewundert.
l Eveline, die immer noch mit Begri
sterung von der neuen Zeitschrift
sprach, war über diese Frage einiger
maßen erstaunt. Dann antwortete sie
aber:
»Noch nicht, liebe-LIM! Er hat aber
schon Knospen irr-gesetzt, und bald wer
den wir Primeln haben. Ach, richtig!
Maina läßt Sie bitten, daß Sie
nächste Woche nach Pangbourne kom
men.«
,,Nächfte Woche schon?«
»Ja, Papa erzählte uns, daß Sie
krant gewesen seien. J habe es bei
meinem Eintreten auch sosort bemerkt,
aber ich sagte nichts, weil Niemand
gern hört, daß er schlecht aussieht. Aus
dem Lande wean Sie sich bald erho
len, und in zwei Wochen werden Sie
wieder so schön sein« wie früher. Auch
ich sah schrecklich aus« als wir nach
einer Abwesenheit von zwei Monaten
na Pangbourne zurückgekehrt waren.
Lesley wird sich wahrscheinlich unser
Anerbieten überlegen wollen, wie das
«a die Männer gewöhnlich thun, aber
raußen wird er sich wohler sählem
als in der nebligen Stadt. Also«Sie
kommen nächste Woche."
»Ich werde Lesleh um die Erlaub
niß bitten. sobald er nach Hause
kommt,« antwortete Olga ernst.
17. Kapitel.
Kurz nachdem sich Eveline ver-ab
schiedet hatte, kam Lesley nach Hause.
Als Olga hörte, wie er die Korridop
thüre aufschloß, bekam sie Herztlopfen.
Sie fürchtete sich vor ihrem Manne.
Er grüßte sie bei seinem Eintritt
und schickte sich an, sein Zimmer auf
zusuchen; doch blieb er plötzlich stehen
und wars seinen Hut hin, setzte sich an
den Kam-im too er langsam seine
Handschuhe auszog.
Ein peinliches Schweigen herrschte
während einiger Augenblicke.
Olga brach es uerst.
»Hast Du das ngebot des Majors
Caldecott angenommen?« fragte sie
schüchtern.
»Nein.«
»Du sagtest doch aber, als mein Ar
tikel im »Man-at« erschienen, daß Du
gern eine Zeitschrift herausgeben möch
test,« bemerkte Olga.
«Damals dachte ich »so-« Das war
nicht die einzige Illusion, die Lesley
verloren hatte. Zu jener Zeit hatte
er in sich und in Andere ein unbe
grenztrö Vertrauen; er hatte die An
sicht gehegt, daß ihm Alles gelineyn
müßte; jth war er aber u nichts
mehr fähig. Sein Gehirn chien die
Föshigkeit, zu denken, verloren zu ha
ben. Er wäre nicht im Stande gewe
sen, in einer passenden Form seine Ge
danten auszudrücken, Fa Fell-se auch
Year einen alltäglichen eie zu schrei
.Dv mußt aber annehmen, Lesley.
Wir müssen doch irgend eine Beschäf
tigung hoben-« , .
»Das ist wahr. Wir müssen eine Be
schäftigung haben, aber nicht aus M
seen unserer stunde. Es gibt fnist
derte von Be wen, die« die Zests ist
des Majors bsser redegtren konnten,
als ich Jch —«
Er Weis-te die Bettere Denker
t die tä- as den Liktpen ichs-ehre
S· M , M · n:
DER-IM« « M
«
Während rinisersusenbitche fchepteq
er wiederum, dann fragte er: »Frau
iein caldeeott war wohl- hieri«
»Ja. M vor einer hatt-en Stunde
ing sie weg. Sie war längere Zeit
ter.«
»Wie-halb blieb sie denn so langes«
»Weil ihr Derz gut ist, Lesleh,«
antwortete Oliv-.
»Hast Du ihr esaigt, wer Du bist's«
»Ich verstehe Sich nicht. Was willst
Du damit sagen?«
»Hast Du ishr eingestanden, daß Du
ihren Vater bestehlen halfst —- daß
Du eine Abenteuerin bit?«
,,-Rein,« antwortete lga mit hei
lserer Stimme. »Das habe ich ihr nicht
gesagt."
»Du hättest es thun müssen. Was ifl
zwischen Euch weiter wr efallen?«
»Sie er ählte mir, sda ihr Vater
Dir den horfchlag eine Zeitschrift
herauszugeben machen würde, und
mich bat sie im Namen ihrer Mutter,
daß ich bald nach Pangboutne hin
ausiomme.«
»Und was antwortetest Du da
rauf?«
«Jch versprach ihr, Dir von der
Einladung Mittheilung zu machen.«
»Ahntest Du nicht, was ich erwidern
würde?«
»Mit dachte — ich hoffte — daß
Du annehmen wütdes1,« stamnielte
Okta
Lesley betrachtete sie schweigend,
dann fragte er trockenen Tone-Z:
»Hast Du denn gar kein Ehrge
füshl?«
Olga erbebte unter diesem furcht
baren Schlag. Jn der Erinnerung
an ihr Vergehen beugte sie demüthig
ishr Haupt und schwieg. Lesley aber
fuhr fort:
»Mit welchem Rechte willst Du die
Gasifreundschaft Ver ehrlichen Leute
in Anspruch nehmen, ehe Du weißt,
Zi- sie«Dir «DeLte Schulh verzeihens
wup »unqu Ums, zu genau-it, »u
ich, ihre Untenntniß beniihend, Dich
bei ihnen als eine ehrliche und ihrer
Freundschaft würdige Frau einführen
werde? Bin ich denn so tief in Deiner
Achtung gesunken, daß Du, weil ich
Deine Schande verheimlichen will«
mich siir fähig hältst, die Caldecottä
zu täuschen, wie Du mich von jeher ge
:.1ufch: hast-«
»An Diese Dinge habe ich nicht ge
dacht. Jch war so glücklich, e:ne Freun
desstimme zu vernehmen, und es ist
so gut, zu hoffen.«
»Selbst die oberfliichlichste Ueber
legung mußte ioie Thorheit Deiner
offnungen erkennen. Wo ist Dein
roszvnter? Er hat mir noch ieine
Empfangsbescheinigung geschickt; das
ist jedoch nebensächlich, do er das Geld
bereits empfangen hat; er hat es nicht
nöthig, jeht London zu verlassen, und
ich werde ihn wiedersehen. Er ist jetzt
ohne Zweifel mit dem Aushecken einer
neuen Schurterei beschäftigt.«
»Wenn ich das gewußt hätte, se
wäre ich nicht so thoricht gewesen, zu
hoffen. Es ist wahr, Du kannst mich
zu den Calbecottg nicht bringen, unt
doch können wir das bisherige Leben
nicht weiter führen. Wir haben
Freunde nöthig."
»Aber nicht solche Freunde, wie die
Familie Caldeeott."
»Berlafsen wir Englandl« ries
nga mit erneuter Willenskraft
»Nichts hält uns hier zurück. Jn einem
anderen Lande werden wir ein andere
Dnsein führen.« «
»Dazu wird es wohl kommen müs
sen,« pflichtete ihr Lesleh irn Tone
bitterer Entsagung bei, denn er erin
Lnerte sich der Prophezeiung seines Vo
rerg, can ne die Heimaih wurden ver
lassen und im Auslande mit dem Ab
schaum der Gesellschaft würden der
tehren müssen.
«Nein!« riefTJlga aus. »Wir tön:
nen nicht weiter fo leben. Wir würder
boshaft und arfühllos gegen einander
un) uns schließlich hassen. ch will ei
nicht glauben, daß Du mich assest un:
daß alle Hoffnung fiir mich verloren
fei. Ach, Lesley, Les»l"ey, ich bin fchwer
bestraft! Mein Setz kann es nicht er
tragen. Jch fter e, wenn Du mir nicht
verzeihst. Verdiene ich denn nicht eir
wenig Erbarmen, wenn Dich anst«
mein Schmerz nicht rührt? Höre mich
geduldig einige Augenblicke an. Wenn
Du Dich jetzt weigerft, mir zu ver
geben, werde ich Dich nicht mehr lang(
anflehen. Jch habe Dir-s alle meint
Vergehen gestanden, alle, ohne sie zu
mildern, da ich auf Deine Liebe baute
Nichte mich mit der Milde eineBFreuns
des! Es ift richtig, daß ich durch eint
Lüge Deine Frau geworden bin: ver
gifz aber nicht, daß Du mir vor-her
Dei ne Hand angetragen haft. Ich hatt
Deinen Anirag angenommen, um miet«
vor dem Elend und der Schmach zu
retten; allein erinnere Dich auch da
ran, daß ich keine täu lichen Gefühl(
hegte, als ich Dein ermögen aus
fchlug, nur, um Deine Frau werden zu
können. habe ich auch manche tadean
wert-behande begangen, fo benahm
ich mich doch tadellos, feit ich Deim
graug geworden bin. Jchfwar chchwa
ölLtSl txt-E Etegff bfi1., :«R-ssfts.ch!
Lesley, Du fo indessen nicht der
geiiem daß ich nur ein Mädchen war.E
Leskz sah sie an, wie sie fich am
Tische aufrecht erhielt, die Arme nach
i ansstreelte nnd um fein Mitleid
f hie; aber er wunderte sich, daß et
nicht bewegt war Seine Vernuan
sagte ihm, daß Oi bedauernswerth
fei, aber dennoch f lte er, baß er mit
gutem Gewissen eMmpfi ndang, dir
e:r ine nicht besaß, auch nicht
autdsr n durfte. Er konnte es sich
nicht erklären, was in seinem Versen
Herzen Mai-ex er begriff m: W
eidarin öde gespart-en spar, send wir
www-WO--—»— -»W- -.-.-,..« ...-, -»..
eine harte ohne Saiten teine Tiine
mehr von siTseden konnte.
»An das et be ich auch ichan
gedacht,« sagte er alt. »« ch zweiile,
ob ich an Deiner Stelle tl« ger, stärker
oder besser gewesen wäre, dennoch-s«
»Und dennoch iichti it Du michf««
»Nicht mit Bo nn. ch habe weder
das Recht, noch den.Wnnsch, Dich zu
züchtigen. Jeder Gedanke an Rache
verblaßt vor »dem Abscheu der Entriist
ung. Jch ziirne Dir nicht« Olga, und
wenn ich DeinUngliict mildern könnte.
thäie ich es. Jch swar bisher unsii ig,
nachzudenken; je t beginne ich a« r,
tlar u sehen. ir werden England
verla en, und —'«
»Lesley, Lesley!« schrie Olga auf.
»Nimm mich in Deine Arme, an Dein
Herz! Aus Mitleid!"
Er rührte sich nicht vom Fleck.
»Ich bin Deine Frau und Du be
handelst mig, als wäre ich Dir fremd·
.. Wenn u mir Dein Herz nicht
wieder zuwenden tannst, dann tritt
mich mit Deinen Füßen.« Sie wollte
zu ihm hin, aber sie wankte und fiel
auf die Kniee.
»Hier liege ich zu Deinen Füßen.
Spät-We mich; ich bin schuldig, züchtige
ini .«
»Sei vernünftig! Du wider-sprichst
Dir selber,« sagte Legley und versuchte
eg, ihr aufzuheier.
f »Ja, ja, ich widerspreche mir selber.
Erst bat ich Dich, mich nicht mehr zu
züchtigen, und nun siehe ich Dich um
Strafe nn. Ich tann nicht vernünftig
fein und ich liebe Dich immer."
Sie ergriff seine Hände und sah
ibin mit glühender Liebe in die Augen,
indem sie rief:
»Umarme mich, Lesley, wenn Du
mich noch lieb hast.«
»Ich kann Dich nicht umarmen,«
antwortete er kühl. »Meine Liebe ist
todt.'«
Dr- kkbnb Tiefe Dink- nllssn nnd mit
einem verzweifelten Blick auf ihren
Mann deriie sie still das Zimmer-.
Als man- lga arn nächsten Morgen
sagte, daß Lesleh schon ausgegangen
sei, meinte sie, daß et sich nach Bang
bourne begeben habe, um den Ca-lde
cotts zu sagen, daß sie die Gastfreund
fchsaft der Familie nicht annehmen
könnten. Olga täuschte ich jedoch.
Leslen war sich seiner schwache be
wußt. Da er fürchtete, dem Einflusse
seiner Frau zu unterlie en, sich aber
bemühte, bei dem Entfch usse zu behar
ren, den ihm die Ehre auferlegte, war
er ausgeganggem Die lebhaftenTriiume
der letzten acht beschäftigten noch
seinen Geist und er wagte es nicht,
dem wehmüthig stehenden Blick ngas
zu begegnen.
Und nun irrte er umher, nicht ach
tend, wohin der Zufall seine Schritte
lenkte und er bemühte sich, einen Aus
weg aus den Schwierigkeiten zu ersin
nen. die ihn umgaben. Er liebte seine
Frau trotzdem und fühlte nicht den
Muth in sich, ftoische Maßregeln zu
ergreifen. Sie brutaler Weise zu ver
lassen, erschien ihm unmöglich; er ge
dachte jedoch, sich auf einige Monate zu
entfernen und hoffte, daß sie sich wäh
rend dieser Zeit einen neuen Kreis von
Bekannten erwerben und an eine end
giliige Scheidung gewöhnen würde.
Des Abends schlenderte er Picca
dilly entlang. Da wurde er durch d:e
Men e, welche vor den Pforten der
St. wies-Halt stand, aus feinen Ge
danken gerifsen. Er schlug die Augen
auf und bemerkte an der Wand eine
Konzertanzeige und den Namen seiner
Frau. Ein unwiderstehlicher Wunsch,
te singen zu hören, ergriff ihn.
»Es ist wahrscheinlich sdas letzte
Mal, daß ich sie werde singen hören,"
sagte er sich in der Vorahnung der
TÄQDJHIIIDII MZOIYLI504I .
Er löste ein Billet, trat mit der
Menge in den Konzertfaal und suchte
sich ven dunkelsten Winkel aus, tvo er
mit fieberhaster Ungeduld Olgas Auf
treten erwartete. Der erste Theil des
Konzerteg erschien ihm endlos und
langweilg. Als Olga an die Reihe
kam, versetzte ihm ein heftiges Herz
llvpfen den Athem. Er rang nach Luft.
Er saß unbeweglich auf seinem Platze
und starrte auf vieTrihiine, als müßte
sich dort irgenv ein Drama zutragen.
Bei Olgas Auftreten erdröhnte ver
Saal vor Beifall, aber viefer hörte so
fort auf, als Olga näher trat und dem
Publikum das Gesicht zuwandte. Jhi
rem Gesichte fehlten Glanz und Leben;
ihre Haltung hatte vie Anmuth und
den Stolz verloren; sie war nur der
Schatten von sich felbft.
Diejenigen, hie sie tannten, waren
durch diesen Wechsel peinlich berührt,
und die sie nicht tannten, vermochten
sich nicht ihre früheren Erfolge zu er
klären. »
»Sie hat vie reine Leichenbitter
tniene und lächelt nicht einmal,« be
merkte ein Zuschauer in Lesleyö Nähe.
In ihrer gleichgiltigen Haltung und
der entfeslrchen Traurigteit ihres«
Blickes lag ein tiefer Kummer, der vaö (
Mitleid fiir die arme Frau heraus- ;
forderte. 4
»Sie ist eine Ruine,« antwortete!
leise ein ander-er Zuschauer. «Ei tst
vorbei mit ihr.«
Olga sang ein russtschei Wie en
lied. n der Zeit des Glückes sie
vie Ge iihle der jungen Mutter mit
vlch rührendem Ausdruck met-eh daß
ehre-n Manne vie Thränesn in die su
gen traten. heute aber weinte er.
weil Dlgai Stirne ausdruckslos -
worden war. Sie fang kalt und o ne
Empfindung. weil fee sehe Hoffnung
verloren hatte.
Die Ha örer in feiner Nähe, vie
feine tie e gnug bemerkten, frag
ten sich erstaunt. Das ihn so riihren
ebne-bin da sie selber gleichgiltig blie
» Persönliche Bekannte machten einige
chtichterne Beifall-versuche, als Olga
- s Podiuni verließ; das war Alles.
Ol a mußte noch einmal austreten,
aber esley hatte nicht den Muts-, sie
nochmals zu hören. Der Gedanke, daß
ge noch einmal unter denselben Um
änden austreten mußte, solterte ihn.
Sie selber mußte übrigens auch be
reifen, daß es mit der Gunst des
Publikum-'s vorbei war und daß die
Menge, deren Abgöttin sie gewesen, sie
nicht mehr ruhig anhören würde.
»Es ist ein vollständiges Fiascm —
Es ist vorbei mit ihr. —Welch’ trüb
seliges Austretenl — Hoffen windasz
ge nicht mebä austreten wird. —Eine
rau über ord!« Dicke verschiede
nen Ausruse vernahm esley beim
Verlassen des Konzertsaules. .
Als er sich wieder auf lder Straße
befand, war sein-e Unentschlossenheit in
Bezug auf seine Frau verschwunden
Nichts würde ihn mehr zwingen tön
nen, Olga zu verlassen, da sie jetzt un
glücklich war.'«
1 8. K a p i te l.
Der Staatsfelretär Dunban durch
schritt langsam den mangelhaft er
leuchteten Bahnbs der Metro olitan
bahn an der Weftniinsterbrü e, um
sich in das Unter-bang zu begeben. Da
blieb er plötzlich stehen
An der Wand befand ich eineEiseii
bahn-An,zeige —- der hrplan sür
Süditalien — mit farbi en Ansichten
der wichtigeren Städte. For dem Pla
lat stand ein junger Mann, der in ge
wisser Beziehung Lesley ähnelte, so
daß ver Staatsselretär glaubte, es sei
sein Sohn; unter anderen Beziehun
nen istmifi fali Tr» imm- qsinnn Dei-lieh
wieder uniihnlich. was den alten Herrn
untcher machte.
sich der junge Mann beoba tnet
fühlte, drehte er sich um, und
eine Veränderung in dem Ausdruck
seiner abgespannten Ziige streckte er die
gand aus und ries Vatert« Herr
unban ergriff die san-d seines Soh
nes und behielt sie einen Augenblick
lang schewigend in der seinigen, wäh
rend er ihn mit schmerzlichem Erstau
nen musterte.
»Was thust Du hier, Lesleh?«
fragte er eihn dann.
»Ich wollte diese Anzeige lesen, Va
ter« und ich sagte mir, »daß Capri ein
sreizender Aufenthalt sein wüßte«
»O, in der That reizend sür Leute,
dief eit und Geld haben.'«
»» ch glaube, daß ich hinreisen wer
de," bemerkte Lesleh, den Einwand
seines Vaters-unbeachtet lassend.
»Du wirst mich doch besuchen, ehe
Du Dich entschiieszest, hoffe ich.«
»Ich hatte die Absicht, Dich heute
Asbend oder morgen sriih auszusuchen,
um mich von Dir zu drabschieden.«
. »Im Unterhause habe ich mir kurze
.Ii: zu thun. Gehe voraus in meine
« ohnung und erwarte mich da.«
Lesleh nahm den Vorschlag an,
und als Herr Dundan e ne Stunde
i später nach hause iam fand er Lesleh
im Bibliothetzimmer mit einem Baed
iecker in der hand.
; Herr Dunban war geräuschlds ins
s immer eingetreen; er blieb aus der
» schwelle stehen und seine Handschuhe
Hst ll und langsam ausziehend, betrach
Itete er Lesley, dessen ieidendes Aus
) sehen, dessen hohle Wangen und Blässe
l ihn schmerzlich berührten Dann durch
schritt er das Zimmer, setzte sich und
sagte nach einigen Bemerkungen iiber
die poli:ischen Tagesfragen als ob
sdiese ihn ausschließlich beschäftigten,
leichthin:
»Als-U Leslerz Du willst reisen?«
»Ja, Vater. Verschiedene Gründe
bestimmen mich dazu.«
»Welche denn-«
»Um Dir den ersten zu nennen.der
mir ei fällt: Die Calderotts haben
uns ein«eladen, hei ihnen Lanoaufent
halt zu nehmen. Andere Freunde
werden mich wahrscheinlich ebenfalls
einlaoen. Jch wäre also gezwungen,
sie meiner Frau wegen zu belügen —
oder ihnen die Wahrheit zu gestehen«
»Weder das Eine noch das Andere
wäre vernünftig Welches Ahtornnien
hast Du mit Deiner Frau getrosfen?'«
»Sie wird mich begleiten!«
»Ach, bist Du schon so weit?«
»Ich kann sie nicht verlassen. Allein,
;ohne Freund, wäre ihre Lage noch
schlimmere, als meine.
i »Es ist die Lage vieler anderer Jn
; triguantinnen.«
»Ich gebe gern zu, daß ich mich von
meinen Gefühlen leiten lasse. Aber ich
will sie nicht oerlassen.«
,,Natiirlich, nur so lange, als sie
Dich nicht verlassen w: ed, he? Wie
lange glaubst Du, Daß es dauern
wies-F
Herr Dunban wartete auf eine Ant
Fort, da er aber keine erhielt, fuhr er
ort
»Das will ich Dir sagen. Es wird
genau so lange dauern, als die Neu
heit ihr gefallen wird; nicht einen Tag
länger. Du bist im Begriffe, Dichin
Schukden zu stilrzery tm Deine Mittel
til-ersteigen blos urn das Unverrnetds
liche unt einige Wochen oder Monate
hinanszus n.«
»Wenn damit sagen willst, daß
wir uns nach zwei, drei Monaten tren- »
nentverdenckzo täusche chestDuDichX -
st also, ei wär-e möglich«
daß Dug mit Deiner Frau irn Aus-s
lande bis ans Ende Deiner Tages
ALTE M l«
r
bsichtigsi Du, Deine Schulden?
nicht zu Wa
Loch Warnen staubft Du J
W
i
»Weil ich nicht einsehe, wie Du es
ithun könntest. Deine Schuidenlat be
ansprucht weis bis dreihundert sund
jährli: ure Ausgaben werden si
ebensa s aus zwei- bis dreihunder
und jährl:ch belauxem Wie willst
u aus Capri siinf undert sihrlich
verdiean Die erste Frage, d sich ein
Ehrenmann bei jedem it ernehmen
verlegen muß, ist-d ,, rann ich et
Bei durch führ-enti« Augenscheiniickkahast
u an dtese Frage gar nich t
was bei Dir aus einen Zus stand äußer
ster Entsittlichung schlie n läßt«
Leiieh antwortete nich, und nach
finetr kleinen Pause fuhr der Vater
or
»Wenn Dein Gliick oder Deine
Wohl ahrt von der Ausführung Dei
nes orhabens abhin, so würde ich
— davon kannst Du berzeugt sein —
Deine Schulden zahlen und Dir ein
anständige Jahreseinkommen sichern.
Das ist aber nicht der li. Drin
Glück und Deine Wohlsa rt hängen,
im Ge entheil, von der Trennung von
dieser Frau ab, die Dich zu Grunde
richtet. Deßhalb werde ich Dir bei
einem Plan, dek- Dein Leben an ihres
tettet, nicht helfen. Jch zxehe es vor,
die Schande Deines Banlerotts über
mich ergehen zu lassen, als Dir Bei
hilfe zu einer Lösung zu leisten, die
mein Gewissen verdammt «
,,EL eber Vater! — Jch liebe meine
Frauf antwortete Listen
»Dann mußt Du auch ihre E. npr n
dungen in Betracht ziehen Wird :hr
Glück großer werden durch eine Ver
«bannung aus einen Felsen im Mit el
löndischen Meeres Jch bezweifle es.
Kennst Du Ehre Ansicht
» »Seit ich den Entschluß zu reisen
gesaszt habe ich sie nicht gesehen -
Meiner Anncht nach hättest Du
- — -.-c.—.—--.-·-- .-.-.. M
iDich mit ihr darüber bemihen mii en.
l Sie hätte mir vielleicht die Unanne m
llichierh Dir Deine Thorheit beweisen
zu müssen, erspart. ch tenne ein Ar
rangement, das für te weit annehm
Hbarer ist.«
»Um des Himmels Willen, theile es
» mir mit.«
3 »Ich will ihr vorschlagen, daß sie
J Dich allein nach Capri oder wohin Du
Jsonst willst, reisen lasse, während ich
; ihr eine Pension von zehn Pfund wö
" chentlich aussetze, wenn sie hier in Lon
don zu bleiben sich entschließi·«
’ »Wenn sie damit einverstanden
wärei« rief Lesieh aus, dem ein,eifer
»suchtiger Zier-dacht das Herz zusam
» mentrampstr.
»Wenn sie die Pension annimmt
und in London bleiben will, würdest
Du dann nach Capri reifen?«
h·»Ja, dann wäre es mir gleich, lvos
in.«
»Es ist jetzt schon zu spät fiir einen
Besuch bei Deiner Frau. Aber wenn
Du morgen Deinen Entschluß nicht
geändert hast, werde ich mit ihr spre
chen, unter der Bedingung jedoch, daß
Du hier bei mir bleibst, bis ich Dir
ieine Antwort bringe. Jch will ihr um
keinen Preis die Gelegenheit bieten,
daß sie ihren Theaterroup wiederholt,
der meinen letzten Versuch, Dich zu
Iretten, vereitelt hatte."
Lesleh nahm diese Bedingungen an
Am nächsten Tage sprach Hieerum
ban zwischen zwölf und ein Uhr bei
Olga vor. Frau Goiigh führte ihn in
den Salon und fast in demselben Au
genblick trat auch Olga aus ihrem
Zimmer in den Salon ein.
»Wo ist Lesley?« stammelte sie
angstvoll, da Legleh der Bedingung
gemäß nicht nach Haufe getommen
war, fondern·««die Nacht bei seinem
Vater zugebracht hatte. ·
»Ich habe ihn taum vor einer halben
Stunde verlassen. Sie brauchen sich
nicht zu beunruhigen.«
»Gott sei Dant!« murmelie sie, sich
auf einen Stuhl niederlassend ·Sie
is
OJllc Uslcll LUCTMN scholl scll Dskgctsclll
Abend nicht mehr gesehen. FrauGough
hatte am Morgen sein Bett unberührt
und das Zimmer leer gesunden. Seit
gestern war er noch nicht zurückgetehrL
Während der Nacht hatte die ent
setzliche Furcht, oh Lesley sich Nkchk VO
Leben genommen habe, die arme Olga
aus die Folter gespannt-die Furcht,
die wahrscheinlich von ihren eigenen
Selbstmiordgedanten herrührte.
Herr Dnnban hatte sich aus eine
theatralische Schaustellung ihrer Ge
fühle und ihrer Bewegtheit gesaßt ge
macht; aber so vorarthettsvoll und
argwöhnisch er auch war, so mußte er
sich sdoch eingestehen, daß keine Künste
lei dieZeichen des physischen Leidens,
vie er aus Olgas Gesicht bemerkte,
hätte nachahmen können. Nachdem er
ihr Zeit, sich zu erholen, gegönnt hatte,
begann er ohne lange Vorrede:
Gortsetzung solgt.) , »
Was soll man gegen den immer
weiter um roh greifenden Mob- und
LrynchsBari us machen? sragt je
mand. Nun. die Jnjettion einer klei
nen Do s Energie und Entschlossen
heit br ngt ganz wunderbare Kuren
zustande.
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» Kathederblüthe. »Von den Stäm
men in Ost-Mater sind die einen den
Deutschen sreundltch gesinnt, die an- «
vern wohnen etwas südlicher.« .
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Sitdasritanischet Jn Johannis
bnr in Sit»dasr1ta hat es im vori
»Na geschnett. Es war das erste l
überhaupt sett Menschengedenten, daß
dort Schnee stel. Nicht wenige Kas
ern, die sich etwas davon zum An
ten aufheben wollten, versuchten
den Schnee am Feuer zu trocknen. Alt
das naht elang eräärten ste dass
Ganzesür ästimiert-eh - .
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