Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, December 05, 1902, Sonntags-Blatt, Image 14

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    Mk 29 Jch
henIzu den Phi
lipp was mein
Hosbano is
noch e ganze
Nacht un en
Dag in den
oiimpe Keller
hocle lofse,aw
. roer länger hot
W ers nit stände
lsnnr. Jch hen Jhne in mein letzte
Schreibebrief gesagt, Daß er das neue
Mittel hot treie wolle, for wivoer en
Rropp Zank an sein Bahlhett zu
kehse. as Mittel war daß er en
ganze Peil Pietschbotter uff sein Kopp
schmiere hot müsse un Ioasz er e paar
Da in en oämpe Keller hot hocke
He Ich hen’5 so lomfortebhel sor
ihn gemacht wie ich aetonnt ',h-en aw
wer er hot ganz schrecklch gesyfert
un ich deute er hot sich en chronatische
Rummetissem zugezoge. Der Weoess
weiler is alle Augeblick gelaufe komme
un hol inlrveiert, wann dann Der
Philipp Von sein Tripp reduhr komme
«veht. Jch hen ihn oon ein zu den ans
nere Dag oertriist un ich sm schuhr.
er hot mich die ganze Geschicht ni:
geglaubt, bilahs schließlich is imnei
eins von oie Weoegoeilersch in unser
dates gewese un hot ge.vatschi For
den Riesen hen ich auch Den Letzte
Nachmittag nit einmal in Den Keller
gehn könne. Wie die Wooegsoeilern
grad besor Sopper fort iS gange, so
hen ich geoentt. daß ich jetzt e Ischeims
hätt, emol zu den Phil zu tenoe,
answer do is auch schon iviJoer die
Dohrhell gerunge work-e un der We
sbestveiler is komme. Er hot gesagt,
er hätt en Brief von den Philipp
kriegt un er hätt ihn geschehn-oh das-;
er heut Oweno noch heim liiin. Er
wollt for «oen Riesen for ihn wart-,
bilahs er müßt ihn unner alle Zir
tumstenzes emol sehn. Do hen ich
also wird-Der nit oaunstehrs gehn
könne. Jch hen getreit, so tuhl mie
vmöglich zu bleime un hen von aller
band Sache gesproche. Jch he n ja ae
wißt, daß mich der Feller e Lei ge
sagt hot, bilahs wie kann denn der
Philipp en Brief an ihn schreikoe,
wann er oaunstehrs in den Keller an
sei Launsch liege dicht. For en Eck
suhs hen ich gesagt, ich woll: in den
Keller gehn un e Battelche Wein hole.
answer 'oer Wodesweiler hot gesagt,
Mllllllcc cllclllu, ich kulu IUUV Quint,
ich hen den ganze Dag io viele Kofties
mersch in mein Platz gehabt, wo ich
imt hen drinke misse, daß ich gar ni:
dazu siehle, noch mehr zu neinrre Do
sen ich osf Kohrs Doch kein Wein hole
könne; ich hen noch e paar mol ge
kreiv aus den Ruhm zu komme, aw
rver er hot mich immer davon abne
beacht un Dabei ho: er jeoe Mobschen
wo ich gemacht hen, ganz klobs ge
Parscht im ich sin mich vorkomme, als
wann ich en Prissener wär un se hätte
mich grao in oie Schmettbacks. Eins
von die Kios, die ich jeoen OwenI
während den Philipp sein Zustand
schon um sechs Uhr ins Bett hen gehn
Mache, hat nach mich geruse un ich
sen uffsteh wolle, awrver der Wehes
weiler war schneller wie mich un bot
gesagt, er wollt selbst emol nach oen
Kind gucke, er deht Denke, es wollt en
Drink Wasser ben. Jch kann Jhne
sage, ich ben noch nit gewißt, daß der
Weoesweiler fo poleit sein kann. Bei
mich is er immer en regeller Toff ge
wese. Er is also zu den Kio aange
un in e Minnit war er wir-ver Do
Do hen mer Dann noch fo eban e
haltve Stand beisamme gefesse un do
den ich gesagt: Jch denke, jetzt kommt
der Philipp nit mehr, so spät kommt
doch kein Trehn mehr. O jehe, bot
er gesagt, es kommt noch en Trehn
so spät wie Mittneit un ich warte en
uihau, bis Ver Philipp komme bunt.
O mei, hen ich gesagt, so lang steh ich
awtver nit uff; ich hen heit e große
Wafch gehabt un mein Buckel naht
Die wed, Daß er mich sascht ver
· . O well, ltzot der Weoesrveilet
Tagt, wenn ich dazu fiehle bebt-, sollt
mich nor ins Bett lege, er deht
eunibau nit so frieh schlofe gehn un
ob er hier siye deht ooder in sein
Pia , das «oeht nit viel Differenz
ma . Seine Alte könnt ganz iesig
zu die paar Kostiemersch tende, un
wann se nit fertig wer’n bebt, oann
könnt se ihn ja iesig genug kahle.
Well, seht he ichs usfgsetvwe. Jch ben
gesehn, daß ich den Kanne nit los
ver’n konnt un do hen ich mich·oenn
is das Unverweidliche gesunne. Aw
tver ich hen immer an oen arme Phi
lipp denke misse. Usf eemol, oie Mark
bot grad elf Uhr gestroeke, do hen ich
so e leises Wimmern gehört: der We
desweiler bot vie Ohre gespth un hot
gesagt: »Weil, was is dann do die
Mkter?« O, nattings, hen ich ge
sagt, das macht in M Haus immer
fo. Jch denke es is en Bund odder e
Lai. Es bot immer noch mehr ge
fimmerk un immer lauter un ich sin
Schrecke fascht gestortve, bikabs
den ich ganz Nsiinktlie genahtist,
s der Philipp Mat. Sell is keine
U « Weben-eilest gesagt, sell
des W geheilt
unser ich tin an
Ue
set i- ns ich sin schade, es hot
s
s« «
E
Wart gefloge, es it Ies- die
Mkdohr gedosnpt Dom un dabei
war e Gehe-set zu höre. daß mich die
hope hotzestrnck in die Döh gesianne
heu. JDer Ætveiler sagt: .Dv
m ich emok nachsehs, ich hen en
Niemalioer un sin nit efsrehd.« Ich
hen ihn halte wolle, answer er ot
mich en Busch gen-we- daß ich fafcht
umgesalle sin un do is er «daunstehrs.
Jch sin ofs Kohrs mit un wie mer
unne ware. do hot der Phitipp do ge
stanne un hot en Waschpohl in die
Hand gehabt un hot alles korz un
klein ver«schmisse. Un wie hot der
Feller ausgeguckti Die Pietschdotter
war iwwer sei ganzes-Zeiss derschmiert
un er hot geslucht un geschwore wie
alles. Je? then ich off Kohrs die
Wahrheit age müsse un der Wehes
weiler hot gelacht, daß er sascht ge
borftet is. Du Rindoieh von eme KI
meel, hot er gesagt, denkt das alte
Hornvieh, daß usf sein Kegelkugeltopp
noch emol Hoor wachse! Sell is ritsch.
Un dann hot er widder ganz schreck
lich gelacht. Ich hen dann den Phi
lipp obbstehrs gebracht; er hot sascht
nii mehrShn könne, er is ganz gehm
gewese. ie ich ihn geklient hen, do
'hen ich auch ausgesunne, »daß ich
mißtehken war, wie ich gedenkt hen,
die neie Hoor dehte schon eraustomme,
das war nor der Schimmel, odder der
Mold, wie mer uff deitsch sage duht.
wo sich usf die Pietschhotter angesetzt
hot. Jch sin 'schuhr, daß ich mein
Batter hen, bis ich 'den Philipp wid
der in e diesentes Scher ben, awzver
wann noch emol einer mit e neues
Haarmittel komme dubt,«dann loß ich
ihn erregte ior Fortscherie.
Mit deste Rieqadds
Juhrå
Lizzie HansstengeL
-——-——.-.-——s—
Die siedet-sehe der »Zum-eurem
Eine wenig erbauliche Prophe
zeihung macht die Modern Scciekv:
Die Tournure soll wieder in Mode
kommen! Es ist eine merkwürdige
Thaisache, schreibt die englische Wo
chenschrist, daß die Vertiiriung des
Frauenrockes mit der Kreisberoegung
von Zeit und Mode immer auch dir
Rückberufung der »Tournure« mit sich
bringt. Wenn man ein Jahrhundert
der Geschichte zurückgeht, so findet
man, daß die Schteppkleider des Jah
res 1800, die oiel länger als die von
ihnen ersetzten Reisröcte waren, ohne
jede künstlische Ausdehnung getragen
wurden. 40 Jahre später, als sich die
ersten Vorläufer der schrecklichen Kri
nolinenzeit ieiaten wurden die Röcke
out acht Zoll dom Boden entfernt aei
traaen. Mit der völligen Auflösung
der Reifröcke und Kissen. die um 1877
statt.and, wurden die Röcke, die lanae
bis zu den «Valmora " Stiefeln hi
naus geschützt wurden, sofort wieder
schiebt-end Jn der »Erinolette«:Pe
riode oon 1884 bis 1889 stief; der
Rock nicht auf; aber die Ankunft ein
facher Röcke, etwa um 1890. war das
Zeichen einer Aera allmählich wachsen
r »Schieppen«, die vor zwei oder
drei Jahren erst ihren Höhepunkt er
reichte. Jetzt verliert der Schtepprock
nach vielen Propbezeianqen wieder et
was an Gunst, und die «Tournure"
kommt so frisch wie je wieder zurück.
Sie hat noch nicht ganz Einfluß ae
wonnen, aber es kommt schon. Beschei
dene kleine Quetschfalien und Kissen
hiinaen an den Ladentischen der Po
samentiere in den Großstiidtem und
wenn man den Schneiderinnen vten
Auftrag giebt, einen kurzen Rock an
zufertigen, bitten sie um die Erlaub
niß, »nur ein wenig einzuleaen, —
uin ihn von den backen sernzuhalten,
gnädiae Frau«; und Corsetfabritans
ten bereiten sich dor, mit jener ietzien
Ungeheuerlichkeit der Untertleiduna.
dem TournurensCorset, der Situation
aewsachsen zu sein. Ganz auaenfchein
iich kommt die »Verbesserunggiira«
einmal wieder.
———-——-.-——
site sitt net der Schule.
Die Schüler einer Kkasse hatten ab
wechselnd vor Beginn des Unterrichts
oen Platz und ·o«a«g Putt des Lehrers
mit einem hierzu gelieseiten Lappen
zu reinigen. Eines Morgens findet
der Lehrer sein Pult bestaubt vor;
aus seine Frage, weshalb dasselbe nicht
qereinigt sei, antwortete der betref
fende Ochiilerc »Herr Lehrer, der Lap
pen ist weg.« Der Lehrer läßt es
hierbei bewenden und geht zum Unter
richt über. Er spricht über das Ber
giingliche alles Irdischen und schildert
ein Leichenbegängniß. »Nun,« sagt
der Lehrer, »wenn ich gestorben bin,
geht Ihr da auch Alle mit zu meinem
Begr’bnisz?« Die Schüler antwor
ten: «Ja.« —- »Dann singt Jhr wohl
auch ein Lied?« —- »Ja.« —.,Wenn
nun Was Grab zugeworfen ist, setzt
man später auch einen Leichenstein.
Und was wird man wohl darauf
schreiben?« Keiner weiß es Endlich
meidet sich der Schüler, welchem die
Sauberung des Lehrerpulteg oblag
(er hatt-e mittlern-eile den abhanden
getommenen Lappen in einer Ecke lie
gen sehen), mit den Worten: «hier(
liegt der Lappen-« (
Bei einer Bespeechung militiirischerH
Charge-i sriigt ein Chieaoe oer Blatt,
Ida- eigenttich ein voller rat sei.
falls etwas, was nur bei ganz
anherondentttchen Sehnende-tun dor
tom sollte.
III
Deus-few email-et
ei M sacht mit, I ee est
H seh-due- ,; set-de wie ote
de- dokzkitkk ;
EBO- aui einein kritischen Gebiqzdstt
on Dr. setz Reise-ver tMiinchen).
St sind ans gewaltige, siåmmige
Kerle, die anern im Gebirg. s sind
eigentlich teine «Bauern', denn es
wird nur wenig bebaut. Dazu ift der
Boden nicht geeignet. Meist sind es
Walobauern, Itößer, Holztnechte,
Fischer. Aus den Beran wird das
Holz gefällt, und ifi ein Waldbach in
der Nähe, werden die Baumstämme
dort hinein eworfen und unten im
Thal aufgegangen Das isi der ein
fachfte Transporn Oder wenn der
Schnee liegt, fährt der Holztnechi auf
dem Schlitten mit vielen Stämmen
hinter sich zu That . . . eine gefähr
liche Fahrt.
Es sind angesiammte Familien, seit
Urgedenten im Ort und Könige in
ihrem Besitz.
Mit dem Stutzen wissen sie vorzüg
ziiglich umzugehen Und manchmal
habe ich Nachts aus meinen Gängen in
der Praxis einen Mann gesehen, mit
dermummtem Gesichte, cen Stutzen in
der linken Hand. Aber den tonnte
man kaum sehen. Da ging er eben ja
gen. Ein Jeder; Könige in ihrem
Reich. Was liimmert es sie, daß die
Jagd verpachtet ist. Das-« Wild gehört
ihnen, das Reb, der hirsch und die
Gemse. Für sie ist das tein Wildern.
Wenn wir am Samstag Abend zum
Pimmerftutzenschießen gingen in’s
Wirthshaus, da tauchten iie einzein
auf, schleichend, aus iliren kleinen
Häusern, nnd schlichen sich die Dorf
itraße entlang, obwohl sie doch ein Je
der sehen durfte und der Foritgehilfe
sogar Mitglied des Schätzenoereins
war. Ader ich glaube, die Buben,
wenn sie zur Welt kommen. so halten
sie schon den linken Arm nanz eigen
tbiimlich an die tinte Zeite, xvie es
ihnen von den stutzentragenden Vätern
und llroiitern erbhait ungeboren ist.
Kommt nun ein Fre·nder ins Dorf
und macht sich aniiissig, fo isi er noch
nach Geichlechtern ein Fremdling
Dort in dem Gebirgsdorf war ein
Zeilen Hart am See bat-e er ein
Häuschen und ein Gärtchen, und den
See entlang hatte er fein Werkzeug,
mit dem er Strick-: dreh:e. Er ging
stets etwa zehn Meter hin und wieder
her, Stricke von ebenfulchen Liingen
oder Windungen drehend, und dabei
tonnte er gut ins Wasser sehen, in dein
es iamoie Gründiinge gab. Auch nn
dere Fische. Diese fing et. Das durfte
» Imm- niebi denn das Fischertecht
hatte er ali- Fremder nicht detommcn
Das liimmerte ihn nicht. Er sing sie
doch. Und Niemand wehrte ihm·
Man merkte sofort, dass er ein
Fremder war. Ein Jeder siircht:tc
sich ddr ihm. Manchmal hörte man
ein fürchterlich-E Schreien im Dorf;
da prüaeite er seine Frau·
Ich unterhielt mich giern mit ihm.
Erstens verstand er es, ganz besonders
aute Fische zu sangen, und trat mir
bisweilen solche ad. Dadurch gab es
ein wenig Abwechsluna im Dorf
wirthshaus, wo ich jeden Tag essen
mußte. Denn die echten Fischer. die
einaehorenen, gaben lerne Fische ad,
sondern deriausten sie nach München.
Sie aßen selbst leine und ihre Frauen
wußten sie auch nicht zuzurichten Die
Fische sind da, damit man sie der
kausn
Er wußte auch alles Mögliche zu er
zählen und war der gescheiteste Mann
im Ort· Warum sich die Bauern vor
ihm fürchteten, weiß ich nicht. Viel
leicht weil er der Gescheiteste war. Sie
wußten es selbst nicht. Man traute
ihm Alles zu. Wenn es brannte, hatte
er aessisz den Brand verursacht. Das
dachten sie, es sagte es ader Niemand.
War etwas gestohlen. ein Jeder der
muthete es in des Seilers Wohnung.
Kam aber etwas dor im Dorf, was
über deren Bewohner persönlichen Ho
rizont dinausaing, dann wußte der
Seiler allein Bescheid und Weg.
Er war maaee und groß.
Die Walddauern sind ost recht weh
leidig. Wenn sie gesund sind, sind sie
groß, stämmig, troßig Sind sie
trank, dann .ist’s g’fehlt". Dann
kriechen sie ganz gottesjämmerlich zu
Kreuz. Vor dem Messer des Arztes
haben sie heillose Angst — so locker es
ihnen selbst im Gerause in der Tasche
sitzt —- sie können eine Blutung über
haupt nicht ansehen, da wird ihnen
übel, wie einer Prinzessin, die sich in
den Finger geschnitten. Sie können
roh sein, ohne sich im Mindesien dabei
aus uregenz dem aus dein Boden lie
gen n Gegner mit den eisenbeschlage
nen Stiefeln ins Gesicht zu treten,
einmal und mehrmal, daraus machen
sie sich nichts. Weder der mit den
Schuhen, noch der mit dem Gesicht.
Und sie haben harte Schädel und sind
bald wieder zusammengeslickt —- vom
Ddltor; zusammengePappt mit Pfla
ltern — vom Bader. Oester von Les
terem.
Aber wenn bewußt etwas mit ihnen
vorgenommen werden soll, sind sie seht
wehleidig und laufen am liebsten da
von.
Da brachten sie eines Tages einen
der stämmigsten Bursche-« den Karpf
lee Sepp, ins Krankenhaus K inte.
Er hatte einen Baum gestillt. r war
ihm über den linken Unterschenkel ge
sallen und hatte ihn total enztveiges
schlagen, beide Knochen. Die Enden
’dee beiden Knochen hatten die baut
Jduechspiest und standen schräg ils-er
seinandez außerhalb der b utheschmiers
ten Dant. Da bedueste ich eines kriiss
tiaen Mannes seien Isiibentem der
das sein seß anspa, damit die zerbro
chenes Knochen siedet aneinander ea
- =i--..
me. währenddessen ich den Gipsders
band anlegte,der nach seiner Erstar
rung die Fixirung besorgte.
Die zwei Bauern, die ihn hereinge
tragen, schüttelten auf meine Auffor
derart-Jf zur Assistrnz oerneinend mit
op Der eine wurde aschfahl,
als er helfen sollte, und dann drückte
er sich leise davon. Der andere blieb
stehen — man sah, welche Uederwirrs
dung es ihm tostete, und drehte den
but in den Händen, aber er rührte sich
nicht. Die alte Krankenhausschwester
war inzwischen im Dorf herumgelau
fen, Jemand zur Assistenz zu bekom
men. Sie lam allein zurück Es
wollte Keiner darangehem Die alte
Schwester —- ste war schon 51 Jahre
lana dort und ganz tlein und runzelig
—- hatte viel Erfahrung.
»Schwester Margareth,« sagte sie
zur jungen Schwester, «gehen Sie zum
Seiler. Sagen Sie, er belommt zwei
Maß Bier, wenn er hilft.«
Nun mochten die Schwestern perade
am allerwenigsten mit dem Seiler zu
thun haben. Er ging niemals in die
Kirche, der Ein ige im Dorf, in dem
selbst der ansa sszige Doltor, den ich
vertrat, jeden Sonntag in der Kirche
Violine spielte. Unsd da der Seiler der
Nachbar des Kranienhaufes war, kör
ten sie ihn oft genua ganz gottele ter
lich fluchen. Er war also auch nicht
einmal fromm.
Ausgeriiumt kam er daher. »Na,
Karpfler Sepp, was hast a’macht?
Geh, mach lei e solche G’sicht wie a
g’stochens Kalb! Dös wern mer glei
ham.«
Und er assiftirte aanz wunderbar,
hielt das schlotternde Bein gerade and
fo straff, wie er es mit seinen Strian
machte. die er drehte, und that ruhig,
was man oon ihm wollte. Dann
drückte er dem Bauern, der mehr vor
Angst als Vor Schmerz fast bewirkt
loe war, nochmals- die Hand: »Pfuat
di Gott, Narr-Her Sepp,'« nahm von
der Schwester die bereitgehaltenrn 44
strnnia für zwei Maß Bier in Em
pfang: »Dank a schöns« und ging
heim.
Ein andermal erhob sich aus dem
See plöslich ein Sturm. Das tommt
dort oft oor Die Bauern, die gerade
oeim Fischfang draußen sind, flüchten
sieh dann aufs nächste Ufer. Schwim
men tönt-sen sie nicht, und von dem
»tiihnen Fischer«, der da hinausfiihre,
ein bedrohtes Boot mit Jnsassen -zu
retten, liest man mehr in schönen Er
zählungen, als es in Wirklichkeit der
Fall ist. Vielleicht aerade deshalb, weil
die Bauern die Tijcie des Sees kennen,
find sie ängstlicher geworden Nun da
mals war ein Boot mit zwei Fremden
draußen. Und die Bauern sahen, wie
es draußen umhergewcrfen wurde,
und wie hilflos die zwei Jnfassen wa
ren. Da war es der Dorffeiler allein,
der sein schlechtes, seibft zusammenge
flicite5, altes Boot losmachte, hinaus
fuhr über die kurzen Wellen und das
Pärchen wohlbebalten heimbrachte·
Und er pfiff sein stetes Lied mit ver
ächtlichem Munozucken und ging heim
und prügelte seine Frau, -schautelte
seine Buben und drehte feine Zeile.
Jch bin überzeugt, er schoß die be
sten Hirfche in der Nacht; er fing die
dickften Fisch-e uan wußte. wann sie
am besten anbissen; aß auch selber oft
einen guten, selbstgefangenen Fisch,
obwohl er kein Recht zum Fischen
hatte, als Fremder. Aber es wagte
Keiner ihm etwas zu sagen.
Und wenn die Eisenbahn hintommt
an den Ort, und vielleicht ein Dampf
schiff auf den See gan sicher wird
er hotelbesiher dort oder Kurdirektor
oder Dampfschiffskapitän, oder er
bleibt Seiler und pfeift sein freches
Lied, das er immer pfiff,-weiter, und
fein Pfeifen gilt dem Dambfschisf und
dem Pfarrer unsd der Eisenbahn nnd
dem See und dem ganzen Dorf und
allen Bauern, und schließlich gilt sein
Pfeifen der ganzen Welt, und er bleibt
ein elender, gefürchteter Zeiler bis an
seines Lebens ungewisses Ende.
Pumpnttillen
Eine wahre Geschichte vorn Theater. Von
A. O n i e n
,,Es gibt keine Originale mehr,«
hatte einmal Jemand aefagt.
Der Mann hatte Recht gehabt, ihre
Existenz gedeiht nicht mehr. Auch ein
Original, das ich kannte, hat woh!
seine Rechnung schon längst siir immer
bezahlt, denn er war schon, als ich
Eins Bekanntschaft machte, ein alter
er .
Müller hieß er mit seinem nicht un
gewöhnlichen Namens Er war ein
ausgezeichneter Menschendarsteller, ein
Komiker, der komisch wirkte, ohne ko
misch sein u wollen« der Gestalten
schuf ohne ebertreibuna, ohne Möh
chen, immer anständig blieb, vom Ko
nig bis zum Kartenschieber.
Aber wo er einmal gewesen war,
kam er nicht wieder.
Seiten hielt er ein Engagement aus«
drängen ließ er sich nicht gerne, kamen
ihm die Manichöer auf oenhals, dann
verschwand er. Das Borgen war ihm
zur zweiten Natur geworden, er war
überall dafiir bekannt, und zuletzt
wollte ihn kein Direktor mehr.
Eines Abends nahm ich ihn in der
sächsischen Stadt R» ohne ihn zu ken
nen, in Empfang
Unser damaliaer Direktor war ein
besahrter, gemüthlicher.Sachse, eder
die Ganentaae au nicht allzu enau
nagen Ileischer u Mer mit hea-«
ter ilsets bezahlte, wenn überhaupt
von Bezahlung die Rede war. ,
In U. waren die Einnahmen pas
sabel, und tote befanden uns in der be
flen Stimmung, als Pumpiniiller er
m.
Jch hatte, alt ich ihn oon der Post
holte, teine Ahnung, daß er es in
Person war. Man hatte es uns
wohltut-lich verschwiegen.
Es war eine bewegliche, mittlere
Figur, die ba aus dem Wagen sprang,
mit einem Eulenspiegelgesicht, im
langen. komischen grauen Rock, den er
sicher einer Theatergarderobe irgendwo
entlehnt hab-en mochte.
« ch begrüßte ihn als Kollege und
wo te ihn gerade in sein Logis führen,
welches gleichzeitig ein ixsuchtes Bier
haus war.
»Wirllich, bin gerührt von Ihrer
Kollegialitlit,' sagte er, .aber bevor ich
Jhte Liebenswiirdigleit weiter accep
tire, muß ich Jhnen sagen, baß es ge
gen meinen Grundsatz verstößt, mich
von Kollegen reqaliren zu laffem Sie
dürfen das nicht übel nehmen, nnd
damit Sie sehn, baß ich Ihren guten
Willen nicht verkenne, so leihen Sie
mir einen Thaler, womit ich dann bie
Zeche selbst begleichen tann.«
Die Philosophie war mir neu,
trotzdem langte ich mechanisch einen
Thaler hervor.
»Avant,« sagte er, »trelen wir jeßt
dem Budiber mit imponirender Si
cherheit entgegen.«
Kaum baß wir Platz genommen
hatten, fiel mir ein« daß er sein Geptiä
auf der Post nicht reliamirt hatte, und
ich richtete deshalb eine diesbezügliche
Frage an ihn.
»Gepiirl? Junger Mann,« sagte er,
indem er einen möchtigensuq aus bem
Kruge that, und denselben beoächtig
vor sich nieder sente. »Sei-arti Führe
ich nie, es reist sich ohneoem entschieden
bequemer. Außerdem tann solches in
gewissen Fällen zum Uebel werden«
zum Beispiel, wenn es mal mit der
Gage hapert, Miethsocthältnisse zu
ordnen sind etc. etc.'«
»Aber mein Himmel,« rief ich, »wa
mit wollen Sie denn spielent So
ganz ohne Garoerobe?«
»Hm,« meinte er gelassen, »was ich
nicht habe, haben Andere. Wir zum
Exempel haben ziemlich Dieselbe Figur-,
und es paßt mir zweifellos jedes
Stück.«
»Pumpmiiller!« lam es aus meinem
Munde.
»Derselbe, junger-Kollng Ihnen sei
es betannt, aber nicht den Anderen.
Habe es dem Alten zur Bedingung ge
macht.'«
Damit wars er mit Ostentation
meinen Thaler auf, klopfte Den liellner
mit seinem Stock, zahlre, entschuldigte
sich auf einen Augenblick und ging
hinaus.
II. t-—..t- ....:-k. ----- :.--m m-.
JLY IUIIIIIL lllsdlj UUII Islssslbllb X-«
staunen noch immer nicht erholen. Ich
wußte nur, daß mein Thaler unwider
bringlich verloren war
Während ich noch darüber nach
dachte. trat er wieder ein.
»Kellner, eine srische Halse, trinlen
Sie aus, der Stoff ist gut, und hier
Jhr Thaler!« raunte er mir zu.
Ich wußte nicht, was ich sagen
sollte.
»O, das hat ja leine Eile,« versetzte
ich, »ich wollte, ich hätte über Kapita
lien zu verfügen, ich würde Jhnen -—«
«Dieselben pumpen,'« ergänzte er,
indem er den Thaler ivseder einsaette.
»Glaub’o Ihnen. Sie sollen es nicht
bereuen, der Thaler deriinst sich. Sie
sollen von meinem Genie profitiren.
Mein Vermögen bestand, als ich hier
anlangte, noch in acht Groschen, sechs
davon zog der Kellner von dem Thaler
ad, blieben mir immer noch zwei Gro
schen Kleingeld. Jch tauste mir vor
hin, als ich mich entfernte, sür diesel
ben drüben im Kramladen Zigarren,
und ließ mir einen harten Thaler wie
der umivechseln, woran der Kellner
bei den nächsten zioei Halben nur den
Ueberichusz herausgeben wird. Mein
Kredit ist hier jetzt zweifellos. Nun
etwas Anderes.«
Damit drehte er sich um und wandte
seine Ausmertsarnleit mehreren Gästen
u, welche neugierig den neuen Schau
spieler betrachteten. Er tnüpste eine
Unterhaltung an, voll von launigen
Einfallem die Alle bis spät Nachts ge
fesselt hielt
Aus der Bühne hatte Müller roszen
Erfolg. Bald wurde er so belie t, daß
lein Abend der ing, an welchem Mül
ler nicht don einen Verehrern einge
laden wurde.
Es war auch ein Vergnügen, ihm
zuzuhören Fast immer widmete er ei
nem sein besonderes Interesse, doch
tonnte derselbe versichert sein, am an
deren Morgen seine Tasche um ver
schiedene Thaler erleichtert zu sehen.
Müller pumpte einen Jwen an, er be
saß eine beispiellose Virtuosität hierin,
und traf stets den richtigen.
Dennoch war alles nur Maske bei
dem alternden Mann mit dem ewig
heiteren Gesicht. Eines Abends be
suchte ich ihn in seiner Wohnung und
sand ihn ohne Licht am Fenster Wend.
»Ihr wißt, Müller,« sagte ich, »daß
ich oon vornherein für Euch eingenom
men war. Jhr seid Künstler, der ganz
wo anders hinaehört und nicht nöthig
hätte, in den Kneiven den hanswurst
Zu machen und Schulden zu kontra
tren.«
Er wich mir aus und erst nach län
gerer Pause begann er düster
«Glaubt mir, daß es einst eine Zeit
gab, wo ich keinem Menschen einen
Kreuzer schuldig war. Dennoch gab
man mir lange Frist, um darüber
nach udenlen, tote ich meine Schulden
beæa len könnte. Das klingt unver
ndlich, aber so hört weiter. Seht«
ch hatte eins-EIN elleiäsiet en get
. un i, ne ga te
usdielerin, doch von Natur zu
leicht angelegt. Sie hatte Säuldem
trohdetn widerstand sie allen sekun
aen ihrer Gläubiger, deren es aller- , -
dings nur zwei waren, aber in deren
Händen sich sämmtliche Forderungen
befanden. Die Beiden sparen Mein-er
aus der besten Gesellschaftillasse und
hatten, um ihre Zwecke refser u erret
chen, all-e ihre Schulden ausgekausL
Als sie sehr schamloses Unsinn-en zu- -
rückgewiefen sahen, drohten ne mit
Psändung und Schuldenarrest, wel
chen es damals noch gab. Pn dieser
Zeit lernte ich sie kennen, te wurde
mein Weib unsd ich solidarisch fiir sie
haftbar. Als ich ihre Lage erfuhr,
versuchte ich eine Einigung ntit ihren
Glaubigern zu erzielen, allein um
sonst. Die Schurken waren so iider
unsere Heirath in Harnisch gerathen,
daß Klage, Psandung und endlich
Schuldarrest hinter einander folgten.
Ergritnmt über den abermaligen We
derstand, welchen ihnen mein»Weib
trotz Allem bewies, ließen mich die bet
den Ehrenmiinner ein volles Jahr im
Schuldgefängnifz schmachten. Wäh
rend der Zeit rieb Gram und Sor e
das arme Weib anf, sie erlranlte he -
tig, und als sich endlich die Thüren
des Schuldthurmes fiir mich erschlos
sen, lam ich gerade recht, ihre Augen
zuzudriicken.«
Der alte Komödiant schwieg. Wer
ihn jetzt gesehen hätte, wiirde schwerlich
in ihm den Lustiamacher ertannt ha
ben. Nach geraumer Zeit begann er
wieder:
»Gebrochen stand ich an ihrer Leiche.
zu stolz, um der Stadt zur Last zu
fallen, borate ich den Sara für mein
Weib. Aiister und Todtengräder
mußten aus Borg läuten und schau
feln, auf Borg sourde sie begraben,
unid mit ihr mein erdorqteg Glück. -—
Jhr lennt die Geschichte, wie man
Präsident wird, nun kennt Jhr auch
die Geschichte. wie man ein Lump
wird!'«
Nach einer langen Pause verfiel er
wieder in seinen gewöhnlichen Ton:
»Hier hat mir der Wirth unten die
Rechnung gebracht, und morgen soll
der »Neaiftrator auf Reisen« sein.«
Er psifs leise vor sich hin, schüttelte
den Kopf, driictte mir die Hand uan
- — zoa aus.
Des anderen Tages warteten wir
vergeblich aus ihn bei der Probe. An
statt des Erwarteten erschien der Di
rettor.
,,.5iinder,« sagte er, »wir müssen Se
das Stück abiindern, der »Registtator
auf Reisen« ist Ee schon abgereest. Da
möchte man doch lieber die Bude schlie
ßen, oder ein Buddenthetter anfangen,
da brennen Eeenen die Schauspieier
nicht durch, se brauchen auch teenen
Vorschuß nicht, unsd putnpen de Leite
ooch nicht an. Ader schade war’s Se
doch um den Kerl, den Pumpmiiller!«
-—-s-—-. -.-————«
Ein Beides-her mit hause-.
Eine gründliche Antwort ist dem
Magistrate oon Hörde in Westsalen zu
Theil geworden, der kürzlich einen Bu
reauaehiilsen sitr monatlich 80 Mart
(87.50) suchte. Unter den Bewerbun
gen um diese Anstellung befand sich
u. A. folgende-Z Angebot:
»Höslichst begugnehmend aus Ihr
gest. Juserat im General-Anzeiger er
laube ich mir, Ihnen meine Dienste
sitt den oacanten Bureaugehiilsenpw
sten ergebenst anzubieten. Jch bin 28
Jahre alt, verheirathet nnd Vater von
oier Kindern, das fünfte wird in
etwa oier Wochen das Licht der Welt
erblicken. Seit zehn Semestern studire
ich an der Universität Bonn das juri
stische Fach, wo ich unter Anderem
auch den Vorträgen des Prosessors
Dr. Title über »Menschenrechte und
Menschenpflicht« zuhörte. Leider bin
ich durch des Vaters Tod gänzlich
mittellos neworden und mirs-te meine
Studien abbrechen. Jch Lin mit
sämmtlichen Paragraphen des Stras
und Handelsgesetzbuches nu« bekannt,
habe gute Kenntnisse in der englischen,
französischen, spanischen, ttallienischen
russischen, holländischen, griechischen
und hebriiischen Sprache, han·dhabe
die Rernington - Schreibrnaschine und
hin persecter Sienograph. Meine-Kör
perconstitution ist derart, daß ich 150
Pfund mit Leichtialeit heben und
wenn nöthig, siins Mann aus einmal
an die Lust setzen kann. Es wäre mir
angenehm, wenn Sie mein Gesuch he
riicksichtigen würden, damit ich dann
in der Lage bin, meiner Familie, die
dadurch meine Unthätigteit sehr gelit
ten hat, wieder ein menschenwürdiges
Dasein verschassen zu können. Ich bin
selbst sehr anspruchslos und mit den
Resten der Mahseit des Magistrats
schon zusrieden uch erkläre ich mich
gern bereit, häusliche Arbeiten zu ver
richten, allö Betten machen, Kinder
verwahren, auswischen, Straße kehren
u. s. w» und nehme an, daß dieDienits
stunden die gewöhnlichen sind, näm
lich: von 5 Uhr Morgens bis 10 Ul
Abends. Aus speriellen Wunsch stehe
ich auch des Nachts gern zur Versiii
gung. Aus Wunsch bin ich gern bereit,
zu Fuß iwecls persönlicher Vorstellung
nach dort zu kommen. In Erwartung
Ihrer geneigten Antwort empsehle ich
mich Ihnen
hochachtunasooll
Civigi Unterschrist)·«
—
Peunzehn Stockwerte hoch trug in
Chtea o ein Jüngling eine Mai-d, die
weil te dies als Bedingun siir die
Gewii rung von DR und nd -
stellt atte. Das· rtwilrdige ask
st, da der Jüngling nach Erledigung
der eilten rohe nicht sagte: Den
Dan , Dante, . e2r’ ich nicht.
Fiie den u des e i
wem das-Iri- wsikieapksi «
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