Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, December 19, 1902, Sonntags-Blatt, Image 9

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    Die thengekanntschaftz
v Ein Reiseerlebniß in Spanien.
Aus meinen mehrmonatlichen
Kreuz- und Quersahrten, welche ich
im Jahre 18.. aus der iberischen
halbtnsel unternommen hatte, kam ich
auch eines Tags. die Felsenthiiler der
Sierra Morena durchstreifend, nach
dem lleinen weltbetannten Almaden
untd machte daselbst in einem Gast:
hause, inmitten einer aus-erwähnen
Gesellschaft, bestehend ans Angehöri
gen verschiedener Nationen, die nähere
tanntschast eines jungen Edelmtm
nes, welcher wie ich, nur zu seinem
Vergnügen zu reisen schien und dessen
roße Unterhaltungsgabe, Ausgelas
senheit und sprühender Witz Alles
förmlich elektrisirte.
ch war jung, unerfahren, besaß
ein leidenschaftliche5, ungestümeå Na
turell und verstand es noch nicht,
meine ITititmensrlsen so zu durch
schauen, wie ich es heute vermag.
Don Rafael de la «Grillera, wie sich
mein neuer Belannter nannte, war
ein sehr stattlicher Mann mit schwar
zen Haaren und Auaem sehr intelli
genten Gesichtssziigen und von den ein
nehmendsten Manirren.
Und nach Verlauf einiger Stunden
waren tvir schon sehr intim mit ein
ander geworden, und ich dankte dem
Himmel dafür, das-, es mir vergönnt
worden« in einem mir so wildsremden
Lande einen so liebenswürdigen Ge
fährten so bald gesunden zu haben.
» ch brauche wohl taum zu fragen,
ot- Sis ein vom Gtiict Vegiinsiigtek
sind, bemerkte Don Rasaet im Laufe
der Unterhaltung, »denn ich sehe Sie
hier gerade wie mich selber als Ver
gnügunasreisenden und zudem in
orster Gesellschaft sich desinden.«
»Ich prahle nicht gerne dami:,« Ver
setzte ich, mich über den Ausspruch des
jungen Spaniers nicht wenig ge
schmeichelt fühlend, »aber ich lebe der
11eberzeuauna, dasz wir die besten
Freunde geworden sin’d, und ich möch
te nur beiläufig erwähnen. dass ich der
dritte Sohn eine-z Freiherrn nnd
Mannes von großem Einslusse bin
und wenn ich auch niemals zu der
Stellung meines Vater mich emporzu
schwingen im lStande sein fdiirf:e, so
kann ich dennoch so frei und unabhän
gig wie nur möglich leben.«
»Ich dachte es mir gleich, Sen
nor,« unterbrach mich Ton ijael
eifrig, »daß ich mich nicht täuschen
würde! Mein Vater ist ebenfalls ein
Edelmann und besitzt bei Hofe :--3n
weitgehensdsten Einfluß. Frtitrer oder
später hoffe ich auch so weit Zu tout
mpn nkm sowie wir Dies umlücki fein
wiro, soerde ich mich in den Einige-no
begeben und alsdann ein ruhiaes Le
ben beainnen. Bis dahin jedoch will
ich ganz meinem Vergnügen leder» so
gut es mir eben gelingt. Jch bin set-r
viel in Spanien gereist, aber niemals
über seine Grenzen hinatizsaetomnxen
- Doch manchmal schen habe ich den
Gedanken gehabt, mich auch einmal itn
Ausland unt-zusehen. Darf ich inir
die Frage erlauben, wann S: nach
Ihrem Vaterlande zurückzukehren ge
denken?« «
Einkauf-sichtlich dürfte die-s in zxdei
bis drei Monaten stat:fin:eu.«
,,Sobald schon? Ver-reinen Sie
Sennor, ich iveifz noch aar nicht« .die
ich Sie anzureren haå)e?«"
»Carl o. B· ist nceine Name.
»Ein schön-, stolzer Name in der
That! Gestatten Zir mir, Taiz ich
Sie Don Carlos-: nenne, und d?:te,
nennen Sie nzich Ton Rafael, errei
sen Sie mir diese GesalligteiL Tarf
ich mir mit der Hoffnung schmeicheln,
rviihrend der Zeit Ihre-:- thisenthaL:e5
in diesem Lande Jhr Reisegefährte
sein zu :iirsen?«
»Mein theurer Ton Raiael,« ries
ich aug, »eS tviirde mich herzlich
freuen!"
Wie rasch Ivar unser Bund besiegelt
;vovden! Jm Laufe einer Woche hat
ten rvir Pferde und Diener aemiethet
und ein Führer, den wir ebenfalls an
genommen hatten, sollte uns durch
das Gebirge geleiten. Wohl-veislich
hatten wir uns mit Pistolen un:
Dolchen versehen, denn wir hatten diel
von Briganten gehört, welche in jenen
Gegenden hausen sollten nnd nahmen
uns deshalb vor, aus unsere Sicher
heit möglichst bedach tzu sein.
»Wir werden da viel Gesindel vor
finden,« bemerkte Don Rasael unt
wenn sich dasselbe in der Uebermacht
befinden sollte, werden wir uns unse
rer Haut tüchtig zu wehren haben.«
Da der Sprecher selbst Spanier
war, und was die Verhältnisse seiner
Landes betraf, besser Bescheid wisset
mußte als ich, so wagte ich teinen Ein
wand zu erheben. War es mir dock
klar, daß er schließlich ebensoviel aqu
Spiel zu seien atte, wie ich, und das
er sein Leben acht muthrvillig in oit
Schanze schlagen würde.
Am Nachmittag des dritten Tage-'
unserer Reise durch das Gebirge, alt
wir gerade einen lau n und düstern
hohlweg passirt baten, ertsnte ein«
kräftige, scharse, klingen-de Stimm(
iider uns:
»Zum Strecket Eure Massen unt
erge t Euch, oder Jhr seid des To
«
dest«
Jch sah empor und gewahrte au
einem Felsen, geda über meinen
haupt, einen duntge leideten Maus
mit einer mehrsarbigen Scharpe jibei
der Brust und einen teaelsormrgen
mit dern acsehmiictten Hut aus den
Kop araziils an den Siammleinet
Baumes gelehnt, die eine Band au
Sonntsrgs XVI
Beilage des »New-now staats-Äic;cic;ier und Herold«.
J P. Windolpli, Herausgehen Grund Island, Nebr» den H. Trkciubcr lWZ Jahrgang 253 No. Hi.
einen Karabiner gestürzt und uns mit
gespannten Blicken betrachtend.
»Mein sollen wir uns denn erge
ben?« fragte Don Rafael, etwas spöt
tisch lächelnd.
»Dein Gebieter dieser Berge —
Sennor Carrasc91« sollte die schroffe
Beantwortung sein.
«All’ ihr Heiligen!« rief mein Be
gleiter, stehen bleiben-d, aus« während
unsere Diener nnd der Führer bei
Nennung oieses Namens »aus Furcht
zu zittern schienen.
»Was ist Denn eigentlich los?«
fragte ich.
»Aive Maria!« schrie Don Nafael,
»wir sind gefangen! Carrasco ist oer
berühmteste Bank-it in ganz Spainen
Jeglicher Widerstand, fürchte ich, wird
: vergebens sein. Was fangen wir an,
Carlos?«
»Wir wean ganz gewaltig käm
Pfen, wenn man uns sangreifen sollte,«
sagte ich demn, da ich keine grosze Lust
emps.1no, in Die Hano von Mir-dage
: rern zu fallen.
; »iS-ehen Sie Doch Iiese Elenden an,«
sagte Don RafaeL auf unser Gefolge
oeutend, das ganz fassnngglog oas
stand, »der Name Carrageo jagt sie in
Schrecken, sie werer keinen Wien
stand leisten. Und wag sollen wir
Beide oenn gegen fünfzig ooer hundert
Mann unternehmen?«
»Ist die Bande so start?« forschte
ich bestürzt, »ich sehe ja doch nur einen
Mai:n!"
Als Antwort auf meine Frage stieß
der Wegelagerer einen scharfen, schril
len Pfiff aus. Uno in oein nächsten
Moment schon waren wir von zwan
zig ooer oreißig wildvreinschsauenoen
Kerlen umringt.
»Sie seiten jetzt,« sagte Don Ra
fael ’oumpf, »daß jede Hoffnung
schwindet!«
»Wollen sie uns todtschlagen?«
fragte ich schauaerno.
s »Nein, etwas so«Schlimrne.s3 fiirchte
ich nicht. einer wir iverzen so iansae
Gefangene sein, bis wir unser Löse«
geld entrichtet haben werden«
»sich sente, daß sie nicht lanae Fe:
derleseng machen werden, wenn ich
nicht im Stande Isein sollte, das Geld
zu einrichten.«
»sie- mird Ihnen wohl nichts übrig
bleiben!«
»Wieio?«
»Sie werssen Ihnen can-, einfach
Alles nehmen« was Sie bei sich haben
und Sie werden sich betreffs des« Gel
des nach Ihren Freunden uinsehen
müssen!«
»Aber ich habe keinen Freund in
Spanien außer Ihnen-«
»Sie werden deren in Deutschland
wwn.«
»Und soll ich so lanae ein Gefange
ner dieser Bande von Diehen und
Mördern sein, dig ich an nteine
Freurze schreiaen kann und ihre Blut
wort mir zugekommen sein wirI,«
frate ich aus’5 Tiefste erschreckt.
»Ich weis-, nicht, Don (5arlog,
meinte mein Freund, »ich wollreJhnen
nur einen guten Rath neben, denn
solche Dinge sind schon allen Frent
den passir:.«
»Aber man wird nicht i«issen, daf;
geh rer Sohn eines reichen Manne-Es
in.«
»Bielleich: nicht, doch das- ist sicher,
das-, diese raffinirten Schurken all
üherall ihre Spione haben und gerade
unsere Diener und Führer können
möglicherweise mit Jenen im Einver
ständniß handeln.«
»Wenn ich das wüßte, würde ich
ihnen alle Knochen im Leibe zusam
menschlaaen und ihrer Verrätherei ein
Ende damit machen!« sagte ich.
»Es dürfte rathsamer sein, den
Dinaen mit philosophischer Ruhe ent
gegenzusehen, Ton Carlos-. Es sieht
Alles schlimmer aus, wie es ist. Wenn
mein eigenes Lösegeld nicht zu hoch
taxirt wird, werde ich wohl im Stan
de sein, Ihnen unter die Arme zu
greifen.«
Die Briaanten, welche uns um
zingelten, hielten uns ihre Karabiner
vor das Gesicht, bereit, uns niederzu
schieszen, falls wir Widerstand leisten
sollten.
»Ergebt Euchs« schrie der haupt
mann der Bande, welcher auf dem
Felsenvorfprunge über «uns stehen
blieb.
Unser Führer und die Diener war
fen nun ihre Pistolen und Dolche vor
uns auf den Boden hin zum Zeichen«
daß sie sich völlig ergaben. Don Ra
foel schien zu zaudern, jedoch nur ei
nen Augenblick, dann warf er auck
seine Waffen hin. Was sollte mii
Anderes übrig bleiben, als dasselbe zr
thuns
Nachdem unsere Waffen von der
Briganten in Besih genommen wor
den, nahmen uns diese unsere Pferd·
weg. Dann ging ei im Marsche durck
»den Hohlweg und hierauf schlug mar
einen in die Döhe führenden Pfad ein
E Letzterer war etwa zwei Meilen lang
« und dann erreichten wir eine ungeheu
s r-« Höhle, woselbst die Bande zu resi
di ren schien. Unsere Pferde aber
brachte man nicht hierher, man sagte
uns-. daß dies nur eine Abtheilung der
mehr als tausend Mann betragenden
Bande sei.
Nachdem wir bis aus unsere Klei
der ausgepliindert worden, wurden
unsere Diener und der Führer in
Freiheit gesetzt unter der Bedingung,
bei Todesftrafe sich nie wieder blicken
zu lassen und uns Uebrigen ward
ein Lösegeld in der Höhe Von hundert
tausend Frarsien fiir Jeden zudiltirt.
»Ach, mein Freund, « sagte Don
Rasael, »sich vermag Ihnen nicht zu
helfen! Jch habe nur soviel bei mir,
um mich selber damit in Freiheit setzen
zu können-l«
»Und wie soll ich es anfangen, nach
Deutschland zu schreiben und eine sol
che Summe mir senden zu laen?«
sragte ich angstvoll.
»Ich werde dies siir Sie besorgen,
;m-:in Freund. Sie können mir diese
- Summe bei meinem Bankier in Kadix
anweisen lassen, woraus ich die ganze
Angelegenheit regeln werde.«
Jch dankte meinem Freunde hierfür
und schrieb am andern Tage meinem
Vater, daß ich in den Bergen gefangen
genommen work-en sei und unverzüg
lich an meinen Freund und Gefährten
Ton Rafael de la Grill-ern in Kadix
ein Lösegeld in der Höhe von hundert
tausend Franken gesendet werden
müsse, widrigenfalls sich erschossen
würde.
Auf rührende Weise nahm mein
; Freund Abschied von mir. Erst nach
äztrei Monaten sollte ich ihn wiederse
hien. Er kam und sagte mir, das-, das
Geld dem Oberhaupt-: der Banditen
eingehändigt worden und ich nun in
IFreiheit gesetzt würde. Jch umarmte
l ihn und weinte vor Freude.
«Armer Junge-t« seufzte er, »wir
mögen Sie gelitten haben! Sind Sie
schlecht behandelt worden?«
,,Nein,« antwortete ich. »Ueber die
Behandlung tann ich nicht rlagein
- auzgenommen die Einschräntiina. Jch
liebe nur nach Freiheit geschmachtet!«
»Und diese, dem Himmel sei’g ge
-dantt, haben Sie nun wieder er
langt!« rief Ton Rafael aug.
« Er erzählte mir, nachdem er selber
i siei geworden war, wie er meine An
: aeleaenheit so rasch wie möglich zu er-«
sledigen gesucht habe, und daß er so
aliicllich sei, mir einen Paß lzustellen
. zu können, welcher mir in Zukunft vor
jeder Belastiauna von Carragcos
mächtiger Bande schützen würde. Auch
händiate er mir Geld ein, um die
I Riictreise nach meiner Heimath bestrei
ten zu können·
Ich frua ihn, ob er den Chef der
» Bande gesehen habe-, wie Derselbe aug
Esche, und das-, ich den Wunsch l)eate,
seien acsiirchteten Mann selbst sehen
Dzi. können
»Tieser Wunsch wird Ihnen in Er
fiilluna art;en,« versetzte Don TltafaeL
»denn der Chef hat die Absicht, sich
selber von einein so illustren Gaste
n.orgen zu verabschieden.« Am andern
-« Tag-e wurde ich mit meinem Freunde
von einer kleinen Eslorte begleitet,
isber die Berge zurückgesiihri.
An einer Stelle, wo wir ein Dorf
in Sieht bekamen, befahl Don Rafael
stehen zu bleiben, ergriff geriihrt mei
ne Hand und sagte zu mir: »Mein
lieber Junge, sieh muß Sie hier verlas
sen, und wir werden uns wohl nie
trieder zu sehen betommen!«
»Sie!'« schrie ich, aus das Höchste
erstaunt.
»Ja! Sie sehen, ich habe Besseres
zu thun, als mit einem heraeliausenen
Laffen das Lanld zu durchbumineln!«
Großer Gott! So sollte mein
Freund Don Rafael sprechen. Täu
fchen mich meine Sinne? Jch war
sprachlos vor Erstaunen.
»Ich sehe, daß Sie erstaunt sind,«
fuhr Jener fort, »aber ich werde Sie
noch mehr in Erstaunen setzen. Mach’
daß Du forttommst, Fremdling, und
wenn Du von Deinen Reisen auf un
serer Halbinsel erzählst, vergtiß nicht
zu erwähnen, daß Du mit der Be
kanntschaft eines Brigantenhäuptlings
brehrt wurdest.«
»Du hast den Wunsch ausgespro
chen, Sennok Carrasco kennen zu ler
nen, hast Dein Lösegeld bezahlt und
also ganz vernünftig gehandelt. Nun
denn wisse, daß ich Carrasco bin. Be
greifst Du nun? Lebewohl!«
Er wtintte mit der Hand, drehte
uns den Rücken, verschwand nnd ließ
mich tvie niedergeschmettert und an
Allem verzweifelnd auf sder Straße
stehen. Niemals bin ich wieder mit
einem Fremden vertraut geworden.
i
l
i
I
Wsie ich nach dein Dorfe gekommen,
erinnere ich mich nicht mehr.
Mehr als dreißig Jahre liegen be
reits hinter jenem Reiseabenteuer. Jch
habe seitdem die meisten Länder un
seres Kontinents gesehen und wie
dergesehen. «Fern im Süd das schöne
Spanien« aber habe ich nicht mehr
betreten.
-.-—-—
»Bitte, recht-Il«
Humoresle von H. du Pless-ac.
Nachdem Frau Kaniosser mit gro
ßer Sorgfalt die weiße Kravaite ihres
» Sohnes zurechtaeschoben hatte und mit
! der Hand ordnend über den Rockkragen
aiesahrcn war, fah sie ihr einzian
Kind, ihren Lucien, voller Bewunde
rung an
Und in der That, Lucien Kam-Js
ser war aar nicht so übexl Mit einein
»A"ooni5« konnte er freitirh nicht ver
alichen wenden, aber alle junaen Mäd
chen können auch nicht einen « Donizs
zum Gatten erhalten.
»So, nnd nun, mein Junge-A saate
die Mutter, »nun frisch vorwärts!
Und laß vor allen Dinan Dein ver
drießlicheg Gesicht zu Hause. tfs
handelt sich um Deine Zukunft. Als
Erstes bei Deiner Ankunft begrüße die
Herrin des Hauses-, die aute Frau De
sorm, die sich, ohne Dich zu kennen urn
Dein Gliick kümmert. Sag’ ihr:
,,Gnäaiqe Frau, meine Mutter ist lei
der nicht ganz wohl, und darum hat
sie zu ihrem Bedauern nicht mit mir
kommen tönnen.« Mer Dir diese
Worte, denn sie sollen Dir als Er
rennunasszeichen dienen. Frau Desorm
wird Dich dann Fräulein Urands. einer
Perle, einer wahren Perle, vorstellen.
Blond mit blauen Augen, vielleicht ein
bischen start, aber so etwas aiebt sich:
den liebenciiviirdiasten Charakter-· den
ins-an sich denken kann, uno 200,0()()
Francs zur Mitaiftl Wenn Du Fräu
llein Eitella Urand erst aefetden hast
und sie gefällt Dir, so ist die Sache so
gut wie abgemsacht, denn ich weis;, das-,
die Eltern Estella’5 dieIe Verbindung
wünschen Also Muth und vorwärts-!
Bonledard St. Germain llt2, zwei
Treppen. Trau Desormx die hell er
leuchtet-en Fenster wer«:!: Dir schon
«-,eiaen, wo Gesellschaft ist.«
Lucien Fiantosser war doch ein we
nig erregt, als er vor dcm bezeichneten
Hause «anlanate. Eine lange Reihe
don Waaen rückte langsam dor und die
Haugtljiir stand weit offen. Die ganze
zweite litage —-- 12 Fenster Front
war strahlend erleuchtet.
-,,Donnerwetter!« dachte der junge
Mann fiir sich, »das sieht ja großartia
aus. Die Sache scheint wirklich nicht
so olyne tu sein«
Vor ibm ging eine G:uppe, Herren
und Damen, in Gesellschaftgtoilette
die Treppe hinauf: so brauchte er gar
nicht erst Zu fragen und so gte ihnen
einfach, nachdem er noli dem breit-In
Treupenabsatz, der aani mit Blum-en
nnd ariinen Blattpslarnen geschmückt
word-en war, einen priifcisden Blick zu
geworfen und bei sich aedacht hatte:
,,Tt,iirtlieb, in grosjdrtigeri Stil.«
Den Chaneau claque unter dein
Arm, trat Lucien stautosser in die
Salon5. Da er inmitten dies ersten
kliaumeg eine Dame stets-n sali, die die
Antoinrnenden mit einern Händedruck
l:-eariis3tc, so oernnrthcte er in ibr die
Herrin des Hairseg, trat auf sie zu
und derbengte sich vor il,r. Sie sal;
ihn einen Augenblick an und sagte:
»Oh. da sind Sie sa, mein Herr,
»Sie wollten ja. . . .«
,,Jawobl. anädige Frau, unterbrach
Lucien die Dame nnd betonte Tedee
Wort. »meine Mutter ist etwas leidend
nnd bedauert sehr, mich nicht begleiten
zu können«
»Ach! die Aermstel Das thut mir
ja sehr leid!« saate die paine des
Hanseg, und es llana eigentlich als
wenn sie damit meinte: »Es ist mir
höchst aleichgiltig.«
Daran fuhr sie mit leichtem Vor
wurf fort:
»Nichts siir ungut, aber ich hatte
eigentlich gehofft, Sie würden etwas
früher kommen. Nun will ich Si
nur rasch Fräulein Urand vorstellen
dieselbe wartet schon sehnsüchtig auf
Sie.«
,,Donnerwetter,« dachte Lucien für
sich. »Die junge Dame scheint es jc
sehr eilig zu haben, meine Bekennt
schaft zu machen."
Er folgte der Hausfrau und sinnt
gleich darauf vor einem jungen Mäd
even.
»So, hier ist der Erwartete!«
sagte die Dame des Hauses und wies
aus Lucien, der diese Art der Vorstel
lung eigentlich etwas drastisch sand.
»Oh!« rief Fräulein Urand, »Si
lcsssen sich aber lange erwarten!«
Und zum größten Erstaunen des juni
gen Mannes streckte sie ihm, wie einen
guten Kameraden, die Handentgeaen
Lucien war einfach ,,sutsch«. Frau
lein Urand war nicht nur hübsch, son
dern unglaublich liebreizend Er dacht
nsur flüchtig während eines Augen
blicks: »Was bat Mamr mir denn ei
igentlteh gesagt? Sie hat doch keine
blauen Augen! Die sind ja grün wie
oas Meer; und die Haare sinld nich-i
blond, sondern iastanienbrsaun und
i stark ist sie ja auch nicht, sondern
! schlank wie eine Elfe. Nun, mir kann
es ja gleich sein! Jedenfalls ist sie rei
zend, so wie sie ist!«
,,Dars ich um die Ehre des erst-en
Walzers bitten, mein gnädiges Fräu
lein?« sagte Lucien.
»Oh! vielen Dant,« antwortete sdas
junge Mädchen, »Sie wissen doch aber
ebenso gut wie ich, Daß wir Wichtig-:
reg zu thun halten«
Lucien riß die Augen weit aus; die
Antwort war ihm deaa doch etwas
überraschend gekommen, und er fand,
das-, Fräulein Urand mit großem
Aplomb vorging·
»So, nun an die Arbeit,« sagte sie
fröhlich. «Fangen »wir mit »Die schöne
blaue Donau« an?«
Lucieti's Verwunderung wuchs noch
mehr. Zum Glück war er recht musi
kalisch, nnd Da es ja nichts Unanae
nehm-es hat, mit einer hübschen jun
gen Dame zusammen rierhändig zu
spielen, so fing er mit Fräulein
Urand zusammen slottweg . »Die
schöne blaue Donau« an.
Nach Dem Messer tam eine Qua
dritte, die Lucien auf Fräulein
Urano’s Bitte allein spielte, während
sie sich etwas ausruhte. Dann spielte
sie ein Menusett von Mozart und bat
ihn, für sie die Seiten umzudrehen.
Daraus lam, wicnr vierhändia, eine
Gavotte, nnd schon war Lucien 4
Stunden Gast im Hause von Frau
Desorn1, ohne vom Klavier sortgelom
men zu sein.
Es fiel ihm garnicht ein, sich darü
ber zu beklagen, war er doch auch die
ganze Zeit über mit Fräulein Urand
zusammen gewesen! Sobald sie auf
hörten zu spielen, rückte Lucien seinen
Sessel Dicht neben den von Fräulein
llran’o, etwas abseits vom Rla«oiee,
uno Die jungen Leute vlauderten und
vlauderten, ohne dac- sich Jemand um
sie tiimmerte. Lucien antiisirte sich
iiber Diese höchst lomfischetunsd ihm un
--.-L H- ..c.
(
i
Uctslullulluyc Quuuuulh Iunu sie unsre
immer angenehmer und angenehmer,
und als sich die Gäste zu derabschiedsen
anfingen, da war er bis iiber beide
Ohren in Fräulein Urand verliebt.
Ohne gerade eitel oder eingebildet zu
sein, konnte er sich ruth eingestehen,
daß auch Fräulein Urand ihn nicht ge
ravde mit leiissfallen betrachtete.
Lucien stand die Mutter noch aus
und ihn erwartend. Raum, daß er
sich die Zeit nahm ihr guten Abend zu
sagen, da rief er schon:
»Sie hat tastanienbraunes Haar-!
Sie hat ariinschillernce Augen! Sie
heißt Margarete und nicht Est-ella!
Aber so oder so, sie ist bezauberndi
entzückend-! Ieb- bete sie an und ich
bitte Dich, für mich um ihre Hand
anzuhalten!«
Frau stantosser gina aus Schick
lieltteitgriictsichten erst zwei Tage spä
ter zu Lksrau Desorm. Sie wurde
ziemlich tiihl aufgenommen und, Von
Natur ängstlich, berhaspelte sie sich in
allerlei unzusammenhäugenoen und
undollendeten Sätzen.
»Ja, Du lieber Gott,« sagte Frau
Desorm mit einem gewissen Mitleid,
»ich verstehe Ihre Vserlegenheii und es
thut mir dies wirklich leid. Ja, ia!
Mit den jungen Leuten ist es so eine
eigene Sache-. Die thun immer, ioas
sie wollen! Ja wirklich, es thut mir
recht leid, daß Ihr Sohn nichtgetom:
men ist!«
,,.B.tie?v Nicht getommsen?« rief Frau«
Kantosser. »Er ist doch den ganzen
Abend bei Ihnen gewean und Voll:
ständig entzückt von der in Frage kom
mend-en jungen Dame nach Hause ge
kommen.«
»Es thut mir leid, entgegnete Frau
Desorm, ,,E"shnen eine Illusion rauben
zu müssen, aber ich ver-sichere Ihnen,
daß Ihr Herr Sohn meinen Salon
nicht betreten hat. Da Sie aber mit
solcher Bestimmtheit versicheru, daf; er
gekommen ist, so muß hier irgend ein
Mißverständniß obivalten. Halt! Da
fällt mir Etwas ein,« fuhr Frau De
sorm fort, »Sie gaben ihm doch meine
Adresse?«
»Natürlich, Bouleoard St. Ger
main 192, zswei Treppen.«
,,Linls?«
»Das habe ich ihm nicht gesagt. . .'·
»Na! Da haben wir die Erklä
rung» rief Frau Desorm und lachte
laut aus. Gleich darnach entschuldigte
sie sich dieses Lachens swegen und
sagte: »Meine Nachbarin, Frau Ma
tember, hat mir nämlich den Streich
gespielt, am selben Abend eine Tanz
gesellschaft zu geben sie wohnt
rechts, ich links in derselben Etag«e!..
Jetzt kommt es für Sie nur daraus
an, zu erfahren, wer die jung-e Dame
ist, von der Jhr Herr Sohn so entzückt
ist... für meine junge Protegee ist
es nun nämlich zu spät, das muß ich
Ihnen aufrichtig sagen-» es waren
noch mehr Bewerber auf der List-e . . .
nicht alle sind rechts statt links gegan
gen.... und besonders einer. der
gleich den richtigen Weg fand «
«Gnädige Frau,« sagte Frau Kun
losser, als sie von Frau Mute-redet
empfangen wurde, »ich bin die Mutter
des jungen Mannes, der. ..«
»Oh! Es ist mir wirklich peinlich,
exaii Sie sich noch selbst herbemii
müssen,« unterbrach Frau Matem r
die Sprecherin. .. »mein Mann wollte
aerade heute bei Ihn-en mit herankom
snen, iim Jhnen das Beivußte zu über
reden. . . aber ich will es gleich holen,
da Sie nun einmal hier sind. . .'·
»Sie haben mir etwas zu geben«-«
,,«Jiatii«clich!... Das Geld, das Ihr
Sonhn ais Klavierspieler zu beanspru
chen hat. Er sist übrigens ein sehr an
genehmer Mensch! Besitzt eine wahr
haft überraschende Fingerfertigkeit
und eine große Aus-deiner im Spiel!. .
Jhm und dem lieben Fräulein Urand
habe ich- ses zu dank-en, daß alles so
hübsch verlaufen ist.«
Auf Ihrem Ball war ein Fräulein
Urand?«
»Margaretk,e Uransd, die Klavier
lihrerin meines kleines Töchterchens,
die mit Ihrem Sohn zusammen zum
Tanz ausgespielt hat« . sie haben sich
beide sihr Geld reichlich ver«dieni!«
»Mein Gott, gnädige Frau,« sagte
Frau Fiantosser, die nun alles ver
stand, »mein. Sohn hat 20,000 Franks
Renie von Seiten seines Vaters und
wird von mir einmal ebensoviel be
kcmmen Er braucht sich also nicht
gerade seinen Lebensunterhalt als
Klavierspieler zu verdienen. Hier liegt
ciit Mißverständniß vor. Mein Sohn
hat aealaubh bei Frau Desorm zu
sein, wo er Fräulein Estella Urand
hergestellt werden sollte-«
»Und er ist statt dessen zu der Tanz
festlichkeit von Frau Maiember ge
kommen und hat dort ein Fräulein
Maraaretlje Urand kennen gelerni!«
rles Frau Maiember belustigt.
»Ja, und was das Schlimmste: Er
ist nun in Fräulein Margarethe Urand
dollsiändig verliebi.«
»Du lieber Gott! Legen Sie denn
sehr Viel Gewicht auf Gele«
»Wenn alles Uebrige ehrenwerih ist,
nein!«
»Durchaus ehrenwerth. Der Vater
früherer Ossizier. . .«
»Wie mein M-ann.«
»Ist ohne Vermögen gestorben.
Margaretlxe giebt Klavierstunden, Um
ihren jiinaeren Bruder zu erziehen; sie
ist eine wahre Perle in jeder Beziehung
.. ich kenne sie schon lange und schätze
in- sehr. Wer weiß, ob nicht gerade
hier der Zufall siir beide Theile glück
lscli waltet. Wissen Sie was, meine
ittksr verehrt-.- Frau, kommen Sie doch
tssoraen und essen Sie ,,sans facon«
ein-en Teller Stippe bei mir. Marga
srcthe wird mit einer Tante anwesend
lsein Natürlich gilt die Einladung
auch Ihrem Sohn, und können wir ja
siiber die Sache weiter sprechen. Aber
» siegmal bitte rechts!«
...... -«..——.
Schnelle Justiz des Kaisers Trajan.
vKur Zeit bis-J Kaisers Trajan hatte
glitalit:a, die Frau eines Kri«eas:ri«bu
nen, sein LieMLsoerhältniß mit einem
lieuturio Ihr Gatte meldete die
Sache seinem Konsularlegatiem Ob
wohl diesem das Strafrecht iiber die
Offi,iere zustand, rief er doch die Ent
cliejaung des Kaisers an. Trajan
stellte genaue Ermittelungsesn an, ent
setzt-e den eanturio seiner Stelle und
schielte il ,n in Die Verbannung. Der
tlricaz iribun, der das Gebahren sei
ner Frau ruhig mit angesehen hatte
und nun damit zufrieden war, seinen
Titeltenbulkler los- zu sein, wurde amt
lich aufgefordert, Die Anklage auch ge
gen seine Frau durchzuführen Er ge-«
horchte zwar, aber nur mit innerem
Widerstreben weil feine Liebe zu der
Frau gros-; war. Für sein ttnmänn
lichesj Verhalten wurde er vom Kaiser
streng aeriigt, Gali tta tber zur Ve
nehmung borgeladen. Der Kaiser be
sand sieh aerade in Etrurien auf sei
uem Landgut-e Centusmeellä hart am
tttestade des Meeres, wahrscheinlich
Dem heutiaen Cioita Vecchia. Er ver
hörte die Galitt ta in Gegenwart seiner-«
näheren Umgebung und sprach di
Urtheil das; Gali tta nach dem jui
schen Gesetze zu bestrafen sei. Nach
einem von Augustus gegebenen Gesetze
verlor eine Frau, die sich ehelich ver
gangen hatte, die Hälfte ihres Hei
rathggute5, dazu ein Drittel ihres
Wundqu und wurde au erdem aus
eine Insel verbannt Der jüngere
itliniug, der diese Geschichte in seinen
Brieer H, -«’-1 erzählt fügt hinzu,
dass, er dont Kaiser eingeladen war,
Zeuge dieser und anderer Vernehmsunes
aen zu sein. Er habe dabei reichlich
Würde und freundliche Gesinnung des
Kaisers zu beobachten.
—"-—. -«.——
Wesentliche
A.: »Du sagtest doch, Herr Leh
mann wäre reich?«
B.: »Bitte, das hab’ ich nicht ge
sagt! Jch sagte nur, er hätte mehr
Geld als Verstand!«
Jalsresrinqr.
A.: »So, die Thekla verlobt sich so
ost?«
B.: »Ja, die macht’s wie die Bäu
me, sie setzt jedes Jahr einen neuen
Ring ant«
Auch ein Grund.
Gast lzum Hotelier beim Wurst
schmaus): »Hören Sie mal, die Wür
ste Find aber sehr theuer.«
·Hotelier: »Sie sind aber auch von
einem dressirten Schwein!«
Gelegenheit gehabt, die Gerechtigkeits«
,
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