Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, March 07, 1902, Sonntags-Blatt., Image 11

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    Mein alter stack
Zch dem Dämschm von D. verwi.
argen mukt Du—Dich sehr fein
, lieber ntel, wenn Du mit
inr Ansstellung gehst. Viele her
werden dann mit mir reden und
sIT Einliiusfe bei mir machen. Der
«, Jsident tommt und der Konsistoriu
kaspks und "here Ossi iere, ich muß
ihne arstellen, ie werden sich
E Dir unterhalten und Dir ange
tskm Dinge sagen über Deine lleine
IF H .aul)ernde« Nichte. Paß auf, On
J
szk, das werden sie thun, den Frack
-" t Du anziehen, da hilft nichts-B
L «
Ech war ein geharsamer Onlel und
ihn hervor, den lieben, gewohn
- unmodernen Frael; denn ich sah
, Nathwendigleit ein, daß ich mich
machen mußte vor dem Herrn
"sidenten, dem Herrn Ober-Konsi
ialrath nnd den Herren Ofsizieren,
ssst wenn ich auch nur ein alter ver
ßlichser Doktor war, der im Laufe
) Zeit ein echter lnorriger Hagestolz
Orden war.
Jch holte also den Frack hervor.
’ Mit —- ja, lassen Sie mich nur den
- usdrncl gebrauchen —- mit Liebe fuhr
ch mit der Hand illier die IlermeL ein
Paar Stausleelen lnipite ich mit den
Fingern von Kraaen ab und hielt ihn
ann gegen das Licht. So glänzend
schwarz war er ganz gewiß nicht mehr,
nein, das konnte man nicht behaupten,
er war es rielleicht nie gewesen, nicht
mal damals, als ich ilin zum Eramen
anfertigen ließ: damals war er reich
lich wei, ich bin einentlich erst später in
ihn hineingewachsen.
Wie ich so stand und ihn betrachtete,
« snrde ein ganzes Stück meines Lebens
in der Erinnerung wachaerufen.
Ja, wenn der alte Frack erzählen
lönntel Wie viel hatte er nicht mit mir
erlebt, wie viele Male war er nicht
aus dem Schrank hervorgeholt wor
den aus sreudiaen und trauriaen Ver
anlassungen, zum Gratuliren und zum
Kondolirem
Damals, am Eramenstaae, ging ter
Ihm direkt ja meiner lieben auten
Mcklltlck, tcy lieferte elik Iiseute Butten
turte ab. Mein Freund Benno hatte
Inich mit diesem nothwendigen Gegen-:
and versehen, der mit dem Titel ver
ben- war, den ich erhalten sollte. Es
- machte sich aut, dies ,,Dotter Ernst
WellbeirM und darunter »prattiziren
der Arzt.«
Was sie aus mir machte und wie sie
sich freute, die geliebte Mutter!
»Wie Du sorsch und sein aussiebit,«
meinte die liebe Alte. »Das ist freilich
sehr feines Tuch, das ist nicht billig
gewesen« dafür mußt Du viel Geld
ausgegeben baben.«
,Run ja, kleine Mutter, aber jetzt
werde ich erst darnach streben, viel
seid zu verdienen, und dann sollst Du
es gut baben.«
.. »Ein bischen zu weit ist et.« fuhr sie
ort, »aber das viele Studiren ha.
«ch auch angegriffen, es wird ja
glücklicherweise jetzt anders, schone ihn
nur recht, mein Sohn.«
Davon tonnte nun allerdings keine
Rede sein: erst tarnen die Besuche bei
den Professoren und den Honoratioren
der Stadt — wie viele Büctlinqe und
siteferenzen mußte mein alter Freund
nicht mit rnir machen, wie viele banale
Redensarten mußte er hören —- und
spätem wie viele bezaubernde Köpfe
rnit brauen nud blonden Flechten ba
den nicht an ihm geruht, während iein
nicht an ihm geruht, während sein
liicklicher Besitzer sich mit lieblichen
ädchen im Walzertatt wiegte! Ja,
eine ielige Zeit! Damals wurde der
sute Frack am meisten in Gebrauch ge
nommen, ich glaube sogar, daß er ein
mal einen neuen Kragen haben mußte.
Und als die entzückendste der Wal
setsTiin erinnen »Frau Dottorin«
werden sollte und es auch gern wollte,
wie sorgfältig bürstete ich ihn damals
nicht u den Verlobungsbeiuchen und
Yellichaftern die ich mit meiner«Ver
iept erinnere ich mich genau, der neue
Kragen wurde ausgesetzt, als- ich end
lich meine Braut heimführen konnte.
»Nicht einmal ein neuer Frack,«
schmollte sie, »nicht einmal zur Hoch
seit?«
»Nein, meine Geliebte, fiir das Geld
können wir schon ein Paar Stationen
) auf der Lebensreise weiter tnmmen,'«
stiftete ich sie und sie war auch zufrie
n.
s Dann kamen einige kurze, glückliche.
Zahn, viele Gesellschaften und Balle,
ndtaufe, aber zwiichendurch auch
sendigunnen -- Ia ja, sein bestes
Kleid trägt man nicht nur aus fröh
« licher Veranlassung Der Frack war
H fest eigentlich pensionsberechtigt ge
worden
»Wir sind zu Ball gebeten worden
beim Geheinirath Seemanri, mein
Schan, weißt Du es schen und ist es
. ninberrlichW
« it diesen Worten trat Marie mir
eines Tages entgegen.
» »Ganz erstaunt, mein liebes Weib;
lser es wird ein theures ein«
. ,,Wol)l möglich, Ernst, antwortete
eine tleine Frau, »denn Du mußt
nz bestimmt einen neuen Frack a
und ich eine neue Robe. ch
- hme teinefarbige Seide.«
Sie beiam ihr Kleid, aber ich be
lt meinen alten Frack und man ließ
- ich damit bei Geheimratbs ging ru
g in den Ballsaal hinein. , wie·
rn hätte ich mich noch recht «ufig
it dem alten guten Freund angetban,
» mit meinem geliebten Weib au den
-»-- zu geben! Aber die bösen a e
« -. n n t, ob sie kommen dürfen, He
, lpvlcll um Arme unikciiz uiiu liujug,
s- lch da und werfen ibren
Ekel-Fide- das Glück und die darin
M
lesen Freuden, sie seyen sich an’s
Krankenlagey selbst wenn es das
Krankenlagr ber geliebten Gattin ist,
und bringen Sorge unb Kummer, Tod
und Verzweiflung
i heraus mit ber Galatracht, geh« ge
;knickt hinter bem blumengeschmiickten
iSarg her mit kurzen seften«Schritte·n
und sieg auf bie Kränze mit den sei
denen ändern — auf einer dieser
breiten weißen «- leisen eht wie mit
Flammenschrist: » bieu, arie. Well
beim.« Grausame, unveränderlicha
Worte! Gitter Gott-. kann man denn
wirklich nach einem solchen Anblick wie
der froh werden?
, Mensch, Du leichtsinriiges Ge
sch· ps, man tann es wirtlichx Denn die
Seele birgt so viele Gefühle, man tann
sie hervorholen, man kann sie auch un
terdrücken —- »sich beherrschen« nennt
man es mit einem Aunstwort. Ein
Ton, ein Wort, eine Erinnerung —
das ist hinreichend um den tiefsten
Seelenschmerz zu erwecken. man bebt,
man zittert, Tbriinen tommen in die
Augen. Aber dann: Sorge. was
willst Du nun? Bleib’ ruhig in Tei
ner Seelenkaminer, ecJ ist keine Zeit
sür Dich, warte bis zum Abend in tem
einsamen Arbeitåzimmer cter mclke
Dich in Gottes heiligem Haus oter
komme morgen vier an einczn ankern
Tage, darin sollst Tit Dein Recht ke
kommen, diese Stuan ist der Freude,
der Dankbarkeit geweiht, kenn Ertei
lenz, der Herr Minister, erwartet mich.
Jch muß ibin tcnten siir die Auszeich
nung, welche mir aiis Grund meine-?
wissenschaftlichen Weit-, die wissen
schaftliche Ausbeute mehrerer sche,
zii Theil geirret-en ist —- rno ist Inein
Frack? Lange, lange habe ick ikn nicht
getragen, nickt seitiem Marie- ——
Ja, hätte sie rieg nrch erleben tön
nen! Das tleine saitige Bank irri
Rtiopsloche würde sie sicher gefreut ba
ben — gebt weg, Thränem Jlir ieit
Contrebande!».. Ein Mann weinen,
zumal ein scgencrnter gelehrter
Mann!?·... Fei«:rliclk trat e-: beim
Minister, steif unt cerernonielL aber l
zugleich ·so verbintlich irrer ertle
Mann warde — ich will einen Einli
Jssn os»«-)«--«l --l--«.»-l..- »s- Uhr-,
-,... .».«..... ,....««.«. »H
gnügen geplatzt fein, est-er anstatt mei
ner that es mein alter Fran, roch iaå
war vielleicht Alters-schwach Die aite
Sodbie war starr ver Schreck, als ste
es entdeckte.
»Aber Herr Drttkr —- was ick saaen
wollte, Herr Preiesiot.« starr-wette sie
»Mit einem zerrissenen Israel beim
Herrn Minister! Wenn Cxxellenz es
nun bemerkt bat! Ein Fract lann ja
auch teine Cwigteit aushalten Itnr
nun fängt der Winter an mit allen
Mittagsgesellschaften, denen Sie bei
wohnen müssen."
»Ich mache teine Gesellschaften mrbr
mit, Sophir. Nähe ten Riß nur aut
zusammen und bange den alten Kame
raden in den Schrot-J- CS wird ncch «
lan e währen. bis er ausgedient bat.
a war es dem alten Fraet ergan
gen, den ich nach dein Wunscke meiner
kleinen Nichte anziehen sollte. Meine
lleine Nichte! Ciacntlich paßte das
Wort nicht auf sie· Fiir’is Erste war
sie nicht klein und stink- Zwute war
sie gar nicht meine Mitte Lcra rrar
ein hübsches, schlantee, 17iabriaek jun:
ges Mädchen, die Tochter meine-: reiten
verstorbenen Freunde-« Jxck tretr ihr
Vormund geworden und seit einem
Jahre bekleidete ich dies Amt, welches
mir nicht schwer aemacht wurde, kenn
die Mutter war eine vernünftige Frau.
Eva war überall beliebt, wohin sie
lam. Sie war verständig und aut.
liebenswürdig und hübsch, unt bald
mußte ich die Bermundichaft wohl in
würdiger-e Hände legen.
Ein unangenehmen fataler Ge
danke, der mich ten ganzen Abend nicht
verlassen wollte. Alle diese Kompli
mente und alle die holen Reden, wo
mit die Herren ihre Eitelkeit zu werten
suchten, und wie iie sich anstrengten,
um ein Lächeln bei ihr herborzurufenl
Eva’s Wangen aliibten und ibre Au
gen suntelten, aber zwischendurch niclte
-das holde Geschöpf mir innerlich
freundlich zu und rief mich häufig-um
kkllt clue vlk einigte-un zu erzuejiem
mit denen sie liberid,ijtet mitte, otex
um rniethit ten Herren bekannt zu
machen. iJch fühlte mich so on, wenn
sie ost JOHN oter auch mal »Hei-er
Onkel« sit mir sagte -— ist man tienn
eigentlich mit 40 Jahren so alt, daß
man —
,,Abee lieber Enkel, ist es trnn mein
lich, daß Du schon 40 Jahre alt ist t’.-«
ertönte plötzlich eine jugentsrxxck-e,
frohe Stimme Hinter mir.
ist-schreckt lenke- ich die Fee-er weg
und sah Mich dir-m
»Bist Tu eE Geset, Du kleiner Fio
bold, ich habe Dich got nicht herein
kommen hören«
»Ganz richtig Du wmst so rertjest
in Deine Schreilsmi, daß Du hat
nicht bemerkt hast« das, ich hier lange
stand und über Deine Schulter sein«
»Hast Du gelesen, was ich schrieb,
Kind?«
»Ein wenta,« saate sie mit einem
schelmis en Lächeln, ,,eg scheint kein
medizini ches Wert zu sein. Laß nun
die Scheeibeeei liegen und tornm in die
Wohnstube Martia muß eine lange
Rede von der alten Sophie anhören,
welche sich darüber betla t, daß Du
Dir selbst so wenig gönnit und Dein
Geld sottkiebst an arme Studenten
nnd kenn e Leute, Du uter Onkel!
Ra, komm nur, Herr Propegon Manier
eng-ge Wichtige-! mit ir zu be
te e; denke Dir, etwas Schreckliches
E scheinen deute Dir blos — sie er
e t te und wurde verlegen —- da ist
Einer, wittl , Einer-, det mich haben
will« brachte- stodeted raus
,M haben — Evas« cste ich et
schreckt. »Das ist wohl der Lieutenant
von Dohlen, der Dir im Bazar den
Liqueur mit einemGoldstiick bezahltei«
« »Gut-de der, Onkel. er hat heute an
Mama ge chrieben.«
»Und u, Evas Liebst Du ihn?
Willst Du ihn haben?«
»Nein, der Herr bewahre mich. Er
ist mir gar zu jung."
’ »Ernst-aber doch wenigstens 30
Jahre alt, Kind.«
»So? ch glaubte, er wiire weit
jünger. r ist so fade, ja so kindisch,
tann ich dreist sagen, daß ich mir gar
nicht denken kann daß er es ernst
meint mit seiner Liebe.«
»Hast Du Dir überhaupt ein Bild
entworfen, wie Du Dir Deinen Zu
tiinstigen vorstellst?«
Als ich diese Frage stellte, holte ich
tief Athem und wartete geradezu ängst
lich aus die Antwort.
Sie zauderte einen Augenblick und
sagte dann, wie in’s Leere blickend:
»Ein Bild meines Zukünftigeni Nein,
das habe ich mir noch nicht vorgestellt.
Aber so viel weiß ich doch, daß er
männlich und ernst fein muß, seine
Kenntnisse und Tüchtigkeit müssen mir
Respekt abniithigen und seine An
schauungen und Gefühle müssen meine
Liebe erwecken können und ich muß zu
ihm ausblicken lönnen mit Ver
trauen« . .«
Sie schlug nun die hübschen braunen
Augen aus und es laa in ihnen ein
Ausdruck von Begeisteruna, dann
schüttelte sie plötzlich mit dem kleinen
Kopf und sagte lachend:
»Es ist dummes Zeug, was ich rede,
Lntel Ernst, als wenn Einer, der so
ist, mich haben möchte, mich, die un
bedeutende dumme Eva, den Kobold,
trie Tu zu sagen pslegs .«
Das alt-e 40jährige Herz tlovste in
meiner Brust, ganz wie damals, als
ich am Eramenstisch saß — lönnte das
Glück wirklich noch einmal bei mir an
llrspfen? War es wirklich möglich?
.,an,« bekam ich endlich heraus,
»Du wollst vorhin wissen, ob es eine
merizinische Arbeit sei, mit der ich be
schaftiat war; nun ja, ich schreibe ge
rate eine tleine Abhandlung, welche ich
srie moralische Sondirung »eines Herz
-1L.—- —..
»Ist das eine gefährliche Krankheit,
Enkeli«
»Nun, wie man es nimmt.«
»Kann sie geheilt werden?«
»Das iommt ganz auf den Arzt an.
Ter Patient ist ein alter, oft verdrieß
licker Bursche, der eigentlich nicht mehr
wußte, daß er ein Herz besaß. Wenn
aber ein liebliches süßes Mädchen Arzt
fein will und aufhören will, zu einem
gewissen Doktor »Ontel« zu fagen,i
kann. . . .«
»Ernst, meinst Du mich, meinst Du
wirklich mich?«
Dass süße Geschöpf hing an meinem
Halse, ihr lleiner Kopf ruhte an mei
ner Brust, der Brust, in welcher das
Herz nun nur noch fiir ihr Glück
klopfen foll.
O If O
Ueber mir im dritten Stock wohnt
ein alter bescheidener Musiklehrer, die
treue Sovhie meint, daß er gut meinen
alten Israel gebrauchen kann.
Jch will mir deshalb einen neuen .
laufen.
Ton-reimen zur Wurzeln-leiern
i
Der alte Sokrates ivnr damals or- i
dentlicher Professor der Philosophie in l
Athen; da denkt er einmal Abwko
Ertrotes, heut’ geh’st tneipenl i
er nimmt sich die Courage und sagt ,
zu feiner Gemahlin Xantippe: »Du,I
mein liebes Xantipperl, HerzerL En-I
aerl, geh’. gieb mir heut’ einmal den;
HaueschlüsfeL denn ich muß heut’ ein
Collegium über die Logik lesen und
das dauert wenigstens bis elf Uhr -
Nachik.« l
Richtig, fie giebt ihm arglos den
Hausschliissel und unser Professor So
krates geht ftante pede »Zum goldenen
Posthorn« in’s Extrazimmer, wo ge
rad’ die Athener Burschenschaft ein-In
Eommers abhält, und läßt sich einen i
ersfsmzsusisv ISIIIDII
s --·---- -------------
mandirt war, geht der Herr Professor
Sokrates in dulci jubilo mit seinens
Studenten nach Haus; auf einmal er- H
innert er sich und saatI »Commi1ito
neSI Geh’n tvir heut’ einmal zur AS- ,
pasia!« z
Ein paar Minuten später sitzen’å’
tririlich im Salon des Aspasia, trin
ten Punsch und Grog und treiben «
Philosoohir.
Endlich um Drei in derFriih kommt
ter Herr Professor Sokrates stesn
haaeivoll nach Haus und seine Frau
ist natürlich trostlos darüber und hält
ihm eine Gardinenprerdigt. Das er
zählt der Herr Professor in der näch
stenVorlesung und seitdem ist die arme
Xantippe so in Vnruf gelommenl
—---.-0.---—
Jung deoot —- Alt despot.
O slt s
Ost winlt das Glück dem Einen und »
der Andere läuft vorbei.
If VI III
Viele lieben die Wahrheit —- die
sie den Andern-:l sagenh
Große Feinde sind die geföhrlichsten,
tleine die lä«ftigften.
Schöne Aussicht!
Junger Rechtsantvaltt »Heute hatt’
ich einen Mörder und zwei Straßen
räuber zu vertheidigen; vielleicht ge
lingt es mir auch, in den schwebenden
großen Banlerotti und Meineidöproi
eeß htneinzulonnnen und dann
heirathen wir, Scha i« — Braut
( elig): »Ach, das Le en ist doch schön,
duardl«
Weibliche Helden.
Alterthum und Mittelalter erziihlen
herits von Frauen, deren Muth und
Unerschrockenheit sie weit aus derMasse
hervorheben und sie heldischenMännern
gleichstellte. Man denke dabei nur an
«oie biblische Judith, an Zenobia, Kil
rtgin von Palmyra, die Syrien er
oterte, an die Weiber der Kimbern
und Teutonen, welche den Kriegszug
ihrer Männer nach Gallien begleiteten,
an die Jungfrau von Orleans und
andere.
Auch die Neuzeit oerzeichnet herni
sche Frauen, sogar noch häufiger.
Muth und Charakterstiirle haben
Schritt gehalten init der geistigen Er
starkung des Menschengeschlecht-Z und
sind mit den Fortschritten der Kultur
Und Bildung sichtlich gewachsen. Denn
Muth ist, neben lörperlichem Macht
bewusztsein, auch ein seselisches Mo
n"ent, welches- das Geschöpf antreibt,
der Gefahr, um bestimmt-en Preis,
entgegenzutreten —- selbst bis zur Ver
nichtung. Und wenn man die gerin
gere weibliche Körperkraft berücksich
tigt, kommt man sogar zu der Ueber
zeugunxn daß das seelische Moment bei
Bethötiaung des Muthes überwiegt.
Es macht den Muth erst werthvoll und
entwickelt und erhöht ihn zur Tapfer
teil.
Jn fast sämmtlichen lriegerischen
Verwicll unan der Neuzeit sind kühne
und ents chlossene Frauen erstanden, die
bereit waren, siir eine sie begeisternde
Joee zu leiten und zu sterben.
Die srars zösische Revolution verzeich
nit ten Namen mancher Ost-am die mit
Kühnheit und Muth eingrifs in die
Faden des verworrenen Gespinnstes,
wie Theroigne re Mericourt, die
Mincio-ne der Revolution«, und Char
lotte lFordan, die Mörderin Marats.
Aber solche Handlungsioeise entsprang
laupisöchlich dem herrschenden Jana
tismu5, der Theroigne bald ale irr
sinnig in die Salpetriere Ausnahme
sinan ließ, und Charlotte Cordat
zum Meuchelrnorde trieb. Erst die
Zeit des ersten Kaiserreichg ließ in den
-. »-k2;;e«·-l--- es-«s«n Iris-n neu-ish
shthuskujhu stund-s- Jsuku v-, »so-,
iiealen Patriotismus hervortreten,
der auch die Frauen mit fortriß Die
Zeit des ersten Napoleon ist sogar be
sonders reich an hiervifchen Frauenge
stalten. Jn Frankreich wuchs die Be
wunderung für den »neuen Alexander«
mit dessen fortgesetzten Siegen zur Be
oeifterung heran. Jn den bedrohten
and unterjochten Staaten dagegen ent
wickelte sich ein glühender Haß gegen
den Eroberer, der die Vaterlands-liebe
im Kampfe bis zum Heroismus stei
eertr. Jn Spanien erstand das-, Mäd
chen von caragosfa«, das im Jahre
1808 bei Vertheidigung der Stadt auf
deren Wällen mit feinen Landsleuten
in Reih und Glied kämpfte und dabei
den Heldentcd fand. Die romantifche
Episvde ist vielfach erzählt, besungens
und im Bilde zur Darstellung ge
kracht.
In Deutschland, wo durch die fran
zöfifche Jnoafion das Familienleben,
ja rieEriftenz selbst bedroht war, hatte
sich ein Haß entwickelt bei Mann und
Weib, der zu Thaten drängte. Der
Mehrzahl der Frauen blieb die Gesin
nunggweise der Königin Louise vor
bilclich und leitete sie zu charakteristi
scher Duldung und Opferwilligteit.
Belannt ist das Opfer jener jungen
schlesischen Dame, die in Breslau
ihren Haarschmuck zum Besten des
Vaterlandes verkaufte. Allen voran
aber steht in Thatendrang die feurige
Pvtådamer Korporalstochter Eleonore
Prvhagta, die, von Körner’s ,,Leier
und Schwert« begeistert, heimlich das
Elternhaus verließ, um« wie Theodor
Körner selbst, unter den freiwilligen
Jägern zu kämpfen. Von Begeifte
rung beseelt, überwand sie alle Kriegs
stravazen und nahm Theil an verschie
denen Gefechten. Es gelang ihr auch
volllommen, ihr Geschlecht zu verber
gen, bis sie, von einer Gewehrtugel
getroffen, im Gefecht an der Göhrde
fkpl Hierbean erst enthüllt-e sie ibk
Geheimniß mit den Worten: »Haupt
mann, ich bin ein Mädchen!«
Seltenen Muth und Geistesgröße
zeiote im Anfang des neunzehnten
Jahrhunderts bei der Gegenpartei,
die Gräsin Jeanne Marie Laoalette
zu Paris. Sie war eine Tochter des
Marquis von Beauharnais und eine
Nichte der Kaiserin Josephine. Wie
ils-re Routine die spätere Königin
Hortense, bildete sie eine Zierde des
Hofes Napoleon hatte jederzeit das
Bestreben, seine Familienangehörigen
und Freunde um seine Person zu ver
sammeln, eichermaßen als Schutz
wehr gegen Republitanismus, wie
geaen das bourbonische Königthum.
Tarum bestimmte er seine Stiestochter
Hortense seinem Bruder Ludwig und
mochte ihn zum König von Holland,
während die Nichte die Gemahlin des
Grasen Lavalette wurde, eines der
ausgezeichnetsten Männer des kaiser
lichen Hofes. Der Gras erhielt die
Stelle eines Oberpostmeisters, in wel
cher er auch nach Wiederherstellung
des Königthums noch verblieb. Bei
Napoleons Rückkehr vor Elba Verstand
er es, dem Korseni aber dergestalt die
Wege zu ebnen, daß dieser nur zu er
scheinen brauchte, um von dem schmach
voll verlassenen hrone wieder Besitz
zu ergreifen. ährend Paris die
Sieger von Waterloo bei ihrem Ein
zuge wie Befreier begrüßte und in der
Großen Oper »Jerusalem delibetee«
von Gluck gegeben wurde, ward Gras
Lavalette in’s Gefängniß abgesührt
und alsbald zum Tode verurtheilt.
Gräsin Lavalette entwarf sofort
I
einen Befreiungsplam au die Gefahr
bin, daß sie selbst dessen pser werde.
Jshrem Anschlage gemäß erschien am
Abend vor der Hinrichtung eine
Sänfte, der die Gräfin und ihre Toch
ter entstiegen. Beide trugen einen Ge
l»eitschein, der ihnen die Gefängniß
psorte öffnete. Auch war der Gesäng
niszdirettor angewiesen, der Familie
ein letztes Zusammensein hne Zeugen
zu gestatten ——- eineGunst, welche durch
Freunde des Grasen erwirlt war. Nach
Ablauf der bewilligten Zeit kehren zwei
Personen zurück und verlangen hin
ausgelassen zu werden. Die Tochter
unterstützt die in einen Pelzmantel ge
hüllte Mutter, die das Taschentuch vor
die weinenden Augen drückt. Am Git
terthor wartet die Sänfte, die Damen
steigen ein und sind verschwunden Jn
zwischen bat der Gesängnißwiirter die
Zelle betreten und findet — die Gräfin
anstatt des Grasen. Es wird Lärm
geschlagen —- umsonst. Der Graf ist
nach Brijssel entslohen, wo die Fäden
der bonapartistischen Jntriguen zu
sammenliefen.
Die heldenmiithiae Frau behielt
man als Geisel im Gefängniß, in der
Hoffnung, dasz sich der Gras dem Ge
tichtshofe stell-en werde. Aber die Ver
abredung der Gatten war dergestalt,
daß die Gräsin auszubauen entschlos
sen war. Es dauerte auch nicht lange,
bis sich Paris für die Gräfin entbu
siasmirte. Jhr Portrait ward ange
schaut wie ein Heiligenbild und ihr
Heldenmutb inLiedern befangen. Den
noch wäre das Schicksal der Bonapar
tistin unberechenbar gewesen, wenn sich
Alexander der Erste von Rußland nicht
in’s Mittel geleat hätte. Seine Rit
terlichteit, seine persönliche Zuneigung
zu Napoleon und dessen Familie, er
trugen es nicht, die Gräsin länger lei
den zu sehen. Seiner Fürsprache ver
danlte sie endlich die Wiedervereini
gung mit dem Gatten.
Unter den Bourbonen scheinen die
Frauen von Haus aus die Muthigen
zu sein. Belannt ist in dieser Bezieh
ung der Ausspruch Napoleon des Er
sten, daß die Herzogin von Angou
leme, Tochter des aus dem Schasfot
gestorbenen Ludwig des Sechzehnten,
und Marie Antoinettes, der »einzige
Mann unter den Bourbonen sei«. Auch
die Herzogin von Berry, Gemahlin des
von Louvel ermordeten französischen
Thronfolgers und aus dem Stamm
der italienischen Bontbonen, erwies sich
als heldenmiithige Frau —- allerdings
mit einem Anslug in’.s Abenteuerlichr.
Nachdem die Orleans durch die Juli
revolution, nach Vertreibung Karl des
Zehnten, mit Ludwig Philipp den
französischen Thron im Jahre 1830
bestiegen hatten, entfloh die Herzogin
von Berry nach der Vendee, welche sich
schon den Bourbonen während der
Revolutionszeit treu gesinnt erwiesen
hatte. Sie verstand es, zu Gunsten
ihres Sohnes Heinrich (gestorben 1883 i
als Graf von Chambord zu Frohsdorfi
in Desterreich) einen Ausstand zu er-!
regen, an dessen Spitze sie sich stellte.
Jn verschiedenen Vertleidungen wußte i
sie sich wochenlang vor den eisrigeni
Bersolgunaen Louis Philipps, des
Viirgertönigs, versteckt zu halten, bis
sie endlich durch Verrath in einem
Bauern-hause entdeckt und nach Paris
gebracht wurde. Nur die Eingehunq
einer neuen, nicht standesgemiiszen Ebe
und der damit verbundene Rücktritt
in’s Privatleben verschassten ihr die
Freiheit.
Während der letzten großen polni
schen Revolution im Jahre 1863
machte der weibliche Begleiter des Jn
surgentenfiihrers Marian Langiewicz
in allen Zeitungen von sich reden. Hen
riette Pusantos versah mit Kühnheit,
Unerschrockenheit und Geschick den
schwierigen Adjutantendienst, beglei
tet-e die Jnsurgenten in’s Gefecht und
sah dem Tode in’s Angesicht —- ver
muthlich entsprang dieses Heldenthum
ebenso sehr dem glühenden Patriotis
mus der Polin wie deren Liebesleid-n
schast. Nach Besienung des Aufstandes
entfloh Marian Langiewicz mit sei
nem weiblichen Adjutanten nach Kon
stantinopei. Auch im Exil verließ
ihn Henriette nicht.
Aus den siebziger Jahren des vori
gen Jahrhunderts ist namentlich die
muthige Handlungkweise der Gemah
lin des Marschall5 Bazaine, eine Me
xikanerin, noch im Gedächtnisz der
Zeitgenossen Aus Anlaß der Ueber
gabe von Metz wurde Marschall Ba
zaine nach Friedensfchluß vor ein
Kriegsgericht gestellt und zur Begra
dation und zum Tode verurtheilt.
Später wurde Bazaine zu zwanzig
jähriger Festungåhaft auf der Jnsel
St. Marguerite begnadigt. Seine Ge
mahlin stellte sich sofort an die Spitze
eines kühnen Befreiungsplanes, indem
sie denselben nicht nur einleitete, son
dern in der Hauptsache auch selbst
zur Ausführung brachte. Jn einer
stürmischen Nacht ließ sie sich von küh
nen Schiffern nach der Jnsel St.
Marguerite übersetzen und wartete in
hochgehender See, bis sich der Gefan
gene an zusammengekniipften Tüchern
zu ihr in’s Boot jinablassen konnte.
Ein Erfolg des heroischen Unterneh
mens wäre natürlich ausgeschlossen ge
wesen, wenn nicht ausreichender Bei
stand von Freunden und Parteigenos
sen lvorhanden gewesen wäre, die
gleichfalls entschlossen waren, mitLeib,
Leben uan Besitz für die bewegende
Jdoe einzutreten. Es ist eben eine
glückliche Eigenschaft des echten Mu
thes, daß er eine fortreißende Kraft
besint, sozusagen ansteckend wirkt.
Auch ist es einleuchtend, daß dies
Fluidurns noch stärker wirken muß,
wenn ei von der körperlich schwächeren
Frau aug eht. CI weckt die Ritter-lich
leit des anme, so daß dieser sast
unwillkürlich dasiir einstehen wird,
daß dein Plane nicht das Gelingen
fehle.
.——-———
" Eine schwere Vatikan-n
»Wie geht’s Ihrer Gattin? Erholt
sie sich im Bade ordentlich?« — »Q
gewißt Sie hat schon aus dem Bahn
hos angefangen, gesund zu werden!«
Linden-rund
»Bitte, Mania, mach’ das Licht noch
nicht aus, ich bin noch nicht ganz ser
tig.« -— »Was willst Du denn nacht«
—- ,,Einschlasen!«
Summarisch.
A.: »Wer ist denn der Herr am
Stammtisch?« —- B.: »Das ist der
Dichter Xamperl, der der Welt seit lan
ger Zeit einen Roman und mir zwei
Dollars schuldig is .«
Falsche Auffassung.
A.: »Denten Sie sich mal, der Herr
Müller ist jegt auf einmal so ein gro
ßer Hypochonder geworden!« — B.:
»Was Sie sagen? Da verdient er sich
wohl ein schönes Geld?«
Mißverstandem
Gatte: »Hör’ mal, liebe Frau, Du
solltest Dich doch mit Deiner Kleidung
etwas mehr einschränken.« —- Gattin:
,,Einschränten? Ja, ich kann mich doch
nicht noch enger schnüren!«
Offenherzig.
Fremder: »Sagen Sie mal’, warum
herrscht denn bei Jhnen eigentlich
-Garderobezwang?« —- Schmierendis
rector: ,,Osfen gesagt —- weil wir die
Garderobe hie der Ausführung brau
chen!«
Immer derselbe.
»Was haben Sie in der ersten
Freude gethan, Herr Commerzienrath,
als Jhnen Jhr Söhnchen geboren
wurde?« —- ,,Was werd’ ich gethan
haben? Gratuliri hab’ ich ihm!«
Die junge Hausstan.
Madame (im Metzgerladen): »Ich
muß mir schon verbitten, daß Sie im
mer meiner Köchin Knochen für Fleisch
aushängen!.". .. Geben Sie mir jetzt
einen schönen Hirschbraten —- aber
ohne Geweiht«
Unversteuerter Betrieb. «
»Du, paß’ nur auf,'« sagt der
Hannes drohend zum Dorsbader, als
ihm dieser nach unsäglicher Mühe end
lich einen Zahn gerissen, »Dich zerg’
ich an: Du treibst ja Dein Gewerb
im Umherziehen!«« -;
Z
Der Sonntagsjitger. ’Z’««
Förster (bei der Treibjagd): »Ich
bitt’ Sie, Herr Assessor, verstecken Sie
sicb ncfälliast hinter einen Baum, da
mit Sie von den Hasen nicht gesehen
werden —- sonst laufen s’ alle nur auf
Sie zu, und wir machen wieder eine
miserable Jagd!«
Cmpsindlickn
»Warum hat denn der dicke Müller
auf einmal aus unsern Amtsrichter ei
Znen solchen Schleim?« —- Er hat
neulich im Grundbuch angemeldet,
daß er jetzt verheirathet ist, und das
hat der Amtsrichier aus Versehen un
ter den ,,Dispositionsbesehränkungen«
eingetragen.
Ein schlauer Bursche.
»Ist etwas angekommen, Jalob?"
,,Besehl, Herr Leutnant, ein Tele
gramm mit bezahlter Rückantroort!«——
»Na, wo ist denn das Antwortformu
lar?« —- »Der Bote wollt’ die Ant
wort gleich mitnehmen, Herr Leutnant,
und da hab’ ich Namen des Herrn
Leutnant telegraphirt: Herr Leutnant
danken für die bezahlte Rückaniwort!«
Waidmännifche Ausdrucksweisr.
Schmierendireetor izu seinen Mit
gliedern): »Hört mal, Herrschaften«
bei den ewigen Borschiissen geht einem
ja schließlich das Pulver aus! Ich
möchte auch Niemanden aerne an sei
nem Ehrgefijhl verwunden, indem ich
ihm blos fünf Groschen geb-el«
Bitter.
Frau A.: »Mein Mann war gestern
schrecklich ärgerlich, weil unser Dienst
mädchen mit seinem Rasirrnessser Holz
geschnitten hat« —- Frau B.: »Rasirt
sich Jhr Mann selbst?« — Frau A.:
,,Ja!« —- Frau B.: »Das freut mich,
die Leute sagen nämlich, Sie wären
schuld daran, daß er immer so zerkratzt
aussieht.«
Gemüll-lich.
Professor (im Wirthshaus, plötz
iich): »Bitte tausend Mal umEntschul
digungx eben entdeckte ich, daß ich fort
während aus Ihrem Glase trinkt« —
Nachhar: ,,Hat nichts zu sagen, Herr
Professor, ich habe während der Zeit
aus dem Ihrigen getrunken!«
Ziemlich hassen-h
Frau A.: »Mein Sohn hat gestern
in der Schule eine Prämie bekommen,
wir haben uns herzlich gefreut.« —
Frau B. (Gattin eines Schlächtermets
sters): » a, ich tann Jhre Gefühle ver
stehen; asselbe empfunden wir, als
unser Mastochse auf der Mastviehs
Ansstellunq pramiirt wurde.«