Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 23, 1903, Sonntags-Blatt, Image 10

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Yer Falk Yassiktem
Roman von Paul Oscar Höcker.
F -- --
(R. Fortsesung und Schluß-)
Mehrere Stufen aus einmal neh
.:-"wp, eilte Mathieu die Treppe em
. Der Gerichtsarzt folgte ihn
- der Coneierge, der —- seiner Lo«
kennst —- sich in dem Seitengana
ämdrückte und die ahenteuerliche
, eng gehört hatte, schloß sich ihnen
C. .
Die Pflegerin hatte sowohl in Ju
hk Zimmer als auch im Corribor
U- etltktrischen Lichter in Thätigteit
ec.
Uls Mathieu in No. 11 eindrana,
Ist der ganze Raum also grell er
Miet.
fEsther thatsiichlich war das Zimmer
«Spener ist ——— aelähmt,« brachte
du Anstaltsleiter ganz erschöpft vor,
ei ist ihm unmöglich, auch nur ein
such zu halten... Das ist ja ge
rade u — ungeheuerlich!«
. Åch war leise eingetreten,« berich
tete die Wsrterin nicht weniger aufge
- regt, »lauschte, hörte aber keine
sthemzügr. Herr Spener stellt sich
oft nur schlafend, meinte ich schon im
den Damit man ihn in Ruhe läßt,
- Mrscheinlich Jch mache das Fenster
tref, wie es zur Nacht immer sein soll,
, M tlemme den Haken ein wegen des
I Schnee-winds. Da fällt aher ein Licht
in von der Laterne in’s Zimmer.
wende mich um, will nachsehen, ob
- Spenet nicht gestört wirv....
glaub’ ich, ich soll meinen Augen
Licht trauen: das Bett ist beer. sev
— III-O III-»Es snb III-set hie-b- cnckses Mir
)ie ganze Gruppe auf dem Hof. Der
Loncietae halte eine Laterne berbei
und leuchtete. -
Die Spuren führten über den-Spiel
plns weg bis zu dein lleinen Mateau
»Ein Barfüßiger!« sagte Dierftiit
ter sofort. auf die Spuren weisend.
Der Mensch, der biet ging, mußte
die Füße möde durch den Schnee gezo
aen haben, denn es hatten sich Bahnen
aebildet, die anzeiaten, daß der Be
treffende mehr wstend den Platz durch
schritten hatte.
Man folgte der Spur.
»Hier scheint et stehen geblieben zu
fein,« sagte Mathien. «
«Oder gefallen . . . .«
Der Concietge hob die Laterne em
por.
Allet Blicke fielen auf eine Stelle
der Baluftrade, von der ein Theil der
glatten Schneelaft betabgescharrt war. «
Diese Galletie bildete den Abschluß »
des kleinen Plateaus, des höchstenj
Punktes von Moment-T Steil fiel
hier die Felswand zur Arbe ab, die
schäumend und brausend tief unten
über Steingeriill binwegfetzie, in star
tem Gefälle ihrer Vereinigung mit dem
Rhonefluß zueilend.
Keiner sprach ein Wort. Vom glei
chen Gedanken getrieben eilten sie aber
Alle immfelben Yutgenblick bis an die
lstluk Psuukuissruuusig.
Weit beugte sich der Concier e über,
die Laterne über dem Abgrund chtoen
tend.
»Da — da —- fehen Sie!« rief Dr.
Grimm plötzlich.
»Das ift ein Stück Fels — im
Schnee!" meinte Mathieu unsicher.
»Nein. ein Körper!«
»Barmherziger himmel —- er ift’s,
cr ift’s!« .
«Spener....?«
»Er muß mit dem Schädel auf den
Felsvorfprung da aufgeschlagen —
ah. gräßlich —- da ift der Schnee blut
roth gefärbt . . . .«
«Leuchten Sie doch, Conciekge....
Vielleicht lebt er noch!«
»Unmöalich, Herr Doktor!«
Dennoch rief Matbieu mit ängstli
cher Stimme wiederholt den Namen
des Unglücklichen
Nichts rührte sich.
»Rafch hinunter! Wir müssen durch
die Gartenpforte zum Ufer hinunter!
Die Stelle muß sich genau oberhalb
der Wafchanftalt befinden... Und
Leitern und Seile herbei, Concierge.«
Jn fieberbaitee Eile ftürmte der
kleine Trupp durch den Garten, den
Hügel hinab, auf den befchneiten Fuß
weg.
Mathieu war der Etfte an der Un
glücksftellr. Es galt eine ziemlich
fchwieriae Kletterei über Felsblöcke
und Steingeröll am Fuße des steilen
Abhangs.
Justus Spener war’s —- oder viel
mehr: fein zerfchmeiterter Leichnam.
su- gg--1«t.-t- -... -;-«·k-s-l««·n
it« Nebenzimmer·.. Herr Spener
?- is nicht da. Und er kann sich doch
nicht allein fortbewegen. Man möchie
s rein an einen Spuk glauben. . . .«
Jn athemloser Hast und Aufregung
ward nun die Suche nach dem Kran
ken ausgenommen Man öffnete so
sor die Schranke, suchte in den Ecken.
unter dem Bettgesiell, dem Sosa.
Auch Martha’s Zimmer ward
durchs-nicht Dann drang Mathieu.
aus den Zehenspitzen gehend, in die
; sbrigen Kranienstuben ein, die aus
" demselben Corridor lagen.
Nirgends eine Spur von dem Ge
Ebmten
«Se1bst wenn ihm Jemand gehol
, wenn ihn Einer getragen bötie,«
, agte Mathieu, »die ganze Zeit über
Var doch das Treppenhaus belebt.
« »Es ware nur die schmale Stiege.
. die nach dem Hof führt, hinten ber
III,« sa te der Concierge den Wec
Mckfs adezimmer zum rückwärtiger
, Insgang nehmend um die Suche dor1
fortzuseßem
Den Anstaltsleiter überkam ein
saht-es Grausen.
»Das ist der Kranke, über den mit
· oden sprachen,« sagte er zu Grimm
den Schweiß von der Stirn wi
sd, »was denien Sie über der
· « I —- ein Lahmer, wenigstens eir
- sch, der jeyt seit Monaten wi·
Itliihent daliegt« wird sich plötzlich aus«
W und davongeben.. ..'·
; JZJ ift ausgeschlossen, daß ihm Je
Iand geholfen haben könnte?«
s .Ei, wer denn? Hier mein Assi
f sent —- die Pflegerin, der Concierg·
—- das sind die Einzigen im ganzer
s, die andere Schwester ist drüber
der Demndancr.«
Soeben tara der Assistent, in de1
Mleitung von Dierstätter und Eck«
- dt aus die Gruppe zu. Sie waret
evennmä deganäyerschiittert don de
iedersehens zwischei
Ida und dem so unvermuthei von
Mt Frei igegebenem
Umkreist fern-n sen-sites Stank-»
Un Agnus-sun- «- us »
T 3 das Gesicht fast unkenntlich -"rkåx"xi?bi!«
; haft ausaespreizt die Finger.
Schaudernd wandten sich die Män
ner ab.
In ihrer Angst war die Pflegean
schreiend in’s Haus zurückgelaufen
So erfuhren Martba und Johan
nes, die Hand in Hand in’å Vestibül·
eingetreten waren, die Nachricht obne
jede Vorbereitung
Sie glaubten es nicht, sie stürzten
zum Haus hinaus ——- über den Hof·
Johannes entsann sich des Weges.
Er eilte voraus-. An der Ballustrade
machte er Halt. Hier hatte er schon
einmal gen-eilt Er wußte, wie steil
der Fels zum Arveufer absiel.
Sie riefen hinab. Daan lauschten
sie angstvoll.
Matbieu antwortete endlich.
»Todt!« meldete der Arzt.
»Erlöst!« fügte Cckdardt hinzu.
Erst eine Stunde später war Justus
Spener’s Leichnam geborgen. Man
ba rte ihn in feinem Zimmer auf dem
Be t auf, das er in jenem unbewachten
Augenblick verlassen hatte.
Eckhardt verhärte, von Matbieu
und Dierstätter unterstützt, noch ein
mal die Pflegerin. Es blieb schlief-,
lich kein Zweifel mehr, daß Justus,
der sich nur schlafend gestellt hatte, um
seine Umgebung zu täuschen, den größ
ten Theil der Unterredung vernom
men hatte, die in dem nur durch eine
holzwand getrennten Reben-immer
stattgefunden hatte.
Welch furchtbare Minuten der Un
glückliche durchgemacht haben mußte,
ais er so die wahre Ursache von Was-,
silieth Tod erfuhr, all er Zug um
Zug den Verdacht gegen sich selbst an
wachsen sah, bis et schließlich keinen
Zweifel mehr gab, daß er, unter dem
Willen eines Anderen stehend, an ei
nein Mitmenschen zum Mörder gewor
den eoar. Und zwar an seinem be
sten Freunde selbst —- seinetn Meister-!
Was in diesem gemarterten hirn
sorge-an n war —- nur ahnen konnte
ins-« . in ernstge- sebeirnntk ing
»s« s-« Mr ssr ssse ist«-r
M MI, it t
Pagen-met glatt t, ihn, Denn er
» Inse- selebt, d sum Wahnsinn
W Esset-, W gab
ei ne M sei-sen W
sub Dutcheinanderrufen, als die Her
ten von dein räthfelhaften Vorkomm
niß nun gleichfalls in Kenntniß gefes
seitdem
cckhardt war am meisten bestürzt
.Uber der Kranke schlief doch gan·
fest« sqate er, zur Wärterin gewandt
»Die Schwester sagt mir soeben,«
i stieß Dr. Mathieu aus, »sie glaube
S ner habe sich öfters nur schlafenl
se ellt!«
»Mein Himmel — so könnte er —
Chört haben, was ich mit Fräuleii
T Usetha besprochen habe?«
Die Pflegerin guckte dei Achsel
; Die Wand ist allerdings sehr dünn
gss Bett steht zudem dicht an de«
; Thür. Gewiß, ich hörte sprechen . . ·«
« »Und Sie haben uns nicht aufmert
fw gemacht?«
-- »Es störte ja den Kranken nicht
IIOM ist er doch immer sehr unwillia
Drin in seiner Nähe gesprochen wird
M diesmal, wenn er wirklich etwa-«
t haben sollte, er lag anz unb
lich da, rührte sich ntchgt . Jd
.i ja nicht, worüber die Herrschaf
Ierhsndeltenz da sie deutsch spra.
I zss KOCH-As ;7s..
· Aufregung errei te ihren höhe
· als soeben der oucierge, de:
Mal-ten itn hause ver essend
W Texkfvon der haft ür he:
Nicht der Wille feines Meisters war
et n. der ihm diesmal die Kraft
ver That-, von feinem Siechhett
au n —- dieimal hatte kein et
ener Lille über seinen entseroten
seper gesiegt. Und der erste selb
ständtfe Schritt, den er seit Monaten
ehst. n vollem, tlarem Veto sein,
here seiner Sinne und seines illens
—- war der rausige Verzweiflungs
scktritt in den — od . ..
Martha hatte leine Thriinen mehr.
Das Grauen iiherwiiltiate sie.
Und dazu traten Selbstoorwiirse.
Sie hätte in Juftus’ Nähe nicht mit
Eckhardt verhandeln dürfen. Aber
war denn freilich anzunehmen ne
wefen, daß der Kranke fie geflissent
lich täuschte?
Eckhardt —- auch der Staatsanwalt
—- fuchten sie zu beruhigen. Hätte
Justus Spener nicht heute durch Zu
fall und List erlauscht. welch furcht
bare Schuld ihn belastet-e, das Verhsr.
das mit ihm angestellt werden mußte,
hätte ihm morgen ja doch keinen Zwei
·fel mehr darüber gelassen.
»Der Unglückliche wäre zwar nicht
bestraft worden,' sagte der Freiherr,
»weil er nicht Herr feines Willens
war, als er die That hegtng. Man
hätte ihn behandelt wie einen Wahn
finnigen. Aber er würde dennoch noch
viel qualvoller geendet haben unter
Selbstvorwürfen, nach einem langen,
Intsehlichen Marthrium in der Irren
anstalt, vielleicht in der Zwangsjackr.
Nun gebe ihm Gott die ewige Ruhe.
Er ist von der Erdenqual erlöst."
Der »Fal! Wassiliew« lam zu keiner
öffentlichen Verhandlung.
Ader welch ergreifendes Drama sich
da im Verborgenen abaefpielt hatte
—- allmiihlich siclerte die Kunde davon
doch in die Oeffentlichleit durch. Und
das unheimliche Thema von der »un
ter fremdem Willen« begangenen grau
siaen That ward noch unaetiihlte Male
in weiteren Kreisen besprochen. his die
»Seit miide iiher die anfanas fo hitiia
Iaefiihrten Debatten hinstrich. sie he
» sänstiate, die ausreaenden Bilder ver
drönate, die schroffen Gegensätze der
Meinunaen ausalich
’ Martha fand nach der Bestattuna
, ihres unaliicllicheitBruders ein freund
lisftoä Nshl bei d» mit ist-im Retter
endlich versöhnten Liddi von Eckbardt
Johannes Joa, nachdem et den Erlös
feines Modellvertaufs nun endlich ek
hdben, nach Italien, um seine Stu
. dien dort tu beenden.
Aber iibet Raum und Zeit dieser
Trennuna hinaus dereiniate iie sitt
alle Ewialeit ein nnliisliche.z Wind —
oefchniiedet, aeliiutekt, gefestiat in
Wetter und Sturm, das den entfessel
; ten Elementen. das allen dunteln
TWietnissen des Gefchicks, das allen
hetben Veiiiungen des Herzens Eis-nd
gehalten hatte.
Durch Nacht zum Licht —- fo ging
ihre Lebensbahn
th
Sport is machen Oefchöftileben
Die Damen der hohen englischen
Aristvtratie entwickeln eine Leiden
schaft für den Handel und die Indu
strie, wie sie bis jetzt nur die Amerika
netinnen gezeigt haben. Die Gtäfin
d. Wakwick ist täglich so vollan be
schäftigt, wie ein Minister des mäch
tigsten Staates-. Sie ist eine der ton
angebenden »Schönheiten« der Lon
donet Gesellschaft, eine tadellose Arna
zone, gewandte Autotnohillentetin und
Jägetin, nicht ohne Anmuth Schrift
stelleein und verwaltet ihre Besitzung
Eaftow Lodge selbst vortrefflich Da
dies Alles abet noch nicht genügt, iht
Leben auszufüllen, so hat sie zwei gro
ße handelsetablissements in’s Leben
gerufen und verwaltet sie selbst: ein
Wäschemagazin und eineWaschanstalt.
Beide Unternehmungen blühen und
sind sehr eintkäalich. — Die Maeauiik
von Londonderrn hat es ausgezeichnet
verstanden, ten Vertan oon Tuch
waaren zu organisiren, die irlänoischc
Bauern trieben, rote auch die herzogin
von Sutherland teine Mühe gescheut
hat, fchottische Stoffe in den Handel
zu bringen. Ein weiteres Beispiel ho
her, unternehmungsluftiger und ar
beitsfreudiger Damen ift die Herzogin
von Weftminfteh die mit ihrem per
sönlichen Vermögen mehrere bedeuten
de handelsunternehmungen gegründet
hat«
— s—-——--—- -——
sie Isa- tu satt- btsts leben
kais-.
Um sich in Paris eine sichere Rente
zu verschaffen, schreibt der Figaro,
braucht man nur einen neuen Schirm
in’s Leihhauö zu tragen. Dieser sinn
reiche, echt pariferifche Gefchäftstnitf
ift uns von einem Maler enthüllt
worden, der bereits dicht von der Mil
lion steht. Man lauft in irgend ei
nem Waarenhaufe für 2.95 Fres. ei
nen neuen enschirm und trägt ihn
fofort its-Z Leihhaus. Nach der neue
ften Anweisung foll das Leihhaui den
annähernden Betrag des ganzen Wer
thei neuer Gebrauchsgagenftände lei
, und fo erhält nian fiir feinen
genfchirm den Mindestbetrag, näm
lich 3 Franc-. Dann verkauft man
sofort den Pfandfehein fiir 25 d. h.
des Werthes: macht 75 Centinies.
Man hat alfo für den Regenfchirm,
der 2,95 Frcshgloftet hat, 3.75 Fres.
erhalten —- «ngetoinn: 80 Cen
tintei. Wenn man nun täglich zehn
Seh-time in hu Zweig llen des
ftiidtif Lei ufet ver est, erzielt
man o ne Mühe eine «Tage«teinnahme
von 8 Fee-H das t im Monat
ZU stet. und tin Ia re fast Mo
tei.
Fräulein Yetklitin
per ialmie und
der wahre Erde.
Von M. Msznneli Vodkin
Antoriiirtc Ueberseyitng aus-i dein Englischen
von Icarsirethe Jst-Oh
»Unmöglich!« dachte Roderich .1yl
mer, der Besitzer von Dunscombe
während er durch das Erkerfenster auf
den breiten Eier-weg hinausdlickte;
»diese: lleine Baetfifch soll ein glän
zendes ilnidersiläteseramen gemacht
baden und Doktor der Medizin fein
—- das ist in rein lächerlich!"
I Da lam mit raschem fiottem
- Schwung ein Fahrrad dahergefaufix
ein zierliches kleines Fräulein spraan
ab Und stiezn leichifiißia dies leinerncn
Stufen herauf
Sie trua auch wahrlich nicht den
Stempel eines oelehrten Frauenzim
mers diese anmu: hige bewegliche Ge
fialt, die jetzt auf der obersten Stufe
im hellen Sonnenschein stand. Nach
ihrer freundlichen und vergnügten
Miene zu urtheilen, hätte mian sie viel
eher für ein lustiges Schelmädchen
halten können das sich auf einem heiß:
ersehnten Feriennusflug ergötzt. Ein
keck-es Häkchen mit feuerrothem Feder
bufch saß auf den dicken aliinzenden
Flechten des lraufen braunen Haares-,
und der kurze Rock ihres enganliegen
den Kleides, den der leise Wind he
weqte, ließ ihre zierlichen Fäßchen
sehen, die in helldrnunewilisadfahp
fchuhen steckten
Jetzt schritt sie unter den dorifchen
Säulen durch die Vorhalle und drückte
auf die elettrische Klingel »Kann ich
herrn Aylmer fprechen?« fragte sie
den Diener, der die Thüre weit öff
nete, und reichte ihm ihre Visitentarte.
,Fräulein Dorn Myrt« stand darauf.
Roderich Aylmer kam ihr felber
entgegen. Er stiea die Treppe hrnu -
ter, durchschriit die kühle, mit schwar
xen und weißen Marmorplaiten be
legte Halle und sagte, ihr die Hand
reichend: «Seien Sie mir bestens
willkommen!« Das Fräulein wars
nur einen durchdringenben Blick auf
sein ehrl;ches, hübsches Gesicht, dann
legte sie ihr Häuschen mit sestem, herz
licheni Druck in seine bis-me Rechte·
»Wie ich Jhnen schon geschrieben
habe, Fräulein Mul« begann er ohne
weiteres, sobald sie zusammen im
Wohnzimmer saßen, »ist meine Frau
sehr lrant unsd siirmlichs zum Schatten
abziexnagertx doch vermag kein Arzt
ihr Uebei zu erkennen. Als unser ein
ziger Sohn vor zwölf Jahren geboren
wurde, helam sie ein schiimmes Fieber,
von dem sie sich nie wieder aanz erholt
hat· Sie ix immer aedulnig. ja nur
alle sanft, wie mir dünkt; in Zorn
aeräth sie nie, aber es kommt auch kein
Lächeln aus ihre Lippen. Obgleich sie
unsern Sohn von ganzem Herzen
liebt, scheint sie doch am iraurigsten zu
sein, wenn er bei ihr ist« Jhre Schwer
muth nimmt mit jedem Tage zu und
wir führen ein iriihieliges Leben. Des
halb schlage ich es Ihnen hoch an daß
Sie gelornmen sin-:o ich würde Jhnen
unendlich dankbar sein, wenn Sie
meine arme Frau etwas herausreißen
und erheitern könnten. Entschuldigen
Sie mich einen Augenblick; ich will ihr
sagen, daß Sie hier sind, es wird ihr
Freude machen.«
Als jedoch die hübsch-F rau mii
dem bleichen abaezehrten Gesicht, aus
den Arm ihres Gatten genüsn bang
sam ins Zimmer trat, erkannte Dora
Mnrl aus den ersten Blick, daß die
herrin des Hauses iiher ihre Antunsi
nicht ersreut war sondern sich oor ihr
Ic· --I-I-A- —----t-l II-- -.-I--. —
subuyebah, st--Iu-ss«,s ils syst UIYIUUI
Angst unter einer liebenswindigen Be
grüßung zu verbergen suchte. ·
»Ich will ihr Vertrauen gewinnen
unb sehen, ob ich ihr nicht helfen
tann,« dachte die scharfsirmige Dora in
ihrem praktischen Sinn, während sie
das tiestraurige Gesicht voll Mitleid
betrachtete.
Die nächsten zwei Wochen vergin
aen in Dunecombe-Haus wie im
Fluge. Ahlmer fühlte sich neu belebt
durch die Gesellschaft der munteren
jungen Dame, die ihn ermuthigte, sich
im Tennis- nnd Croauetspiel aus dem
qlatten, grün-en Rasen tüchtig anzu
strenaen und ihm Abends am Billaro
bei Schein der elettrisclyen Lampen
manche Partie abgewanm
Auch der sansten Herrin oes Hau
ses, die so trauriae Augen hatte, war
sie eine liebe Gesiihrtirn Selbst wenn
sie ganz stumm bei einander saßen,
hatte ihr theilnahmvolleö Wesen etwas
ungemein Trostpeicheo für dies schwer
gepriiste herz. Stets war sie fröhlich
und hilfreich· aber obgleich ihre lan
gen Gespräche mit Frau Ahlmer ost
in herzlicher Zärtlichkeit enreten und
Dora mehr als einmabsiihlte, daß sie
dem verborgenen Kummer schon ganz
nahe gekommen waren, so hatten sie
ihn hoch bis jetzt noch nicht berührt.
An einem warmen Nachmittag sa
ßen sie beide in Mike Aylmers Bon
doir, das aus den schattigen Garten
hinausging, wo rer fühle Spring
brunnen plätscherte Dora las und
Frau Ahlmer hielt eine Stickerei in
der hand, mit der sie sich stumm be
schtistigte, aber trotzdem leisteten sie
einander trauliche Gesell thust Wäh
d Dorn mit den Eli vie Zeilen
ei Buches überle und den haupt
inhalt der Oes te aus-faste, waren
ihre unruhian . nten fortwährend
I
mit dein Geheimnis heichäfti t, das
sie in dem stillen Zimmer einen
Druck zu spüren meinte.
Vertrauen er engt Bette-sen
s überka sie, ich damit ansansem
i etwas von mir zu erzählen.
« schien Sie wohl missen. Alice, spie
es mir im Leben ergangen ist, ehe ich
zu Ihnen lam?« fragte sie ohne befan
dere Einleitung-«
»Mir wenn Sie gern davon spre
chen, liebe Dona. Mir geniigt es voll
kommen, Sie als meine Freundin hier
zu halten«
»Aber Freundinnen sollten nichts
voreinander verhergen,« sagte sie, und
in ihren llaren grauen Augen leuch
tete es hell aus. »Ihr-eh habe ich im
Grunde wenig mitzutheilen, wenn
ich's rechts-denke Mein Vater war
ein ehrwürdiger Universitätsprosessor
in Camhridgr. Er heirathete spät und
meine Mutter« —- hier bebte ihre
"Stinime nnd ihre Augen füllten sich
mit Thränen —- »habe ich nie gelannt.
Sie starb, als sie mir das Leben gab.
Meinem Vater that es zuers leid, daß
ich kein Knabe war, später i ß stöhn
te er sich ganz damit aus und er setzte
ieinen grössten Ehrgeiz darein, daß
ich zugleich eine feingebildete Dame
und eine Gelehrte werden sollte. Die
Aerzte sagten, er habe dem Tode noch
drei Monate länaer widerstanden, als
sie es für möglich gehalten hätten, um
zu erleben. daß ich mein Eramen in
Camhrivge mit Auszeichnung absol
tsirte. Dann jtarb er befriedigt und
ließ mich im Alter von achtzehn Jah
ren mit zweihundert Pfund und mei
ner Würde als Bakkalaur-Jus allein in
der Welt zurück. Das mühselige Le
ben einer Schultehrerin reizte mich
nicht; so verwandxe ich denn mein ge
rinqu Vermögen darauf, mir den
Dottortitel zu erwerben. Allein die
Patienten blieben aus tan auf sie
warten tonnte ich weder, noch mochte
ich es. So hin ich denn im Laufe des
leiten Jahres Telegraphiftin, Tele
phoniftin und Zeitungssehreiberin ge
wesen. Letzteres aesiel mir am besten,
doch habe ich meinen eigentlichen Be
ruf rwch nicht entdeckt. Jch hin ein
klein«- nnrrririerer Geist dessen mitlofe
i
Wißbeaierde schwer zu befriedigen ist.
Als ich in der Zeitung die Anzeige
Jbres Gatten lags, der ein-: lebhafte
Gesellschafterin suchte, wurde meine
Neugier wach, ich gab tneine Stellung
auf und iatn hierber."
»Hoff:ntlich haben Sie es nicht bek
reut!«
»Durchou5 nich?, nur möchte ich-J
Ein lautes Klopfen an der Thüre
unterbrach ihre Worte.
»Frau Carutb ist unien,« meldete
die eintretende Dienerin.
»Lasz sie herauskommen.«
Aber ebe das Mädchen noch bie
Botschaft ausrichien konnte, drängte
sich Frau Carutb selbst mit Ungestüm
an ibr poriiber ins Zimmer
Sie war eine vierschriitige Gestalt
mit blitzen-den Augen unter scharf ge
zeichneten Brauen; Mund und Kinn
verrietlken Entschlossenbeit, ihr Gesicht
war ausdrucksooC selbst hübsch zu
nennen, doch machte sie den Eindruck
einer Frau. die mehr Furcht als Ver
trauen einfliißt. So kam es wenig
stens der scharfsichtigen Dom Man
vor, als sie von Frau Carutb zu Alice
Inlmer hinblickte die bei ter zubring
lichszn neuen Erscheinung bald roth,
tald blaß »vurt:. und zitterte wie
Espenlaub
Dorn fah sie die Farbe wechseln, sie
sah das Beben ihrer Glieder und gleich
dem geübten Arzt, der den Patienten
mit dem Stetboitap untersucht, bis er
den qehetmrn Sttz der Kranthzrt er
forscht hat, murmelte sie leise vor sich
hin: »Hier steckt die Wurzel oeg
Uebelsk
Während-dem masterteFrau Carnthl
Dora mit unverschämten Blicken, in (
rienen vie deutliche Frage tag: »Was-H
hast du hier zu suchen?« s
Sicherlich hätte sich Dort-. dies sreche
Anstarren nicht gefallen lassen, aber
aus Frau Anlmers Augen sprach ein
so bereng Flehen, daß sie ihr nicht!
widerstreben tonnte.
«Wenn es Ihnen recht ist« Aliee,j
möchte ich ein pack Vkiksk Weideka
sagte sie und verließ eilends das Zim- (
mer. Sie hörte, wie die Thüre hinter
ihr heftig zugeschlagen und rer
Schlüssel herumqedreht wurde. ,
Wohl eine Stunde saß Dora war
tend im Nebenzimmer und vernahm
von Zeit zu Zeit die herrischen Laute
einer zornigen Stimme und unter
drückteg Weinen.
Endlich erschien Frau Caruth niit
triumphirender Miene »aus der
Schwelle und entfernte sich, ohne Dora
auch nur eines Blickes zu würdigen·
Drinnen aber lass Frau Anlmer aus
dem Sosa ausgestreckt; sie verbarg ihr
Gesicht in ben Sammttissen und
-schluchzte so leidenschaftlich, daß ihr
ganzer Körper bebte.
Es lag in Dora Mnrls Ei matt
vielleicht war es ein Fehler igrer Na
tur —, daß ihr trotz des warmenMit
gestian das ihr vie leidende Freundin
einslößte, doch der Gedante durch den
Kopf schoß: »Jehi ist der günstige
Augenblick getommen, um das Ge
heimnisz zu ersah-ein«
Sie nahm neben dem Sofa Platz
und umsaszte Atieez matt herabhän
gende Rechte mit beiden hör-dem »Nun
sagen Sie mir alles, was Jhnen das
her-i bedrückt,« bat sie.
Sie sprach freundlich wie u einem
Kinde, aber doch in so be imrntem
Ton, ais tsnne von Widerspruch nicht
hie Rede sein« und qu Aylmey die
durch Kummer und Furcht sehn-licht
war, sllgte sieh wie ein K nk ihrem
Willen
«II war zur Zeit als mein Knabe
geboren wurde.« besann fie.
»Ist Sol-z der morgen in die Fe
rien nach daufe somit-if
»Ja — nein —- o mein Gott. Dara,
den Sie Geduld mii mir, ich will
. lInen alles bekennen- illier unterbre
chen Sie mich nichi, fonft verläßt mich
die Kraft. —- Seii ovei Jahren war
ich mit Roderich ierheiraihei und un
endlich glücklich, aber doch wußte ich
Mk zu gui, wie iehr miin Gaiie sich
einen Erben wünschte. Als der Knabe
end-Ich ilUk Welt lam, war die Freude
Mii, aber leider nur von kurzer
- aner. Ich fiihlle mich entfeylich
schwach und mein armer Sau ling
war sehr zart und hinfällig. eine
Hänoschen tafteien nach Ler Mutter
brufl. aber vetgssbens öffnete er die
Lippen, um Nahrung zu suchen. Jch
harte leine Milch fiit meinen Erstge
borenen —- o Dorn — Sie wiijen
nich-i, wie schwer das ifil Frau Ca
ruth war bei mi; in Dienst gemessen
unsv hatte dann den Groofchis.:ed des
Dorfes gedeitathet —- eiwen Trunken
tsold, wie ich späler erfuhr-. Am fel
ben Tage, wie ich, hatt-e sie einen Kna
ben zur Well gebracht unsd lam nun
als Amme zu mein-km Archibakik Es
brach mir fast Dai- Herz, als ich das
winzige, blasse Geschöpfchen, Das bei
mir immer fo llcigljzb lvimmerlr, in
friedlichem Behagen an ihrer Brust
liegen fah. Doch wurden wir täglich
schwächen der Knabe und ich: mir
nahm wohl nur die Anait um Das
Kind alle Krall. Eian Abends war
ich fefi einaefchlaren, und als ich er
wachte, hörte ich ti: dem dunklen Zim
mer meinen Mann unri den Doktor
im Flüstern-n miteinander reocn.
Aiir sie siirchie ich teine Gefahr«f
sagte der Doktor mit solchem Nach
drud, daß es mich lalt überlief, denn
ich errieth, was nun folgen wurde.
»Und der Knabe?’ erkundigte sich
mein Mann leise. Wie oft hatte ich
mich gesehnt, die Frage zu stelicnt
»,Sind Sie start genug» um die
Wahrheit zu hören?’
»Ja; alles ist leichter zu ertragen
als diese beständiae Furcht.’
»Dann lassen Sie Furcht und
Hoffnung fahre-V antwortete der
Doktor feierlich. »Der Knabe kann
nicht am Leben bleiben.’
»Wie grausam ist dieser Aue
ipruch!’
»Sie wollten die Wahrheit hören.’
»Ein leises osrzweifeltes Stöhnen
entrang sich der Brust meines armen
Manne-. Mir oluiete das Herz bei
seinem Gram iincs ich hätte laut rus
ichreien mögen: da hörte ich, ioie ihm
der Doktor zuflüsterte: Nehmen Sie
sich zusammen, damit Sie die Kranke
nicht weilen.’ SZe wußten toohl beide
nicht, daß Frau Caruth im sit-»wer
war. Sobald sich die Thür hinter
ihn-en geschlossen hatte, machte sie
Licht, trat an mein Bett tin-d sah mir
ruhig ins Antlitt
»Sie haben gehört, was der Doktor
sagte, Madame; ais-· Sie den Athem
anhielten, wußte ich, dasz Sie mach
ivären.’
»O Marthe-, ee wird meinen
Mann umbrinaen,' stieß ich verirrte-i
ielt heraus, ,er tann es nicht überle
den!’
»Möchten Sie ihm den Schmerz
ersparen?’
»Um jeden Preis. Selbst meine
Seele gebe ich dafür hin —- doch ist
unmöglich.’
»Ich weiß« einen Ausweg. Wir
müssen die Knaben b:rt«auschen.’
»Nun und nimmermehr!’ riri ich.
»Seit hören Sie meinen Plan,’
sagte sie gebieterisch. .Mein Sohn ist
ein prächtiger Knabe und mehr nerth
als hundert solcher Jammerwefen wie
Ihr Kind; Sie werden bei deni Tausch
nur gewinnen. Jch tann Ihren Kna
«·«en nähren und vielleicht am Leben er
halten. Jn diesem Fall-e würden wir
den Tausch mer-er rücknängig machen.
Stirbt er —- udetn Sie nicht so —
Sie müssen darauf gesaßt sein —
ftirbt er, so braucht es Ihr Gotte nie
zu erfahren und er behält immer noch
einen schönen, triistigen Erben.«
»Ich war so schwach und sie so
start; vielleicht dient mir das einiger
maßen zur Entschuldigung. Meine-in
Gatten zuliebe willigte ich ein, mich
ison dem Knaben zu trennen; ich gab
Frau Cariith Gelb und Juwelen und
tiefe sie schwören, baß sie mein Kind
gut behandeln würde. ,
»Ich will es lieben, als oh es mein
eigenes wöre,’ versicherte sie mir un
siibliao Meil
»Hievaus muß ich wohl in einen
» Fieberzuitano verfallen sein; ich
meinte uno stöhnte oen ganzen Tag,
daß mein Sohn steil-en würde. Bis
her hatte mich eine freundliche Watte
"rin gepsleatx sie hieß Kitin Sullioan,
war eine Jtlönoerin und latholischer
iReligioin Sie versuchte aus jede
Weise, mich zu trösten, und inieie zu
lent an der Wieae hin, um voll Jn
lirunsi für mein Kind zu beten: Ge
grüßet seist du, Maria! heilige Jung
frau!’ hörte ich sie wieder und weedee
sagen, bis ich endlich in einen unsruhig
qen Schlummer sank; doch selbst im
Schlaf wurde ich von Furcht gepeinigt
eIotisetzuna folgU
Hob-—
Die Gutmüthigieii glelchi den Hüh
neraugenc Sobald die Leute wetten,
daß man sie bestsi, kann man sicher
sein, jeden Augenblick aus die Illsse
getreten zu wer-dem
« I i I
Unangenehm ist es für meins-Gram
wenn sie Morgens au hi, utn ein
passendes Stück Band iie ihr Kleid
u tausen, und-ei gleich iin ersten
den findet