Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, October 24, 1902, Sonntags-Blatt, Image 9

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Der schwarze Bos. »
Hohesette san nry be e; be
vor-. Ge- . Leon elden. Ach
1. -
»Ur-isten! Ruinen!« rief plöklich
meine Konsine Rosa, als sie an der
Regung des schmalen abschiissigen
Weges angelangt war, der sich längs
des Berges erstreckte »Komm doch
und seht, wie seltsam das ist: Rutnen,
mit weissen Waldreben bedeckt, nebst
einer lleinen Quelle-, einem Streifen
Mauer, einem Thorpfeiler und einer
herrlichen Aussicht obendrein!«
Mühlam und mit hilse unserer Al
penstöcke beeilten wir uns, das wag
halsige junge Mäd n einzuholen Sie
war auf Einen gr en, mit Moos be
wachsenen Stein gellettert, den Ueber
rest irgend einer alten Wohnstätte
"Sie betrachtete voll Entzücken den
prächtig-Ja horizont, der die ganzen
Cevennen enthüllte, und sie lachte.
lachte wie ein ausgelassenes kleines
Schulmädchen.
Jch wandte mich zu dem alten Füh
rer, der uns auf unserem Ausfluge be
gleitete, Und ich befragte ihn über diese
Rusnem deren Vorhandensein auf sol
cher hiibe des Berges mir merkwürdig
erschien.
»Ja, der schwarze Hos," sagte er mit
gepreßter Stimme, indem er beinahe
andiichtig seine Miit-e ein wenig hob.
Vor der einfachen und ersten Ge
berde dieses Landmannes schwand un
sre lheiterteit mit einem Schlage. nnd
selbst meine Kousine Rosa gesellte sich
neugierig wieder zu uns.
»Warum dieser tragische Name?"
fragte sie.
»Wissen Sie nicht« was sich vor
dreißig Jahren hier zugetragen hat?«
antwortete der Führer mit erstaunter
Miene. »Haben Zie« niemals etwas
vorn Schäfer Elande gehört, dem ro
then Claude?«
Miernalsl Wir sind erst kurze Zeit
in der Gegend."
»Dann will ich Ihnen die Geschichte
erzählen; ich habe sre selbst miterlebt,
und solche Erinnerungen vergißt man
nicht leicht.«
Wir festen uns um den Fiihrer
herum auf die Steine, Und hörten
aufmerksam zu.
2.
»Diese Ruinen," begann er, »sind
die Ueberreste eines Hofes-, der einst
einer der reichsten nnd angesehensten
der Gegend war. Zu jener Zeit nann
te man ihn den Kastanienuof
Aus den nah-en Triften, antden Ab
qaltgcll Des Berges Wer-Juni Ikmc »a
len Herden, und seine Kühe waren be
tannt ob der guten Milch, die bei al
len Kösereien des Thales besonders
gesucht war
Eine Familie von braven Leuten
lebte da, glücklich und zufrieden. Mei
ster Urban, der Vater, ein ruhiger,
stattlicher Greis, bewirthschastete
selbst den Hos. Mutter Urban be
sorgte die Thiere mit ihrer Tochter
Kathrrine und vier Knechten, großen,
starken und ergebenen Burschen, welche
die Herden durch Monate hindurch
aus die Weide stihrten.
Es war Getreide in den Schelmen,
schönes weißes Linnen in den Schran
len, harte tlingende Thaler in einem
Wollstrunrps, und wir jungen Leute
im Dorfe, wir sprachen ost mit Neid
von diesem Hose:
»Gliictlich Derienige, Her die Toch
ter Meister Urbans heirathen wird,
denn sie ist ein reiches und schönes
Mädchen.«
»Ja, schiTn das war fie, ich erinnere
mich. Jch sah sie an den Festtagen
ins Thal herabtomnren, ein wenig
hochmüthig gegenüber den jungen
Burschen, aber so hübsch, so überaus
hübsch, mit ihrem dichten Kranz von
schwarzen Haaren, ihrem tirschrothen
Munde, ihren dunklen, zündenden,
unwiderstehlichen Augen.
anz. k«e.-s.-« t--e-.. »I- timh G
»wir sujuuh qunu --«., »-»» »
immer da oben bleibt, auf ihrem
Berge, ohne sich um die Verliebten zu
tümmern.«
s.
Unter den Schäfern des Hofes be
fand stch einer Namens Claude, der
rothe Claude, wie man ihn der brand
rothen Farbe seiner Haare wegen
nannte, ein großer, stämmiger Geselle
mit einem scheuen bösen Blick, ein
Stiller, dessen Stimrre man wenig
hörte, den aber Meister Urban behielt,
da er besser als Einer das Vieh zu be
handeln wußte
Er verbrachte fast dies hälfte des
Jahres mit seinen Kühen aus den
Weiden und blieb die übrige Zeit auf
dem Dase, wo er die schwersten Arbei
ten verrichtete, denn dieser Kolosz
fürchtete sich vor nichts.
Oft im Winter, an schneereichen
Tagen, ging er hinaus und legte sich
hinter dem Felsen aus die Lauer. um
die Wölfe zu tödten.
Eines Abends nun, nach der ge
meinsamen Mahlzeit, als Kathertne
mit ihrer Mutter sich zurückgezogen
hatte, näherte sich Claude mit geheim
nisvoller Miene Meister Urban, indem
er seine Mütze zwischen seinen wulsti
gen Fingern drehte.
»Was gibt es, Claude?« fragte der
Bauer.
»Es gibt, herr, daß ich Euch um
etwas zu bitten habe. Jch kann keine
schönen Reden machen, und ich werde
es kurz herauösagem Jhr sollt mir
Euere Tochter zur Frau geben.«
«Was sprichst Du da, Burschei
Aber Du bist von Sinnen. Ueberlege
ein wenig.«
IAW
Beilage des ..Uebragtka Staats-Ketzeiger und Yerold«.
J P. Wittdolph, Herausgehen Grund Island, Nebe» den 24. Oktober 1902. Jahrgang 23 No. 8.
»Da ist nichts zu überlegen, Herr;
ich trage mich seit Lanaem mit diesem
Gedanlen.« ·
»Und Katherine?«
»Ich weiß es nicht. Jch habe ihr
niemals davon gesprochen«
»Wenn sie selbst einwilligen witt
de,« erklärte der Bauer zornig, »so
wiirde ich es niemals zugeben, denn
Du bist arm und meine Tochter ist
eine gute Partie. Man verschwiigert
nicht den Knecht mit dem Herrn.
Schiaa’ Dir diesen Gedanken aus dem
Kopf und halte Dich an Deine Arbeit;
es wäre ein Unglück im Haus«
« Der rothe Clande war ausgesahren,
als dieses Wort »arm« an sein Ohr
schlug. Das also war es, das große
Hinterniiä . . . Was lag ihm, Claude,
am Gelde? Was er wollte, das war
die schöne Katherine, und er wollte sie
seit Monaten. Diese Liebe raubte ihm
den Verstand. Stundenlana hatte er
sie heimlich betrachtet, ohne es zu wa
Fen, ein Wort zu ihr zu sprechen, ost
ohne sich selbst zu zeigen
Jhr aeaeniiber war er ehrerbietig
und sanft. ihr suchte er sich nühtchi zu
erweisen, ihr iede Mühe zu ersparen·
Aber nun war es aenug. Der Bauer
hatte sie ihm verweigert, mit schimpf
lichen Worten, und der wahre Claude
bäumte sich in ihn-. aus, trotzia und
wild, Stande der Schäser. der Wolsss
tödtet.
»Es ist gut,« murmelte er; »ich wer
de mit Eurer Tochter sprechen«
»Du wirst schweigen oder ich werde
Dich vom Hofe jagen.«
»Ich werde sprechen.'"
4.
Er sprach.
Der Bauer ließ ihn gewähren; er
begriff, daß es noch das beste Mittel
war, ihn zu überzeugen. Katherinr.
die stolze, schöne Katherine, wiirde ihm
antworten, wie es sieh gebührte.«
Sie norr das uedegoerenriinm an,
ein wenig spöttisch, denn es schien ihr
komisch, diesen plumpen Knecht uin sie
freien zu hören, dann brach sie in ein
schallendes Gelächter aus.
»Gebt Eurer Wege. Claude. Sucht
Euch eine andere Schöne in den Ber
gen. hier ist nichts zu wollen site
Euch«
Bald kannte jeder auf dem hoie die
Geschichte von dem Schäfer, der es ge
stvagt hatte. an die Tochter seines
Herrn zu denken. Auch im Dorfe er
fuhr man es, und man machte sich
darüber lustia, nm so mehr, als es
- eines Tages hieß, daß die schöne Ka
therine sich zu Pfingsten mit einem
reich-en Hofbeiiyer ans dem Tyale der
heiratlien werde.
Dann kam die Geschichte mitClaudsx
in Vergessenheit
Eben schielte er sich wieder an, die
Herden auf die Weiden zu führen.
Während sechs Monaten würde man
von ihn-. nicht melir sprechen hören.
Als-er als er den Hof verließ. um
sich aus jene hohen Flächen eu begeben,
die Sie hier sehen, über Jl)nen, zu
Jlirer Linken, in einer Höhe von zwei
tausend Metetn, da, wo das Gras
dicht und saftig ist und die Lust rein
und störtend, da trat ihm Kathrrine
in den Weg und sagte in spöttischern
Inne
»Ich lade Dich zu meiner Hochzeit,
Schäfer.«
»Ich werde kommen, Jungfer, ich
werde lointnen.«
D.
Meister Urban hatte sich zur Hoch
zeit festlich gekleidet. Seine Frau hatte
all iliren Gotdschniuct bervorgebolt,
und die schöne Katherine zeigte sich,
strahlend vor Freude, in einem neuen
Kleide, das sie sich eigendg in der
Stadt bestellt hatte.
Alle großen Käsesabritanten des
Thale-I waren geladen, nebst dein
Pfarrer und dem Bürgermeister-. Man
wollte-. die Dinge aut machen, da der
Bauer darauf hielt, dasz die Hochzeit
feiner Tochter die schönste fein sollte,
die man jemals in der Gegend gesehen.
Und es war ein schöner Tag. in der
That Der Saal war mit grünen
Reisern geschmückt und eine Tonne al
ten Wein’g war zu der Feier in An
griff genommen worden.
Seit dem Mittag hatte man fröh
lich .gezecht, nnd der bereinbrechende
Abend hatte die Gäste noch bei Tisch
gefunden.
Plötzlich hörte ntan an die Thüre
pochen. Es war seltsam, dasz die
Hunde nicht gebellt hatten. Mr
konnte noch tonmsen zu dieserStunde?
Katberine erhob sich, um zu öffnen:
ein Mann stand unbeweglich ans der
Schwelle.
»Der rathe Schäfer!« ertönte eine
Stimme.
»Was willst Dus« fragte der Bauer
unruhig. »Warum bist Du nicht bei
den Thieren geblieben?«
« ch bin nur gekommen, uin mit
Eu anzustoszen,« erwiderte Claude
mit einem bösen Lachen. »Der Knecht ·
.
lann ja wohl trinken heute mit dem
Herrn, und als ich wegging, hat mich
Jungfer Katherine zu ihrer Hochzeit
geladenk
»Gut, dann setz Dich,« sagte Urban
rauh.
»Es verlohnt sich nicht der Mühe.
Jch werde gleich wieder gehn.«
Katherine reichte ihm ein Glas
Jede Unterhaltung hatte plötzlich aus
gehört, wie wenn das Erscheinen die
see Mannes die ganze Gesellschaft in
Bestiirzung versetzt hätte, und als
man anstieß, war es in einem eifigen
Schweigen:
»Auf Euer Wohl« schöner Bräuti
gam!« sagte Claudr.
Der junge Bauer erhob sich erstaunt
und streckte ihm sein Gla? entgegen.
»Wer ist dieser Schäfer?« fragte er
Katberine, als der rathe Claude ge
gangen war.
»Poli, lass ihn, ein verriickter
Mensch!« .
» S.
Im selben Augenblick machte sich
von draußen ein dichter Rauch bemerk
bar, ein scharfer-, beißender Rauch von
brennenrem Stroh. «E-«- schien, als ob
in( Hof Feuer ausgebrochen wäre.
Die Gäste stürzten hinaus: die
Zcheune flammte, die Scheuue, in der
das ganze Getreide aufgeschichtet war.
Man versuchte, so gut es ging, dem
Brande Einltalt zu thun, aber er hatte
alsbald eine ungeheure Heitigteit er
reicht und eine schwarze Säule stieg in
die Lust.
Es war entsetzlich: in einem einzi
gen Augenblick stand Alles lichterlol1
in Flammen, und jede Rettung wurde
unmöglich.
Jm Thale ertlang dumpf die
Sturntalocle, zu einer leider vergebli- I
eben Hilfe -ermal)nend, und inmitten
der schwarzenNacht war es ein zugleich
großartiger und furchtbarer Anblick,
den diese Feuersäule bot, die sich aus
dem Berge erhob.
Das ist Alleg, was man durch Jene
erfahren konnte, die in ivahnsinnigem
Schreck entfloben waren. Was hatte
sich eigentlich zugetragenZ Welcher
war der ganze Umfang der Kata
sirovheZ
Der Bauer, seine Frau, seine Toch
ter und der Bräutigam kamen nicht
wieder zum Vorschein; aber unter den
Trümmern fand man Gebeine.
Jedermann dachte, daß Claude es.
war, der das Feuer aus dem Hofe ge
leat hatte. Ver Elende hatte sich an der »
schonen Katherine gerlichh und hattej
zu seiner Rache den Hochzeitgiag aei
wählt. s
Darum also sind hier Ruinm Nie- ?
inand hat es gewagt, sie zu entfernen, (
noch auch ein neues Haus auf den ;
Trümmern des alten aufzubauen :
Daraus ist eine Legende geworden . ·. !
.,Eine Legende!« rief meine Kousine s
Rola. .
,Ja, schönes Fräulein, eineLegende, T
weil, nach vielen fruchtlosen Anstren
gungen, die Spur Claude’g wieder
aufzufinden, der vielleicht die Gegend
verlassen bat, vielleicht selbst bei dem -
Brande umgekommen ist, Einige vonj
uns, die des Abends hier vorüber ge- s
kommen waren, geglaubt haben, da ’
oben auf dem Felsen den rothen Schö
ser zu sehen, der die Ruinen betrach-- »
leic.
Seitdem find viele Jahre verganaen, «
aber man soll noch zuweilen dem ltte «
fpenft begegnen, und Niemand getraut »
sich so allein hier in die Nähe«
Wir schwiegen, erschüttert von die— l
set seltsamen Erzählung: die Ruinen «
sahen indessen gar nicht so schrecklich
aus, unter ihrer leichten Hülle weißer
Waldreben. War es möglich, daß sich
hier so furchtbare Dinge ereignet
hatten?
Ein Veilchensträußlein.
Yldvskltctcc von Heinrich Land-Jungen
Vortrefflich! Ganz vortrefflich .....
nnd noch einmal ließ der brave Edit
ard seine bewundernden Blicke auf die
fem Musterbilde eines Fracks da drin
im Spiegel ruhen. War er nicht ein
ganz Paffabler Bursche? Erstens ein
entschieden liebenswürdiger Charakter,
dann Affefsor am Kainmergericht und
drittens bei feinem Bankier die dicke«
Lederinappe mit den Pfandbriefen,
alle-z Tausenden Hatte er also nicht
alle Ursache, mit sich zufrieden zu sein?
Und nicht nur er, sondern auch fein
liochzuoerehrender Hkrr Vorgesetzter-,
der Herr Präsident.
»Nun, Herr Präsident,« wollte er
ihm nämlich sagen — »betrachten Sie
nich aiiliast, wie ich hier bin, meine -;
Verhältnisse sind Jhnen belannt.?
Kurz und bündig, ich bitte um dies
Ehre, mich Jhren Schwiegersohn nen-«
nen zu dürfen.«
Und warum sollte der Präsident!
dann nicht eintvtlligen? Und ElliH
———q—————
Eduard schmunzelte sehr vergnügt
Aclerdings, er hatte noch keine Silbe
mit ihr darüber gesprochen. Ganz
einfach deshalb, weil man nach dem
Brauch der guten Gesellschaft in sol
chen Dingen eben erst mit den Eltern
sprechen soll. Abdr, nein wahrhaftig,
da war ihm nicht bange. Gab sie ihm
nicht fortwährend und bei jedem An
laß Beweise ihrer Sympathie? Ein
paar beschränkie Menschen nannten sie
zwar totett, sogar Berechnung und
Gefühllosigkeit wurden ihr dorgewor
sen.... Pahk Als ob die Menschen
nicht immer etwas zu lästern hätten.
Das sollte ihn wirklich nicht hin
dern. Was sie aber hinzuzufügen der
gaßem war, daß Elli’s Papa eben
Präsident war — und junge Leute,
welche Carriere machen wollen, können
einen Präsidenten ale Schwiegerpapa
immer brauchen, zumal wenn dieser
Präsident der unmittelbare Vorgesetzte
ist. ..... Zwölf Uhr? Also Zeit!
Nur einen Blick noch, einen letzten in
den Spiegel . . . . und nun, mein lieber
Eduard, aus nach Balencia!
Wie Prächtig das doch ist, solch’ ein
schöner goldener Maitag. Auch Edu
ard tann sich dem holden Zauber nicht
entziehen»
,Sonnenstrahl, Sonnenschein lachst
mir in S Herz hineint« summt er un
willkürlich stillvergnügt vor sich hin.
Fast mußte Eduard über sich lä
cheln. Wie lange, wie lange war’s
her, daß er mal diese Einfälle hatte
Ein Veilchen, eine Rose an der Brust.
Der Attenstaub war eben nicht gesund
siir die zarten Dinger, und hinter den
Alten saß er nun schon so manches
Jahr. Da dachte man auch an andere
Sachen! Carrieret Das war die
zaroßc Lositna. Und nun, blieb er aus
diesem Wege stehen und sah sich nach
einein Veilchen um. .
Einem Veilchen! ......
em—.«.. » k - I-.!... (n1,»t
OLILUIII lllblbycc llul UUV clclllc WULH
das bescheidene unscheinbare Blüm
cken den guten Eduard auf einmal so
nachdenklich?. ..
Und je mehr er dachte und sann, um
sfo beutlicher erhob es aus dem dunklen
Schooße der Vergangenheit sein blaues
winziges Köpfchen.
Eo war auch so ein leuchtender
Maientag wie heute, der ihm die Lust
nach etwas Blülkendem weckte. Da
mals. da war er noch jung und liebte
die Blumen sehr ..... und da trat er
in den Laden ein und da lagen die
kleinen dusienden Blumen aus dem
Tisch» der Herr könnte aber, wie
die alte, runzliche Frau, die Verlän
serin hin«zusiigte, wenn es ihm gefällig
sei, auch echte Parma-Veilchen haben.
Gleich rief sie auch danach: »Lieschen
die ParmasVeilchem Lieschen!«
»Gleich, (i«iros-,mamn...« Und dann
that sich hinter dem Tisch das grüne
Gediisch aus und hervor schlüpsle eine
Kindergestall, so hold und lieblich und
sc jugendfrisch wie die Rosenlnospe
da, nein. wie die bescheidenen und doch
so süßen und oustenben Blümlein, die
sie ihm bot. Nun war er ganz ver
dutzt Don dem plötzlichen nnmuthigen
Mund-II nnd Ihn-ri- sä «an an MI
tourde sie roth und sentte die Augen«
auch so blau wie die Veilchen in ihrer
Hand. Da ries die alte Frau etwas
nno nun erst wachte er aus und nahm
eins oon den Etriiußchen ..... aus
ihrer Hand.
»Meine Eukelin,« sagte die Alte
mit wohlgesälliaeni Lächeln.... Den
ganzen Tag trug er’s aus der Brust
und dachte des holden Geschöpfes-, das
es ihm gereicht, und am anderen Mot
gen da stand er plötzlich abermals vor
dem Blumenladen. Erst sah er behut
sam durch die Scheiben, da war sie
wieder in aller Holdseligleit, das lieb
liche Gesicht mit dem etwas sürwitziaen
Stumpsnäschen... Und dann trat er
wieder höchst ehrbar in den Laden und
die alte runzliche Frau lächelte gut
müthig.... »Ein Veilchensiräußchen.«
»Parma -- Veilchen?« »Gewiß, gewiß,
Parma-Beilchen.« Und wieder ries sie:
,.Lieschen, die Parma-»Veilchen!«
und Lieschen lam. Wie sie zuriiclsuhr,
als sie ihn sah« sast erschrocken; dann
aber lächelte sie ganz freundlich und
unbefangen.... »Bitte sehr, mein
Herr, wenn Sie sich auszusuchen be
lieben«...· und das sürwitzige seine
Stumpsnäschen blickte noch viel ent
zückender drein.
Alle Tage kam er nun, sich seine
Veilchen zu holen, Großmutter lächelte
nur wohlwollend zu dem harmlosen
Nurmachen und Lieschen ließ sich
munter und neckisch seine unschuldigen
Huldigungen gefallen. . . .
Eines Morgens kam er wieder, da
war Lieschen ganz allein im Laden,
denn Großmutter war trank geworden
und lag hinten im Stäbchen im Vett.
»Mein liebes Lieschen,« sagte er da
aus einmal zärtlich und beugte sich zu
ihr und schlang den Arm um die zarte
tindliche Gestalt. Wie sie erzitterte
und so küßte er sie und nun alle,
alle Tage »Lieschen«, ries es
manchmal aus der hinteren Stube,
aber immer schwächer und schwächer,
und als er wieder eines Morgens kam,
da war auch Lieschen nicht mehr im
Blumenladen, aus der Hinterstube
aber drang leise ein Weinen und
Schluchzen, und da tniete Lieschen-an
einem Bett, den Kopf in die Kissen
und auf ihrem braunen Haar eine
weiße, erstarrte ehrwürdige Hand.
Nun war sie mit einem Male ganz
allein in der großen weiten Welt
Denn Vater und Mutter, die waren
schon lange todt.
Das Einzige, was ihre Großmutter
zurückgelassen hatte, das war der
blühende dustende Kram. Wohl oder
übel, jetzt mußte sie ihn mit eigenen
schwachen Kräften weiter führen. Und
plötzlich war aus dem Kinde ein wohl
crzegen«ee, anmuthiges stilles Mädchen
geworden. »
Nun Durste er nicht mehr alle Tage
kommen -- die Leute sprachen schon
darüber ..... davon aber mochte er
nichts wissen und kam wieder wie zu
Vor, und glücklich wie er, so duldete
sie's und liimmerte sich nicht mehr um
die Leute, und Abends-, wenn sie dann
zu später Stunde den Laden schloß,
dann wartete er drüben an der wohl
bewußten Ecke und dann gingen sie
zusammen dicht nebeneinander, Arm
in Arm und waren glücklich, so glück
lich. —
Da lam der Morgen, wo er, gerade
in so feierlicher Tracht wie heute, in
das große diistere Haus hineinschritt,
sein Examen zu machen, und dann
nach vielen, schweren Stunden der
Abend, und da stürmte er wieder hin
aus, voll eitel Stolz und Glück, und
oaruoer stand Lieschen, das Herz voll
Bangen und Hoffen» Herrgott was
US fiir eine Freude wart. ..
Und dann der Tag, der ihm die
Anstellung brachte sern in der fremden
Stadt, und da er scheiden mußte
Bis in die Lippen bleich, die weit ge
öffneten großen Augen starr auf ihn
gerichtet, hörte sie ihm zu:
»Du willst willst von mir?«
Man-H ihm doch selber so schwer, so
ganz unsaabar schwer-.
»Gduard!«
»Es muß doch sein, Lieb-. Jch kom
me ja wieder!«
»Du oersprichst es- mir mit Deinem
heiligen Wort?«
Jn Noth und Verzweiflung mit ge
rnnaenen lHänden schrie sie’s zu ihm
auf. . . .
Und er oersprach’g —- mit seinem
Wort.
Und da lam die sremde Stadt mit
den fremden Menschen und den frem
den Straßen, das Getümmel und Ge
nsiihl der Weltstadt, wo Jeder nur sich
selber lebt... und aus einmal war
auch er selber drin in dem Getümmel
und Gewühl und vor ihm das lockende
Phantom, Ehre, Ansehen, Stellung.
««1e ersten Wochen irr-rieb er Ihr,
dann... mein Gott, eZ bleibt Einem
aus dieser wilden Jagd so wenig Zeit
nun schrieb auch sie seltener .
er hatte sie aber darum nicht vergessen
zu Weihnachten schrieb er ihr
wieder und da, oa kam der Brief zu
rück. . .. Adressatin nach augwiirts
verzogen, wohin unbekannt«. . ..
Ganz aufrichtig, Edrtard, war Dein
Leid damals auch wirklich so echt, oder
athmetest Du ganz im Geheimen nicht
mit leichterem Herzen auf? War Dein
Gefährt mit einem Male von allem
Ballast nicht frei und konnte nun erst
so recht in sausender Karriere dahin
treiben aus diesem spiegelalatten AK
phalt, hin bis zu dem Hause dort,
siehst Du’s schon blinken mit seinen
aoldenen Gittern und den blühenden
Alazien davor, dem ersten Haltepunkt
da Du rasten willst. . ..
Und die Maisonne strahlte, und die
Biische dusten, und von· driiben, ge
rade von dem stolzen Hause her, weht
ein sluthender wundersamer Hauch. ..
Veilchen! Und da stecken die blauen
Köpfchen zusammen: »Denlst Du noch
unser-? Und warst Du nicht glücklich?«
Und hast uns nun doch in den Staub
geschleudert und Dein sansendes Ge
siihtt über uns weg. .. und nicht nur
nir, auch eine andere unter den Rä
dern. Und liebtest sie doch und gabst
ihr Dein Wort, Dein heiliges Wort,
und . .. ja, ja, glaub es nur . .. liebst
sie noch heut’ Nach Ehre zogst Du
aus und gabst die eigene hin.
Nach Glück --— und meinst mit dem
Wurm da drinnen und wär’ es aus
oer stolzesten Höh’, noch jemals so
recht von Herzen glücklich zu sein
Jst das, ist das der frische, freie, ehr
liche Bursche von einst J
zögerst Du aberi Da ist ja das
mit den goldenen Gitter-» .«
Vor dein Hause aber gerade In
dein Laternenpsahl, hält ein MäM
eine zarte blasse Gestalt, mit
Korb auf dem Arm und, inMoot
bettet, duftende blaue Blaumen da .
»L;eilchen, frische Veilchen, Nin
rr «
Er schreckt davon aus.... richtig,
das war’s ja ein solcher Strauß. .
Nun tritt er heran, und sieht er ihr
in s Gesicht ..... da schreien sie Beide
aus«
Blau die Veilchen vor ihm
strahlender aber das goldene Git
ter... -
»Vorwärts! Vorwärts! Sie war
ten aus Dich!«...
Da stiirzt er vorwärts in’s Haus«-.
An den Laternenpsahl aebr klam
mert sich eine zitternde todtbletche Ge
stalt. . und Korb und Veilchen be
Decten den Stein«
Wer hat Moskau annestecktT -
Jst es wirllisib wahr, daß Rastatt
schin Moskau in Brand gesteckt hat?
Das Jst eine streitige Frage, die Pierre
de Segur auf Grund neuer Beweis
stiicke in der »Revue de Paris« wieder
ausnimmt. Jn seinem Roman »Kriea
und Frieden« stellt LeoTolstoi Rostop
schins angebliche Graszc hat bestimnit
in Abrede: »Moslau«, schreibt ei,
,brannte. wie irgend eine andere aus
Holz erbaute Stadt, wie irgend ein
Dorf oder ein-Haus hätte Nenn-entsu
nen, die non ihren rechtmäßigen Be
sitz-in verlassen nnd von dem Erst-s
besten ist Besitz genommen worden
wären. Und im Jahre 1823 veer
fentlilitc Rostopschin selbst seine in er
essanie Broschüre unter dem Titel
»Die Wahrheit iiEJer den Brand voi!
Moskau« in der er e: klärt: »Man
muß mir Gl auben schenken, wenn ich
auf die schönste Rolle jener Zeit frei
williq verzichie und das Gebäude inei
neg Ruhmes selbst zusammenstürzen
lasse.«
Trou dieses Zeugnisses das man
doch eigentlich siir ausschlaggebend
halten sollte, hält Pierre de Seaur die
entqeaenqesrtzte These aufrecht und
drängt Rostopschin die Ehre aus« die
dieser selbst ablehnte. Herr deSeguk
benutzt iiir seine Studie Privaibriese
thnstopsciiing und hauptsächlich eins
Ulb Icgl Illlcy llllyl yclallbgcgckoclls
Korrespondenz Rostoptchins und des
Kaisers Alexander aus »dem Jabre
1812. Uns einig-en Ausziiaen, die
Pierre deSegur macht, ergibt sich keine
absolute Gewißheit, aber weniastens
manche interessante Vermuthuna. Ro
stopscbin wußte, daß Moskau schlecht
dertbeidiat sei, und betrachtete die
Ueberaabe der Stadt als eine Kata
stropkse siir Russland Kurz vor dem
Brande schrieb er an den Kaisers-Da
ich einsehe, das-, das Schicksal Maskens
non einer Schlacht abl,än·at, habe is
mich entschlossen, die wenigen Leute,
die noch dort geblieben waren, aus
der Stadt zu entfernen, und ich setze
meinen Kopf zum Psande, daf; Bona
parte Moskau ebenso verlassen findet
wird, wie Smolensk. Alles ist weg
geschafft worden. Wenn Moskau in
die Hände Bonapartes fällt, wird es
eine Wüste sein —— wenn das Feuer es
nicht vernichtet —- und es kann sein
Grab werden!« An demselben Abend
kam ein Ossizier Kutut"ows, der Prinz
Nun-en Von Wiirtiembera, zu Rostbv
schin, nnd dieser rief mit zitternder
Stimme aus: »Wenn man mich um
Rath staate, wiirde ich keinen Angen
blick zöacrn, Zu sagen: l«ieber die Stadt
niederbrennem als sie dem Feinde
iiherliesernl Das ist Nostopscksins
Meinunat Was aber den Gouverneur
der Stadt betrifft, der den Auftrag
hat, iiber ilsr Wohleraeyen zu wachen,
fn fis-»- sp· »ein-»- knlplun tll««- nkkkc
geben
Hat Rostoschin später diese Unter«
sci;.-idunq zwischen dem Manne und
demBeamten aufrecht erhalten? Sicher
ist, das-, der Gouverneur im letzten
Augenblicke befahl, daß die Feuer
spritzen mehrere Hundert an Der Zahl,
sämmtlich aus der Stadt entfernt
werden sollten. Ein General, der aus
der Landstraße diesen nyrtwiirdigen
Zug traf, fragte Rostopschim was das
bedeuten solle, und Dieser erwiderte
nur: »Ich habe gute Gründe dafür!«
Einige Jahre später führte er in Ver
lin einen indiskretien Frager In sol
gender Weise ab: »Das, mein Herr-,
ist eine Frage, die der Kaiser selbst
nicht an mich gerichtet hat, und da
raus antworte ich keinem Menschen.«
Weshalb aber lebnte Rostopschin den
Rubin dieser Heldenthat ab? Weil«
nach dem Abzüge Napoleons und
nachdem die Gefahr vorüber war, ganz
Moskau sich geien den Brandstistet
gewandt hatte. Rostopschin mußte
aus dem Lande gehen. Er irrte acht
Jahre durch Europa, und als er im
Jahre 182:?, ein alter, müder, kranker
Mann in die Heimath zurückkehren
wollte, um dort zu stkribe:i, mußte er
die erwähnte Broschüre vorausschicken-,
in der er alles entschieden ableugnen-,
— s-—..—.-—« - -
»in-» svss »s- -«u··,
«
Aus der Setundttrbabn.
Fahrgast (cviitt)end): »Das Be
schiverdebuch! Der Zug hat wieder
den Anschluß verbummelt, ich werde
mich beschweren!« «
Stationsches: ,,Wissen Sie was
lassen Sie das lieber! Die Post gest
auch mit der Sekundärbahn, und e e
die Beschwerde bei der Direktion an
kommt. ists dies ganze Geschichte ver
fährt —- — Priese gesättigt«