Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, May 16, 1902, Sonntags-Blatt, Image 12

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Zug Ukcvckchknwim Ømnihu5. Z
Roman vonFottuae deVsisgibey E
Inforisixte widersiqu von sinkt-I Ein-,
WWWOMW
(6. FortsehungJ
»Als-) ift ein Testament. das zu
Gunsten eine« Todten ausgestellt ist,
null und nichtia.«
»Das ist tichtitx aber . . .«
.Dieses Testament wird hinfällig-«
wie der iutiftsche Ausdruck Lauten«
»Nun, und . . .?"
»Nun, das ist ebenso, ais wenn es
nicht existiktr. Das Vermögen fällt
vollständia den natürlichen Erben Fik«
»Wenn also dieses Mädchen einen
Zog vor meinem Bruder detstokben
t . . . .«
.Einen Taa oder eine Stunde, das
ist gleichviel; sie hatnicht erben tön
nen, wenn sie gestorben ist, bevor die
Erbschaft eröffnet wurde. Das ist
einzig und allein eine Frage des Da
tums, und um diese zu entscheiden, ge
nüqi es· die beiden Todtenicheine vor
zuzeigem«
»Den meine-'s Bruders und den des
Mädchean
. «Ganz recht: den deg Herrn Fran
coiö Dotter werden Sie betommen tön:
nen, wenn Sie wollen, und ee liegt nur
an Ihnen sich den der Biania Astrodi
Du verschaffen. was ja. nach Jhket An
sicht, so leicht sein soll.«
»Mit anderen Worten: Sie sind
hindern-kommen um ihn ntix zu det
tansenk
»Man thut auf der Welt, was man
kann; wenn ich, wie Sie-, Hausbesiser
wäre. so würde ich mich auch nicht mit
der Berinittelnna don Etbschaften ab
geben« Ich erinnere Sie, daß Sie
selbst mich haben holen lassen.«
Hätte ich aetoußt, daß Sie auf diese
Wei dotaeben, io hätte ich mich nicht
an "eqe "
»Das tönnen Sie jetzt wohl sagen,
doch Sie werden mit aestctiten. das
Mit-il z- denten nnd Ihnen eine
UntuÆltuna ins Gedächtnite zurück
s.5- ZJI si-« Beim-n infi
Jus-ist« »u- -- ··--- «»·,-.
Im Verlanse unserer letzten Untern
duna, als ich Sie staate, was ich thun
sollte, wenn ich die Gewißheit erlangte,
es existire ein Kind der Bartolomaa
Astrodi, riefen Sie, wrnn ein Kind
eristire. so wäre es wünschenngertn
dasi es itiirbe.«
»Sie haben wirtlich ein brillanter
Gedächtniß,« brummte Herr Bauten
augenscheinlich verwirrt. .und ich
alaube, man muß ans die Ausdrücke
achten, die man in der Unterhaltung
mit Ihnen a-:braucht.«
»Man muß auch auf das achten,
was man schreibt. Jch will Ihnen nicht
verhehlen, daß ich einen von Ihnen
unterieichneten Brief sorgfältig ausge
boben habe, der auserliche Instruk
tionen enthält. Nach dem Wortlaut
dieses Briefes sollte ich, im Falle Bar
tolomäa Astrodi ein Kind hinterlassen.
mich erkundiaen, was aus diesem Kin
de geworden, und wenn ich es erfahren,
alle-mögliche thun, um es zu hindern,
nach Frankreich en kommen.«
»Sie bedienen sich recht zweideutiger
Aufl-rückei«
.Inwieiern zweideutiai Das junge
Mädchen ist todt.«
»Wer wie ist sie denn gestorben?«
»Wenn ich Ihnen das sagte, so
könnt-en Sie mich entbehren, und das
will ich nicht! Ich habe mir Mühe ge
nua aeaeben, um anständig bezahlt zu
w:rden. Bedenken Sie doch, was ich
alles seit einem Monat gethan habe.
Ich habe zwri bis drei Untersuchungen
auseinmal geleitet, und zwar habe ich
re zu einem guten Ende geführt. Er
stens die Nachforschung nach Barte-lo
miia, der Muter Biankas, dann nach
besaaier Biaxfrla selbst, und endlich
nach herrn » rancois Beher, Ihrem
Siiesbruder.«
»Und dafür weiss ich Jhnen keinen
Dant« brummte herr Paulet zwischen
den Zähnen.
S- nwaikbtsn Sie also auf DieEtb
fchaft Jhres Bruder-? Das ist unei
genniinia, Das muß ich faqen!«
Bitte sehr die Erbin ist todt, nicht
wahrs«
»Tai-i und bearaben!«
»Nun. so wird sie vie Ebfchaft nicht
ketlaniieenf
»Das nicht, aber wenn Sie Ihren
Theil fordern, fo wird man ihn Ja
nen nicht ausliefem Das Testament
ist dem Gerichtsptäsidenten des Ak
tondissements übergeben worden und
ich stehe Jhnen dafür, daß die natür
lichen Erben nicht in den Besitz treten,
solange der Tod der Bianta Aftrooi
nicht durch ein authentischeg Datu
inent bewiesen ist Man wird einen
Kurator ernennen, der das Vermögen
bis zum Erscheinen der Erbi,n oder
bis der Todtenschein ooigewiesen
wird, verwaltet . . . und dies-. s Ver
mö n wird sich ins Unendliche Ver
qkö ern, denn niemand wird einzuse
nuß davon haben. Das ist allerdings
ein Tros, doch e: ist recht mager. Sie
werden mit sagen, daß hnen in drei
ßig Jahren die Erbschat doch zufällt
hnen nicht, Ihren Enkeln nnd
ei i paar Miglie-L Daß Jhk Fräulein
ji« «Oesag,« tief here Paulet »Wie
- jsiif bald-sen Sie fiir die Abtretung
tiefes Munan
,Æ last Z sie gefaan rief
. Die werdens vernünftig,
III Use Use- nt endlich verständi
. Use-Ed- nnr berech
· sz .- v R nnd meine
III-Ia s Saus-« tagte
»Ich tdnnte die Theilung der Sum
me verlangen, doch ich werde mich mit
dein fünften Theil beaniigen, d. li. mit
.100.000 Franks; . . . Jch nehme das
fMininuun an, denn Ihr Bruder hin
terläßt Ihnen eder 600,000 Ironie
»als 500M«
t .100.000 FIAMSTX Sie holten die
IStirn, 100,000 Fausts von mir zu
foerlgngenZ Lieder will ich ouf alles
åoerzichteiy als sie Ihnen geben!«
! »Wie Sie wollen, mein herr," ver
stute Hm Vuachklaiuk tu kühl-m
!Tone. »ich habe meine Zeit verloren,
Haber Sie verlieren ein Vermögen.«
j fmItch habe nicht das Recht, Sie zu
tiberzeugem daß Sie Unrecht thun,'«
J fuhr der Agent fort, »ich ditte Sie nur,
noch einmal nochzudenlen, bevor Sie
einen definitiven Entschluß sassen,
denn wenn ich Jdr Zimmer verlasse,
’ohne daß wir einig geworden sind, so
Hwerde ich nicht mehr die Füße in - hr
zhans setzen« daraus tiinnen Sie ich
’oerlassen.«
»Aber, mein Oerr,« sagte Margar
rites Vater, »Sie wollen doch hoffent
lich diese 100,000 Franks nicht schon
deute hoben?"
»Nein, denn ich habe die Kopie des
Todtenscheineg nicht bei mir: Geld ge
oen Waare! Sie werden mir das Geld
übergeben, wenn ich ihn Ihnen bringe,
oder oielrttedr . . . Sie sollen sehen,
wie tulant ich bin: wenn Sie in den
Befik Jhrer Erbschaft getreten sind.«
»Auf dieser Basis könnten wir uns
verständigen. wenn . « ·«
«Dcch ich will eine schriftliche Ab
machnna hoben. denn wenn Sie zu
siillig sterben, würde ich oon Fräulein
Vaniet die Aussiidrunq eines Vertra
ges verlangen, den sie nicht abgeschlos
sen han«
Aber ich miißte doch wenigstens die
Form kennen, die Sie diesem Vertrags
Izu geben gedenken, da Sie eine so un
aebriiiichliehe Abt-Indiana verlangen«
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»Mir genüat eg, daß sie nicht unge- ;
ietzlich ist. Sie werden gaan einfach»
auf Stempelpapier anerkennen, daß;
Sie mir als Bezahlunq für auf Jhren »
Befehl unternommene Nachforschun
aen die Summe von 100000 Franis
ichulden. zahlbar an dem Tage, an
welchem Sie Ihren Antheil an der
Ebschaft Jhres Bruders erheben wer
den-«
»Ist das nllesf
«Mein Gott« ja. bis sni eine Bedin
gnug-«
.Um was handelt es sich noch?"
»Ich bitte Sie, mir Jhr Ehrenwort
tu geben, mit niemandem von unseren
Abmachungen zu sprechen-«
»Oh. wenn es weiter nichts ist, ich
habe keine Lust. mich damit zu riih-.
men.'
»Wenn Sie sich auch nicht damit
rühmen, so könnten Sie doch mit ei
nem Ihrer Freunde davon sprechen-,
z. B. mit dem, der Sie nach meiner
Adresse gefragt hat«
»Die Person, die mich nach Ihrer
Adresse aefragt har, hat mit der
zen Sache nichts zu thunf der ehte
here Paulet, »meine Angelegenheiten
interessiren ihn nicht, und ich werde
mich hüten. sie ihm mitzutheilen.«
»Das glaube ich« erwiderte Blan
chelaine, »boch ich möchte Gewißheit
haben-«
»Sie werden doch hoffentlich nicht
verlangen, daß ich mich auf Stempel
papier verpflichte, stillzuichweigen?«
Ess- cs«04- Q---- l'- h1- Mk-- -..
»Hu-» -------------- xwuvs
metten daß Ihr Wort mir genügt«
»Gut, ich gebe Ihnen mein Ehren
wort,« versetzte Herr Paulet
»Ich verlasse mich daraus; dats ich
Sie jetzt bitten, mir den Namen hres
Freundes zu nennen, der meine oh
nuna zu wissen wünscht?«
»Ich werde Jhnen den hertn zu
schi cken: es handelt sich darum, einen
Schuldner zu suchen.«
Das ist meine Spezialität und ich
werde mein Beltes thun; es ist ein
Kaufmann, nicht wahrt«
»Nein es ist kein Kaufmann, son
dem ein Malen«
»Ein Maler, ach, dann weiß ich
schon, wer es ist. Er heißt Paul Fre
neuse.«
»Sieh, sieh,« murmelte here Pau
let ziemlich erstaunt. »Sie stehen also
mit ihm in Verbindung?«
»Ja Verbindung? nein, doch man
hat ihn mit gezeigt und ich ttesse ihn
ziemlich ost aus tet Straße oder im
Theater-. Er liat ein Gesicht das man
nicht so leicht vergißt, wenn man es
einmal ge sehen hat, ein ganz ausneh
men! Pariserisches Gesicht; er hat viel
Tal: nt und ist schon ziemlich berühmt.
Wenn meine Dienste ihm nützlich sein
können, so werte ich mich ihm gerne
zur Verfügung stellen. Doch ich wäre
Jhnen sehr tantan wenn Sie ihn nicht
zu mir schicken wollten«
«Wesl1alb?«
»Weil ich lande, dass er nicht ernst-·
hast die Ah cht hat, meine Dienst-e in
Anspruch zu nehmen. Ich bitte Sie
daher wenn et noch einmal meine
Abreise haben will ihm zu sagen, Sie
hätten He oergessenf
»Wu- its Mit-tech- JM H- ihm
nicht beu. UND-en wir sägt
Säck- Ist W ZU
u see-en Sie nei- den Todten
sci- m M site-di ins-use
.Morges. oder spätesens Eber-enor
gen, vorausgesesx daß Sie noch heute
ten besagten Vertrag unterzeichnen.«
Herr Paulet zögert: noch immer. die
Feder zu ergreife-. und here Manche
laine Fuhr fort:
.Was fürchten Sie den- eigentlich?
Die Fassung die ich Jhnen vorgeschla
gen, läßt gar kein-en Doppelstan zu:
Sie zahlen erst. nachdem Sie in den
Besitz rer Erbschaft getreten sind. Ja
zwei Tage-n werden Sie is der Lage
sein, festzustellen, daß die Erbin des
France-is Boder nicht mehr auf der
Welt ist. und die Erbschaft wird-Ihnen
noch vor Ablaus eines Monats ausge
zahlt werden«
Diese angenehme Aussicht wirkte
auf Denn Paulet bestimmen-. Er
fette sich an seinen Schreibtiich Ess
nete eine Schublade, nahm daraus ei
nen Bogen Stempelpapier und schrieb
daraus die gewünschte Abmachung die
Blanchelaine mit glänzenden Augen
seiner Brieftasche einverleibte.
»So, rnein herr,« sagte er dann,
»kas ist ebensogut, als wenn Sie eine
halbe Million mehr in der Tasche hät
ten. Jch hoffe. Jhnen den Todten
ichein bis morgen Vormittag zustellen
zu tönnenx was dann noch zu thun
bleibt, ist Ihre Sache.«
»Schön, mein her-. ich werde Sie
erwarten,« murmelte herr Paulet, und
begleitete den Besucher hinaus; dann
tehrte er nachdenklich an seinen
Schreibtisch zurück, als ein leichtes Ge
räusch ihn veranlaßte, den Kopf zu er
heben.
Seine Tochter Marguerite »hatte
tin-e Iyut get-Uml, me tmt km- sur-m
in Verbindung stand, und erschien auf
rer Schwelle des Arbeitstahinetts.
»Juki man eintreten?« fragte sie
lächelnd.
»Ja, ich bin ja allein,« erwiderte
herr Paulet.
»Ja, doch etwa erst seit zehn Sekun
den; ich glaubte, dieser herr wiirde
überhaupt nicht mehr gehen.«
«Du hast gehört, wovon die Rede
war?«
»Das gerade nicht; ich habe nur im
Fluge einen Namen derstanden.«
.Welchen Namen?«
»Den des Herrn Paul Freneufe;
was sagte dir denn dieser Herr von
ihm?"
;Marguerite, du langweilst mich;
sage mir, was du mir zu sagen hast
und laß mich in Ruh:·«
»Ich möchte dich fragen, oder der
Arrest, den tu rnir seit vierTagen auf
erlegst, nicht bald zu Ende ist«
»Was willst du denn noch?" fragte
Herr Paulet, »Mit-est du dir vielleicht
ein, ich werde Diners veranstalten und
dich ins Theater führen, während wir
große Trauer haben? Mein Bruder
; ist eben erst gestorben.«
»Er ist 200 Meilen von hier gestor
» ben, und ich habe ihn nie gesehen. Du
Iwirst wohl nicht verlangen, daß ich
seinetwegen untröstlich bin, kenn es ist
ntir ganz unmöglich, ein Gefühl zu
heucheln, das ich nicht empfinde-«
»Das beareife ich vollkommen, und
ich selbst halte mich nichtfiir verpflich
tet, diesen unglückseligen Francoiz zu
beweinen; doch es giebt aesellschaftliche
Rücksichten. denen sich niemand entzie
hen tann.«
»Oh, ich verlange ja auch gar nicht,
in Gesellschaft zu gehen. Doch ich
glaube nicht, daß es uns verboten sein
wird, troh der Trauer unsere Freunde
You keiuchemmDu hast« neulich· in der
Psllk Oh YIUIHU Mlcll Islcllcusc
versprochen, sein Atelier zu besuchen«
»Ah, darauf wolltest du hinaus?
Nun, da ich ihm gesagt dabe, wir wür
cen ihn besuchen, so werden wir es
auch in den nächsten Tagen thun.«
»Warum nicht gleich ?«
»Weil ich in jedem Augenblick den
Notar erwarte, dxr das Testament
meines Bruders entgegengenommen
hat.·«
»Was, dieser Notar kommt nach
Paris? ich glaubte. Herr Boner hätte
dich enterbt?«
»Er hat die Absicht gehabt, doch ist
ein Ereigniß dazwischengetretem da
» . ej würde zu lange kauern, dir
; das zu erzählen, und außerdem ver
s stehst du nichts von Geschäften. Be
i gniige dich daher mit der Mittheitung,
I das alles gut steht.«
- »Um so besser, ich werde mich also
» nach meinem Gesallm dtrdeirathen
tönnen,« ries das junge Mädchen.
»denn ich werde Geld siir zwei haben."
»Ich verstehe, das heißt: du hast es
dir in den Kopf gesest, Paul Freneuse
zu deirathen.«
»Und wenn dem so wäre? Du hast
; es mir doch nicht verboten, an herrn
Freneuse zu denten.«
»Gewiß nicht,« erwiderte Herr Pau
let, »und du kannst sogar überzeugt
i sein, daß ich ihm deine hand bewilli
i aen tr:rte, treu-Her mich darum bit
i t-:t.«
»Er wird dich darum bitten, lieber
Vater,'« entgegnete Marguerite
»Wal» kennst du denn seine Ab
sichtcn?«
»Ich wäre teine Frau, wenn ich die
nicht errathen hättes«
»Du liebst ihn atsoi«
»Er gefällt mir sehr,« murmelte
Marguerite
»Das ist teine Antwort,« versetzte
here Bat-let, der die Zweifeutigteiten
nicht liebte. »Ihr seid erstaunlich, ihr
junaea Madchenz —- sodald man mit
euch von einer Heirath spricht, glaubt
the euch verpflichtet, ein dummes Ge
Maxi- rnacheu. und enan tann kein
erstiaei Wort aus euch heraus
dri
fest,WId-i dudlewva it -
PMWMM nähte-Zeig
Zögern »Nun denn. ich weiß nicht
recht. ob ich ibn liebe. «
»Das ift etwas ganz Neues, dsu
maßt dir doch iiber deine eigenen Ge
fäble tiar sein.«
.Es is vielleicht sonderbar, aber ei
ift doch sa; du fragst mich, ob ich ibn
liebe-? Ja. zu dem Zwete mußtest du
rnir erklären- was du unter »Liebe«
verstehst«
»Ja, glaubst du vielleicht. ich werde
dir darüber eine Parteiung halten?
Sage mir: mächtseft du Paul Freneufe
gern heirathen?'
»Ja gewiß, febt gern, und von al
len, die du rnir vorgeschlagen, möchte
ich nur ibn zum Manne nehmen.
»Nun, das ift llar.« rief derr Pau
l-:t lachend, »du baft viefen jungen
Mann gewählt, ohne mich zu fragen,
roch ich tatle dich deswegen nicht. Er
hat kein Vermögen, doch er verdient
viel Gelt. und ich weiß. daß er fo ver
niinftig ift, nicht alles auszugeben,
was er verdient. Jch bin ja über
zeugt« et wiirde dich glücklich machen.«
»Das Geld macht aber nicht glück
lich,« verseite Marguerite.
»Nicht immer, aber es trägt viel da
zu bei,' verfetzte der Vater. »Uebri
gensl werdet ibr bei deiner Mitgift und
dem Einkommen, das Paul Freueufe
vorn Verlaufe feiner Bilder bat, reich
genug fein, um ftanrecgemiiß leben zu
können. Die Geldfrage wäre alfo er
lerigt. und es bliebe noch übrig, zu
erfahren, ob fein Charakter fiir dich
paßt.«
»Nun, ich möchte meinen Mann ge
nau kennen lernen«
»O s ift nicht fv leicht.«
»O, es giebt ein sehr einfaches
Mittel.«
»Wenn-e es mir.«
»Du»bast alfv vergessen,« daß Herr
Ulkllcusc lIlIl, Ullgcslltkll Wi, list-I
Porträt zu malen?«
»Nein, das habe ich nicht oergcssen,
aber ich iebe nicht ein. . .«
»Ein Porträt wird nicht in einem
Tage gemacht. man braucht dazu viele
Sinungen.«
Nun, unt?«
,,,Nun me nn ich in seinem Titel ier
Modell stände, fo würde ich recht bald
wissen, was darin vorgebt.'«
»Nun, ich Armuth-e, daß in dein
Atelier von Paul Freneuie überhaupt
nichts Unpaisendeg vorgeht. Wenn
ich das Gegeniheil glaubte so würde
ich tiefem jungen Manne meine Thüre
veiichließen. Halt du vielleicht erfab
ren, daß er ein liederlicher Leben
fiibrt9«
»Nein, aber ich weiß, daß er dort
Modelle empfängt.«
»Natürlich, die braucht er beim Ma
len.«
»Den diesem Augenblick z. B. vollen
det er ein Gemiilde, welches ein junges
Mädchen darstellt,« entgegnete Mar
guerite nach kurzer Pause.
»Welches die Ziegen hütet, ja, ich
weiß; er hat sich da ein merkwürdiges
Sujet gewählt. Doch wag kümmert
dich basi«
»Die Jtalienerin, welche für dieses
Bild Modell steht, ioll von wunderba
rer Schönheit sein. Herr Freneufe bat
zu mir mit Bewunderung, mit Weg-ei
steruna von ihr aesprochen.«
»Na, du wirft dir doch nicht einre
tsirå Laß et in dieses Geschöpf verliebt
! «
«Daö Iage ich nicht aber ich wäre
doch neugierig, sie zu iehen."
»Als da bist aljo eiferiiichtigZ Die
sen Fehler kannte ich bisher an dir
nicht.«
»Ja. ich habe auch bis jent leine Ge
legenheit gehabt, ibn zu zeigen. Alle
Männer waren mir gleichgültig.«
»Und jeht ist es nicht mehr so. Du
beichiiftigst dich mit einein? Nun ich
qave nichte- vagegen, ro ich caran Den
te, ihn zu meinem Schwiegeriohn zu
machen· Doch deine Eifersucht kommt
wirklich ein bischen früh; warte doch
weniastens, bis du verheirathet bitt.«
«Eino hindert das andere durchaus
nicht,'« versetzte Fräulein Paulet
lächelnd, »ich bin einmal so und iann
mich nicht ändern."
,,Glaubtt du vielleicht, du wirst über
den Lebenswandel Freneuiej unter
richtet lein, wenn ich dich zu ihm
führe?« «
«Vielleicht, ich habe gute Augen« und
würde viele Dinge sehen, die dir ent
entgehen würden. So würde ich z. B»
wenn wir die Jtalienerin anträien,
sofort wissen, ob er sie nur als Modell
verehrt.« -
»Ich möchte tailir einstehen. Diese
Modelle in den rothen Rocken können
einen Menschen, der Geichraa hat,
nicht reizen; und die Künstler lassen
sich von ihnen noch weniger ianaen, als
simple Bürgersleute.«
»Nun, manchmal tommt es doch
vor. hast du mir nicht gesagt, daß
auch mein On12l . . .«
»Dein Ontel war auch nicht wie an
dere Mcnich:n.«
»Nun, ich möchte eben sicher fein,
daß Herr Fieneuie nicht dieselbe Thor
keit begehn wie er, und um mich davon
zu überzeugen, muß ich zuerst wissen,
ob di: Jicgenhirtin aus ten Ahbruzzen
wiktiiå so schön ist, wie ek iq .«
»Nun, er wird sich hüten, re herbei
zurufen, wenn wir ihn heiuchen."
»Gerade darum möchte ich ihn über
raichen. heute iit veiichtigez Wetter,
das Licht ist ausgezeichnet zum Ma
len; und- er wird eine to gute Gelegen
heit, an feinem Bilde zu arbeiten, nicht
vorübergehen lassen, da der Satan am
l. Mai eröffnet wird und er noch im
Rückstande ist. Uns diese Weile konn
ten wir, wenn du wolltest, erst einen
Soziaan machen und dann ans
ist i» dekora- wiss-Feu
»Und dann sollten wir so ohne wei
teres an der Thär seines Ateliers tlos
dien; hm. ich glaube, das ist ein etwas
gewogter Schritt. . . . Jch have til-ri
gens gehört, daß die Künstler nie äff
nen, wenn sie gerade ein Modell haben.
weil sie fürchten, die Pose u stären.«
»Wenn wir an der Thür find, werde
ich ganz laut mit dir sprechen; er wird
meine Stimme erkennen und seine
Pinsel schon ruhen lassen, um uns zu
Empfangen Nicht wahr, es ist abge
macht. Papa; da siehst, ich bin zum
Ausgehen fertig. Jch brauche nur
meinen hut aufzuseßen und meinen
Mantel anzuziehenz du ebenfalls. Seit
drei Tagen hast du übrigens die
Straße nicht betreten und die frische-T
Lust wird dir gut thun-«
»So,« erwiderte Herr Paulet, »und ’
der Notar aus der Provinz. den ich
jede Minute erwarte?«
»Der Notati« wiederholte Margin
rite verächtlich.
»Nun. gewiß,« entgegnete Herr
Paulet, «er soll mir eine Kopie vom
Testamente meines Bruders bringen«
und du begreifst, daß ich ihn sehnsüch
tig erwarte.«
»Nun,« versetzte Marguerite, »wenn
der Herr während deiner Abwesenheit
sommen sollte, so brauchte dein Diener
rich ja nur zu holen, und du könntest
ihm zu diesem Zweite die Adresse deo
Herrn Freneuse ongeben.«
»Das ist eine Jdeez aus diese Weise
kann ich «rnich ganz ruhig eine Stunde
entsetnen.«
»Sogar zivei," siigte Fräulein Pau
let hinzu, welche dem Atelier einen
längeren Besuch ahzustatten gedachte.
»Nun, ich merke, daß du in diesen
Menschen wahnsinnig verliebt bist.
Wenn ich dagegen wäre, wärst du im
Stande, krank zu werden. Seße olio
reinen Hut aus« inzwischen werde ich
Franeois meinen Beseht ertheilen."
Marguerite ließ sich das nicht zwei
mal sagen: sie wußte wohl, daß sie ihr
Ziel erreichen würde.
Zehn Minuten später wanderten
Herr Paulet und seine Tochter Arm in
Arm der Place Pigalle zu.
Gortseßung folgt.)
Der Freiheit«-ruft tu stehlen-.
»Von einem Rufst-tu
Wie ift es zu erklären, daß die ab
solute Monarchie in Russland trotz
ihrer unaeheuren äußeren Machtmittel
heute mit ihrer Prätorianeraarve iso
lirt dasteht inmitten ihres Volkes?
Einfach dadurch, daß sie am Schlusse
einer mehr als zwanzigiiihrigen, an
rücksikhtolofer Brutalität schier bei
fpiellosen Reaktion nicht nur ihre
vollständige Unsahiateit, den produk
tiven Kräften des Volteo zu gesunder
Entwicklung zu verhelfen, erwiesen.
sonrern das Land an den Rand des
geistiaen "und materiellen Ruins ge
bracht hat«
Die Hungersnoth ist —- das geben
die Regierungsorgane selbst zu —-—
nahezu in ganz Russland namentlich
auch in den mittleren Provinzen, die
von Der Natur dazu berufen tviiren,
eine ver Korntamrnern der Welt zu
bildet-F chronifch geworden. Die Kauf
kraft des Volleo ist aus ein Minimum
niedergedrückt infolge dessen die hei
mische Industrie, trotz Schutzon, nicht
aufkommen kann, und an periodischen
Krisen leidet. Aus dem menschen
armen Lande, tvo jede Schelle nach
Arbeitskräften schreit sterben jährlich
Taufende von Verzweifelnden oder
Verhungernden nach Sidirien, der-:
Kaukasus-, dem Amurgebiet —- ir end
wohin, denn nirqends kann es isnen
schlimmer ergehen, alo in der mit ihrem
Blut und Schweiß durchtriintten Hei
math.
»Der Erschöpfung aller produktiven
Boltstriiste folgt die Zetriittung der
Staatsfinanzen auf dem Fuße. Troß
aller schönsärberischen Aunststücke fei
tens des Finanzministers Witt- —
eines der schlauesten Staatsmiinner,
die Russland je besessen hat —bleibt
es eine brutale Thatsache, dass die
Verzinsung der Staatsanleihen ein
Drittet ver russischen Budgetc auf
Her-u·
Noch entseßlicher ist der geistig:
Banlerott des Landes. 80 Prozent
des Volkes lind Analphabelen. Alle
Versuche des Semltxvos, die Voll-bil
dung zu fördern, wurden gewaltsam
niedergetreten. Die Selbstverwaltung
der Universitäten wurde abgeschafft,
die Professoren wurden unter Aussicht
des »Zuratorj« und der geheimen
Polizei gestellt, die Zahl der Studi
renden ward an jeder Universität be
schrönlt. Mit welchem Vandalismuz
die russische Regierung aus dem Ge
biete der akademischen Bildung ge
haust hat, zeigt am deutlichsten das
Beispiel der gänzlich derwiisteten« einst
so glänzenden Dorpater Universität.
Aus dem Gebiete der Verwaltung
und Nechtsprechung herrschen vZustän
de, gegen welche dir tiirlischen Verhält
nisse beneiden-konti- erscheinen. De
monstrirende Studenten werden ohne
gerichtliche Untersuchung gewaltsam in
den Militärdienst gepreßt. Tausende
don Menschen werden jährlich ohneGei
richtsurtheil in’s Gefängniß oder nach
Sibirien geschickt. Die Knute und die
.Ragaita« wüthen ungezügelter als ie.
Kein Verhafteter ist davor sicher, in
nerhalb der Mauern des Polizeige
sängnissei dur epeilscht zu werden.
Beispiele, mit ennung von Namen
der Odser, tönnten wir zu Dutzenden
ansiihren. Die Regierung hat vor ihren
eigenen Gerichten Angst und hat deren
Eontpetenz alle Fälle« die an politische
Opposition streisen, einsach ent ogen.
Mit all dein nicht genagt nsang
dieses Jahres ist außer über die beiden
Hanptstiidte. sowie ist-er Mein EINI
tom und Odessa, wo es schon langst
d-: Fall mar, noch iivee tiiga Tonm
Minst, El.stogjle:v, GomeL Tiiii«.1dura,
thebssk TItii.Lni-92oivz3orod, Bei-auch
Rose-m Jarooiaro Saratoto USE-TO
toa, Samsta. Kiiit)eneif. Tom-It und
das ganze Gonoemenient Wilna das
sogenannte ,,Sn5t:iu verstartteu Einu
tzes,« d. b. auf aut Deutsch -- Des
Belagerungszustan verhängt worden«
Faßt man diese-J Bild der inneren
Zustände Rußlands in ein Ganzes AU
sarnmen, so miifzte man wahrlich an
der Entivickelrtnasfähigteit und der
Zukunft des Volkes ver-zweifeln wen-!
nicht Alles-, was menschlich denkt und
fiikylt, sich endlich aufraiite, ein Joch
abzuschiitteln, dajc nur ettva mit der
Tartarenberrichast der früheren Jahr-«
hunderte rerglichen werden tann.
Eine »Reform irn freiheitlichen
Sinne innerhalb der bestehenden
Staatsordnirna,« also mit Beibehat
tung tser Ilutktratie zu erhoffen, wäre
die augsichtcsloseste lltopie, die man
sich denken könnte. Denn das innerste
Wesen jeder Autokratie besteht ja da
rin, daß sie Alles, auch das Gute, nur
nach den von ihr vorgeschriebenen
Muster-i zuläßt. Und da der unmit
lich complizirte Organismus eines
modernen Staatswesens von der Er
kenntuisr und dem Willen eines iiber
alle Kritik erhabenen Menschen oder
einer Gruppe von Menschen gar ni ,t
beberrscht meiden kann, io wird sich
daraus meer wieder nothwendiger
meise Willtiir und brutale Gewalt auf
dser einen, wachsende Ernpötung aus
der anderen Zeite ergeben müssen.
Dir Bkseitiauita des- Absolutisinucz
ist das einziae Mittel. dem russiichet:
Volke jene elementarstenGarantien cer
persönlichen Freiheit zu sichern, ohne
welche eine normale materielle und
oeistiae WeitereutmiMung überhaup!
nicht oentbar ist. An Kräften zue»
wirksamen Bette-Luna rer Volksinter
essen in einer gesekgebenden Körper
ichast sittzlt es in Ruf-Land nicht« das
hat tie Leidensaeschichte der ans
Volks-naht hervorgehenden Land
schastziVeisamtulungen seit etwa 40
Jahren gezeigt. Trotz unablässiger
Unterdriicluna seitens der Regieruna
bitten diese Iiömerfchaiten den einzi
gen Faktor im ruisifchen Staatsleben.
dxr auf Nin Gebiet« der Vollebildunn
nnd rer Voltgwirililchaft etwas ge
leistet hat. Sie waren eg, welche die
Statistik des Reich-so, die bis Dahin
sich kaum iiber dass WiyblattNideau
erhob, auf eine einiaetrnaßen missen
schaftkiche Rasse bre-t·-i:n, sie ivaren es,
welche mit ihren bescheidenen Mitteln.
in forttvaheendem ungleichen Kampfe
mit ver Reaieruna Lein Volksichulw-«
sen durch Gründung von Bilcungsxi
anftalten fiie Schullelirer eine gesunde
Entwicklung zu sichern suchten. Und
zwar miire auch hier die Angst vor ver
»unwissenren Masse der Bauern«
rutchaue nicht gerechtfertigt, denn ge:
rade in den Provinkem in welchen, wie
im Wolgaaebiete, die Bauern die er
Driittence Ueber-nacht hatten, ist von
ten Landschaftgverwaltungencam mei
sten fiir die Volksbildung gethan wor
den.
Jmnier zerstreut-H
Professor lin den Nasirsalon hinein-e
rufend): »Guien Morgen! Ich gehe
nur nach einmal schnell gegenüber zum«
Buchhandler. Seiten Sie mich nur in
iwilchen ein.«
, -
Drei verschiedene Meinungen ma
chen einen Stammtilch.
O O O
Ein Theil der Buren ist wieder am
«Trelien'«. Hoffentlich diesmal nach
keiner Gegend, wiss »Gold und Dia
manten« giebt!
O I O
Heirathen per Telephon sind jegt
nichts seltenes mehr. Wir werten nun
abwarten müssen, wie lange es dauern
wird, daß Scheidungen auf demsean
Wege veranstaltet werden können.
VI I it
Und nun stellt sichs li:raus, daß
Paderewsli ein Meist-r im Billard
spiel iit. Aber :a tönnte er ja das
Klavierspitlen aufgeben und sich die
haare schneiden lass:n.
sit s- I
Die Ohrfeige des Schickfals merli
man sich leichter, als die Küsse de
Glücks-.
I O i
Schon irder nie Geschäftsmann
tennt die Vorthei e, welche sich daraus
ergeben. wenn-man sich durch persön
lichen Besuch einmal überzeugt, mit
wem man eigentlich zu thun hat. -
si- i e
Der Mangel an Uebung im Schwei
gen und Neiatrng dazu txt vielleicht
nicht tat Einzige, worin Ich ameri
kanische Generale den Mdltte unter
scheiden.