Image provided by: University of Nebraska-Lincoln Libraries, Lincoln, NE
About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (March 28, 1902)
Jutta’5 Ostern. Von B. H e r w i. Die letzten Worte der Iorrnel »die der Tod Euch scheidet« — sie hallren noch in der schmuctlosen, tleinen Dorf tircho und in den bewegten herze-i nach, die Ringe wurden gewechselt, der SeFen gesprochen, die schöne junge Braut, jetzt die glückliche Gattin des stattLTchen Lavinia-L nahm gerührt die Glückwiinsche in Empfang. Jutta Rattenhorm die liebsteFreun din der Neuderrniihlten, schob die Fai ten des weißen, dustiaen Brautschlei ers zutiirt und umarmte die weinenoe junge Frau in tiefer Veweaung. »Wie stimmungsooll das Alles ist,« sa ten die Anderen, »man wird wirt lirg ganz erarissen . . . aher haht Jhr je die lalte Juttajo erregt geseheni« Ein warmer ertembertag war’S. Die goldig blinkende Sonne schien leuchtend aus die hohen Kirchensenster und warf einen hellen Strahl auf das dunkle Christus - Auserstehungsbit»,4 das über dem Altar hing. Frische Lauhaewinde schmückten die heilige Stätte, sonst waren die Wände kahl weiß, und doch, wer achtete heute da rauft Ja, die Leute hatten recht, es war ehr stimmungsvoll, und vielleicht be ionders dadurch, daß sich viel einfache Strandhewcihner in den hochzeitlichen Kreis gemischt hatten. Eine feine Trauung in ihrer beschei denen Kirche, wer hätte sich das neh men lassen, nicht hinzulommsent Ver-: lohungen unter den Badegäsien tamen ja häufig vor, aber daß die Heirath so schnell folgte« wie hier bei der jugend lichen Braut und dem Kapitän, das war selten. Er nahm sie "a auch heut noch mit hinaus aus iein großes Schiff, in die weite Welt. Darum war gewiß auch die hübsche junge Dame, die Freundin, so bewegt. Der Pfarrer hatte wunderschön ge sprochen, ja, der verstand’s noch besser, als sein Vater, der so lange dort sei nen Schutzhesohlenen aepredigi hatte. Sie wußten ea, dieser Felix Hellmuth, dieser junge Mann mit den ernst bli ckenden Augen, mit der warmen, über sseespnfvn Stimws fri- fsi Milh II trösten verstand, der fühlte mit ilziiiem der work-! ihnen helfen in jeder oth und Gefahr« nicht mit Donnerworten sie zurückfchreclem nur mit Geboten der Gottes- und der Menschenliebe sie zum Guten führen. Beim Hochzeits mnhl saß Jntla an der Seite des jun gen Pfarrers. Er toar ihr längst belanni. Bei einer tief erfchiitternden, lirch lichen Feier —- es galt die Leichen er trunl«:ner « ifcher einzufegnen —- hatle sie ihn gehort, bei einem Befuch in den iirrn ichen Hütten der derlassenen Wei ber ihn wiedergesehen. Sie hatte Geld und Liebesga en aller Art gebracht, war aber doch eilig dovongeeilt, als er kam. Auf Spaziergiiikgen hatte sie dann feinen Gruß empfangen. Oftrnals führte er eine alte, fympa thifch blickende Frau, die voll Stolz zu dem Sohne emporbiiclte Seine Mutter! Sein einziges Glüell Sein Beftesl So sprach er von ihr. Man mußte es. daß er das Pfarr omt an der nordöftlichen, im Winter fo öden, verlassen-en Strondgemeinde nur der Mutter zu Liebe übernommen. Sie war dort glücklich gewefen, alt ge worden und ivunfchlos, wie sie sagte . . . .tvnnfchlog in der That, nachdem ihr der Sohn das Opfer gebracht Juita fproch mit ihm von der Mut ter, die sie vorher in der Kirche gesehen. »Sie oerfiiumt es nie, zu lominen,« fagle er, «mag Leid oder Freud’ die Urfache fein, die Gute bot mir auch gefagt, daß Sie, mein Fräulein, am Sonnmg häufig hinkamen, ich habe Sie nie gefehen.« Julien-Z fonft bleiche Wangen färb ten sich glühend roth Kein Wunder war's, daß er sie nicht erblickt, im einfachen Gewande faß sie siets in den hinteren Reihen, nach dem su-«J-:L:--fs- k--t-I-r-«.-k D- c-c-..-fl L WUSILVUIIIIIUL Uksswsbulss slc UWHLIC, wie sie getommen, ohne sieh je Rechen chaft zu geben, was sie denn eigentlich n die Kirche geführt, sie —- die daheim in der großen Stadt kaum an Feierta gen den Weg zur Erbauung gefunden. »Ich könnte Sie um diese Mut:er liebe beneiden,« lentte sie das Gespräch ab, »ich habe nieineJltutter nie gekannt, sie starb bei meiner (sielnirt.« Da nahm er ihre Hand und driiette sie mit inniaem MitgesiihL Jutta’s Herz klopfte heftig; die. kluge, gewandte Weltdame war keines Wortes mächtig. Die Tafel war iiinaft aufgehoben, das junge Ehepaar ha: te seine gemein same Lehenssahrt angetretem die Gäste waren nach allen Richtungen ausein ander gegangen. Leise murmelten die Wellen am Strande, plätschernd schlugen sie den Takt zu der alten Melodei. Die Villa. tn der der reiche Rauf mann Kaltenhorn wohnte, lag dicht an der Sz, Jutta stand am offenen Fenster und starrte hinaus ans das stille, weite Meer. Sie wollte die Erinnerung an die ver-lebten Stunden bannen, sie schüt telte heftig die dunklen Löckehen von der weisen Stirn .. . . Was ist s denn wettet, was ta ’s denn weiter feint« slitsterte sie var ch hin. . »W- itert Lächerticht Eine Episodh eine Strandidylle wei m. ichcto I o« Ihr Je iühcte trog alledem noch den H , —- , , » v innigen Druck der sesten Manne-hand, sie hbrte unverwandt die riese, wohl lautende Stimme: « . . . bis der Tod uns scheidet. . .« Die Saison war zu Ende. Ein sriiher, rauher herbst hatte hef tigenSturm gebracht, ein langer, trau riger Winter stand den armenStrand bewohnern bevor. Jutta hatte eine Summe Geldes irn Namen des Vaters dem Prediger brin gen wollen« Er war nicht daheim, nur seine Mutter, die alte Frau hellmuth Jhr Felix sei nicht zu hause, er wäre über Land gefahren, das würde aber eine große Freude siir ihn sein . . . das viele Geld siir die Armen . . . er habe ihr so ost von dem Fräu lein erzählt, das heißt, anfangs mehr, ; jeht ist letzter Zeit weniger, und seit der I schönen Hochzeit sei er überhaupt viel: stiller gewesen; aber etwas Unangeneh- I mes könne es doch nicht sein, das ihm s passirt wäre, onst hätte er es ihr ge- « sagt, er sagte ihr ja sonst auch Alles . . Die alten treuen Mutteraugen hat- ’ ten dabei so warm geblickt, und die lnöchernen, welken Hände hatten liebe voll die feine Rechte des Mädchens ge streichklt, das so merkwürdig still war, und das sich beim Abschied, wie einer Eingebung folgend, über diese knöcher nen Hände beugte und sie lijßte. Dann war sie schnell durch den schön gepfleg ten Psarrgarten geeilt, in dem die letz ten gelben Dijonrosen noch dem heran nahenden Frost Trotz boten. Am anderen Tage, lan ehe Kalten borns abgereist, war Felix Hellmath gelommem um seinen Dank zu saaen. »Meine Mutter läßt Sie grüßen, mein Fräulein, Sie waren so gut zu der alten Frau, ich dante Jhnen.« »Hat sie Ihnen von mir gesprochen, Herr Pfarrer? Ja? Und was hat sie gesagt?« Felix ward verlegen. . »Das kann ich Ihnen nicht wiederer .zöhlen.« »War es etwas so Eigenthüinli ches?« »Ja, Fräulein, es war sehr eigen thümlich.« Yllllll fchlvlcch koche Der Ba:er trat hinzu und forderte ten Prediger auf, sie in der Stadt zu besuchen. Jutta sagte kein Wort. .Felix Hellmuth verbeugte sich und ging. Jutta Kaltenborn hatte anscheinend den ganzen Winter hindurch keine Zeit, an den Besuch des Pfarrers oder viel mehr an fein Nichttommen zu denken, oder ihn gar zu vermissen. Saison - Vergnügungen aller Art hatten das schöne, reiche Mädchen ganz in den Strudel gezogen, daß sie kaum zur Besinnung kam. Balle, Schlittenfahrten, Concerte, Theater, Zerstreuungen aller Art wech selten ab. Jutta durfte nirgends fehlen, leine war so beliebt, so umworben wie sie« mancher Freier war schon heimge schickt. Leichteg Gefallen hatte sie wohl an dem und jenem gefunden, aber im mer« wenn die entscheidende Stunde lam, wenn eine beg-:hrliche Männer hand sich nach ihr ausstrectte, und Lie besworte ihr Ohr trafen . . . . dann fühlte sie jenen warmen, noch unver gessenen Druck wieder, dann hörte sie wie aus weiter Ferne ». . . bis der Tod uns scheidet.« Sie galt fiir tolett, für gefühllos, fiir kalt. »Ja, ja, Papa, es wird so sein, wie die Leute sagen, ich glaube selbst, ich habe ein talteg Herz.« »Du, mein Rind, ein kaltes Herz, das glaube ein Anderer, ich tenne Dich zu gut, Deine Empfindungen liegen, Dir wohl selbst unbekannt, tief verbor gen, faft eingesargt, kommen Dir viel leicht in sentimentalen Stunden erstor ben vor . . . warte nur, der,Lenz der Liebe wird alles erlösen und neues Lea ben. neues Glück hrinaen.« So war der Winter vergangen, ein langer, hattet Win:er, der viel Frost und Elend gebracht hatte, aber auch viel Erbarmen und Menschenliebe, die den Hungrigen gespeist md den Frie renden geiviirmt hatte. Schnee und Eis waren geschmolzen, heilige Winde hatten den alten Spender der Kälte endlich doch zum Lande hinausgesegt, die milde Sonne löste jetzt die letzten eisiaen Ueberbleibsel, die durfte der liebliche Lenz nicht mehr finden. Und er bereitete sich zum Kommen vor, der ewig neu Ivilltommene herr liche Lenz. Sein Machtwort »Es wer de« war ihm schon voranaeeilt, man fühlte den berannahenden Zauber, letzte, seuchte Spuren wurden von den sonnigen Strahlen ausgetiiszt, neue Keime aus der Erde gelockt, überall der Winterschlas abgeschiittelt, die Auser stehungssreude brach jubelnd durch. Sie erklang aus dem Chor der Vö gel, die ihr Morgenlied in die Liifte schmetterien, jedes grüne Hälmchen, das so lange unter der Schnes decte ver borgen war, reckte sich bisher ht lauf, die ersten Blattlnospen erschlossen sich der sehnlich erwarteten Frühlingsluft . . . Ostern, Ostern, das Fest der Freude, der Wiedererstehung war gelo Ismen. That aus die Fenster, thut aus die Herzen, neue hassnlmg komd-M altes Leid verschwindet, saltet die- hande, rüstet Ench, die Feiertage sind da . . . Ja, schmiickt Eure Zimmer und weh ret ni t dem neuen hoffen, schmlieü Eure either enit ersten ’Ftiidlinass blüthen und laßt ver Erinnerung ihr Recht Erinnerung und Hoffnung, zwei Blumen aus einem Siamme, mit Flor umwunden und mit grünen Ranken. Der trübe Erinnerung-Stag, der stille Charfreitag ist vorüber . . . die Her zen sind doppelt empfänglich für Freu-« de und Glück. Jutta will in alter, lieber Gewohn heit das Grab der nie griannten Mut ter schmücken. Sie eilt zum Gärtner, iauft Vtumen, Anemonen,Schneeglöck chen, die blaue Scylla, die dunklen Veilchen. Die Leute sind so beschäftigt, viel Kränze und Gewinde sind fortzuschi cken. »Alles hinaus an den Strand, wo sie doch jetzt nichts haben . . .« plan -dert die Berkäuferin . . . »meiii Gott, es waren ja auch so viele Menschen draußen im Sommer, die den Pfarrer Hellmuth verehren, und nun . . . der plötzliche Tod . . .« »Wer?« sreit Jutta, sie faßt das Mädchen an der Hand und sieht ihm starr in die Augen . . . »wer ist todt?« »Nun, die Frau Pfarrer Hellmuih, die Mutter des Predigers, mit der nächsten Post müssen die Kränze hi naus, am Nachmittag ist die Beerdi gung . . . nein, aber gnädiges Fräu lein, wie Sie mich auch erschreckt ha ben.« Jutta hält sich mühsam. Jhr war, als schwanke der Boden, als verdun telie sich die Sonne . . . jetzt zog ein Gefühl der Erleichterung durch ihre Brust. »Nicht er, Gottlob, nicht er . . . aber doch, welch schweres Leid für ihn . . . sein einziges Glück, sein höchstes Gut dahin, seine Mutter . . .« Der Gedanke verläßt sie nicht. Sie fährt zum-Kirchhof und schmückt das Grab ihrer Mutter Wie mecha jnisch nimmt sie die eine Hälfte der ge iauften Blumen dazu, die andere legt ,sie zur Seite. i Dann sinkt sie in die Knie, birgt den Kopf in die dustenben Blüthen und schluchzt herzbrechend: . »Mutter, Mut: er, die Du Dein ar Jmes Kind nie hast mit milder Hand führen dürfen, höre mich, Dir willf IW lqll IILU(, II,II, Iqll usIU sblllkcl all dern . . . uD er liebt mich wieder, ich weiß es, ich wollt' es nur nicht verste hen, mein Herz war wie todt, aber nun »ist es erwacht, ich muß zu ihm, er soll es wissen, er soll nicht so einsam am Grabe stehen, nicht wahr, geliebteMut ter, dort ist mein Platz . . . an feiner Seite. . In der kahlen Trauerweide iiber dem Hügel flötet die Amsel . . . ,,3u ihm« . . . »Hu ihm« . . . tlingt’s nicht so? Die alten, dürren Aeste sind vom letzten Sturm derbogen, geknickt; fort mit euch, fort mit allem, was morsch und todt, neuer Frühling ist da; rinne« du Bächlein, vom Eise befreit, rinnet ihr Thränen und bringt dem Herzen Erlösung, dem Herzen, das in Selbst sucht und Vorurtheil den Winterschlaf geschlafen Und wenn er auch jetzt kein Glück empfinden kann, Trost will sie ihm bringen und Zuversicht, daß er nicht »allein sei!. . . » Jn schnellem Fuhren eilt sie dem I Stranddorf entgegen, sie nicht denl Kindern zu, die verwundert am Wege stehen und dem eleganten Wagen nach- I sehen, und freut sich an den fleißige-is Frauen, die fiir den morgigen Feiertag S ihre Häuschen säubern und schmücken, die Gartenwege reinigen . . . sie em pfindet jetzt fremdes Leid ebenso wie fremde Freude. . . Fremdes Leid. Jst es nicht auch ihr eigenes? Die Trauerglocten sind verstummt. Die Leidtraaenden haben den Friedhof s Verlassen. Nur der oerlassene Sohn steht noch am Hügel ES scheint dem Einsamen, der eben H- Aimmsr erhob-n hpn Nlick an blon i den . . . ein Trugbild glaubt er zu se shen . . . aber nein, schon eilt die schlanke Mädchengeftalt mit dIn Blu men in den Armen, an den Gräbern vorbei, ihm entgegen, schon ist sie an seiner Seite und streckt ihm wortlos die Hand entgegen . . . sie hat nicht dariiber nachgedacht, was sie ihm sagen will . . . weinend steht sie da· »Jntta, Du!« ruft er und breitet ihr die Arme entgegen. »Ich tdnnte Dich heut’ nicht allein lassen, ich mußte zu Dir . . .« Sie fühlt sich von ihm umschlungen, schwere Tropfen rollen ihm die Wan gen herab in den blonden Bart. Endlich entwindet sie sich ihm und legt liebevoll die Blüthen aufs Grab. »Wie wenig bin ich im Vergleich zu der, die da schlummert,« spricht sie in nig, »habe Geduld mit mir Felix.« »Sie hat es gewußt,« flüstert er, »sie hat es mir damals gesagt.« Fragend schaut Jutta zu ihm empor. »Wenn ich Dir dies Mädchen mit meinem Segen erringen könnte, dann möchte ich sterben . . · aber weißt Du, Felix, ich glaube, sie liebt Dich auch,« so sprach sie zu mir. Ja, das hatte er ihr damals unmög - lich sagen können. « »Und hier gestehe ich's Dir, daß sie Recht hatte,« erwiderte Jutta, »und Du, Du willst mich lieben?« »Bist der Tod uns scheidet, Jutta.· Wie diese Worte ihr wohlthaten. Dann gingen sie schweigend heim, die See entlang. Da brauste und todte es noch imi ———--.- Ho-» Urk« -:-,-- f letzten Winter-kampf, noch vermochte « der belebende Wind die leyten Eisstitcke nicht in s offene Meer zurückzutreiben, denn an die See kommt der Frühling immer später . . . man merkte es auch im Psfarrgartem wo kaum ein Gras bälmchen zu erblicken war; aber in die Herzen war er eingekehrt und hatte Balsam fiir die Wunde gebracht und Hoffnung für die Zukunft, fiir die ge meinsame. »Ich muß heim,« sagte sie, »mein Vater wartet, aber komme bald, daß wir s ihm sagen.« Dann ein inniger Händedruck ein Mchiedsroort Sie stand aufrecht im Wagen und sah lange zurück, bis das Haus ihren Blicken entschwunden war. Von den Thürmen klang schon der feirrliche Ton der Glocken. Sie läute ten das Fest ein, den Tag der Aufer stehung, Ostern. ROHR Luna-ach Der Theaterlrititer der »Magdebur per Zeitung« frischt die folgende launi ge Erinnerung auf: Bei Gelegenheit der Erwähnung Jo hann Nestroys sei anläßlich des noch immer unvertoiistlichen ,,Lumpaci Va (—,ebundus« ein Detail erzählt, das nach zwei Richtungen interessant ift. Er stens wird ein Blick auf Bühnendich tcriHonorare in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts lehrreich wiklem und dann wird dadurch wieder einmal die absolute Unmöglichkeit confiatirt, Erfolg oder Nichterfalg eines Bühnen toerteH im Voraus zu prophezeien. Als Nestroy, der bei Director Carl, dem Begründer des nach ihm benannten Theaters, als Komiter engagirt war, dem Chef, der als ,,Staberl« so große Erfolge erzielte, den ,,Lumpaci-Vaga bundus« einreichte, sagte Carl 48 Stunden später zu dem verdutztenDich ter: »Mein lieber Nestroy. da bab’ns Jhna a’mal ord'tli verhau«n. Dös laßt sie unser Publikum denn doch net g’sal l’n.« --- Nestroy nahm eine herausfor lsernde Miene an, da sagte Lurl ein lcntend: »Mir müss’n halt noch a paar lichterln aufsetz’n.« —- ,,Gut,« sagte Nestroy, »ich tverd’ noch a Scen’ eini schreib’n,« und schrieb in einem Vor mittrm die uklomiirlie Priestern-, Di rettor Carl war« immer noch voll stei fel und traute sich hinter dem Ohre· »Meinen’z ni t,« fragte er Nestroy, »Daß ’s uns auslach’n?« -—-- ,,J moans net, aber wann’s den ,,Lumpace" net aufführ’n, so werf i Jhna den Con tratt vor die Füß, die mi tret’n woll’n.« — Carl, der nicht umsonst in Wien »der tluge Carl-Kerl« hieß, übersah rasch die Situation, lachte »schneider liaft«, wie Neftroh später erzählte, und sagte: »Ja, wann’«s glei mit ’n grob’n G’fchiitz aufahfr’n, nachher capitulir’ ich!« Das Stück wurde aufgeführt und erzielte einen beispiellosen Erfolg Die Briefscene wurde bejubelt wie eine »Bravourarie und mußte wiederholt werden, ein bis dahin unerhörter Fall. Nestroh erhielt das ein- fiir allemal vereinbarte ,,Einrechnungshonorar«, sodann von jeder 20. Vorstellung den fünften Theil der Einnahme nach Ab zug der Kosten. Er wird wohl an 600 Gulden damit errungen haben, und die Anderen meinten: »Ja, der is halt a glücklicher Dichteri« Castelli, Kaiser, Elmar, Langer, lauter erfolgreiche Wiener Possendichter, lebten und star ben in beschränteften Verhältnissen Erst O. F. Berg erhielt Tantiemen und wurde reich. Direktor Carl aber kaufte sich durch die Einnahmen des ,,Lumpact - Bagabundus« in Hietzing bei Wien Haus an Haus in der Stra ße, die er im Sommer bewohnte. Als die ganze Straße sein Eigenthum war, wurde sie von der Gemeinde Hietzing auf seinen Wunsch »Lumpacigasse« benannt — - eine Benennung, die sie noch heute führt. —s---——-. - — A b g e w in l t. A , i i ( i »Weißt Du, Fritz, ich verkomme its dieser Stadttqu Mir fehlt das Grün Per Bäume, der Wald mit den gefieder ken Sängerin ——« »Aber, liebes Kind, das haft Du doch lllles auf Deinem neuen Hut!« Aus der Kafetnr. Feld-when »Warum ist die Flagge heute auf Halbmast gesetzt.« Rekrut Dumzig: »Ich weiß es nicht.« Feldwebel: »Den-te darüber nach, ich frage noch ’mal.« Nekrut Dumzig (nachdem ihm vom Hinter-traun etwas zugeflüftert wur de): »Herr Feldwebei. der Strick hat Nicht gereicht« · ’ — W « Jmi Jahzokii. Nobellettc von E. F- a h r o w. Durch das hohe, breite Fenster des Atelierg strömte helles WinterlichL herein. Es leuchtete in alle Winkel des ! geräumigen Gemachs und spiegelte sich I in den metallenen und gläsernen Jn strumenten, die aus den Tischen herum standen und lagen. Schließlich kam die Sonne selbst um die Ecke und schoß Strahlenbiindel von göttlichem Glanz in die lleine irdische Werkstätte und zwischen die beiden Männer, welche dort arbeiteten. Der ältere von beiden, ein kleiner bronzesarbener Südländer mit er grauendem Haar, sprang aus. Alle seine Bewegungen waren hastig und niervös, und auch sein feingeschnitte nes, dunkles Gesicht mit der Adler nase und den blitzsenden Augen war voll vibrirender Bewegung. »Jnsernale Sonne!« stieß er hervor, während er aus das Fenster zustürzte und einen Vorhang herabließ. Der andere, jünger, blond und ganz deutsch aussehend, hob aus einen Au genblick seinen Kopf von der Spiritus flamme, iiber die er irgend eine Glas röshre hielt und lächelte ein wenig: »Na, Spretto,« sagte er, »nun schimpse mir nicht auf die Sonne! Du liebst sie ja außerdem selbst!« »Alles zu seiner .Reit,« murmelte Spretto, indem er zu seinem Tisch-u riictlehrte. — »Ucbrigens liebe ich überhaupt nichts.« DerBlonde lächelte wieder, er wußte es ja besser. War er nicht selbst das lebendige Beispiel dafür, wie ties und großmiithig Spretto lieben konnte? — Hatte er nicht ihm, dem zwanzig Jahre jüngeren Freunde, geradezu das Leben gerettet? Denn sicherlich wäre er, Fritz Brandt« zu Grunde gegangen in jener elenden, kalten Dachlamrner, wo er verlassen und halb verhungert lag, wenn nicht Luiai Spretto, der ihn von den Elektricitätgwerlen her kannte und ihn seit einigen Tagen vermißt hatte —-- wenn dieser italienische Werk führer ihn nicht ausgesucht, ihm ge holfen und schließlich ihn ganz bei sich aufgenommen hätte. Das war nun schon siins Jahre her. In all dieser Zeit war nie ein Schatten zwischen sie gefallen, hatte ihre ungewöhnliche«F«reu-ndschast sich zu einem Bevensoeourjnijz herausge bildet. Luigi hatte Fritz eingeweiht in die kleinen und großen Erfindungen, die er fortwährend für die Fabrik lieferte. Denn von ihm, dem wortkargen, miß trauischen und verschlossenen Neapoli taner gingen die meisten der Verbesse rungen und Neuheiten aug, denen die großen Fabrilen, sür die er arbeitete, ihre führende Stellung verdankten. Fritz war kein Erfinder, aber ein äußerst sorgfältiger praktischer Ar ; beiter. « Er bewunderte seinen bäterlichen Freund, er liebte ihn, und er hätte aus jedes eigene Glück gern verzichtet, wenn er jenen damit hätte beschenken kön nen. Allein Luigi brauchte nichts, wünschte nichts, oermißte nichts. — Vor langen Jahren war ihm seine ge liebte Frau gestorben, und mit ihr hatte er alle Lebensluft eingesargLEr wollte nur noch«arbeiten, darin lag allein Befriedigung für ihn. Eine lange Weile hatte er seht an seinem Messinggewinde her-umgearbei tet, da legte er es mit einem tiefen Seufzer der Befriedigung aus den Tisch ,,;’friti!« sagte er ganz gelassen. «J(1?« »Der Apparat ist sertig.« Fritz sprang auf und lief zu dem anderen hin. »Wahrhaftig? Bist du sicher, Spretto? Zeig einmal her!« »Ich bin so sicher, daß wir morgen zehntausend Mark in baarem Gelde in der Tasche haben werden. lieber niorgen reisen wir ab —- nach Na poli!« Und nun erklärte er dem jüngeren seinen kunstvollen Apparat, an dem er Jahr undyTag gearbeitet und siir den ihm die jfaorit so viel werd ver sprochen hatte. Fritz hörte zu, seine guten, blauen Augen strahlten. »Wind-It Minos-P rief er einmal iiber das andere· »Du bist eben ein Genie-. Sprettok Und du willst mich ernstlich mit nach Italien nehmen? Willst so viel mehr ausgeben, als nöthig? Fahre doch allein hin; ich schäme mich ja schon, so viel von dir anzunehmen« ,,Rleiner!« sagte Luigi zu dem ihn um Haupteslänge Ueberragenden, ,,ist der ein Freund, der nicht alles gern mit dem Freunde theilt?« »Ich bin aber immer nur der Neh mende.« »O, Possen! Du giebst mir deine Gesellschaft, du bist mir wie ein Sohn, ist das nichts? —- Und außerdem brauche ich dich ja als Gehilfen — nie .mand versteht meine Zeichnungen und Ideen so auszuführen, wie du. — Alseo sind wir immer quitt, verstehst du « »Ja, ja, ich verstehe schon! Mit dir kann man nicht streiten. —-— Aber höre, Luigi, ich finde, du hast dir zu wenig fiir diese Erfindung versprechen las sen. — Sie muß mehr werth sein« denn neulich Abend sagte mir jemand, daß die B’schen Elettticitätswerkesiir dieselbe Erfindung das Doppelte ge boten haben. Das wird freilich ge logen sein —« .So2 Von wem weißt du ess« »Jentins sagtees mir. Er bot mir eine anständige Judasstemenh Ilinterne ich ihm Andeutunaen machen wollte, die ihm den Schlußstein zu seinem Gebäude ermöglichten.« sehSpretto fuhr aus, aschfajzl im Ge i t. « fråUnd du? Was hast du geantwor tet « »Ich habe ihn aus dem Fenster ge worfen.« Die Antwort kam so ruhig, und Frihens Augen zwinkerten so lustig dzau, daß Luigi sich seines-abscheu lichen, blitzschnell ausgetauchten Ver dachts schämte. »Aus dem Fenster geworfen? Jm .Rothen Adler?« fragte er unsicher. »Na ja doch! Das Lokal liegt doch , Parterre, da konnte er sich das Genick ja nicht brechen. So ein Lump!« »Warum hast du mir das nicht er iziihlt?« : »Ist es etwa eine Heldenthat? Dich Ehätte die Geschicht-e bloß aufgeregt, und ich wußte doch, dasz du gerade »vor dem letzten Pünktchen ftandest.— Jenkins behauptete übrigens, aucher habe die Sache ’raug —wird natür lich Schwindel sein. Aber auf alle ;Fälle rathe ich dir, gleich heut« damit lzur Direktion zu gehen. Wer zuerst ) kommt, mahlt zuers ! »Heute ist Sonntag, da ist niemand jzu sprech-en. Morgen früh gehe ich shin.-- — Nun komm, jetzt wollen wir teinen Spaziergang machen. Was hast idu 6fiir den Nachmittag vor?« i »Hm —— Luise vielleicht ———« s Der philosophische Spretto zuckte die Achseln. Wenn Fritz durchaus die Liebschaft mit dieser Puppe nicht las sen wollte, mochte er doch durch Scha osen klug werden. Ah, die Weiber, die Weiber! Nur eine war anders gewesen —- seine Concetta. ——— Am nächsten Vormittag stand Luigi ;in dem Vorzimmer des Dsirektors. T Seinen kunstvollen Apparat in der »Hand, wartete er, bis die Thin sich austhat und die würdige Gestalt des alten Herrn sich zeigte. »Nun, Sprettos Was bringen Sie mir?« t »Hier, Herr Direktor—endlich bin sich fertig mit meinem Apparat. Jch J wollte mir die zehntausend —- ——« ’ Plötzlich hielt er inne. Ein erstaun ! ter und abwehrender Ausdruck im Ge ichr oes Direktor-d nekz ryn vernun men· »Aber-, lieber Spretto —- es thut mir ja furchtbar leid —aber ich muß —— muß Ihnen sagen, daß Jhnen ein i Anderer zuvorgekommen ist —« Leichensahl starrte der Erfinder ihn an: »Was —— ich verstehe nicht —-—was meinen Sie?-«« »Gott —Sie müssen das nicht so schwer nehmen, lieber Spretto——aber natürlich haben sich doch noch mehr Leute über diese Sache den Kon zer borchen. Und gestern Nachmittag, in meiner Privatwohnung, brachte man mir den Apparat —ansgezeich-net er dacht übrigens —alles, was recht ist —- die V’schen Werke haben nun das Nachsehen ———«« »Der Name!« stieß Spretto heraus, ,,tvie heißt der Mann?« »Eigentlich sollte ichs noch nicht sagen —- aber Sie machen ja keinen Gebrauch davon —- ein getvisser Jen link-— «Ah!« keuchte Spretto, »also doch!'« Eine purpurne Welle färbte sein Gesicht, seine Augen rollten, er sal) schrecklich aus. Ohne noch ein Wort zu erwidern, stürzte er hinaus-. Draußen prallte er fast mit Fritz zusammen Bei seinem Anblick verlor er sein klares Bewußt sein. Seine Hand fuhr in die Brust tische —im nächsten Augenblick blitzte etwas auf — ein-e winzige Messer ktinge fuhr in die Brust des Wehr losen —lautlog stürzte Fritz Brandt zusammen. ,,Persido!« knirschte Luiai. »Wa rum mußtest du mich verrathenl« Fritz öffnete noch einmal seine blauen Atmen Er lächelte. Es war ein entsetzliches, giitigeg Lächeln, das Luigi bis ing innerste Mart drang. »Sprsetio,« sagte er leise, »du bist immer zurascht —--Jeuting glaubt, er hat unseren Apparat ersundenl Aber er irrt sich. Zeig-e dem Direktor unser Gewinde — wir leisten die zehnfache straft damit -- dieser Jenting war gestern Nachmittag beim Direktor --— ich war bei Luise —-—srage sie - eben erst hört e —— ich von der Sache —— o tsg war aus. — —- —— —- —— — Nur nnch so lange lebte Spretio, um sich oon der Wahrheit der letzten Augiagen seines Fritz zu überzeugen. Dann schoß er sich todt. —————-——«Os Ein riesiges Denkmal. Außergewöhnlich groß wird das Ruhmegdentmal der deutschen Befrei ung, das Völlerschlacht- Denkmal bei Leipzig. Die Grundfläche des Denk mals nimmt einen Raum von 6900 Q.-Mtr. und der sich davor ausbrei tende See eine Fläche von 9500 Q. Mir. ein. Der zur ganzen Anlage des Denlnials von der Stadt Leipzig ko stenlos zur Verfügung gestellte Platz mißt (:4,000 Q.-Mt.; auf ihm erheben sich monumentale, mit Eichen bevflanz te, bis zu 25 Mir. hohe Erdwälle, die dreiseitig um den Denkmalsbau herum führen. Würdig der großen Ihaten von 1813 soll das Ruhmeömal des deutschen Volkes erstehen Die Bau trsten allein sind auf drei- Millionen Mart veranschlagt.