Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 14, 1902, Sonntags-Blatt, Image 13

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    Die Rekrutenoorstellung
MilltiirsHumoreste von E. Recker.
Womit habe ich et nur verdient, daß
ich dazu ausersehen bin, Euch verna
gelte Quadratschiidel zu anständigen
Soldaten Seiner Majestiit auszubili
den —- Spiitztet Sie Schwob, grin
sen Sie nichtt Jrn Gesangbuch heißt
es: »Unser Wissen und Verstand ist
mit Finsternisz umhiillet« —- der das
gedichtet hat« muß Sie ganz genau
gekannt haben, sonst hätte er’s nicht so
getroffen. Na —- Riibrt Eucht« Eine
so lange Rede hatte SergeantMaier in
seinem Leben noch nicht gehalten, und
sauer war sie ihm auch geworden;
denn er wisch:e sich mit dem bunten
Taschentuch den perlenden Schweiß
von der schon etwas hoben Stirn.
»Morgen also ist Vorstellung vor
dem Herrn Obersten. Mit den Grissen
und dem Exerzieren wirW ja wohl
gehen, das klappt, dasiir bin ich nicht
umsonst seit zehn Jahren Rekruten
Dresseur, aber die Jnstruition —- daß
Gott erbarmt Was wird da für Blöd
sinn bei Euch herausbratern Und da
raus legt der Herr Oberst gerade be
sonderen Werth. Vor Allem die mitt
tiirischen Hennenrsl Na, wir wollen
das jetzt in derJnstruttionsstunde noch
mal durchmachen. Jn zehn Minuten
seid Jhr wieder hier« Anzug Drillich:
Jacke-— Stillxestandem weggetretenl«
Eenfiend ging Sergeant Maier von
der Königlichen ersten Kompagnie des
Xten JnfanteriesRicgiments zu St. in
dem aresken Kasernenzirnmer aus nnd
ab. Jssrn arauke vor moraen. Solche
Dickschädel hat:e er noch nie gehabt.
Besonders die paar Polacken, zu aller:
erst der Stanislans von Poblotz ansJ
dem Kreise Kattbans in der edlen
Kassubei. auch »blanes LändLLoM ge
nannt. Und dabei konnte er den ant
miithizen Kerls nicht einmal böse fein.
Sie gaben sich alle Mühe, aber der
Verstand war einmal nicht länger-, als
ihre Nasenspitze
Die tebn Minuten waren um und
alle Netruten wieder zur Stelle.
»Na, nun setzt Euch hin, aber an
ständig. Wen ich frage, der stebt aus,
aber etwas plößlich Wir wollen uns
also nochmals iiber die mililärischen
bonneurs unterhalten. Was ist ein
Honnetm Lkhsnanni —— Aber hören
Sie mal, so riirlxlt sich vielleicht ein
MIsrmkltbier nach seinem Wintersriilas
ans, aber nicht ein Soldat von der
Königliche-n Ersten, das muß geber
wie ein geölter Blitzt Sehen Sie sich
nochmal bin. Also Lehmann « so,
das ging schon besser. So wünsche ich
es. Was ist ein honneur?«
»Ein honneur ist, wenn ich die
Lichte Hand an die Kopsbedeetung
ge.«
»Na, aanz richtig ist’s nicht, aber
auch nicht aanz salich. Ein Honneur
ist die Ehrenerweisung, die ich jedem
Vorgesetzten, z. V. dein Herrn Leut
nant, schuldig bin. Ezibuczti, sag« es
noch mal."
»henneur iit, was Leitnant meini
ges schuldig ist."
»Na, da schlag’ einer lang bin!
Wenn man sich noch darum tiimntern
sollte, was die HerrenLentnants scknli
dia sind — dann tönnte man lieber
Nachtwächter in Schrimm oder Schro
da werden. —- Svätzle, Sie arinien
schon wieder. Zur Strafe nehmen Sie
sich heute Abend den Wasserdolaclen
ror nnd laisen ibn so lanae sagen, was
ein Honneur ist, bis er’s kann. Webe
anen, wenn er’s morgen verkehrt
sa«t. —- I.siiiller, welche militiirischen
Ksnnenrs aibt es? ·- Lehmann hat
schon eins gesagt Also weiter!«
Andern man das Gewehr präsen
tirt.«
»Richtig —- aber immer in ganzen
Sätzen an:wort-:n. Litzlowy, was ma
chen Sie aber, wenn Sie tein Gewehr
babeni«
»Dann zishe ich Seitengewehr ’raus
Und vriisentir’ damit.«
»Na, dann kannst Du Dich man da
ea"i qesaitt machen, daß Du weaen
Kikbtanchs einer Königlich preußi
sel-.-·n DT«.-7«stwafse mindestens drei
IV in den Kasten slieast, Schmele
laws cie es dem wendischen Dick
trpr
«« « was-, Front machen.«
»Es-Ein Vor wem mußt Du denn
Irrt-i wachem-edler Prbiktz?««
»Wer alle Voraesctkten.«
»Ni, kenn würdest Du wohl in die
sen! L-« n nicht fertig werd-cui Vor
welchsn Voraesetiteni«
«"cr dir·.slten Vorarsetzten.«
»L-«,·tt, Poblrtz, ich betomme Hoch
EIN-« ver Ihnen. Czibulcsti, wer
sind ue direlten Boraesetiteni«
.s «' fiel- Herr Leutnant, Herr
.«’«.-««« ann, here Major, het
Oi ·«t i-—«
»Mit » et —- ich sehe, Du weißt Be
se--·’d. Vor wem mußt Du aber sonst
ne-« Tront mach-rni«
»Ist allergniidialtes Kaiser, vor
fsm Krisen vor höchste Prinzen und
P:·i««««slinren.«
»Stimmt. Pol-loh, schlas’ nicht.
T-! Pult Du also, wenn Ihrem-nig
(---. exists-ji« die Frau Prinzegin
H.:!«.-i.b, bei Dir vorbeisiibrt«t«
»Dann leg' ich rechte hand anstopss
bet·s««!na.«
»Na, Juna’chen, denn lönntst Du
wert erleben. Einhalten, ’rauö aus dem
LIM. Dir ein paar hinter Deine
langen Löffel geben, ’rin in den Wa
gen, und fort wär’ sie.— Ree, Podlotz,
Front mußt Du machen. sonst holt
Dich der Deubei. Mert Dir das. Na,
es ging ja noch besser, ais ich dachte.
Nehmt Euch nur morgen gut zusam
men. Der Herr Oberst frißtEuch nicht.
Antwortet. wie Euch der Schnabel ge
wachsen, und nicht stottern und zau
dern, das kann der here Oberst nicht
leiden. Nun seht Eure Sachen noch
ordentlich nach, damit ich morgen
nichts zu tadeln finde. Und, daß nicht
etwa einer denkt, er kann einen Knopf,
statt anzuniihen, mit einem Streich
holz feststeclenl So einen alten Unter
ossizier wie mich führt Jhr nicht an.
—- Ja. Spanie, Sie Knopfleschwob—
grinsen schon wieder —- glauben Sie
denn, daß ich nicht gesehen hatte, daß
ein Knopf bei Jhnen ein Zehntel-Mil
Iimeter nach Rechts aus der Richtung
ist? Sie brauchen gar nicht erst hin
zusassen, es ist der dritte don oben. Jch
will gar nicht nachsehen, wie’s damit
ist, denn sonst müßte ich Sie melden
—- Stillgeftanden ·- weggetreten!«
Nach Ererzieren und Jnstrultions
stunde hatte es gewaltigen Appetit ge
geben. Jeder holte aus seinem Schrank
das Komtnisbrot und dazu vom Kan
tinenwirth, was Geschmack und Geld
beutel heranb. Käse und Wurst, But
ter und Schmalz, auch saure Gurken
waren sehr beliebt. — Poblotz hatte
vor einigen Tagen ein Pack-et vonhans
bekommen mit Schmalz und Wurst.
Ihm war also geholfen, nur zu trinken
hatte er nichts. Das Geld war alle,
erst morgen aab’s wieder Löhnuna.
Sehnsüchtig sah er nach Spätzle, der
eine Flasche mit Nordhäuser vor sich
liatte, un) ab und zu einen Schluck zu
seinem trockenen Brot nahm- Der
chiwabe merkte die sehnsüchkiaenBlieke
rnohl und baute darauf seinen Plan,
««k:vas non der Wurst zu ergattern, die
ihm lrckcnd in die Auaen stach.
»Da Pcblotz, willst Du Schnapz
trinken?«
»Man ich aern Schnaps, Sch:vnb.«
»Na, dann wollen wir wetten, ich
setze die Flasche Zckxiiaps und Du die
halbe Wurst hier mi:ten auf den Tisch.
Kannst Du rathen, wie alt ich bin,
kann trieast Du den Schnauz, kannst
Dn’s nicht rath:n, krieg« ich die Wurst.
Bist Du einverstanden?«
,,,.Ja, kann ich gut rathen.«
»Na, denn man los."
»Bist Du Schnaps los. —- Vorigen
Betst bist Du einaeioaen, warst ein
Fahr ziiriickaestellt, bist Du also zwei
undzwanzig Jahre alt!"
»Fehlgeschlrssen, die Wurst ist mei
L..« s.»»:« ...:rr case-« hat«-»Hei
·"s ""«"" H··Il Vk"9"’ IUIUUUWJP
nach Flasche und Wurfi, »ich bin zwei
und zwanzigeinhalb Jahre alt.'«
»Gilt sich das nicht,« rief Poblotz
aufgeregt und wollte nach feinerWurfi
greifen. aber Spätzle war ihm viel zu
flink, und die Andern, denen Sache
Spaß machte, qaben Spätzle Recht.
Podlotz fah febr beiriibt drein. Nun
war die halbe schöne Bratwurst weg,
und Schnaps hatte er noch nicht. Das
ieben war doch fehr schwer.
Spätzle, ein autmiithiger Würtiem
bergen fah das wsehleidige Gesicht, und
der arsne Ciaschube that ihm leid. Er
schob ihm die Schnapsflafche hin und
sagte:
,,Na.Pcblot-» aenir’ Dich nicht, trinl
ordentlich, es war Ia nur Spaß. Du
haft mir Wurst gerieben, ich geb’ Dir
Schnauz, haben wir Beide was.«
Voblnh strahlte wieder üver’s ganze
Gesicht und nahm einen tüchtigen
Schluck. Ach, das Leben war doch
schön.
,,Schlan mußt Du fein, Poblotzi
Wenn einer Dein Alter rathen foll,
muß er immer verlieren. Wie alt bist
Du?«
»Bin ich dreiundzwanzig Jahr und
dreieinbalb Monat.«
»Siehst Du, rathet er dreiundzwan
zig Jahr , hast sDu gewonnen, und ra
thet er vierundzwanzig, hat er verlo
ren. Wenn Dich Jemand fragt, wie
alt Du bist, mußt Du gleich fagent
,,Wollen wir wetten? Raihft Du’6,
trieaft Du eine Mari, rathii ·Du’z
nicht, irieg’ ich eine Mart.« Verstan
den?«
»Hab’ ich verstanden, werd’ ich viel
Geld gewinnen, viele Mart, und trin
len viele, viele Schnaps.«
Da tönte der Zapfenstteich, und Alle
ainaen in die Klappe. Poblotz aber
träumte vie ganze Nacht von dem vie
len Geld und dem vielen Schnaps, den
er durch feine Weiten gewinnen wollte
d I O
»Ich bin sehr zufrieden mit den
Leistungen der Rekruten, Herr Haupt
mann. Die Ausbildung entspricht
aanz meinen Intentionen; ich danke
Ihnen. Sergeant Maier, auch Jhnen
lann ich nur meine volle Zufriedenheit
aussprechen. hoffentlich llappi’s mit
der Jnftruiiion auch so. Fragen Sie
die Leute, Seraeant, ab und zu werfe
ich dann auch einmal eine Frage da
zwischen.'«
Sergeant Maier befahl seine Seele
dem Himmel; aber ein preußischer lin
terofftiier fürchtet sich nicht einmal vor
rein Teufel, und fo bkgann er denn
mutbia.
«Lehmann, was muß der Soldat
thun, wenn er einem Vorgefegten be
gegnei?«
»Er muß honneur machen.«
»Oui« —- Und is aiua es denn wei
ter. und wirklich tlapyie es.
»Nun will ich noch einige Fragen
stellen," meinte der HerrOderst, »dann
wollen wir schließen. Da ist noch ei
ner, der gar nicht gesraat worden ist.
Sie da, der dritte Mann im zweiten
Gliede, wie heißen Sie-Z«
«Pohloß, Herrrr Oberst.«
Der Sergeant schickte ein Stoßgehet
zum Himmel.
»Als-) Pol-laß Sie haben gehört,
daß der Soldat honneur vor seinen
militärischenVorgesetzten machen muß. i
Etat-; geschieht nun, wenn er das nicht !
u «
»Wirk) sich Soldat bestraft.«
»Richtig. Denken Sie mal, Sie ge
hen Sonntags aus der Straße, da
kommt ein hoswagem drin sitzt eine!
Prinzessim Sie kümmern sich nichts
darum, machen tein honneur. Was
wird die Folge sein?«
»Prinzessin läßt Wagen ihriaes
halten. Raus aus dem Wagen,
mir ein Paar an Ohren me;..
rein in dersWagem fort ist sie!«
Um den Mund des Obersten zuckte
es, während die jüngeren Ossiziere
kaum das Lachen verbeißen konnten.
Nur Sergeant Mater stand Höllen
qualen aus. Ader der Oberst war
ein verständiger Mann und sagte nur:
»So schlimm würde es wohl nicht
werden, aber drei Tage Mittelarrest
wären Jhnen sicher, das merken Sie
sich. Wie alt sind Sie eigentlich, Po
bloß?«
Und nun geschah das Unerhörte.
Pol-loy, einaedent dessen, was
Spät-le ihm gestern eingetrichtert,
plattte heraus: ,,.siannst Du rathen,
Herr Oberst, wenn Du rathst, dezahle
ich Mart, sonst mußt Du bezahlen!«
Das ging dem alten Herrn nun
doch über die Hutschnur. Er sah wohl
ein, daß der dumme Pobloß das nicht
aus sich selbst hatte, und so fragte er
denn: »Poblot3, wer hat Ihnen denn
das eingehlasen?«
»Der Späßle, Herr Oberst!«
,,Sdatile!"
Der Gerusene trat vor.
»Ertliiren Sie mir mal die Ge
schichte, Späßle.«
Diesem zitterten die Beine, er sah
sich schon aus der Festung.
»Nun aber ein wenig plötzlich!«
drängte der Oberst.
Das hals nichts, nun mußte er
beichten und erzählte dem Oberst die
gestrige Assaire. Natürlich habe er
nicht q-:ahnt, daß der Pohlotz so dumm
sein würde, dem Herrn Oberst eine
Wette anzubieten.
»Na, so ähnlich hatte ich mir die
Sache doraestellt. —- Da ich im gan
zen mit der Ausbildung recht zufrie
den bin, to will ich ein Auge zudriicten.
Aber Strafe muß sein. Herr Haupt
mann —- ich Liberlasse Ihnen dag. Ich
dente aber, einige Straswagen dürften
für Späßle genügen. Und nun zu
Ihnen Podloßi Für Jhre Dummheit
können ASieyja nichts-, aber, daß Sie
Ihren Oberst »Du-- genannt, verdient
empfindliche Strafe.«
Poblotz zitterte —- vier Wochen
»strammen« schwebten ihm vor den
Augen.
»Sergeant Maier, Sie nehmen sich
den Poblotz acht Tage lang täglich eine
Stunde vor, und instruiren über Ti
tulaturen und Ehrenerweisungen. Und
bezüglich der Königlichen Prinzessim
nen —- ———hm — hm — ersuche ich, et
was weniger drastisch zu sein. Jch
danle Jhnen.«
Da hatte auch der Zergeant sein
Fett weg
Jm Offizierkasmo ging es diesen
Abend recht heiter zu, und wenn in
der folgenden Zeit sich Jemand ein
mal harmlog nach dem Alter irgend
einer Persönlichkeit erkundigte, bekam
er unfehlbar die Antwort: ,,Kannst
Du rathen, Herr Oberst?«
--—— « - —— —
Der RiipeL
Auskdem Leben eines Katers von
Jeanne Bertha Semmig.
Jn dem großen Hofe des Spedi
tionsgeschäfts wurde ein Möbelwagen
beladen. Plötzlich hielten die Männer
im Packen ein« denn aus der Einfahtt
lam ein weißhaariger Mann ist-Schlaf
rock und Filzpantosfeln Er ging et
was vorniibergebeugt und blickte nach
Art der Kurzsichtigen zu Boden. Su
chend sah er sich im Hofe um.
»Hm niemand meine kleine Katze
gesehen?« fragte er.
Kein-er lachte über den alten Mann
Der oberste Puder, ein Htine mit gut
müthigem Gessicht, gab Bescheid.
»Herr Doktro, der Riipel ist schon
seit acht Tagen nicht mehr im Schup
pen gewesen« «
Ein anderer fiel ein: »Wenn wir
ihn finden, wird er Ihnen gleich ge
bracht, Herr Doktor.« ;
»Das weiß ich,« nickte der Alte«
»aber Rüpel ist noch so jung und uns- i
erfahren — sie werden ihn draußen;
schön zurichten.« E
Oben im dritten Stock wurde klir- ;
rend ein Fenster geöffnet. s
»Sein Sie nur ruhig, here Dok- i
tor. er wird schon wiederkommen — i
und das Fräulein sieht raus, s-— tcer i
Herr Doktor wird sich erkalten i
a,so ja so.« Freundlich nickendi
wan te sich der Greis uns- und schritt i
nach dem Vorhaus
Langsam stieg der alte Doktor Nan
mann die Treppen hinauf. Er mußte !
manchmal stehen bleiben, um Athem i
zu holen. Ab und zu schüttelte er mit !
dxm Kopfe. — ,,Du«nmer, kleienr Rit- i
pel,« sagte et für sich, und er dachteI
daran, wie er vor einem halben Jabte
zum erstenmale seiner Tochter einen
kleinen, schwarzen, zappelnden Knäuel
gebracht hatte, der nun ein stattlicher
Kater geworden war. Seit dieser
Zeit war der Herr Doktor gar nicht
mehr so oerstimmt wie sonst, toenn in
der Wirthschast etwas nicht in sto
nung war. Er meinte dann nur:
,,Daran ist der kleine schwarze Kerl
schuld, er sieht aus wie ein Schorn
steinse er, der richtige Rüpel.« —- Das
war iipels Namensgebung und oon
dem Tage an war er ständiger Gast
bei Dottors —- und ein sehr geehrier
Gast! Und damit war Rüpels gesell
schastliche Stellung im ganzen Hause
gemacht. Aber nun war der schwarze
Junker aus Reisen, und allein kam
der Doktor vor seiner Thüre an. Ein
junges Mädchen mit trausein Blond
haar und schüchternen Rehaugen kam
ihm entgegen.
»Komm nur rasch in die Wärme,«
sagte sie sorglich und zog ihn in die .
altmodische Stube mit dem bescheide
nen hausrath einer Gelehrtenwoh
nung. Bald saßen sie an dem alten,
rund-en Eßtisch, und Gertrud waltete
mit ernstem Gesicht ihrer Hausfrau-In
pflicht. So saßen sie schon acht Jahre
einander gegenüber, seit die Mutter
an einer zehrenden Krankheit gestor
ben war.
Ach ja, leicht war Geride Leben
nicht, und von Freuden blieb nicht viel
übrig. Eine große, stille Freude hatte
sie gehabt: schon als kleines Mädchen
hatte sie aus die Ränder ihrer Hefte
Blumen gezeichnet — und Gesichter —
und Thiere —-, so viel nur darauf
ging. Wer ein liebevolles Auge hat:e,
konnte in den kindlichen Linien das
kommende Talent sehen. Aber Ger
trud verbarg schüchtern ihre Kritte
leien, und erst der alte Zeichenlehrer
entdeckte ihre Gabe. Er entdeckte sie i
bei der einzigen Unart ihrer Schul
zeit, als sie seine hagere Gestalt mit
dein slünstlermantel tarikirte —- und
der alte Mann verzieh dem Kinde und
wurde sein bester Freund, dem es all
seine Bilderchen und Märchengestalten
zeigte. Als Gertrud aus der Schule
-tain, hatte er dem Doktor gesagt: sie
müsse sich sortbilden, die Kunstalade
. mie der Stadt besuchen. Aber, o weh!
Von ziünstlerblut in seinem Kinde
T wollte Doktor Jiaumann nichts wissen.
—- ,,Sie soll werden wie ihre Mutter,
Hoon der Malerei will ich fiir mein
sKind nichts hören.« Und dabei blieb
Ies. Er liebte sein Kind aus seine
Weise, aber es sollte sich auch ganz
und gar ihm siigen und nur für ihn
da sein. Die Zeit war vergangen, der
alte Doktor war immer älter und
schwieriger geworden. Da klopfte
eines Taged ein guter Engel an, und
dieser Engel legte ihm sen tleinen
schwarzen stater oor die Fitße. Was
er bis dahin kaum gekannt, unschul
dige Freude, harmlosen Scherz, das
wurde ihm durch das kleine Geschöpf
gegeben. Und was seit dem Tode der
Mutter selten geschehen war, man
hörte in der stillen Wohnung Vater
und Tochter ost herzlich lachen.
Menn ieb nur wüßte« wie es dem
Jungen gehi,« sagte der Doitor. Der
Junge war natürlich Rädel.
»Aber Rüpel ist so llug, der läßt
sich nicht wegsangen, Vater-. Du hast
doch selbst immer gesagt, er würde wie
Kater Murr aus Abenteuer gehen«
»Hm. Ja! Dummheiten macht in
der Jugend jeder. Und es ist die schöne
Zeit im Februar — und die Nächte
sind bell. Na, da wird er aus die
Mensur gehen, unser dummer Kater.
—- Aber mir sehlt er, wenn er nlcht
»aus dein Sosa sitzt, wenn ich meinen
Kassee trinte.«
Eine unerschöpfliche Quelle zu Ge
sprächen hatte sich erschlossen —- die
sonst so scheue Gertruo wurde selbst
ganz geiptächig.
»Er ist gerade wie der gestieselte
Kater —- man könnte j:«den Augen
blick denken, er fängt an zu reden —
in Siieselchen müßte er zu drollig
aussehen.«
Ueber Gertruds blasses Gesicht
ging es wie ein beller Schein —
beute Abend, wenn sie allein war,
mußte sie den Rüpel so zeichnen. Al
lein! Ach nein, lieber nicht zeichnen
und den Vater dabehalten. Es war
ia so schneidend lalt.
»Du bleibst heute da, Vater! Nicht
wahr?« klang es bittend.
«Dableiben9 —- Warum denn? Das
Wetter ist ganz schön. — Nein, nein,
laß nur, das thut mir nur gut.«
Wer weiß, es war vielleicht ein Er- ;
innerungstag, denn der al.e D.l.eri
hatte ein treues Gedächtnisz. So rauh, I
so verschlossen er sein mochte, in ;
seinem Herzen lebte er immer nrch in »
der seligen Brautzcit seiner Jug.nd-- ;
jahre.
An besonderen Erinnerungstagen
ging er —- und war es noch so we.t —
oie alten Wege, welche dietSrinnerung
belebte, uno neben ihm schritten un
hörbar im Schatten die Gxiiier dcrI
vorigen Jahre. Jn seinem Arm I
schmiegte sich eine junge Gestalt, mit !
den Augen, die ihn nun so eigen aus i
dem Gesicht seines Kindes anb.ickten. i
Aber noch nie hatte er dabei ernitrich ;
dieses Kindes ges-acht und der Psiich- «
ten, die es ihm auserlegiet —- s
Heute nun erging es dem Herrn
Dottor gar eigen. Als er sich aus rer ;
ersten Treppenstuse noch einmal um
drehte, sah er sie plötzlich so blond und
schlank im Rahmen der Thür, iiih.te
er den zärtlichem verlassenen Ausdruck
in ihrem Blick. Und das Bild wollte
ihn nicht verlassen, wie er die drei
hohen Stiegen hinabschritt, sa drau
ßen aus der einsamen Straße sah er
immer ihre jugendliche Silhouette vor
sich. Langsam, mit vorsichtig tasten
oem Schritte wanderte er in die Nacht
hinein.
Was wird einst aus Deinem Kinde?
Das war die große quälende Frage,
die in ihm emporgestiegen war. Wie,
—- um die Zukunft des kleinen Katerö·
hatte er sich tagelang den Kopf zer
arochen, und nicht einmal in so vielen
Jahren hatte sein selbftisches herz an
sein Kind gedacht. —
Der alte Doltor sah nach den
himmlischen Wegweisern, ihm war,
als käme auf dem lichten Pfade sein
Weib ihm entgegen und strecke die
band nach ihm aus.
»Elisabeth, Elisabeth, vergieb mir,
daß ich nur an mich dachte. Du hät
test es anders gemacht, hättest gedarot
und gerungen, um das Kind vorwärts
zu bringen —- wenn ich Dir gestorben
wäre. Aber ich will’s wieder gut
machen, ja gewiß, ich will.«
Und nun, in seinem guten, unprak
-tifchen Kopfe dachte er nach, wie er
Gertrud versorgen könnte. Wenn er
starb, fiel ja seine Pension weg, und
eigenes Vermögen besaß er wenig, sehr
wenig. Am besten war’s doch, Ger
trud heirathete! Aber, —- nsa ja, dazu
mußte sie sich doch erst verlieben. —
Wie sehr sich Doktor Naumann nun
auch die Sache überlegte, das ward
ihm tlar: in die stille Gelehrtenwoh
nung konnte er, der Weltsremde, ker
nen Freier hinaufzaubern. —- Es war
gewiß am besten, wenn er sie selbst
fragte: »Liebstes Kind, was willst
Du? Wir wollen’s uns überlegen-—,
sollst nicht denken, daß Dein alter Va
ter so ganz thöricht ist.«
Jetzt schlief Gertrusd gewiß schon in
ihrem Kämmerleim aber morgen früh,
ganz friih wollte er ihr’s sagen.
Nun stand er im dunklen Hausflur
und tastete seinen Weg nach der
Treppe. Als er die erste Stufe fand,
stieß sein Fuß an etwas Weiches und
ein feines »Miau« drang von unten
herauf. Er bückte sich, seine Hände
berührten ein weiches Fellchen. Lupus
in fabula, der Rüpel, wirklich der Rü
pel war es, den er nun in Händen
hielt. Und den Fiater im Arme, stieg
er die Treppen hinauf und philoso
phirte im Still-en weiter, während Rü
pel sein Wohlbehagen durch Schnur
ren kundgab.
Jetzt öffnete der Doktor die Wohn
stube und blieb erstaunt stehen« Die
Lampe brannte noch, und im Lehn
stuhl am Tisch saß schlafend sein Töch
terlein. Vor ihr aber lagen zerstreut
Skizzenblätter und Bletstifte. Der
Doktor kam langsam näher. Sie
schlief so fest, daß sie nicht merkte, wie
er die Blätter wegnahm —- aber das
war ja Rüpel, wie er leibte und lebte,
-— nur etwas seister und vergnügter
als jetzt. Und da faß er als gestiefel
ter Kater vor dem Müllerburschen,
und mit seinem gutmiirhigen Ausdruck
versprach er ihm zu helfen —- auf
Katcrehre und mit Pfotendruck.
s Ursprungliches Talent sprach aus
2 jeder Slizzr.
Da fiel es dem Vater plötzlich wie
Schuppen von den Augen —- das war
der Weg, um den er draußen im Felde
gebeten hatte. Er wollte behutsam das
Madchen werten, avser jemand wart
ihm schon zuvorgekommen Riipel war
trotz seines Katzenjammers von dem
Arm des Herrn Doktors herunterge
klettert und suchte auf dem Schoße
Gertruds sein altes Ruheplätzchen.
Das junge Mädchen schrak zusammen,
rieb sich die Augen und traute ihnen
kaum. Da saß das gute, schwarze
Hausthrer, und vor ihr stand der Va
ter ——— und hielt ihre Zeichnungen in
den Nin-en
»Das hast Du wirklich gut gemacht,
sehr aut. Du haft doch entschieden
Talent. Du hast wohl noch Lust —
» weiter zu ternenst«
Sie sah ihn grosz und erstaunt an,
sollte ihr Ledengwunsch sich wirklich
erfüllen?
»Du sollst etwas Ordentliches wer
den, Kind, so das-. sich auch die Mutter
aroben freut. Morgen geh-en wir zu
Deinem alten Lehrer. Pack nur all
Deine Skizzen zusammen."
Gertrud sah ihn mit lachenden
Augen an.
»Vater, wie ist’s denn nur so ge
kommen-? Das hätte ich nie gedacht!"
Der Alt-e nickte stillveraniigt: »Wie
das gekommen ist? Das will ich Dir
später erzählen. Und hier der Rädel,
hat auch sein Theil dabei aethan.
Darfst ihn nicht vergessen iiöer Deinem
gestieselten Kater.«
-——--· -
Erklärung.
»Was heißt denn das eigentlich:
terrespondirenres Mitgiied der Ara
Iexnie der Wissenschaften?«
»Na, die werden halt einander An
sichtstaeten schicken."
Ansehnfo
Student: »Mein Ai.ek hat mir das
Geld mit einem ganz wii.-.,enden B-;
gleitfchreiden zuaehen lassen!«
B.: »Alle quasi Stachetdraht!«
Er kennt sie.
Mann (im Mocseioaarengseschäft.
nach der Uhr sehend): »Du, Lucie,
wenn Du noch in Ohnmacht fallen
willst, beeile Dich . . . in lzehn Minu
ten muß ieb aus dem Bureau seini«
Ver-lockend.
Tour-ist (zum Reisegefährten): »Du,
ietat ist's aber Zeit, daß wir an ein
Wirthshause kommen . . . . seitdem
wir durch die Hopfenfelder gegangen
sind, kann ich’s vor Durst nimmer
aushalten!
Zu genan.
»Auf der Hochzeitsreise habt Ihr
kvgthel recht zärtlich miteinander ge
e «
Junge Frau: »O, denke Dir-«
Mama, wir haben sogar nie etwas
gndleres gegessen, als gebratene Tau
n.«
stache.
OssiziersburschU «Also die Tos
ter der Herrschaft meiner Köchin M
meinem Herrn Qeutnant einen Korb
gegeben; na, in deren Speisetammee
willI ich aber eine Verwüstung anrich
ten."
Immer Fachmann.
Photograph (zu einer jungen Dame«
die bei einem nur sehr schwachen Son
nenschein ihren Schirm ausgespannt
hält): »Gniidiaes Fräulein find aber
heut-e aanz außerordentlich lich-tem
pfindiich.«
Neugierig.
»Was studiren Sie denn da so eifrig
auf der Karte?«
»Ach, mir ist gestern mein Sstrohhui
in den Fluß geflogen, und da rechne its
mir einmal aus« wo der jetzt wohl un
gefähr sein kannt«
Beim Protzen.
Kommerzienrath: »Wer weiß es
denn, daß Sie insgesammt sechshunv
derttausend Mart Schulden haben?·
Freier: »Nie1nand!
Kommerzienrath: »Soooo! . . . .
Kommen Sie wieder, wenn es jeder
weiß!!"
Aufmunternnw
Fräulein: »Ich muß schnell Mann
etwas sragen... soll ich siir Sie
etwas mit fragen?«
Vielsagende Auskunft.
»So, so, Herr Pirikeleg, Ihre Braut
ist also steinreich —- aber ihr Gesichts«
»E Gesicht hat se auch.«
Ver-schnappt. »
Fremder ider von dem Diener einer
befreundeten Familie an der Bahn ab
geholt wird): »Sie suchten ja solange
. . . . hat Jhnen Ihr Herr teine Be
schreibuna von mir geaelsen?«
Diener loerleaen): »O doch. . . .
aber es sind halt mehrere Herren mit
rothen Nasen angeioinmen.«
Nu also.
A.: »Sie sollen non mir behanptes
haben, ich wäre ein Joiot ersten Ran
ges-I«
B.: »Bitte sehr; von erstem Rang
war gar teine Rece!«
Lin-J dem Bericht eines Dorfvorftandet
»Der Peter Schnitz ist hier nicht nä
her bekannt. Anih die Magd, Augusts
.ttr»ruse, die ihn annehtich tennen soll,
tann sich nur ini Duntein nn ihn et
imisrrn.««
Vorsirhtig.
Kunke: ,,Atso das ist die Photo
arnphie der steinreichen Dame, die i
heirathen soll; warum halten Sie den
oie Hand darauf?«
Heirathgverniittien »Ich werv’ sit
Ihnen nnsrh und nach zeigen!«
Auch etwas-.
»Wer hat denn hei Euch den Haus
schliissel, TriinzchenW
»Die Manni!«
»Und den Zenssnschliissel?«
»Auch die Maniei!«
,,Hat denn Dein Papa gar keines
Echtiissel?«
»O ja, seinen ilhrschliissel!« ,
Auf Utnwencm
»Warum meinst Du denn, mei
Junan«
»Mein Pa—Pa hängt oie Bilder us
in der Stube!«
»Und des-halb meinst Dii?«
»Nein, er hat sirh mit Dem Dammes
auf Den Finger neid«.tnaen!«
»Und da hast Du Mitleid- mit dem
Vater, Du bist ein braver Jnngel«
»Ach nein, ich meine, weil ich gelachi
habet«
Im AkospitnL
»Dort der strnnte seine Portio
Wsein auch erhalten?«
Wärterim ,,J«ttvohl, er hat sogui
einen Vorschuß siir acht Tage Damqu
O