Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, December 19, 1902, Sonntags-Blatt, Image 10

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Yerzx Oalk Yasstf ww.
Roman von Paul Osqu Höcker.
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(15. FortseyungJ
»Hei Bewegen Sie Sich —- rühren
Sie die Glieder. Sie können Gott
danken, daß Sie so glimpslich davon
getoinrnen sind. Bei Jhnen scheint’å
nach nicht so arg als wie bei dem da.
Keine halbe Stunde ist’s her, daß ich
ihn draußen herausgezogen half aus
dem Schnee. Er war abgestürzt —
muß sieh ein paar Glieder zerschmet
tert haben.«»
Durnpshruiend blickte Martha um
sich. Von wem sprach der Mann?
Jm Winkel des scheunenartigen
Raums. durch dessen Fugen der
Sturm hereinpsifs, sodaß man meinte,
jeden Augenblick müsse das Dach ab
gehoben und dar-angeführt werden«
stand ein Lager.
Dei Kantoniere drehte die Laterne
um, sodaß der Lichtschein das Lager
traf.
Ein dunkelgesörhtes Gesicht — fast
schwarz das Haar —- Schneeresie an
den Schläsen —- der Körper bedeckt
mit alten Mänteln und Decken.
Nun schlug der Verungliickie die
Augen aus.
«.. .Johannes!« schrie Martha.
Rein, nein —- sie täuschte sich. Das
par ja ein sie-her, hinfälliger. zum
Tod erschöpfier Mann —- sein Antlitz
verwittert, verwilderi. . . .
Mit wankenden Knieen näherte sie
stät :::n Lager. Es graute ihr vor
dem Fremden. Als ob sie an ein
Sterbebett träte, so erfaßte es sie mit
Sman und Zittern.
Und doch sanl sie plöylich dicht am
Lager in die Kniee — überwöltigt, er
schiitteri.
Ein grarnvoller, angstvoller, leid
vpller Blick aus diesen großen, dunk
len Augen hatte sie getroffen. Nun
gab es sür sie keinen Zweifel mehr.
«Johannes!« stammelte sie —- dies
mal unter Schluchzen.
Und die ganze Schwere des Erhal
drten kam ihr in dieser Selunde voll
zum Bewußtsein. Sie ließ ihr Haupt
aus das Lager sinken und gab sich den
- '-I h k. ·
-II«I--h-- -------- -«c--.--ss4-s
ICIUsIllUbsI, bsbsulxsbsehssl, ALLISLLSOISLU
Thränen hin.
Dies war ihr Wiederselien rnii Jo
hannesk
Zehntes Kapitel
Der Kantoniere hatte in seinem
harten Beruf dein Elend, der Rock-«
der Todesverztveiflunq sich oft schon
gegenübergefehen. Er kannte auch die
treffen Gegensätze des Lebens, trotz
dem ihn sein Amt jahraus-, jahrein
an diese kurze Strecke der Paßstraße
zwischen dem vorletzten Echutzhaug
und tn Hospiv der Chorderren oom
St. nhardorden auf der Eim
plonhöhe fesselte. Jm Sommer roll
ten Equipagen mit lustigen Nichte-LIE
reisenden, reichen, lebenssreudiaenVer
gniigungspassanten über die sonniae
Strecke —- irn Winter zoan hungern-:
de, frierende Petalie er über den be
fchneiten Paß, um Qndustriereichen
Norden Arbeit zu s n. Zur Zeit
der Stürme, der Lacvinen galt’s, jede
Stunde auf dem Posten zu sein, um
vorn Schnee oeblendete Schlitdenpferoe
aus der schmalen Heerstraße festzudal
den, sie über die Gallerien zu aeleiten
und Rosse und Gefährt und Jnsassen
vor dem Absturz in schauerliche Un
tiesen zu bewahren. Ein anderes Mal
waren verirrte Fußgänger, Abge
stiirzie, Ver-schüttete aus dem Schnee
herauszugraden, Halt-erstarrte zum
Leben zurückzurufen . . .
Noch niemals aber war er Zeuge
einer so erschütternden Scene gewesen,
Die der des WiedersehenT des Wiedert
essen-ims, dererst wirren, nur ge
Lammelterh dann immer ergreifende
leidenschaftlicheren Aussprache
dieser beiden unglücklichen, von den
Meinen des Lebens und der Gewalt
der Clemnte arg zerzausten Menschen
Mer.
« Ei hatte ernster Ermahnungen be
Darin um den Berunglijckten auf dem
exk festzuhalten Der Kantoniere
Erfahrung, er wußte, daß die
ung, die sich der Fremde zuge
cls er da draußen, vom
Kur-n überrascht, sehltrat und
paar Meter tief abstiir te, zu ernst
WI Desorgnissen Anla gab —- so
Wtend sie erschienen —- wenn
rest sick in der Wunde festsetzte.
Wunder, daß der Fremde nicht
« den ganzen Abhang topsijder
e ver, und ern zweites Wun
et sich nur das Schulter-te
- denEllendoßen beschädigt
indem er gegen en beschneiten
- Wirt der sein weiteres
» see .ndett hatte.
M Mit-im hatte geglaubt, sei
Obst-n nicht trauen zu sollen, alt
auxgen Winternacht
Grind-niesen e
se skeit et Eier r das
mandem zu. Dennoch griff er zu La
terne, Schaufel und Hacke und trat
in’s Freie. Früher hatte ihn immer
Leo, der Bernhardiner Hund, der
Letzte, der von der alten, allein echten
Rasse im Simplowhospiz noch übrig
»reblieben war, auf diesen Märschen be
gleitet. Vor wenigen Jahren hatte
das treue Thier, dessen bewunderns
werth feiner Jnstintt für die Auffin
dung der Berschiitteien so überaus
werthvoll gewesen war, aber leider ein
trauriges Ende genommen. Seitdem
ging er allein aus die Suche. Doch
Gewöhnung und Erfahrung festen ihn
selbft in der grimmigsten Winternacht
in Stand, die Unglücklichen auszuüb
bern, die vom Weg abgelommen, im
Schnee ftecken geblieben und dem Tod
durch Erfrieren ausgefeßt waren. So
hatte er auch den Fremden rasch aus
findig gemacht, der seinen Leichtsinn,
seine Vermessenheii, dem Föhn Troy
bieten zu wollen« fo schmerzhaft büßen
mußte.
Die Wunde selbst sei freilich nicht
aefiihrlich, sagte er der jungen rem
oen, deren Muth, deren Wagha sigteit
ihn nochmehr entsedte, als der Leicht
sinn ihres Vorgängers; es liege aber
die eine Wendung nahe, daß derBrand
dazu trete ——, und dann sei der Ver
unaliickte rettungslos verloren.
Also empfahl er dem seltsamen
Paare, das hier oben in tiefer Welt
abgeschiedenheit ein so er reifendes
Wiedersehen gefeiert hatte, uhe, Ru
he und wieder Ruhe.
Aber was hörten die Beiden auf die
bedächtige Rede des Kantonierel Was
sie bewegte, was sie durchbrauste, war
ja fo gewaltig, so erschütternd, so aufs
regend — mitsortreißendl
Welch schwerer Jrrthum hatte ihre
beiderseitige aualoolle Prüfi.ngäzeit
verursacht!
Johannes schwieg lange, gedrückt,
bewegt, überwiiltigt, nachdem es end
lich keinen Zweifel mehr in ihnen Bei
den gab, daß Eins so fchuldlos war
wie das Andere war an dem räthsel
vollen, tragischen Ende des unglück
lichen Wassiliem Dann aber richtete
er sich. weder der Schmerzen achtend
noch des ä·ngstlichen«3urufs des Kan
—
Isnlckc, Plotzllm Illcs lllls UND Plchc
fein Antlitz gegen Martha’5 Schul
ter.
Wie ein Kind weinte er . ..
Martha hatte leine Thränen mehr.
Trog des jammervollen Zustands, in
dem sie sich gleich Dem gehetzten Flücht
ling befand, trotz der Strapazen, die
hinter ihr lagen, trotz des grimmen
Brausens der Windsbraut, die noch
immer heulend und kreischend über den
Paß fea:e und das Schutzhaus erheben
machte, war eine wundersame Lindigs
teit über sie gekommen.
Johannee trug leine Schuld an
Wassiliew’«5 Tode. Seine Flucht ivar
kein ftummes Einneftändnifz gewesen.
Er hatte Ruhe und Frieden hinge
opfert, weil das Unerilärliche, Unlös
liche dieses düsteren Räthsels ihm den
Verdacht hatte aufzwingen müssen,
daß sie die That in der Verzweiflung
begangen habe. So schmerzlich oie
Erkenntniß einerseits für sie war, das-.
er überhaupt fähig gewesen, sie mit
einem solchen Verbrechen auch nur in
Verbindung zu bringen —- durfte sie,
die sich durch die Anllaae der Behörde
selbst hatte irreleiten lassen, ihm dies
zum Vorwurf machen? Und hatte er
auch in Gedanken an ihr acsiindigt
— seine Handlungen waren eine fort
gesetzte Kette von Liebesopsern, groß
müthiger, fast übermenschlicher Auf
opferung gewesen.
Und wie Johannes aufathmeie, da
er nun den Beweis hatte daß Mar
tha gleich ihm schuldlos war! hätte
er nur dies Eine gewußt, was Mar
tha’3 Schuld auch vor der Justiz aus
fchloß, da es die beiden Pfleger des
hospitals ja mit ihrer siolxcheu Aus
sage bezeugt hatten, daß si: an jenem
denkwürdigen Abend, nachdem er sie
verlassen, die obere Wohnung, das
Zimmer von Juftukz überhaupt nich«
meh betreten hatte s— hatte er diese
winzige ä?leitsig"«s.it gewußt, so iviirse
diese ganze entsehliche Prüfung-steh
mit ihren seelischen Martern, ihren
äußerlichen Entbehrungen, Strapazen
und Demiithigungsn ihm erspart ge
blieben fein.
Aber nun klagte er nicht· Er konnte
ja frei und stolz und selbstbewußt sei
nen Verfolgern gegenübertreten — irn
Gefühl der eigenen Schuldlosigleit —
im Bewußtsein, daß auch Martha
nich; der Schatten eines Verdacht
tre en- konnte.
Wie die dunkle That Mfchehem wer
sie vollbracht —- dat b b ia immer
auch ihnen seit-Mein Mthfeb Auf
gabe ver Justiz war ei, das noch Un
gelöste zu lsfeir. "
Wen felbft aber tte die ansige
Akfaite Eines bewie en, das nun
set stammenden Worten is unaus
lthhnchkk Schrift tu ihre herzes ein
rube i Liebe tte sie die grau
amsie tifaaa n lasen --— bit
i- e gis-c, ins t
, Itzt-sm- - Tote-seist- kam
seit-die- I Tis- Ide
.·-»-...«x sw- W
-— sue-Mome- Sie
unbeschuht-eh
Umgebung: sie fiibltsen Ich wiederst
eint — nnd von goldenen hoffnung
tränneen erfüllt harrten sie des neuen
Tages. -
Der Kanioniere verließ noch mehr
mals das Restes-» Der Schrei eines
Raubdogelex das Aechzen eines dont
Staren abgebrochenen. über Sder-Schnee
in die Untiefe binabrauschenden Bau
mes aus dem felsigen Abhang ähnelte
oft dem Hülferuf eines Menschen. Da
swar der wackere Pioniee stets schnell
bereit, sich wieder binauszuwagen,- bis
er gegen Morgen auf eine Schütte
Stroh im Winkel sich nieder eß. um
ein paar Stunden der Ruhe zu pfle
gen.
Martba und Johannes hatten oon
den Vorräthen, die der Kantoniere fiir
den Nothfall in einer verschlossenen
Kiste im Rest-ge aufbewahrte. nur we
nia genossen — etwas Wein, an der
rauchenden, flackernden Feuerstelle des
primitiden Kamins erwärmt, etwas
trockenes Brot, das war Alles. Die
Compressen, die der in solchen Dingen
erfahrene Kantoniere dem Verungliick
ten derordnet hatte, mußten öfters ge
wechselt werden« Die Müdigkeit nach
all’ den Strapazen iiberwiiltigte sie
schließlich aber doch W der Rückschlag
nach der ungebeuerlichen Neu-mitbet
reizung stellte sich ein. Und nun lehn
ten sie Beide — Johannes auf feiner
Streu, Martha auf der Bank an der
Feuerstekle —- die Köpfe zuriick und
schliefen ein.
Es war kein ruhiger, gesunder
Schlaf, der friedlich lommt und die
Glieder löst — es war eine ohnmacht
ähnliche Ermattung, eine Erschlafs
fung, die fte ganz plötzlich übersiel.
Der Katoniere weckte den Fremden.
als der erste bleiche Morgenschimmet
durch die schmalen Fenster hereinlugte,
um nach seinem Verband zu sehen.
»Ja einer Stunde kommt die Post
von Briea hemqu sagte er dabei,
»Wenn Platz drinnen ist, wör’s am
gescheutesten, man brächte Sie nach
dem Hospiz. Sie werden noch ein paar
Tage droben das Bett bitten müssen
und Umschliige machen —- am besten
mit Eis ——, denn im vorigen Winter
starben zwei Passanten, die drüben;
beim Refnge Nummer sechs gestürzi’
waren und wie Sie mit gebrochenen
Gliedern im Schnee liegen gebliebens
waren, bald hinterher am Brand.«
Ueber dem Gespräch der beiden
Männer war Martha erwacht. Sie
zeigte sich gleichfalls äußerst besorgtj
nm Johann-Z Acht im anoälifbt l
,- s».»
sah mcn erst so recht, zdie eiend ioie
abgezehrt er war der Kummer,
die mangelhaste Ernährung, vie Ztra
nahen, die Tunnelarbeit, die ermüden
den Märscke s-, Alleg hat:e dazu bei
aetragen, um seine Kräfte zu erschö
psen.
»Aber ist die Straße denn schon
passirbar"«« fragte sie den Fiamonierr.
Der Straßenrvärter nahm Hacke
und Schaufel ans. »Der Sturm hat
nachgelassen, sonst würde der Post
schlitten schon gar nicht von Briea ab
aelassen. Und eine Bahn zu schaffen,
das ist halt mein Ilmi."
Auch Martha erschien es am besten,
daß man die Ausnahme des-. Bekun
gliickten im Hospii nachsuchie. Dies
mar eine Tochterstiitte de,-J Et. Bern
Web-Hofmva einigechorherren des
Augustin81ordens besorgten droben die
Ausnahme der Reisenden aller Stän
de und jedes Glaubens.
Mitten in der Auseinandersetzuna
mit dem Kantoniere, der über die Per
son seiner beiden Schützlingen, deren
Herkommen, deren Zusammengehörig
leii noch immer nicht so ganz im Kla
ren war, trotzdem er vielerlei Geschüt
ternoeg in der großen,leidenschastlichen
Aussprache des Paares in verslossener
Nacht venommen, — mitten in ihren
Fragen und Anordnungen hielt Mar
tha aber plötzlich entsetzt inne.
Sie entsann sich der Nachricht, die
ihr der Staatsanwaltsoertreter von
der Muter des Flüchtlinas überhracht
hatte: Frau Brale lag, mit dem Tode
ringend, daheim in dem fernen
Schwarzwalddvrse —- und ihr Sohn
sollte nicht noch zu ihr eilen dürsen,
um sich an ihrem Laaer niedersanke
sen, ihr zuzurusem ihr zu beweisen,
dasz die furchtbare Antlaae ihn zu un
recht belastete?
Johannes beobachtete ängstlich ihr
wechselndes Mienensdiel. Als ob eine
Ahnung durch seine Seele ging, sagte
et plöhlich in seinem matten, leisen,
innigen Ton:
»Aber wenn ich noch so lange liegen
soll — tagelang nicht den Paß verlas
sen soll — wann kommen rvir dann
endlich heim —- zur Mutters«
Da Martha ihr Antlitz abmandte,
fragte ee diister weiter: »Sie hat von
dem Verdacht gehört?«
Martha nieste stumm und ernst
»Sie hat ihn getheilt?M rang es sich
mit zitternder Stimme aus seinet.
Brust los.
· »Wie — Allei« sagte Martha trau
rig.
»Arme, gute Mutter, die Du so an .
I
mir zweifeln lonntest —- so verzwei- »
sein L«
Junge nicht mehr, Johannes Und
vor Allem: kla e uni, te tote Dir so
wehe thaten, n t an. Wie wir dar
unter selbst gelitte nhaben —- Du
klagst et an Deiner eigenen Ver eis
nns erkennen. Deine Mutter t. .
ichetsuhy daß He . . . Ich, Johannes,
es wird mir so Insitslich sehn-en ganz
offen gis sein, nnd doch wär i one eine
neue Ende, wenn Ich Die verschwei
gen wollte . . .«
»Mit seinen sit-Funke angsdollen Un
MW Jst
s
Dich. sack rntr ehrlich: sie —- He iß
todttk
Er schrie es saß. Seine stimme
schlug titsc.
»Nein, nein, Hannet, ste leth
Iottlod sie lebt! Ader trwt ist sie,
fchwer leiden-d· Und drum muß rasch
Etwas geschehen-—- ntn ihr die ertö
fende Kunde zu dringen . . .«
»Ich muß zu ihr. Aug’ in Aug«
will ich ihr sehen —- Brust an Brut?
ihr faaen...« Er erhob sich, fant
ader ftöhnend vor Schmerz zuritet
«Nein, Johann-II rief Martha voll
Angsi,-«Du kommst nicht fort. Du
bedarfst ver Pflege. Bedenke, was
Du ausgestanden hast. Der Kante
niere bat Erfahrung — er weiß. in
welcher Gefahr Du stehst. Die from
men Chorherren droben werden Er
barmen mit uns haben, werden Dich
pflegen — wenn ich sie auflehe...
Und dann eile ich zu Deiner Mutter.
Jch werde den ganzen Tag fahren, vie
Nacht, ohne Aufenthalt --— und dann
bin ich schon morgen früh in Neleins
gen . .
Trie erneute Aufregung hatte dem
Verungliiclten geschadet. Als der
Kantoniere von der Strecke zurück
kehrte und die Botschaft brachte, daß
der Postschlitten bereits sichivar fei,
lag Johannes in erneut Fieberwan
Noch immer hing of Himmel voll
gelbgrauer Schneewolten. Aber der
Sturrn hatte ousgetobt Der Zug ver
Simplonstraße war auf dieser oberen
Den Elementen besonders attggrsets«en
Strecke nur an der schmalen Trace er
lennbar, die der fleißige Kantoniere
int Morgengrauen durch den Schnee
gezogen hatte, urn das Passiren des
Postschlittens zu ermöglichen Müh
selig genug hatten sich die voreinanrer
gespannten drei Pferde durch vie
Schneemasfen durchzuarbeitem
Endlich hatte das Gefährt das Re
fuge erreicht. Es befand sich Niemand
im Postfchlitten außer einem in dicle
Pelze gewickelten älteren Herrn.
»Es ift der Herr Doktor auSBrieg!"
sagte der Kantoniere voller Befrieoi
gang, noch bevor der Schlitten hielt.
Er hatte sich nickt getäuscht. Der
Jnsasse fuhr in der Post bis zum
Dorfe Simpeln mit zu einem Ann- .
ten, von dern schon gestern Abend eine
Zetteer in Brieg eingetroffen war.
cscv TusiicclllllilicD Ujldcl UND-J kcl
Arzt bei Nackt aber riet-! ziLser den
Paß lerijker aetrnni.
In VerisaL wo rsrr ticiriciiiitten
eine ileine Ziaticsn inwie, hat:e der
Tditvr nun iibercafrbende Time er
fahren: eine junae Tonle, die mai-er
ieelenallein heute Fleck-: mit den-.
Schlitten des Frrsters herairsaetcixn
:nen war. sei spsrrlos oerschirinnsrri."
Alls Frau Eaaiå i» der Frühe nach
ihrem räthselhaften Gast sah, bemerttc »
sie, daß das Bett nicht einmal berührt l
mar. i
Die Verwirrte-stund des Doktorsl
stieg, als er die Vermißte hier ent« «
deckte-, und zwar in der Gesellschaft
eines Mannes der-. er nach seiner Ales
dung für einen arm-ähnlichen Arbeiter
aehalten hätte. Der Fiebrqustand die
ses Mannes erschien auch ihm nicht
Unbedenklich und er zvar gleichfalls
für den fofortigen Trangpart nach
dem Hasens
Martha nahm ihn beiseite, hän
bigte ihm den arößten Theil ihres«
Börfeninhalts ein und bat ihn, fiir
die Unterbrinauna des Verungliietten
im Hospiz zu sorgen und sich um seine
Pflege zu kümmern, bis sie wieder hier
fein könnte. In drei, vier Tagen aes
denke sie zurückzukehren Jetzt rufe
sie eine schwere Pflicht zur sterbens
tranten Mutter ihres Verwandten.
Und sie wollte sofort ausbrechen, uns
noch den Mittagszua in Briea zu er
reichet-» Der Kantoniere werde sie bis
nach Berifal begieitcn, dort erbat sie
sich rann wieder den Schlitten des
Förlters.
Einen näheren Astchlnß über ihre
Person, über ihre letzten Erlebnisse
und ihre Zusammengehörigteit mit
Johannes ertheilte sie ihm nicht. Der
Dotter war auch zu dietret, um sie
mit peinigendrn Fragen zu behelligen.
Der Kantenirer. der hernach für
seine Mühe und Hülfsbereitfchaft
reichlich von Martha belohnt ward
legte mit band an, urn den Patienten
im Schlitten unrerxubringen —- der
Doktor deckte ihn gut zu — dann stieg
der Postlutfcher wieder aus«
Der Abschied zwischen Martha und
Johannes war völlia wortlos. Nur
ein letzter, langer Blick, der beredter
war als alle Worte, sprach ihr Lebe
wohl aus.
Dann zogen die Pferde an —- und
langsam aing die Fahrt empor. Man
sah die Paßhöhe von hier ganz beut
lieh —- auch das Heini-H Jn einer
halben Stunde konnte der Posifehliti
ten, der die eisgrottenähnltche Kalt
tvassergalerte bunt-stehn drohen sein«
Martha fah dem Gefährt nach, bis
eine der Schneemauern, die der-Sturm T
aufgethürrnt hatte, ei ihren Blicken»
-entzoa. «
Der Kantonsere seigte ihn nun noch
die Stelle, an der er den runden Pe
stern aufaefunben. Marha Wertes
tm Gebanten an dte entse ltche Gefahr,
Hin der ver Unglückltehe geschwebt,
? noch nachträglich ein Zittern.
! Aber sie mußte start fein, um die
lernent vor lhrl enden Marsch- und
Kerlen-Wen n been-luden
i
« i sur r
kudåtksz
No
bevor
tue-en
Dankgebet
ein-no fandenftehi e nbe,
diese Stätte versiegt-anat
Dann schritt He inin Thale nieder.
l
sran sagst eintrat, um ihr soviel
usiqu m magisch me, tie- seinem
ndinngstpeise g ernsten, ergriss
Gusse-M de ,
»Wi« Ri« IF k- DIE-:
a e. e er t
setltssenheit aus Tod und Leben da
niedertag, n t schneller eine Kunde
s zukommen la ens Wie, wenn sie ern
iden Ortsvorstand eine aussiifsrliche
: Depesche qbsandtei Er und seine II
I milie hatten sich doch so fürsorglich r
H Armen angenommen — sie wiirden ge
» wiß den Inhalt einer solchen Freuden
botschast ihr in geeigneter Weise kund
geben. ihr sagen, daßJobannes schuld
los mar. daß seine Flucht einen andern
Grund hatte, der ihn nicht belastete,
der nur ein Beweis seiner übermensch
lichen Ausbpserungssähiateit war.
Allen Fragen, Vorn-Linsen, Ver
wunderunasuusrusen der guten Wir
thin von Berisal machte sie hastig ein
Ende. Die tlieine Station war durch
den Draht ntit der Brieaer Post ver
bunden. Also konnte Martha hier
bereits ihr Telegracnm nach Neßlin
gen aufaehen.
Endlos kam ihr dann die Fahrt
Erss Rhonethetl dor. Sie sah jeden
Augenblick nach der Uhr, trieb den
Knecht, der den Schlitten des För
sters leitete, immer rson Neuem an,
denn schrecklich war ihr die Vorstä
lung, Den Mittagszua in versaurnem
Sie erreichte den Baltniios von
Briea denn auch nur wenige Minuten
bevor der Zug abaina. Von lsckdardt
und sein-en Leuten sal) sie weder aus
der Fahrt durch di: Ortschait noch aus
der Station selbst etwas-. Sie fürch
tete jetzt auch nicht tneztr die Besieg
nuna mit ihnen.
Sie befand sich aus der fast sechs
stiindigen Fahrt durchs Rhonethal
und am Genier See entlang bis nach
Lausanne allein in ihrem Sonne-. Aus
einer Ausenthaltsstation nahm sie
eine Mahlzeit zu sich, daraus schlief sie
s— aber in körperlich elend-ern Zustand
bestieg sie dann Abends den Schnell
zug, der sie nach Bisel brachte. Von
da an war sie zum Theil aus Sekun
därbnhnen angewiesen, um nach Gön
ainsgen zu gelangen. Sie .var wie ge
rädert, und eg graute schon Der neue
Zag,·als sie aus dieser Statio·n end
RRU cllillels Und Ucll Zisljellupiilsus Uc
itillmn Waaen ooriat«:s.
Der Ortsvorsteher resand sich nicht«
wie ftsk .:ehoiit, aus dir StatZotL Der
Kutschen Der nicht aus Liteßlinaen
its-much oersnact",:e ittr auch keine
nähere .·l«.:—:!;t:f: :i»:: Den Zustand
Der alten Frat- Lirxite in .t-:;en; r
war iltrn nur det,r!!it:, Las-. ck ihr schen
seit lönaerer gis-it rean sarierln gehe.
Jn itnbeicltreibiicher Aufregun
legte Martha diesen letzten Tatil ihr-r
anstrenganen Reise zitiuct
An der vorletzten innre :-er Fahr
strafze anaelanat, verließ sie den Wa
gen, um den ivohlretanntcn Fußrer
durch den Wald, Jer ei::e Strecte als
türzte, zu nehmen.
Auch der Schwarzwald lag in;
Schnee. Aber mag reieutete die iust
hohe Zchneetcde des Waldbodens a::
geniider den hauelkchen Schneemassen
des Hochaedirgesk Jn athemloier
Hast-stopfte sie weiter und iveiter . · . .
Endlich war sie im Dorf. Sie sah
das Gärtchen, die eniolätterte Land-J,
in der sie im letzten Sommer mit Jo
hannes so oft geplaudert hatte —-— dort
stand das noch fensterloie Schulhau«3,
von dessen Dach ein dänoergeschmiicti
tes Bäumchen heradariißte, und hier
das Haus des Orts-schulzen....
Dorslinder hielten davor auf der
Gasse und ein paar alte Frauen.
Sie stürzte herzu, trat in die weit
geöffnete Hausthiir ein.
Da stand der Pfarrer inmitten ei-:
nes sliisternden Kreises-: die Familie
des Gemeindeälteiten, der alte Frei
herr von Eckharot, Sie-die Vater, ein
Gendartn, der Lehrer von Yieszlingern
»Sie lethi --— Ich tomme doch
nicht —- zu spöt?!"
Wie irr wanderten die hastigen
Blicke ihrer angstvoll-n Augen von
einem Gesicht zum andern. Die Mie
nen der Versammelten waren sehr
ernst· Jetzt verstummten plötzlich die
leisen Flüstergesprächr. Groß sah
man sie an. Der alte Freiherr be
schwichtigte ihre Aufregung.
»Nuhe, Fräulein Spener,« sagte er
ernst, »Sie sind im haus — einer
Todten! Stören Sie ihr den letzten
szSchlummer nicht!«
Ganz sassungslog blickte sie ihn an.
»Z« spät — also zu soätl" hauchte lie
tonloö vor sich hin. Es drängten sich
teine Thränrn in ihre Augen. Wie
erstarrt derharrte sie.
Inzwischen hatte Jemand die Thin
zum Sterdegemach geöffnet.
Die Fenster der tleinen Stube wa
ren verhüllt. Nur ein mattec Däm
merlicht herrschte in dem Raume.
Mar a trat mechanisch ein« toll
lenlos hielt sie, als der Marter-, der
ihr aesolgt war, seine Rechte aus ihre
Schulter legte.
Sie saltete» die blinde nnd starrte
die Todte an.
Die lag da wie schlafend. Das
Antlih verrieth mit seinen alten und
Himmeln wie rauh das S ietsal mit
ihr verfahren war. Aber ein glück
eliges, sriedliehei Lächeln umschwehte
» n site immer geschlossenen Mund.
Ein tiefer Friede hatte die gepla ie
»Papier«-tilde in's ewige Leben n
Itihergeleitet
i Hat sie —- aehiirt —- hat re mein
Telearamm noch....erhalten t«
s Martha fragte es stammecndz die
lsorie tosratm sie in der Kehle.
I Leise besahte der Pfarrer.
l seit-me Mittag bekamen tote es.
IF »Und senten, tut ihe’s vorzule
i nie
»Es-sy-- .;Zk. :
Ste konnte nicht rnrhr sprechen,
aber sie verstand Alle-R
»Und so schied sie — versöhnt mit
Johannen«
Der Geißltche athmete ties aus. »Ja.
sie laubte an die Schuldloggleit ihres
So es. Und ihm und hnen hin
terl eß sle ihren Segen.«
Nun wars sieh Martha. einem plbk
lieben Impuls folgend, über die Todte
und liißte die starre Hand, die aus der
eingesunlenen Brust lag.
»Sie blieb noch bis zum Abend bei
Bewußtsein,« sagte der Pfarrer nach
einer Weile, als Martbn sich wieder
erhob, »urn relm Uhr betete ich met
ihr, dann schlies sie ein — und ist nicht
mehr erwacht.«
»Gott gebe ihr die ewige Ruhr!«
sliisterte Martha ties ergriffen.
Lange stand sie noch schwankend da.
Ihre Gedanken wanderten in die
Ferne, den weiten, weiten Weg zurück
bis zu jenem stnrmumbrausten Alpen
zmsk too Johannes in der Hut der
kommen Herren weilte.
Er sollte seine Mutter also nicht
wiedersehen!
Ein grausamer Jrrthum hatte ihn
in die winterliche Fremde hinausge
sagt — und jetzt, da sich Alles hätte
lösen können, waltete das Schicksal so
unbarmherzig, sandte es neue, nieder
schmetternde Prüfungenl
Eise lonnte sich nicht länger aufrecht
haiten in ihrem Schiner.i, ihrer Ver
z;reislun,1.
Ter alte Freiherr siiErrte sie endlich
aus drin Zierdegeinach hinaus-.
Jn der Wohnstube dei- L-rt:sätti.-st:n.
der sieh ihr bis sent noch nicht fIcniiknrt
ha:te. sand dann zwischen ihr. Dem
Freiherrn und dem Geistlichen ein-:
ernste Aussprache statt.
Herr von Ecllsardt hatte seinem
Neffen, ten er noch in Genf Vermittlka
gestern Mittag sofort eine Depeiche
dorthin gesandt, um ihm siir den Fall,
daß seine Ermittelungen bisher ergra
nisilos gewesen seien, über den Aufent
haltsort des jungen Bratc zu unter
ricbtm Er fragte Mart-m nun aus,
- wie sie die Spur des i,liichtlinag est
deckt, äu welcher Verlassean sie ihn
s
Eint-getroffen ls«rtte. Von ihren eigenen
ISJrapuzen berichtete sie irr-Its « sie
iidxitterte den Leiden Männern niser
Zum so nukfiiirlirher das-i nrcnererwlie
«L5ien!s-, das-« der Unnliictiiche durchge
macht Entse.
Ter Jrciixerr czeåielgk einen Blick
Los-J tctnverstiinksnsssee mkt retn LHIHstIig
in ist«-II sagte i:: nöxlietrst srkisrkgxtrsein
Ton-:
»Nein rac« trxåtirc Schicksal des
ijunren Tit-Its tiirxnen mir agso vor
liirxsicz tierisrigt sein« Noch heute er
« warte ich eine Jirchricht von meinem
JL sien Er mir r-» zkrtiir Seh sosort zum
ffsospiz hi nanfsalren und s irr ist-leiser
iiilxrur »n« s- — sobald der Gesundh- itsinx
zir; no Irr-: Die Witterung rie Fabre
Hatiksem erscieinen lassm « Sorge
- :r.:ren.«
i Ich lehre sofor: selbst zu ihm zu
Iriiei!'· s.!««e lJiHr Im erregt. »De
Tod 7ciner :Uin:t:: n: .ci-t e«.« mir zur
PUCK It . . .«
»Ni- in, Fräulein Eisen-er, rarx dul
spen wir nicht. Uiit all-Er Echorsmn
roiro Brale iiber Dar- iraurige Eies-s
::is; isrtterxichtrt werden. Sie selbst
aber biieiden bei uns-«
NOT-in inf. fände teine rrsiz Eise Zinn
leinrn ruhigen Airgendiici!«
M»:sinn, Zie- mer:en roch weniastens
der Todten oie les-te- Ehre ermessen
wollen,« saate Tier Pfarrer.
Ein neue-r Itanrus entstand in Mir
vthan Brust.
tssortsetzung solat.)
—-———-·-- .-·-— —
Die Haare ver Berühmtheitem
Französische Blätter kündigen Ist
bevorstehende Erössnnnq eines seith
men Martteo an. Es handelt sich um
einen haarrnartt, aus Dem Danks-ro
ben berühmter Leute zum Verkauf is
iangen sollen. Es wird in der Tini
eine ganze Preisstala siir derartige
Erinnerungen an große Männer auf
gestellt. Die höchsten Preise erzielen
vie Haare der Päpstr. Man berichtet,
daß bis zu 50 Franks siir die Locte
gezahlt werden, uno oie Leos 13. sol
len besonders gesucht sein. Die Sou
oeriine und Staatsleme werden in die
ser Beziehung nach ihrem persönlichen
Verdienste eingeschiitzt, aber es ist nn
tiirlich, daß hier die Preisliste außer
ordentlich schwer auszustellen ist, N
der Partei-reist bei dieser Werthichär
ung mit in Frage lommt; so wird z.
B. ein französischer Roholist die Haare
Louis 18 sehr therier bezahlen, varie-v
gen den hauptschrnuet Gamhetta s
aiinzlich verschmähen. Eine gewisse
Berühmtheit hat eine haartocle er
langt, deren Besiher Napoleon 1. war.
Sie wurde von dem ersten Kammer
diener des Kaisers Constant verstohtert
abgeschnitten und aenenwiirtig wiro
ihr Werth aus gut 100 Franci a: —
xht ·’ht Aber derartige Beispiele sind
elien, und sie entfernen si weit von
den Durchschnittspreisen te Haare
des Zaren werden aus 5 Franck« siir
die Locke aeschiiht, die von Felix Innre
erzielen dagegen nur 75 Centtmei bis
1 Frau-, und Louhet s saure soll man
so ar schon siir einen halben Franken
he our-nen. Unter den Dichtern er ie
len Viktor Dugo unso Alired he n «
set Lord se on und Schiller r t
ansiiindiae åzegäi auch Ilphone
Das-bei und Können seit ihrem
Kntse friede- sein Ein Sammet
hehaapss ar, er hells- pure von
M; a er sziirhe woi Mühe
have-, sollte erihce heit