Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, February 13, 1903, Sonntags-Blatt, Image 9

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    W
Va- Wehekifchephotogkarirm
, Novellette von Karl Rode.
»Dieses Häuschen . . ." Frau von
Wendelsteins ließ ten martialifchcn
Schnurrbart ihres ftatrlichen, sieben
undzrvanzigiährigen Jungen, des
Oberleutnants der Morde-Mann
Hans von Wendelstein, tosend durch
ihre-Finger gl-iter«., willst Du Dei-set
Mutter noch immer keine Tochter Ju
flkhren? Es giebt doch is: viele liede
und nerle Mädchen, rie nie:n Hans
glücklich machen lönntei:.«
»Haltahaha . . .l« hin-I lachte auf
und schaute seiner Mutter mit jenem
entziickendensllebesslsutjse Er: vie Au
gen« der rer Sols aller Mütter heran
gewachfener Söhne ist. ,,Hal)ahal,sa,
mein Herzensiirijrterrte:s., eine ganze
Menge Damen hast Du gleich fiir Tei
rten Sohn im Einnek« F)alyalraha!«
»Lache nicht« mein alter Hans ...!"
aus den Augen oer Edelfrau leuchtete
das ftolzeste Mutteraliicl Veraus. »Du
weißt-, wie ich es meine, und tvie gern
ich es noch erlebe-: möchte, daß . .
»- r Herr -Ober!en:nant von Wen-.
delltern unter den Pantoffel lornrni!«
fiel Hanf feiner Mutter lustig in das
Wort, »wenn wird nceins Herzens-mitk
tec n aber kein Glück hat-ers Habe
Di ja. Gott sei Davi, Du Etextes
Mutterherz . . .,« Hand stand auf.
schloß die Mutter in seine Arme, ..dn
ist das Oeirathen nech Tanne nicht trö
thig . . .;« damit griff er zitr Mütze
und Reitgerte, um sich zum Dienste zu
begeben.
»Und ich erlebe ei dtcki noch. daß
ein liebes nnd schönes Weib meinen
milden Jungen in dic- Rosenfesseln
legt . . .!« drohte Frau von Wendel:
stein hinter ihn ls :«, während Hans
fpcrenltirrend davonichritt
Hätte dem Herrn Oberleuinant ir:
I
I
CZonntdrgg leati
Beilage des »Urbraslka Staats-Kuzkiger und Yerold«.
j J P. Wmdolph, Herausgehen Grund Island, Nebr» den I:;. Februar 1903 Jahrgang 253 No. Zi.
unaeerssiueenem
Aus dem unlängsst ers ·enenen
Buch des,Engländerss Fredekiet Ets
1vest, der 400 Seiten mit der Erzäh
ckung von Geschichten von berühmten
Musikem, Komponisten und Sängekfi
ausgefüllt hat, seien einige Anetdotm
von bekannten Musikern wiedergege
ben. Wie sich manchmal Leute in
ihrem Wunsche, den Berühmtheiten
Artigteiten zu erweisen, zum Narren
machen, zeigt folgendes Geschichtchem
Eine Gräsin besuchte G o u n o d
in seiner Billa in St. Claud, und da
sie zur Frühstück-seit .onkam, mußte
sie durch das Eßzimmer gehen, wo die
Diener gerade den Tisch deckten. Der
Masestro hatte allein gespeist, denn
sein-e Familie war an der Schlund
als die Gräfin aus einem Teller
Kirschterne liegen sah, nahm sie einen
daoon und steckte ihn in den Hand
schuh. Nach einiger Zeit erwiderte
Gonnod den Besuch der Dame, wobei
sie ihn auf eine Brosche, die sie trug,
Iaufmertsam machte; es war der mit
Diamsanten besietzte Kirschkern Die
» Gräfin erklärte ihm, ·to—ie sie dazu «ge
kommen war, woraus Gounod kalt
bemerkte: »Ich esse niemals Kirschen:
mein Diener zzean ißt alle Kirschen,
die er auf den Tisch- bringt«
»Als Verdi die le te Hand an
,,Jl Trodatore« legte, besuchte ihn eit:
Fdeund, der einer der tüchtigsten Mu
siter und Krititer mar. Verdi zeigte
ihm die Partitur und skiielte ihm aus
dem Klavier einen Chor dor. »Was
halten Sie davon?« ,,Unsinn,« ern-si
derte der Kenner. Verdi rieb sich die
Hände, lachte und machte ihn aus eine
andere Stelle aufmerksam. »Dum
meg Zeug,« sagt-e der Krititer und
drehte sich ein-e Cigarette. Der Kom
ponist stand aus, umarmte ihn freu
dig beivegt und rief: »Liebe:
Freund, ich habe eine populäre Oper
gemacht: nnd ich war entschlossen,
ist«-n III Des-sinnst —- mif Flusses-km
muth darin, Die sich zurecht zu finden
wußte.
Er bückte sich nach Dem Hute und
hob ihn auf. Ins war oie höchste
Zeit, sonst hätte Kam sich damit be
freunden dem Der Austritt augen
scheinlich Spaß machte. »Zurück,
Karo- . . . .!"
»Meine· armen Haare!« Mit ko
misch lliiglichem Stimtnenfall legte
die jungeDatne ihre perignue behand
fchuhke Rechte auf ihr üppiges Blond
haar, das allerdings in Gefahr mat,
oon klleeog Schnauze übel zugerichtet
Zu werden.
»Bitte ttntekthöniqst umVergebuna,
mein gnxlioigfteö Ftäuleim ver Gaul
ist sonst ZJ fromtn. Nur eine Sekun
Je Ruhe noch, dann . "
»Dieset tin-artige Ouno kommt nun
auch noch.«
Jn der That sprang das Thier jetzt
lustig bald aus Hanf-, bald auf Reto,
bald auf die Dame zu und verschlun
tnekte die Lage.
Natürlich hatte sich auch eine Menge
Menschen eingefunden, welche in te
speltvollek Entfernuan von Neros
ftampfenoen Hufen, vie Gruppe umste
hsend, jene liebenswürdia : spöttischen
Glossen laut werden ließ. welche sich
’bei solchen Anlassetn »Bei-hohe
»Ihr-« rnesnfs DE s7v nieste-Yer In
gegeben hatte. Von dem angefertigten
Dutzend lagen noch elf in Dem Karton,
das zwölfte hatte Tante Ulrite bekom
men. Wie gelangte dieses Bild nun in
Das Vlrbeitssjischchen von Fräulein
Lotte von Rettlingen?«
Am folgenden Morgen war Frau
von Wendelftekn rein »basf« Tiber nag
veränderte Weien ihres Sohnes-.
" »Was haft Du denn, mein alter
Junge?«
»Das möchtest Du wrssen, mein lie
bes Mutterle, gelt?« Hans nahm den
lKopf feiner Mutter zärtlich zwischen
seine schlanleu weichen Hände und
» liißre ihr Stirn und Wangen Dann
;eilte er nrit einem lustigen Triller da
t von. .
l Frau von WendelfteLn schaute ihm
imit glücklichem Lächeln nach. »Wenn
; mich nicht alles täuscht dann ist mein
Gänschen bis über die Ohren ver
; sieht-« ,
. Es war auch so. Tag Dainentäfchs
ichen mit demPtjotoaratnm darin hatte
feine Wirtuna aethan. Mehr aller
dings noch die Erinnerung an die tra
ailomifche Benennung im Thiergarten,
an das vornelun liebliche Wesen Des
»rei;enten Mädchens- uno ibr feines
Verständnis-, für Die Komil Ver gege
benen Situatioru
Gegen elf Uhr liess, Hans feinen
Wagen anspannen und fuhr nach der
cI..-I.·1-H-—k4--k
.—l
Seufzend stieg er hinab in den
Pgckrauim der hinter dem Verkaufs
lolale lag und rief die Vertäuserin
nen zu sich. Diese bettsenerten aus
seine einsrinsglichen Fragen theils
weinend und schluchzend, theils kecl
nnd trotzig ihre Unschuld. Nur eine
blieb stumm etwas abseits stehen, mit
besorqtem Blick ruhte ihr dunkles
Auge auf der sinsteren Miene des
.Ftaiisrnanng.
Es war Gabriele, oie erste Verklin
serin, ein stilleg Mädchen, das bereits
seit sieben Jahren im Geschäfte tbkitig
war und sich das vollste Vertrauen
des- Prinzipals errungen hntte. Bei
den Kolleginnen war Gabriele nicht
beliebt, sie galt siir hochmütlsig, weil
sie an den oft übermüthigen Scherzen,
die Die Mädchen untereinander trie
den, nicht theilnahm und« nngesällkg«
weil sie teiner den Freundschastsdienst
leistete, iiber leine Unordentlichkeiten
binwegznsehen Sie wahrt-» nur die
Interessen ihres Chefs nnd hielt bei
den Untergebenen strenge aus Ord
nung und Pflichterfüllung
Gabriele stanos also betriibt über
den unangenehmen Zivischensall als
stumme Zeugin bei der Verhandlunn,
sesz that ihr so leid, wenn Herr Brand
Lierqer hatte.
Da keines der Miicchen irgend
znzelche Zugeständnisse trachte, sagte
O
sich wohl herrlich entfalten, wenn fie
in einen Garten voll Li cht nnd Luft
und Sonnenschein versetz: würd-.
Heinrich Brandg Schritte waren
leiser und langsamer geworden —
jetzt nahm er nachdenklich in dem ho
hen, leoerhezogenen Arbeiigsessel Platz
stützte den Kon in die Hände und
träumte weiter.
Ein leises Klopesn störte nach eini
ger Zeit seinen Gedankengang.
»Herein!« Gabriele stand auf der
Schwelle. Brand fühlte sich seltsam
· bewegt, als er oas Mädchen, das eben
seine Phantasie so sehr beschäftigt
hatte, plötzli ch vor sich stehen sih.
Aber m: pt ihr lacn die Erinnerung an
ihren Trotz ,,Waå- wünschen cie?«
fragte er förmlich.
»Die Verlauf-erinnert beleidigen mich
durch höhnende und unverschämte Be
merkungen, ich lann das nicht dulden
—- von Jhnen habe ich keine Hilfe zu
erwarten — ich bitte alfo um sofortige
Entlassung. «
»Was fallt Ihnen ein, das ist nn
möalich lassen pie Die albernnen Ge
schöpr fchlvätzEn-«
Ein dunkles Noth überzog Gabrie
lens Wangen. MSie beweisen mir
gend ein anderer etwas derartiges ge
sagt, dann wiirde er in bekannter Me
lodie: »Du bist verrückt, mein Kind,«
qepsifsen haben; bei seiner iiber Alles
verehrten Mutter kam ji«-in ein derar
tiger Gedanke natürlich nicht in den
Sinn.
Aber lächerlich sand er die Drohung
doch. Jhm Roseniesieln anlegen!
Wem sollte das wob! gelingen?!
Er liebte, natürlich -- Alle Welt
liebt ja, warum er nickt-« Aber von
allen weiblichen Wesen war es- einzig
seine Mutter, welche er nrit dieser Re
gung seiner Seele beglückte, unv —
eine Schwester hatte er nicht seine
Großtante Ulrite· die ihm jeden Mo
nat einen Hundertmarkschein znsandtr.
Seine sonstigen zartliasenEnspfinduw
gen konzentrirten sich auf seine betten
Gänle, Bleß und New, in denen in
lenter Zeit als besonderer Günsklina
eine junge deutsche Dogge, Karo ge
nannt. gekommen war. Sollten ihn
diese drei Individuen in die Rosenfesx
seln legen wollen«-' »Pab!«
Der Dienst war tanm beendet, »Na
vertauschte Hans sein Charaenpferb
gegen ,,Nero«, lief-, dem Kauz eiren
Maulkorb anlegen und trab:e nach dem
Thieraarten hinaus-. Hier ging es in
den schattigen Reitmeaen bald schnei
dig bin, Trab und Schritt, Gaiopp
und Sprung, wie Die Laune es eingab:
ran Karo mit luftiaenr Gebell hinter
drein.
Nero war ein tierische-J Thier,
schwarz und feuria und mit so tadels
los-en Gängen; er hätte dem Leut-krank
nicht besser unter den Sattel wacher
tönnern Dabei war er erst drititsalbs
jähria nnd seit einem balben Jahre in
Hansett’8 Training. Es war e:ne Lust-,
ihn zu reiten.
Plötzlich —- ,,.f)oppla! « Nrrci
chen, was sällt Dir dean ein?!'« Als
der Herr Leutnanz eben aus ver Hof
säger-Allee in die Hanptstraße einbog·
richtete ein Gartenarbeiter seinenWasi
serschlauch auf die Tit itbalrn bin nnd
traf ten Nero mit eer vollen Kraft ve
Wasserstrables gegen vie Beine. »Ton
nerwetter. Kettchen ...,« das war dem
Rero noch nicht passist und dem Herrn
Leutnant ebenso wenig, »bist Du
denn nicht recbt geschei-, das -ist ja
blos kaltes Wasser-»L« Ter Gaul
sprang hoch aus, horpste ein paar Se
lunden lang wie eine Prima Ballerine
aus den hinterbeinen herum und . . .
»das ist zum Radschlagen, Pferd-beni«
— zwang den beten von Wendelstein
nllorssckslpnnierct abmcittm tm er an
dernfalls abgeworfen worden wäre.
Damit war Nero aber noch nicht
beruhigt. Er sprang urit einein groß
artigen Satze zur Seite auf den Fuß
aiingerfteig, und exxe Der Herr Leut
nant es zu verhindern vermochte, hatte
er hier eine junge Dante derartig in
den zügeln gefangen, daß ar. ein Erst
rknnen nicht zu denken war.
»Gott, nein. . . .!«
»Taufenv Mal Wetzen-knien mein
gnädiges Fräulein ·.!« die Ziina
tion war heillog. Dort der stampfen
de Nerv, dicht unter seTnen darnvfen
den Nüftern, von den Züaeln fest unt
wickelt, die junae Dame, und neben
dieser Herr Hans von Wendetftein mit
der Aufgabe, das Pferd zu berulriaem
die Dante zu beschützen bei alledem
aber auch den Nero festzuhalten
»Ich bin untröstlich mein gnädig
ftes Fräulein ,...!« Das kleine, ele
oante Hütchen des junaen Mädchens
fiel unter Neros unruhigen Stösen
auf die Erke.
»O Gott, welches Mißgeschick ...!«
bauend ein ungemein liebliches
Gesichtchen vor« feinen Auqu glühen,
und eine außerordentlsfympathische
Stimme tönte in fein Obr. Aber Ge
Mtsauidruck und Stimme waren frei
Rierereix es laq eine. dein jungen
Alster wohlthuendtz vornehme An
cis-end, — — schwer znriickks alten lassen,
nnd in welche man gern mit einstim
rnen würde. wenn man nicht selber
gera:e in der Falle säße
Endlich aelana es dem Herrn Lein
ganz die Zügel um die Dame derart
zu lockern. daß sie ang- der Schlinge
schlänfen konnte.
»Got- sei Dant . . .! Unart, aels
doch fort . . . .!«
»Zurück, Hund« Hans ris-. den
Hund bei seinem Maultorbe bestia zu
rück. »Aber so können Sie unmöglich
nach Hause gehen, gnädigez Friiu
lein . . . .!«
»Go:t sci, ich sehe auch übel aus!'«
Dasjs «an wieder weit mehr wie vor
nebrnes Ber stöndniß sür die Komit
der Situation als wie wirklicheKlaae.
Hand hätte der jungen Dame die
Hände küssen mögen -
»Es wird hossentlich ein Magen in
der Nat-e sein . . ., est-1tten gnä
digft ..." Der Here eutnant wollte
sich nach rer Faihrstraße wenden. wo,
wie immer, alle möalichen Gefährte
her uno bin rollten. Da ricbZeten sich
zum ersten Male die Blicke der schö en
Unbekannter, welche bis dahin n ter
den schnanbenk en Niistern klierog roie
unter den läppischen Angriffen Ka. os
zuriFrre aerichtet gewesen waren, nach
) seinem Antlitz empor-. -— ,,Huba ...!«
l
l
Als ob ein jäher Schreck ihre..s)erthi·ci
tiqteit plötzlich lähme, so erblaßte ihr
Gesten-eben bei densean Anblick. Dem-:
ries dieselbe Stimme, die noch turz
vorher mit ihrem melodischen Wekch
stlanae den Herrn von Wendelstein nn
l qeinein stund ale sdi beriibrt bn:te,
lturzt »Nein nein Ect- dante, Sie la
kben ja mit Ihrem Pferde Zu thun
) Jd bennse die Straßenb abn. « llnd ;
laann eile dasx sunqe Mädcken nicht
l der anderen Seite derv —-t-r.rfze bestiea »
eine gerade vorbestornnrende »Gut l
»trisck«e« und ließ dein Herrn Leutniint ;
das Nachsehen- «
Der hatte große Lust, seinem Kam l
das Fell durchzugerben AlJ er sictt
aber nach dem Hunde umwand-te, Tals »
er denselben mit einem Damenletersl
täschchen im Maule hinter sich stehen· l
.,Nanu? Was ist denn das, bund (
l
l
chen?« »
Daraus wußte das Thier allerdinas
s-:..- M-z»---« ils-U- rma XII-»Ju
.. ...»-... ..-.. --- --,....,..- .
selbst vielleicht Es war ja tein Zwei
fel, die schöne Unbekannte hatte es ver
lorer, wenn nicht aar der Hund es ihr s
entrissen lxsatte «
Hans nabrn dem sure die Tasche
ab. Dann bestieg er den Nero wieder
und lrabte nach Haus.
Tabeim tvcrr sein erstes. dass Täschi
chen in untersuchen
»Es ist zwar indislrex, lieber Wen
delstein, aber Du muer doch sehen, ob
Du auf diese Weise die Eixsentbiicnerin
ermitteln kanns
Es war ein Iäschchen von schwur
sent Leder mit in Feuer vergoldetem
Bügel und enthielt eine klein-e Höhl
rrrbeit. einen Brief« dessen Umschlnn
die Adresse: Fräulein Losie von Nett
lingen, Kirrsürstenstraße Vo. trug,
und endlich . .. ten braven Hans trib
; belte es plötzlich bis in die haarspitzen
! hinein, seit: eigene-J Plzvtogranim in
Kabinetiornia!.
" »Daß Du die Motten trienst!«
: Aber es war teine Täuschung lsr
i mochte sich aus die Lipven beißen oder
l beim Ohr zapfen· es blieb sein Bild,
; dieselbe Ausnahme, welche er erst tor
.nige Wochen vorher artsTante Ulri
tens Wunsch hatte anfertiqen lasset-»
thd von der er . . · »wic! doch mal
snachsehen müßte ja mit dem Teufel
j«uoeben!" Hand begab sich an ten
’ Schreibtisch und össnete die Schuf-lade
desselben, . . . erst ein einziaes Erm
plar. und zwar an Tante Ulrite fort
inus Iussns I.s-ul«,x.
Er ssand die Gesuchte, nur schöner
- noch, bescheidenen anmuthiger und lie
benowerther in iltrer schlichten Häus
lichteit, als auf dein Spazierpanne im
Thiergarten. Sie war die Tochter
einer ,,Masorstvitttre" in beschränkten
Verhältnissen Aber trotzdem fand
shans nicht denMuth, von dein Rhod
- grainnte zu reden. Es laq ein so bei
liger Zauber teusgbester Jungfräulich
teit iider dem schönen Mädchen, daß er
lediglich das-z Täschchen ais-and noch
mals um Verzeihung bat, und sich
nach einigen tyrbåndlichen Worten
wieder empfahl.
Aber noch am selbigen Nachmittage
tniete er vor seiner Mutter nieder;
»Meine beste Mutter, willst Du Dei
nem bang eine recht, recht große Bitte,
ersiillen.«
»Mein alter Junge, ntustt Du da
rum noch sranen2«
Und nun beichtete Hans. Bloß an
dein Photograntrn sagte er nich:5.
»Ich werde ten Dornen morgen knek
« nen Besuch machen,« lächelte Frau von
Wendelstein« »und meinem Hinz dann
berichten, ob seine Wab: eine gute ist."
Wenige Tage später suisr Hans sel
her schon wieder nach der Kursiirsten
str.1f-,e, diese-, Wnl aber um sein lieb
reizendes Bräutstten, Lotte von ch:
lit«qen, nebst irrer Mutter seiner rine
nen Mutter zuxusiiknen
Jetzt endlick sano er Mqu), nach
seinem Pttothmtnnt zu fragen
»Mein einziger Haan Lottchen
barg ihr in tiefsten: Purpur ergtiihen«
des Köpfchen an seine Brust. »ich habe
siir den Photogriaphen gearbeitet, Vil
der in Oel iiber:nalt« um Die Mutter
ein wenig zu unterstütze-L und In habe
ich auch Dein Bild Iorr qesetxen is
qefiel mir io ungemein» das-, ich est« mir
vom Pisdtonrnphen aus-bat und
»So ...!« Hang jubelte laut uns
glücklich aus, indem er feinem Bräu:
chen ein paar Ttträuen von den Auaen
tiifztr. »Na, wenn Dir dass Bild sckon
so sehe qesallen hat, dann wird das
Original ja doch wohl auch nach Tei
nem·Eeschm.1ci sein.««
—- --.——-.-O s-.-.——
ice-w s oben-divan
v---- -"---·---- ....
Novelleite von Anna chbel Moor-In
ger.
Herr Heinrich Brand, der Besitzer.
des ersten Putz und Modervaarenge .
schsstes der Neswen«;, rannte mit gro
ßen Schritten in seinem Privationsp
toir auf und ab. Er war ärgerlich
und aufgeregt Soeben hatte ihm sein
Magazinier die Mittheilung aernaclu,
daß ein Stück werthvoller Brüsseier
Spitzen, das erst gestern Abend mit
einer Parthie anderer Putzartilel ans
der Fabrik angelangt war, abbanoen
aetornmen sei. Jedenfalls habe ei
sich eine Ladnerin angeeignet.
Erst vor einigen Wachen hatte der
Kaufmann zwei der Versäuserinnen
wegen tlnredlichteiten entlassen rniis
sen —— fortwährend verschwanden
größere oder tleinerkWosten von Bän
dern, Nitschem Garnituren u. s. w.
und nun stand er wieder vor der pein
lichen Aufgabe, strenge Untersucht-ng
einzuleiten
Nicht der Verlust der Waaren selbst
war es, der den Kaufmann aufs
Tiefste verstimmte, sondern die tin
redlichteiten dieser jungen, taum dem
Kindesalker entwachsenen Mädchen.
Heinrich Brand war ein Mann von
strengen und soliden Grundsätzen —
er begriff nicht«-vie ein Mensch, um
sich äußerlich mit übe fliissigem Tand
zu schmücken, seine innere Unschuld
und Reinheit preisgeben lönne.
wer Brand unaeduldnu »Sie ronnen
wieder in den Laden zurückgehen.«
»So, nun sind wir alle ausgesragt
worden« nur die hochnäsige Prinzeß
Dort nicht,« äußerte absichtlich laut
das Lehrmädchen zu einer älteren
Kollegin.
»Stille Wasser ariinden tief,« er
widerte diese ebenso.
»Naseweises Dina« , zürnte der
Chef, »Fräulei n Gabriel-: ist über ei
nen solchen Verdacht erhaben. Uebri
gen-X fuhr er zu Gabriele gewandt
fort, »vertheidigen können Sie sich ja
auch -- wo waren Sie ale die Kiste
ageöffnet wurde?«
Hatte Gabrielens Lippen bei der
hämischen Worten des Lehrnriiocher
»nur ein verächtliches Lachen umspielt
jetzt wich dasselbe einem schmerz
lichen. Nur einen unbeschreiblicher
Blick wars sie aus den Chef, danr
wandte sie sich zum Gehen·
,,·’5räulein Gabriele, ich warte aui
Antwort, wo waren Sie?« llana es
zbefehlend hinter ihr. Noch einmal
wandte sie das bleiche Antlitz dein
Prin; :pal zu: »Ich habe lei ne Veran
lassung, mich einem solch entwiirdi
z genden Verhör aus usetzen «
! Sprachlos vor Zorn iider diesen
lTrots blickte der Kaufmann der Da
- doneilenden nach,d dann sioa auch Lin
"ter ihm lrachenI die Thiir ins
"Schlos3. - - ·
Wieder durchmaß Hemrich Brand
sein Prioallomptoir mit heftigen
Schritten noch finsterer als vor ei
ner halben Stunde, war seine Miene.
Tas; sie esJ waan lonn:e. sie, die
sonst die verlörperte Saustmuth mir
gegenüber war. Aber ich werde ihren
Trotz zu häudigien wissen. Wie sie
mich anschaute mit ihren dunklen
Auan — -- so schmerzlich - — so vor
wursgvoll ——- ach was akaen mich die
Augen meiner Verläuserin an. Jch
nruszi hr aber sehr weh « ethan haben
so habe ich sie noch nie gesehen. Jch
hielt sie siir ruhig und leidenschafts
los. War doch toll von mir, daß ich
sie so wild ansuhr hätte lieber dem
albernen Lehrmädel den Kopf wa
schen sollen.... Aber vertheidiaen
Ins-Ins- fiv Tief-« heile lcnkgiiirhinpnhpä
Verliör — wag ist sie Denn?
Wo sie Spitzen doch nur sein mii
gen? Dem Honklnecht haben sie sicher
nicht in Iie Augen gestochen. Die ver
dammte Putzsucht von diesen Wei
bern. Gabriele ist eigentlich immer
die einsachste von allen. Das Lehr
manchen ist doch ein ganz armes Ding,
aber immer ist es voller Schleifen nn:
Bänochen. Gabriele hat nie derglei
chen an. Jmmer oaS schlichte braune
Kleid mit dem schwarzen Schürzchen
Die andern tragen gar leine Schürzen
--— ja Armbänder, llhrleiten uno sol
ches Zeug. Gabriele ist auch arm —
—--- sie lnnn sich dergleichen nicht an
schaffen. Ob ihr eine Garniknr
Spitzen gefiele? Sicher! Ob sie nicht
doch. . .. sie stand so aussalleno stumm
nnd verlegen zur Seite ——— —— —-— Nein,
nein — das tann nicht sein —-— es thäte
mir auch in der Seele wel) Weh?
nein, es ärgerte mich eben, wenn ich
sie entlassen müßte, sie war Doch so
zuverlässig... Ja, das war sie! Mit
eübrendem Vilichteiser hatte sie stets
meine Wünsche erfüllt uno wenn ich
ihr dasiir ein freundliches Wort sagte,
slog ein sreudiaes Roth, ein gliickliches
Lächeln über ihre Züge. Sie ist eigent
lich hübsch-nur zu bleich und schmal.
Auch so eine arme Blume, die unter
Unkraut verkümmern muß. Sie würde
uurus vie-se Wolle qellic zulll ztvsezlcll
Male, daß Sie mir den Besitz eines
Ehrgefiihlg nicht zutrauen H welche
Veranlassung gab ich Ihnen überhaupt
zu dem schmählichen Verdacht?«
»Lieber Himmel, wer spricht von
Verdacht? Habe ich nicht das Recht
jeden meiner Untergebenen nach einem
abhanden getommenen Gegenstand zu
fragen? Jhre Empfindlichleit geht zu
weit.«
Er hatte erregt gesprochen, mit nn
williger Geberde wandte er sich dem
Fenster zu, aber in seinem Gesicht lag
kein Schatten mehr «- es zeigte einen
sast freudigen Ausdruck.
Gabriele die mit der festen Ueber
zengung aelonimen war, Recht nnd
Hilfe bei ihm zu sind-en, lehnte sich
bleich und ziietrnd an das Pult, neben
dem sie« stand, die Kehle war ihr wie
zugeschniirt. Es war dass erste mal seit
sieben Jahren, das-, der, für den sie
willig durchs-»- cFeuer gegangen wäre,
unzufrieden mit ihr war ——-— dag- erste
mal, daf; er sie hart anliefi. Das
schtnerzte sie tief — o so tief.
Brand stand noch immer am Fen
ster. »Ich kann sie nicht entlassen,
Gabriele,« sagte er milder, »Sie waret-.
mir eine Stütze. Aber ich will Ihre
S.ellung verändern, Sie sollen nicht
mehr die Ungezoaenhei:en der Miit
chen ausgesetzt s·eEn.« ·
»Ich verstehe Sie nicht, Herr
Brand.«
»Das glaube Ech, icb wle Inkch besser
ausdrücken.«
Er schritt auf sie zu, nahm Ehre
Hand und führte sie zu dem hohen
Sessel, in dein er vorhin geträumt.
Und dann sing er an mit weicher, leiser
Stimme zu der verwirrt ·-,n Boden
Blickenaen zu reden, so lange bis sich
das tiefgeienkte Köpfchen hob und die
seeleirvolleti Augen in grei:3-enloseiii»
Staunen zu ihm ausschauten, biS sich
darin ein-e namenlose unsaabsare Se
ligkeit spiegelte —- bis sie sich endlich
mit Thriinen ßilltem mit Thräuen der
Freude und des Glücks. Dann kniete
der große stolze Mann nieder und
legte das seine blonde Köpfchen an
seine Brust nnd preßte die kleinen
Hälmchen an feine Mannen nnn stif
sterie: »Willst Du oiese Stellung an
nehmen, Du armes gequälteg Vögel
chen -- - willst Du bei dem einsamen
Manne bleiben und ihm die Sorgen
von der Stirne scheuchen mit ten siiszen
Blick-en aus Deinen Märchenaugens
Willst Du böses mit gutem Ieraelten
uno den unfreundlichen Mann, der
Dich so gekränkt, glücklich machen?«
Ein Schluchzen, das aus tiesbexusegs
teui Herzen kam, antwortete ihm -—-—
und dann umschlangen ein paar weiche
Arme seinen Hals und rosige Lippen
suchten die seinen.
Alc- Heinrich Brand mit seinem
saliictstkahilenden Bräutchen später hin
abkam in den Packraum, tönte ilun
lautes Stimmenaetoirr entgegen. Die
Ladeninädchen hatten sich um den Ma«
auzinier geschart und heftiae Worte
solgen lseriiber uno hinüber.
»Was giebt es schon wied-:r?« fragte
Brand.
»Die Spitze hat sich gesunden, der
Maaazinier.. Tat sie beim Aus-packen
selbst in ein falsches Fach gselegt," rief
eines der Mädchen.
»Und wir sollten die Suppe aus
essen», knurrte eine unsere, »fogar
Fräulein Gabriele stand im Verdacht.«
,,"Gabriele hat auch einen lDiebstahl
ausgesährt,« erwiderte der Prinzipal
gut aelaut, »- ,,sie hat mir meni Herz
gestohlen, dafür wird sie mit lebens
länglicherQsangenschast bestrastt«
der Puristen, großen Richter und
Klassiiiftem wie Sie einer sind. Hätte
ich Jhnen gefallen, so wiirde ich tei
nieni anderen gefallen haben. Was
Sie sagen, bestärkt mich in meiner
Hoffnuna auf Erfolg. Jn drei Mo
nsaten wird »Jl Trovatore« in ganz
Jtalien gesungen, gebriillt, gepfisfen
und auf den Leierkasten gespielt wer
oen.« Uno er behielt Recht.
Von dem jetzt so viel geplagten
Ma Sc a a ni wird folgendes Ge
schichtehen erzählt: »Ein Leiertastew
insann spielte eines Morgens- unter
Mchaani’s lFenster das unvermeid
liche ,,J-nterme.z«zo« in so schnellem
Tempo, daß Ider Komponist es nicht
länger ruhia anhören konnte, auf die
Straße stürzte, richtiges Tempo zu
drehen begann und dem erstaunten
Leiertastenmann erklärte, er sei der
Komponist Des Stiickes und wolle ihm
zeigen, wie es aeånielt werden miisse.
Alls oer Mann, der zuerst ärgerlich
-n)ar, lieqriff, welche Eli-re Moscaan
ihm« anthat, tain ihm plötzlich ein Ge
danke und ein breites Lichen überan
sein Gesicht Am ndihsten'Moraen
erschien er ioieder Vor Dein Hause des
Komponisten mit einein großen-Pla
lat an seiner Drehorael, darauf stand
zu lesen: »Schiiler des berühmten
Maeeaani«.
Mir und Mich.
Die Schiviekiateit Der Un: nich-ei
Jung Zwischen Dein Dativ und Akkusa
tio des persönlichen Fürworts ist älter
als Vater Wranael und hat nicht nur
in seiner poinnierischen Heiniatl), son
dern auch ain ariinen Rhein schon
manchem zu schaffen gemacht. Den
unverbesserliehen Veriveclislern ivioi
uiete Ga· Harmi in der Sonntagsdei
laae der »Mit i1.sZta.« iin Januar
18)J foliendeg hiihiehe Spot taediehr
Aikli5. «
Der Tod nur tanu mir von Iick
trennen,
Sonst trennt in i r nichts oon dich:
Ja, sterbend- ivserd’ ich d i r noch
nennen,
Auch dann sie-hörst du mich.
Melina:
Bedaure sehr, kann Sie nicht dienen,
Für J h n e n fühl’ ich Liede nie:
Ich saae Sie: »Ich tenne Jhnen
uno mag man-:- 1)orell mehr von c le’
---·-—-—
Am Geburtstag-.
,,L:eber Großpapa, wir wünschen
Dir auch viel Glück, nnd Martia ha:
aesaat, wenn Du jedem von uns einen
Dollar schentst, sollen ivir ihn ans riet-i
Riickweae ja nich: verlieren.«
Beim Raffekktämchetr.
Frau Jnspettor: »Ja, meine Da
men, noch eing, die Frau Bahnnieister
Fischer hat sich sznr Ausnahme in unser
Kränzchen gemeldet. stann eine der
anwesenden Damen uns vielleicht ets
was Nähere-I iiber die Frau mitthei
len? lPanseJ Nichts! Gar nichts-?
Die Aufnahme ist einstimmig abge
lehnt.«
Er mußte trinken.
Gänschen setzt sich mitten in des
Nacht in seinem kleinen Bette qui:
»Vater, ich bin so durstiqsp
»Ach was, lege Dich nieder nnd
schlafe.«
Häuschen, nach einer kleinen Pause
»Vater, ich muß ein Glas Wasser ha
ben, ich halte es nimmer aug!«
»Wenn Du nicht augenblicklich wie-«
der einsch«lässt, stehe ich aus und hole
einen Stock, um Dich d:trchzuhauen.«
Der kleine Held: »Ganz recht, Vater.
wenn Du aber schon ausstehst, um mich
durchznhauem so könntest Du mir nnch ·
gleich ein Glas Wasser mitbringen.«