Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 28, 1902, Sonntags-Blatt, Image 14

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    sfenee schreiben-sei on l
fikkie Devise-geh l
No. 28. Dem
Philipp, was
mein Hosbano s
is, is ebbess
Schreckliches -
gehäpppend un
ich hen Jhne
zuerscht gar
nias von sage
wolle, awwer
dar-n hen ich
edenki, well es is mehbic sor annere
ii e gute Lessen un for oen Riesen
is ei besser-, wann ich Jhne oie Ge
schicht verziihle ouhn. Also, Sie wer’n
gut genug wisse, daß der Philipp arig
ahihedded is. Oboas geerbt is, ov
dek ob er zu viel denke ouht, oooer
ob es mehbie von sein fortgesetzte Le
benswandel komme ouht, sell weiß ich
oLf Kohrs nit; er klehmt, oaß er zu
v l worrie un denke ouht, awwer ich
glanbs nit. Weil es macht ja auch
nicks aus, der Fäcki is do, oaß er uff
fein Kopp nii mehr Haar bot, wie uff
e Billjiarvbahl sin un daß er,das
nit gleiche ouht, das munnert mich
auch nit. Er hot zwar schon gesagt,
das wiir der Steil un wer ebbes sein
wollt, deht sich en Bnhlheoo stehn
-losse, awtoer ich weiß gut genug, Iaß
er das nit meine du·ht. Er hot schon
alle mögliche Meooesiens un Pauoerg
etteik, for widber en neir Krapp nff
ein Kot-v zu rehse, answer er hot tein
Suckzeß mit gehabt. Der Weoesroeiler
bot schon alle mögliche Tricks an ihn
gspielt un es mißt en arig kalter
ag sein, wann oer ihn noch emol in
sie Lein fuhle wollt. Well, so ebaui
sitt-we Dag zerick is der Philipp heim
komme un hot gesagt: Lizzie, hot er
sagt, ich denke, ich kann noch emol
ar uff mein Kopp kriege. Jch hen
en Mann gemiet un der bot gesagt.
wie oann das komme hebt, daß ich so
wenig Haar uff mein Kopp hätt. Jch
hen gesagt, das is Telling. Do hol
et gesagt: Nosser, ich meine Bißnes;
ich will Jhne sage, was oie Mätter is:
Sie hen Jshre Haar noch gar nii all, .
odoer mchbie, Ihre Haar Tin in un: l
feucht-darein Grauno un do muß neue (
Kraft druff gebracht wer’n. Mer muß. «
sen Korp, wie mer uff oeitsch sag-:
sicht, rtileise. Jch hen gesagt, nos
Iek, i herr in vie Lein schon einig-IS
wohn un ich hen’s schon lang uffs
ewwr. Do sin Sie fuhlifch, hoi oer
ann gesagt, twann mer so e leichte
Uebmeiidie hawroe kann un mer hot
ar teine Eckspenzeg Dabei. Wie Ier
hilipp sell aehört hot, do hat er Doch
die Ohre gespitzt. Er hoi Den Mznn
mit zu den Wedesweiler genomme un
hot e paar mol getriet una dann bot
der Man-n sei Mittel zum Beste gem
pe. Er hot den Philipp gesagt, das-.
et sich drei bis vier Daa in oen Kel
let setze mißt un tei Minnit autseii
sehn verst. Den Kopp mißt er sich
mit Pietschbotter so ebaut zwei Zoll
hoch voll schmiere un derft den Kopi
sar nit totsche. Die Oauptsach wär.
daß der Keller Däan wär. Wie er
mich das so verzählt hat, do hen ich
gesagt, o well, das Mittel is ja billia
yenug un do tönntst du ernol e Treiel
mach-e. Am nächste Morgen hot er
auch westlich gestatt. Er is in Den
Keller aange un ich hen ihn e altes
Tauel um sein Kopp erum aeroickelt,
so daß es so ebaut drei Jnsches höher
wie der Kopp mar. Dann hen ich ihn
den Hohlraum mit Pietfchbotter ae
siillt uno hen ihn hocke lcsse. Er hot
Sickahrs dabei geschmockt un hot va-:
Reh-per gelese un hot gedenkt, Das
wär arig iesig. Ich hen ihn oszohrk
sei Miehls in den Keller bringe müsse
un hen ihn auch Die Launsch dann
stehrs geschafft, sor daß er wenig
stens hie Nacht e tveniq schloie hot
könne und in order, oaß ich diePietsch
heiter nit gespeult hen. hen ich ihn
noch sor hie Nacht eine oon meine
Nachthauwe ufsgesetzt. Ja die Kan
dischen kann ich Jhne sage, hot der
Philipp geguckt, oas war e Seit. Am
nächste Morgen sin ich aleich dann
stsehrs un hen ihn sein Kasfee gebracht
un do hot er gesagt, es dehte ihn alle
Knoche in sein Körperche weh· Jch
hen arig sarrie for ihn gefiehlt, awwer
ich hen ooch nit helfe könne. So is
denn auch der zweite Dag vergange.
Der Wedesweiler hot s-ine Alte ae
chickt un hot frage losse, was denn
ie Miitter mit den Phitipp wär, er
hätt ihn ja schon seit e apar Jahr nit
mehr gesehn. Jch hen gesagt, o, der
Philipp hot en Tripp mache misse an
sißnes un werd erst in e paar Daa
wibber heim komme. Grad wie ich
bat gesagt hatt. do hot der Philipp in
den Keller ein von seine beriehmte
Schnieser losgelosse un die Wehes
weilern hot gesagt: Wann du mich nit
gest hättst, daß der Philipp aut os
un wär. dann deht ich druss
chtviite, daß sell der Philipp gewese
. »Sie könne sich denke daß ich in
e MM Estherresrnent aeioese sin.
sechen ich gesagt, ho hättst du en
Ache Meinetb geschwore. Ich denke,
muß der Reitmtschmann gewese
Este Do it die Mesweilern wid
un ich sin- rette-weg zu den
, Itip psange un hen ihn gesagt daß
" Its nnttnes Seht sei Schniesse sein
Use, wann en Strenscher in oen
Eos-. Oe hotum gesagt, das tsnnter
un auch e sattel mit Brehndie, das
is immer gut, wann mer e Kalt hot.
Der Philipp hat gesagt, er deht mische,
er hätt das Trietment nie nit geftart.
Am nächse Morgen fin ich widder zu
ihn gan e un do is er arig dar-nim
tet gewe e. Er hat aekofft, wie en alter
Gerberhund. Jch hen die aub von
sein lion abgemacht un, i Galle,
da hen ich so ebdes wolliges genahtift,
was doch die Pietschbotter komme is.
Philipp. hen ich gelegt- ou hastichvn
«Suckzeß. Wart nur noch e paar
Dage un dann kriegst du en Kopp voll
Haar, daß is e Wirtsch. Off Kahrs
hat er sich gefreut, awtrer das hot
doch kein Unnerschied bei ihn gemacht;
er That gesagt, er könnt’s nit mehr
ftendr. Es bebt ihn in alle Gliader
reiße, daß es gar ni: zu sage wär.
Jch hen »den Keller jeden Dag dämp
gemacht, indem ich immer en Wasch
tobb voll Wasser an den Flohr gegosse
ben. Ei tell juh, ich hätt noch keine
.zwei Stunde do drunne sein möge;
atower jeht hat der Philipp emal in
, den fauere Appel aebisse,-jetzt muß er
auch B sage. Der Wedessweiler is
auch emol selbst komme un hat nach
den Philipp gefragt, un wie ich ihn
dieselwe Ensser gen-we hen, wie seine
Frau, da hat er mit den eine Auge
gewinkt. -.srn fchuhr, der eller
hat angekei cht. Jn mein nächste rief
solle Se das End von den Triexment
erfahre. For heute iin « zu
nörwes, um mehr schreib-e Eine.
Mit beste Niegahrds
Lizie Hanfsengkei.
WE
IIIMIOCZIIOIVQ
Die fiandalösen Entdeckungen, die
ider Finanzminifter Witie auf der
1«bollendeten« sibirischen Bahn machen
frnußte, werden Niemanden in sonder
E liches Erstaunen aesetzt haben, der die
,herkörnmlichen Zustände im Mag-ko
sraiierreiche kennt. Von einer Beitra
j sung oder auch nur Namhaftmachima
zdeF Schuldigen verlautete bisher
Nichts. Es war schon zu Zeiten des
erften Nikolaus feststehende React, daß
die »Allerhöchssien Personen« sich über
peinliche Erfahrunaen, die sie mit der
Ehrlichkeit ihrer Günstlinge machten,
durch kleine Bosheiien abfanden. Als
der Minister des Innern, Graf Pe
rowsti. überführt worden mar, den
Staatsrath Klewensti. der überführt
worden war, den Staatsratb Kle
rvenski, der 156,000 Rubel gestohlen
hatte, »als Diamanten unter feinen
Beamten Der laiserlichen Huld em-:
pfoblen zu haben, kam er mit dem im
Scherz ertheilten Auftraae davon: er
möge »als Brillantentenner« die der
Braut des Grofifiirsten Konstantin
bestimmten Brillanten sue-suchen Ihr
eigener Sohn hat sie später der Mut
ter gestohlen. Auf einen Bericht da
rüber, daß eine von dem besonderen
Günstling und Vertrauensmann Ni
kolaus l., dem beriichtigten Grasen
KleinmicheL mit großem Rostenauf
ivand aebaute Cbausfee nach Jahres
frist völlig unbrauchbar geworden und
Das-. »Niemand an diesem Unfalle
schuld sei,« schrieb der Kaiser: »Da
die Chaussee weg ift, das Geld weg ist
»n'd der Schuldige weg ift, io sind die
Akten zu schließen und eine neue
Chaussee ist zu bauen.« KleinmichePs
amtliche und gesellschaftlich-e Stellung
blieb von diesem Vorfall unberührt
——-·..-——-—
Die Riesistatistib
Die Friedensgefellschaft in Massa
chusetts hat eine Statistik aller Kriege
aufgestellt welche die civilistrt e Welt
seit der Regierung Konstantins be
troffen haben. Jn oieier Statistik,
welche 287 Kriege enthält, sind die
Kriege gegen wildeBöllerschafren nicht
aufgezählt. Der letzte Krieg, der auf
geführt wird, ist der fpanisch-ameri:
ianische, der als Jnterventionskrieg
bezeichnet wird. Die Gesellschaft
glaubt, nach einer sorgfältigen Ein
theilung der Kriege nach ihren Ur
sachen folgende Zahlen darüber anne
ben zu können: Bürgertriege 55;
Raubkriege 44; Erbfolgelriege 41;
Jnterventionskriege 31; Religion-II
lriege, einschließlich der Kreuzziiqe,
28; Rachetrieg 24; Kriege um Des po
litischen Einflusses willen-LIE: Kriege,
welche die Aufhebuna oon Tributen
zum Ziele hatten, 22; Kriege, bei de
nen es sich um Ehrensraaen oder Vor
rechte handelte, 8; Kriege wegen
Grenzstreitigkeiten 6; Handelskriege 5.
Unter welcher Rubrik der Krieg in
Siidafrika zuliinftig ausgeführt wer
den wird. ist unbekannt.
Des Steineer strengem-.
Als große Mode bei den eleganten
Damen in New York getten mo
mentan Gürtel, die mit chine
sischen Schriftzeichen in Silber
verziert sind Da nun aber sehr
wenig Personen chinesisch lesen tön
nen, so wird auf die Bedeutung der
Hieeoglhvhen keinerlei Werth gelegt
Ente köstliche Episode erzählt der Tat
ler, die sich tiirzlich zutrug Eine
Dame, die mit einem solch« modernen
Gürtel versehen war, begegnete einem
Chinesen, der ihr seine Bewunderung
zu den Gefühlen, die sie zur Schau
trug. aussprach »Unsere-richtet in
der That, « meinte er, »und ich gratu
lire Ihnen Xa Ihren guten Motive,
die etwas ßergetvishnlichei in Ih
rem Lande sind. « —,,Bitte, sagen Sie
mir, was die Zeichen bedeutenf erwi
deete die bestiedigte Vesiknin des
Ugee.——ereftarrdei »Es sind nur
zwei B nfche ausgedrückt, aber da sie
setr deued Msblieesniiöäeråpä Insect-Ins
e e
stde Bat eine Mott- lautet
esencetne yiseit-de mit-I tu
istM
O
III , Why
, P-!
Frauenliebe.
AllerseelensGeschichte von Paul Miß.
.Ein Tag ist siir die Todten stei..."
Ein Tag im Jahr-e, der dem Geden
ken unserer Todten gewidmet ist.
Da vilgert denn auch Alles hinaus
aus den Friedhof, die letzte Ruhestiitte
der theueren Todten zu sehnsüchti, —
in hellen Schaaren pil ern sie binausk
—- und selbst die ärm t-: Wittwe hun
gert sich von den mühselig erworbenen
paar Nicleln so viel ab, um einen
Kranz siir das Grab zu kaufen· das
unter seinem grünen Rasen daöLiebste
birgt, das sie einst besessen hat.
Jeder, der dort draußen aus dem
stillen Gottesacker einenLieben schlum
mern hat, ist wohl schon Zeuge gewe
sen von manch’ ernster, rührender
Szene, die sich an diesem Tage da
draußen abgespielt hat.
Und wieder war der Allerseelentagx
aber nicht grau und trübe, wie so viele
Tage des Spätherbstes zu sein pfle
gen, sondern es war sein wundervoller
warmer Tag mit einem so hellblau
klarem himmel, wie ihn sonst nur die
schönen Vorsriihlingstaae haben, und
die Sonne schien ungekriibt und gol
dig, und all’ das ersterbende Laub,
das noch an den Zweigen hing, glühte
rothgoldig aus unter dieser hellen
Lichtsiille, und es war eine Lust, so
durch die herbstlich stille Natur zu
pilgern.
Da saß eine junge Wittwe am
Grabe ihres vor Kurzem verstorbenen
Mannes und weinte viel bittere Thisb
nen, Thriinen des Schmerzes und der
Reue, — und ibre schlanken, weißen
Hände strichen glititend iiber die grüne
Evheudecte hin; —- ach, wie anders
wiirde sie jeht sein, wieviel lieber und
zärtlicher als ehedem, wenn sie den
theuren Todten dadurch wieder hätte
auserwerlen können! —
Es war eine von jenen Ehen gewe
sen, die nach außen hin den Schein
erwecken, als lebe man im größten
Glück nebeneinander, als sei das
ganze Dasein nur ein sonnenheller,
klarer Frühlingstag mit Lachen und
Liebesgetiindelz —- ach, und wie an
ders war es doch gewesen! Wie viele
Stürme waren dahergerast und hat
ten jedes Blättlein Liebe und Glite
unbarmherzig mit fortgerissen!
Als sie seine Frau wurde. war er
ein armer, unbekannter Künstler, dem
Verhungern nahe; da lernte sie ihn
kennen, den jungen, wilden FeuerkopL
und sofort verliebte sie sich -in ihn. Sie
war reich und unabhängig, und schön
und begebrenswertb war sie auch. So
machte sie ihn-tol«1,«bis«sie«ihn in«ihken
dienen hatte; sie ipiegeiie ihm seines in
den goldigsten Farben dor, daß er
fortan ohne Zorgen schaffen könne,
daß er nicht mehr dem Frohn des Ta
ges Dienst leisten brauche-, sondern
daß er fortan nur noch seiner hehren,
herrlichen Göttin Kunst dienen solle.
Und da warf er all’ sein bisherigeg
Schaffen zusammen, machte einen
Strich durch seine Vergangenheit und
» heirathete sie.
Die ersten Monate waren ein
«Rausch in seliger verliebter Verzückh
heit, ein Taumel ohne End-.
Dann tain dag- Erwachen
Der Künstler in ibrn forderte sein
lRechL und eg- erariss ihn der Drang
nach Arbeit und Zchasien
Dazu aber mußte er allein sein, ein
sam, um sich zu sammeln, unt seine
Ideen aiigzulassem -— allein niit sei
ner Liebe, mit seinem Weibe.
So wollte er sie mit sich entsiihren,
den Kreisen ihrer turoulenten Ver
gnügungen sie entziehen und sie in
feste Einsamkeit derbslanzen damit
sie das Ideal seiner Kunst bliebe
Und da sagte sie zum ersten JJia le
»Nein!« —- sie sei ein Kind der groszen
Welt, das ohne Gesellschaft nicht leden
könnte.
Er bat und flehte und beschwor sie,
und immer wieder von Neuem ver
suchte er es.
sie
Umsonst,
»Nein!«
Da zog er allein hinaus in die Ein
samkeit, verbittert und grollend« und
nun erkannte er zum ersten Male, daß
nur eine sinnliche Liede sie zu ihm hin
getrieben hatte, eine Liebe, oon der dir
Seele nichts wußte.
Und mit diesem Schmerz in der
Sele begann er zu schaffen, und so
arbeitete er, durchdrungen von feiner
großen Idee, Tag uin Tag, vom
frühesten Morgen bis in die sinkenoe
sagte immer nur
ENacht, —- wie ein Rasender arbeitete
er, wie Einer, der da ahnt, daß ihm
nicht viel Zeit gelassen ist und daß er
keinen Augenblick unbeniitzt vorbei
gehen lalsen dürfe, wenn er das, was
- er der Welt zu geben hatte, noch voll
’ enden wollte.
Aber dennoch überiam ihn mitten
tnder Arbeit die Sehnsucht nach
einer Seele, die ihn liebte. Und da
sein Weib sich immer noch fchmollend
sernhieli und oon einem Fest zum an
deren eilte, da suchte er die wieder auf,
die seither ihm sein Liebstei gewesen
war.
Aber auch sie fand er nicht mehr,
so viel er auch suchte, — fee sei weht
beklommen, sagte man ihm.
Und da ergriff ihn ein tiefer, boh
ren-der Schiner und eine bittere Reue
kam iiber ihn, asz er dies liebe kleine
Menschenlind so unbarmherzig ver
Laststen und der Vernichung hingeopsert
a e
Und dies allez, —- die verzweifelten
Vorn-tiefe iihee seinen Leichtsinn; der
Ort-in seines Allein sein-; derSchinerz
net-sIn ltes Leben, und die
nicht allzu starker Körper war, auss
Kranienlagen
Sie hörte, sdasz er lrani sei, aber zu
gleicher Zeit hörte sie auch, daß er nach
seiner sriiheren Braut gesucht hatte
und da wurde sie so ergrimmt. daß sie
nicht an sein Arantenlager ging.
Und so starb er einsam und allein.
Nun aber saß « an seinem Grabe
und zermarterte ich mit Borwiirsen,
und quälte sich mit bitterer Reue, denn
nun sah sie ein, daß sie ihn berkannt
hatte, daß sie ihn gerade in dem Mo
ment nicht hätte verlassen diirsen.
Aber nun war es zu spät; nun
stand er da in seiner stummen, starren
Größe, als ein« ernster Antlii er, daß
sie sein blühendes Leben zu Fall ge
bracht hatte.
Schreitlich war das, schrecklich! Und
mit wehem Schluchzen preßte sie das
heiße Gesicht ins Taschentuch und
weinte bitter-lich
So mochte sie wohl einige Minuten
weinend aesessen haben, als ein kleines
Geräusch sie ausschrerktr. Sie hob den
Kopf, und sah zu ihrem Erstaunen ein
ganz in Schwarz gehülltes Weil-, das
einen süßen, kleinen Buben aus dem
Arm trug, dem Grabe sich nähern.
Still wartete sie ab, was weiter ge
schehen würde.
Und die Fremde trat an das Grab
und legte einen kleinen bescheidenen
Kranz daraus nieder.
Da alimmt im Hirn der Wittwe
eine Jdee aus,—sie glaubte zu wissen,
wer die Fremde war, — und mit har
ter JStimme fragte sie: »Wer sind
Sie «
Still, sast demüthig, antwortete
diese: »Ich habe den, der hier unten
ruht, itber Alles geliebt, und ich
komme, ihm jetztdiesen Gruß zu brin
gen; —- nun er todt ist, dars tch’s
wohl thunt« "
Ein Zittern überlies die Wittwe, —
siet sie war es! seine ehemalige Liebe!
— und die trauernde Frau wollte
aussahren und die Fremde we weisen
von diesem Grabe, an dem ie tein
Recht mehr hatte, — aber sie lonnte es
nicht, —- sie konnte es nicht!
Endlich frag « te leise: »Und Sie
haben ihn imrn sgeliebt?«
Die Andere nickte:» »Bis zuletzt, im
mer! Aber er hat mich nicht wieder
aeseh’n. Damals, als er von mir
ging, um Sie zu heirathen, damals
bin ich auch sortgegan en, weit weg,
so daß Niemand mi mehr wieder
finden konnte, —- und so hatte auch er l
mich nicht wiederaesunden.«
»Und jenes Ninos-« fragte die
Wittwe.
»Es ist sein Kind,« antwortete leise
die Fremde.
»Und er wußte das nichts«
»Nein, er wußte das nicht.«
Da suhr der trauernden Wittwe ein
Schauer über den Rücken, —- das be
griss sie nicht, daß es so viel entsa
ssnfu Odqu To das-f Dumm- Muth-riss
» ........... » -.-. . ................ »
aus der Welt gab, — und nun sie das l
ettannie, nun stand sie ties beschämt
da oor diesem einfach schlichten Weibe.
Und als nun die Fremde sich an
schiise, Abschied zu nehmen, Abschied
iiir immer, da teimte in der tiefge
beuaten Wittwe ein hoc-herziger Ent
schluß aus, und iie sagte: »Am-innen
Zie, ich werde von nun an fiir Sie
und fiir das Kind soraen, es ist ja fein
Kind, —- und ich habe ihn ja auch ge
liebt.«
So wurden die beiden Frauen aus
aesöhnt und schlossen Freundschaft an
dem Grab-e dessen, der ihnen Beiden
gleich lieb und werth gewesen war.
—--—
Wahltag in der Schweiz.
In dem Nationalrarhe blieb es wieder
so ziemlich beim Alten.
Z t. G alle n, 31. Oktober 1902
Arn 26. Oktober fanden in der ganzen
Schweiz die Nationalrathswahten für
eine neue dreisährige Amtsdauer statt.
Die Rationaträthe, welche in ihrem
Plenum die erste Kammer der Bun
desversammlung bilden, werden un
mittelbar vom Volle, beziehungsweise
von den stimrnberechtigten Sehn-eiser
biirgern gewählt, während die Mit
glieder des Ständeratheg, der das
zweite, übrigens gleichberechtigte Par
lament ist, noch in den meisten Kan
tonen durch den Großen Rath ernannt
werden. Dieser Unterschied in der
Wahlart hat seine Begründung darin,
weil der Nationalrath als der unmit
telbare Repräsentant des Volkes be
trachtet wird, während der Stände
rath mehr die einzelnen Stände, d. h.
die Kantone als solche rertritt.
Der Unterschied zwischen National
und Stänsderath in der Schweiz ist
somit nicht ganz der gleiche, aber doch
ein sehr ähnlicher, wie derjenige zwi
schen Konarrß und Senat in den Ver
einigten Staaten von Nordamerita es
ist. Was nun das Gesammtergebnisz
der getroffenen Nationalrathswahlen
betrifft, so ist u sagen, daß es so
ziemlich beim lten bleibt, d. . die
große Mehrseit der gewählten oltcs
vertreter dri der freisinnig-derno
tratischen Idrtei an, wie das seit dein
Bestande des sogenannten neuen Bun
des (1848) stets der Fall war. Die
überwiegende Mehrheit des Schwei
zervoltes ist ebenfalls sreisinnig-demo
tratisch gesinnt, wenn auch in diesem
Volke zuweilen mehr und stärkere ton
servative und söderalisiischeStrsmuni
aen sich gelten machen, als in seinem
Rate. Im ganzen darf behauptet
werden, daß die Vundesversaminlung
ein nicht un treues Spie elbild der
zoljtåschen un adug UMMimäen
n nunngen isetvo s
iskz die Mira find in den säthen
wenigstens annähernd ihrer numeri
tik stärkt permis-.
Die genannte freisinnigsdeniokrai
tische Partei oerfiigt im Nationalrathe
neuerdings fiir sich allein iiber die ab
solute und unbestritene Mehrheit, doch
nicht derart, daß diese Majorität es
wagen dürfte, die Minderheiten kei
neswegs zu berücksichtigen, überhaupt
ganz nach Willkür zu bestimmen. Ge
waltherrschaft und Rücksichtslosi keit
in der Politik verbieten sich der Prei
sinnigen Mehrheitspartei in der
schweizerischen Bundesversammlung
gleichsam von selbst, angesichts der
Thatsache, daß das Volk in allen wich
tigen Fragen das lehte nnd entschei
dende Wort hat, das durch feine ver
fassungsmäßigen Rechte Reserendum
und Initiative stets zum Lebendigen
Ausdruck gelangt, gewichkige Rechte,
von denen die Minderheiten im Volke
ausgiebigen Gebrauch zu machen wis
sen und zwar nicht selten mit gutem
Erfolg.
Etwa der vierte Theil des Natio
nalrathes besteht aus Angehörigen der
katholisch-konservativen Partei; un e
fiihr ein Dutzend Mann zählen sich
um Centrum, das gewissermaßen die
itte hiilt zwischen den «Radikalen'«
und den »Ultramontanen«, aber doch
mehr konservatio als sreisinnig ist; die
Sozialdemokratie ist im Rathe mit
ganzen sieben Mann repräsentirt, wel
cher Siebenzahl sich in den Fällen noch
fünf »Wilde« anschließen, um als vol
les Dutzend den »links-demokratischen
Flügel« zu bilden. Die katholisch
konservative und ebenso die sozialde
mokratische Partei haben in den drei
letzten Wahlkampagnen gewaltige
Anstrengungen gemacht, um eine grö
ßere Zahl ihrer Gesinnungsgenossen in
den Nationalrath entsenden zu kön
nen und dadurch einen entsprechend
stärkeren Einfluß in der Bundesver
sammlung und indirekt auch beim
l Volke zu gewinnen. Allein der Erfolg
ist bei den Parteien weit hinter den
’ riesigen Krafiauswendungen zurückge
blieben. »Ultramontane" zählt die
Bundesversammlung heute kaum zehn
Mann mehr als vor vollen 20 Jah
ren, und mit dem Stärke-maß der So
zialdemokratie im Rathe der Eidgei
nossen will es schon gar nicht vor
wärts gehen.
So lange nicht große und folgen
schwere Ereignisse dieser oder jener
Art eintreten, die nach ihrem Wesen
und ihren Folgen geignet sind, einen
Umschwung der politischen. sozialen
und konfessionellen Anschauungen
weiter Kreise unseres Volkes herbeizu
führen, so lange ist an eine bedeutsame
Aenderung in der parieipolitischen
Zusammensetzung der eidgenössifchen
« äthe kaum zu denken. Gegenwärtig
fühlt die aroße Mehrheit des souverä
nen Schweizervolkes offenbar kein Be
dürfnisz nach einem derartigen Wechsel
der Dinge und in Wahrheit liegen
tiefe und schwerwiegende Gründe zu
einem solchen Beoiirfigsz auch nicht
h
Einer der Veioährtesten, ein treuer
Sohn seiner Hei-nach ein pslichtde
mußter Diener des Landes, ist dem
Zchtveizeroolle atn 22. Oktober dieses
Jahres durch den Tod entrissen wor-s
den. Bundesrath Walter Hauser ist
nicht mehr. Gebürtig oon Wädengi
weil am Ziirichsee nno Von St. Gal
len, genoß der jung-e Hauser eine tei
neswegg ioeitreichende wissenschaftliche
Bildung, aber vorziialiche Talente,
unermissdliche Arbeitglust Und eine
Augdauer, die ihres gleichen sucht, er
setzten den Mangel. Hauser war ein
geborenes Finan;a—:nie, das sich im
mer am rechten Orte zu bethätigen und
zur rechten Zeit einiiisetzen ivußte;s
Diesem aliicklichen Umstande ist es zu
verdanken, daß er, der newesene Re
gierungsrath von Ziirich, int Jahre
1888 als Nachfolger seines engern
Landsmannes Hertenstein vzum Mit
aliede des schweizetischen Bundesra
tlzeg gewählt wurde.
Von da an bis in seinem Tode be
sorgte er mit» wenigen Unterbrechun
aen das eioCenössische Finanzdeparte
ment. Und er, der zugleich tempera
mentoolle sreismniae Polititer, war
und blieb ein Finanzminister erster
Güte, ein ebenso sorqfältiger als ge
wandter Rechner und Kaltulator, aus
alles bedacht, allem gewachsen unr sür
alles bestens vorbereitet, ein Verwal
ter, der große unsd kleine unnötdige
Ausgaben geradezu mit Aengstlichleit
vermied, dagegen niemals lnauserig
war, wenn es galt, mit eioaenössischen
Mitteln ein großes-, gemeinnütziges
Wert zu vollführen.
Unter hauser’s Reainie hat sich der
Kredit der Eidaenossenschast im Jn
und Auslande in ersreulichster Weise
gehoben. Die erst vor wenigen Jah
ren beschlossene Eisenbahnderstaatli
chungwar bei den beschränkten Mit
teln des Landes in sinanzieller Hin
sicht immerhin ein sehr aecvagtes Un
ternehmen; es ist Bundesrath hau
ser’s wesentlicheiz Verdienst, daß die
inan regierung dieses außerordent
ich loitspieligen in kurzer seit sich in
einer auch von den Optimi ten nicht
erwarteten geräuschlosen, ruhigen und
alatten Weise vollzog und daß der
Landeitredit heute, nachdem die ge
nannte Berstaatlichuna eine zum
rößten T il persette Sache ist« ge
sttgter er cheint denn je. weimal,
nämlich in den Jahren 1 2 und
1900, war es en. hauser vergönnt,
in der Eian ast alz Bundespriists
dent die h’ ie Ehre zu bekleiden,
welche unsere Ren-bitt an ihre Söhne
zu ver eben bat. Der wackere Mann,
an deäen frischem Grabe heute dai
atetland trauert, hat seine physischen
Aste inr Dienste dieses Landes und
seines Volkes eigentlich aufgerieben
Jst Iltn von G Jahren Inede sun
desrath Hauser Allen entrissen,. denen
er theuer war.
Das Festspiel «Walthari«, welches
im nächsten Sommer anläßlich der
Jahrhundertfeier des Bestehens des
heutigen Kantons St. Gallen in der
hauptstadt wiederholt zur Ausfüh
rung kommen soll, ist kürzlich im
Druck erschienen. Es betitelt sich
«Walthari« mit Bezug auf das be
rühmte Waltharilied, das der Dichter
Viktor Scheffel den Mönch Etlehard
in seinem freiwilligen Exil bei Wild
krrchlein am Säntis wehmuthsvoll
singen und feiner gewesenen Herrin,
der stolzen Frau Hartwig auf dem
Hohentwhl dediziren läßt — jenes
Lied vom jungen Walten der aus der
Gefangenschaft des hunnentönigs mit
feiner Schicksalsgenofsin hildegunde
entfloh, und das an feine furchtbaren
Kämpfe mit dem Wormser Recken im
Waslenwalde erinnert·
Die Dichter dieses Jestfpieles — es
sind die herren Buhler und Luck, Re
dalteure des Berner »Bund« —- ma
chen mittelst eines dramaturgischen
Kunstgriffes Walter oder Waltbari
auch zum Sänger und verlörpern in
ihm die vollsthümliche Poesie; sie las
sen ihn in den fünf Bildern des Stü
ckes nacheinander als den Vertreter
des eldensangs, des Minnesangs,
des irchenliedes, des Volks- und des
Vaterlandsliedes austreten.
Die fünf Bilder selbst bieten Dar
stellungen aus der Geschichte der st.
gallifchen Lande« von der Blüthezeit
des berühmten Klosters durch das
Mitelalter und die Reformationspe
riode hindurch bis zum Jahre 1803,
da mit des großen Korsen Napoleon
Zuthun der neue Schweizerlanton St.
Gallen aus den Resten mancher von
der Revolution gestürzten Städtchen
schaften und Landvogteien zusammen
efeßt wurde, fo daß hier noch ein
reies Gemeinwesen von größerem
Umsange zu einer Zeit erstand, als
die Reaktion schon wieder über Eu
ropa hereinzubrechen begann. Die
Sprache des preisgelrönten Festspiel-s
ist einfach und doch edel, der Dialog
nicht zu gedehnt und die Scenen sind
von mannigfachen Gesang- und Mu
silchören belebt; dazu gestattet eine
große Bühne die Massenentwicllung
vieler sarbenreicher Gruppen. Und
von den St. Gallern weiß man, daß
wenn sie auf diesem Felde einmal et
was bieten, dasselbe nichts Alltäali
ches, sondern eine außerordentliche
eListung ist«
Die herbst- und Wintermärlte in
der Schweiz sind landauf, landab die
besuchtesten, wer sich auf solchen ein
findet, möchte manchmal denken. daß
das öffentliche Marktwesen der guten
alten Zeit neu aufblüben wolle. Doch
ist das eine Täuschung Wohl wehrt
sich allerorten der Jahrmarkt gegen
seinen Untergang mit der Zähigkeit
eines alten braven Brauches und in
manchen Gegenden einstweilen noch
mit Erfolg. Das ist besonders dort
der Fall, wo zwei Umstände dem
F-Ie-m--Is susdsOsv stammin nxmizds
«....,......... . ........., .......»-,
die Beschaffenheit eines dünn bevöl
terten Landegtheils mit zerstreuten,
kleinen und hochgelegenen Weilern, die
zu besuchen für den Hausirer und den
Hanvtverler zu tvsknia rentabel ist, und
sodann die enge Verbindung besahe
marttes mit dein Viehiiiartt an Ort
und Stelle und iur aleichen Zeit.
Der Viehmartt ist für den schmei
serifchen Landmann eine Art Börse,
an der im Zusammentommen vieler
lläufer und Verlaufer und durch den
Abschluß vieler Läufe der Preis der
Waare festgestellt wird, wo beiden
Tl1:ilen für die nächste Zeit gewisser
maßen Wealeituna geaebcn wird. Mit
feinem vertäuflichen Vieh muß der
Bauer zu Martt fahren, um oieWaare
an den Mann zu bringen und zu er
fahren, was »Kan und Lauf« ist und
um nicht benachtheiliat zu werden.
Weil er nun gerade da isr und seine
»befsere Ehehälfte« vielleicht auch, so
wird der Waarenmartt ebenfalls mit
genommen; es geschieht dies nament
lich, wenn das hauptgeschäft auf dem
Viehmartt gut von ftatten ging, ein
befriediaenderErlös erzielt wurde und
die »Fünflivres« im Sacke tlimpem
Jn diesem Falle wird bei diesem An
lasse nicht sonderlich gespart und ge
rechnet. Dies und das an mehr oder
weniger nothwendiaen und nützlichen
Haushaltungsartiteln wird an den
offenen Jahrmartistänven für sich und
dis Familie ungetauft und dann
aehi’·5 ins Wirthshaus, um sich bei
Wein und Braten ein Stündchen oder
auch zwei qütlich zu thun. -
So hat sich der »Märit« in den mei
sten Geaenden der Schweiz, besonders
auf dem Lande« bis in die Gegenwart
erhalten. Da und dort bat er freilich
der modernen Zeit weichen und wohl
für immer vom Schaut-lage ver
lchwinden müssen und an manchen an
dern Orten geht es mit der Herrlich
leit sichtlich stark bergab, aber zwei
felos wird es noch lange geben, bis
das Jahrmartttvesn in der Schweiz
ein «iiberleuter Standpunkt« ist. Ein
Stück alten Volkslebens währschafter
Originalität und Ponie schwindet
langsam zwar, aber sicher dahin: an
seine Stelle tritt das ftiidtische Ber
laufgmagazin mit seinen großen
Schaufenstern, seiner Schablone und
Langweilr.
»als-os
Den freundlichen Beziehungen wi
schen den Ver. Staaten und Deuischs
land sollte mehr Achtung «gezollt«
werden. .
Mit-Tier Gang geht«-illa unt-others —
rufltä er's nur nlY wie bei
den Wssconrnees r Sänge
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