Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 23, 1903, Sonntags-Blatt, Image 11

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    Eine Südsee-Geschichte von A.
TheinerL
»Wer steckt denn eigentlich die »Gril
le«?« Mit dieser Frage detrat eines
schönen Morgens oor etwa 50 Jahren
der erste Lord der Admiralität de Re
gistratur-Bureaus deg englischen Ma
rine-Minisierit:ms in London.
Die denen Selretiire und Unter
Setretiire schossen herum wie ausge
stiirteAmeisen, sie schlugen dienstbeflis
sen in Dächern und Listen nach, keiner
aber wußte bestimmten Bescheid zu ge
ben. Der eine behaupte:e, die »Grille«
müsse in chinesischen Gewässern treu
zen, ein anderer wollte wissen, sie sei
an der Guineatiifte ftationirt, ein drit
ter meinte, sie gehöre zum westindlschen
Geschwadern
Die Ordnung im englischen Kriegs
rmd Wurme-Ministerium hat von je
her manches zu wünschen übrig gelas
sen, und daß es da auch heutzutage
noch ziemlich start hapert, dafür haben
in verschiedene Vorkommnisse während
des Burentrieges und die unverblüm
ten Auslassungen des Admirals Lord
Chorles Beresford Belege erbracht.
Endlich erlaubte sich ein älterer
Sudaltern - Beamter die Bemerkung,
sein Sohn sei als Midshipman auf der
»Grille«. Der letzte allerdings vor
längerer Zeit eingelaufene Brief habe ·
den Poststempel eines australifchen
hafens getragen.
Alsbald gingen nun von London
nach Sydney Mpeschen ab- in denen
die Kolonial - Behörden aufgefordert
wurden, über den Verbleib des Kano
ncllooois zil Vckicyicfh
Die Antwort ließ etliche Monate
auf sich warten. Jhrer Majestät Se
geschooner »Grille", Kommandant
Oberleutnant Cox, sei, so hieß es, vor
längerer Zeit von dem inzwischen ver
storbenen Flottenstations Chef Sin
cIair in dieSiidsee auf Patrouillen
tienst geschickt worden. Seit Jahres
frist habe man von dem Kanonenixoot
nichts mehr aehört die Verkehrs
mittel seien eben sehr mangelhaft » es
ließe sich aber wohl annehmen, daß sel
bxges Fahrzeug irgendwo zwilchen den
polhnesischen Arihivelen herurnsegele.
Mit diesem Bericht gaben sich die
Spitzen der Admiralität zufrieden,
man wußte ja jetzt, wo aie ,,(i-lrille"
steckte, früher oder spä:er wiirde sie
schon wieder zum Vorschein kommen.
, Ein Jahr oder io sriiber, ehe man
in London und Stsonen daran gedacht
hatte, sich um die »Grille« zu beküm
mern- lag diese in einer Bucht der zur
Gruppe der Neuen Hebriden gehören
den Insel Fortuna vor Anker. Aus
den ersten Blick wiirde sie niemand sür
das gehalten haben, wie sie war.
Die Schissseiten sahen schaut-erbost
schäbig aus, schmutzigbraune Eisen
roststreifen liesen daran herunter, und
an vielen Stellen war der weiße An
strich abgebröckclt oder abgescheuerL
An dem Ruvferbeschlaa des Schiffbr
dens sehlte manche Pla::e, und an den
kahlen Stellen hasteten Zeetana und
Schallhiere in dicken Schichten. Wan
ien undPardunen hatten wer weiß wie
lange keine frische Iheerung erhalten,
und Bambusstreisen versahen den
Dienst von Webeleinen. Die zum
Trocknen gelösten und ausgeschüttelteu
Segel zeigten große Fliclem kurz, alles
vom Bug bis zum heck, von den Mast
spiden bis zum Kiel trug den Stem
pel des Mangels und der Verwahrlo
sung.
Um die Besaßung des Kanonenbow
tes war’j nicht viel besser bestellt, als
am dieses selber; Kleider-, Flannel
und Tuchvorräthe waren ebenso zu
sammengeschmolzen wie das Ausriis
Rings-Material des Schiffes. Nicht
zwei Matrosen trugen gleiche Klei
dung; man hätte vie Leute mit den
breitrandigen, » aus Palmblättern zu
allerlei phantastischen Formen gestoch
tenen hüten- den buntgescheclten Kali
kohemden, den aus Pslanzensasern,
Muscheln und Daisischgiihnen usam
ehten Mitteln eher siir iraten
als sür Blaujacken der königlich engli
schen Mariae halten können.
Auch etliche Dudend halt-nackter
Kanaben trieben sich tm Vorderschiss
Ist-Im mit Was II- dssrcMn nobIs-Con
Weiße und Vrcmne verkehrten so frei
und ungebunden miteinander, wieMit
glieder einer großen Verbrikoerung.
Auf dem Achterdeck lchaukelten in
Binsenhängematten unter Dem ausge
spannte Sonnenoach Mr. Cor, der
Kommandant, und Mr. Strome-,
sein Lieutenant. — Zwei junge Jn
sulanerinnen saßen auf demNansoe des
Kajütenoberlichtes und schäterten mit
Voller, dem Midfhipman, dessen Va
ter vie hohen Herren in London auf
die Spur der »Grille« geführt hatte.
Langsam rollte die breite Dünung
des von keinem Windhauche geträusel
huOseant von Norden her dem Lande
zu und brach sich, geoämpft rauschend,
und wie spielend milchweißen Gischt
aufsprtiends an den Korallenriffew
Ja tiefem Azur wölbte sich der wol
kenreine hinrnielwom iiber dem blauen
Wasserspiegel der Bucht nnd tiber den
schön profilirten hitgelm deren üppige
Uegetation auf sanften hängen her
unterttieg zu dem leuchtenden, mit
bunten Muscheln llberfäeten Sand
Mifen des Strande-; irgendwo in
dunklen Waldestiefen plätscherten
unsichtbgre Kastckdenz die Luft war
Ilchwiinqert mit würzigeni Duft. Pa
radiesische Zustände schienen zu here-i
schen auf diesem lieblichen, vom Tit-i
mult der großen Welt sernab gelege
ne Eiland-e. (
Von der der «Grille« am nächsten,
nur wenige hundert Meter entfernten
liferftelle war ein kleines, mit zwei«
braunen Ruderern bemanntes, von ei
nem rothbärtigen Manne in eure-pai
fcher Kleidung gesteuertes Boot abge
ftoßen, und zehn Minuten später stand
der Rothbart aus dem Hinterdect des
Kanonenbootes bei dessen Offizieren.
Josua V. Tipp, ein seit Jahren als
Speiulani und Händler in der Südsee
bald auf dieser, baid ans jener Insel
gruppe sich aufhaltender Yantee war
damals rer einzige auf Fortuna leben
de Weiße. Dort hatte er von den Ein
gebotenen Land erworben und am
Rande des ihm gehörenden Kotospab
men - Haines ein leichtes Wohnhaus
mit angebautem Waaren- und Lager
Schupven ausrichten lassen.
»Bist-en Sie, Kapitiin.« rede vie
sen der Yanlee an- »ich kaliuliere, ’B
ist da was im Werke. Die Kanaien
gefallen mar ganz und gar nicht mehr,
werden von Tag zu Tag zudringlicher
und tragen jetzt immer Messer und
Beile im Gürtel. Geben Sie ihnen
Pulver zu riechen; seuern Sie etliche
scharfe Schüsse aus den Kanonen in
den Wald, schmeißen Sie mit Vollm
geln einen Hausen Palmen um; die
Pier-is müssen eiingseschiichtert werden,
müssen sehen, was ihrer wartet, die
Halunlen, wenn sie zu frech werden
sollten. — Schauen Sie nur, wie sie’S
treiben!'«
Der Kommandant drehte langsam
den Kopf zur Seite, bis er unter’m
Zeltdach durch das Vorderschisf üöep
P-c--.- k---l«
txt-Ist Ovuntv
Ein halbes Hundert Insulaner,
Männer und Weiber, hatten die
Mannschaft der ,,Grille« umringt,
schwatzen: lachend, gestilulierend: ein
paar braune Gestalten saßen rittlings
auf den Geschützrohrem ein Dutzend
andere kletterten wi-: Affen in der Ta
lelaae umher. Es war anscheinend
ein Bild naiven, urwiichsigen Froh
sinns, harmloser Ausaelassenheit.
Der Händler aber fchiittelte miß
trauisch den Fion dazu. Er hatte mit ;
der ,,Grille« gute Geschäfte gemacht
und er vfste noch mehr von ihr zu
profitEr-n, seine Haut aber wollte er
dabei nicht riztiren Wie konnten
diese Enzrländer auch gar so vertrau
ensselig sein. Er, Josua Tipd, wußte
es besser, er kann-e die Siidsee Inseln
und die Kanatem er hatte schon
manche Ueberraschung erlebt, hatte
mehr als eine schlimme Erfahruna mit
der Rasse verzeichnen darum wollte er
warnen.
»Ach was!« gähnte der Komm-an
:-ant, indem er sich stvieder bequem zu
recht legte in seiner Hängemat!e: »die
braunen Burschen wissen, daß wir
beißen können, wenn wir wollen. Es
ist das Spiel der Mäuse mit dem
Löwen« lassen wir sie machen. —Jm
Vertrauen gesagt, Mister Tipp,« fuhr
er fort, »ich lasse den Vierzigpfiinder
nicht gern sprechen; beim letzten- Schei
benschießen drüben in Mallitoba hat«
nach jedem Schuß einen Regen von
oermosdertem Holz und verschimmeltem
Zeug gegeben. Unsere Tatelage dürfte
schwerem Wetter kaum noch gewachsen
sein, der Pulvervorrath im Magazin
ist verwünfcht gering, und was den
Proviant anbelangt, da wissen Sie ja
am Besten, wiss um den bestellt ist.
Wird ’ne nette Summe aeben, wenn’s
zum Bezahlen kommt für Jhre Liefe
runigen —- Unsere Zeit ist um, hätten
schon vor einem Jahre abgelöft wer
den sollen, aber es scheint, man hat
uns rein vergessen. fiamose Ordnung
bei der Admiralität! Ich glaube, wir
bleiben hier zwischen den Inseln ste
chen, bis wir selber zu Kanaten gewor
den findt«
Der Händler blinzelte verschmipt
»Mir sachte, Kapitän!« wandte er ern.
»Gut so schlimm sieht die Sache nicht
aus. Jch erwarte« einen kleinen Se
get-Scherme: von Yap in- den Karo
linen, der wir-d, re ne ich, heute oder
more-en biet einlau en. Flaschenbiet
Wein, Konseroem feines Weizen-nein
guten Tabak, Cigarren, auch allerlei
Ausrüstungszeug fiir Schiff und
Mannfchaft habe ich bestellt, und ser
ner auch ein paar Fäßchen Schießpub
mr.«
»Als-) noch mehr Rechnungen und
Schulden!« seufzte der Kommandant.
,,Jhre Anweisung, Kapitäm mit
John Bull als Zahlen ist mir gut ge
nug,« schmunzelte Tigln »Aber aufge
paßt, halten Sie Die ugsen weit offen
und vor Allem sehen Sie dem haupt
linge, dem Tifalu, aus die Fin er,
denn dem ist nie zu trauen, und Pein
Voll folgt ihm blindlings. Da steht
er bei der Mittelluie und beobachtet
uns, der alte Fuchs. —- Well, good
bye, Kapitäm ich will wieder anfs
Land. Sonderlich heimlich düntt’s
mich jetzt da drüben gerade nicht, aber
ich bin aus Alles gefaßt und halte
meine Schießeisen parat.«
Er klopfte auf die Hüften, an deren
Gurt in Lederfutteralen zwei große
Ko1t’sche Revolver hingen, dann
wandte er sich, stieg in sein Boot und
fuhr ab.
Eine gute Weile verharrte der Kom
mansdant schweigend und in Gedanken
versunken, dann wandte er sich an den
Leutnant: «Glauben Sie, daß etwas
ander Sache ist, Stevens ? Jch mei
nerseits lte den Tipp für einen
Schwarz eder.«
Statt aller Antwort schickte der
Leutnant den Midshipmsan nach vorne
mit dem Auftrage, den Oberboot-I
mannsmaat zu holen, und dieser, ein
alter Seebär Namens Wiggins, mel
dete sich alsbald falutirend bei seinen
Vor«esehten.
» fahr von den Kanatem Sirt-E
entgegnete er aus des Kommandantsen
Frage. »Die sind just soie ein Rudel
junger Katzen, spielen wollen sie,
Dumcnheiten treiben. sonst nichts. Lä
gen wir bei einer der Salomoan
seln, dann tönsnt’g freilich anders sein,
aber hier in Fortuna! Sind nun
schon nahezu zwei Monate im Verkehr
mit den braunen Schlingeln und noch
nie hat sich einer boshast oder tückisch
gezeigt. Harmlose Bande dast« «
Der Kommandant lachte, der Leut
nant lachte, auch der Mdeshipmsan
würde gelacht haben, hätte er nicht den
Mund voll Banansensrucht gehabt, die
ihm von den jungen Jnsulsanserinnen
geschile und zwischen die Zähne ge
schoben wurden.
Als aber der Oberbootsmannstnaat
eben abtreten wollte, fielen Schüsse am
Lande. Jm Thürdahnten eines Hau
ses stand der Yanbee, die rme ausge
ftrextt und mtt beiden Revolvern in
einen dichten Knäuel vonEingeborewen
hineinseuern«d, deren Spoere ihn um
schwirrten und durchbohrten. Er sank
in die Kniee, das Wen verstumm
te, eine braune Menschenwogie wälzte
sich in’s Haus und in den Waaren
Schuppen. Auf dem weißen Sande
draußen laaen flins Leichen.
Der Oberbootmannsmaat hatte
nach vorne eilen wollen, aber auf hal
bem Wege war er von Tifalu seit
warts angefallen und ihm mit einem
wuchtigen Axthiebe der Schädel ge
spalten stvorden Gleichzeitig fielen
die Mattosen im Vorderschiff unter
den Keulenschlägen unsd Messerstichsen
der Wanatem ehe die Uebervaschten an
Widerstand auch nur hatt-en denken
können. Keiner vlieb am Leben.
Mit teuflischen-. Geheul stürmten
dann die Unholde nach dem Hinterbeck,
wo das vorher schon heimlich bis auf
wenige Haltleinen qelsockerte Sonneng
dach durch ein paar rasche Schnitte
aänzlich frei gemacht worden war und
im Stürzen die kaum zur klaren Er
lenntnisz der Katastropbe gekomme
nen drei Ossiziere unter sich begraben
hatte. Mit Beilen und Messern wur
den die unter der schweben Decke sich
bewegenden Körper so lange bearbei
tet, bis teiner mehr sich regte uno die
weiße Leinwand große Purpurslecke
zeigte.
Das Verhängnisz war lyereingebro
chen urplötzlich, mit entsetzlicher Ges
walt, so wie es in jener Jnselwelt
manchmal auch heute noch hereinbricht
über Diejenigen, die sich einlullen las
sen zu Sorglosigteit durch das an:
: scheinend harmlose, tindische Wesen
"dieser von Tücke, Hinterlist und Grau
"samkeit beseelten Wilden.
It- Ii· .L·
Raum eineStunde nach Dem scheuszi
lichen Gemedel kam im Westen ein
kleiner Schoner in Sicht, ver aus den
. Einaana der Bucht lossteuerte.
Bei diesem Anblick sing es in Tisc
lus Kopfe zu arbeiten an, er schmie
dete neue Pläne. Das Sonnendach
wurde wieder ausaespannt die Anzei
chen des Wirrwarr-s wurden beseitigt,
und etliche der getnordeten Weißen
auf dem Verdeck in natürlich erschei
nende Stellungen gebracht. Die einen
beobachteten das anseaelnde Fahrzeug,
eine Leiche saß aus der Reeling mit
einer Angelleine in der Hand, gegen
- den Hintermast gelehnt stand, wie le
bend, der todte Rommandant, welcher
das Fernrohr unter dem ttlrme hielt.
»Für den oberslächlichrm von keinem
: Mißtrauen beeinflußten Blick war die
Täuschung eine vollständige Am
Lande wurden zum Willkommen die
großen Trommeln geschlagen, unso an
der Flaggenstange des Yanteebauses
das Sternenbanner gehiszt
Als der Schoner langsam in Den
Hasen glitt und Segel und Anker fal
len ließ, umringten the die Boote der
Eingeborenen· Singend, lachend und
Blumen wer-send kletterten sie in
Schwärmen an Bord.
Spielen-d glückte die Ueberrumpe-«
lung des in der Niibe des Kanonen
bootes sich gaanickzerjiihleniven Yasu
Fahrzeuqu m sum Minuten war ev
in der Gewalt oer Fortunaner. Etliche
ver Upolutanaten, aus denen die
Mannschaft bestand, waren- beiin er
sten Zeichen von Feindseligteiten in's
Wasser arsprunsgen und dort qetiiotet
worden, der Rest und die beiden Wer
ßen, der Schiffsfijhrer und fein
Steuermann, fielen aus dem Verdeck.
Das war jetzt eine Befcheeruna, ein
lieberflusz von Rei t«hum: zwei Soff
se, gefüllt mit tvu erbaren Schätzen!
Die ganze Insel-Bevölkerung gerieth
in ein Fsieuer freudiger Aufregung.
Nur den alten Tifalu plagten Be
denken. Er erinnerte sich aus seiner
frühesten Jugendzeit dass oas Volk
einmal einen weißen Mann, so einen
Händler, wie der Rothbart einer ge
wesen, erschlagen, ver-speist und die
Sache bald vergessen hatte. Da aber
war eines schön-en Tages ein groß-es,
ein sehr gro sSchisf gekommen, hatte
Feuer und auch ausgespieen und
kleine Teufel. Die hatten, als sie
durch die Luft flogen-so lange geheult,
bis sie mit lautem nall zerplatzten
und hätten und Pflanzungen der Jn
sulaner zerstört-en. Freilich nur we
nige alte, schwache Leute waren von
den heulendenTeufelchen getödtet wor
den; alles, was laufen konnte, hatte
sich tief in tote Bersgmälder gefliichtet,
alber schlimm wa« doch, beim Zurück
dommen sdie Dörfer in Asche, die Ka
noes in Splitern und die Fruchtetnte
vernichtet zu finden. »Der Zorn der
Götter!« hatten die Priester erklärt,
aber Tifaiu war damals schon ein
Ztoeifler gewesen.
Nachdem die »-Grille" im Hafen von
Fortuna angeLegL und Tifalu die gro
ße Kanone gesehen und sprechen ge
bört hatte, du zweifelte er noch mehr.
Er reimte sich dirs und das zufam
men, wochenlanger reger Vertehr mit
der Schiffsbesatzung brachte ihm er
ioeitertes Verständniß für viel-es, er
kannte ietzt Ursache und Wirlung und
er zog feine Rutzantpendung daraus.
Aber konnte das andere groszeSchiff
nicht jeden Augenblick wiederkommen?
So machte der alte Häuptlina den
Fszstfreusden ein Ende und schickte sich
an, die beiden Schiffe, die stummen
Zeugen dessen, was geschehen war,«aus
dem Wege zu schaffen. Den Yapfcho
ner ließ man auf den Strand laufen.
Dort wurde alles Brauchbare aus dem
Raume aeholt, sicher geborgen, und
schließlich das Fahrzeua in Brand ge
steckt. Jubelnsd umtanzten die Fortu
naner die große Fackel, aber da explo
dirten plötzlich die nicht beachteten
Pulversäßchen und richteten Unheil
an. —— Ein halbes Dutzend Leute wur
den oon »den herumfliegenden Wona
stücken zerschmettert, andere mehr oder
weniger schwer verletzt. Wieder hieß
es »der Zorn der Götter!« Tisalu
aber wußte es besser. Mit der »Grille«
ioollte er kein-e ähnliche Erfahrung
machen, die follte nach einer gut ver
steckten kleinen Bucht auf der entgegen
aesetzten Seite der Jnsel gebracht und
dort allmählich abgebrochen wer-den.
Wenn nur der Anker gehoben gewe
sen wäret
Der Yapschoner hatte ein Tau ge
habt, das war leicht durchschnitten
worden, aber die schwere, dicke Kette
der «Grille", was anfangen mit der?
Zuerst versuchte es Tifalu mit Zie
hen aber die non-into Kraft der For
tunaner, oder wenigstens so vieler da
oon, alo Platz zum Ansfassen fanden,
brachte den- Anker nicht zum Weichen.
Die Matrosen der ,,Grille,« das hatte
Tifalu beobachtet, waren anders zu
Werke gegangen, als das Kanonen
boot einmal zu einer zweitägigen Sie
geliibung klar gemacht hatte; sie wa
ren um das vor »dem Vordermaft stie
hende tun-de Ding mit dem flachen,
glänzenden Kopfe so kange zum
Klange einer schrillen Pfeife herum
gelaufen, bis der große eiserne Haken
herausgekommen war. War es die
Musik gewesen oder das- im Kreise
Marfchiren oder beides zusammen?
Der Häuptling wollte es probieren.
Er lief-, die Speichen in oie Löcher der
Ankerwinde schieben, er selber hockte
oben darauf mit der aus« einem Schen
keltnochen des giemordeten Konimansx
danten geschnitzten Flöte, und begleitet
von den diesem Instrumente entlockten
schauerlichen Tönen, rannten die Kan
nibalen in der Rund-e herum. ,,Klick,
ktsack —- klick, klack!« schlugen dies-Per
bolzen an, der Anker aber rührte sich
nicht; die Notlnsoendigkeit, »die Kette
um die Winde zu legen, war Tifalu
und den Seinen nicht klar geworden.
Wollte die Kette nicht hereinkom:
men, ant, dann sollte sie auslaufen
Die Stopper wurden gelöst, leider
aber ivar das Ende der großen eiser
nsen Schlange fest oernietet imSchisz
boden. Immerhin trieb oie »Grille«
jetzt mit der Ebbe bis nahe an den
Strand. So dicht besetzt war ihr
Ober- und Zwischendech Bugspriet,
Kliiverbaum und Wanten mit brau
nen Zuschauern, das-, das- Ganze
mehr einem Volk riesiger Bienen zur
Schwärmzeit, als einem Schiff ähn
lich sah.
So lag die schwimmend-e Masse, oon
guten hundert Faden ansgelaufener
Kette gehalten, da. als es oom Lande
her zu blasen anfing, in vereinzelten
Stößen zuerst, bald aber andauernd,
stärker und stärker. Heulend brach der
Wind aus den engen Thalern hervor,
bis die Palmenstämme sich tief neig
ten und ihre Federkronsen schüttelten
Der Sturm faßte die Segel der
»Grille« und , sagte Brassen- und
Schootenblöcke den erschreckt-en Jus-n
lanern um die Köpfe, irgend ein
schwaches Glied der Kette sprang, das
Fahrzeug schwenkte herum und legte
ich so tief auf die Seeseite daß die
Reeling das Wasser berührte, dann
aber füllten sich seine Segel oon hin
ten, und wie ein wild gewordener
Renner schoß es zwischen den Klippen
durch ins offene Meer hinaus.
Ulllk lllllyclsllllqc Psllll WcUc ch
Fortunaner, die in der Tatelae klet
verten und sprangen aufs eroeck,
bin-ab aus die, die von unten heraus
lamen, Raum für alle aber gab’—:- dsa
nicht. Ein wüthendscr Kampf um
Sein oder Nichtsein entbrannte. Jetzt
glaubte auch Tisalu an den Zorn der
Götter.
I- II III
Zwölf Monate später lam ein aro
szeo englisches Kriegsschiff in jene Ge
genden: sein Kapitän hatte Ordn, die
,.Grille« zu suchen, das alte Kanonen
boot nach dem nächsten Hasen zur Ad
tatelung zu bringen und oessen Mann
schast abzulohnsen Etliche Wochen
lreuzte die Feregatte zwischen sdsen Ins
selgruppen ruin, aber von dem ver
mißten Fahrzeug war nirgends etwas
zu sehen-, was da unsd dort darüber
verlautete, klang so unbestimmt und
märchenhast, daß dieSuche endlich als
aussichtslos aufgegeben wurde.
II II It
Jahre und Jahre waren vergangen,
da anlerte eine unter novwegischer
Flagge segelnde Brig-g beie iner kleinen
niedrigen, fast genau unterm Aequator
liegenden vereinsamten und sür unbe
wohnt geltenden Insel, fünfhundert
Seemeilen von der nächstens Nachbar
schast, dem Mitchellarchipel, entfernt.
Ein Boot wurde ans Land geschickt,
und die Matrosen schwörmten herum,
eine frische Quelle zum ziillen der
Wassersiisser zu suchen. i dieser
Streiserei stießen sie im dichten Wald,
aber nahe am Ufer-, auf eine Mulde im
se aen Bis-den« in der, wie in einem
n iirlichen Trockendock, ein naheer
ganz auseinandergefallenes, halb ver
modertes und unter wucherndem
Pflanzenwuchs halb begrabenes Wrack
lag. Auf den morschen Plan-ten wa
ren Menschenschädel und Menschenge
beine versireut zwischen Spec-dem Ken
ilen und anderen bei den Südseehiw
sulsanern aebräuchlichen Waffen. Ei
ner der Seeleute fand beim Stnmps
des Vordermastes die Schiffsglocke,
ian der, nachdem sie wereinigt worden,
die Inschrift ,,Grille« zxum Vorschein
am
Während die Schweden noch über
den sonderbaren Fund ihre Ber
muthunaen austanschtem kroch aus
dem Dickicht auf all-en vieren unid
splitternackt ein alter, elende-r Mann
mit schneeweißem Haar. Das war Ti
falu, der einstige Häuptlina von For
tuna. Er wurde im Boote an Bord
der Brigg gebracht und dort lebte er
aerasde noch lange genug, um einem
Kanakenheizer, dem er sich verständlich
machen konnte, die hier veröffentlichte
Geschichte zu erzählen.
Drei Tage und drei Nächte war die
»Grille« damals-, als der Sturm sie
entführte, auf dem wild bewegten
Meere herumgeworfsen worden, bis sie
endlich mit nur noch etwa dreißig
Ueberlebenden von einer gewaltigen
Wogeldorthin geschleudert wurde, wo
ihre Reste jetzt ruhten. Die geretteten
Fortunaner hatten, nach ein paar
mißalückten Versuchen, auf einem zu
sammengestoppelten Floß von der Jn
sel fortzukommen, angefangen, sich zu
hafsmhfvne eitle-bl- tsmnr nur- Fifaln
nsoch übrig geblieben der so gut oder
so schlecht es ging, mit Früchten und
Wurzeln, mit Schalthieren und Fi
schen sein Leben gesristset hatte.
si- slc II
,,Verschollen!« steht in einem alten
Schiffsregister des englischen Marine
ministeriums neben dem Namen
,,Grille«. Bierschollseni weiter nichts.
Das alte Kanonenboot und die aus
ihm Ermordeten sind längst vergessen.
»«-4————— —
Wte Robert gerettet ward.
Eine wahre Geschichte
,,Hochgcehrter Herr!
Das bejammerngwertbe Schicksal
dies edlen und doch so unglücklichen
Robert Felsen hat mich schon viele
schlaflose Nächte und unsgezählte bit-.
tere Thränen gekostet. So lange schon
schmachtet er in harter Gesang n
schast, von keinem Strahl der Sonne
beschienen und jetzt hat gar sein Wär
ter, der ruchlose Bösewicht Dietrich,
den Auftrag erhalten, ihn zu vergif
tenl Sie allein können ihn retten!
Haben Sie Mitleid mit dem Unglück
lichen! Ren-en, retten Sie ihn, ehe es
zu spät ist! Tausendfach ioird Sie
dafiir segnen Jiklre
ergebenst gefertigte
ktlnna Mancr.«
Er wars den Brief zur Seite· »Wer
ist Anna May-er's Jrgend ein über-«
spannter Backsisch, der sich- ins Robert
verliebt hat« Natürlich, ein junger
Mann von geheimnißvoller Hertunst,
mit langen blonden Haaren und
blau-en Augen. ritterlichs, großherzig
kurz, ein Ideal der hertönimlichsten
Sorte . . . Lächerlich! Soll ich mich
dadurch in meinen reislich erwogen-en
Plänen stören lassen? Sein Tod ist
beschlossen. Morgen, länastens über
morgen ist es geschehen. Selbst wenn
ich-wollte -s— ah bah, Alter, werde nicht
ichwach!«
Finster zog er die Brauen zusam
men, Robert’s Schicksal schien besie
gelt. Er sehte sich an den Tisch und
begann emsig zu schreiben.
Da offne-te sich die Thür und ein
rundliche-«- Weibchen mit einem Ein-—
taufkorb trat ein. »Was giebt’5 ?«
fragte er mit dumpser Stimme und sie
antwortete: »Leberwiirste mit Kraut. «
Das anmuthige Bild einer im Fett
schwimmenden, knusperigen Wurst
umgaukelte alsbald süß duftend seine
Sinne Mildere Gefühle keimten in
seiner Brust und mit ein-km heroischen
Entschluß zerriß er das vor ihm lie
»gensde Schriftstsiick. Robert war ge
s rettetl
! Was die Bitten einer empfindssamen
Jungfrau nicht vermocht, die Leber
tvurst mit Kraut hatte es zustande gses
bracht. Robert war gerettet, Robert
t— der Held des Romanz, den Herr
iAdam Knopfelmacher, genannt Eine
irich von Mondenfee, in Fortssetzungen
ifiir Das städtische Taalslatt vertrags
l mäßig zu »liefern« hatte.
! —»—-—-.-—.-—————
Die-Verwendung dessptponographen
für die Sprachforscher
Die kaiserliche Akademie der Wis:
senschaften zu Wien hatte vor zwei
Jsahren eine Kommission mit ver Auf
gabe betraut, die Möglichkeit der An
lage eines Phonogramm--Archivs zu
untersuchen, und dann die Mittel ge
·lvährt, die Methoden zur Erprobung
der praktischen Durchführbarkeit zu
prüfen. Diese Kommission hat sich
für die Konstruktion eines Phonogm
phen ausgesprochen, der zwecks ver
galoanoplastischen Bervielfältignng
die Ausnahmen auf ein-er Platte ge
stattet. Diese besteht aus einer Masse,
die Edison zur Herstellung seiner Pho
nograph-Cylinder verwendet, und azif
sie wird die Schrift nach dem Edison’
schen Prinzip eingegraben, d. h. die
Wellen stehen senkrecht auf der Plat
tenfläche. Von dem auf galoanopla
stischem Wege erhaltenen MHHYL i
lArchioplaitensi abgegossem die 1edif
v
lich zum Reproduziren dienen unsd
oft abgehiirtet werden könne-, als U
die Dauerhastigleit des Materials gb
stattet. Zur Erpkobung des Archiv
Vbonsgtuphen ous Reisen bei Aqu
nuhme fremder Sprachen wurden drei
Eremplare hergestellt und Forschungs
reisenden in's Ausland mitgegeben.
Diese haben jetzt über ihre Erfahrun
gen berichtet. Dr. d. Resetar, der
Kroatien und Slawonien bereiste,
sagt, daß auf Grund seiner Erfahrun
gen der Phonograph durchaus geeig
net erscheine, die menschlichen Spra
chen und Dialekte siir alle Zeiten zu
fixiren, was keine noch so feine und
genaue Aufschreibung imstande sei zu
leisten, da der Leser dabei immer nur
den Klang heraushöre, den er selbst
den todten Zeichen gibt, während der
Vhonograph noch- nach Hunderten non
Jahren die Aussprache einer bekann
ten Gegend und Zeit in der treuesten
Weise wiedergeben wird. Prof.
Kvetschmer, der die Insel Lesbos be
suchte, um dort neugriechische Mund
arten und Volkslieder zu studirsen, be
tont die großen Schwierigkeiten die er
hatte, Individuen zu finden, die in der
erforderlichen Weise, nämlich mit ei
ner gewissen Stimmstärte und deut
licher Artituliation, in den Minne
araphen sprach-en Das dankbarste
Feld fiir letztere böten die Boltgliedey
von denen Kretschmer einige aufge
nommen hat. Er hält es fiir eine loh
nende Aufgabe, die Melodien der
schönsten griechischen Volks-lieder, die
sast noch gar nicht bekannt sind, auf
diese Weise aus-zunehmen und zu sam
meln. Prof. d. Wettstein und Dr. d.
Ferner, die einen Agunrat nach Bis-Ist
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uscu uiiuluqinuh »in-en »v« Dis-»Va
phongraphische Ausnahmen der Spra
che der Guaran - Jndianer erhalten.
Diese drei Expeditionen lieferten dem
nach Phonotyspen, die einen unbezweisi
selbaren Werth besisitzen, unsd anderer«
seits wurden Sprachen und Dialekte
in Wien ausgenommen, auch alt- und
neujapanische Sprachproben festgelegt.
Kein Ganzen ist damit die Br·auchbar
seit des Apparates erwiesen, doch be
darf er noch bedeutender Verbesserun
gen und var Allen-, bei Benutzung auf
Reisen, einer Verminderung seines
Gewichts. Für eigentlich lingtuistische
Studien, wenn es sich um die Bildung
und besonders uns die Unterscheidung
von einander sehr nahe stehenden Kon
sonanten handelt, erfordert Dagegen
der Phonograph noch bedeutende Ver
vollkommnungen.
R-——
Sechs preis-te Crziehunqsreqelw
Ein Handwertsmann der viele und
lauter gut gerathene Kinder hatte,
wurde gefragt, rvsie er es angefangen
habe, sd viele Kinder so wohl zu er
ziehen. Er antwortete: »Erstl'ich
habe ich meinen Kindern nie exrvaö
befohlen, cvas ich nicht selbst that, und
zum anderen habe ich besonderen Fleist
daraus verwendet, mein erstes Kier
recht zu erziehen. 2) Halte aus Gehor
sam. eDnte nicht, du wollcst den Kin
dern erst dann Gehorsam abfvrdsern,
wenn sie es verstehen· Gehorchen muß
den Kindern szur Gewohnheit werden.
Z) Erweise deinen Kindern Liebe, doch
so, daß immer Ehrerbietung in den
Kindern bleibe. 4) Duldse keinen Wi
derspruch. 5) Jn Gegenwart von
Kindern müssen die Eltern immer ei
ner Meinung sein. Es darf das ge
ziichtigte Kind sich nie hinter ·«den Va
ter oder die Mutter verstecken, um
Schutz und Zuflucht gegen die Zucht
zu finden. G) Erziehe dein Kind zur
Arbeit und sorge für seine Gesundheit.
-- --—-.———
Szene in einer Apotheke
Ein Arzt erzählt der »Täglichen
Rundschau« folgendes heitere Vor
kommnifz in einer Berliner Apotheke-.
Handelnde Personen: Der Apotheter
und ein etwa achtjähriger Junge.
Apotheter: »Na, wag willst Du denn
l)aben?«
Junge: ,,Jck will det abhdlen.«
A.: »Was denn?«
J.: »Wat ick vorhin jebracht 7habe.«
A.: »Ja, was ist denn das? Ein
Rezept?«
J.: »Jawoll!«
A.: »Für wen soll es denn sein?«'
J.: »Im uns.«
A.: »Ja, mein Gott, wie heißt Jshr
denn?«
J.: »Na, det steht doch druss!«
oIrr-In
» Bettler: ,,j)Jtiidanrez halen Sie nicht
Its-H
em viscyen pziieucy sur mraics
Madame: »Nein, ich habe nichts!«
Bettler: »Ob« ein Butterbrold?«
Madame: »Auch nicht!«
Bettler: »Dann ein paar Kartof
fean«
Madame: »Auch nichi.«
Bettler: »Aber einen Korb badenSie
doch wohl da?«
Madame: »Was wollen Sie denn
rnii einem Korb?«
Bettler: »Ich will mal in die Nach
barschaft gehen und ein bischen Essen
fiir Sie zufainmenbetteln.«
Aoftspielige Diagnofr.
Mann: »Was hat wohl bei meiner
Frau die fliegende Hitze zu bedeutenW
Sanitätseath: »Ein Automobill«
Metkwütdlg. «
Hereintekgektnmener Lebemannt
»I:iiher, wo ch nach Benin stunk
war ich überall angesehen, und jehe·
wo ich nach Schnaps -dufie, weicht mit
Alles ausl«