Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, March 28, 1902, Sonntags-Blatt., Image 9

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    J
Sonntags Blätt
Beilage des »Mbraska Staat-: Anzeiger und YeroldT
« J. P. Windotph, Herausgeber Grund Island, Nebr» den 28.Mär;1902. Jahrgang 22 No 30
sittsame-, dreifache ofeemh
Ein-acht ist der Lenz! — Blaudeilchen
blith'n
Die Fluren schimmern im ersten Grün,
Es zwitschsert und tiindelt gar wunder
bar
Jm nackten Gezweig die gesiederte
Schnar.
Der Festtagsglocken geweihter Ton
Dringt aufwärts bis zu des höchsten
Thron,
Willkommen, du köstliche OsterzeitL
Jhr Ostertage, nach dunkler Nacht
Beriiindet ihr lichtvoll die Frühlings
pracht
Vom Banne erlöst ist das Menschen
herz
Bon Wintersnöthen und Sehnsucht-Z
schmerz.
Hell glänzt das Auge und überall
Weilt neues Leben der Sonnenball,
Jn seliger Wonne tlingt’s weit und
breit:
Willkommen, du köstliche OsterzeitS
Kannst Du noch schlafen, wenn’·g weht
so lind,
Du staubaeborenes Menschenkind?
Dringt nicht wie das Ostergeläut vom
Dom
Zu dir des Lebens verjüngendcr
Strom?
Ersaszt dich nicht bei des Lenzes Weh’n
Der Gedanke, dasz neue Wunder ge
scheh’n?
Etwache und«jub'le im Sonntagstleid:
Willkommen, du köstliche Osterzeitt
Wo aber die Trübsal kam zu Haus,
Verzaatheit drückte den Stempel aus,
Da möge ini Frühlingösonnenschein
Ostara die liebliche Tröster-in sein.
Sie helse dir tragen die schwere Last,
Ja, Ostern bringe Dir Ruhe und Rast,
Wenn auch unter Thränen, sei sprach
bereit:
Willkommen, du köstliche OsterzeitZ
Auferstehung.
Eine Lstcr - Novellcttc von L tto
Elner.
Die Oster-Glocken klangen iiber ihm
in den blauen Lüften. Aus lauetnSiid
wind wurden die Glocken-Grüße fort
getragen und klangen hinein in den
tnospenden Wald, der leise rauschend
auf- und ahwog:e, wie der Wellen
fchlag der See.
Der Mann, welcher auf dem einfa
men Waldwege entlang schritt, be
fchleunigte feinen Marsch- und ftand
nach wenigen Minuten am Saume des
Waldes. Vor ihm eröffnete sich das
Thal feiner Jugendheimath. Da lagen
sie zwischen blühenden, ins-spenden
Gärten, die tleinen Häuser seines Hei
:na:hstädtchens, da lag es ernst und al
tersgrau auf mäßiger Anhöhe, das
Kirchlein, und von dem verwitterten
Thurme gingen die Glockentlänge aus«
welche den Wanderer vorhin im Walde
fo tief ergriffen hatten. -
Als Knabe, als Jüngling hatte er
diese metallenen ergreifenden Töne
schon gehört; sie hatten ihm bei jeder
Feier seines Lebens erklungen, an fro
hen und ernsten Tagen. Sie hatten
seine Eltern zu Grabe, sie hatten ihn
un den Tisch des Herrn begleitet, sie
hatten die Braut zum Altar geleitet,
die Braut, welche er rnii jun-gem, lei
denschaftlichen Herzen geliebt, und die
doch einen anderen Mann gewählt
hatte.
An jenem Tage hatte er die Glocken
feiner Heimatl) zum letzten Male ge
hört! Er war hinausgestiirmt in die
Weite, durcheilte die alte und die neue
Welt, und immer ferner und ferner
klangen die Glocken seiner Jugend, sei
ner heimath, bis ihr letzter Ton ver
hallt war, und er als einsamer Mann
dastand, die Kisten und Kasten voll,
tcch das Herz so leer —- so leert
Noch einmal wollte er die Gräber
seiner Eltern besuchen, und dann wie
der hinaus in die Welt, die weite Welt!
Und nun klangen ihm die Glocken sei
ner Juaend wieder entgegen, die Glo
cken, welche das heilige Osterfest, das
Fest der Auferstehung einläuteten, und
er sah die Menschen festlich getleidet
in das»alte Kirchlein :reten, er sah den
Pfarrer iiber den Friedhof schreiten
und in der Sakristei verschwinden. nnd
es zog ihn mit Allgewalt in das kleine
Gotteshaus, an die Stelle, wo er so
viel Leid und Freud seiner Jugend er
fahren. Zwanzig Jahre fast waren
verflossen-. leit er nicht an Gottes Altar
getreten war. Als er in die Welt hin
ausstiirmte, ein achtzehnjiihriger Jüng
ling, da nahm er das schmerzliche Bild
des Mädchens mit sich, das er geliebt
und das sich einem fremden Manne
vermählt. Er mied die Kirche, in der
ihm stets jenes Bild erschien -—— und
später, als das Bild derblaszte, da war
unendliche Gleichgültigteit in sein Herz
aezoaem da lächelte er tiber die leiden
schaftliche Thorheit, über die Träume
seiner Jugend. Er war ein Mann, der
sich sein Leben selbst erbaute.
Doch heute mochte er nicht an der
Muts-e vorüber-geben« und er trat ein
in das fast bis zum lehten Platze ge
siillte Got:esbaui.
Die Töne der Orgel durchbrausten
den Raum, und jubelnd erklang das
Osterliedr Cbrist ist erstanden.
Niemand sah sich nach dem einsamen
Mann um, der, hinter einern Pseiler
send, die Blicke sinnend zum Altar
Wien liess, zu jener Stelle, wo set
nein sangen Versen das schwere Leid
ansethan wor. Dann blickte er nach
jenem Platze hinüber, wo die Geliebte
mir ihren Eltern zu sitzen pflegte --—
und er schrak heftig zusammen.
Täuschte ihn ein Traum? Da saß
sie ja, dieTieliebie seiner Jünglings
jahre, wie vor-zwanzig Jahren im
Glanze der aufblühenden Jugend, das
süße, rosige Gesichtchen umrahmt von
der Fülle blonder Locken, die Augen
fromm und demüthig auf das Gebet
buch gesenkt. die blühenden, thaufri
schen Lippen leicht zum Gesang geöff
nei.
Der einsame Mann erbebtr. Seine
Blicke hingen an der holden Mädchen
erscheinung — sie mußten wohl eine
magneiische Kraft ausüben, das Mäd
chen wurde unruhig, jetzt schlug es die
großen blauen Augen auf, und ihre
Blicke trafen sich. Eine feine Röthe
stieg in den Wangen des Mädchens em
por, dann wandte es sich an die neben
ihr sitzende schwarzgelleidete Dame und
flüsterte ihr einige Worte zu. Die Da
me blickte ebenfalls nach dem Fremden
hinüber; dieser sah, wie sie jäh errö
thete und ein seltsames Lächeln über
ihr noch immer schönes, aber bleiches
Gesicht flog.
Der heimgeiehrte erlannie sie, die
Geliebte feiner Jugend im Herbstes
glanz des nahenden Alters und neben
ihr die Jugend selbst, ihre Tochter.
Tief ergriffen wandte er sich ab und
zog sich in den dämmerigen hinter
arund der Kirche zurück. Hier setzte er
sich nieder, stiiszte die Arme auf die
Kniee und barg die Stirn in den
Händen· So saß er regungslos da
und dachte und sann über das Leben
nach. das so sel:sames und wunderli
ches Spiel mit uns Menschen treibt.
Verklungen-. Leiden und Freuden —
Jrrweae des Herzens —- Streben und
Kämpfen des Geistes —- Wiinsche und
Hoffnungen —- tvohin entschwindet
das Alles? Wie der Wind, von dem
Niemand weiß, von wann-n er kommt
und wohin er entschwindet.
Da saß er nun, der nach langen
s Jahren Heimarlehrtet Jn seinem Her
lzen lebte das Bild der Jugendgeliebten
noch im alten Glanze und siehe da -—
es trat ihm verweltt, verblaßt, ver
blüht entgegen. Aber neben dieser
wellenden Blume blühte eine neue,
frische, schimmernde Knospe aus, dem
Jugenddilde gleich, das er im Herzen
trug. Aber an dem verblühten Ju
fgendbilde merkie er, daß auch seine
Feigene Jugend dervliiht, daß auch ihm
tdas Alter nahte. Wohl siihlte er sich
Enoch kräftig und jung —-« aber wie
,lan«ae noch, und auch auf seine braunen
I Locken siel der Reis des Alters und das
ILllter grub seine unbarmherziaen
jRunen in seine Wangen in seine
, Stirne.
s Die Worte des Pfarrers klangen
’ ihm wie aus weiter, weiter Ferne. Erst
Tals der Schlussgesana die Kirche durch
lsrauste und die Leute sich bereits an- »
jchickten, das Ghiteshaus zu verlassen, «
erwachte er aus seinen Träumen. E
;Langlam erhob er sich und trat aufs
;den die Kirche umgebenden Friedhof
hinaus. Dort unter der hohen Ch-]
’presse besanden sich die Gräber seiner:
Eltern, dorthin wandte er sich, blieb«
an den »(Jt«r.iibe-rn« stehenmnd freute sich
griifzen zu diirfen!«
»starnmelte er verwirrt .
Hin der Kirche sosort erkannt . . . aber
.———-»
Les pflummgsuuunmfiur, rurrujer »ic,
Grabhiiael bedeckte
Die Mcnichen gingen achtlos an ihm
vorüber. Sie kannten ihn nicht mehr. !
Zwanzig Jahre verändern unsere Ge
iialt, unsere Gesichtssing daß nur das i
Auge der treuen Liebe uns wiederzuer- i
kennen vermag. i
Da — ward nicht sein Name hinter ’
ihm genannt? Hasstig wandte er sich
um. Da stand die Jugendgeliebte vor «
ihm und bot ihm mit mildem Lächeln
rie Hand. l
»Alfred Paland —- ivie freue ich
kräch, Sie in der heimath wieder be- :
l
i
»Agnes Gnädige Frau . . . .«;
,,Nennen Sie mich nur immerhinI
,,Vlgne-H«,« sagte sie lächelnd, ,,wie wir ;
rinH früher --— vor fast zwanzig Jahren
genannt haben. Jch habe Sie vorhin
wollen Sie mir nicht Jhre Hand geben,
Atfreto?«
Er ergriff ihre Hand und preßte sie
an die Lippen. »Wer-mähen Sie, Agnes, ,
wenn ich nochmals in Jhr Leben trete.« ;
Sie fah ihn leicht erröthend, aber;
mit freundlichem Lächeln an. »Ich
freue mich herzlich dariiber, einen
Freund aus der Jugendzeit begrüßen
zu dürfen. Haben Sie denn an diese
frohe, harmlose Jugend gedacht, Al
ster-? Sie sind ja ein weitgereister
Mann geworden! Ich bin hier an der
hetmathlichen Scholle kleben geblieben.
Jeder nach seiner Art —- nicht wahr,
Aliredi Und nun treffen wir uns an
diesem ichöäT sonnigen Ostermorgen
am Grabe hrer lieben Eitern wieder!
Sie haben e Deimath nicht verges
«
ssic
»Nein, niemals-, Agnes!«
»Aber Sie sind doch fremd hier ge- »
worden. Niemand kennt Sie mehr —
ich habe Sie gleich erkannt .
»Ich danke Ihnen dafür.'«
»Wollen Sie hier bleiben?«
»Ich weifz es nicht«
«Wvllen Sie mir eine große Freude
machen, Alfred?"
»Gewile«
»So feien Sie fiir heute mein Gast.«"
»Aber Jhr Gotte —?«
Ein leichter Schatten hufchte über
ihr Gesicht. Sie wies nach einem
Grabstein. »Seit fünf Jahren ruht
mein Gotte dort.«
»Ach, ich bedauere . . . .«
»Wollen Sie meine Bitte erfüllen,
Alfred?«
»Von Herzen gern·«
»So kommen Sie. Meine Tochter
erwartet mich am Ausgange des Fried
hofes. Wie gefällt Jhnen meine Ag
nes?«
»Sie gleicht Jhnen in wunderbarer
Weise.
»Ja, wie ich vor zwanzig Jahren
war,« meinte Frau Agnes leichter.
»Und wie ich Ihnen in der Erinnerung
ftehe,« setzte fie mit leichter Wehmuth
hinzu.
Schweigend fchritten sie Seite an
Seite durch die Reihen der Gräber.
Agnes kam ihnen entgegen.
»Hier, mein Kind, ist Doktor Alfred
Paland —- ein Jugendfreund von mir
——- ich habe Dir fchon oft von ihm er
zählt.«
Agnes erröthtete, indem sie Alfred
rie Hand reichte. «Mama hat oft von
Atmen aefvrocben. berr Doktor . . ."
Er hielt ihre Hand und blickte in ihr
blaues Auge. Und in seinem Herzen
quillt es heiß empor. Sein Herz feierte
das Fest der Auferstehung an diesem
herrlichen, sonnigen Ostermorgen.
Mit einem Lächeln blickte Frau Ag
nes aus die Beiden. Eine Thriine woll
s tc sich in ihr Auge schleichen, doch stark
in der Liebe zu ihrer Tochter unter
drückte sie diese einsame, bittereThriine,
»die sie der versunkenen Jugend, dem
s vertlungenen Glücke nachweinen wollte
Fund freute sich des auserstandenen
Glückes in seinem Herzen und des auf
teimenden Glückes ihres Kindes.
Wie iuaendsrisch und start feine Ge
stalt noch war! Wie glückstrahlend
seine dunklen Augen! lind dann dachte
sie an ihre eigene entschwundene Ju
geno, an ihr langes Leben an der
Seite des Gatten, dem sie die Hand
gereicht, um den Wunsch ihrer Eltern
Zu erfüllen, um ein soraenfreies Da
sein zu erhalten. Ueigliicklich war sie
nicht gewesen in ihrer Ehe: sie wäre
ungerecht gewesen, wollte sie das
sagen. Ader das rechte, tiefe Glück
hatte sie niemals empfunden, ihr
Leben war dahingeflossen in glatteri
Alltiiglichieit, unter nüchternen Sor-;
gen und Mühen. und nur in der aus- -
blühenden Tochter hatte sie sich wahr-i
hast glücklich gefühlt.
Und wenn sich jetit die Herzen fan
den, dann wollte sie segnend die Handl
auf sein und ihres Kindes Haupt legen i
und wunschlos und tiaglos zurücktre
ten in den Schatten des nahenden Al
lers, ihrem Kinde den vollen Sonnen
ichein des Lebens nicht mihaönnend..
Durch den blüthenbedeetten Garteni
schritten die drei dem einfach-en Land
wausezu, das Frau Aanes bewohnte.
Die weißen Blüthenbliitter rieselten
auf sie nieder wie leichte Schneesloden.
Auf dem höchsten Gipfel einer Linde
bfiff eine Drossel ihr Frühlings-lieu
und in den Büschen war ein Hasel-en
Flüstern und Zwitscherm als trieben
neclische Geister und Elfen dort ihr
loses Spiel.
Wie lebhaft Alfred jetzt plaudertel
Wie glücklich lächelnd das junge Miid
chen zu ihm mit seltsam leuchtenden
Augen emporsahl Wie jäh sie errö
thete, wenn sein Auae ihrem Blick be
aeanete und ihn festzuhalten suchteli
Das war das Glück! Das war die
Jugend! «
Sie traten in den Gartenfalon, der«
mit Blumen geschmückt war, wie zuin «
Empfang eines lieben Freundes.
»Es ist das Wert meiner Tochter,««
sagte Frau Agnes lächelnd. »Sie liebt ;
die Blumen und schmüclt jeden Man-;
aen die Zimmer aus. Und nun, lieber T
Freund, entschuldigen Sie uns einenl
Augenblick Jch werde der Köchin
einigeAuftriige geben, und Aanes mus-, »
den Tisch decken —- Sie bleiben doch!
zum Essen?«
»Wenn ich nicht störe . . .«
»Aber wie können Sie denken? Um
stände werden nicht gemacht — aber
dieses Wiedersehen muß doch gefeiert
werden . . .«
Sie nickte ihm freundlich lächelnd
iu, legte den Arm um die schlanke Ge
stalt des Töchterchens, und beide ent
fernten sich.
Alfred athmete tief auf. Welch ein
anderer Mensch war er in der letzten
Stunde gewordeni Wie heilige Festes
freude war es über ihn gekommen, wie F
weihevolle Osterstimmung, wie das
Erwachen aus einem Traume, wie die
Auferstehung aus tiefem, tiefem
dumpfem, drückendem Schlaf.
War es denn möglich, daß er noch
so fühlen konnte? daß er noch jung
war? daß sein Herz noch in stüran
schen Wcllungen pochte, wie damals,
als er der Heimath entflohen war?
Er reckte die Arme empor — ja, ja,
er war noch jung, er war noch nicht
zu alt, um glücklich zu machen!
Sein Blick fiel auf ein Bild —- es
stellte Agnes dar, im lichten, weißen»
Kleide, die blonden Locken mit einer
Rose geschmückt» um die Lippen ein:
weiches, träumerisches Lächeln !
Er nahm das Bild in die Hand
und konnte sich nicht satt sehen an der I
jugendfrischen Schönheit. Ein tiefes1
Glücksgefühl überlam ihn — es wars
ihm, als schütte der Frühling sein
Füllhorn von Blüthen über ihn aus
—und jetzt, jetzt begannen die Oster
glocten wieder zu läuten —und er hielt
sich nicht länger, er drückte das
Bild an die Lippen.
Ein leichter Ausruf ertönte. Er
wandte sich rasch uni, und vor ihm
stand Aanes, über und über Purpur
roth. Schnell stellte er das Bild auf
seinen Platz zurück, und eilte auf das
junge Mädchen zu.
»Verzeihen Sie mir, Agnes —" und
er ergriff ihre Hände, »aber es war
stärker, als ich —- ich lonnte nichtl
anders . . «
Er wollte ihre Hände an die Lippen
führen, er wollte sie selbst in die Arme
ziehen — aber sie entzog fis ihm und
wandte sich ab. die Hände vor das er-;
gliihte Gesichtchen schlagend s
,,Sind Sie rnir böse, Agnes?« fliiiJ
sterte er ;
Da ließ sie die Hände sinken und sah
ihn lächelnd an. Dann schüttelte sie
die blonden Locken, und alg er sie ha
schen wollte, floh sie davon.
Aber der Blick ihrer Augen hatte
ihm frohe Antwort aegeben. »Dank
euch, ihr Ostergloden!« jauchzte er auf
f um leuchtenden, blauen Frühlings
fisimmeh »mein Herz ist auferstanden
j—- dank euch! dant euch!«
T --—-——-.
T Das Ofen-fest und feine Bräuchc.
Kein einziges Fest ist von uralten
schönen und sinnigen Gebrauchen soi
sehr umgeben wie das Osterfest. i
Die uralten Sitten und Gebrauche, I
welche sich an das heidnische kyests
lniipften, find theilweise mit in die
christliche Osterfeier herübergenommeni
worden und dort zumeist im Laufe der I
Zeit wieder ausgeschieden und ver-F
schollenssekAnderes hat sich bruchstückz
weise, sielscich verändert, im Schodfzeå
des Volkes als festlicher oder aber
gläusischer Brauch erhalten. .
Die Ostara, eine Genossin der.
Holda, eine freudige, heilhrini s
aensde EMinunw nach ihr wurde der
April ,,ostermanoth« genannt und ihr
brachte das Volk die ersten Maiblu
men zur Opfergabe dar. Weiszgetleispl
dete Jungfrauen, die sich nach der
Vollssaae um Ostern zur Zeit des
eintehrenden Frühlings in dsen Felsen
lliiften oder auf den Bergen zeigen, i
gemahnen noch an die altdeutichei
Q-;ic.l;»«--Ic«sv Esa- su lck p-- m »
Usewsssskspkt ------- »s» a s
den auch jene Feste gefeiert, welche die
Vertreibung des Winters und sden
Ein-Fug des Frühlings darstellen. Zur
Zeit, da Flur und Feld, Hain und
Wald zu griinen anfingen, traten Fri
debolt und seine Gesellen mit langen
Schwertern aus nnd erboten sich zum
Osterspiel. Dieses bestand in einem
Schwerttanz. der von zwöls Männern
ausgeführt wurde, von denen einer
den Sommer, wie er den Winter aus
dem Lande treibt, darstellte.
Jm nördlichenDeutschland herrschte
gleichzeitig die Sitte des -Osterseiiers.
Jn allen Stadien, Flecken und Dör
sern wurde am Abend des ersten
Ostertageg auf Bergen und hochgelege
nen Puntten ein großes Feuer aus
Stroh und Holz angezündet Jung
und Alt strömte zusammen und tanzte I
jubelnd und singend um die Flam-«
men; Hüte wurden geschwenkt und
Tücher in das Feuer geworfen. Alle
Berge und Hügel im weiten Umkreise
lenchteten, und es war ein erhebender
Anblick, von einem der höheren Punkte
viele Meilen ringsum das Land zu
iiberschauen und nach allen Seiten hin
auf einmal eine große Menge solcher
Feuerbrände gen Himmel lodern zu
sehen. "
Aber die eigentliche heidnische Feier
beim Anbruche des Frühlings bestand
darin, daß der Winter in der Gestalt
einer Strohpuppe zerrissen und aus
dem Dorfe hinausaeiootsen wurde,
während der buntaeschmückte Frühling
seinen Einzug hielt. Am Ostertage
selbst gestattete die Geistlichkeit diesen
offenbar heidnischen Brauch nicht, und
so verlegte man ihn in die Mitte der
Fastenzeit aus den Sonntag Liitare;
das Zerreißen der Strohpuppe sollte
u pyoku sog -
alsdann ein Symbol der halbabgelau
fenen Fastenzeit bedeuten.
Ein Osterspiel mit Gesang und
Tanz im Freien, auf grünem Angek«
hat sich unter Kindern und selbst Er
wachsenen vereinzelt bis auf die heu
tige Zeit erhalten. Auf das Land müs
ssen wir eilen, wenn das rechte Oster
gefiihl über uns kommen soll; nur
unter Gottes freier Natur feiert man
mit ganzer Seele das Auferstehungs
fest. Welches Stadtlind, das Ver
wandte auf dem Lande hatte, denlt
nicht selbst noch in späten Tagen gern
an die Freuden zurück, die ein Oster
feiertag im Dorfe darbot? — Noch
heute wird an vielen Orten das Läs
taresingen abgehalten, wobei KinderJ
mit buntgeschmückten Bäumchen im«
Dorfe umherziebem Lieder absingem
und dafür mit sogenannten MehlweH
fzen, Bauerbifsen, manchmal auch mit
kleiner Münze beschenkt werden. ·
Ein anderer Branch, welcher noch;
an das beidnische Ostern erinnert, ist.
das Holen des ,,-Qsterwassers«. Vor
Sonnenaufgang schöpft man Wassers
aus ein m nahen Flusse oder Teich in
dem Gl.;uben, daß an diesem Festtage
fiir cis-s turze Zeit dem irdischen Ge
wässer eine wunderbare, heilsame
Kraft vom Himmel verliehen werde,
so daß es die Haut der eitlen Men
schen vor Runzeln und Flecken be
wahre, und viele Krankheiten heile.
Zu den charakteristischsten Ueber
Ileibseln volksthümlicher Osterbräuchei
gehören die Ost-erriet und Eierspiele.
Daß bei einem Frühlings-fest das Ei
eineRolle spielt, ift begreiflich genug,
nicht nur, daß es als Sinnbild des s
clellcycllllcll Bogcllcoclls Iccyl Achi
lich zum Frühling gehört; es isteines »
der fprechendften Symbole fiir das!
aus der Verborgenheit neu austei-i
mende Frühlingsleben überhaupt!
Das Ei iit ein Sinnbild fchöpferischer f
Naturtrast, das aleichsam den Ge-!
bräuchen der heionischen Zeit für den
Ideenkreis der christlichen Kirche ent
lehnt und symbolisch auf das neuer
ftandene Leben des Erlösers übertra
gen wurde. So ist es denn nicht zu
fällig, daß in den slavischen Ländern»
unter den Gaben, welche in der Kirchel
zu Ostern dargebracht-. und vom Prie
ster geweiht werden, sich auch Eier be
finden, und daß man mit Bekannten,
die lzum Besuche kommen, ein Ei theilt
uno je zur Hälfte ißt. Auch bei un
seren Altdordern haben die Eier neben
dem Osterluchen als Gaben an Be
sucher, später hauptsächlich an die-Kin
der, gedient. Noch heute besteht viel
fach die Sitte, daß Kinder in befreun
deten Familien, besonders aber bei
ihren Pathen, Osterbefuche machen
und mit Eiern beschenkt werden· Bunt
gefärbt, mit kleinen Bildchen beklebt
und farbigen Bändern geziert -— auch
dieser Brauch hat sich aus der alten
Heidenzeit erhalten, denn das Bunte
gehört, gegenüber der Farblosigteit
des Winters-, zur Frühlings-Symbo
lit—-ssin·) sie dem Kinderleben wohl
bekannt, tnd wer wüßte nicht« daß es
der «Ofterhafe« ist, der diese Eier legt.
Die Eierfpiele verdanken auch nicht
nur der Qpiellust der Kinderwselt ihren
Ursprung-« Schon bei den alten Rö
mern finden sich Eierspiele im großen
Stil«in Gestalt geirzifser Cirtugspiely
ote in oen ersten zagen des April
abgehalten wurden. Jn dem Cirtus
Maximus war ein Gestell oder ein
Altar angebracht, aus welchem sieben,
eiförmig gestaltete Körper lagen, ohne
Zweifel in symbolischer Beziehung auf
die Geburt der Rossebändiger, der
Diosluren Castor und Pollux. Nach
jedesmaliger Vollendung der für jedes
einzelne Rennen festgesetzten sieben
Umläufe lwurde nämlich eines dieser
Eier von seinem Postamente herab
genommen, um den Zuschauern die
Zahl der geschehenen Utnläufe anzu
zeigen. Außerdem sollen noch ganz be
sondere Eierfpiele im alten Rom um
die heutige Osterzeit abgehalten wor
den sein. Von diesen Spielen ist aber
näheres nicht bekannt, als nur, dasz
sie den »Eiergöttern« Castor und Pol
lux galten, und daß man in einem
eiförmiaen Kreise nach Eiern um die
Wette lief. X
Daran erinnert gerade die verbrei
tetste Art der Eier-eiteln Das eine
Kind läuft zu einem vorher bestimm
ten Ziele hin und dann wieder zurück,
während das ander-e eine bestimmte
Anzahl Eier, die in gewissen Entfer
nungen auf die Erde gelegt werden,
aufnimmt und in ein Körbchen sam
melt. Wer zuerst fertig wird, ist Sie
ger. Diese Sitte ist jedenfalls uralt,
da sie in Deutschland, in Frankreich,
in der Schweiz- nnd in Spani n vor
kommt, also tein Wert des usalls
sein kann.
Aus diesen alten Vollssitten und
Voltsfesten, auf die unsere rivilisirten
Zeitgenossen in der Regel sehr vor
nsehm hin«abschauen, weht ohne Zweifel
ein sinniger, poetischer Hauch. Behal
ten tvir also lieb der Väter alte
Bräuchex dennOstern ist da, das Auf
erstehunasfest.
»Auferstehung isi’s! Frohlocken schall
empor zum«himmelszelt,
Und beim Klang der Oster-Glocken
freue sich die ganze Weltt«
H. Quad
W
Die Geschichte von der eifchlasemee
Idol-imme.
Die illustrirte Jagdzeitschrift »Will
und Hund« erzählt dem »Chasseut
Francais« folgendes Stückchen Recht
sprechung des Gerichts in Narbonne
nach: Ein Bauer ist angellagt, im
Frühjahr eine Rebhenne mit seinem
Stock erschlagen, mitgenommen und
verspeist zu haben. Außerdem soll er
ihre sieben jungen, wenige Tage alten
Hühnchen, gleichfalls eingefangen und
in seinem Stalle gehalten haben, um
sie nachher zu schlachten, wenn sie er
wachsen sind. — Als das gewissenlose
Leckermaul nun vor besagtem Richter
erscheint, wird es nach dem Zusam
menhange der Sache befragt, und der
Paysan erzähltdarim »Wie ich neulich
mit meinem Maulesel pflüge» greift
eine Rebhenne mein Zugthier an. Na
türlich wehrte sich dasselbe, schlägt nach
der Henne und trifft sie so, daß sie
schwer verwundet liegen bleibt. Jch
sah nun, daß das arme Thier sterben
müsse, und da mich der Anblick solcher
Todesqualen zu sehr peinigte, so nahm
ich meinen Stock und machte der trau
rigen Scene ein Ende. Nun, Herr
Richter, konnte ich doch das todte Wild
nicht liegen lassen, zumal noch sieben
Junge desselben hinzugelaufen kamen
und sich um den Kadader setzten. Ich
erbarmte mich der Waisen, nahm sie in
meinen warmen Stall — und die Alte
aß ich auf, da sie ja doch nun einmal
todt war und auf eine andere Art
nichts mehr nützen konnte. Ein Ver
gnügen war es übrigens nicht, die alte
Henne zu speisen; sie war nämlich zähe
wie Leder, Also, nicht ich habe das
arme Thier ums Leben gebracht, son
dern mein Maulesel ist’s gewesen-«
Und der schlaue Gerichtshof trat den
Ausführungen des noch schlaueren
Bauern bei und sprach ihn frei. Die
Kosten wurden der Staatskasse aufer
legt.
»--—. - Os-————
tex» us)1k.s«--e42.--«:s.
- -...,-.............».
Jm Jahre 1810 hatte Graf Henckel
von Donnersmark als Flügeladjutant
des Königs von Preußen den Auftrag
erhalten, im Gefolge des Fetdmar
schalls Kalkreuth nach Paris zu reisen,
um Napoleon zu feiner Vermählung
mit Marie Luife zu beglückwünschen.
Bei einem Hoffeste in Neuillh bemerkte
der Kaiser-, daß der Graf bei der
,,Francaise« nicht tanzte und fragte
ihn um die Ursache. ,,Sirc,« antwor
tete dieser, »ich bin nicht gewohnt,
französisch zu tanzen!« Kaum hatte
er die-fes gesagt, als Napoleon, der sxie
allerdings doppelfinnigen Worte an
ders verstanden hatte, als sie gemeint
waren, dicht neben ihm ausspuckte und
meiteeging. Donnersmarck war außer
sich Darüber und hätte sich wahrschein
lich zu einer folgenschweren Handlung
hinreißen lassen, wenn ihn nicht Der
mecklenburgifche Gefandte von Lützoiv,
der ganz in der Nähe stand und den
Vorfall beobachtet hatte, rasch unter
den Arm gefasst und weitergeführt
hätte.
,-..-·-«-.- .
Ein kuriert-r Ehe-mum.
Ein junger Ehemann kam eines Ta
ges in sehr aufgeregtem Zustande hu
feinem Schwiegervater und bekkagje
sich bitter über den Eigensinn seiner
Frau, der ihm das Leben zur Hölle
machte. »Nun ja« —— unterbrach ihn
endlich ungeduldig der al:e Herr —
,,wenn eg wirklich so ist, wag ich ga:
nicht glauben kann, wenn wirklich
meine Tochter die Schuld trägt —- wie
soll ich das ändern, was kann ich da
für!« Nun aber ergrimmte der Un
«
Heuuuusc uus v Acker-. »Du uuciu um«
schulo daran!« schrie er aus. »Du bist
doch ihr Vater! Du hast sie erzogen!««
Und schon machte Schwiegerpapa eine
ziemlich verständlich-.- Bewegung nach
der Thijr hin —--s im nächsten Augen
blirt aber besann er sich und nachdem
er ein paarmal im Zimmer aus und ao
gegangen war, sagte er endlich ruhig:
»Ich sehe ein, daß du recht hast und ish
glaube, wir werden sie kurieren. So
wie ich noch einmal eine Klage iiber ne
höre, dann —-— dann enterbe ich se
Das kannst Du ihr sagen — ich geoe
Dir mein Wort daranf.« Die Kur
muß wohl geholfen haben, denn der
Schlvieaersohn kam nie mehr mit einer
Klage. . .
Genau erläutert
Hänschen tmit seinem Vater, einem
Professor, im Restaurant fitzend):
«Papa, kann ich auch ein Glas Bier
bekommen-«
Professor: »Bekornmen könntest Da
es wohl, aber es würde Dir nicht De
kommen und deshalb darfst Du es
nicht bekommen. «
Wink.
Herr: »Wir Menschen sind doch ei
gentlich nichcs Ganze5.« «
Dame: »Ach sa, Herr Müller —
besonders neben Jhne komme ich mir
so als Hälfte vor.«
Pünktlich befolgt.
Ein Arzt orrordnet drei Pillen tä.-,
lich, immer nach dem Essen eine. Bei
der nächsten Avnsultation fragt er:
»Haben Sie auch wirklich jeden Tag
drei Willen aenommen?«
»Nein, nsnr zwei; ich sollte immer
nach dem Essen eine Pille nehmen«
und morgens esse ich nicht.«