Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 09, 1903, Sonntags-Blatt, Image 11

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    -.W
Vie Bammelhctuser.
sine Geschichte vorn Lande von E. G
e«i i g e r
Die Oder isi eine unruhige Dame.
Zweimal im Jahre, zur Schneeschmelze
nnd im Spätherbst, spaziert sie aus
isretn Bett heraus und ergeht sich in
den angrenzenden Niederungen nach
herzenslust Die triefenden Saume
ihrer Gewänder streichen dann längs
der beiden Deiche hin; ihre nassen Fia
ger streuen reichlich weißen Sand und
gelben Schlamm auf die Uferwiesen
und Weidenpslanzungem uno ihre
sonst so ruhig athmende Brust geht in
tiefen, wilden Wellenschlägens Ja
manchmal bringt sie ein iüchtiges Ge
witter droben im Gebirge schon aus
dem Häuschen« und die Jahre sind
nicht gerade selten, in denen sie
dreimal an den Deichen wiihlt und
spitlt.
Schwer hat sie es nirgends; denn die
User sind siach und niedrig und lassen
sich mit einem lleinen Sprunge leicht
erklimmen.
Aber zu ihrer Ehre muß gesagt wer
den, —- ihre Besuche dauern nur we
nige Tage Vielleicht weiß sie, daß
man ungebetene Gäste nicht gern bei
sich sieht,——vielleicht auch bieten ihr die
stillen, traurigen Ufer keinerlei Ab
wechslung, daß sie schließlich von Lan
gerweile gepackt wird und sich grollend
in ihr Bett zurückzieht.
Ueber die Dämme schauen die rothen
Ziegeldächek und die spitzen Kirchthür
me der Dörser herüber und schneiden
ihr schadenfrohe Gesichten Dann wird
sie stets stIller und kleiner, und es
scheint zuletzt, als wenn sie sich vor
Scham unter die hängenden Userwei
den oertröchr. -— Gegenüber dem dich
ten Cichrnwald, der feine Vorn-often
bis dicht are das Ufer heran-gerückt
hatte, lag vor dem Deich: ein großes
Gehöst. Ein gewaltiges Wohnhaiis,
eine breite, wirchtige Scheuwe und ein
war Stallgebiiudr. Sie bildete-n ein
mächtiges Manervierech eine kleine
stung gegen die Wellen des empörten
trames.
Die »Bammeiix"iuier« nannte man
sie in der Umgegend, und zwar wegen
der Familie, die schon seit ein paar
hundert Jahan darauf saß.
Weithin glänzten Iie weißen Giebel
über die Niederisng, keins Baum. teine
Erdwelle verdeckte-n sie.
Rings um das Gehöft herum
wogte ein Meer von schlanten, schmieg
samen Weidenruthin imurig seufzte
der Wind, wenn er durch sie iyinftri ch
Ein einzelner schmaler Fußwea fiihrte
nmrr Desickie miä ern-h its-m ist«-Mit bin
iiber und miindete in das kriallene
HosthoL Ueber-all muchterte turze5,
struppiges Gras-, längs der Hauswäip
de ein wenig Unkraut, Löwenzahn und
Hirtentäscheltraut. Die Dächer zeiti
ten Löcher, die Mauern Spalten und
Risse. Kein gacterndes Hut-m, kein
schrs.rtterndes Gänschen, kein miitbend
bellencer Hofhund begrüßte den Wan
derer, der sich von ungefähr in diese
Oede verirrte. Leser, verlassen lagen
die Häuser. Die Thüren waren ausne
hoben und plsanlos aus dem weiten
Hase umherqirstrenL Nur noch das ri
Sie Scheunenthor war an seii m
luiße aber es klafft-e mitten aqu n
ander, und seine Fliiqel hingen nur
noch liose in Ien oberen Angeln
Die Rahmen der Fenster waren zer
brochen und ungehindert strich der
Wind durch die beriassenen Wohn
röumr. hier und da schtiivste ein
Feldmäuschen oder ein-e Ratt-e über
die Steinsliesen, ein Mödenschrei oben
aus der Lust: — sonst war es still. —
Aus der Hausthürössnung kam ein
alter. nebiickter Mann hervor. Sein
Haupthaar hing ihm wirr nach allen
Seiten. sein Gang war schleppend,
seine Augen todt.
Der letzte seines Geschlechtezi —
Er setzte sich auf die Schwelle der
hausthtir und stierte vor sich hin. Die
Verwüstung rundherum schien er nicht
wahrzunehmen
Ein kleines Mäuschen krim aus der
Thür gelaufen, blieb eine kurze Zeit
am Boden vor dein Alten hocken und
twbtse endlich vergnügt in das vier
ecktcge Loch in der hauswand hinein
ches stiiher als hundehiitte benutzt
worden war. Eine eiserne Kette war
daneben in die Mauer eingelassen. und
ihre letzten rostigen Glieder verlor-en
sich im wuchrnden Grase.
Der Alte erhob sich schioersällia
und ging zu dem Loche bin, beugte sich
ties hinunter, schaute hinein und rief
mit stehenden Mender Stimme:
«Leo!«
Aber er erhielt keine Antwort, und
kopsschiittelnd murmelt-e er etwas in
den Bart hinein.
Er schien es nicht zu wissen, das-, er
jeden Tag nach derselben Stelle ginq
und seinem hunde ries, schon lange,
lanäe Jahre.
ber auch dieser, sein einziqer und
iJst-er Freund, hatte ihn endlich ver
en und so war er, der Alte, alle-L n
Lblieben Wollein —
McEr sasz schon wieder aus seinem
Plane und wärmte sich in den milden
Nachmittag-strahlen der herbstsvnne
die sröstelnden Finger.
Wie toar das Alles gekommen? —
Schvn mehr als zwanzig Jahr-e la
g: dazwischen-. Damals toar der
mmelhos die größte Besitzuna in
Bitten, dem Derse, weiches über den
Deic- heriiberblietteda und die sammel
sauern waren die ratichsteugen und ange
- Irrtum-it tu MVFME hatt-is·neD« nii
tm tnnhw unt-die Dorfe fuhren
s- von ri- worin-krumm
-—1
hatten Rsnse und sent-en durch,
was sie e mal wollten.
Damals aber lag das Gehbft noch
nicht im Reiche der Ueberfchwenismunp
gen. der Damm, welcher die Dorfge
· msaktunig schätzte, führte damals nrch
in einer scharfen Ecke um die abgelege
ne Besitztian des Bammelhases herum
und behütete sie mit. Das hatten sie
früher durch-gesetzt in der Gemeinde.
Aber die Frühjahrsfluihen rissen
einst diese Ecke hinweg. Die scharftan
tigen, gewaltigen Eisfliichen prallten
dagegen und pflügien die Erde des
Deiches Schalle fiir Scholl-e in den
Strom.
Ehe man es dachte, brach die Fluih
herein und iiberschsvemmte das Land.
Die Bammelbäuser wurden von den
Wasser-n zuerst ersfsaßt. Der Bammel
bauer befand sich oben auf dem
Damme und trieb die Leute an, welche
mit Schaufel und Gabel den Deich zu
halte-n suchten. Ein Schrei, der ihm
noch heute in den Ohren lag, gellte
über die fressen-den Wogen daher, der
Bauer griff sich auf’s Herz und brach
zusammen. —- Er hatte Weib und
Kind verloren. -—s-— Der Schaden
war groß; die Wintersaaden waren
verdorben, die Felder verfandet, und
san den tiefer gelegenen Stellen blieb
dan Wasser eigen-sinnig stehen« und ließ
sich von der Sonne saufleelem —- Der
deichse Bammelbauer, der in jener Nacht
weiße Haare beisammen hatte, erbot
sich, den Damm auf eigene Kosten wie
der herstellen zu lassen, vor die gefähr
dete Stelle noch einen Streichdamm zu
setzen; aber er stieß auf Widerstand,
zum ersten Male.
Was jetzt geschehen war, tonnte in
ein paar Jahren wieder geschehen, und
dann wäre der Schaden wieder da, fv
meint-en Einige. Der Damm mus-, ber
legt werden! — Darüber schienen alle
die Anderen einig zsu fein. —- Aber wo
hin? —- Gsanz dicht beim Bammelhof
vorbei, schlisa Einer vor, dann ist die
Ecke nicht mehr da, und das Wasser
bat keinen Punkt, wo es angreifen
lsann. Der Bammelbauer verliert zwar
etwas chlscrland, aber er kann ja
Weiden hinpflanzen, das bringt eine
ganze Menge Pacht ohne jede Arbeit.
Der Bammelbauer erhob Protest.
Da sprang der Tischlermeifter auf:
dieser war dem stolzen Bauer nicht
wohlgestan weil er sich nicht tyranni
siren lassen wollte, wie er oft gesagt
hatte Weit in der Welt hernmgetosm
men, wußt-: er Bescheid darüber, wie
es anderswo zugäng.
»Und er msachze den Anderen mit flie
rxenden Worten klar, dasz man den
Damm in aerader Linie ssortfiihren
müsse, dann brauche er nur den Was
serdruch nicht aber den Stromdruck
aus-zuhalten
Das teuchtete Allen ein, nnd sie nick
ten eifrier Beifall.
Der Bammelbauer wurde wild,
denn er wäre durch diesen Damm ein
fach ausgeschlossen worden. Aber der
Tischler drang mit seiner Meinung
durch, und man beschloß, den Teich so
zu legen, dafz die Besitzuna des Bam
mselhofes in das Stromaebiet kam
Er könne ia den alten Deich siir sieh
selbßst aushessern, hatte man ihm ge
-«« »i.
ein paar bebrillie Herren von der
Regierung kamen nahmen die Stelle
in Augenschein, hießen den Beschluß
auf und schätzten ten Schaden ab.
Noch in demselben Jahre setzte man
den neuen Deich; da es an Erdboden
man-;-:ite, trna man den alten ab.
Um die Besitzuna des Bammelbau
ern herum begann bald ein geschäftian
Asaroxn und Fuhren und Spatenste
chen. Und jeder Stich, der in den al
ten Teich gethan wurde, ris; ein Stück
im Innern des Bauern mit fort. Und
im Herbst kam dann die erste Ueber
schzvemmuna. Sie fand die Raume
des Bammethofes leer, die Felder mit
Weidenstecklingsm bepflanzt und den
Bauern als frühzeitig gebrochenen
Mann.
Er hatte keine Arbeit, leine Familie,
keine Freunde mehr. Das einzige We
sen, welches ihn nicht verlassen wollte,
sein Hund, tam ein paar Jahre später
in den Wellen um.
Und seitdem tiefer ihn jeden Tag
vergeblich.
Der Alte stand langsam auf und
ftira die Treppe zum Boden empor.
Hier hauste er, von den Menschen ver
lassen.
Nur ein-mal in der Woche, am
Sonnabend bekam er Besuch. Ein al
tes Mütterchem eine entfernte Ber
wandte,-brachte ihm, was er brauchte.
Und er brauchte wenig, sehr wenig.
Er trsar nicht arm, das Land drau
ßen arbeitete fin ihn, ohne daß er einen
Finger krümmte, und viermal im
Jahre kam der Briefträaer iiber den
Damm heriiber und brachte ihm die
Pachtsumme. Im Frühjahr oder schon
im Herbste erschienen die Arbeiter, und
hieben die Weidenruthen ab, banden sie
in Bündel, und dann blieb es den
Sommer über ganz still, —- höchstens
der-bar sich einmal der Klana einer -
Sense oder der Knall einer Büchse in
din Einöde. Das Alles giwa an dem
Alten spurlos vorüber, er sah und
hörte nichts.
Und doch schaute er von früh bis
fviixt aus dem Giebelfenster auf sein
Land hinaus, und doch wanderten fei
ne Blicke wohl hundertmal an einem
Tage von dem Damme his· hiniiher
zum Strome, vom Dorfe bis hinüber
zum Walde. Bewimpelte Kähne und
Schbevddampfer mit statternden
Rauchfahnen sogen lautlos densStrom
auf und ab. »
Nur hin und wieder hör-de er das
dumpfe Zornbrtillen der Vampfsitene
ODOOOODDDMCOIUI
hinter der Waldbiesgung heriiberdröh
nen. —
Der Wald färbte sich, und die
Herbstsluth kam. Der Bauer biieb in
seinem Hause. Er wurde zur Zeit ter
Ueberfchmemmnng immer unruhig
Zuletzt lief er mit kurzen, hritigen
Tritten in dem Raum umher, riß das
Fenster ans, streckt-e den Kopf treit
hin-ans und scg die nasse Lust, die von
den stuthenden Wellenemporstieg mit
Behagen ein.
Er schaute tcksars nach rechts, scharf
nach linl8, priiste die Höhe desWassers
stunk-es an der Ecke der Seh-kunst, die
ihm immer schon als Pegel gedient
hat-tie, wars das Fenster tlirrend in den
Ruhm-In und lies, von geheimer Un
rsuhe gepackt ,wieder aus und ab. Dann
stürmte er den« Lsehmboren der Haus
decke aus und ab, steht mii den Armen
in der Leusst herum und bewegte laut
los seine Kiefer, ais giilte es, etwas
Oartes zwischen den Zähnen zu zer
msalmen. Zuletzt grisf er mit krallen
den Fingern nach einem großen, spi
tzen Spaten, der einsam in einer dunk
len Ecke lehnt-e und wollte die Treppe
hinab
Hier wurde er jedesmal von den
Wassern aufgehalten. tEr starrte wori
kos aus die schmuhigen Fluthen, die
leise an die hölzernen Treppenstufen
plätscherten und pbatschten, und stieg
müde und gebeugt die Treppe wieder
hinan.
Vorsichtig stellte er den Spaten in
die' Ecke, schwankte nach seinem Bette
und sank fröstelnd, siebet-nd hinein.
Nach ein paar Tagen hatte sich das
Wasser verlaufen» Der Llnfall des Al
ten war vorüber, und er unternahm
wieder seine gewshnlichen, ergebnißlo
sen Spazievgäwge wach dem Mauer
kocht
Der Winter brachte großen Frost
und sorgte die unruhige Oder auf ein
paar Monate ein, das-, sie sich weder
rühren noch regen lonnte. —- Durch
den Eichmald erbrauste das Gebrüll
des Nordwindese
Fußhoher —- meteehoher Schnee lag
überall, an den Mauern des einsamen
Gehöftes thürmte er sich hoch empor.
Die verlassenen Räume hatte er mit
glänzenden, tveißstrahlendens Fresten
prächtig ausgemalt.
Der Bauer verbrachte die Zeit des
Winters fast nur in: Bett, denn eine
Vortichiung den großen Biodenrsaum
zu heizsen, war nicht vorhanden, hätte
aurls gemißlich wenig genützt
Der Alte lag dann ruhig in den di
ck« mlt blaue-I- Fteinkmnn jäherm-jenen
Betten und starrte unablässig nach dein
First seines- Daches empor.
Sobald er aber den ersten, warmen
Wind verspürte der start genug war,
den Echneemsissen den« Krieg Zu erklä
ren, erhober sich von seinem Lager und
wartete Auf die Fl rtkt.
Und sie kam diese-« Jahr stärker und
größer als die vorherg—egans,1enen·
Die erste Welle brach die Eisdecke
mit einem wilden Knall nach oben, das-.
sie bald in tausend und atertausend
Seltrllen stromka trieb.
Der Fluß stiea zsusehends, und viel
früher, als der Bau-er erwartet hatte,
war er oon den wühlenden Wellen ein
geschlossen.
Tr: Dekihwacbcn zoaer auf ihre Po
sten. Jn einer Entfernt-it vson et.v.:
hundert Ali-Kern stan:en immer zmck
Männer, einer mit einer Schaufel, dri
ankere rctct einer Gabel bewaffnet
Die Iluth wuchs und iou-.l;s. Dazu
trieb ein scharfer Nordwest ten Fluss.
empor uns wühlte in Im Wellen usw
Eiefchollen herum, daß ex sprühte un»
zischte. —
Am närtsten Morgen stieg tas Waf
ser noset s«nmer. Nur noch einen halb-a
Meter höher, und es würde entfesselj
über den Damm hinwegsegsrn —
Plötzlich stand der Strom.
Die Schollen, die bis dahin im ne
riaden Schusse dahergetommen waren,
verboten auss einmal die Richtung una
die Kraft des Wurfes und steuerten
planlos hin und her, herüber und hin
über. Manche führten auch wohl einen
stillen Tanz in einem llenien Strudel
lsoche Die großen Eisslächen lagen wie
verankert.
Und dabei stieg die Fluth von Mi
nute zu Minute.
Der Bammelbauer ssah heute viel
länger zum Fenster hinaus als früher.
Er rechnet-caus: noch eine halbe Stun
de, und die Wasser erreichen denKamni
des Deiches.
Jhm lonnte das Wasser nichts an
haben, es war ja in den langen Jah
ren sein guter For-und geworden. Er
hatte ihm ja auch die ganze Besitzunz
zur Benutzung überlassen. —
Aus dem Damme entstand ein hasti
aes Rennen und Treiben. Peitsche-nar
tnall und Rüdergerassel, Pserdegsetrap
del und Kutscherslüche wurden laut
und tönten über die stumme Eissliiebe
herüber. Der Wind hielt wie vor
Unaft den Athem an. —- Dag Eis
hatte sich ein paar tausend Meter ab
värts zusiarnmengsestaut, es war zwi
lchen den beiden Ufern wie in einem
Sacke hängen geblieben und konnte
richt weiter.
Und dabei stieg die Fluth immer
höher »und höher. .
Tausend Hände regt-en sich aus dem
Deichr. Sandsäcke, Erdschollen, Acker
öoden, Strohdüniger und Feloiteine
lchleppten sie aus den Damm herauf,
im denselben damit zu erhöhen.
Der Bauer starrte hinüber, worl
los, bewegungslos, ohne auch nur mit
der Wimper zu zucken. Ob sie ihn wohl
halten würden? —
Und immer höher stieg es, langsam
rber stetig.
Schon waren die Fluthen an ein
seinen Stellen über den Damm gekom
men, unI nur die eiligst ausgeworfenen
Schanze-r aus drin Kamme desselben
vermochten die Wogen- noch zurückzu
l:alten, für wenige Minuten.
Auch der Bammelhof merkte das
Steig-en des-z Wasser. Ein paar Stall
dächer hatte die Fluth schon abgeirrt
gen. Mit stöhnitnoem Getrach hatt-c sie
die Flügel des mächtigen Sehr-unen
thors aus ihr-zu Angeln gerissen
Die ersten Wellen leckten oie oberste
Trick-pensiqu und fraß-en an dem Leb-in
der Diele. TeiBauer bemerkte es nicht,
wie gebannt hingen seine Blicke am
Teiche drübtn
Man winkte ihm. Er sah es nicht.
Man brachte ein Brit-it herbei und stieß
ab. Der Raum zwischen Teich und Ge
höft war fast frei oom Eise, nur kleine,
zerbröckelte Eisschollen schwammen da
umher. Knirschend fraß sich das Boot,
von acht kräftigen Fäusten getrieben,
einen langen, offenen Gang in das
weiße, schneeige Eis. Der Bauer ließ
sie ruhig herankommen und oerharrte
in seiner vorigen Stellung. Unterhalb
des Fensters legten sie an. Einer wink
te ihm. .
Als Antwort schloß er polternd das
Fenster und ging zornig wach hinten.
Ein anderer tlopfte noch einmal mit
dem Bootshaten an das Fenstertreu«z.
»Aber es blieb still.
Da zogen sie ab, unberrichteter Sa
Sie halten gethan, was in ihren
Kräften stand, damit tröstet-en sie sich.
Mit dem allen Stsarrtopf war eben
nichts anzufangen
Schon begannen die Schollen von
der Stelle zu rücken. Die im Boot
sputieten fich, hinüber zu kommen.
Langsam, ganz langsam setzte sich
das Eis in Bewegung; irgendwo muß
te sich ein kleines Loch aufgethan ha
ben.
Und ganz leis-e, langsam sant die
Flutb.
Die auf dem Damm sathmeten sauf:
sie hatten gesiegt. Viele gingen dem
Dorfe zu.
Der Bnmmelbsauer sah das Fallen
des Wassers mit Wuth und Ingrimm.
Wie rasend riß er den Spaten »aus der
Ecke und wollte hinaus-, hinüber. Sei
nem Freunde, dem Hochroasser, wollte
es zu Hilfe kommen.
Aber schon an der Treppe hielt er
inne. —- .
»Und plötzlich fiel das Wasser mit
solch unheimlicher Geschwindigkeit, als
schlänge es ein Abgrund in den Bauch
der Erde hinab.
Die Eis-staunng hsattse sich durch den
Druck des Wassers gelöst, und mit zit
gellofer Wncht stürzten die Wellen und
Wasser zu Thal.
THE-schup- UPZIUV K;D GEIan ksshff
Wisse-»O» s----i--- --- v»
—— lfastiger und wilder
Wirth —
Eine a»err».iltige, tiefduntle Eisfläche,
so groß wie ein ganzes Ackerland, strich
aus einmal mit Rauschen und Knistern
:t.iher, gera:e aus die Bammelhiiuser
zu. Sie überholt-: alle die anderen,
kleineren, welche mit ihr daherschossen
—- Wie ein scharses Rieseninesser
schnitt sie mitten durch das Gehöst hin
durch.
Mit ein paar Mauerstücken und ei
nigen Dachresten beladen, drehte sie sich
auf der Stelle, an welcher die Bam
melhiiuser gestanden hatten, langsam
um sich selbst, barst mitten our-ch, und
pfeilschnscll schossen beide Theile hinab.
Neue Schollen volliens über das
Grab daher, das Grab des letzten der
Vammelbanern
—-—s—--.O.-—-————
»Es zogen drei »Ja er wohl auf
die Pirs «.
Humoreste von A. A.
wurde ihre
Saßen da im Gasthof zum ,,Giilde
nen Mond« drei ältere Herren beisam
men beim frischen kühlen Biere und
trauten gar eifrig. Es war um die Zeit,
da die Rebhuhnsagd just aufgegangen
war, und die ersten fetten leckeren Vö
gel, welche die Mond-Wirthin in deli
laten Speck wohl eingebackt, gebraten
hatte, hatten vor wenigen Minuten
erst bis aus die derberen Knöchelchen
unsd das Gerüst ihr rühmliches Ende
in den Magen der drei Siammgiiste
gefunden. Ein iöstliches Abendbrod,
das den alten Satz aus’s neue bewahr
heiten sollte: »Die besser der Mensch
ißt, desto lustiger trinkt erl« Und so
mußt-e der schmunzelnde Mondwirtb
die Halbmasztrüge immer aufs neue
füllen
! Rebhühnern, wenn sie vortrefflich
’ gewesen sind, hält man gern eine Nach
rede. So war’s auch hier. Viel Lob
ward ihnen gezollt. Und von den Reb
hühnern tam man gar bald auf die
Rebhuhnsagd und von da auf die Jagd
selbst und alsdann stellte sich heraus-,
daß die drei alten Herren am Honorai
tiorentisch des »güldenen Mondes-« in
jüngeren oder älteren Jahren selbst
dem edlen Waidwert gehnldigt hatten,
und im Handumdrehen waren die
»Jagdgeschichten« da — stolze Thaten,
die ,,l;eute nicht mehr voriommen«.
,,Hm!« sagte da plötzlich der dürre
Apotheter -— »aber, meine Herren,——
seltsam ist’s doch eigentlich, daß wir
Jäger gewesen sind! Denn Sie, Herr
Hauptlehrer, und Sie, Herr Amtmann,
Sie geben« rote ich weiß, heute ebenso
wenig aus die Jagsd mehr wie ich! Die
Jagdgeschichten, die wir da erzählen,
waren sa ganz nettkich für meinen
Theil will aber ganz gern bekennen,
daß ich die Wirkung der meinigen auf
Kosten der Wahrheit etwas vergrößert
»Na, Ptllendreher, wenn hr schon
so ehrlich sei-d, bin icksi ni t minder
—« war-f der Amtmann, heiter auf
laehend, ein-»die Geschichte mit der
RehkcckiDoublette, die ich Euch eben
erzählte, war auch vom Schlage Eurer
Jagdgeschichten, und ich wette, der
Achtzehnender unseres verehrten-haupt
lehrers hier hatte ——«
»Nun, nun,« protestirie dieser, —
»ich will ja gerade nicht behaupten»
dafz es genau soviel Enden ————
,,Haha!" lachte der Apotheler gerade
heraus. »Meine Vermuthung ist also
doch die richtig-et Nun, Jhr Herren,
wollen wir da nicht einmal etwas ganz
neues anstellen und als geweseneJäger
der Wahrheit einmal die volle Ehre
geben? Jch wette, es gibt ein köstlich
Stiindleini Mondwirth, den Knobel
beeljser herl Wer »die niedrigfte Zahl
wirft, fängt an zu beichten, warum er
dern edlen Waidwerl plötzlich entsagte,
denn ich wette, der Grund zu diesem
Entfagen ist ein köstlich Stücklein!«
Der Hauptmann sah plötzlich ganz
ernst d’r-ein und der Hauptlehrer ward
augenscheinlich verlegen. Zögernd nur
ließen sie die beinernen Würfel iibet
die Tischplatte laufen und beide oth
meten ersichtlich auf, als der Apotheter,
der die Geschichte ungerührt, den nie
drigsten Wurf that und mithin mit
der Beichte beginnen mußte.
,,Alfo, Ihr Herrsen,« — hub der
Mann der Pillen und Latwerge an,
— ,,«warum ich Jäger war-d, ist bald
gesagt: Es sah so hübsch aus, wenn
die anderen Herren mit den Federhiit
chen unsd dem grünen Kittel, mit der
blitzend-en Biichse und der Jagdtafche
dashinfchritten. Na, ich schaffte mir
also auch eine pilseine Ausriistung an.
pachtete mir eineFeldjagd und zog nun
eifrig los. Wir wollen ja ehrlich sein
— Jhr Herr-en! Also —- geschossen
habe ich im ersten Jagdjahre nicht
viel — nein, rund heraus-, nichts! Ich
weiß nicht wie es kam, aber mein
Schrot sauste immer dahin, wo weder
Hühner noch Hasen waren. Das zweite
Fagdjahr aber war mein letztes.
Eines Morgens piirschte ich auf mei
nem Jagdgebiete auf Hühner. Der
Eifer führte mich immer weiter, wü
thend war ich auch, daß ich wieder
keine Feder getroffen hatte, kurz, in
blinder Jagdlust lam ich einem Ge
höfte nahe. Da stutze ich, auf dein
Felde in den Furchen drei, vier schlanke
braune Hühner-. Ich, die Flinste schuß
bereit — noch ein paar Schritte vor
— sie fliegen nicht vor —- und doch sehe
ich sie da ganz deutlich vor mir in der
Qlckerfurche Mein Herz schlug vor
freudiger Erwartung, — die Thiere
waren mir ja sicher, das eine oder das
andere mußte ja von meinem Schrote
getroffen in seinem Blute dahin sinken.
—Jch lege an, der Schuß tnallt, —
——hurrah! schrei’ ich, denn zwei der
Hühner flattern getroffen am Boden,
das dritte fliegt nicht auf, es rennt
vielmehr flatternd dem Zaune des-z
nahen Gehöftes iu. Und in demselben
Augenblicke erscheinen hinter diesem
Zaune, denselben überspringend und
mit wildem Geschrei auf mich zu
springend, der Bauer und sein Knecht.
Jch armseliger Nimrod hatte --—«
»Dies- Bauern Hühner geschossen!«
lachte der Amtinann. »Jst’5 wirklich
so, Apotheker?·-«
,,Ja,« nickte dieser. »So war’—3. Jch
mußte die Thiere natiirlich bezahlen
und schenkte sie oben-drein dem Eigen
thümer. Mit solchen Hühnern wollte
ich denn doch nicht heimkommen. An
dem Tage aber stellte ich die Biichsse
in den Schrank und nahm sie nur wies
der vor, wenn ich beim Schützenfeftie
den Umzuq der Schützen mitmachte.
Auf die Jagd bin ich nicht wieder ge
gangen!«
»Nun seid Jhr d’ran, Hauptlehrer!«
rief der Amtmann. Ihr seid ja früher
in den Bergen angestellt gewesen —
bei Euch wird’s noch interessant-er wer
den mit der Beichte, hoff’ ich.«
Ein tiefer Seufzer des würdigen
Hauptlehrers schien die Vermuthung
des Amtmsanns zu bestätigen. Lange
noch fträubte er sich, endlich, nachdem
er seine Halbe geleert und der frische
Kqu wieder vor ihm stand, hub er an:
»Ihr wollt"s so, Jhr Herren — ich
als Lehrer der Jugend sollt’ ja auch
eigentlich mit der Wahrheit nit zurück
halten! So sei’s denn d’rum! Mit
der Veranlassung zur Jägerei« —
wandte er sich mit schwachem Lächeln
zum Apotheley ,,ging’s mir wie Euch,
Apotheter —- aber ich war glücklicher
als Ihr, hab’ manchen langohrigen
Hasen und manches wilde Hahn ge
schaffen. bis ist da oben in einem
Kirchschulsdorfe der baherischen Alpen
angestellt wurde. Da stach mich der
Hafer —- eine Gams wollt’ ich um
mein Leben gern schießen, und so zoa
ich denn- einses schönen Feiertages, da
mals noch ein junger Kerl, mit Kniee
hose und Rucksack hinaus auf die
Berge, um mein Jagdaliick zu ver
suchen. Die Burschen drehten sich um,
als sie mich in meinem Jagdaufputz
erblickten, unid die drallen Dirnen
lachten arad’ heraus Lacht nur, dachte »
ich, wer zuletzt lacht, lacht doch am
besten —- und zoa hinauf. Drei Stun- s
den war ich aufi g’lrarelt —- him-- ’
mellauloon, Jhr Herren, das war eine
Tour, da kom"m’ ich um einen Fels- .
vor-sprung herum auf eine Matte, und
am Rande derswelben halb von einem
Felsbeat verdeckt wahrhaftiq ——- das
steht eine Gemse——ich, angelegt, los-s
gedrückt, bums —- das Thier machte
einenSatz, meckerte noch einmal——«
Der Apotheter und der Amtmann
brachen in ein riesiges Lachen aus.
»Hauptlehrer,'« tief der erstere —
,
« »
»ist’ö wirklich unod wahrhaftig wahri
Das war kein-: Gams, sondern eine
——,.richtige Gais, eine Ziege,« nieste
der Lehrer mit schwachem Lächeln.
»Und wie ich noch dastand und das
unglückselige Thier betrachtete, kommt
die Sennserin daher, ein Weib von drei
Zentner, mit einem Krops und kaum
einem Zahn im Munde! Und wie bis
sig sie erst war! Kein Mensch hat je
eine solche Standsrede gehalten- bekom
men, wie ich da oben. Die Gais mußt’
ich bezahlen, ab-:r"s Schlimmste war,
am ander-en Tage sangen sie da unten
im Kirchdorf Vierzeiler aus mich unsd
meine Gamsjagd. Da hab' ich’s Ja
gsen freilich eingestellt. Wenn ich mein
Gewehr ansah, kam mir die todte
Gais immer leibhaftig vor die Augen.
—Psui Teufel!«
Die anderen beiden lachten, daß
ihnen die Thränen herabfielen. End
lich mahnte der Hauptlehrer den Amt
msann an seine Biechte.
,,Ja,« sagte dieser —- meine ist liber
raschend. Jch hab’ die Jagd grad’ da
rum aufgegeben, weil ich einen Bock
schoß, aber keinen Ziegenbock, wie
unser Jugensdbildner hier. Jch war
ein junger Kerl, die Welt lachte mich
so heiter an, daß ich schier vermeinte,
sie sei extra fiir mich so schön ge
macht. Da geh’ ich eines Morgens
aus idie Pirsch—schieß’ aber nichts,
sondern lo·mm’ in’s Jägerhaus, —
und da seh’ ich ein Mädel, jung, frisch,
feurig, hübsch — Jhr Herren mich
durchschon ’s in dem Augenblick —
das Wild ward ich! HEEH war dise För
stlerstochter —-— ein Einiges Mädel —
was soll ichs lang verschweigen —
deshalsb war mir das Reh im Walde
gleichgültig, weil ich das Ries’l in’3
Herz geschlossen. Na, und wie ich
meine erste Anstellung hatt-e, fiel das
Wild, just in’s Blatt getroffen —ich
selbst. Ich heirathete meine Res’l!«
Der Amstmann schwieg und leerte
seinen Krug.
»Das ist Eure Beicht-e?« fragten die
andern enttäuscht. »Das ist ja gar
keine Waidmannsgeschichte Wo bleibt
denn der Bock, von dem Ihr spracht?«
»Das war’s ja eben!« sagte der
Amtmann. »Daß ich d»ie Res’l heira
thete, war der größte Bock, den ich
schießen lionnte, denn das brave Weib
hat, so lange sie lebte, mir das Leben
schwer gemacht. Das Zagen aber hat
sie mir ganz e"nfac, ke:boten!«
—- ——-·-b——-s«
ittcmiitlslich
Gast: »Ich weiß nicht, die Snppe
schmeckt heut-e ganz nach Seife!«
Wirthint »Ach« da hat Jhnen die
Köchin wahrscheinlich gar nicht aus
dem Sitppentopf gegeben, sondern aus
dem Wschekessel, der nebenan steht . . .
sehen Sie mal nach, ob lein Strumpf
d’rin ist!«
Schönstce Tonst.
Bei einem FestmahL welches zu
Ehren eines- bekannten Possendichters
an lähl ich des ,,JubiläumJ« eines sei
ner Biihne nnerle gegeben wird, erhebt
ein-er der Festtheilnehmer feinGlas und
tust ans: »Der Herr Verfasser lebe
hoch! Möge er so alt werden, wie
—- seine Witze!«
Uniiberleat
Fräulein: »Ich soll mir einen Zahn
ziehen lassen, aber mir ist so furchtbar
bange davor!«
Herr: »Eine ganz unnöthige Angst,
liebes Fräulein; das: Janziehen ist nicht
halb so schlimm, wie man sich das
denkt!«
Fräptleim ,,Haben Sie sich denn
schon mal einen 1Zahn Ziehen lassen?«
s Herr: ,,.)lch, schon hundert Moll«
! Vorschlag zur Güte.
» A·: »Der Hypnotisinus ist eine
großartiae Erfindung Jch kann je
den Mensch-en hnonotisiren und der Be
treffende muß thun, was ich willi«
B. lSchneidermeister): »Ach, ver
suchen Sie das doch bei meinen Kun
den! Jch zahle Jhnen von allem, was
Sie aus ihnen heraushypnotisirem
zehn Prozent.«
Bei Tag fürchten wir uns nicht
Der amerikanischen Konsul Ha
nauer in Frankfurt a. M erzählt fol
gende hübsche Anetdote über Jung
Amerita: Die Kinder zweier benach
barten Familien besprechen häusliche
Angelegenheiten wobei das eine Kind
fragt: »Wird bei Euch auch gebetet?«
»O ja, ich sage ein Gebet Morgens
beim Aufstehen, beim Mittagessen und
beim Schlafengehen«
Und daraus oasJ erste Kind: »Wir
ten nur einmal bei uns; das ist
Nachts-, wenn wir zu Bette gehen. Bei
Taq betet-. wir nicht, da fürchten wir
uns nicht!«
Ueber-flüssige Mutte.
Gouvernante: »Na, wart« nur,
Fritz, ich iaa’s der Mama, daß Du so
unartia bist!«
»Ach, das weiß sie schon, Fräulein!«
Nicht trnriklstig.
. . Der Sperling kommt doch
überaus häufig vorl«
,,J-awobl —- oer ist der Meter unter
den Bögelnl"
Stil-tosen
Aelteres torpulentes Mädchen:
»Herr Doktor, ich bitte um ein Mittel
zur Erzielung einer schlanten TailleP
Arzt: »Gehen Sie nicht so oft aus
Völle, die sitende Lebensweise schadet
Jhnen.« .