Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 17, 1903, Zweiter Theil, Image 12

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    In der Osternacht
Ein Erzählung von-Wladimir Ko
rolento.
Es me Sam ag Abend.
W war Das kleine, in
Weise Kilhle ehiillte Provinz
schien im orgefiihl des er
lockensthlags vom Thurme der
hedralti verstummt zu sein.
Ueber dem tädtchem den Feldern
nnd der auzen Erde war das un
Ære hen des herannahenden
wahrnehmbar
dlieh erscholl von der Höhe des
LIM der Kathedraltirche der erste
· huende Klang und durchzog die
mlancholische Nachtluft5 ein zweiter,
dritter folgte. Nun ertönten, sangen
und klangen von allen Seiten, in allen
Tonarten die Glocken ringsum. Auch
aus dem finsteren Gebäude. das die
Stadt befchattete, hörte man ein heise
rez, schrilleö Dröhnen, das, in den
Liiften zitternd, sich kläglich abzu
miihen schien, die in des Aethers Höhe
emporsteigenden, mächtigen Allotde
einzuholen.
Nun verstummt das Geläute. Jn
den Häuser-i verlöschen die Lichter,
die Fenster der Kirchen erstrahlen im
Kerzen-glanz. Die Erde rüstet sich
zur abermaligen Bertündigung der
alten Botschaft vom Siege des Frie
dens, der Liebe und der Brüder
lichteii. .
I
An der dunklen Pforte des düsteren
Gebäudes rasselt der Riegel. Eine
halbe Rotte Soldaten, deren Waffen
im instern klirren, treten hervor, um
die achttoache abzulöfm
An der westlichen Seite tritt an die J
Eis-It ho- bsov »Im-IFF»I Schifhinnckw i
ein junger- Retrut. Seinen ungelen: l
ten Vewegungen steht man es an, daß 1
er erst unlöngst das Dorf verlassen
hat. Sein jugendlicheö Gesicht trägt
den Ausdruck der gespannten
Au erksarnteit des Neulings, der
um erstenmal einen verantwortlichen
en bekleidet· Er wendet sich mit
Unzsesicht ur Mauer, schultert ras
sein das wehr, marschirt zwei
Schritte vorwärts, macht eine halbe
Bendung und steht nun Schulter an
Schulter neben der bisherigen Schild
wache, die ihm die auswendig gelernte,
bekannte Instruktion giebt:
»Von einer Ecke bis zur andern . . .
ordentlich anspassen . . . . weder schla
se- noch einnicken!« so apostro
htrt der Soldat den Rekruten; die
et hört ihn rnit gespannter Aufmerk
keit an und in seinen Augen
chisunert eine gewisse Unruhe.
»Verftanden?« fragt der Gefreitr.
« te Befehl!«
» un pas gehörig auf!« sitgte
jener streng hinzu. Dann schlug er
einen anderen Ton an und sagte gut
mitthig:
»Macht nichts, Fadejetv, brauchst
dich nicht zu ängstigen: bist doch kein
altes Weib! . . . oder fürchtest du viel
leicht den Teufel?«
zsch was, warum nicht gar!« er
Iiderte Fadejew und süate dann
Iachdentlich hinzu: »Aber es ist mir
so schwer ums herz, so beklom
m . . . .«
Uns dieses treuherzige. naive Ge
ständnis folgte ein ironisches Lachen
M den Reihen der Soldaten.
»Im wahrlich noch ein rechtes
indi« meinte der Gesteite, ver
Ichtlichsrnitleidig lächelnd; dann kom
mandirte er:
»Sei-sehr über. Marsch!«
s--4—«.et-I-. -..«r-....t- st- ht- III--- .
sIssusuka kssbsbsuth Ist-» Uvs da tttttt
fchaft und verschwand um die Eckes
bald waren auch ihre Schritte ver
hallt. Die Schildwache warf das Ge
wehr iiher die Schulter und schritt(
1
l
langfam an der Mauer entlang.
If III If
Nachdem der letzte Glockenton ver
klungen war, begann es sich im Jn
nern des Gefängnisses zu regen. Schon ;
lange hatte die diiftere, trübfelige Ker- :
ternacht ein fo bewegtes Leben nicht ge, I
fehen. Es war, als oh die Glocken
tsne die frohe Botschaft von der Frei· I
heit wirklich hierher getragen hatten.
Die schwarzen Thüren der Zellen öff
neten sich, Männer in langen rauen
Littelm mit dem verhängni vollen
farbigen Fleck auf dem Rücken, traten
paatweife in die Korridore nnd dann
in die lichtstrahlende Gefängnißtirchr.
Die Zellen waren leer. Nur in den «
feftneefchlosseuen, engen, runden Räu
men der vier Eckthiirme rannten in
fieberhafter Haft vier Einzelhäftlinge
umher nnd lehnten zuweilen das Ohr
an die Thtir, mn eifrig auf die zu
ihnen herübertönenden Bruchftücke des
Mrchengefangei zu lauschen.
einer von den gemeinschaftlichen
war ein Manier auf der Prit
che liegen geblieben. Der Aufseher,
den man von ver plötzlicher Erkan
knng benachtichtigt hatte, trat zu ihm
und blickte ihm in die fieberhaft
den nnd stumpfsinnig in die
- Leere starr-enden Augen.
«he, wanows hörfi du! ...
IMM. rief er den Kranlen an.
Diefer rührte fich nicht; er mur
M nur unverständliche Laute,
Gib-are war heiter, die glühen
- Lippen Wien sich kaum.
W ins Lazareth!« befahl der
; Ins-sen ski- ssans und ließ aussen
" »I- st re die Lorridortvache
HI- lsetrachkte den Fiel-ern
Ind Mit-Ue den Kopf.
- Las-Wicht« Dein Ba
» hat nein Fehl bald ein
t« M der W dann fah,
II fsr ihn-nichts saht zu than
f sc
den Korridsr entlang zur
Kirche, blieb an der g chlofsenen
Thüre ftehen und laufchte in Got
tadienst wobei er sich häufig bis zum
Boden niederbeugte.
Izu der Ie, wo der Kranke nun
atle n lag. « rte man von Zeit zu «t
fein nnperftiindliches Murmeln. ie
ser nach nicht alte, fefie und starke
Mann durchlebte in seinen Fiel-er
phantasten die Vergangenheit, fein
cht war qualvoll verzerrt.
s Schicksal hatte ihm schlimm
mitgespielt. Von bohrendein heim
we geplagt und von der einzigen
Ho nung geleitet, nur noch einmal
einen Monat, eine Woche lang bei den
Seinen zu weilen und dann, wenn es
sein mußte, denselben Weg zurückzu
legen, war er taufend Weist weit ge
wandert, hatte er dichte Wälder und
wilde Gebirgsschluchten passirt, tau
send Gefahren und Entbehrungen er
tragen — und nun- nur hundert
Werft vor dem ersehnten Ziel, seinem
Heimathsdorf war er festgenommen
und in dies Gefängniß gebracht wor
den . . . .
; Nun verstummt plötzlich das unver:
ständliche GernurmeL Der Kranke
reißt die Augen weit auf, seine Brust
athmet freier, tröstliche Phantasiebil:
der ziehen durch sein glühendes Ge
hirn.
Dem Kranken scheint es, alr- ob ein
Hauch der freien Luft des Waldes-;
dickichts ihn anwehe. Er richtet sichs
auf und athrnet tief: seine Blicke strei-- j
fen vorsichtig umher —— und pldtzlichj
lehrt sein Bewußtfein Zurück. Des
ans Defertiren gewöhnte Vagabund
erblickt etwas längft Vermißtes und
heiß Ersehntes eine offene Thür. (
Sein mächtiaet Instinkt rijttelt den
durch Krankheit erfchiitterten Orga
nistnus aus. Die Fiederphantasien
schwinden, nur eine einzige Erschei
nung steht, wie ein das Chaos durch
brechender, glänzender Strahl, oor
ihm: —- er ift allein, die Thiir ift
offen! . . . .
Er steht auf. Die ganze Giutb
seines entzündeten Gehirns tanzen
trirt sich in den Augen; fürchterlich
und hartnäckig ftarrt er vor sich hin.
Jemand hatte, aus der Kirche kom
mend, die Thür geöffnet. Die Wogen
des harmonischen, durch die Entfer
nung gedäinpften Gefangs berührten,
des Vagabunden Ohr und verstu; ’
ten dann wieder. Das bleiche Amxuz «
wurde von einein Zug der Rührung
gestreift, der ihm die Augen feuchtete;
ein längft gehätschelter Traum er-:
wachte in feinem Gedächtnifzt nächt
liche Stille. Geiliifter der dunklen
Fichtenzweige über der alten Kirche
des Heimattidor’ . . die Jugendae
nassen . . . flimu.. . -e Lichter jenseits l
des Flüßchens und dann, dieser
nämliche Gesang Fort, fort von
hier, um dies alles daheim, bei den
Seinen zu hören und zu sehen.
s O I
Der junge Soldat bleibt stehen«
ftellt fein Gewehr an die Erde, ftiiht
fich auf die Mündung des Laufs, legt ;
feinen Kopf auf die hände und ver
sinkt in tiefes Nachdenken. Auch ers
fieht fein Der und der nämlichel
Wind weht da bee. hin; auch dort
schimmern die Fenster der Kirche im
Kerzenlicht und die dunklen Fichten
wiegen ilåe gelitten Wipfeln iiberm
Ab und u erscheint er zu erwachen,
und daan ieht man den grauen. Au- i
gen an, daß er feine Umgebung, das i
Feld das Gewehr und die Mauer i
nicht begreift. Schließlich dannnert
ihm die Erinneruna an die Wirklich
teit wohl wieder aus, aber das leise’
Geräusch des Nachtwindes webt ihm
von neuem seine heimathiichen Bilder
vor die Seele und dann schlummert
er, ausL Gewehr gestützt, abermals
ein.
Nicht weit von der Stelle, wo die
Schildwache steht. erscheint nun über
der Mauer ein dunkler Gegenstand —
es ist ein Menschenkops .. . Der Va
gabund späht in die weite Ferne, zu
dern kaurn erkennbaren Saum des
dunklen Waldes hinaus. Seine Brust
weitet sich, er athrnet rnit Wonne den
frischen, freien Hauch der mütterlichen
Nacht ein. Dann läßt er sich lang
sam von der Mauer herab und gleitet
zur Erde nieder.
Freudige Glockentiine schallen durch
die nächtliche Stille. Der Soldat
fährt zusammen, richtet sich hoch aus,
nirnrnt seine Mühe ab, urn zu be
treuzen, und bleibt arrt rnit
der zum Gebet erhabenen hand stehen
Der Vaaabund hatte den Boden
erreicht und lies eilends davon.
»Halt, halt! . . . Liebster, Bester . . .
Halt!" . . . . rief die Schildwache, er
schrocken ihr Gewehr emporreißend.
Was er gefürchtet, wovor er gezittert
ihatte, das war nun iiber ihn estim
Hmem das Unsaszliche, Grau ge —
diese vor ihrn stiehende graue Gestalt
TSeine Verantwortlichkeit der Dienst
isiel ihm ein. er legte das Gewehr an
iund zielte aus den Jliichtiing. Aber
bevor er den ha abdeiiate, schloß
er mit iliigiicher rirnasse die Augen.
Abernrals schwebt und wirbelt iin
Aether das harmonisch singende und
melodisch erilingende Glocenseläute
iiber der Stadt . . . Von ·enseits der
Mauer erschallen die Jzne des tri
umphirenden Gesanges «Christ ist er
standeni« weit in die Ferne hinaus.
Pi· ich kracht, alles übers-end
ein S H. Leise- hilslsses Still-Ein
tote ein Klage-. spkgt
daraus, dann aIes YOU
sur das schwach very-Lende Echo
wie it, ein Oeheru . den W
stechen Schas des Fästenschusseh
UN
Viere-the Nase.
Dummste von Dans horina
Jn dem altberiibmien Mehl-and
lungihsaui Johann Gottlieb Schub
neri Eidam war die Stelle eines Rei
senden zu vergeben. Dukende von Oe
tverbern hatten sich demeef ber Firma
schon vorgestelltx keiner derselben fand
aber Gnade vor den Augen des alten
Verm »Ein ordentlicher Weinreisen
der,« behauptete derselbe, »was schon
durch sein Aeußereö fiir das Geschäft
empfehlenb wirken und dazu gehört
nebst gewandtem Auftreten vor Allem
eine —- rotbe Nase!« Herr Schrobner
verfügte nämlich selbst iiber solch einen
röthlich strahlende-n Geruchszipfel Und
—- in der That! — wer diesen respekt
vollen Sinken nur von Weitem sali, der «
konnte über die Güte und Vortrefflich- «
leii der von dem Besitzer desselben em- J
pfohlenen Weine nicht im Zweifel sein.
Endlich hatte aber der wunderliche
alte Weiubiindler doch den Richtigen
gefunden. Der Betreffende war aller- I
dings noch ein junger Mann, aber sein l
Gesichtserter hatte schon jenes Zeitar
nat, welches Gott Bacchus nur seinen
getreuesten Jüngern verleiht.
»Ein prächtiaer Mensch das, den ich
deute annahm!" schmunzelte Herr
Schrobner zu Hause beixn Mittagessen
-. erst sünfundzwaniia Jahre alt,
hat aber schon ein Naserl —- ah! —
Dabei ist er sonst ein schmucker Junge
aus guter Familie, der sich Zu beneb
men Iveiß!« «
»Er-bade um ben Menschen!« erwi
derte sein Töchterchen mißbilligend.
»Es-o jung und schon als Lrtnrer ge
tennzeichnet . · . Du entschuldigst schon,
Papa, aber mir find die rothen Nasen
ein Greuel!« —- ,.leer, Kindchem das
gehört nun eben zum Geschäft, und je
mehr rotbe Nasen auf der Welt herum
laufen, desto besser gebt’s uns Wein
händlern!«
Wilhelm Rustenberg, dies der Name
des neuenaagirten Weinreisenoen, er
wies sich als sehr tüchtig nnd hatte nach
Beendigung feiner ersten Tour einen
derartigen Erfolg aufzuweisem daß
ihm sein Chef voll Anerkennung auf die
Schulter klopfte und ihn einlud, fiir
nächsten Sonntag sein Gast zu sein«
Emniy Schrobner, das- neunzehnjiih
riae Hanstöchterchem war innerlich ent
setzt, als ihr der junge Mann vorge
siellt wurde. So arg hatte sie sichs
doch nicht gedacht! Aus dem nicht un
hiibschen, jugendfrischen Gesichte des
Reisenden alübte und leuchtete. vorn
hellen Purpur bis in«s Vlaurothe spie
lend, eine sonst schön zu nennende Ad
lernase, die, an sich, auch ihr gefallen
haben würde, aber jenes fatale Kolorit
zerstörte alle Jllufronen . . . Emniy
schauderte. -—« -———
Jahr und Tag toar Rufenberg nun
schon im Schrobner’schen Hause. Was
er versprochen, hatte er auch gehalten
und von jeder Reise brachte er Ge
schäfte in hülle und Fülle heim. so dasz
ihn sein Chef bald als werthvollen,
nicht so leicht ersehbaren Mitarbeiter
hochschiihtr. An einem Sommertage
lud er ihn, tvie schon oft, wieder ein«
den Abend auf seinerVilIeaatur, die arn
Ufer des lieblichen Sees lag, zu ver
bringen. Dankbar nahm der junge
Mann die Einladung an und wurde
von der rau seines Chefj mit ge
wohnter iihle empfangen.
Nach dem um sieben Uhr eingenom
"rnenen Souper blieben die beiden r
ren bei einer Flasche Medoc und einer
gutengigarke auf deL einen herrlichen
auf den Arm seines Gegenübers und
» lächelte: »Wie wür’ö, Herr Rustenbetg,
Ukllclllilc llllck Dcll Occ chchllVcll
Veranda sitzen und plauverten über
dies und dag. Der alte Herr schien
heute jedoch etkas auf dem herzen zu
haben. Er führte die Konverfation
nicht wie sonst in leichtbin fcherzender
Weise und seine Blicke streiften wieder
holt forschend über die Züge seines
jungen Beamten.
«Freilich, freilich! Verliert sanft die
Blume!« Pause. —- Dicke Ranchwolten
vor sich hinpaffend, legte der Wein
hündler endlich vertraulich die hand
wollen Sie nicht mein Schwiegersohn
werden? Sie haben zwar tein Vermö
gen, aber da in Ihrer Weinnase steckt
Kapital rin!« Der Reisende seufzte:
«.Vab’ a ch schon daran gedacht, Herr
Schrobner; aber gerade der Umstand
—meine rathe Nase —- dem Sie wohl
einen etwas allzugroßen Werth beile
gen, macht mich in den Augen Emmys
unmöglich!«
»Dummes Zeugs« brummte der
Kaufmann. »Hab' ja auch so ein Pur
purheft!« — «Ja, Herr Prinzipal, bei
Ihnen als Vater hatte das Fräulein
Tochter keine Wahl zu treffen: Ihre
rathe Nase betrachtet sie als ein Fattum
— die meine als eine Fatalität, der
man ja aus dem Wege gehen tann!«
Der Alte knurrte, und der junge Mann
fuhr fort: »Ueberdies iii ei auch für
mich wenig schmeichelhaft, gerade nur
meiner Nase wegen für würdig befun
den zu werden —« H
« perlaH-—a!« unterbrach ihn I
Schrot-net aMein lieber iungerIreund, «
va- glauben Sie dennLL Ich hab's .
schon längst heraus, daß Sie das Herz
am rechten Fleck und auch ohne eine
rathe Nase das Zeug haben, einmal
mein Geschäft ordentlich weiterzufüh
ren. Und ich würde« -—-» bier trat eben
Frau Schuh-er auf die Veranda —
Mn meine Tochter auch dann zur
eas gebeu- Denn Sie keine rathe
afe hätten!«
m
armer noch zögerte stefsnbegr.
«A r Emmyit».« ——.,Ra. lo ver
suchen Sie’s doch wenigstens einmal,
mein Lieber; machen Sie mit ihr eine
Bootfahrt heute isi gerade ein pracht
voller Sonnenuntergang« wenn Emrny
dort den luthroihen Ba in’i Wasser
sinten sieeh wird ihr Jhre Nase gleich
viel weniger roth vorkommen!«
Sich höflich verneigend, bat Ratten
Jberg eine Minute später die Tochter
seines Chefs um die Gunst, mit ihr ein
wenig in den See hinausrudern zu
’ dürfen. Als das weiche, ionore Organ
des junaen Mannes an ihr Ohr schlug,
schreckte Emmn, die in mädchenhafter
Träumerei am Ufer saß, empor. Sie
hatte schon eine ablehnende Antwort
auf der Zunge, aber als sie seinen Blick
so flehentlich bittend auf sich gerichtet
sah,« verstummte sie und erhob sich mit
einem lonventionellen Lächeln.
,,Gliiciaui! mein lieber Rustenberg!«
ries der alte Schrobner den jungen
Leuten von der Veranda nach, und mit
kräftigen Rades-schlagen trieb der junge
Mann das Boot hinaus in den See,
indeß ummr geschickt das-Steuer lenkte.
Ills sie schon wsit draußen waren, ließ
Ruttenbera mit einmal die Ruder sin
len und seinem reizenden Vieavis
tief in die Augen blickend, begann er:
»Friiulein — minn, ich habe Ihnen ein
Geständniß zu machen und bitte
Sie —---«
»O, sprechen Zie nicht, Herr Ruft-In
bera!« unterbrach ibn lebhaft und lief
errötbend, das Mädchen »Papas
»Gliiciauf!« von vorhin ließ michs ja
ahnen. wag Sie vorhaden: aber so ielsr
ichSie persönlich hochfchiide, Ineinifrern
io tönnte ich mich nie und niknmer ent
kLsJI4ce-» -:----0 (Il)-..-.-- h-- «;..«
...,...».... «........, «
der eine solch gut gefärbte Nase hat« die
Hand zu reichen und mit ihm dann
zum Gespiitte der Welt mein Leben
langherutnzulausen!" Ruftenbera fentte
verlegen den Blick und sah demnach
nicht den Schimmer in den Augen sei
ner lieblichen Partnerin, als sie, gleich
»am. ihn tu trauen, dinzusetxter »Ja,
wenn Sie eine andereNaIe hätten . . !«
Als nun der junge Mann wieder aus
tad, schlug das Mädchen, ob ihres Frei
mutheg erröthensd, die Augen nieder,
und sie sah daher nicht, wie Ruttenkera
schallhast lächelnd sein Talchenttsc in's
Wasser tauchte und — sich die Nase
adriedt
»Nun. Fräulein Emmv,« riet er
dann zu der verwirrt vor sich Hinstars
renden und deutete mit atiickseligem
Gesichte aus seine, wunderbarerweise,
nun nicht medr rotde Nase, »nun nehme
ich Sie beim Wortl«
»den Rustenbetg . · .!«
»Ja, staunen Sie nur! Meinen Ist -
sichtsdorsprung bad« ich ni-: ja nur
aus Geschäftsriickstchteir roth nesärbtx
nun aber, da mein Lebensaliick an dem
rothen Rits zu scheitern drohte, hab’
ich mich adgeschmintt... Wollen Sie
-—-— willst Du nun?. . .«
»O, Herr Rustenberg, das —- das
tain —«
»So unerwartet, nicht wahr?«
»Ja, und wie —— wie gut Sie ieZt
aussehen! · .. O, Herr Rustenbeeg!«
«Emmn!«
«Willi!«
»Was wird aber Papa dazu saaen.
daß Sie, daß Du ihn so an der Nase
herumgesiihet!«
.O, das wird sich schon mechenz er
wird nicht grausam sein!'«
Der gluthrothe Sonnenball war un
tergesangen und der bleiche Mond stieg
heraus und immer noch saßen dieJuua
vetlpdten tm leise tchaulelnden Brut,
und die Wellen rauschten und schlugen
aus an den Vorspandem daß es
sehnte-ht- mrd sie-tschi- alsich nli ob
sieh zwei junge Leute liiizten und herz
ten. —
Papa Schrei-um der vor- der Ve:
randa Aus-schau hielt. ward pl- des lan
gen Ausleibens der Beiden schon ei- as
unruhig. »Entweder ist ihnen ionz
Gott verhüte -— ein Unglück zna stoßen
oder —-—oder, na, mir lann’s recht
fein!«
Da knirschte ein Kiel am Sande nnd
gleich darauf stürmte es die Treppen
herauf.
«Papa! Papa! Ich, was bin ich
glücklich!« jauchzte Emmy und flog
ihm an den hals. »Na, siehst Du, Du
kleiner Eigensinm nun hast Du ihn ja
doch genommen, trotz seiner rothen
Nase!« Dann wandte er sich zu dem
bescheiden dastehenden Rustenberg nnd
ries: »Gratulire, gratulike! mein Lie
ber —« Jn diesem Moment kam das
Dienstmädchen mit der Lampe. Der
Weindändler stockte und starrte seinen
neugebackenen Schwiegersohn an.
»Ja —- was ist —- wo ist denn Ihre
Deine rothe —«
« n den See ist sie untergeaangen,
glei wie der gluthrothe Sonnendall!«
licherte Emrny vergnügt
»Was? Ja, wie ist denn das mög
lich?!«
« ie war ja nur gefärbt, Väter
chen!«
Papa Schrobner mußte sich setzen.
So ein Spthbub war ihm nicht vor
etomrnenL Also nur yefärdtl Ums-ill
iirlich griff er sich an die Nase —- aber
da ging keine Farbe ab; die war wasch
echtx Immer wieder flog sein Blick hin
über In dem fröhlich lächelnden jungen
Mann, nnd er mußte sich ist-gestehen
das dessen-e m doch sie hübsch-:
als vordem aussah.
»Na, Junge! rief er endlich und zo
ihn IM- soeto »Ich sed- lchm da
VI ein geriebener Schlantoof bist und
Deine rothe Nase . . . na ja, dafür hao’
Isfsisifh « . « , —
, PF- .
B · zngie geht’s, Herr Spärlich — isi Jhke Schwiegermutter noch da auf
ciU i«
«Soeben habe ich sie auf die Bahn gebracht! . . . . Aber denken Sie sich
nur die Bosheit: da haben die beiden Frauen »s— meine Frau steckt auch mit
dahinter .- "alle meine Kleider vertii umt, bis auf die, welche ich anhabe
und die mir längqit viel zu eng gewot den! . . . Und das Alles nur, damit
ich nicht erleichtert aufathrnen iann!«
I
Zieh ja immer noch die meine. wollen
wir von nun ab gerne vermissen!"
»Gewiß, Papa!« rief Rustenberg
lächelnd: »denn mit der rothen Nase
machte ich bloß Geschäfte· mit der wei
ßen aber —— mein Glüa!«
— ——«---O -.-——-- —
Ray-leert und Mast-zittern Joseph
von Vateru.
Daß Napolevn 1813 dem baieri:
schen Könige den Abschied geben woll
te, erfahren wir zum ersten Male aus
einem Brieftonzerst, das sich im russi
schen geheimen Staatsarchiv in der
Adtheitung »Ausgesangene Briefe« be
findet. Aus einer Abschrift, die dem
Professor Schiemann zugänglich ge
worden. veröffentlicht dieser das zwei
fellos echte, aber undatirte Attenstücl
im neuesten Heste der »Historischen
Zeitschrift«; er ermittelt als Zeit der
Abfassung mit großer Wahrscheinlich
teit das Ende des Monats Juni lsilkL
Napoleon stand schon im Anfange
des Frühjahrs wieder mit Heeresnmcht
aus deutschem Boden. und es tam ihm
sehr darauf an, sich der Bundeshilse
und der Bundestreue der deutschen
Vasallenstaaten zu versicheru. Der
möchtiaste unter den Rheinhundsiirsten
aber. König Marimilian Joseph von
Vaiern, zeigte sich in der Ausriistung
seines Kontingentg lauer, als es dem
JProteltor gefiel; auch mochte die An
wesenheit vreuszlsckxertlnterhöndler am
baierischen Hase des Kaisers Bedenken
erregen. Schon am 2. März hatte er
dem Könige von Paris ausgeschrie
ben:
»Ich habe Jhnen durch meinen Mi
nister den Wunsch zu ertennen gege
ben, daß Ihre H Bataillone sammt
. möglichst zahlreicher Reiterei und Ar
tilterie ohne Verzug zusammengezogen
werden möchten; ich schreibe hnen fett
eigenhänditr, um Jhnen die ichtigteit
dieser Maßregel an’s Herz zu legen.«
Zu verstärkter Mahnung erschien
Mitte März ein französischer General
’in München. Der König jedoch zau
derte auch ferner. Am 20. April
schreibt Napoleon selbst wieder:
»Ich lann Ew. Maiestät nicht drin-«
" gend genug empfehlen, Jhre gesarnnite
I Kavallerie dorriicken zu lassen.«
Aber er bleibt mit den Leistungen
unzufrieden und in heftigerem Tone
äußert er sich während des siir ihn
verhängnisvollen Waffenftillstandeg
am 19· Juni von Dresden aus in ei
nem Briese an Berlhier:
»Ich sehe zu meinem Bedauern, in
wie schlechter Verfassung sich die berie
rische Armee befindet. Dieser Staat
zählt 4 Millionen Einwohner und bat
nur 4000 Mann Reiterei. Das ist in
solchen Kriegszeiten eine sehr falsche
Sparsamkeit und macht der baieri
schen Verwaltung teine Ehre.«
Jn solcher Stimmung würde Rand
leon früher wohl einfach deiretirt ha
ben, daß der König zu regieren aufge
hört. Jetzt beschränkte er sich darauf,
diesen, immerhin in navoleonischer
Vliavignit und nükze durch vie Auf
forderung zur Abbanlung, wenn nicht
zu beseitigen, so doch wenigstens einzu
schiichtern. Dies bildet den Jnhalt der
direkten Zuschrist, die er wohl bald
nach dem 19. Juni an Marirnilian
Joseph richtete. Ob der Brief wirt
lich abgeschiett worden ist und in
Miinchen bis setzt noch geheim aehali
ten wird, oder ob es bei dem bloßen
Entwurf sein Bewenden gehabt hat,
der bei den Pauieren der napoloeni
schen Kanzlei lieqen geblieben und im
weiteren Berlause des Krieges den
Rassen in die hände gefallen ist, lässt
sich vorläufig nicht entscheiden. Sein
Wortlaut ist folgender
«Navoleon an den König von Vater-r
sich habe-Ihnen, mein rr Bruder.
me nen Kriegsminisim i habe Ihnen
Jinanzmänner und das gute Beispiel
an die Dand gegeben: Dennoch höre ich
zu meinem Bedauern, daß Sie daraus
keinen Nutzen ziehen· dasi vielmehr seit
drei Monaten von Ihrer Seite nicht-J
geschehen ist.
Jeßt möchte ich Jhnen noch einen
Rath geben, und dieser wäre, Ihre
Krone niederzulegen und iie dein
Prinzen, Jhrenr Sohne laemeini ist
der spätere Dichter-König Ludwig l»
dee 1825 feinem Vater in der Regie- .
rung folgte), zn überlassen, der nach
meinem Dafürhalten das erforderliche
Herrichertalent besitzt. »
Wenn Sie sich hierzu entschließen,
werde ich fiir Feftfefzung eines Jhretn
Range entsprechenden ishrengehaltes
Sorge tragen und nicht aufhören,
Ihnen, mein Herr Bruder, alle Zeichen
meiner Zuneigung zu geben. Np."
- --——.-.---s«
Der satfee und die Pariere des
dicker-h
Aus Celle wird qefchriebem Ein
Bäckermeifter in der Neuenflraße hier
felbfr hatte einen tanbftnmrnen Bäcker
gefellen. Eines Tages gefiel es diesem
aber in der Arbeit nicht mehr und »s
znnml er auch feinen Lohn vorweg
hatte - hielt er es fiir besser, gleich
nnf Wanderfchoft zu gehen, ohne Kün
digung nnd Jnnehaltnng der Kündi
qungrsfrifi. Don Liineburq aus erhielt
dann der Bäckermeifier von feinem Ge
fellen brieflieh die tatenorifche Anwei
sung, ihm nach einem bestimmten Gast
haus in Lünehurg feine Vaniere hinzu
fehiclen oder er würde »bis an den Rai
fer gehen«. Man lann verstehen. daß
der Bäckermeifter sich nicht ionderlich
beeilte, folchenr Befehle nachzukommen.
es that es in einigen Wochen aber doch,
um Weiterungen zu vermeiden. Diefe
wären aber doch beinahe gekommen.
denn eines Tages erscheint der Sehnt
rnann bei unferem Bäcker, um der
Sache nachzuforfchem Der Geselle hatte
sich wirklich niit einem Briefe. der
iiberfehrieben geweer fein foll: »Ge
ehrtefrer Herr Kaiseri« an den Kaifer
newondt, um feine Papiere wieder zu
bekommen. Einen langen vorschrifte
miißigen Rückgabetoeg vom Minister
bis an unfere Polizei hatte der Brief
des Gefellen gema t. der nun wohl
glauben wird, der aifer habe es he
wirtt daß die Papier-e ern die aufge
gebene Adresse gefchiit wurden.
- HON
Cis aus-nehmet Dieses-saurem
Vor ein paar Wochen nahm Frau
X» die Gattin eines berühmten Pari
ser Spezialarztes, ein neues Dienst
mädchen, das mit «blendenden« Zeug
nissen »betvassnet« war. Eine Probe
eit verlies über alles Ermatten gut,
io daß Frau X. das Lob ihres neuen
dienstbaren Geistes in allen Tonarten
sang. Sie scrug es so laut, daß es
auch zu Ohren der hoben Polizeibe
hörde lam, und diese entbot eines Ta
ges einen ihrer Deteltives zu Frau X»
die degreislicheiikeise iiber einen derar
tigen Besuch höchlichst erstaunt war.
Der Kommissar erkundigte sich ein e
dend nach dem Dienstmädchen, schien
aber von den ihm gespendeten Lobes
erhebungen nicht sonderlich erbaut zu
sein. Schließlich verlanaie er Namens
des Gesetzes, das Mädchen zu sehen,
und als dieser erschienen war,... riß
er ihm mit dreister Faust den liihnen
Bau der Locken vom haupt. Frau X.
siel vor Schreck in Ohnmacht, obwohl
sie dazu weit weniger Veranlassung
hatte, als das Dienst-«Miidchen«, denn
dieses trar ein rniinnliclietv Wesen und
gehörte einer beriichtigten Einmischu
bande als Mitglied an, in deren Aus
trage es die Stellung bei Frau X an
genommen hatte. um Kundschasieri
dunste in der Wohnung zu leisten. —
Frau X. hat der Schreck siir mehrere
Tage ans Bett gefesselt· der Minimal
schuhmann dagegen den »Einbrecher
Ectaireur" siir etliche Monate ans Ge
sang-us
-—«----—-.. —»
Eier geschickter Arzt.
Arzt izum Kollegen): »Ich be
greise nicht, wie Sie diese eingebildete
Kranle behandeln«iniigen?«
»O- ietzt habe ich sie schon wirklich
trauli«
Passe-m- Name
Gladys: »Sie hat ihr Automobil
nach ihrem früheren Gatten, dem
Grasen, benannt.«
Ethel: »So, warum denn?«
Gladys: »Es ist sehr leicht und
meist außer Ordnung.«
Eine Frau kann man nicht suchen,
man mu sie sinden.