Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 24, 1903, Zweiter Theil, Image 13

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Ve- Wank- Roman.
Erzählung von C n- m a M e r t.
Aus einer A«nböbe, in einer der
schönsten Gegenden der bayerischen
Verge, steht zwischen Obstbiiumen, von
weiten Feldern umgrenzt, ein einzel
Its großes Bauerngut der Buchlinger
o.
Jhm zu Füßen breitet sich der See
als eine weite, schimmernde Fläche,
hinter der sich die mächtige Kette der
Berge aufbaul
Der Besiher des Hofes-, der alte
Dirnbichler, war ein Mann in den
Sechzigerm Er hatte etwas Vorneh
mes,der baumlange Mensch mit deni
hageren Kaps und den stahlharten
Muskeln. Ungewöhnlich schlank und
hachgewachsen, wie er selbst, waren
auch seine Kinder-, die alle ihm nachge
rietbem
Der unstreitig bübscheste aber war
der älteste Sohn, der Wasil, der ein
mal den Hof belbmmen sollte. Wahre
Glnthaugen saßen ihm unter der
freien, glatten Stirn, iiber die sich dich
les Kraushaar lockte.
Arbeitslast und Kraft besasz er im
llrderfluß, aber Worte machte er nist
viele. Schweigsam saß er am Biertiich,
wenn er an einem Sonntag mit den
Brüdern in das am anderen Seeuier
liegendeDorf Riedbausen biniibersubr
Jn dem Lärm und Qualm der
Riedbausener Wirthsstube begann
feine »Velanntschaft«.
Die Nest war ein saubere5, junan
Dina, das aern lachte und schwatzte
Die Reiseliae gefiel dem Schwein
samen. Sie tanzten kräufia miteinan
der, und wenn es irgend anging, dann
driiclte der Wastl sich neben sie aus die
Bank und schob ihr manchmal mit an
lanler Vlufriterlsamleit den Bierlrna
bin. »Da, trinl!« Mit der Unterha!
iuna mengte er sich werter nicht an.
Eine arme Fischerstochter war sie
und wohnte am Seeuser in einem win
zigen alten Holzhiiuschem vor dem ein
verwittertes, steinernes Heiligenbild
stand.
Einmal hatte der Wastl doch seine
flammen Lippen geöffnet, als er der
Nesi feine Zuneigung gestand
Und bald daraus wurde auch schon
im Dorfe gemunlelt. Man fand die
Sache ungehörigt der Bauernsolm der
einmal den Hof erble. und die arme
Fischerstochter die paßten nicht in
samtnenf das war gegen alles Hektorn
men! So ein Glück gönnte man den
Fischergiral nicht. So hieß nämlich
Reff-Z Vater. «
Als der a.le Bauer non der Fischer
Resi reden hörte, der sein Rastl sctiiTn
that, richtete er sich in seiner stattlichen
Größe ans und lachte.
»Die lMschichten treib« ich ihm au;
Da seit sie nix, da giebt- nix!«
Mit sinsteren Gesichtern standen sie-·
dann Vater und Sohn im Stall ae
genüden
»Noch einmal, wenn ich’s halt siech,
das; Du mir da ’niiber sahr'n willst in
das lumpige Riedhausen, nachher kann
’S sein, daß ich mir mein’ Art hol’ und
die ganze Pletten auseinanderhau’,
elwor Du vom Land abstoßm kannst
Du hast nir z’suchen da drüb’n, Du
deirath’st eine Banerntochter. De:
brauchst ein baar’s Geld.«
Der Wastl erwiderte lein Wort.
Mürrisch wars er dem Ochsen sein Her
hin nnd ging mit gesenttem Kopfe aus
dem Stalle. Die Furcht, die ihnen der
Alte einzubläuen verstanden hatte, als
sie Kinder gewesen waren, saß den;
großen Menschen noch fest irn Blut-.
Und fein Bauernverstand sagte ihn-.
auch, daß der Vater recht habe.
Am nächsten Sonntag, als er zum
See hinunteraeben wollt-. trat ihm de
Vater Horn-roth in den Weg.
»Wo willst hin? Jch mein', ich hab'
deutlich genug g«redt. Wann ich war
nit leio’, nachher arschieht’s auch nit,
Himmel —
»Ich wills der Resi selber saaen,
daß es aus is, Vater!« stiesz der W-.istl
zwischen den zusammenaepreßten Zöb
nen hervor
»Also, nachher geh !'« brummte der
Alte, durch den ergebenen Ton ver
sonnt
Noch rot Sonnenuntergang war der
Wastl wieder daheim; verdrossen, mit
trauriaem Gesicht hockte er aus dem
Bretter-hausen hinter dem Hause und
tauchte.
Die Geschwister, die ihn sonst oft
wegen seiner Worttaraheit neckten,
hatten tagelang nicht den Muth, ihn
anzureden.
Er fuhr nicht mehr nach Riedhau
sen, nicht einmal, als bald daraus de-f
Iischergirgl starb. Er wollte unt lei
nenPreis der Rest wieder begegnen.
Der alte Dirnbichier ließ denGrund
ansskechen für ein tleines Faus, das e
siir sich und seine Frau auen lasse.i
wollte, zwenn sie in Austrag gingen«,
und sah sich unter den reichen Bauern
töchtern der Umgegend nach einer pas
senden Irau siir den Wastl um. An
eine-n Feiertag tam die huberbäuerin
von Moostirchen mit ihrer schweren,
handsesien Tochter zu Besuch aus den
Buchlinaer has: der Wastl wurde in
die Stube gerufen, wo man dir Gäste
mit Kassee und Rieseln betvirthete
Er wußte wohl, utn was es sich bei
dieser Annöherung handelt-.
Der Huberbiiuerin gesiel der Das —
das war die hauptsache. SieluH den
Basti nach Moostirchen ein: »Eine
wzmnsit ist da arn nächst-en Samts
tss seiin Adlerwirth.«·
W
Fiir einen Freier zögerte der Wastl
allerdings sehr lange. bis er sich nach
Moostirchen be ab.
Der Alte ließ ihm Zeit. Er hatte
aus zuverlässiger Quelle erfahren, daß
die »verslixte Resi« demnächst hochzeit
machte mit dem Leitner Sein-. Von
dieser Seite drohte alfo teine Gefahr
mehr. «
Für die Resi gab es keinen anderen
Ausweg als zu heirathen. Es war
einfach eine Brodfrage fiir sie und die
Mutter. Das Fische-echt, das auf ihrem
Hause Tag, bedeutete ihr einziges Be
sitzthum Sie selbst konnte nicht mik
den Fischern hinausfahren, die fchwe
ren Netze auswerfen und einziehen. Sie
mußte einen Mann im Hause haben.
der diese Arbeit versah.
Der Leitner Sepp war ein fleißiger
Mensch, er hatte Luft zur Fischerei,
und die Resi hatte auf ihre schönen
Träume, Bäuerin auf dem Buchlinaer
Hofe zu werden, verzichtet.
So klangen denn an einem Oktober
iag aus der Dorftirche von Riedhausen
dSie Hochzeitsgioclen hinüber iiber den
ee.
Ob der Waftl wußte, daß die Resi
heirathete, ob es ihm tief zu Herzen
ging, das konnte Niemand sagen.
Mittlerweile war in Riedhause::
eine neue Erscheinung aufgetaucht, ein
Stadtherr, der sich am Ufer eine Villa
bauen Und einen Hafen für sein Schiff
ausstechen ließ. Er war ein graubiir
tiger Mann, dem eine breite Narbe
über dir Stirne lies, Die sich duntei
röthete, wenn er zornig wurde. Man
erzählte sich, erfei ein alter Schiffs
lapitän und habe bei einer Meuterei
seiner Mntrosen die Narbe davonqe
tragen. Jedenfalls hatte er bei den
Riedhausern den Nimbug des »reichen
Mannes-« und galt ihnen als Sonder
ling, als halber Narr, weil er trotz
seiner glänzenden Mittel so allein
hauste und sich den ganzen Tag auf
dem Wasser herumtrieb. Sein Name
llang fremdartig und war schwer zu
merken. Man nannte ihn nur »den
Herrn Baron«. Mehr noch als seine
Persönlichkeit erregte sein Fahrzqu
Aufsehen, ein Segelboot, das er sich
don Hamburg hatt-: schielen lassen,
das ersie, das man aus dem See sah.
Halb bewundernd, halb grauenersiilli
blickten die Riedhansener dem schwar
zen »Kutter« nach, wenn er bei dem
starlen Herbftwinde pfeilschnell vom
Ufer hinausslog ioie ein riefiger Was
servog:t.
Am Sonntag sollte eg eine seine
Fahrt geben bis an das nördlisle
Beruf-sc Da ein häufige-) Kreuzen
nöthig mar, um dac- Ziel zu erreichen.
nahm der Baron ein paar Leute mi«
die ihm beim Wenden helfen inusitenz
den Fischer Gschtvendtner und den
Leitner Seer
Der Sepp war nun gerade ein hal
bes Jahr mit der Resi verheirathet, ein
lustiger-, hübscher Mensch der immer
bereit war, sich zu rühren und zuzu
greisen, wenn es etwas zu verdienen
gab. Er brachte gern seiner Frau ein
paar Exiragroschen heim. Im Som
mer. wenn das Kind lam, konnten sic’5
brauchen.
Am Nachmittag hatten sich schwarze
Wollen ausgethiirrnt und ein Gewit
tersturm jagte eine Viertelstunde lang
von den Bergen her iiber den See.
Als es dämmerig wurde, bildeten Titl
Grupprn am Ufer und schauten nich
dem Fahrzeug aus. Man holte ein
altes Fernrohr herbei und spähte in
der Richtung, aus der die drei Leute
zurücklommen mußten. s—- Rings-um
nur Wellen, Wellen.
»Vielteicht sind sie and Land ’gan
gen,« meinte einer und gab mit den
paar Worten der leisen Beunruhigung
Ausdruck, die heimlich alle erfafkt
hatte.
Aber die Nacht ging vorüber, und
sie kamen nicht zurück.
DieRefi saß am Ufer nnd stand
hinaus in die fonnige Schönheit, i«
das schimmernde Blau. So spiegel
glatt und friedlich lag nun die Fläche
sie konnte nicht glauben an dass
Furchtbare, Grausame; sie hoffte noch
immer, daß ihr Sepp heimkehren
würde.
Ein Kahn nach dein anderen löste
sich ordentler man fuhr hinaus, um
nach den Berlorenen zu fnchen auf deai
weiten See.
Der Waftl,»drobeti auf dem Buch
linaer Haf, fah die ungewohnt
Schaar von Vooten, die alle nord
wärts fteuerten
Da stieg er wieder einmal zum liier
herunter-, fetztefich in den Kahn und
ruderte zu den Fischer-n hin. Mit un
beweglichem Gesicht hörte er, was ge
schehen war. Er bis-, die Zähne anf
einander und arbeitete mit aller Straf-.
feiner starken Arme, allen voran auf
der trauriaen Suche. Er hatte den
Kutter beobachtet, als er gegen Nord
westen auftreuzte, kurz ehe der starte
Gewittersturm gekommen war. Sie
konnten« nicht weit hinausgelommen
Cfein über den ,.Kapellenwintel«, wie
ieBueht vor dem tleinen alten Kirch
ein hieß.
hier trieben auch ein paar Ruder
auf dem Wasser. Das war die einzige
Spur, die man fand.
Eine volle Woche lang fuhren die
Leute hinaus in Regen und Wind
und suchten — nach den Leichen. Aber
der See hütete sein Geheimnsiß.
Allmälig erlahmte der Eifer. Nur
der Bruder des Gschwendtners und
her Waltk fuchten unermüdlich weiter.
-.· - -. .·—-—- —
Mit aufgeregten, rerstörten Zügen
kam der Erstere eines Tages um die
Mittagsstunde nach Riedhausen und
stieß vie Botschaft hervor: »Den Knt
ter haben wir gfunden! Mitten im
See liegt eri«
Wieder ruderten die Fischer hinaus
mit Haten und Stricken Mit unsiigs
licher Mühe und Gefahr wurde das
bersunkcne schwere Fahrzeug empor
gewunden.
Der Kutter war leer. Der See-gib
seine Opfer nicht mehr heraus.
Für die Verlorenen wurden Seelen
messen gelesen. Aus der ganzen Um
gegend ftrömten die Leute in die Dorf
tirche von Riedhausen, um den lin
glücklichen die letzte Ehre zu erweisen.
Bei 'cer Trauerfeier stand der Wnitl
nach Jahresfrist der Rest wieder ge
genüber. Sie war nun nicht mehr
blühend und lachend, sie war jetzt ein
armes, gebeugteö, blasses Weib, das
die Noth herankommen fah für sieh
und das Kind, das sie erwartete.
Aber in dem herzen des verschlpsse
nen scheuen Menschen mußte das Mit
leid eine starke Empfindung sein. dse
ihn aus seiner stummen Ergebenheit
aufrüttelte.
Vorläufig blieb ihm wenig Zeit
zum Grübeln und Nachsmniren. Der
alte Dirnbichler lränlelte; die ganze
Arbeitslast lag nun auf dem WastL
denn dieBriider waren beim Militär,
und der jüngste leistete noch nicht viel.
Als ec« immer schlechter und schieb
ter ging und auch die Wallfahrt, zn
der die Bäuerin sich aufgerafft hatte-,
nichts nutzte, entschloß man sich doch,
den Doltor zu holen. Er konnte nur
noch ein Linderunggmittel verschrei
ben.
Im September starb der Bauer.
tm ....... si-——ts. te e. ka. x'
"(-UUl-,l-IIIU Icsllcl sklbtlllcjcsl Vullc U I
Huberbäuerin einmal hergeschictt.
Was es denn mit dem Wastl sei?
Hinfoppen thät’ sie ihre Kathel nicht
lassen. Von dem schweren Siechthum,
von dem Tod wurden alle Heirath-Z
gedanlen in den Hintergrund ge
drängt
Jin Oktober lam der Peter, der
zweitiilteste Bruder, der seine Militär
zeit abgedient hatte, wieder zurück, und
eines Tages, als die ganze Familie ir—
der Stube versammelt war, nahm der
Wastl die Pfeife aus dem Mund nnd
sagte langsam:
»Peter — heirath’ Du die Luther
Kathel — - ei« ist dem Vater selig sein
Willen g’tvesen. Du sollst den Hof
übernehmen. Ich verzicht’.«
Die Mutter, die låtesltztvifter schau
ten ihn verdiizt an; der Poles sprang
vom Tisch auf und rief: »Was-: soll
das Gered? Tit bist der Lleltest’. Ich
weis-» ogfx ich fort riiiiß."
»Du bleibst nnd ich geh’. Morgen
lommt die l50mmission, die den Hof
einscltätzL Nachher mach-In wirk- rieb
tig beim Notar.«
Dem Peter fehAig eine heiszeRötlc
in’5 Gesicht, seine Augen funlelten in
freudiger Ueberraschung Auch Die
Mutter war eher angenehm erregt als
erschrocken. Der Peter war immer ihr
Liebling gewesen. Die iibrigen Ge
schwister, die Knechte und Mägde ani
dem Hof hielten den Waftl siir ver
rückt tnd schüttelten mitleidig die
stöva
Er clser lief-, sich zu keiner weiteren
Augeinandersetzung herbei. Er hatte
gesprohen! Dabei blieb’5.
Im darauffolgenden Frühjahr bei
rathete der Wastl die Resi, die seit den:
August einen strammen blonden Bube-i
in der Wiege liegen hatte, und der
Bauernsohn vom Buchlinger Hof zoii
in das lleine Häuschen am Seeufer
und ward Fischer, fuhr im Morgen
grauen mit den anderen armen Ieu
feln hinaus in den See zu der mith
vollen Arbeit und saf; dann gedul!si.
am llfer uno flielte Netze.
»Wie unwahrscheinltch!« sagt viel
leicht der eine oder andere. ,» iir eines-.
Bauern? Die sind nüchtern und brin
gen keine Liebes-opfer! Bei ihnen spielt
die Geldfrage beim Heirathen noch ei
viel underbliimtereRolle als in dir
Stadt«
Gewiß! im Allgemeinen trifft dac
zn -al-er er- schlägt auch unter dem
Handvoll einmal einer aug der Art.
- · —- - ——
Vexlrvmk
»Als-Essen der Gast ist durchqe
brannt!—— Wo mag nur bek Zfchprel
les hingekommen seit-IS"
Hat die Fähigkeit
»Und denkst Du, das; Du diese Nr
gicrunqs-Vlnstell1111x1 auch versehen
sannst?« «
»Nu! seine Angst Wer schlau ges
nua ist, sich heutzutage einen politi
schen Posten zu verschaffen, der ist
auch schlau genug, ihn auszufijllen.«
.-.-—-..-—......-.-....-. -..--.--- ...·—..- ..—«- «-—-.-—-.-—
Der Mann von der Eisenbahn-J
i
Berliner Stizze von H. A. Nebel. l
Es ist mächtig falt. Die Fenster
scheiben des eben einsahrenden Wann
«-«eebahnzuges sind dick mit Eisblumen
iiberzogen, und nur widerwillig ver
läßt man— die warm durchheizten
Koupes.
Durch drei Ausgange zwängen sich
die täglich in die Stadt Fabrenden an
den engen Kontroleursbuden vorlR
während der äußerste linke sur die aus
den Perron Eilenden sreigehalten
wird. Die einzelnen Schasfner ten
nen schon ihre Abonnentenz es sind
meist immer dieselben zu den gewissen
jsüsen
einahe täglich gegen sieben Uhr
Morgens tam ein Mann in den mitt
leren Jahren, mit einem ganz anstan
digen Ueberzieher belleidet, an dem
rechten Schalter vorbei, besonders
wenn es recht talt war, und ließ sich
mit einem freundlichen »Guten Mor
gen, höll’sch ialt heute!« seine Arbei
tertarte abtnipsen.
Woher die Schasfner seinen Na
men wußten, ist unbekannt; doch sie
nannten ihn »den schönen Gustav«.
Gustav geht nach dem ersten Wa
gen, dem sogenannten Schutzwasgem
und setzt sich in ein Abtheil, an dem
angeschrieben steht: », jir Reisende
mit Traglasten«. Da macht er sichs
ganz gemiithlich, nimmt einen halb
aufgerauchten Zigarrenstnmmlei her
aus und geht vollständig in dem Gei
nuß seiner Upmann auf. Es ist sel
ten, daß er allein bleibt. Er unter
hält die Mitreisenden durch allerlei
ost recht wiyige Geschichten; jedenfalls-i
weiß er immer Neuigkeiten, viele von!
ihm selbst ersundene Aber das scha
det weiter nichts Sie unterhalten die
Anderen.
Aus Dank dafür schenkt ihm der
oder jener eine Zigarre, die er mit
Kennermiene als ein bochfeines Kraut
taxirt. Besonders gegen Damen
wem er sich liebenswürdig zu machen.
Um 8 Uhr trifft man ihn wieder
anf dem Wannefeebahnhof, wo er mit
den anderen Reifenden aussteigt«, um
in halber Zugeslänge wieder umzu
kehren und in sein bekanntes Abtheil
einzusteisgen Dies Manöver wieder
holt sich faft alle Stunde.
Gegen 11 Uhr fährt gewöhnlich die
hiibsche Wäscherin Marie mit ihrem
großen Korb frifch gepliitieter Wäsche
nach Steglitz und trifft jedesmal den
schönen Gustav, der sie stets sehr
freundlich begrüßt. »Na, da sind wir
mal wieder beisammen!« meint sie.
»Jawoll, da wären wir mal wieder
beisammen, TräulcinctienX antwortet
er vergniigt lachend.
,,«.Ulächtig kalt, wai?«
»Jawoll, mächtig kalt,« gab er zur
Antwort, sich die Hände reibend, und
half dem Mädchen den starb auf die
Bank heben.
»Sie müssen ja mächtig ville zu
duhn haben. Jch treffe Sie ja all
weil auf der Bahn."
,,Jawoll; ift auch jetzt holl’fch viel
zu thun,« versicherte er mit müdem
Gesichtsausdruch der ebenso Etel wie
Müdigkeit oder Ingrimm ausdrücken
konnte; jedenfalls wirkte er überzeu
gend.
»Sie wohnen wohl da « dran
ßen? He?« fragte Marie lehr mißbe
gierig.
»Ne, in Berlin, im Norden. Bei
Tag habe ict nff der Bahn zu thun."
»Ach «sooo! Sie find Anjestellter bei
die Bahn-»
»Jawohl, Bahnbediensteter,« ver
sicherte er, sich in die Brust werfend.
, »Und da müssen Sie woll in einer
Tour hinein- und wieder herum-fah
ren?« forschte die Kleine, sich weit
vorbeugend und ihre Ellenbogen auf
die Knie stemmend.
»Ja einer Tour. Hinein —- her
aug. » Jmmer bis Zehlendors.«
Marie machte ein Gesicht, als ob sie
Essig geschluckt hätte. »Bei muß ei
nem aber ordentlich hernehmen, —— fo
jin einer Tour. — --—«
»Ja. Das mein’ ich woll auch. So
jin einer Tour » —« seufzte er.
»Man bekommt dabei een’ mächtigen
« Hunger.«
Marie fuhr empor und verschwand
mit der Rechten in der Rocktasche.
«Herjefes, ick habe ja noch meine But
terstulle. Nehmen Sie man. Ja bin
ja wieder gleich zu Hause. Und bis
Sie nach Hause loinmet »s— -——!!
Wann essen Sie denn Mittag?«
»Gut nicht. Kerne Zeit!« versetzte
er wichtig.
Matie entsetzie sich. »Nee, so wal.
Ranu, nehmen Sie man schon. Ma
chen Sie teene Fisematenten Einen
Menschen so zu behandeln, daß er nich
mal essen duhn kanni«
»Na, in Jottes Namen, um das
Freileinchen nich zu beleidigen,
meinte der schöne Gustav und steckte
die Stulle ein, die er mit den Blicken
verschlang. Er aber gab sich die
Würde deg Entsageiis.
Marie war sehr vergnügt. »Ist
bring’ Ihnen morgen wieder eine.
Natürlich . Morgen muß ich gar
bis nach Lichterfeldr. Sind Sie wie
der um els usf der Jahr-«
Freilich Jnmer im Dienst."
Marie sah ihn freundlich und neu
gierig an. Sie schwiegen beide. End
lich fragte sie: »Warum tragen Sie
denn keine Uniform nich J«
Gustav schien verlegen: doch er
faßte sich: »Die Monturen mussen
eschont werden. Nur atn Sonntag
fahre icl in die Gala. Fein«!« Er
lachte; sie lachte mit.
Ein Herr stieg ein und grüßte Gu
stav, der verlegen dankte. Das Ge
«
Unten-hört.
—
HMIW
X
Frau: »Was hast Du da fist sonderbare Pflanzen bekommen7«
Botanikerx »Auf diese besondere Species hab’ ich mich schon lange
gefreut! Das sind fleischfressende Pflanzen!«
Frau: »Um Himmels-willen, den Luxus such noch bei diesen hohen
Fleifchpreisen!« "
spriich stockte. Zum Glück stieg er an
der nächsten Station aus, wieder
grüßend.
»Wer war denn das?« sragteMatie
von neuem, sehr stolz darüber, was
Gustav für sei e Bekanntschaften
hatte.
»Der war einer von meiner Kund
schaft früher; alle Tage habe ich ihn
rasirt.«
Marie war ganz Bewunderung
oder Verwunderung ,,Herrje! Det
können Sie ooch?«
Gustav wurde sehr verlegen. »Na
ja. Vor m Militiir war ich Rasirer.
Und dann —— später — na, — da
war die Stelle besetzt — und —- und
—- Rasirer bin ick eigentlich noch heute
—— ich bin nur zur Aushilse auf der
Bahn —— und — na ja. —- Nur zur
Ausdilfe, « wiederholte er.
»Ach so!« Der Wäscherin erschien
die Karriere dieses Mannes eine hoch
romantische. l
Jawoll So is et!« detriiftigte eri
mit Duldermiene. i
»Also, det paßt Ihnen auch nicht so
recht, dat ewige Fahren?«
»J, wo wird mir denn det passen,
immer rein und rang —- rein und
rang --—«
. »Na freilich!« Sie dachte nach.
Plötzlich wurde ihr Antlitz heller.
»Höreu Sie mal Da bei uns, ne
benan, wo unser Geschäft ist, da ist
ein Barbierladen lind der wagv der
Herr ist, der sucht einen Gehilfen
Soll icl mal mit ihm reden«.'s Oh, er
aibt wat ufs meine Meinung- Tet
tann id immer thun.«
Etwas wie ein Hoffnungsschimmer
leuchtete in den Augen des hiidschen
Menschen auf. Gliihend, bangend und
schüchtern taui 5 von seinen Lippen
»Oh, Freileinchen wennSie das- thun
wollten! Dei ware ja fein!« Er bit
nete in Gedanken den Paletot.
Sie bemerkte, daß er keinen-Hemd
tragen hatte, sondern nur ein rothes
Halstuch umgebunden hatte, desten
Zipfel herabhingen. »Ja, aber wer
den Sie auch gleich logtönneu von die
Stelle bei der Eisenbahn?« fragte sie
besorgt.
»Freilich,« erwiderte er rasch, um
sofort wieder ernster fortzufabrem
»Ja globe schon. Denn ick bin seyr
gut angeschrieben da oben.«
»So. Na ja. Wenn del so steht ——!
Na, ich wills versuchen.«
Sie waren angelangt. Er war Ma
rie beim Aussteigen behilflich, und sie
fragte ihn, ob er sie nicht »ein Ende
len« begleiten wolle. Doch er behaup
tete, das ginge nicht; er müsse sich hier
nur melden, uni gleich wieder retour
zu fahren.
Marie war entsetzt. ,,Jotte, nee,
lvat forne Stelle. Na, adje5!«
Er sab ihr nach, so lange er sie se
hen konnte, iiberquerte den Perron
und stieg sofort wieder in das letzte
Koupe des eben einfahrenden Zuges
nach Berlin, wo er mit gierigen Bis-·
sen die geschenkte Stulle verzehrte.
Sein Blick verlor sich ins Weite; auf
seinen Zügen lag Bitterkeit und Weh.
Zwei Tage daraus begegnete er
Marie wieder um 11 Uhr, im selben
Kompe; sreudestrahlend theilte sie ihm
mit, daß derBarbierherr gesagt hätte,
er solle sich ihm mal vorstellen.
Gustav-Z Herz schlug ihm in der
Kehle, und er vermochte nichts zu Pia
gen. Er drückte ihr nur die Hand, das;
sie beinahe aufschrie. Dann versanten
sie beide in Schweian. Jhr wars, als
seuchteten sich seine Ali-gen Er suchte
nach Worten. fand sie aber nicht recht.
Endlich brach er die Stille und be
gann schüchtern und tleinlani: »Ach,
Fräulein Marie, ich muß Ihnen was
sagen. Ich habe Ihnen angelcsgcm Ich
bin gar nich bei der Bahn. Jch vin
jetzt füns Monate stellenlos. Herrgott
wat bin ic! herumgelofen und hab ict
gesucht! Nischi. Betteln wollte ich
nicht gehen, Wohnung hab ich teene
nich, meine Sachen find versetzt ——— »i
Na, da bin ick aus den Gedanken ge
kommen, mir eineArbeitstarte aus der
Bahn zu nehmen. Und da fuhr’ ict nu
alle Tage von früh füns Uhr bis
Nachts um eins heraus und hinein;
einmal steig ich in Groß Görschew
straße aus, ein andermal in Lichter:
selde. Zehlendors oder Wannsee, auch
bis Potsdam saht ick oft, geh aber nie
den Bahnsteig herunter, um nicht zu
viel vom Schasfner abgetnipst zu be
toinmen, sondern ich bleibe immer
oben und fahre zurück. Gott, es ist ja
nicht recht, aber bis jetzt ist mir noch
nischt dabei passirt. Da bin ich doch
den ganzen Tag in einem warmen
Lokal, verdiene doch ab und zu mal
was mit Koffer runtertragen. Dafür
hab ick ein eigenes Billet bis Zehlens
darf, das ich nich benutze. Gehks
weiter, nimmt der andere ein Zu
schlagbillet vor mir. Na, und die
Stunden von 1——5 in der Nacht, dat
sind wohl die schlimmsten, aber die
vergehen auch. Gott, irgendwie muß
man sich durchschlagen, un dat is im
mer noch besser als betteln und steh
len. Die Wahrheit dars man ja doch
nicht sagen, sonst wird man ghich
eililigespunni. So, jetzt wissen Sie
a es.«
Er sah zu Boden, verschämtzMaric
verhielt sich das Weinen. Doch endlich
meinte sie: »Bei macht allens nischt.
Kommen Sie nur man hin, det an
dere nehm ick schon auf mir· Aber die
Kleider müssen Sie sich auslösen.«
Gott — jetzt? Jch habe doch
nischt —« erwiderte Gustav dumpf.
»Det Geld tvill ich gern geben. Sie
könnens mir ja dann wieder zurück
geben, wenn Sieg verdient haben.
Man weiß doch, mit wem man es zu
thun hat.»
Gustav beiain seine Stelle neben
seiner Marie, mit der er von nun ab
»ainq«. Sie sehen beide nett und sau
ber aug, nnd beide hatten sich nach
zwei Jahren soviel erspart, daß sie sich
nahmen iind gemeinsam ein Geschäft
eröffneten Er rasirte in der Vor
deistube, sie plättete im Hinterzin1
incr. Und Beide waren sehr glücklich.
— —-·O.-—« «
Intuiti.
Die beste Salbe siir jede Wunde
ist heit’rer Sinn --zur rechten Stunde.
« Crit dann! . «
l »Die iiinne Frau Müller ist iehr ge
z iprächigk , «
I »Ja, man sagt, ihr Mann kommt
erst ziiin Wort, wenn sie schlaft.« t
Tesiiiirt » ·
Lehrer: »Was ist das, ein Geheim
iiisik«
Schüler: »Eiwas, was man· nicht
sagen darf, vie alle Leute es wissen..'«
!
(
assiu Tit-pet. s«
Baron: »Na, was machen denn die
Hunde?«
Treiben ,, Odie sind alle recht wohl;
der gnädige Herr auch!«
Ju der Freude.
Bauer idessen Würste auf der Nah
rungsmittel - Aussiellung prämiirt
wurden), gerührt: »Ach, wenn das
mein Schweinle noch hätte erlebe-I
könne!« ,
Stimmr.
Onkel (an Besuch: »Eure Univer
sität ist wirklich ein schönesGebäudet"«
Nefse (Student): »Das will ich
meinen, so wag sieht man nsicht alle
Tage.«
Untier-schämt · .
Bettler (zn einer Dame, die ihm
einen Cent geschenkt hat): »Sagen
T Sie, Madame, legen Sie sich auch
wirklich ieine Entbehrungen aus«
wenn Sie mir das schenken?«
Furchtbare Perspeetive
A.: »Haben Sie arti-tm's Der
Kabelring um die Erde ist geschlos
sen!«
B.: »O verflucht, wenn nur nicht
bei der Drehung der Erde die Meri
diane durchgerieben toerden!«
Fiirchtcrlian
Der Graf tzum Bankiert: »Sie
wollen Ihrer Tochter nur 500,000
Mart mitgeben? Jch erinnere Sie
daran, daß sich mehr als 500 Ahnen
im Grab umdrehen, wenn ich eine
Bürgerliche heirathe.«
Vertchnay t.
Serenissismus: » er Viktualien
händler Piefke hier am Orte soll mir
so ähnlich sehen.«
Bürger-meisten »Man lönntc
wirklich glauben, Durchlaucht wäre
sein Doppelgänger!«
Dontietsinnig·
Fran: »Geichwind. Max! Du
sollst zu einem Konsilium bei der
sehn-erkranken Baronin kommen!«
Junger Arzt: »Jch? Dann gehW
zu Ende mit ihr!«
Am ersten Dienst- Tagel.
Neuer Beamter: »Seht eilig schei
nen free-« hier ja nicht zu haben, auf
keinem Schreibpulte sieht man Nich
bliitter oder Streusand. "