Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, December 05, 1902, Sonntags-Blatt, Image 16

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    Deutsche Romanliteratnr
» RatschU Töchterlein liesert eine
Kritik derselben.
Our Editor-, theurerL
Ich würde öfter ein Paar Linien zu
M fallen lassen wann nicht den
Dilemma wäre, ob Sie den Spelling
den deutschen oder den Veroinigten
staaten Weg besser gleichen. Ich
Iebsee heute meine Tschänses an den;
deutschen Weg. l
Wo Jch darüber mit anen ein Ge
spräch haben möchte, das wegen Le
sen. Jch gleiche es, Nobels zu lesen.
Dann tornint die Ma und sagt, wa
rum ich immer die englischen Novels
. He, wo sie nicht wisse tönnte, was
drein steht, weil sie das Englische mehr
sei Weg von Talten wie Lesen und
Schreiben kennt. Und dann kommt
Ia und sagt mich von Shiller und
Goethe und wann Jch ihm srage was
sie geschrieben haben, und er soll Mich
die Namen von ein Paar Nobels von
se geben dann sagt er, da wäre einige
Zahl davon und es wären so viel, daß
er es nicht erinnern könne, hauptsäch
hch aber Wilhelm Teil nnd Nathan
the Sage von Sonnentbal und häm
Ieit. Ei wäre alles in seine Leibriiri
Und wosor Jch denke, daß er das Geld
gespendet hätte, wann es Niemand
anschauen thäte, dann er selber hätte
seine Zeit dazu
Also, was is ein Mädchen wie mein-.
selbst ze thun? Jch gehe also zu Wert
und ich lese deutsche Stories. Nicht
Sbilxer und Gottie (gespt-echt werd es
Gotthe), sondern deutsche Novels aus
die eirkulirende Leibräri. Tbun Sie
Mich einen Gefallen, Herr Editor, und
" ben Sie Mich eine Rast damit. Ich
·n müde davon. Es sangt immer da
Irit an, daß sie in Love mit einander
Ind, aber sdie Pärents gleichen es nicht,
oder es is sonst ein Trowwel oder ein
Didnntersianding zwischen sie und
dann brecht der War von seventy aus
Ind er is die ganze Zeit sitretli ein As
ftsser in der Army gewesen und fest
werd es poblit und er geht in die Bat
iel nnd ne sehr bräv und werd gewun
detsnnd kommt in die Feld-Dispenkäry
sub ganz von plötzlich is sie-, wo vorber
eine Baroneß oder einen Millionär
sanler seine Tochter war, eine dres
sirie Nörg und pflegt und nörst ibn,
bis er gesund und heil genug is, sie ze
heirathen. Und dann kriegen die Pa-:
oents what is called the Rührung und
es aebt die Wedding mit den eisernen
Kreuz von den Jknperer auf die Brust
Und es is auf Rechnung von den Kreuz
anotber Rührung und die Bänd spielt
soc den Fenster »The Watch on the
stunk un dann is es aus.
Dies ist eine Art von die deiifche
Mis. Dann gebt es die Nobels von
M h called ,,Standesunterfchied«· Er
It ein Börgerlicher un sie is eine
konntet-. Oder sie is eine Bis-gesuch
Ind er is ein Caunt. eDr oder die, wo
Ue Börgerltche is, is febr reich, aber
er (oder sie) hat nix. Er (der Dinger
Iiche) iiö sehr reich an Talents un is
sehr fleißig und fmart und strebsam
Und ein »al! around« Mordsterl »oi
s Zellow«. Sie is reich an Tugenden
Und Schönheit und sie is what the call
,gebaut«. Und sie sein »in Love mit ein
nder. Aber die Pärents geben es
ficht zu. Das is, wo der Stande-Jun
kerschied herem kommt. Es will nie
mais thun. Und dann werden viele
Kapitels voll geschrieben, for es zu be
weisen, daß der Standes-nettin nir is,
slö what the call ,,Vorurtheil«. Der
Autor, wo es schreibt, is sehr ohne
sorurthieils. Erig liberal. llnd er
seht die Vorurtheils-Party Hell, daß
sein gelber bund ein Bein von sie neb
neu werd. Und zuletzt da kriegen sie
Ich und ie Vorurtheils werden ausge
Oeipt und überlommsen. Es törnt aber
immer in dein letzten Chapier aus-, daß
Or Börgerliche ein bewußtlofer Cauni
der die Börgerliche mit die Tugend
— eiset Caunteß abstammt. Dieses
Is. Ost-it der Autor, wo es mitaus die
Urteils-ils geschrieben bat, die Leute
M die sliorurtheils, wo er dagegen de
III bat, wieder gut macht und an die
te Seite von sie kommt, weit sie
Eies feine Boots, wo er viel Trowwel
sit bat, sie zu schreiben, nicht laufen
, was sie aber, wie mich eine
In aus Deutschland gekommene
Luni-in gesagt hat, anvhow nicht
n, sondern es sich aus die cirtuli
rede Leibriiris kommen lassen und es
in einem Lefezirkel, wo zwanzig Stück
Un ihnen den Benefit von der Sub
sltiptschen haben, laut vorlesen.
Dann gebt es auch noch Novels von
Ue neue oder die rieläsiik Direktfchen
Mithin-tax Diese geben mir erst recht
eines Schmerz. Da schmoten die Tei
Ues Siqaretts und die Tschentelmen
to as they kalt it «abgelebt«, daß
se schwach sind zum Skigiarettsi
, und in diese Nobels sind alle
one-, wo darin vorkommen, ent
ket krank oder träsi oder tränkte oder
« fis-. daß m wundert, das sie
WWI Mo
W s «
. ds- vjide
· mische m sie deutschen Insekt-at is.
Vater auch ein Caunt oder ein site-(l
serendiir und Presörv-Leitniint und(
sein Vater von den Gericht is, wo seine I
verlassene Braut ihn wegen AlhrnonvI
verklagt und der Vater, weil er sot
blessed gerecht und so unbeugsaml
rechtlich is, es so einrichtet. daß diel
oerlassene Braut einen Fauna-Von
heirathet, wo sie mit den Kind von
den Prestdent seinen Sohn sehr glück
lich macht, und der Sohn dann seinet
ly ldie Bäroneß mit the Rittergut hei
rathe-L
Deswegen geben Sie Milch eine Rast
mit die deutsche Nobels. Jch bin müde
davon. Blatniren Sie Mich dasor,
Herr Editeri
Meine Liebe zu aneni
Jhre
Miß MaudNitsch.
Indiens-regen tu Palast-«
Auf der Stätte des alten Gezet,
deute PH-J«ezari, da: der englische
Palestine Exploration Fund seit drei
Monaten Ausgrabungen veranstaltet
Rre merkwürdigen Ergebnisse führen
in die Urzeit hinaus. Man sand aus
einem 1 Kilometer langen Diigel vier
Niederlassungen an derselben Stelle
aus verschiedenen Jahrhunderten Die
jüngste Stadt neigte solide, 14 Fuß
hohe dicke Stadtwälle mit niassiven
vorspringsenden Thürmen. Von den
Bewohnern gaben Zeugniß zwei große
Grabböhlen Die eine hatte zuerst als
Krernatorinm gedient, da zahlreiche
verbrannte Menschenlnochen sich darin
fanden. Später war sie der Grabvlan
eines Volkes geworden, bei dem die
Berbrennuna nicht mehr üblich war.
Die zweite Grabstöne war eine Zi
sterne gewesen, in der man 15 Leichen
ohne weiteren Schutz einfach auf den
Boden geleat sand. Den Leichen war
die reichsie Sammlung von Broniei
ivassen mitgegeben, die bishxr in Pa
lästina gesunden worden ist. Den
Hauptfund der bisherigen Gratbungen
bildet schließlich ein großes megalis
thisches Gebäude Drei gewaltige
Monolithen stehen auf einer Platt
sorm von Steinen und zwischen ihnen
erheben sich viele kleinere Monolithen.
Ueber den Zweck der Anlage hat man
bisher nur Vermnthungen Jedoch
scheinen Krüge mit Kindrrtnochen,
oon denen viele verlohlt sind und die
unter einein anstoßenden Pslaster be
graben waren, anzudeuten, daß es sich
gzn einen Tempel handelt. in dem
Mklllccfcklllpscl llslgssxutwi iuur nur«
-—-—-.—..-—
Give schaudert-ast- Geschichte.
»Dente Dir, was- mir vorige Woche
oassirt ist," saate der Assrssor Greu
lich zu seinem Freunde.
»Bin ich da zu Justizrath, die eine
ais-ane Tochter und eine hübscheVilla
oor dem Thore haben, zum Souver
einaeladen Es gina äußerst animirt
zu, so daß es später als gewöhnlich
murrie Da an dem Tage ein gerader
miserables Wetter herrschte so schlug
mir der Justiz ratl-, dor, in der Van
zu üdernachxem welchen Vorschlag ich
mit Freud-en acceptirte Wir leerten
daraus noch einige Flasch: n, so daß ich
am Ende einen regelrechten Schmips
zusammenbrachte
Am andernMoraen machte ich ziem
lich spät, una, wie vorauszusehen mit
dem obligaten Haarroeb auf. Ihrer
Gewohnheit nach mußt-e die Familie
bereite beim Frühstück sitzen. Jch be
schleunige also meine Toilette und be
aebe mich sodann nach dem Speisezims
mer· Bei meinem Eintritt-empfängt
mich die ganze Familie mit einem viel
saaenden Lächeln. Schocktiirlen, denke
ich. hast Du am Ende die Kraft-att
schies umarbundens Aber da sebe ich
auch schon die Ursache der verdächtiaen
Heiterkeit. Auf meinem Platze am
Frühstückstische prangt statt einer
Kasse-etass: ein — saurer Häringl
·Ich hätte am liebsten in die Erde
sinken möaen oor Scham und Ver
legenlyeit!«
»Schauderl;afte BlarnaaeV ver
gcherte der Freund. »Und was thatrst
. »O
-Jch aß ihn auf,« erwiderte der
Asseffor mit oumpfer Stimme.
w
Der these Dasel.
»Ich habe Ihnen schon manches
schön-e Stückchen von meinem geschäd
ten Dattel erzählt, meine herren,« be
gann eines Abends amStammtisch der
alte Oberförfter. nachdem er seine
lurze Tabatspfeife angezündet butte.
»Aber was ich Jhnen fest erzählen
will. das gebt über alle Begriff-e, da
steht Ihnen der Verstand still. Und
zum Beweis, daß es wahr ist, ich Ida-W
gest-ern Nachmit tag erlebt; eö ist mir
also noch aanz frisch in der Erinne
rung. Sitz ich da in der Krone und
trinke meine zwei Maßerlx neben mei
nem Stuhl liegt mein Dackl und blin
-zelt, wie das so seine Art ist, manch
mal nach mir bin. Wie ich den lebten
Schluck gethan habe, steif ich auf
nehm-e meinen hat und will fortgehen.
Un der Thüre läuft mein Dackl vor
mich als ab er mich nicht hinauslassen
wollte, und fängt an zu hellen. Wie
ich mich nun zu ihm nieder-beuge
springt er auf einmal in die höhe,
fährt mit seiner Schnauze tn meine
adsentaschg zieht mein Partemonnaie
at sieht mich an nnd schaut dann
nach der hell netin bin. Don-termi
tet, da set mir ein Licht auf. Ich
tte vier WIL- dasitt u bezahlen!
ne mai
fis-m kif- iwiirdises mit
sei-es
MpP WA« .- XVI-.
Ein Berliner Junge.
Slizze von Walter Weg-dauer
.Ein Erlebnis auf der Stadt
birhn hatte ich heute, das muß ich Dir
erzählen. Doch zuerst eine Frage:
Was lannft Du alles zu gleicher Zeit
thun?«
.Jch bälele und zugleich denke ich
die Meniis aus fiir Iie ganze Woche.«
»Wenn nichts?«
»Ich spiele eine Mozarkfche So
nate, borche aber zu gleicher Zeit nach
dein Nebenzirnmer, ob Marie auch
rechtzeitig den Badeofen anbetti
.Schbn besser. Doch —- ich lann
mehr. Jch gebe mit Dir spazieren,
luufche andiichtig Deinen Worten.
denle zugleich iiber mein Gefchii nach,
fuinrne mir unhörbar eine elodie.
veiife vorbeigehende Damen auf ibre
Reize und außerdem noch als Statis
zugnbe drehe ich an der Schirtngugfte,
bis sie abfällt."
»Deine Leistung überbietet Deine
Ebelichleit.«
»Wir sind beide Stümper. Steht
follft Du hören, was ein Berliner
Junge tann.«
»Aha! Drin Erlebnifi!«
»Der Zug ift start besetzt. Ich habe
einen Steht-plus nahe der Tbiire inne.
Stativn Thiere-zarten Du kommt-ein
junger Laufburfche in vollständig zer
feiter, mit Flecken und Ilielen beföter
Kleidung über den« Bnbnfteig herge
hurnvelt. Richtig, r will in meinen
Abtbeil Unter dem Arm trägt er ein
ungefähr Quadratmeter großes Bild
oder Spiegel, mag es eben ist« in grü
nes Tuch eingeschlagen. Jch denke
mir, der Junge ist lahm und helfe
ihm. das Bild in den Wagen heben.
Er stellt fich neben mich und lebnt das
Bild im Glauben an meine Gutmü
tbigleit gegen meinen Rücken. Ich be
deute ihm, es gegen die Wagenfeite zu
seyen. Er versucht es. Obne Erfolg.
Ein Pack-et liegt um Boden: über das
selbe weg findet das Bild keine Wider
lgge an der Wund. Nun lebnt er es
entfchlrissen gegen feinen eigenen Kör
per, es reicht ihm bis in Brusthöbe.
So geht es eine Zeitlang, dann
wird er unruhig. Sein labmes Bein
scheint ihn zu schmerzen. Jch überlege:
Station Belledue, vielleicht bietet sich
eine Sitzgelegenheit, ich verzichte zu
feinen Gunsten. Da plöylich hebt der
Junge den rechten Fuß nach hinten
hoch, reißt sich zu meiner Bewunde
rungYeinert lofen» Libe zorn» Stiefel
und legt Inn aus Das nennen-rein
Das Ding sah aus wie eine große
Spinne, fünf Nägel stecken heraus,
das waren die Spinnenheinr.
Der Schmerz schien nun brieitiqt,
das Auftreten machte aber Schwierig
keiten. Schließlich fchlana er das rechte
Bein rantenartig um das linke, so daß
nur die Fußspitze den Boden berührte·
Nun, ein Berliner Junge muß auch
einmal eine Viertelstunde aus einem
Bein in der Stadtbahn stehen können,
das ist weiter nicht schlimm. Schwie
ria wurde die Lage erst, als Reisende
ein- und ausstiegen Da mußte das
schwere Bild vor- und zurückgeschoben
werden, um die Passage frei zu neben.
Haltestelle Belleoue brachte teine
Sitzgelegenheit
Nun zieht mein junger Freund ein
Pslaumenmußbrot aus der Hosen
tasche oon der Größe eines BackfteinL
Es ist in ein endloses Stiick Zeitum
einqeioickeln das der gliicklickkz Besitzer
nur tbeltveise entfernt· Eine Ecke des
Brotes wird sreigelegt; es nimmt sich
aus« als habe es einen Stehlragen an.
Ein Zeitunggende hängt fast bis zum
Fußboden herunter-. Das Ding ähnelt
ietzt einer Puppe, der mein junger
Freund mit einem energischen Biß den
Kopf abreißt. Tie schwarze Rinde hie
tet noch etwas Widerstand, jetzt yet
reißt auch sie, da hätte der Bursche bei
nat-e die Balance verloren. Willst du
es glauben: Nun holt er aus sder linken
Tasche ein zerlesenes Exemplar von
Netlams UniversalVihliothet hervor,
und aus einem Bein stehend balanzirt
er, stützt das Bild, laut, beißt und
liest! —- has der wohl liest, srag ich
mich da. Jch versuche, ihn über die
Schulter in’s Buch zu schauen, da
dreht er sich bald mir zu, gerade als ob
er mein Interesse wahrgenommen hät
te. Mit Entzücken übersliege ich die
Zeilen:
»Ein allzu milder herrschet bin ich
noch gegen dies Voll —- dte Zungen
sind noch stei, es ist noch nicht ganz
gebändigt —«
Wie aebt’s weiter? —- egal, das
sagt Geßler in Wilhelm Tell. —
Schiller, liest der Bursche, Schiller!
Jch hätte ihn umarmen können. Und
mit welchem Interesse Alles um ihn
her war veraessen, Stadtbahn, Absah«
Mast-roh Bild, alle-.
Tell ruft von der sähe des Fel
sent:
»Du kennst den Schühem suche lei
nen gnderenf Da war die Seite zu
Ende. Aber wie umdrehen. der Junge
hatte ja seine band spei. Der Gedank,
ee müsse an dieser spannenden Stelle
abbrechen, erschien mir grausam. J l
laut noch .Station Lehrter Bahnh «
dazu und das Bild mußte vor und
zuriick bewegt werden, nein, ei war
wirklich zu viel aus einmal. Aber pas
rithete den Jungen gar nicht· G- hu
lanzirte, laute, schob das Bild hin und
her nnd am Fuß der seite angelangt
—-bliei er sie um.
Die eisensiuntse Saite lehrte aber
siedet nnd wieder in thee exists-:
Is. Dahn-this
chwaeacsissiaspism
.-·
Die ers- sgsnus Dei pas-I is use bekämpft-tu ver Fausts-Oh
ter weg und lege die eSite mit meiner
band um. Jm selben Moment bereute
ich es. Nun haft du ihn aus seiner
Illusion herausgerissem sagte ich mir.
Er wird sich erstaunt umdrehen, er
wird merken, daß er beobachtet ist, und
er wird sich möglicherweise bedanlen,
gar erröthent
Nichts von alledem geschah. Er las
so ruhig weiter, als ob er selbsi die
Seite umgedreht hätte. Mir lief es
eiskalt iiber den Rücken. Es war kein
Zweifel: Schiller hatte ihn so mächtig
ergriffen, daß er mein Eingreifen gar
nicht wahrnahm. Mir selber flimmerte
es vor den Augen, und ich las begei
stert:
»Frei sind die Stätten, sicher ist die
Unschuld vor dir, du wirst dem Lande
nicht mehr —«
Station Friedrichssiraßel Wilhelm
Tell und Pflaumenmusbrot ver
schwanden in den Taschen. Er sieigt
aus« Jetzt dreht er sich ruhig nach mir
um und mustert mich von oben bis un
ten. Er bedankt sich nachträglich, denke
ich so für mich. Es kam anders. Bei
echten Berliner Kindern kommt es
immer anders, wie man erwartet. Er
sagte:
»Es Jeld langt woll nsich fiir
Schillern? Sin doch man bloß zwee
Jroschen!«
Woraus du zu ersehen beliebst, daß
dieser talentoolle Knabe während tei
ner swierigen und vielseitigen Thä
tigkoit sich auch noch beobachtet fühlte
und zugleich mein Interesse siir seine
Leliiire wahrgenommen hatte.
So ein Berliner Junge! Unheim
lich! Was?
· W
Amor in Sensenmanns Reich.
Mancherlei Abenteuer und merk
würdige Situationen kommen in Ver
bindung mit den zahlreichen Liebes
Durchbrennereien in unserem großen
Lande vor, soweit die lenteren echt sind
und nicht blos zur Ersparung von
Hochzeits - Kosten für die werthen An
gehörigen dienen. Das nachfolgende
Geschichtchen dieser Art trägt jeden
falls den Stempel der Echtheit an sich
und hat auch ohne halsbrechende Um
aebung einen recht gruseligen Beige
schmack. ’
Der stattliche junge Landmann Da
niel Larnh von Plattsville, Mo» und
die hübsche kleine Blondine Fri. Emma
Brote, bis vor Kurzem Studentin des
Baptisten - Seminars in Liberth. Mo»
waren schon seit einer Reihe von Mo
naten Liebesleute und hatten sich ver
lobt. Aber Lamb’s wohlhabender
Vater wollte durchaus nicht, daß sein
Stammhalterx ein armes Mädchen
heimführe, obwohl er sonst allen Re
spect vor Fri. Brote hatte. Er beharr
te auf seinem Veto unerbittlich und
pochte daraus, daß er nöthigenfalls die
Erlangung einer heiraths - Lieenz
durch seinen Sohn im ganzen Staate
verhindern könne, doch der Sohn war
an Hartniickigleit seines Vaters wür
dig, und seine studirte Geliebte war
aus dem Holz, aus dem man spartani
sche- Mütter schnißt
Eines Tages verließ die blonde Em
ma das genannte Seminar ganz um
auffiillig, unter der Mittheilung, daß
sie aus kurze Zeit zu einer ertrantten
Tante in Pueblo, Col» müsse, welche
ihren Beistand brauche. Kurz daraus
erhielt ihr Daniel in Plattsburg ein
Telegramm, das aus dein einzigen
Wörtchen bestand: .Komml" So bald
wie er abtommen konnte, ohne sich ei
ner sofortigen Verfolgung auszusetzem
brach der Sprößling des Prohenbaus
ers nach dem schönen Colorado«er Ge
birgsftiidtchen auf, und in den Armen
lagen sich Beide. Aber die hindernisse
lagen grdßtentheils noch immer vor
ihnen.
Zunächst galt es, einen heirathb
Erlaubnißschoin zu beschaffen, und das
schnell· eDr junge Mann erlangte ei
nen solchen unter einem Meinen-; er
gab nämlich an, daß er sowie seine Ge
liebte Bewohner von Publo seien.
Nun aber wußten Beide keinen Gottes
mann fin die Trauung zu finden, und
Daniel hatte Angst, Fragen zu stellen,
weil es solcherart herauskommen könn
te, daß er bezüglich de Wohnortes
falsch geschworen hatte, und im Fall
einer Verhastung wahrsechinlich Alles
verloren gewesen wäre.
Es war schon ziembtch spät Abends,
als doMrchen noch rathlos und bang
die straßen sauf- und abwansdeltr.
Wir müssen noch heute Abend traut
werden« und wenn der Teuxl aus
Ziehen geht,« sagte Daniel, —- aber
Iies Da tara ein here von hohem
suehs und wurdtgee caltunz sehr
geisiiich aussehend des Weges daher.
»Das ist unser Mannx sliisterte Da
niel, trat ohneWeiteres auf ihn zu und
sprach: »Ich brauche einen Geistlichen
und zwar rasch, können Sie mir be
hilslich sein?«
Der Angekedete war aber nicht der
Mann bei so etwas sogleich an eine
Trauung zu denken; denner war Mit
glied einer wohlbestallten—-Leichenbe
stattergFirma, und sein nächster Ge
danke war, daß ein Sterbender geistli
chen Beistand brauche. »Gewiß,« ver
setzte er, »komnien Sie nur mit da her
ein; ich werde einen herbeitelephonis
renl«
Und so betraten alle Dreie das Lei
chenbestatter-Local, und es wurde ein
Eil-Ruf nach einem Presbyterianer
Pastor gesandt. Auch dieser glaubte
nicht andrrs,als zu einem Sterbenden
gerufen zu werden, und binnen 15 Mi
nuten war er da. Zu seinem und des
Leichenbestatters größten Erstaunen
trug dann der junge Missourier sein
Anliegen dor. »Wollen Sie ein Paar
glücklich machen helseni« Es muß noch
heute Abend sein, und hier ist meine
Licenz.« —· Das war Danielö ganze
Rede. Der Pastor war nicht harther
zig und sah sich auch die Licenz nicht
allzu genau an. Mittlerweile aber
hatte sich die Braut den Raum ange
sehen, und troß ihrer sonstigen Cou
rage llapperten ihr die Zähne,——denn
nur eine halb-Zwischenwand trennte
sie von der Todtenlarnmer, und hier
standen mehrere Sätae mit Leichen an
der Wand! »Um Gottes Willen nicht
hier!« schrie sie, «lieber noch im Lust
ballon oder auf lchwindelnd hoher
Bernh-ihn aber nicht in Gesellschaft
der Leichen!« Doch es blieb kein-e an
dere Wahl mehr, und eine Viertelstun
de redete der Geliebte und der Geist
liche aus die Braut ein bis ihr Muth
wieder qenugend qeitartt War, var-, sie
sich, mit dem Rücken gegen die satale
Zwischenwand gelehrt, zur ersehnten
Ceremonie beauemte. Um Mitternacht
kehrten die Neuvermählten, mit Glück
wünschen überschüttet, nach Missouri
zurück.
Give alte Uhr-.
Eine 170 Jahre alte Uhr von unge
wöhnlich oorziialicher Arbeit ist jüngst
in London zum Vorschein aekommen
und wird in der Wochenschrift «Ena
lish Mechanic« beschrieben. Sie
stammt aus den Händen des berühm
ten Uhrmachers Georae Graham. Das
Uhrwert ist lehr ähnlich der gewöhn
lichen Form der Regulatoren. Es be
sitzt eine Hemmuna, die eontrolirt
wird durch ein Compensationsvendel
(Rostdendel), bei dem die Ausdehnung
der Stahlstangen durch Messinastan
aen ausgeglichen wird. Die zwei Zei
ger haben die gewöhnliche Bewegung.
Die Taae des Monats werden eben
falls aus die übliche Art durch einen
Schliß im Zifferblatt anaezeiqt Aber
der Kalender ist so eingerichtet, daß
er sich selbst für diejenigen Monate be
richtigt, die nur 30 Taae haben, und
auch siir den Februar mit 28 Tagen.
Graham war aber auch mit diesem
Erfolg der Kunstfertigkeit noch nicht
zufrieden, sondern er wünschte, daß
seine Uhr auch die Schaltiahre selbst
thiitig zu berücksichtigen im Stande
wäre und in diesen Jahren siir den
Februar 29 Tage anzeiate Der Me
chanismus ist durchaus verschieden von
dem eines modernen sortlauienden
Kalenderwerks. Das Kalenderrad
besißt 31 Zähne und wird in je 24
Stunden um einen Zahn weiter be
wegt. Ein Sternrad mit 12 Zähnen
wird durch jenes Rad getrieben, das
aus seiner Seiteniläche vorstehende
Sliste besißt, die während«der Monate
mit 30 Tagen einen Hebel in Thä -
keit sehen. Dieser Hebel veran t
dann am Ende des Monats, daß das
Rad sich um zwei Zähne dreht und in
folgedessen die Zahl 31 nicht erscheint.
Während des Februar wird der Hebel
silr drei Zähne in Berührung gehal
ten, so daß die Zahlen 29 bis 31 nicht
erscheinen. Ein kleines Sternrad mit
vier Zähnen wird auf einem kleinen
Sternrad mit 13 Zähnen getrieben,
aber nur um einen Zahn in iedem
Jahr bewegt. Dieses Rad beeinflußt
den Hebel einmal in vier Jahren der
art, daß die Zahl 29 in den Schalt
iahren am Ende des Monats Februar
zugelassen wird.
kais Meist.
Eine Mutter giebt ihrem Söhnlein
gute Lehren. Unter Anderem sa t sie
ihm, er solle nie auf morgen verschie
ben, was er heute thun könne.
»Ei, Mama,« rust der kleine
Mann aus, »dann laß’ uns doch den
übrig gebliebenen spielt-sehen noch
heute Abend eile-M - « .
.
Die Isatiflelheldem
Fremder CAsbends im Wirthshausx
»Der ganze Stammlilch ist ja auf ein
mal leer geworden!«
Wirth (verächtlich): »Ja, lieben
Männer und lein hausfchliissel!«
III-rede.
.Sie wollen mir das Darlehen nicht
geben? Und doch haben Sie mir ver
sprochen, mir zu helfen, wenn ich in
Berlegenheit fei.·'
»Ja, to etwas dürfen Sie noch
lange nicht für haare Münze neh
men.«
Erbsan
Frau: »Deine Gläubiger haben
recht, Du bist ein Schwindler-«
Mann: »Es-Erlaube — — «
Frau: »Vo: drei Tagen haft Du
Konkurs angemeldet, und fefzt fdgfi
Du, Du haft lein Geld für mich.«
Individuen-it
Frau: »Da lef’ ich gerade, wenn
»bei den Jndiern der König stirbt.
Zmilssen ihm alle feine Frauen in’ö
zJenfeils folgen —- fo eine schreckliche
jGraufamieit!«
! Mann: »Na und ob. im Jenseits
ilönni’ man ihm wirklich feine Puls
«laffen.«
Eine site Seele.
· »Ich grau-like Frau X., daß man
thren Hean Gemahl in die Legislai
Itur gewählt hat!«
I »Ja, es freut mich auch! Da kann
·er doch mal widersprechen!«
Geh-this.
»Lina, Du darfst nicht mehr nili
lbekn Müller tanzsxn — es ift jetzt fchon
vie fünfte Tour!'«
»Ach, Mutter, Du weißt doch, das
er stottertl . . . . «Jch liebe« hat er
fchon herausgebrachl, und die niichfle
For-I- II si- ZA«««-0«-I-« d- fes-se
·---- »-..,-..L.«.,, « f,..«.
ihm sicher noch oas »Hie« heraus!«
Schlus.
Die tleine Elli: »Mama, darf ich
übermorgen eine Kindergefellfchaft
geben?«
Mama: .Aber, Mabel, wenn Du
alle Deine Freundinnen einladeft, ift
nicht genug Platz in unserem Haufe.«
Die kleine Elli: .Geraoe deshalb
will ich oie Gesellschaft ja fest geben,
Mama, weil ich beute einen schreckli
chen Streit gehabt habe. und mit iiber
der Hälfte meiner Freundinnen aus
einander gerathen bin.« ’
Steg ber Begib
»Vater,« fragt oas wißbegierige
Frisch-n, »warum sind bie Palmen so
hoch?«
»Damit die Giraffen sie fressen
können, mein Junge, oenn wären fie
niedrig, so wären oie Giraffen mit
ihren langen Hälfen in großer Verle
genheit.«
»Ja, aber warum haben die Straf
fen so lange hälfse?« fragte Frischen
munter weiter.
«Damit sie die Palmen fressen tön
nen, denn hätten Iie Giraffen kurze
hätte, dann wären sie in noch größerer
Verlegenheit!«
Zueitssesebem
Frau (häßlich. ihr Bild betrach
teno): »Das Bild gefällt mir nicht«
Künstler: »Jn:mer noch nicht un
ähnlich genug?"
Gen-sittlich
Wirth (der sich ein Faß Wein hat
lommen lassen, zu feiner Frau): .So,
und jetzt wollen wir gleich vie Wein
tarte zusammenftellen.«
Frei nach Goethe
Vatm »Mein Sohn, was birgst
Du so bang Dein Gesicht?
Sohn: »'Siebft, Vater, das Auto
mobil Du nicht?«
stililstbr.
Glas einem RomanJ Schon wollte
Ebgar einer Braut entgegenei.len, als
sie in ttalt feiner Schwiegermutter
den Salon betrat.
Inseilslem
Soldat: »Seg'nz, i iunnt Kam er
fchießen in an· Felbzug.«
Cioilitt: »Dann Sie denn to ein
weiches Herzs«
Soldat: »Ah bös net. aber t bin
Trtnmmler uno mir harn teane Gnoeht
ne .«
Zum-bleich
Frau B. bat vor einigen Wochen
ihren Gatten verloren. Miiosch
staunt iiber ihr rosi et Aussehen, ver
iäiätmtiber kriege-M Ililcucrhnei inf Ent
nudrt iei neigen
Poen list der Vegeifterung out: »D! ,
grui Frau, Sie sind zur Wittwe me
geborent« ·
A