Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, September 19, 1902, Sonntags-Blatt, Image 9

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    Honntagg- Blatt
Jkilagk des ..!Ikbraslm Staatcsp Änzkigu und chro
J P. Lskisidolxah,.L:7crc1ugebet. Grund Island, Nicht» den lsi Eptcnwcr1902.Kommisqu No ji
-—-- .-- -.
W
Der Strike meiner Frau.
T sumoriftifche Slizze von Friedrich
f Thier-te
Es ift wahr, wir Männer sind im
allgemeinen etwas riiasichtelosL
- Wenn Jemand sagt: wir Männer,
meint er sich selbst. Alfo —- ohne
ucheleil — ich meine mich selbst!
ch war ungerecht in meinen Anspru
und daher undankbar gegen
meine tleine hübsche junge Frau! Sie
lachte gut, sogar vorzüglich s·
Und doch —- sest die Menschen in
einen Goldpalast und laßt ihnen die
gebratenen Tauben in den Mund flie
n, ihr werdet sie nur kurze Zit zu
fxieden stellen! Jharelang hatte ich
mich an idn Hoteltafeln herumge
driickt und mich wie ein Tertianek auf
die Ferien, auf die freie Zeit gefreut,
da ich das fade Einerleigericht unter
ein Dutzend Bezeichnungen meinem
Gaumen nicht mehr zuzuführen
brauchte, und nun fah ich mich kaum
am Ziele meiner Wünsche, so brach
der alte Adam in mir durch und ich
fing an zu tritteln und zu nergeli:.
Das erfte Mal fühlte fich Hanna
tief getränkt —-— sie weinte bitterlich
und schloß sich in die Kammer ein,
ich bat um Verzeihung und es gab
eine rührende Verföhiiiina. Das
zweite und dritte Mal derselbe Vor
gang. Bald aber begann sie ärgerlich
; zu werden s-— ihre Wangen färbten
sich roth und fie gab mir wiederholt
den Nath, mir doch von meiner Muts
ter, die ich auf ihre Kosten lebte,
lachen zu lassen. wenn mir ihre Kost
nicht behagte. Jch reizte fie, sie keizte
mich, fo entzündet-. sich so lange
s- Flaxcime an Flamme, bis das Feuer
hellauf loderte. ’
»Noch-s fiir dich ioer will,« fuhr
Hanna endlich aan »ich habe heute das
letzte Mal fiir dich gekocht. Jch streite.
O-. s.-e.- k-- m»»-- s.«. Ali-instin
qus Hut-s uwn ussvks »u« «»-·-·-.-.
gen magst du oerhungern!«
»Verbunaern? Denkst ou. daß ich
das nöthig habe? Das bißchen Kuchen
kann ich nöthigen Falls selbsi besor
gen.«
»Nun gut,« ries Damm zornig,
»weil du so sprichst, werde ich meinen
Entschluß in Thaten umsetzan Jch
schwör-e dir hiermit, nicht eher wieder
eine Hand in der Kiiche zu rühren,
bis du mich selbst iniesällia darum.
biiiest!«
»Und ich schwöre dir, von nun an
das Rachen selbst zu besorgen, so
lange, bis du mich bittesi, dich wieder
in deine Rechte einzussetzen!«
»Topp, es qili ·—— morgen sangen
wir an! Frühstück und Abendbrot will
ich zubereiien, aber das Mittagessen
soll deine Sorge sein.«
»Ich gestehe offen« ich sah dem Ex
periment doch nicht ganz ohne Desorg
niß entgegen; indessen beruhigte ich
mich bald, der Versuch mußte ja ge
lingen, denn das bißchen stachen
konnte unmöglich Hexerei sein! An
ßertsem war auch Nnnnn das Dienst
mädchen da, die sollte mir verstehen.
Schon am Abend überlege ich, wo
mii ich am anderen Tag meine iulis
nariiche Thiicigieii beginnen sollte
Jch gedachte meiner Gtatin möglichst
zu imponiren und ging im Kopie den
ganzen Speisezetiel unserer Wirth
schast Durch. Rinderbraien und Kni
iasseltlöße erschiene-s mir endlich als
die soliceste Lösuna der wichtinen
p
Frace -- dieses Gericht ist nicht
schwer zu bereiten un: besitzt Doch ein
iinponiremes Aensiere
Jch lies; mir also vom Mädchen
drei Pfund Rindfleisch holen, »ein ais-«
tes Sriick, wenn sich der rPeici auch et
was höher stelle.« Ich betrachten: es
mit .stenncrn«.iene nnd erllärte mein-.
Zufriedenheit
»Jetzt wollen wir e-: ansetzen,«
faate ich, »ael)en Sie mir eine Pfanne,
Ramm, ein Etiict Butter, drei Zivie
beln. Salt-, Pfeffer, Jnazoer, Zirnint
und Boitillon."
»Was, Herr Vogel, Sie wollen
doch nicht Jnatrer und Ziinrnt an den
Braten thun? Uns drei Zwiebean
Und was wollen Sie denn mit der
Bouillon machen?«
»DurnIne Frage —«— den Braten
darin ansetzen, natürlich!«
»Aber Herr Vogel — in Vanil
lon?««
»Geben Sie mir mal das Kochbuch
her!« Sie reichte es mir, ich dliitterte
darin. Aber je länger ich studirte, fe
duntler ward mir im Kopfe. Das
hatte ich nicht gewußt, daß es auch
ein besonderes Küchenlatein gab! ·
»Nannn, wissen Sie, was das heißt,
man läßt den Geschmack heraus
ziehen?« .
»Nein,« grinste Nannn.
»Ob« was man unter abschineclen
versteht's«
»Nein.«
,,Oder unter säinäger Saure, lang
samen Aus-backen, Glattrülfrem flüch
tigein Feuer u. dgl.?«
Nannv schüttelte den Kopf.
»Na, setzen Sie inal den Braten an
und machen Sie alles für die Klösze
zurechtt«
.,Bedaure. Herr Vogel, ich sann
noch nicht kochen-«
»Was, Sie können nicht —- nicht
tochen?« ·
»Nicht ein bischen« aremte sie. «
Seufzend stand ich vor meiner
Pfanne und überlegte Doch die Zeit
brannte. es mußte ers-handelt werden.
Ich setzte also den Braten an, sonnt
es atra, und machte mich an die Klosze
Usnny mußte die Kartoffeln reiben,
dann reute ich etwas Mehl daznkls
scheu, chlun ein halbes Dutzend Eier
M und M ein halbes Eiter Milch
i
! hinzu. Aber zum Kuckuck die Masse
zwollte nicht sest werden« ich mußte
1Mehl und immer mehr Mehl nehmen,
um endlich eine Anzahl Dinger, deren
Form derjenigen der Klösze möglichst
ähnlich war, heraus zu bekommen.
; »Na, vielleicht wire-? besser als man
jertvartet,« tröstete ich mich. »Ein den
’ Topf damit, Nannv.« «
! ,,’s ist auch die höchste Zeit, ’s ist
gleich 1 Uhr,« rief Nannv.
» ,,.sioch, ich bin aewöhnt, um Zwölf
’zu speisen, ertönte m diesem Augen
jbliet die Stimme meiner Frau durch
»die Thür. »Ich habe einen wahren
I Löwenhunger!«
i ,,Svaleich, Madame, sogleich«
» »Man-rin, die Klösze müssen doch
nun gut sein!« Wir schauten nach —
o wels, es befand sich nichts als eine
breiiae, suvpiae Masse im Tapr
»Von Wetter -- wie ist das- mög
lich, Nannn?«
»Ich weis-, nicht « vielleicht treil
Sie Milch und Eier zu viel genom
men -— dann haben Sie auch die ges
rösteten Semmeln vergessen —«
,,Geröstete Semmelm richtig!« Eine
dunkle Erinnerung tauchte in mir auf.
»Ach in s— und dann haben wir ja
die Klöße in laltem Wasser angesetzt
--- vie müssen ja gleich in’s lochence!"
Mir stand Der Anastfchtveiß auf der
Stirn. ,,Egal,« stöhnte ich endlich,
,«;u essen ist das Zeua jedenfalls nicht
Kuchen Sie schnell Kartoffeln zum
Braten s-- ich »«
»Ja, der Braten, den hatte ich ganz
vergeuenl Ver muß oocy nun gar
sein· Haftia zog ich ihn beraus. Son
derbar, sein Aussehen gefiel mir nicht.
Mit scheueni Blick betrachtete ich ihn
und sagte zu Nanny: »Sel;en Sie doch
rnal Das Fleisch an, es kommt mir
vor, als lonne damit nicht alles in
Ordnuna sein«
Nanny warf einen Blick darauf
uns schrie entsetzt: »Total verbrannt,
Her-r Voael!« s
»Sie sind wohl nicht bei Troi,«
rief ich bestürzt und kostete hastia:
Pfui Spinne, schmeckt das Zeug! llnd
Die impertinente Uhr zeigte bereits auf
halb Zwei. Auch rnir knurrte der Ma
gen wie ein unaefchmiertes Mühlrad
—- o, und wie würde Hanna mich
auslachen! ;
Da kam mir Plötzlich ein rettenaer
Gedanke.
»Nannt1. tbnnen Sie schweigen?"
»Wie Das Grab, Herr Vogel!«
»So sprinan Sie schnell herüber
in Den Zchivarzburaer Hof. Holen Eise
vier thriionem aber in einein Ztiick.«
»Wer Partionem was wenns-«
»Was es aiebt, ganz eaal —-— aber
lassen Sie lich beileibe nicht von mei
net Frau er,oischen!«
Nannn eilte und lehrte zurück Gott
sei Dant, meine Ehre war gerettetl
Delitaier Schmeinebraten mit Klö
ßm und Zauerlraut eine vorzügliche
Bonillonfupre -—— «l1inein und richten
Sie an. Schnell!«
lssis geschah. Wir fix-isten. ,,Ettvas
spät, Herr Roch,« bemerkte meine
Frau spöttisch, aber Nim Anblick desi
Mahleg verstummte ffsie. Mein Pro
mslt Einen-miet- nnh inmnnsrte Imckt
i :i·.-;st;:, als- fie davon tostetc.
. »Wals,ri;nitia, a1.:5qezeichnet,« rief
fie aufrichtig. ,,l7,ine tröftige wohl
fchsnectense But-ne und dieser
Zchweinebrstem fo saftig und weich’
und ioqar stlöfze haft du fertig zie
b:.1cbt?« Sie fah mich plötzlich zwei
feind an.
»Du, Ernst, das ift nicht dein
Wert!«
»Was fällt dir ein!« entrüstete ich
mich.
,, -u haft es iraendwo holen lassen
——« richtici, es fällt mir ein, daß du
Nannn ja heute früh nach Rindfleifch
aus-gesandt haft. Das tann sich doch
nicht in der Pfanne verwandelt ba
den. Nicht wahr, Nanny, Sie haben
das Essen geholt?«
Nanny platzte laut heraus. Jch
hätte fie zerreißen, zermalmem zertrei
ten, zerschmettern können.
»Ernst, das ift gegen den Fions i
tratt,« ertlärte Hanna höhnisch. »Von l
nun an werde ich dir vorschreibenH
was du lochen foft." .
,,!t·tteinetweaen,« faete ich reiignirt !
»Was willft du denn morgen haben?« J
»Nun, ich will dir die Stiche nicht»
zu schwer machen,« versetzte sie gut-»
miithig. »Zaan wir — gebratenes
Hut-n mit Reit-.« «
Jcti atlimete auf. Ein Huhn braten,
war gewiß teine Kunst, und Reis
kochte von selber. Jn der-That ging
auch am anderen Vormittag alles vor
trefflich. Das Hahn wurde ausgenom
men und fchmorte programininiifzia,
der Reis quoll sich-dar Ich lächelte
ftolz, als die Speisen auf der Tafel
prangten.
»Ah, es sieht gut aus« lobte auch
dannmvals fie das Hahn tranchirter.
Wir fingen an zu essen. Jch nahm den
ersten Löffel voll —- hm, was war
dass Warum schmeckte er fa1 fade und
ntlchteenf »
»Dn hast das Salz vergessen,«
lachte meine Frau, »aber dem läßt sich
abhelfen.«
Sie fiilirte dann den ersten Bissen
Hahn zum Munde.
Ein lauter Schrei »s-- sie erbleichte,
tnifff die Augen zu, sperrte den Mund
an —
»Hannn, was -- was ift denn?«
»Kofte einmal das Huhn!"
Unruhig, mit bösem Gewissen,
folgte ich. Heiliger Jupiter, mir blieb
der Bissen im Munde stecken, mein
Gaumen, meine Zähne, meine Zunae
sträubten fich. Niemals im Leben hatte
ich etwas so böllifches geschmeckt! Bit
tsersalz, Schwefelbliitbe Afa foetida,
alles das war nichts gegen den Ge
schmack dieses vertrackten Hunne« das
aus der Pfanne mir so appetitlich
entqegendnftetr.
Was in aller Welt hatte sich damit
ereinnet2
»Das Thier muß trank fein,« be
merkte ich unsicher-.
»Kr(1nt? Nein, aber die Galle baft
du Zerdrüctt oder gar darin gelassen.«
Ach, die Galle! Hatte ich doch, als
ich das Hühnervieb seiner Eingetveide
beraubte, ein dunkles Empfinden, als
müsse man dabei auf etwas besonde
res aufpassent Aber an die Galle
dacht-: ich nicht« hatte auch keine zu Ge
sikbt iucnnsnsnni Utwifztllns hit- Un
cherei hatte ihre Schwierigkeiten, es
gab so vielerlei zu bedenken! Doch
verbarg ich meinen Kleinmuih und
sagte Panig: »Das tomrnt davon, daß
du mir vorschreibit, was- ich auf den
Tisch bringen soll! Du machst dir dei
nen Küchenzettel auch selbstl«
»Gut, so will ich dich wieder srei
schalten lassen,« entaegnete meine Frau
mit triumphirindem Lächeln. Ich aber
saszie einen teuflischen Plan: Eins
existirte, was ich unbedingt zu berei
ten verstand, Bratwiirste —- und Kar
tofseln dazu konnte Nanny tochseni
Am nächstn Mittaa pünktlich um
Zwölf erschienen sie aus dein Tisch.
»Sieh da, Bratwurste —- eine gute
Joee.« ries meine Frau erfreut. »Ich
esse sie so gern·" .
Am nächsten Mittag, wag gab esfx
Braiwiirste mit Kartoffeln!
Dritter Tag: Bratwiirste mit Kar
toffeln.
Vierter, fünfter, sechster Tan:
Bratwurst-.- mit Kartoffeln. Das Ge
sicht Hannag zog sich immer länger.
»Mach’ ein Hinde, oder ich weroe
trank. Ernst —- ich habe schon allen
Appetit verloren«
,.Tl)ut mir leid, mir gerathen die
Brativiirste am besten."
Sonntag: Wiederholung des Me
nuH vom vorigen Tage. Weder meine
Frau noch Nanny rkihrten einen Bis
sen an. Die Bratwiirste seien itmen
kam Ekel, erklärte sie zornig. Nun,
ich verstand ihr Gefühl, Denn mir
ging es gerade so. Ader ich bestand
aus meinem Willen, und als Nannn
am nächsten Morgen ihre stereotype
Frage los liess,: »Was tochen wir»
heute, Herr Voael?« erwiderte ich gre- 7
lassen: «
»Wie immer, Vratwiirste mit Kar
:osfeln!«
»Eh« sterben,« subr da meine Frau
in die Küche herein. »Nein Ernst, allez
nsag recht ist! lieber verliere ich die
Weit-» als deer ich noch einmal dass
Zeug auf dem Tische erblicken will!«
»Gut,« versetzte ich gutmütbig
»Du bittest mich also, dich wieder in
deine Recht-e einzusetzen?«
»Jawohl.«
ek- --r«.--.. H- -».-r. bös-m Mil
»O» Hksuxupp u-- s «. w»
len·« Und mit verantiater Miene
käumte ich sogleich das häusliche La
boratorium.
Hei, wie munoete uns allen diesen
Mittag das DinerL Oanna hatte sich
aber auch wirklich seldst übertroffen!
»Verzeih mir, mein Lieb,« sagte ich
teuevoll nach dem Essen, »ich war im
Unrecht und du im Recht. Nicht du,
sont-ern ich bin eigentlich der Verlies
rer der Wette, denn hättest du noch
einen Tag gewartet, so hätte ich dich »
tniesiillig aebeten, deine Pflichten l
wieder zu ilbernehmen. Jch hielt esi
ja selbst nicht mehr aus! Nun aberz
verspreche ich dir, niemals wieder anl
(
i
quy »-·
Deinen Speisen zu niiiteln.«
- s —--. Os-----— »
Der Besuch der Schwiegermutter.
Sie: »Heute Mittag, mit dem zwei
Uhr-Zum kommt also meine Mama.
Sie wird wohl bis »zum Ablauf des
Netourbillets bei uns bleiben. Meinst i
Du nicht, wir sollten ein Willkommen s
Malat mit einem Kranz umgeben,
iiber der Thüre des Gastziminers an- i
brinaen?« i
Er (iira·eelich): »Nun meinetwegen s
Als wassende Inschrift würde ich(
i
Schillng Verse aus stassandra em
viehlen: »Das Verhängte musi, ge
schehn das Gesiirchtete muß nahen-«
»Mein Fräulein, ich glaube gar,
Sie gähnen!«
»Jawohl, das ist aber bei mit nur»
so’n Zeitvertreib.« I
Das Urmband des Generals. l
Das Liebesmahl ist beendet. Die
Herren sitzen, stehen oder promeniren,
zwanglos plaudernd, in fröhlichen
Gruppen im Garten des Ofsizieeskasi
nos. Ein linder Hauch fächelt die laue
Luft des Friihlingsabends um die er
hitzten Stirnen. Jn den Lauben duftet
der Flieder. Gewandt und geschäftig
eilen die Ordonanzen hin und her.
Hier und da der Knall eines Champag
rierpsropsens, ein Gläsertlingen, ein
lustiges Lachen; dazu das Stimmen
geivirr frotfer Unterhaltung — alles
iiliertönt von den heiteren Klängen der
Reaimentglapellr.
Der Generalleutnant von Henning,
welcher als Gast des Kommandeurs an
dem Liebesmahl theilgenommen, hat
sich soeben verabschiedet Doch auch jetzt
noch bildet er in ven meisten Gruppen
den Gegenstand lebhafter Erörterniig.
»Ein-: wunderbar eindrucksvolle Per
sönlichkeit!" äußert soeben der Regi
mentgadjutant von Prinin in eine-n
neben dem Springbrunznen gruppirien
Kreise jüngere-r Kameraden. »Auch wer z
nichte- von seinen Kriegsthaten, seinen: i
hervorragenden Ruf weiß, muß un-t
willkürlich die Bedeutung des Mannes t
fühlen, wenn er nur einnitl die hohe,!
sie-affe, schlanke Gestalt, den edel ge
schnittenen Kopf, die vielgefurchten sei- z
nen Züge und vor allein das große«
kluge, so ernst und doch so gütig dick-!
ende Auge sah. Und dennoch — eins
begreise ich nicht. Eitelkeit — und zu
mal in Aeuszerlichteiten — paßt so gar
nicht zu dem ehrsurchtgebietenden We
sen des alten Herrn: Er trägt ein
Arnibandl«
»Ist mir an chausgesallen,« bemerlt
Lentnant ven Rosen, der allgemein be
liebte, übermüthige Jüngste im Regi
ment, »wenn ich mein graziöses Hand
gelenk schmücke, so bin ich das ja mei
nen zahlreichen Verehrerinnen schuldig.
Aber so’n ehrwürdiger Oberbonze...!
Und wie kokett er damit liebäugelte!«
,,Itolett?!'« ruft plötzlich hinter den
Tilaudernden eine tiefe, ernste Stimme,
in deren Klang Vorwurf und Weh
muth ergreifend vibriren.
»Vergelsnng, Herr Oberst, ich wiirde
dies Urtheil siir mich behalten haben,
wenn ich geahnt hätte. . .«
»Das-, deg Lberbonzen Jugend
srennd es- zufällig hören könnte. Ich
weiß dag, mein lieber Rosen,« lautet
die gütige Erwiderung »Doch setzen
wir uns-, meine Herren, ich kenne die
Geschichte diese-« Armbandes und möch
te sie Ihnen nicht vorenthalten.«
Leise plätscherte der Springbrnnnen,
als ranne er allerlei Geheimnisxbolleg
act-z alten Tagen. während der Oberst
nach turzer Pause seine Erzählung be
ginnt:
»Es war vor vierzig Jahren. Ein
trüber Teicntbermoraen beannn eben
zu grauem als-ein Landauer eilig
durch die Ztraszen der noch schlafenden
litarnisonstadt sul1r. In dein Wagen
saszcn ausser mir der Reaimentgarzt
und die beiden unzertrennlichen Kame
raden, die Leumants von Hennina und
von Horsi. Obwohl Hennina sechs
Jahre älter tvar als Horst und ich,
kann ntan sich doch kein schöneres, in
nigereg Freundschastgverbältnisr den
ten, als zwischen den beiden, die sich
— Henning ernst und etwas schwer
Iniithia, Horst stets heixer und froh,
beide von dornehmster, edelster Gesin
nung —--- wunderbar eraiinzten Sie
verkehrten wie Brüder. Beinde waren
seit stiihester Kindheit verwaist; um so
enaer hatten sie sich einander anges
schlotsen, Der eine schien ohne deman
dern nicht leben z utönnen, stets sah
inan sie beisammen; so auch heute aus
diesem ernsten Ganae·
Länast ist der Waean in den Wald
:ingeboaen: ietit hält er in der Nähe
einer Lichtuna, auf der eine kleine
Gruppe von Herren bereits harrt.
Schnell sind die Vorbereitungen ac
trossen. Der Unvarteiische ,iählt. Zwei
Schiisse fallen aseich.),eitia. .dorst’g Gea
ner schwankt einen Auaenbliek: seinefl
linke Schulter ist aestreist, doch ist er
nicht kampsunskihia. Der iweite Feuaes
tvechsel folgt. Als die Schiisse gefallen,
sinkt Horst »in Boden. Die Ftuael desj
Geqners hat seine Brust dnsrlsbshrt
Der Stabsarzt hat nach tunc-r Unter
suchuna trauria den sinds wes-entf.
Jetzt kniet Hennina neben dem sterben
den Freund. Beide blicken sieh zum letz
ten Male in die Auaen Horst auch ietzt
noch heiter lächelnd, Hiennina mit ie
nem erschütternden Ausdruck eines
Menschen« der nicht zu begreifen
scheint. «
»Nicht so trauria. ann, erschwere
mir den Abschied nicht.« Leise, kann
sam kommen die «Worte aus der todt
munden Brust. »Meine arme, aeliebte
Schwester! Du weint, wir sind Wai
sen. sie hatte nur mich. Nun ist sie aane
verlassen, noch so jung. Nur Du sollst
i
ihr das Unabänderliche mich-eilen Und (
hier«-mühsam versuchte er Ien lin-»
ten Arm zu heben-»nimm dies Arm
vand. Sie hat es aetraasen, bis sie es
mir qab, als wir uns das das erste
Mal trennen mußten: ich trug es stets
in Gedanken an sie. Troge Du es- nun
zum Andenken an einen Freund, der
Dich sehr lieb....« Das Haupt sank
fzärtiict Das junqe Leben war entflo
n. — —
Hennina brachte der in Dresden wei
lenden Schwester des qesallenen Ka
meraden die Trauerbolschaft. Er sah
sie bei dieser Gelegenheit zum ersten,
doch nicht zum letzten Male. Hatxe ihn
mit dem so jäh abberusenen Bruder
dag Band einer idealen Freundschaft
derbunden, so beannn er bald, siir die
Schwester in ebenso idealer Liebe zus
craliilsenx und diese Liebe wurde ver-s
wirerL Zwei Jahre später waren sie s
vermählt. Ich verkehrte seitdem viel in T
Henninckg Hause, in dem das lautersie
Gliick uno ein wunschloser Frieden s
herrschte, der nicht von dieser Welt?
schien. Nur wenn Hennina’s Auge das
Arinband an seinem linken Handge
lenl erblickte, lief ein Schatten über
seine Züge. Er aeoaclpxe des Todten.
Wie r-: r waren zwei Jahre ins Land .
aeaanacm da rasse lten die Trommeln j
h«.- ----- kA-—-.-! ...-.k!.-«.k
»u-« HDHUI ULILXLLLIW tuuksusllcuch !
preußischen Heeres. Auch Premierleut
nant v. Herrnan verließ sein junges
Glück, sein cis-lichtes Weib gerade in
den Tagen,’da ihm in banger und doch
beseliqender Erwartuna der Abschied
am schwersten werden mußte.
Königgrätzi Die große Schlacht war
geschlagen, der schwere Sieg errungen.
Wir beide — Hennqu und ich —--— wa
ren unoerwundet aeblieben. Einige
Tage nach der Schlacht saßen wir am
Bimatseuer. Neidlos freute ich mich der
2Cu53eichnuiiq, die Henninq soeben er
halten Er hatte bei Röniaarätz eine
österreichische Batterie genommen nnd
war dafür mit dem Rothen Adler
Oreen deioriri worden. Doch des Ka
meraden Gedanken weilten in der Fer
ne bei der Gattin. —- Wenige Wochen
später —- wir waren schon auf dem
Proben Rückmarsch in die Heimath —
zsxigte mir Henninq eines Morgens ei
»nen Brief« stumm, aefaskt wie immer,
« doch tvied.: mit jenem rühren Ien Aus
druck eines heherrsch en doch namen
tosen Schmerz-e g in den Augen. Der
Inhalt des-«- Briefes war niederschmet
ternd: Frau v. Henninq war todt.
stritt-. vor der heiß ersehnt-en Rückkehr
des Gatten war sie gestorben, nachdxm
sie einem Knaben das Leben gerieben
Satt der liebenden Gattin erwartete
den Heinrichrenden ein frischer Grec
hiigei. -
Sein Kind cvnr nun das Letzte, we;
ihm blieb. Die ganze Liebe seines gro
cui-II Essen-. snnisshs ,-»· s-:k««n Ins-n
z«s« --,,».»-.--· -—-«-,-s sie ts ------- v--,·»
Drei Jahre alt erinntte der Hinab-:
an Dipbtderitiis und itcird.«' —
Jn dem Kreise der Lanschenden Eit
jeder Laut derftnmmi Niemand acht-:
ans die lockend-en.(iteiil-,a;-;IJ’-elndi«en Der
Kapelle Selbst ane« Rosen-:- schalttiaii
ten Liluaen ist jeder Spur von Scherz
nn) itebertnnth a-:.o·:it;ci!. Der Oberst
dliett sinnend in’-.- Lisette-. Lanasans
Hain er Ien araeun Schnitrrbart durch
die Finger aleiten Dann fahrt er fort:
»Ein Jsatir Darauf niarschirten wir
nach Frankreich: Hauptmann d. Hen:
nina und ich noch in demselben Reif
inent. --— Es war am Abend eeg is.
August- Jch hatt-e als- Reaimentsadiuii
tant eine Melduna inUs Hauptquartier
iiberbracht und ritt von Grad-Hatte
iiber das Schlachfeld zum Reaiment
zurück. Die Nacht senkte sich auf das
weite Leichenfseld Die Ambulanien
hatt-en ihre Thätiateit beaonneti.1le
berall das Stöhnen und Aecheen Der
Verwundeten. Doch da — plötzlich ist
in nteiner unmittelbaren Nähe ein an
derer, seltfanter«Laut. Nur hundert
Schritte entfernt eine dunkle-, unheim
liche Gruppe, und jetzt deutlich ver
nehmbar von einer schwachen, dech
zornbebenden Stimme der R:ts: »Es
naiell!« Jch wußte aenua. Die Hvänen
bei der Arbeit. Mit einem Satz war ich
zur Stelle und vom Pferde-, den Re
volver erhoben. Ein Schuf-, tracht. Ei
ner der Elend-en sinkt zurück, die anne
ren Beiden sind im Dunkel der Nacht
Verschwunden Am Boden tieaen Trau
rina« Siegelrina Uhr, Börse. Der ster
bnde Schurke hält noeb mit der Rech
ten krampfhaft den Griff eines tur
W. icharfen Messer-Z umspannt, mit
der Linien umklammert er den Arm
eines schwer verwundeten Offi,-,iers.
t5-r hatte dem Obnmiichtiaen bereits
alle Pretiosen aeraubt, als ihm noch
dessen Armband in die Anaen fiel. Er
hrsb den durchschosscnen Arm, um das
Schlan zu öffnen. Da dies-Z in dem
schwache Licht der Biendlaterne nicht
aelana. war er eben im Bearifi. mit
dem Messer die Hand vom Arm zu
trennen, als der Bewsußtloie durch den
heftiaen Schmerz in dem hin- und her
aezerrtem Verwundeten Arm erwachte
nnd, sich mit schwache-: Kraft zur Wehr
sehend, jenen Zornesruf ausstieß, der
mich rechtzeitig herbeirief. CI ten-r
henning. Zwei Schüsse hatten ihn in
der Schlacht niedernestrecktp die eine
Kugel hatte den linken Arm, die anz
dere den rechten Oberschentel durch
bohrt-Seine schweren Wunden heil
ten indessen glücklich und schnell. Schon
drei Monate später kämpfte er wieder
bei -Orleans.
Nicht lange nach dein Feldzuge kam
er als Major in den großen General
stnb und stieg dann schnell von Stufe
zu Stufe, mit wohlverdienten Ehren
iibserhäust, geliebt und bewundert von
scinen Kameraden« treu seinem Beruf
und ---— dem Andenken an seine Lieben
im Grabe. Er hat nicht wieder gehei
rathet. Er ist einsam geblieben alle die
Jahre hindurch. Von dem Armbano
aber trennt er sich nie. Auch ich prüft-e
heute verstohlen den Gesichitsausdruck
des Freundes-, als sein Blick das ihn:
so theure Kleinod streift-e. Was blitz
artig in seiner Miene zum Ausdruck
lam, drang mir zum Herzen. Es war
die zärtliche Erinneruna, die männ
liche Trauer, die unwandelbare Treue
einer Heldenieele.
s —--..--— «
Jutcressanter Fund.
Jn Russland ist in der Nähe Des
Dons vor Kurzem ein sehr kostbarer
archäologischer Fund gemacht worden,
nämlich der Gold - Beschilag einer
Schwertscheire Er ist etwa 10 Zenti
meter breit und 54 Zentimeter lang
und wurde durch Nägel auf einem
Holzkern festgehalten Jn gestanztesn
Relies sieht man auf ihm drei Thiere
Ein Eberfchreitei nach links mit ne
maltiqer Riickenmähne und in dieHöhe
gerichtete-n Schwänzchem Ihm folgt
ein Löwe mit hernushänqender Zunge
nnd einem Schl-oanz, der in einem Vo
nplinhf pnhint lfin nnm nleicher Löwe
bildet das Ende der Platte. Das
merthvolle Stück dürfte noch aus dem
sechsten oorchristlichen Jahrhundert
stammen Weiter ist, wie der archiiolo
iische Anzeiaer berichtet, am Nordalk
hanqe oeg Kaukasus im Gebiete des
Ruban eine schöne Bronzeschüssel aus
dem dritten bot-christlichen Jahrhun
aert entdeckt worden Sie ist gezie:t
Durch Von Sikher eingelegte Mäande:
linien auf dem Rande nnd im Innern.
Auch mancherl ei kleine Goldsacheu
muri-en dort gesunden. Unter den in
stertsch aesnndenen Antiten ist bemer
tensmerth ein kleiner bronzenerKlapp
spieael, der. in fiachem Relies eine
sitzenzse Veniisis zeigt, an deren Knie sich
ein Erog l.ehnt Jm Bet des Dnepr,
Dass schon liinast eineFundstätte werth
voller Antiten bildet, stieß man bei
llngqrabnnqen aus Pferdeaeschirr in
Gold nnd Bronze, das spätestens aUH
Den-. fünften Jahrhundert stammt.
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YWic man billig zu einem neuen
Hut kommt.
Der Lechner Johann, oule Nobel
scl,ani, hats entdeckt, nnd er ist nicht
wenia stolz auf seinen Einfall Neu
tich acht er in einen der schönsten »Hu
iere r : Laden« nnd verlanat einen ele
c,anten isvlinoer neuester Facon. Für
so einen eleganten Herrn, wie der No
belschani ist, ziemt sich nnr der elegan
teste Hut, und aer Händler sucht denn
auch seine beste Waare hervor. End
Eich hat aer Nobeischani gefunden, was
ihm gestillt uno tritt neben die Thüre,
wo der Spiegel hängt. »Jetzt muß i’
Do« schan’n, wie er mir steht,« sagte er
schnuinzehm Da guckt einI c trafzenss
mnae durch die Thiire nnd schreit:
COL- »Zum-s WITH-» sssk Kinn Dank-Inn
,,-8,-.-ss »aus-« qs k» - »sp-» »- - q
scden Garten!«·- »Na toart’, Du
anp,« schreit der Nobelsehani cr
·qrii·n«mi, »Dir werd ichs seinenk« Mit
einem mächtigen Spruin ist er· aus
dem Laden und eilt dem Jungen nach.
Der Kaufmann tritt auf die Straße
nnd schon iino BciIe hinter einer Ecke
verschwunden Er wartet nnd wartet,
Lis- ihm endlich ein Licht aufgeht. —
LIMin aber ein al.er Wiener ist« dem
iie Geschichte passirte, so hat er dar
iioer qelacht nnd sxch den Apis-te it nicht
o r erben lassen Von seinem Cnlin
der bat er nie wieder etwas gesel).en
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Berechtigt.
A.: ,.Jch habe zwei Töchter, die
eine bekommt 5(),l)00 Mk. mit, die
andere 1l)().l)«() Mart "
B.: »Das iit wohl Jbr Liebling?«
A.: »Nein aber sie schielt.«
Kunst geht nach Brod.
»Wieviel Bändc wird Jhr neuer
Roman liaden?«
Schriftsteller: »Ich muß meine
Frau fraaen, wie es in diesem Monat
mit dem Wirti)schaf:5,ield steht.«
Offenlictzig.
Tanre: »Nun, Karlchen, l)at’«g ge
schmeett Z«
Karlchein »Ach in, Tante, manch
mal ift’5 bei uns auch nicht besser, aber
mehr giebt-«- inmier!«
Fein hinaus-geredet
Alter Rechtsanwalt lbeaegnet im
Korridor des Justizgebändeö nach
Schluß einer Schwnrqerichts Ver
liemdlunq einen Rechtsprattitanteih
welcher in der soeben beendigten Sitz
nnq dem verurtheilten Anaetlarten
alg Offiiialvertheidiaer beiaeaebexr
war): »Nun, Herr Kollege, welchen
Erfola haben Sie für Jhren Klienten
erziell?«
,,Einen eigenthiimlichen, err
Nechtsantvalt!« H
»Wieso?«
.,Sämmtliche Fraan wurden bejaht
und nur die Frage auf mildernde Um
stande hat man verneint!«
,·«. « »g- --k -»--i-I.,-s