Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 14, 1902, Sonntags-Blatt, Image 14

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    sfeuer schreibe-rief In
Linie Unmenget
Ro. 26. Well.
ich hen e
schreiwes von
den Philipp,
was meint-Jos
ldond is, kriegt
un wann ich
auch nit viel
Gescheites
draus hen sehr
· könne, so den
Ich mich doch wie alles gefreut. Bei
Gatte, Sie könne mich gar nit giau.ve,
Das ich mich getrubelt den« der alte
Eiel o:::-ient gar nit. daß mer sich so
iwwer ihn worrie but-·o Jedesmol
wann der Mehlterrier komme is, do
den ich eddes eckspecktet un wann ich
das Pehper in die Hand oenomme den,
do den ich immer gedenkt. ich lese. daß
den Phil eddes gehiippend is, owwer
ich fin immer disepeundet geworde.
ch hen von Dag zu Dag gewart un
chließlich hen ich gefiehlt als wann
ich e trauernde Wittfrau wär, wo
ihren Mann oerlore hätt. Well, viel
wär ja ennihau nit an ihn verlore
gewese. Uff eemol krieg ich en Brief
von ihn. Es ware acht Pehtschies un
alliwwer ware Spatze an den Pehper;
er bot geschritowe, iell wäre Tiers,
dikahs wann er an mich denke dedi,
dann dehts ihn immer iwwel wer’n
un dann mißte er greine, awwer ich
sin ichuhr, fell is e Fischftorie, bitadg
wie ich die Flecke emol e wenig tlotzs
inivestigehtet hen, do hen ich aus-ge
funne, daß es Griesspatze ware. So
sin die Mennfohisi Waan se heim
sin, dann könne se so schmuht un so
Iahftche fein wie alles un wie se eim
aus den Gesicht sin, dann komme se
mit Stories, die ich awwer nit glauwe
duhn. Well, mehbie es duht Sie in
tereßte, eddes von den Philipp zu höre
In for den Riesen will ich hier en Port
don fein Brief folge losse. Ofi Kodrs
den Pari. woi er fuhliiche Stoff ge
fchriwwe hot, den duhn ich omitte, bi
lads es braucht doch nit jedes zu
wisse, was er for e Kameel is. Well,
also loss eniol sehn-ichs do is es:
.Mein Schnuckesche« — no den Port
sahn ich liewer auch fchkippe —alfo
· hier — «in risegahrd zu den Streit.
dost du mehbie schon in die Pehpersch
gelese, daß der Streit von mich geset
teit is worde. Der Medesweiler werd
sff Kobrs iaae. das wiir auch geschehn
wann ich daheim gebtisnrve wär un
hätt ihn sein Bißnesz supvobrie Leise
Iwwer do is er aria niißiehien Ei
tell sub, ich iin e Pieisch un Das ig
was mich all die Leit diss- ruse Die
Meinersch bätte arig gealiche e Bänk
weit an mich ufszumache, awwer ri
arrre Feger sin so arm un hen so en
Hunger gelitie, daß se schon längst
harkkohie geionscht hätt«:, wann se
nor den Stoff hätte· Ase-wer die Av
perehtersch den jedes Skickeiche Koiie
sezäkilt un hen en Stäm- drnff ac
rickt Un jeden Date sind die Lein-vg
dreimal iwweraeziihli word-» wann ro
eins gefehlt hätt, dann käer Trubei
gewwe. Es is e Glich dassI ich mit
all iiie Häng so gut eckroekntei warm
un daß ich hen densch mit se spreche
könne, sonst wär noch lang kein End
von den Streit zu eckspeckte »wes-»
Wie ich das Ding gemennsrticht h-«n.
das will ich dich alles versäblse, wann
ich void-der heim sin. Vorläufig wusz
ich noch e Zeitlang hier stehn, bikaiis
ich sin effrehi, daß ich nsrch qebrarrcht
wer’n. Wann du den Wedegweifer
sehn dubsh dann kannst du iln sage-,
daß ich ihn en Peunt odder Hei
gewer kunn, wann ich widdzk l, XII
komme, wie mer en Suluizn rcitne
dicht Jch sin in en katz q:«Vese, wo
nor feine Schenteimänner sriege dahi.
Der Saluhnkieper is en aris. voleiter
Mann un duht nii sei Kostiemersch
irietse, wie der Wedesweiler. Du kannst
ihm auch sage, daß seller Salubnkiiever
hier auch nii immer warte dicht, bis
sei Gäschi ufssetze duhn. sondern dass,
er selbst e aanze Latt Drinks usssetse
duht, wo die Kostiemersch an ihn
nemme könne. Der is nit so stin
fchie un so hahkisch wie Ver Wem-B
Ioeiier; wei wann der Mann hier en
Kostiemer hätt, wie der Ædeäweiler
ein an mich bot, der del-i ihn in Gold
siehme losse un in e Schohtehs stelle,
for daß kein Dost an ihn käm. Wann
hier mein Freund e Kehk iävpe diebi,
w nit so ganz eckstra is, dann dnhi
kt’sch widder zuschiaae un gibt seine
Kostiemersch e neies Reh-. Der We
Ieiweiler awmr der verkaust alles
fkäfte Bier un macht dann nachher,
wann der Kolleckter ermn komme duhi
ODidockschen an die Bill. Sag ihm
LU, biß Niemand hier so große Billö
Muse braucht wie ich immer bei den
eiweiier renne muß. Sag ihm
sich, daß er in meine Auge en ganz
klar-eigen seckendhändigee Trauer
Gniel is. Ich geb gar nickt drum,
II »du ihn noch viel mehr soqe dahin
Wer hoki verdient Ich sin en
OF e still-« ich mich schon
III W - Rad« in sei
III-e un wiseld dass-ende,
u sit mäd an mich werd.
. — sgste Lesen, wann du ti
;.. ist's-senkt Mel Io- dein seini
« Miss. de- trankts Mk. So
. — spat-e sie-i- sts-k. pi
sscs e- k-« Un best
skse ers-Cassi- sie-tm
IM.W Inst-ww
:,-«-, ..
schripvpdnrnm. Lizzie, ich denke besser
fagsi den Wedeiweiler auch, daß ich
noch tetn Salubnlieper gefunne ben,
wo so wenig for fei Koftiemerfch
- kehre dnbt wie der Weide-weilen Past
fchripvdumm Nummer-) zwei. Du
besser fag den Wedesweiler gar nicks,
mselibie ·er gleichts nit zu bote. Der
Obigte.« Well, hen Se denn fchon
enrol so ebbes gehört? Jch denke, es
wär verdollt besser, wann der Philipp
lseim komme deht. Wann ich feine
Edreß wißt, dann dehi ich ihn auch
fchreiwe, awwer ich weit-. ja doch nit
aicks un nit gath. Mit die Kids hen
ich auch en ferchterliche Batter. Jch
fage Ihne, die Feger wolle mich gar
nit mehr meinte un wann ich fie drobe,
daß ich alles ihren Pa ichreiwe deht.
dann gewwe se mich den Läbf un sage,
der Pa bebt sie doch nickii duhn, der
wär dett iiesie. Jch wunner, ob alle
Kinner fo siissia sin.
Mit beste Rieaards
Jubrs
Lizzie Hanfstengei.
klarste Falsch-rissen
Eine böchft überraschende Entdeck:
ung ift liirzlich durch einen namhaften
französischen Numismatiter inAleran
dria gemacht worden. Dieser kaufte
in der Nähe des Babnbofs Ramlea
einiaie antite Münzen aus der mazedo
nischen Zeit, darunter ein Viert-rach
rrenstiicl mit dem Bildniß Königs
Alexander IV. 311——305 v. Chr.)
und andere Stücke von anderen mage
Ionischen bereichern Sehr bald
kehrte die genaue Untersuchung, daß
Die Münzen sämmtlich antil, aber«
falsch waren. Und nun fanden sich
falsche Münzen ivon genau derselben
Bräguna bald auch in Aöukir und bei
sinem Antilenbiindler in Alexandria.
Ja selbst das Museum zu Alexandrire
wies eine Reihe von Fölfizungen ganz
gleicher Art auf, die fämmtlich aus
einer Ausgrabuna stammten, welche
unmittelbar vor einem Thore der an
tiien Stadt ftataesunden hatte. Daiu
kam die merkwürdige Thatsache, daß
diese Münzen nach dem genauen
Fundbericht Zusammen gefunden wa
ren, mit allerlei Bronzegegenstiinden
Handwerkzeug zum Bleigießem Mün
zen und lleinen Metallgewichten
Es kann demnach kaum mebr zwei
felhaft zsein, daß viefe antiken Mün
ren, die an verschiedenen Orten in der
Umgebung von Alexandria gefunden
find, einer antiken Falchmiinzerwerk:
itatt entstammen, die vor den Thoren
Alexandriaö laa. Ja der Director der
national-griechischen Miinzinrnmluna
zu Athen. Herr Soororos, eine der
ersten Autori:·aten auf Dem Gebiete
Es ontitirn Münzroesenäs hat sonnt
ein literaraiiches Zeugnis; siir das Be
Dei-In ein-Er oerartiqen Falschmünierei
beigebracht. Jm Leben des Eremiten
Paulus nämlich, Das Hieronymus et
va ZPZ n. Chr. verfaßt, wird ein Berg
in der unteren Landschait Thebsis be
schrieben. von Nm es beißt: an Den-.
töhkenreickrn eBrge besar.’-en sich nicht
spvtnige Höhlentoolxnunqen, in welchen
q»ein rerrostetse Ambrsse und Hammer
—-rblictte, mit denen einst Munxen »Je
ichlaaen worren sind. Tie äanptiscbe
kleberiitierung berichtet, oasz hier eine
Falsctmünzerrvrrekizätie aeroeien ist zu
der Zeit, wo Antonius mt der Kleo
Patro vereint lebte.
—-—— - —
Ciue lustine Schmmscergeschime.
Ein paar hochadlige St· Peter-Thur
ger Damen hatrne sich, wie alljähr
lich, von ihren Reisen qroße Eintäuse
alt-:- Deutscbtano mitgebracht und
mußten sich in Wirrballen vie Zoll
reoifton gesgllen lassen, wobei vie Dick
lieibigen Rost-er und Korbe das ganz
besrnoere Interesse Der noch Conne
vanve stöbernven B:Im.en erregten.
Beim Ocssnen eines Reisekorbes son
ven die Spürnaien etwa hundert
wohlverpactte Cattons Chocolaoe, vie
sie natürlich schleunigst mit Beicht-an
belegen wollten. Vergebens verheim
;en die Damen dem herbeigerusenen
Zollossizier, daß dies ihr Reisebevars
nach St. Petersburg sei, der Ge
strenge wollte hiervon nichts wissen
und meinte, so viel Chckolade könne
nicht mehr als Mundvorrath anzuse
hen sein und es läge hier ein Versuch
zum Schmuageln vor, ter nur durch
hrhe Vergeltung aeziihnt werben
könne. En:riistet erklärten die ve
drönqten Damen, daß ihnen nie im
Leben ver Gedanke hierzu getommen
sei. Um dem grimmig dreinblicken
ten Grenzossicier von deren Güte ei
nen Beweis zu liefern, baten sie ihn,
eine Tasel zu kosten —- schmunzelnd
prüfte dieser dann auch die so außer
ordentlich delicate Waare, als ihm vor
Schreck bei einem Blick nach dem
Reisekorbe der lehte Bissen beinahe im
Halse stecken blieb. Der Korb mai
nämlich brah "blich leer, die schlaue
Kammerjunger hatxe inzwischen
sämmtliche Taseln an die gesammtt
Grenztooehe und vie vielen Reisezus
schwer vertheilt —- natiirlich auck
nur sum Kosten. Jm Reisekoeb war
nicht ein Kriirnehen mehr zu sinben
serv somit site vielacheuden Damen
gibt ganze Schmugglergeschtchte erle
g.
Ists dein heilt-er Sohle-Zeiger
»vor-r Is. Mr nahen vie coseeiti
bei Geistern des ten studiert
ishres as ten-is- II sue der
D ver-W eim Streut
its-s . Rit
.
Ein lfrischer Dichter
Novellette von»-Dants«tdeinrich von
Schwresel
Heinrich von Lossen war zweiund
dreißig Jahre alt leidlich wohlha
bend, in guter Stelluni, recht ange:
nehmer Gesellschafter und noch im
mer unbeweibt.
Man fand es an der Zeit, daß er sich
unter den Töchtern des Landes um:
sähe Er selbst schien es nicht zu sin
den, denn man sah ihn keinerlei An
stalten dazu treffen.
Statt dessen erschien von ihm ein
Band lhrischer Gedichte die sogar ge
lesen wurden und verhältnismäßig
schnell eine zweite Auslage erlebten.
Eines Tages sühret Lotsen bei
einem herzlich langweiligen Souper
einen Backsisch zu Tisch
nJahren war der Baslsisch frei
lichA kein Backsisch mehr. Er ziihlte
achtzehn Jahre (stehe Freiherrn
Kalender von Rampenborg und
Kilda) Aber das Märchen war aus
dem Lande groß geworden und hatte
die ganze Kindlichleit und Bezei
sterungssiihigleit jenes glücklichen
Alters bewahrt.
Als sie bei Tisch nach seiner Karte
hinübergeschielt und seinen Namen -
lesen hatte, wurde sie puterroth im läc
sicht, was ihr nach Ansicht ihres Nach
bars sehr gut stand und murmelte
hastig und verlegen einige Worte, aus
denen Lossen mit einiger Mühe die
Frage heraughören lonnte, ob er mit
dem Dichter verwandt sei.
»Ich hin es selbst gnädiges Zriius
lein, den Sie mir dem Titel Dichter
ebren.«
»Ach sie sind zu reizend, zu süß,
zu entzückend, zu —"
.«’6ch, gnädiges Fräulein?«
»Ach wo, Sie doch nicht, Ihre Ge
dichtc. Sie finde ich gar nicht nett.
Ich hatte Sie mir überhaupt ganz an
ders oorgestellt.«
Und darf ich fragen welches Bild
Sie sich von mir gemacht haben?«
»Schön und dunkel und mit Locken
und nicht so In Gesellschaft. «
Er lachte aus und strich über das
kurz geschnittene, blonde, sich schon
lichtende Haar-.
»Und nun sinden Sie einen spott
süchtigen, glahlöpsigen Junggesellen,
der nicht ohne Monocle, wohl aber
ohne Nachtigallen leben tann. Jch gebe
iu. daß das eine arae Enttäuschung
ist.«
»Na, D schlimm ist es nun doch
-!1-5 I
Ule
»Sehr gnädig«
Als der Ausdruch stattfand, for
derte ihn die Mutter der jugendlichen
Literaturfreundin, eine auimiithig unI
riichtia aussehenoe Dame-, aus, Besuch
bei ihr zu machen.
»Sie haben so viel Nachsicht mit
meinem Dochtina aehadt, Herr von
Lassen. Wenn Sie uns 'rr!al besuchen
walten zu «ner Tasse Thee oder ’nem
Glase Bier. Viel tönnen wir beiden
Frauenzimmer Jhnen zwar nicht hie
ten, und mein Mann hat auf dem Gut
zu thun."
Lotsen versprach dankend, der Ein
ladung zu folgen.
I f V
Er hatte Besuch aemacht. war ein
geladen worden, hatte angenommen
und es hatte ihm gut dort gefallen.
Der einfache, gerade, ungetiinstelte
Verstand der Mutter, das frohe, kind
.ick-e, natürliche Wesen der Tochter ge
siel dem etwas müoen Großstädter.
Kurz und gut, als das Frühjahr
anbrach, fuhr eines Tages Herr oon
Lassen auf das Gut des Freiherrn,
und einige Taae daraus stand reine
Verlobung mit Gertrude, Freiherrin
oon Namdenbora und Nitsch in dem
zldendblatte der Kreuzzeitung.
»Na ja, ich habe es mir gedacht,«
sagten die alles witternden Gesell
Ichastslöwem
»Gute Partie,« meinten die Feu
dalen.
»Nicht viel los,« behaupteten An
dere.
Dem Brautpaar war es gleichaiil
tia, was Andere sagten und schwätz
ten. Sie waren zufrieden mit sich und
der Welt.
f O I
Lotsen saß an seinem Schreihtisch..
Seit Tagen brauste ej in seinem»
Hirn. Rauschende. berauschende Klän
ge von Liebeslust und Glück, oon Le
bensfreude und seliger Hoffnung.
Kaum schlief er mehr des Nachts.
Er freute sich, die Feder in der
Hand zu halten« seht konnte er sie nie
derschreihen, die Gedanken deren
Macht ihn fast quälte. Was waren
denn seine ersten Gedichtet Fadei,
seichtes Zeug, ohne Feuer-, ohne Fluß.
Aber fett, fest war ei anders Die
Muse stand ihm zur Seite, feine
Muse. Mit den Flammen seiner
Liede, seines Glückes würde et die ge
summte Literatur erleuchten
Und er begann zu schneidern —
Eine Zeile.
Das war gut, nun weiter.
Berieuselt der Reim! Wo steckt denn
der Keines Er dachte und dachte und
suchte in allen Fächern seines hieni.
Einen passenden Ueirn fand er nicht.
Ach was, das lente Wort wird ge
andert Ader gerade das macht die
Zeile le ichs-—
»Gut lassen wir den Anfang saue
urrd willdte diesseiinerei nicht glücken.
wir ei ohne. Wir sind doch
viel est tia Dem-of
Mira-» is ist es am Mich «
deinnda stimmen sa die
darfst-M ais-e tos- rir m m
Wsw et die sehst
hin. vie in irr-gen Sei u ade- dass
schöne, weihe Papier hup te, aus zor
nig geöffneteni Schnabel Tinte
speisend.
O O
Es war eine ichauderhaste Zeit siir
ihn. die Tage seiner Verlobung.
Er tiiininerte sich um nichti mehr.
Sein Beruf war ihm gleichgültig
Seine Vorgesetzten zuckten die Achseln
und meinten: »Er ist halt verlobt.«
Nur immer der Schrei seiner Seele:
»Ein Gedicht, ein einziges. vernünfti
ges Gedicht, ach nur eine Strophe!"
Schließlich sing er selbst an zu
glauben, seine Gedichte nicht geschrie
ben zu haben. Irgend ein anderer
hatte es gethan. Er hatte sie ruchlos
aestohtem
Ein Vorkommnis bestärlte ihn in
diesem Wahn.
Nachdem er sich eine halbe Nacht ge
auält, geradezu sein Dirn geistig ge
knetet hatte, war ihm ein Gedicht ge
langen.
Zeitig am Morgen zeigte er es einem
Bekannten.
»Ganz hübsch," iibte der Kritik,
»aber doch zu sehr anaevaszt."
»Was soll das heißen?«
»Na, es ist beinahe wörtlich das
Heine’sche Gedicht.«
»Was meinst Du denn?«
Der andere nahm einen Band »Deine
und schlug ihn aus.
Da stand sein Gedicht mit geringen
Aenderiingeii.
Er war wie zerschmettert. So waren
wahrscheinlich alle seine Gedichte zu
sammengestohien. Bei Deine lam es
zufällig heraus, weil man den am be
sten kannte.
Er bielt es nicht mehr aus, machte
sich einige Tage frei und fuhr zu sei:
ner Braut.
- si- o
Er tam zurück froh und zufrieden.
Seine Braut hatte ihn getröstet. Es
würde wohl wiederkommen das Ta
lent.
Es mußte wiederkommen Das
sagte auch er sich. Zeit wollte er sich
lassen.
i i «
Er ließ sich eit.
Mit Feuerei er stürzte er sich aus
seine Alten« Das trockene Zeug war
ihm am liebsten.
Seine Kollegen nannten ihn schon
Streben
Dann versuchte er es wieder an
einein Tage, wo er sich recht wohl und
aemiithlich fühlte.
Aber es wurde nichts.
Da schmetterte er mit der Faust auf
den Tisch, daß das Tintenfasz umfiel
und ein breiter Strom schwarzer Flüs
sigkeit über das grüne Tuch floß und
Zu Hause hatte er Alles zum
Abendessen vorbereiten lassen, wie zu
einem Fest-mahl.
»Das ist schön,« sagte sie und küßte
ihn, »vor dem Essen will ich mir’s
aber ein bischen bequem machen."
Zie zoa sich zurück. Als sie das
Gemach verließ, nahm sie ihr Tüch
lein aus der Tasche. Dabei fiel ein
Briefchen aus den Teppich
Was mochte das für ein Brief sein?
Der Ehemann nahm ihn aus und
lag:
»Verehrte Frau!
Empfangen Sie meinen besten
Dank für das schöne ermband, daH
Zie mir durch Herrn Lambrecht über
aeben ließen. Ihrem Wunsche habe
ich gern entsprochen und wahrend Ih
rer Abwesenheit den Herrn Stroh
wittwer fo sehr an unsere Kreise und
mich gefesselt, daß lein Gedanke an ein
anderes weibliches Wesen in ihm auf
tam. Bei mir aber hatte es, wie Sie
wissen, leine Gefahr, denn ich vergift
terte meinen Mann uno weiß mir die
Leute vom Leibe zu halten. Da ich
selbst sehr eifersiichtia bin, habe ich
die Aufaabe gern übernommen; eine
Frau must der anderen helfen. Noch
mals den besten Dank
Jhrer sehr ergebenen
Donna Melinda.«
Dem Ehemann wurde es schwül.
Er trocknete sich den Schweiß von der
Stirn. Ein ungeheurer Zorn erfaßte
ihn iiber das Spiel, das mit ihm ge
trieben worden war· Als aber seine
Frau in die Stube zurücklehrte, war
er schon ganz ruhig, er lächelte vor sich
hin und reichte seiner Frau mit eini
gem Spott im Blicke as gefundene
Schreiben.
.Du hast Dich in unnöthiae Aus
gaben aesiiirzt, meine Liebe,« sagte er.
»Gehst-e um das schöne Armband.
Wenn ich Dich wirklich hätte hinter
gehen wollen, so würde ich’s schon ge
troffen haben ——« mit Donna Melinda
oder einer Anderen, das bleibt sich
I gleich. Jch wollte mich aber während
der einsamen Tag-e nur ein wenig zer
streuen und unterhalten. Mehr habe
i ich nicht gewünscht.«
; »Na, das ist wohl nicht so ganz
l sicher,« erwiderte die Legitime iro
, nisch. «
» Seine Ruhe war indessen so uner
schiittert, daß sie wirklich in Zweifel
gerieth« date sie das schöne Braeelet
ihatfiichlich in grundloser Eifersucht
oerschleuderti Sie mußte wohl o
denken, denn sie erwähnte niemals
mehr die Episodr. Und auch er hatte
seine Gründe, daraus nicht zurückzu
kommen . . . .
W
»Meine-tm tin Alterthunsi schil
dert die RheinischsWestfälifche Zeitung
vom 9. Oktober-end- behauptet u. a.:
»Die Wagen waren weiciioerig, sehr
leicht und klein. D Pferde waren
zweitiidertsn sehr leicht nnd tletn.«
soll-en sichbie pferbe wirklich nicht
deutlicher von den Wagen unterschie
den Itsan
Tante Maichen.
Dumoreste von C. von S chtm knei
psennig.
.Das Liebesmabl im Tasino der
Edelberger Uianen ging zu Ende und
nur eine Anzahl von Lieutenants saß
noch am unteren Ende der langen
Tafel, um die Erodeerbowle gänzlich
zu vertilgen.
»Bei SanttJürgem unseremSchusz
patron! Es gebt doch nichts iiber unser
Casino!« sagte Graf Schmettwitz, ein
junger, blonder Lieutenant, «ist doch
ein samoses Lokal! Allein dieser büb
sche Blick ilber den Garten weg —- un
bezahlt-ari«
»Na ja! Aber es giebt auch andere
ganz nette Punkte," erwiderte Erwin
Winterfeld, ein alter Oberlieutenant,
der soeben von der Kriegsatademie
zurückgetedrt war, »schließlich komme
ich siir meine Person immer wieder
aus Berlin ab —Berlin im Winter,
Berlin im Sommer.«
.Begreise ich nicht,« naltnt Lieute
nant don Nibbeck das Wort, »was
Sie anBerlin finden. Jm Winter lasse
ich es allenfalls gelten, aber an schönen
Sommertaaen wenn lau die Liifte
weh’n —- wie Schiller sagt
»Uhland, Ubland!« sie! der Fähn
rich ein
»Jitnter, Sie steigen sofort in’s
Glast« donnerte Nibbecl. »Wenn ich
Schiller sag-, dann ist es Schiller!
Verstanden?«
,,3u Befehl, Herr Lieutenant!'«
»Ne. Nibbeck!« entgegnete der Ober
lieutenant, ',,Sie sind im Jrrthitm
Sehn Sie mal par exemvle die Krall
Terrasse Da sitze ich nun zu gern an
Sommerabendenf
»Vol’ mich dieser und jener! Win
terseld schildert das so appetitlich, daß
ich auch ’mal Will-erfahren möchte,«
sagte Sch"metttvitz. »Wie wäre es, Lan
ciers, wenn wir am nächsten Sonntag
nach Berlin sausten?«
»Brillante Joee, selbst:serständlich!«
scholl es durcheinander, nur der lleine
Gantitow, ein älterer Lieutenant,
blieb stumm.
»Sie tommen doch auch mit, Gan
titow?«
«Bedaure —- ich erwarte in diesen
Tagen einen Besuch — eine Tante
aus Stuttgart Tante Malchent«
sc- -- I-- k-- M-s- J-- -- L. ««-J-s L:- .
Reihen.
Ribbeck llemmte das Monocle in’s
Auge und sixirte Gantitow. »Schau,
schau, Tante Malchenk Js: das dieselbe
Iante, Gantitoiv, die Dir die wollenen
Winterstkümpse strickt?«
»Ich derbitte mir die Uzerei, Bib
beckl"
»Trögst Du nicht wollene Knie
strümpfe?«
»Juk«
»Na also! Jst das dieselbeStrumps
tante?«
»Wenn es Dich berubiat, Ribbeck,
nein, es ist eine andere Tante.«
»Verheirathet?«
«,.Wittive —- der Mann war Offi
zier.«
»Nun, dann also viel Amusement
mit Tante Malchen. Tbue Dir keinen
Schaden an den Bonbong!«
»Was siir Bonbon5, ttiibbeck?«
,.Tante Malchen ivird ihrem lieben
Neffen doch wohl Bonbons mitbrin
gen. Oder ißt Du Zuckertandis
lieber?'«
Die Trompeter im Garten bliesen
als Ertrazugabe den Galopp aus
»Qrpheus« von Offenbach. Ribbeck
nahm die kecke Melodie aus und sanat
»Tante Malchen ist charmant————ist
charmant —
Bringt dem Bodo Zuckerkand’, Zucker
land, Zudertand’!«
Jubelnd fiel der ganze Chor der
Lieutenants in die Verse ein, nnd
Gantitotv, der sich einen Augenblick
ärgerte, muszte schließlich mitlachen.
»Ihr nectt mich zwar mit meiner
Vorliebe siir Süßiateiten, Du Ribbeck
besonders. Aber Du hast auch Deine
Schwächen Du sprichst lauter Schlag
sahne mit Zucker.'«
Und schnell imvrovisirte auch er ein
Paar Ver-se:
»Ribbeck ist ein süßer Fant, süßer
J Lili,
Und sein Herz steht leicht in Brand.«
Während die Cotona unter unbän
diaem Gelächter diesen Cantus wieder
holte, tranken die beiden Lieutenants
sich zu
»Prost alter Junge —- Tante Mal
chen soll lebe«n!«
,,Prost Ribbech Du wirst schon be
kehrt werden!«
. i i- i
»Kinder, ich erkläre Euch, die Tante
Malchen ist einsPhantasiegemiilde,«
sagte Ribbeck zu seinen Kameraden,
»als sie am Sonntag von der strack
schen Terrasse den Sonnenuntergang
-aenugsam bewundert hatten, »ich er
tläre Euch, diese Tante existirt aar
nicht, und Gantilotv bat sie aus irgend
einem Grunde ersunden.«
Winterseld schüttelte den Kons
«Möglich, aber nicht wahrscheinlich«
Die Ossiziere schritten langsam
durch die breite Allu, an den Statuen
vorübxr. Sie gsilngm von Gruppe zu
Gruppe, nur i beck blieb zurück;
seine Aufmerksamkeit galt einer stin
geeen Dame, die drtiben aus der an
deren Seite langsam einherschrttt und
zuweilen vor einem Denkmal stehen
blieb
.sildsch3ne Pers-Int« murmelte er:
»aber allein Abends im Thiergaetenf
Rat stets-anbietet habe ich nun genug.
seht heißt es attacliren.«
Istzws VII-Lyb- Uusbqslss Un- 1
Riddea wartete bis die Kameraden
settwiirtj in dste Vetteduettrase bogen,
dann überschritt er den breiten Fabr
darnm. Die Dame stand tth vor einer
Gruppe und betrachtete aufmerksam
die Anlage; der Augenblick schien Ribi
beek geeignet, und dichter berantretend,
sagte er balb siir sich:
»Ein recht mißlungened Werl!«
Langsam wandte die Dame den
Kopf und betrachtete den ungebetenen ,
Sprecher von oben bis unten.
»Ein entzückender Käfer!« dachte
Ribbeck.
»Ich danke sehr siir Jhre kritische
Erläuterung, mein herri«
Die Worte waren so eigenthiimlich
gefärbt.
»Madame sind selbst Künstlerin?«
»Ein wenig« aber nicht in der
Stulptur.«
»Mitt. Sängerin oder so ’roag!«
dachte Ribbeck, und kühner werdend.
fragte er:
»Und in welchem Fachi«
»Jnteressitt Sie das?«
, »Gewiß! Sie scheinen sehr kunst
verständig zu sein!'
»Und Sie, mein Herr, sehr neu
gierig!«
Sie zuckte die Acht-su, wandte sich
und schritt die Allee zurück. Er folgte
und an der nächsten Gruppe blieben
Beide stehen.
»Ein recht mißlungeneö Weri!«
sagte die Dame, und es huschte wie
ein Lächeln iiber ibre Züge.
»Nun verspotten Sie mich gar,
Gnädigstr. Oder wollen Sie mir er
tlären, warum die Statuen Jhr Miß
sallen erregen?"
»Gewiß, mein Herr! Der Bildhauer
hat ersichtlich das Bestreben gehabt,
diesen Markgrafen als einen schönen
Mann darzustellen Und ich hasse die
schönen Männer, weil sie zumeist —
dumm send.«
Das war ein deutlicher hie.b
»Sie scheinen nicht nur künstleri
sche, sondern auch psncholoaische Stu
dien zu treiben, meine Gnädige.«
»Die Männer sind so leicht zu
durchschauen!«
»Ei, da muß ich mich wehren!«
»Wird Ihnen schwerlich helfen,
mein herri«
sI4s..!-.—g I..«...s .- .,.,. —,.«I L-.
!
»U(Ull9clls Islllllll cs Juno UUI III
Objekt der Betrachtung an. Der eine
ist undurchsichtig, wie dieser Marmor,
der andere trnsialltlar. Sie, meine
Gnädige, gehören zur lehteren Kate
gortel«
»Ach, das ist ausgezeichnet! Nun
denn, verkünden Sie mir Jhre Weis
heit. Wer bin ich?«
»Nichts leichter als das! Hören Siet
Sie wandeln in voraeriiitter Abend
stunde einsani in dieser Straße, die
Kunst iind Natur in herrlicher Har
mviiie vereiniat. Sie bewegen sich in
einem lanasainen, beinahe seierlichen
Schritt. Sie haben rnir mein Stich
wort: »Ein mißluiiaenes Wert!'« re
vlizirt. Sie sprechen mit einem eiaeni
thiiiiiiichen Vibrato. Das sind alles
Hinweise aus die dramatische Kraft —
Sie sind Sanaerin!«
»Ah, das ist überraschend. —Aber
nun ist die Reihe an iiiir, mein Herrl«
»Ich habe vielleicht vorbeiaetrossen,«
saate Ribbech »aber jichcrläch nicht sehr
weit."
»Nun also: Sie haben ein gebrann
tes Gesicht, einen hochgestutzten
Schnurrbart; Ihre Kleiduna sitzt
adrett. Sie tlappen mit den Absähen
zusammen, wenn Sie sich verbeuaen;
Sie halten sich aerade. Das alles
deutet aus einen Ofsizier, einen Reiter
osfizier.«
»Oh! Sehr gut! Und iveiter?«
»Sie stehen nicht hier in Garnisvn,
sonst würden Sie nicht die Dentmäler
studiren. Sie haben aber doch ein Jn
teresse daran, also stammen Sie aus
der Marti«
»Bravv! Nun bin ich aespanntl«
»Mit-rauft Soll ich anen vielleicht
auch noch Alter und Waise und Na
men sagen, mein Herri«
»Das ist freilich unmöglich!«
»Doch nicht! Sie sind — lassen Sie
sich niiher ansehen —- neunundzrvanzig
bis dreißig t«
Ribbeck wurde es schwill, als die
schiine Frau nahe an ihn herantrat
und in seine Augen sah
»Sie sind zum Mirasfier zu klein,
sür Husar und Dragoner zu groß —
also Ulan!«
»Das grenzt ans Wunderbaret«
»Nun und der Name —- ich verstehe
mich aus miirtische Gesichter —— sollten
Sie nicht vielleicht ein herr von Ris
bect sein?«
Der Lieutenant machte tein allzu
geistreiches Gesicht. und die Dame
lachte belustiat aus. Aber noch eine
andere Stimme schlug an Nil-deckt
Ohr, und als er lich umwandte, trat
Gantitow aus dein Schatten einer
hecke:
»Bei-o — Duf«
»Im-don, daß ich störet«
»Ich denke.—jltleist in Edelbera und
hast den Bsuch Deiner Strumpf
TanM Hat sie Dir Band-ins mitge
brachti«
»Sie hat abgelchrieben!«
»Aber nun troll' Dich, Bvdvl Oder
verlangst Du etwa, dargestellt zu nier
den "
»Nicht nöthig — hast Du Dich vor
NMMP
»Nein — aber ----—«
»Dann tann ich’s ia nachholenl
Meine verehrten Anwesenden, ich Ittlbe
das Veranilvein hier den Lieiitenant
von Nil-des zu veitlentiren genannt
veu wirksam imii hin. iisoek amt
-- nietne Laute Malceiu ider rtchtt.
Irr contine Weilchen —- meinesraiitt«