Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, July 11, 1902, Sonntags-Blatt, Image 13

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    —
Die beiden Todfeinde.
Dame-rette von heinrich Sientietvicz.
Jn Nevada wurden einmal Petri-J
leurnauellen entdeckt. Man erbaute
säuser fiir die Arbeiter und taufte den i
rt««Struck Oil«. (
Zioei Jalflee später nannte sich
Struck Oil schon «Steuck Oil Cim««
Die Stadt und auch das »Busineß«
hoben sich zusehendg. Der Export von
Petroleum beachte erheblichen Gewinn.
Es gebrach an nichts in dem gesegneten
Struck Oil City. Die Einwohner
schlugen sich niemals und den »Nichter
Lvtlch« kannte man nur dem Namen
nach. Das Leben floß ruhig dahin,
jeder Tag war dem anderen gleich, wie
zwei Tropfen Wasser. Friede war in
Siruck Oil City wie im immel. Bald
aber sollten diese schönen - age zu Ende
ein.
Der einzige Groeer entstammte in
tödtlicheni hasse zu der einzigen Groces
rin, und die einzige Grocerin zu dem
einzigen Geocer.
hier muß ertliirt werden, was in
sStruck Oil City eine »Groeery« heißt.
Es ist das eine handlung, wo Alles zu
baben ist. Man finoet dort Mehl und
Hüte, Cigarren und stehtbesen,
Andpr Reis, Sardinen, Hemden,
Speck. Samen, Manieri, Hosen, Lam
pencylinder, Zwiebach Teller, Papier
tragen, getrocknete Fische, mit einem
Worte Alles, was der Mensch bedarf.
Arn Anfange gab es in Struct Oil
City nur eine ,,"Grocery«, dir einem
Deutschen. Namens Danks Rascia aes
hörte-. Er war ein phiskgmatischer
Mensch von 35 Jahren. Englisch vet
1..-1.«.·t4
IIIUU II llul III-sich llls zuttl Wxsususn ;
nöthig war; sonst aber lein Wort; das
Geschiist ging vorzüglich und es hiesi
in der Stadt allgemein, der Grocer sei
seine paar Tausend Dollars »werth«.
Inzwischen entstand eine neue Gro
eern. Zwischen den beiden Rivalen
entbrannte also ein Krieg, und zwar
begann er damit, daß die Besitzerin
der neuen Grocerh, eine englisch sein»
wollende deutsche Dame, Laura Neu l
mann, die sich daher auch gern Niurnen
Jnannth zum Begrüszitngs- Lunch Ku
eben verabreichte worin die Gäste den
Geschmack von Soda und Alaun ent- s
deckt hab-en wollten. Fräulein Neu
niann hätte damit sich selbst in der ös
sentlichen Meinung aeschadet, aber siej
wies nach, daß zur Zeit des Bat-lenk- »
jener Kuch: n ihr eigenes Mehl noch!
nicht ausgepaeit war und sie das Mehl s
dazu bei herrn Kasche geholt hatte.
Man kam also überein, daß Hang
Kasche aus ganz gemeiner Mißgunst
seine Concurtentin gleich am Anfang
verderben wollte. Es war ia voraus
zusehen, daß beide Handlungen mit
einander roncurriren würden, aberNies
mand konnte ahnen, daß die Comm
renzi n tödtlichen Haß ausarten würde.
Tieset Haß erreichte aber bald eine
solche Höhe, daß Hans seinen Kehricht
nur verbrannte, wenn der Wind ren
Rauch gerade in den Laden seiner Geg
nerin blies-; diese nannte Hans dafür
nicht anders als »Dutchrnan«, was er
im Munde seiner sich anglisirenren
Landstnännin als Herausforderung
ansehen mußte. Anfangs lachten die
Nachbarn iiber sie, besonders da keines
oon Beiden englisch verstand. Später
aber bildeten sich allmählich zwei Par
teien, die der Hansisten und die der
Neumannisten, die einander schies an
zusehen begannen.
Die beiden Parteien begannen schon
in den »Meetings« die Angelegenheit
hans Kirsche-Z mit Fräulein Neumann «
zu berühren, da aber in Anterila im
Streite mit einer Frau Niemand Ge- «
rechtigteit sinden tann, erklärte sich die «
Majorität der Männer silr Fräulein
Neumann.
Aber auch diese machte leine glän
zenden Geschäfte, denn alle Frauen
waren aus Aasche B Seite.
Ei wiss-o IHnsss sehn-I zwisckim Mi
den zu Thätlichteiten getommen, wenn
Hang nicht sicher gewußt hätte, daf-, er
dor Gericht immer ten Iliirzeren ziehen
würde.
»Was lann ich ihr thun?« dachte
Hans. »Dau. ich han . . .'«
Und Abends fah Fräulein Reumann
zu ihrem großen Staunen, wie Hang
eine Menge wilder Sonnenblumen
herbeitrug und sie in zwei Reihen hin
ter Dem vergitterten Fenster feines
Keller-s hinlratr. Er legte die Blumen
so, daß zwischen beiden Reihen ein
schmaler Steg zum Fenster führte.
Dann ftellte er einen geheimnisvoll-en
Ge enftand unter die Sonnenblumen,
näherte sich der Mauer und begann
etwas zu schreiben.
Fräulein Neumann verging vor
Neugierde.
»Er schreibt gewiß etwas gegen
mich-« dachte sie, »aber wenn erft Alles
schleift gehe ich hin, Um nachzuiehem
und wenn ich sterben wüßte«
Nach gethaner Arbeit verschwand
Hans in seinem Haufe und bald war
das Licht ausgeblasen. Fräulein Neu:
mann hielt nicht länger an sich; sie
legte in aller Eile den Schlafrock an,
steckte die nackten Füße in Pantoffeln
nnd tripeplte durch die Straße. Bei ten
Eonnenblumen angelangt, ging sie ge
rade durch den Steg bis zum Gitter
fenster, um die Aufichtilt zu lesen.
Plötzlich kreischte sie aus Leibeilräfien
«hilfe! hilie!«
Das obere Fenster that sich auf.
»Was ift dast« ließ sich die til-leg
suatifche Stimme Nasch« vernehmen.
Jerdammter Dutchman!« fchrie
VI Mädchen. »Du hast mich gernordet,
csrunbe richtet! Morgen wirft Tu
Imelnl ettung, hilfel"
»Ich komme gleich,« sagte hans
ruht g
Nach einer Weile erschien er mit
einer brennenden Kerze in der Hand.
Er blickte aus Fräulein Neumann, die
wie angenagelt dastand, dann stemmte
er die Arme in die Hüften und brach
in ein Gelächter aus.
»Was srhe ich? Fräulein Neumann?
»so-Am ha, ha! Guten Abend, mein
Fräulein! Ich habe eine Falle aus
Stunts ausgestellt und ein Mädchen
eingesungen! Wozu hab-en Sie auch
nöthig, an meinem Keller herumzu
schniisseln? Jch habe deutlich eineWar
nuna an nie Wand geschrieben, daß
man nicht zu nahe toinme. Jeht schreien
Sie, so viel Sie «vollen. Gute Nacht
mein Fräulein gute Nachtt« i
Die Lage der Gefangenen war eine
verzweifelte Schreien? Da wird Alles
zusammentommen und sie ist siir im
mer compromittirt. Soll sie hier die
ganze Nacht stehen nnd des Morgens
ausgelacht werden? Inzwischen be
ginnt der Fuß zu schmerzen, im Kopfe
geht es ihr wie ein Mühlrad herum,
der Mond schaute aus sie mit dem bog
basten Gesichte Hansen’g herunter —
sie siel in Ohnmacht.
«,.ts)errse!« ries Hans zu sich selber,
»wenn sie stirbt, wert-.- ich ohne Verhör
gelnncht.«
Und die Haare standen ihm zuBerge
vor Schrecken.
Es war lein Rath; Hans fand den
Schlüssel so schnell als möglich nnd
ösnete das Falleisem aber das ging
nicht leicht, denn der Schlasrock Fräu
lein Stier-Inanng hinderte dabei nicht
M--;-. -.. ....-t-«- du«-;- :-. »J- III-.- ,
sesssstsHp It Ins-nu- sssUuI Ist un- Usfh HI
zogen werden, uno . . . trotz Des tödtli
chen Hasses, ren er in seiner Seele
nährte, tonnte Hans sich nicht enthal
ten, einen Blick auf die wunderschönen,
wie aus Marmor geschnittenen Füße
seiner Feindin zu n-erfen, die ietzt vom
röthlichen Mondlicht begossen waren.
Er öffnete rasch ras Eisen, und da
Fräulein Neumann sich noch immer
nicht rührte, hob er sie auf die Arme
und trug sie rasch in ihre Wohnung.
Dann kehrte er wieer nach Hause zurück
und die ganze Nacht konnte er tein
Auge schließen.
Auge schließen.
Am folgenden Morgen erschien
Fräulein Neumann nicht oor der Thür
ihrer Grocery, um ihr «Dutchman,
Dutchman!« zu singen. Vielleicht
schämte sich ,ioahrscheinlich sann sie aus
Rache.
Hans ahnte. daß ihn bald einschlag
von seinolicher Seite treffen werde,
und wartete auch nicht lange daraus.
Die Eigenthümer einer Grocern pfle
gen vor der Thür der Handlung eine
Anzeige anbringen zu lassen, Die unter
der Ausschrift »Notire« vie Waaren;
und deren Preise angiebt. Ferner muß
man wissen, daß solche Handlungen
iin Westen auch das Eis liefern, das
fiir die Ameritaner so nothwendig ist
ivie’s tägliche Brod. Eines Tages be
mertteHans, rask man aufgehört hatte,
bei ihm Eis zu tausen. Die großen
Klumpen lagen im Keller und schmol
zen nach unt nach zusammen: der
Scharen belief sich auf viele Tollarg.
Was war Var-? Hans sah, dafz auch
seine Freunde tiialich ihr Eis bei Fräu:
lein Neuniann sanftem er begriff
nicht, was geschehen sein konnte, und
zuschloß sich Aufklärung zu verschaf
en.
»Warum laufen Sie sein Eis bei
mir?« fragte er in gebrochenem Eng
lisch den Restaurateur Peters, als die
ser vor der Grocery vorbeiging.
»Weil Sie teines sühren.«
»Aber ich versichere Sie, das-, ich Eis
führe!'«
»Und was bedeutet das da ?« rief der
Nestaurateur und wies dabei mit dem
Finger nach der Anzeige.
Hans sah hin und ward blau vor
Zorn. Jn seiner Anzeige hatte Je
mand in dem Worte »Notice« das t
aus«-kennt und aus ..Notire« wurde
»No ice« p
»Tonnerwetter. polterte er und
stiirzte schäumend vor Wuth nach der
Handlung der Neumann.
»Das ist eine Niederträchtigteit!«
schrie er wie toll. »Warum haben Sie
mir einen Buchstaben aus der Mitte
auggetratzt?«
»Was habe ich Ihnen aus der Mitte
ausgetratzt?« sraate Fräulein Neu
mann naio erstaunt.
Hang hatte sein gewöhnliches kaltes
Blut verloren und brüllte wie besessen.
Fräulein Neumann begann ihrerseits
zu schreien und die Leute liefen zu
samtnen.
,,.Liilse!« schrie Fräulein Neuniann,
»der Tutchman ist verrückt geworden.
Er sagt, ich hätte ihm etwas aus der
Mitte niignetrntzt, und ich habe ihm
garn ichtg ausgetrntzt Was sollte ich
ihin augiratiew O, mein Gott, die
Augen mochte ich ihm gern austrat-ein
aber weiter nicht-M
Die Amerilaner verstanden zwar
nicht, um was es sich handelte, aber
»Ameritaner vertragen teine Weiber
; thränen Man erariss also Hang beim
Kragen und warf ihn zur Thiir hin
Hus band wehrte sich, versetzte erst
dem Shetiis ein paar ,,deutsch-: Hiebe«
fund dieser gab schließlich den beiden
Kampfhähnen den guten Rath, vor den
sFriedensrichter zu gehen. »Gut, ich
gehet« sagte Hans »Allright, ich gehe
mitt« sagte die Miß Neumann.
Sie schlossen die Liiden und gingen,
indem sie sich unterwegs unablässig
I sanften. Erst vor der Thiir des Rich
ters besonnen sie sich, dasi seines von
Beiden hinreichend Englisch verstand,
urn dein Richter die Sache auseinan
» derse en zu können. Was war da zu
l thun« Der Sheriss allein verstand so
I«
wohl Deutsch wie Englisch, aber der
saß auf einem Wagen und war im Be
griffe auszufahren
»Geht zum Dir-IN schrie er. »Die
ganze Stadt ist rnrch Euch in Plus
ruhr! Geht zum Teufel! Jch muß sha
ren. Good bhe!«
»Nun, so muß es eben ohne den
Sheriss gehen,« schrie Miß Neun-cann.
»Vaumeln wirst Du, Dutchcnani Dek
Richter weiß ohnehin, um was es sich
handelt!«
Fräulein Neuncann hatte sich jedoch
geirrt. Der Richter, der nebenbei auch
Arzt und Apotheker war, war der ein
zigeeMnsch in der Stadt, der u.n ihre
Streitigkeiten nichts wußte.
Er empfing sie mit feiner gewohnten
Höflichkeit und Güte.
»Zeiget die Zungen, liebe Kinder,
gleich werde ich etwas verschreiben!«
Beide begannen mit den Händen zu
suchteer zum Zeichen, daß sie feiner
Arzneien bedurften.
Sie schwaßten durcheinander auf
jedes Wort von Hans erwiderte feine
Gegnerin zehn. Endlich tam dem Mäd
chen der Gedanke, auf ihr Herz zu zei
gen, als Zeichen, daß Hans dasselbe
mit sieben Schwertern durchbohrt
hatte.
»Jetzt verstehe ich, schon gut!« rief
der Doktor-.
Dann schlug er ein großes Buch auf
und begann darin zu schreiben. Er
staateHans nach seinem Alter: »Er-ehs
unddreißig Jahre.« Dann fragte er
das Mädchen ——-- aber sie besann sich
nicht mehr acnanx So etwa gegen fünf
undzwaniig, fechrundzwanzia — All
right. »Wie sie heißen-« ,,Hans, —
Laura.’ All right-s- Beruf? »Ern
ccriften!« — All right. ---— Darauf
folgte noch eine Frage, die sie Beide
nicht verftandenz sie antworteten je
doch: ,,Yek!" Ter Richter nictte mit
dem Kopfe, die Sache war zu Ende.
Nachdem er zu schreiben aufgehört,
erhob er sich und »zum großen Staunen
Laura’s umarmte er sie und tiißte ihr
die Wangen.
Sie nahm es für ein gutes Vorzei
chen und voll rosiger Hoffnungen ging
sie nach Hause.
Hause.
Morgen friih kam der Sheriff vor
die Grauer Beide Feinde standen an
den Thüren, Hans dictte feine Pfeife
und Laura triillerte:
»Dutchn!an, Dutchman —- Du —
Dutchman, Du — Dutchman!«
,,Wollen Sie wieder zum Richter
gehen?« fragte der B: amte.
»Wir waren schon!«
»Nun, was hat er aemacht?«
»Herereriff!« flehte das Fräulein.
,,Gehen Sie hin und fraqen Sie ihn.
Und leaen Sie dort fiir mich ein guter
Wiirtchen ein."
Der Sheriff aina und nach einer
Viertelstunde tam er wieder, begleitet
von einer riesigen Menge.
»Nun was? Nun wies« begannen
beide zu forschen·
»Alles ist gut!« rief der Sheriff
»Was hat der Richter gemacht?«
»Was sollt e er machen? Nicht EBösegs
hat er gemacht Er hat Euch getraut!'
»Getraut? ? ! !«
Wenn ein Donner plötzlich einge
fchlagen hätte, Hans und Laura wären
nicht fo sehr erschrocken aewefen Hang
öffnete Mund und Augen und schaute
wie geistesabwefend auf Fräulein Neu
mann und Fräulein Neumann öffnete
Mund und Auan und schaute auf
Hnas, dann begannen beide zu polternt
,,Niemals! Sofort Scheidung! Nie
mais!«
»Nein, ich will nicht«
»Lieber sterben!«
,,eiMne Lieben!« sagte der Sheriff
ruhig; »hier hilft tein Schreien. Der
Richter vollzieht die Trauung, aber der
Richter ertaeilt teine Scheidung. Wozu
schreit Ihrs Seid Jhr denn Millio
näre, um Scheidung zu nehmen?
Wißt Jhr nicht, was das kostet? Ver
tragt Euch’ Good bne!«
OUCUU, U UllU UccflulUUllU- OIIOLLOIL
gingen lachend augeinanrer. Die
Neuvermählten blieben allein.
»Dieser Yanlee,« rief Lautn, »bat
es uns eingebroclt, weil wir Deutsche
sind«
»Ganz richtig!« bestätigte Hans.
»Aber rvir lassen uns scheiden«
»Ich mag Sie nicht!«
»Ich lann Sie nicht ausstehen.«
Dann gingen sie auseinander unt
schlossen die Geschäfte. Sie saßen ein
geschlossen und in Gedanken versun
ken. Es kam di-: Nacht, aber teinees
von beiden dachte ans Schlafengehen
Sie gingen zu Bett, aber der«3chlaf
floh ihre Augen. Er dachte: »Dort
schläft meine Frau,« und sie dachte:
»Dort schläft mein Mann.« Und eigen
thiimliche Empfindungen murren in
ihren Herzen rege. ,,«.Ila,« dachte Hang-,
»das muß man ihr schon lassen, sie ist
ein tüchtiges Mädel. Aber sie tann
mich nicht ausstehen und ich mag sie
auch nicht leiden. Aber die Scheidung
kostet so viel Geld, die ganze Grocerh
würde nicht hinreichen.'«
»Ich bin tie Frau dieses Dutch
man,'· sagte sich Fräulein Neumann.
»Ich bin schon tein Fräulein mehr . ..
das heißt . .. ich wollte sagen, ich habe
mich verheirathet. Und mit wem? Mit
diesem Hans Kasche, der mich im Eisen
eingiefangen hat. Zwar hat er mich auf
den Arm gehoben unb nach Haufe ge
tragen. Wie kräftig er ist, so ganz
leicht hat er mich in die hohe ehoben.«
So deutend, wälzte sie ich auf
ihrem breiten amerikanischen Bette unb
fühlte sich in der That sehr einsam.
Plöhlich erhob sie sich wieder nnd lief
zum Fenster. Beim Mondlicht fah sie
egenltber die runden Formen des
Zenit Hans.
Laute folgte ihm mit des: Augen;
die Nacht war mild und still-.
»Herr F -ksis.-!« fliitterse ske.
»Sie fchlnfen also nicht?« antwor
tete er gleichfalls fliifternd.
»Nein! Guten Abend!«
»Guten Abend, mein Fräulein!«
Beide schwiegen einen Augenblick.
»Herr Hang!" ließ sich abermals die
Flüsterftimme des Mädchens verneh
men·
»Was-? Fräulein Lautn.«
»Wir müssen über die Scheidung
sprechen!«
»Ja, richtig. Fräulein Laura.«
»Morgen alfo?«
«Moraen!« Abermaliges Schweigen.
Ter onMd leuchtet still.
»Herr Hans!«
»Fräulein Laura!«
»Sean Sie, ich möchte fo schnell als
möglich die Scheiduna erhalten«
Die Stimme des Fräuleins klang
traurig.
,,3ehen Sie, mein Herr, um nicht zu
zögern . . .«
»Mir nicht zögern, das ist das beste-«
»Die früher tvir berathen, desto
besser.«
,,Defto besser, Fräulein Laura.«
«Viel1eicht, möchten wir gleich bera
then . . .«
»Wenn Sie erlauben, Fräulein
Lnura.«
»Sie kommen alfo zu mir...«
»Ich will mich nur umtleiden.«
»Es bedarf leiner Ceremonien.«
Die untere Thüre öffnete fich, Herr
Hang verschwand im Dunkel und nach
ein-er Weile befand er sich in Laurckg
Wohnung. Es umfing ihn die wohl
tlnienke Atmosphäre Der reinlichen.
trauten, jungfräulich-en Behausung.
Laura hatte einen weißen Schlafrock
an nnd sah entzückend aug.
,;Jch stehe zu Ihren Diensten, mein
Fräulein!« saate Hans mit loeicher
Stimme.
,,Sel,en’Sie, Herr Hans, ich möchte
mich so erne scheiden lassen. aber. ..
ich fürchte, daß man uns von der
Straße her sehen tönnte.. .«
»Es ist sa dunkel in den Fenstern-«
»Ach, sat« versetzte das Mädchen.
Dann beaann die Unterredung über
den Scheidunasrpozeß, die nicht mehr
zu unserer Erzähluna gehört.
Der Friede lehrte in Struck Oil
City wieder ein.
— -—---—-. - I-———s —
Memiithlich.
Jm Jahre 1848 wird ein Haupt
wann mit ein-er halben Conrpagnie be
anstraat, den Marttplatz einer klei
nen Stadt von der saufaereaten Volls
menge zu säuberm Einer der Haupt
räoelgsiihrer ruft ihm mit Emphase
entgegen: »Wir weichen nur der Ge
inIlt!«
Hauptmann (zornig): »J’ bi ja I«
lealh Rindvieh, dumn1’4:-!«
In wenigen isi der Platz ge
räumi.
Ein Kenner-.
Protz: »Diese-: Dichter gefällt mir,
der schreibt so irtohlhabende Romane,
Die Helden heirathen alle nicht unt-er
hundert Mille!«
Eine Lücke-.
Während die junae Frau in der
Küche hanrirt, erscheint ein Feuerba
sicherunasagent und oeranla -,t ste, sich
dei seiner Gesellschaft versichern zu
lassen.
»Ach,« seufzt sie, während sie den,
wieder einmal angebrannten Braten
aus der Röhre zieht, »wenn man sich
Doch auch gean solchen Brandschaden
dersrchern lassen lönntel"
Rossi-ritt
Nichter: »Sie geben also zu, zwei
mal in den Stall des Zeugen eingebro
chen zu sein! Als Sie das Schwein
sum ersten Mal stahlen, haben Sie es
in der nächsten Nacht zurückgebracht..
Da hat Ihn-en wohl das Gewissen ge
schlagen.
Anaeklaatek: »Nein, das Schwein
war mir noch nicht fett genugs«
Ein nieder-net Maler-.
,,,Na mein neues Bild scheint mir
zu gelingen» . das seh’ ich schon —
venn ich kenn mich schon selber niin
mer aust«
——..·
Entriiftet.
Ungedtoucttet Autor: »Ich be
ateife nicht, wie man zu einem Artikel
setzen kann »Nachdr11ct verboten« ?«
Jst-ich
Richter: »K«o’nnen Sie denn das
Stehlen qar nicht lassen? Ein ganze I
Jahr hatten Sie aucgesetzt, und jetzt
geht’- wieder losl«
Gauner (vettrauli:cb) »Ich dachte
mit: Mußt doch ’mal wieder sehen,
was dein alter Herr Amtsrichter
machtl«
Verbinduqu unterbrochen.
V
Der gnädige Herr und die gnädige
Frau drücken vergeblich auf die elek
trische Glocke: es ist »Kurzschluß« ent
standen!
Auf gebuhntem Wege-.
Erzählung von A. beben stjer na.
Drunten im Thal am Flußufer lie
gen die Lindschsen Eisenwerte. Die
,,Arbeiterfraae« war bis hierher nicht
Jedrunaem Niemand fiel es ein, Aus
ruhr anzuzetteln, und hätte einer der
Arbeiter versuchen wollen, einen Streit
in’s Wert zu setzen, so würde er von
seinen Kameraden mit lebenslänglicher
Verachtung gestraft worden sein. —
Doch fo war es auf Ringdala nicht
immer gewesen. Peter Lind hatte seine
Laufbahn in einer kleinen Schmiede
begonnen. Lind’·g getreue Ehehälfte, die
jetz: zur Ncuiahrsgratulation bei der
Bürgermeisterin und der Pastorgfrau
oder bei anderen großen Gelegenheiten
in raufchender Seide glänzte, hatte
dazumal den Blasebalg gehandhabt,
und Abends waren sie dann in einer
armseligen Hütte Hur Ruhe gegangen.
Der »Meister« war allmählich
,,.f,)err«, »Fabritant«, ,,Fabritbesitzer«,
,,Jngenieur« aeworden, und der Him
mel weiß, was sonst noch aus den an
ihn gerichteten Briefen stand.
Der Erfola war Peter Lind nicht zu
Aon gestiegen. Er hielt sich den fo
ienannten großen Herren« geflissentlich
— iast bis zur Uebertriebenheit —
fern, aab fich nach wie vor als den
schlichten Schmied, der sein Handwerk
ohne Gesellen begonnen, und pflegte im
Gespräch gern auf frühere Zeiten zu
riidiutominem
Doch als ein stattlicher Assessor —
ein ,,Hofr(1thstandidat« —- feine Anna
zur Frau begehrte und diese dem Vater
um den Hals fiel und bat und schmei
-I«Jt- d- f-.-4-- ds- fcsA-..- N- »st
AJXISIV UII IUHILII UID Vslbsll «)U DOIIU
Amen.
»Sieh, Mutter,« tröstete er sich auf
seine Manier, »aus bleibt ja noch unser
Ludwig. Und ich steh’ Dir dafür, daß
er weder unter die Schulfiichse noch
Unter die Juristen geht, und später
Herr und Meister auf »Ringdala«
wird.«
Doch eines schönen Tages war Lud
lvig. von der Universität heimkehrend,
direkt zu seinem Vater in’s Kontor ge
gangen und hatte eine ernste Unter
redung mit ihm gehabt. Seither ging
Peter düster und aebeugt einher. —
Am Tage vor Ludlvigs Rückkehr zur
Universität fand abermals eine stür
mische Szene statt. Dann lief-, Peter
Lind sich mit einem finsteren Gesicht
vor seinem Pult nieder nnd schrieb
einen Brief mit der Adresse:
»An seine Hochmohlgeboren den
Herrn Oberst reg X’sck,en Husaren--Re
gimentg.«
Kurze Zeit darauf wurde Ludroig
Lind als ,,Avantaaeur« des betreffen:
den Reaimentes eingeschrieben.
Bei seiner nächsten Heinitehr fand
Ludwig den Vater merklich aealtert;
sein Haar war an den Schleifen er
graut und er sprach die Absicht aug,
»den ganzen Rummel zu vertausen«.
Dann schan Ludwig die Augen nic:
der und ging Ihm am liebsten aus dem
Weg.
Nach einen Sommer setzte Ludwig
seine tlnioersitiitgsiurien fort. Das
nächste Semester sollte er aus der Mi-:
litärschule zu Karlberg absoloiren.-—
Am zwanziasten Juni desselben
Jahres waren eg just sünfundzwanzig
Jahre, daß Peter Lind den ersten
Hamerschlag gethan hatte. Er selbst
war von dem modernen Jirbilätuns
Vazillus keineswegs angesteckt, doch
seine Freunde und Bekannten hatten
die Köpfe zusammengestectt und sich
dahin geeinigt, daß dieser Tag festlich
begangen werden müsse.
Am Abend vor dem Festtag hatte
Ludwia sich hinter der noch erhaltenen
alten Schmiede in’5 Moos geworfen
nnd schaute, die Arme unter dem Kopfe
verschränkt, empor in’s tiefe Himmels
blau.
Plötzlich klangen bekannte Stimmen
an« sein Ohr: Seine Eltern, die eben
taug einen opazteraang gemacht, nat
ten sich soeben atts einer an der anderen
Seite der baniälligen Hütte stehenden
Bank niedergelassen.
»Hier haben wir mitsammen begon
nen, mein Alter,« sagte die Mutter, den
Arm um des Gatten Hals legend.
Eine Weile versanken Beide in
Schweigen.
»Wir haben dem Himmel siir große
Segnungen zu danken, Karin,« nahm
der alte Mann das Wort. »Wenn ich
aber daran dente, daß über ein paar
Jahre fremde Menschen hier schalten
und walten sollen, dann preßt es mir
das Herz zusammen«
»Aber könnte Ludwig die Fabrik
nicht behalten, wenn er auch Oisizier
wird?« «
»Das ändert nichts an der Sache,
Karin Wer nicht selbst mitten darin
steht, das Fach von Grund aus lennt
und mitarbeiten kann, wenn ec, Noth
thut, kann niemals ein guter Herr und
Chef werden«
»Du bist in letzter Zeit schrecklich
hart aegen unseren Jungen gewesen,
Peter.«
»Ich tann nicht anders. Ich habe ihn
herzlich lieb, mehr als mein eigenes
Leben, ttnd es thut mir in der Seele
weh, ihn mit betriibtem Gesicht umher
gehen zu sehen und denten zu müssen,
wei gut und schön er es hätte haben
könne. Wahrlich, er hätte nicht nöthig
gehabt, in einer Art Erdhöhle zu be
ginnen wie sein Vater. Er brauchte
nur ten gebahnten Weg zu versolaen.
Jch habe gearbeitet, gehorcht und An
deren aedient7 ich habe gefroren nnd
gedarbt, damit er hier dereinst als
Herr und Gebieter leben könnte. O . ..
es ist ein Nagel zu meinem Sarge, daß
der Junge nicht will . . .«
Regungslos starrte Ludwig in- sie·
Walten, noch lange, nachdem seine G
tern heimgewandert waren. Bunte Bil
der zogen an seinem Geiste vorüber
Er sah sich in Unisoren, dunkelblau
mit Gold, auf edlicmRoß, mit flattern
dsem Mantel, Und die Zügel fest in der
Haud. So sloa er dahin unter knot
terndem Gewehrfeuer, umsonst vom
K"uaeltrgen.
Aber er sal) auch das theure graue
Haupt seines Vaters sich tief und tiefer
neigen, er hörte fremde Stimznen in
den Werkstätten von Ringdala, »Wei
sungeu, Befehle ertheilen. —«——
Stolz erhobenen Hauptes, gefolgt
von den Augen schöner Frauen, betrat
ein schmucker Husarenofsizier den
»Weißen Saal«, in welchem der Hos
vall statttsand, Und seine Majestät
wandte sich persönlich an den General
der Kavallerie mit der Frage:
»Wie heißt jener junge Husarens
Offizier?«
Der General erwidert: ,,Lind, Euer
Majestät!«
Der Ballsaal versank vor seinem
geistigenAuge und vie väterliche Fabrik
stieg vor ihm aus. Anstatt desStrauß’
schen Walzers klang hier das Rasseln
der Lotomobilen: Schmiedegesellen mit
rusigen Gesichtern vertraten den Da
menflor, und statt ver Ritter- und Or
dengsterne glänzten Maschinen, an de
nen eine Karte hing mit cer Inschrift:
,,Erster Preis und goldene Medaille.«
Der Einzige, von dem vorigen Bilde
iiber geblieben, Seine Majestät, fragte
nun den Bürgermeister des Ortes:
»Wer hat alle diese schönen Maschi
nen ausgestellt?«
Und der Bürgermeister erwiderte:
Kind Ins-r qnnissfth « ————--—
Ludwig sprang plötzlich empor und«
eilte heim. Jn seinem Zimmer schrieb·
er mit bebender Hand einige Zeilen aus«
einen großen Papierbogen, den er lang
samnoch einmal überlas, trocknete ein
paar große Thränen, die aus das Pa
pier zu fallen drohten, und sandte das
Schreiben ab.
Einige Tage darauf stand er war
tend vor einer der Fabritthijren. Als
Jonas, der alte Werlfiihrer, heraus-?
trat, zog er ihn auf die Seite und
fragte leise:
,,Jona5, haben Sie einen alten At
beitsrock, ren Sie mir leihen könn
ten?. . .««
Der Festtaa war angebrochen. Ver
schwenderisch goß rie Juni-Sonne ihr.
Gold über die mit Grün, Fahnen und
Kränzen verzierten Ehrenpsorten und
spiegelte sieh strahlend in dem Waso
Stern, ten Peter Lind heute zum ersten
Mal trug.
Jn ihren Arbeitsiittelm worin ihr
Prinzipal sie am liebsten sah, zogen
sämmtliche Fabrilarbeiter, geführt
vom alten Jona5, nach der Villa, wo
selbst der Letztere mit bewegter Stim
me eine auswendig gelernte Ansprache
hielt. Dann murren dem Jubilar die
aus gemeinschafrlichen Beiträgen be
schaisten silbernen Randelaber über
reicht. ·- — —
Peter Lind war kein Redner. Sein
Dank war Daher herzlich, doch schlicht
nnd tnrz und schloß mit der Mitthei
luna, raf-; er der LlrbseitersKranlenfasse
an diesem Iaae zwölftausend Kronen
übermittelt habe. —
Da schob ein hoher, stattlicher junger
Mann im Lilrbeiterkittel die vor ihm
Stehenden zur Seite, trat zum Tische,
nahm eine-Z rer dort stehenden Wein
gläser und sprach mit anfänglich be
benrer, doch allmählich fester werden
der Stimme:
,..fiochgeehrter, vielgeliebter Chefl
Die Ueberraschung uno Freude über
Jhre gütige Spente an Jhrem und
Ringdalag Ehrentage hat, wie Sie
sehen Jhre treuen Arbeiter stumm ge
macht. Doch könne wir Ihnen auch
nicht in Worten danken, so wie wir es
möcht-en. so dürfen Sie dennoch über
———-—-—--—-..—-q
zeugt sein, daß wir es tief empfinden,
wie sehr Sie uns durch diesen neuen
Beweis Ihrer Güte und väterlichen
Fürsorge wohlaethan und mehr denn
je an sich aefesselt haben, und daß wir
Alle, ia wir Alle ohne Ausnahme, be
reit sind, Ihnen und unserem theuren
Rinabala alle unsere Kräfte zu wei
hen.«
»Lutwia —- auch Du?« stammelte
Lind, nachdem er iich von seiner Ueber
taschuna erholt hatte.
»Ja, Vater, auch ich!« erwidert(
Ludwig, kein Vater treuherzig in di
Auaen schauend. »Mit Gottes Hilft
soll allezeit ein Lind in denWerkstätten
oon Rinaoala aelJieten, auch wenn —
wag hoffentlich noch lanae nicht der
Fall ist— Du selbst dazu nicht mehr
start aenuq sein solltest. Mein Ent
lassunagaesuch wird vom Obersten
meines Reaimentg — wenn auch mit
Widerwillen —-- aenehmiat werden; als
,,·Vr’)lontär« trete ich in Deine Fabrik
em. » -
Charakteristisch.
»So, der X hat schen sechs Pistol-en
tuclle aelxabt?««
»Ja, Der reinste Knallprotz!"
Illustration zu deutschen Klossiketm
www
»Daß Die zähe GTockenspkise
Fließe noch Der rechten Weise.«
(Schiller: »Sieh von ver GlockeJ