Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 24, 1902, Sonntagsblatt, Image 9

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    Beilage des »Nein-ist« ZthcItZ-:3ittzeigcr und .85ekold«.
J. P. Windolph, Herausgehen GrasthsIaua Mehr» den 73;. Jan lk)()2. Jahrgang 22. No. 21.
Des Knoten’5 Lösung.
Eine wahre Geschichte aus dem Leber-.
«3onst hätte er nie geheirathet —
nie — nie!
»Weder schösz' ich mich todt!«
« Dazu hatte er sich schon als ganz
junger Dachs von einem Lieutenant
verschworen, und mit jeder Charge, die
I: empor-stieg, nahm dieser Schwur
an Entrüstung zu, bis die wuchtigen
gltajorsepauletten auf sein-en breiten
Schultern solchen Schwur überflüssig
zu machen schienen.
Nichts Blanteres, als die hübsche
kleine Wohnung, wo sein Bursche den
ganzen Tag über putzte. scheuerte und
ioedelte, zum Aerger der nachbarlichen
Dienstmädchen denen von ihren Her:
rennen die Unermüdlichteit dieses mu
sterhaften Neinlichteitsgenies, »das
doch nur ein Mann titl« hämjfch vor
aeworsen wurde.
Auch zog die Paradefront seiner
fünf Fenster, hinter denen die weißen
Gardinen vor Sauberteit leuchteten,
den heimlichen Neidblick mancher Mut
ter bedenklich überbliihender Töchter
auf sich: »ja, warum heirathet er denn
-nicht?«
J, er hat es so ja tausendmal bei-·
serl J. was iiir eine Veranlassuna
soll er haben. wildfrexnder Menschen
Töchter zu füttern und mit Putz zu
dehängen —- »pardon«! mit einer ent
t·buldiaenden Verbeugung gesen einen
-«L3erheiratheten, der rnit am Wirths
:-tche saß. Gleich darauf aber wieder
i« das zum Schnauiban erhobene
Bierglas hinein: »Er-jeder schoß ich
its-ich todt!«
Und schließlich ward er a. D. Das
iit ein Ade! allen ehrgeizigen Hoff
nungen. Grollend packte er seine Sag
chen in einen Möbelioaeren und siedelte
nach Pensionopolie in Thüringen
über. Er hätte die Möbel verkaufen
oder versteiaern lassen sollen, fest, da
ihm kein Putzgenie in Gestalt eines
Bursch-en mehr zu Gebote stand! Aber
er vermochte sich nicht davon zu tren
nen —«— und Eigenthum verpflichtet!
Eine Haushalterini Brri »lieber
schol-' ich. . . .«
Aber die Verschwörung hin nur
aanz matt heraus-. Er versuchte es
mit allerlei Bedinunasmethodem doch
die ehemals dlanten Möbel büßten er
sichtlich an Haltung und Ansehen dabei
ein. Es blieb nichts anderes übrig,
und topsiiber, mit geschiossenen Augen,
siür te er sich in das Wagniß, seinen
to ren Hausstand« sowie seine noch
kostbarere Person der feindlichen Ge
su-IO 48042 msxishst »Ist-n--OI.-Issss
Nie war er sich so hilflos vorgekom
men. als an ienm Tage. da er mit
mühsam aufrecht erhaltener Autori
tätsrniene an seinem Schreihtisch saß
und die auf sein Zeitungsaufgebot
massenweise herbeiaeströmten Weib
lichkeiten, die sich siir den begehrten
Uosien meldeten, Reoue vassiren ließ.
Es ward ihm ernstlich schwill, und es
war wohl zulest die Verzweiflung, sie
ihn zutappen und das übliche Muth-s
aeld in die mit einem Filethanoschuh
bekleidete band einer angeblich-In
Wittwe, «die es eigentlich nicht nöthkg
hätte«, und auch die polizeiliche Bevor
mundung eines Miethhuches der
schrniihte, drücken ließ.
Wie sah sie doch aus? Er harte
wirklich hlindlings zugefafzt, uin oenx
peinlichen Eramen, wo er wahrhaftig
oie Examinandenrolle spielte, ein
Ende zu machen. Sein Erstaunen war
Daher nichst gering, als er ain ersten
Morgen nach dem Dienstantritt der
Wittwe, eine unaernein ansehnliche
Person von appetitlich sauberer Er
scheinung, drall und esund und
frisch, mit offenen, grellb auen Augkn
und tindlichen Schelmenarübchen in
den etwas starkblühenden Wan.en,
das Präsentirhrett mit dem Frühaiict
aus den rundlichen Armen balanci
tend, in's Zimmer treten sah· hatte
sie sich til-er Nacht verjüngt? Ihr Al
ter, das er gestern Abend aus szzh
tarirt, durfte man bei dem freuncs
lichen Moraenschein ohnexsschmeichelei
aus 29Q herabdrücken Wenn sie sich
wandte und er dann mit einein prüfen
·oen Blick, dem es nicht an leiie schwan
zelndein Wohlwollen mangelte, ihrer
davonscheeitenden Gestalt nachsah, so
setzte er unwillkürlich noch einige Jährs
chen herab. Zu dieser Jugenatäui
fchuna trug wohl das alxjnienaeBlonoi
im» fui ji«-a hinten in ein-m kräftiaen
q--. —-.
griechischen Knoten geschlungen war
und in üppiaer Wildnis-, in den Nacken
hinabwucherte.
Blond —- ja blond! Wenn er über
haupt jemals eine Couleur bevor
singt, so wäre es diese gewesen! Solche
Ertenntnise ging ihm plötzlich aus.
Frau Glase bedeutete überhaupt
eine vollständige Umwälzung des
Haushaltes. Sie nahm sosort in drei
resier Weise davon Besitz und es sah
fast aus« als gedäehtr sie, tein Stück
mehr anderen Händen zu überlassen
Auch ihn selbst nicht! Zuerst em
viand er ein gewisses verhliisstez
Grauen vor der naiven Sicherheit«
mit der sie sich einnistete. Wie sie seine
Sachen nach ihrem Geschmack um
siellte und ordneie, so reorganisirie sie
auch seine Lebensweise, z. B. wagte
er es hald nicht mehr, das Ahendhroo
in seinem hause auszuschlagem wäh
rend er das sonst in der nKeipe abzu
seriigen pslegtr.
Anstngs versuchte er noch den
Herrn herauszutehren Aber sie liii
chelre jeden Widerstand ge en die An
ordnun en mit den Grii chen ihrer
seisten angen nieder. Ohne Zweifel
verstand sie alles besser, sie, die ein-n
eigenen hauistand besessen! «—- uns
ans ihren Worten luate deutlich dce
Mißachtung gegen den Junggesellen
Uebrigens tochte sie vorzüglich nnd
damit allein konnte sie ahn wehrlos
machen; es war alles in musterhaft-r
Ordnung —- was widersetzte er sich
denn-?
Allmählich stellte sich ein Gefühl
bei ihm ein, als wenn er selbst auf
Besuch in seinem eigenen Hause sei
Jn diesem Respettgesühl bestärtten
ihn ihre nie ruhenden Anspielungen
auf den soliden Glanz ihrer Vergan
qenheit. Jhr Vater war ein siirstlicher
Schloßbeamter gewesen, und sie hatte
als Kind mit Prinzessinnen gespielt!
Ihr-e Schwester war zuerst mit einern
»von« orrloht und heirathete dann
einen Landwehrosfieier. Jhr Mann
hatte einjährig gedient, und sie hat
ten, trotzdem sie nur Buchhalterg wa
ren, mit den »ersten« Familien ihres
Wohnortes verkehrt. O sie hatte nach
dem Tode ihres Mannes Anträge ge
nug arhath Sie hätte einen Fabri
kanten haben können, einen leibhasti
gen Millionär, dann einen Gutsbe
sitzer, auch einen Baron —- einen frü
eren Ofsiiier. . .
Dieses »auch« überfiel ihn wie e n
Schreck: Herrgott, sie denkt und hofft
doch ni tetwa. . . .
Er "hlte, er ahnte, daß die
Macht, die sie über ihn aus-übte, sich
eines Tages bis zu einem Ueberfall
auf sein Junggesellenthum erstrecken
lönnte. lind dagegen galt es, sich bei
sieiten zu wehren!
So umschtvirrten ihn allerlei Ari
spielungen in der nKeipe, so oft Frau
Glas ihm noch eine solche nKeipftunde
gestattete: ironische Ertunoigungen
nach seiner hübschen Hausmarschallim
lecke Neckereien, scherzhafte Warnun
nen vor dem nicht zu ausnahmswesi
sen Schicksal eingefleischter Jungge
sellen, die von ihren Haushälterinnen
bis zum Traualtar gedrängt worden
O; ----- IÆKIJ LI- mZA anO «
Ja. wenn Frau Glaß nicht den
arladenen und daher gefährlichen R::
duldet-, der unter der Waffendetorrs
tion seiner Wohnstube gehangen, in
übertriebener Vorsicht, daß das Dina
eines Tages don selbst lot-ginge, weg
genommen und versteckt hättet
Sprach diese Wegnahme nicht deuc
licher als Worte? Sagte sie ihm nicht
snmbolisch: mit dem Todlschießen
wird es doch nichts! Du bist mir ja
doch verfallen!
»Teufel, aber ich will nicht! J
habe mich fünfzig Jahre gegen die
Ehe gesträubt ier rechnete die Kinde-:
jahre in dies Sträuben ein), man soll
mich nicht unterlriegen!«
Und laut. mit der äußersten An
strengunq seiner Autorität: »Frau
Glasr, ich sehe, Sie haben Schnurz
den Schlafrock abermals auf den Flur
geschoben —"
Sie zuckte mitleidig ironisch die
rundlichen Schultern: »Wie der Herr
Baron befehlen —«
Und sie-wollte den mit einem alten
Kissen aefiitterten Korb wieder in die
Schlafstube stellen, wo Schnurz, der
Hund, zu Füßen seines Herren zu
übernachten pflegte.
»Nun lassen Sie nur, Frau Glaßk
wenn Sie glauben, daß es die Nacht
da draußen nicht zu talt wird —«
Wie tam denn das? Unbegreislich!
—- er entsetzte sich dor sich selber. Wie
kam er zu solcher empörenden Nachgici
biqteitJ Gewissen ihrer Mienen ge«
geniiber sank ihm völlig der Muth.
lind in solchen Momenten ahnte er,
daß er seinem Schicksal verfallen
Imäre. . «
I Eie aber tiaunte nicht uoer Ioicysn
Umfch1vuna. O, auch sie wußte, daß
er ihr unentrinnbar verfallen wart
Doch fand sie zuweilen, das-, diese
systematische Belaqerungstattit sie zu
lanofam vorwärts «br«cichte. Gut, man
versuchte es also mit Gewalimaßre
oeln!
. Sie ließ all-o alle Schrecken ihres
Isliutzteufelg log. Seine Bewegunge.
freiheit innerhalb seiner Raume ward
immer mehr durch gewisse treuz und
auer über die Diele aesireckte Läufe
itraßen beschränkt. Auch sind gewisse
Zophag nicht zum Hinfeden ever gar
anlehnen da! Auch können nur ge
wisse Kattunaardinen eines kleinen
hinterzirnmerg den Tabatöqualm ver
tragen, die andern aanz gewiß nicht!
Auch gehören Hunde auf den Hof, und
nicht ins Zimmer!
Damit traf sie ihn am Herzen. Al
tes hätte er geduldia ertragen; er hätte
sich ja gerne mit dem Nießbrauch eines
vierten Theiles fein-er Wohnung, auf
den sie ihn eingeschränkt. begnügt —
aber das arme Hundeviehi
Sie verfolqte das Thier auf Schritt
und Tritt und bekleidete ihm das be
fcheidensie Ruheplätzchem sie sorgte da
für, daß es sich ja nicht zu fett stößt
Alle Augenblicke scholl seine Jammer
stimme, die ein freundschaftlicherKlaps
oder Fußtritt weckte, durch das Haus.
Es empörte ihn, er war öfter nahe
daran zu kündigen, als er immer
wieder durch eine seltsam, schier ge
spentifch auftauchende Erwägung da
von zurückgehalten wurde: —- sie wer
de einfach nicht gehen! Sie würde
lächeln und —- bleideni Was isi ra
zu machen?
Die Dinae dränaten zu ein-et Ent
scheidung. Die Lust idar mit Unbe
hagen und Peinlichleit durchträntt.
Hatte sie ihn früher mit ihrem Grüdi
chenlächeln aediickt, so brachte ihn jegt
das Fehlen der Grübcheii ganz aus de:
Fassung. Jhre stumme nnd starre Art.
die von dern Ausdruck des Beleidiqt
seins strotzte, wurde iinmer unerträg
lichen Kam er sich längst schon wie
ein Besuch in seiner Wohnung vor, so
hatte er jetzt das Gefühl eines Geistes-,
der in einein Hotel aus Credit lebt und
sich dafür die schlechteste Behandlimzr
gefallen lassen muß.
In diese Geioitierliist platzte der
Besuch eines alten Regimentslamera
den herein. Der durchschaute sofort
die Situation. Es müßte etwas ge
schehen, und zivar gleich, und Eise-:
aisches, ehe es zu spär!
»Weißt du was, alter Junge, du
könntest mich wohl ein Endchen durch
den Thürinaer Wald begleiten! EI
ist herrlich jetzt. Jch erzählte dir, das-,
meine Frau nebst Schwester in Berta
zum Bade weilen. Aber natürlich
schleppe ich dich nicht big dorthin —«
Thüringer Wald —- es wehte wie
ein Hauch der Freiheit von dem Wort
her. Schnurzel winselte oor Freude
Fus. Und er riß seinen Herrn mit
ori.
»Topp! Jch sahre mit!« lUder
natürlich nicht bis Bertal·' setzte er
vorsichtig siir sich hinzu. Frau Glusz
würde auch wohl schwerlich den Ur:
laub bis Berla ausdehnenH
Frau Glase verwunderte sich über
den plötzlichen Entschlus-» aber sie
wünschte doch ,.glüctliche Reise!« mi:
ihrem bezauberndsten Grübchen
iachein
Er wollte in drei Tagen zurück sei-.
Frau Glas; wartete, wartete —
Schnurzel mindestens wird bei der
Rücktunst diese Urlaubsüberschreitung
zu büßen haben!
Erst ani sechsten Tage langte eine
Nachricht an. Eine Posttarte, worin
br »Herr« (ein gänzlich unpassendes
Werth ibr sliichtia mittheilte, daß ·r
seinen Freund nach Berta begleitet und
sich vorzüglich wohl befande. Er wür
de noch einige Tage ausbleiben, sie
möchte unterdesz seine Abwesenheit zu
einer ariindlichen Reinauna der Woh
nung benutzen.
Das war der offenbare Hohn! Sie
sprühte.
Schnuriel befände sich ebenfalls
wohl und ließe grüßen. . .
Sie ballte ihre prallen Fauste vor
Wirth über diese Herausforderun.1.
Na warte, wenn —- ,,sre« zurückkel)
ren!
Aber »sie« kamen nicht! An den
Stammtischen von Pensionopolis hieß
es, der Major sei durchaebrannt —
einsach durchgebrannt, alles, seine Mii
bel, sein Eiaenthuiii im Stiche lassend.
»Das Gescheidteste, was er noch
tbun tonnte!« lachte man. »Aber er
tehrt ja doch zurückl«
Auch Frau Glaß zählte sicher dar
auf, und sie hielt schon ihr ganzes
Arsenal von Rache sür solche Rück
kunst in Bereitschast. Und dann . . .
dann ist er verloren!
Plötzlich ward sie aus all dieer
Siegeszudersrcht durch einen Brief ge
rissen. Eine Verlobungsanzeige eines
qeivissen Major a. D· von P. mit ei
nen- lFräulein Lwerta von M» Tocht: r
U w
Oefsps muklßlsnsn Nun-n eilst-ists
weiteten sich·
»Nicht möglich!« treischte sie auf;
und das Papier zertnitterte in ihrer
Faust. Ein dummer Scherz, den ein
anderer ihr bereitet. . .
Doch die Begleitung der Anzeige
bestätigte das Unmögliche. Ein höf
licher Brief, worin der Major aus die
gedruckte Anzeige verwies; eine tur e
Andeutung seines Glückes, die i r
wie ein schriller Jauchzer entgegen
schnellte. Dann aber: in Anbetracht
ihrer »treuen Dienste« erlaubte er sich,
ihr die Möbel, überhaupt das ganze
Inventar seiner Wohnung zur Ver
sügung zu stellen.
Schreck und Wutb und Freude
über die vom himmel gesallene
Schentung, dann wieder die himmel
schreiende Enttäuschung: waren die
Möbel ihr nicht ohnedies verfallen?
Bald aber überwog der Triumph
Er hat nicht gewagt, zurückzukehren
—- aus Furcht vor ihr! Es wäre ihm
auch nicht rathsam gewesen! Fräu
lein von M. Aha, das ist vie
Zchwiigerin des unausstehlichen
Herrn, der ihn besuchte und dabei
mit seiner Spürnase die Wohnung
so durchschniisseltel »Viel Glück, viel
Gliick!«
Und sie besann sich nicht lange,
ging an eine Truhe, tramte darin
und zog eine Papptasel mit dem ge
druckten Aviz »Möblirtes Zimmer zu
vermiethen« daraus hervor. Diese be
seftiate sie sofort an dem einen Fenster
laden der »Zum Stube«.
An den Otainintischen war unge
heures Hallth Man konnte es nicht
glauben. Es war die Furcht vor der
Rückkehr! Einsach durchgebrannt!
Aber man sreute sich dennoch.
Fräulein von M. war keine Jugend
mehr, auch keine Schönheit, aber sie
würde ihm eine liebe und brave Frau
abgeben. Sie wäre das Gegentheil
einer Frau Glakz — Schnurzel würde
sich freuen.
-,,Hoch die Madame Glasz!« rief
einer.
Die Anderen stimmten lachend ein.
Sie hat ja doch diese Verlobung ge
lstisietl Sonst würde er nie geheim
lihet haben —- nie, nie!
— ---——— - Os-—-——
Der iieiie Coiiipagnoii.
—--·
Hunde-Wie oon itl d o l ph T h i e ! e.
»Aber ivie gesagt. Herr Pelzer, Ihr
Antrag ehrt unssebr, aber meine Frau
ist — das heißt vielmehr wir Beide
sind nun einmal der Ansicht, daß erst
unsere ältere Tochter verlobt sein muß,
ehe wir unsere jüngere weggeben.«
»Wenn es denn einmal,« entgegnete
Pelzer, »Ihr und Jhrer Frau Gemah
lin« —- er bemühte sich- dieses Wort
möglichst ohne ironischenBeillang aus
zusprechen «- ,,Jbr und Jhrer Frau
Gemahlin fester Entschluß ist, so läßt
sich dagegen leider nichts machen. Aber
noch ist das- letzie Wort nicht gespro
chen, darum darf ich doch wohl bit
ten«7.’«
»Wie meinen Sie das-, Herr Pel
zer«·.«' fragte der ältere Herr höflich, in
dem er sich im Fauteil vorbeugte.
»Nun, san muß doch versuchen, was
fis-h mach-n ififit Fels fabr- hinbr
seinlich moraen nach Berlin zurück.
bitte Sie aber, Herr Zchönemann un
ser Gespräch nich: als unser letztes an
zusehen«
»Gut, Herr Pelz-er, ganz wie Sie
swiinschen.««
Hierauf empfahl sich der abgewie
sene Freier und gina in das Straßen
getoiihl hinaus-.
Lebbafte Gedanken schwirrten ihm
durch den Kopf.
»Wenn ich vernünftig wäre,« sagte
er sich, ,,liesz ich die ganze Geschichte
laufen und setzte mich auf die Bahn.
Aber ich bin nun einmal in die Else,
diesen allerliebsten kleinen Teufel, ver
schossen, und bei verliebten Leuten hilft
da kein Zureden. Und nun das Mii
del selber —- ibr würde es gewiß auch
nahe gehen, wenn ich so ,,sans facon«
abspränae!« Es war wohl kein Zu
fall, daß er bei dieser Reflexion gerade
sein Spiegelbild in einem der großen
Schaufenster eines Ladens betrachtete
»Miissen sich da nun die alten Schö
neinanng — übrigens ganz nette Leu
te — in den Kon setzen, daß erst die
ältere, die Julie, unter die aube ge
bracht werden soll! Solch’ e ne Idee!
Findet sich denn da nun aeschtvind Ei
ner, der das sonst ganz famose Mädcl
,,stante pede« weabeirathet?«
Nachdem Herr Pelzer diese Frage an
das Schicksal aerichtet, fiel er in einen
Zustand des tiefsten Nachsinnens. Zu
nächst gerieth er so zwischen einen
Herrn und dessen Hund, die durch eine
Leinse verbunden waren. Nachdem er
sich herausgewickelt, stieß der in Ge
danken Bersuntene mit seinem Stocke
an eine alte Frau, die ihn bitterböse
anblickte und etwas murmelte. Als er
jbald darauf einem Herrn auf«de»n Fuß
tut usu urr ru ungern-Hqu Dreiun
oelte ihm den Rath gab: »Treten Sie
Doch auf Ihre Füße!« blickte er ganz
erstaunt auf diese Gliedmaßen nieder,
hierauf sriesz er in tiefem Sinnen wei:
terschreitcnd, an einen Troschtengaul.
i »O bitte sehr, paroon!« sagte er sehr
txtiflichs ohne weiter hinzusehen.
s Als er dann nach einem Bostet am
ijeaterplatz hinüberqeaangen war,
blieb er starren Blickes stehen und be
merkte nach einiger Zeit, daß eine gan
ze Corona um ihn versammelt war,
die gern erfahren hätte, wag denn da
Fa sehr Merttviirdiges zu beobachten
er.
Etwas beschämt ging Herr Pelzer
weiter. Untlare Gedanken durchweg
ten sein Haupt. Da erblickte er auf
dem qegeniiberliegenden Trottoir einen
Herrn. Wie eine plötzliche Eingebung
kam es über ihn, eilia schritt er auf den
Herrn zu. Dieser, ein hübscher Mann
von eleqanten Manieren, kam ihm
halbweas entgegen und qrüßte höflich.
Nachdem Herr Pelzer mit seinem
Reisenden — dies war der Herr — ei
niae gleichgültiae Worte gewechselt,
sagte er etwas verlean: »Lieber Herr
Falt, ich habe Jhnen etwas mitzuthei
len.' Bitte, begleiten Sie mich in die
Weinstube dort drüben!«
Nun saßen sie sich in einer gemiiths
lichen Ecke beim Glase Liebsrauenmilch
aeaeniiber, und Falk lickte seinen
Chef erwartungsvoll an; dieser aber
schien nicht recht zu wissen, wie er an
fanan ssllte
Nachdem er sich geräuspert, begann
er dann endlich: »Herr Falk, wollen
Sie —- mein Compagnon werden?«
Falt sah sonst nicht aus, als ob er
sich verblüffen ließ, das überraschte ihn
aber doch
»Wie-« sagte er und stockte.
,Nun,« fuhr Pelzer ruhiger fort,
»Sie übernehmen meine hiesige Filiale,
und das nöthige Kleingeld bekommen
Sie von Ihrer Braut!·
Die Ueberraschung des sonst so sat
telfesten Reisenden überst stieg jetzt alle
Grenzen
»Ja, aber —« stammelte er, »ja, er
lauben Sie, Herr Pelzer, ich habe ja —
gar keine Braut!«
Pelzer mußte über die Bestijrzung
feines sonst so standhaften Reifenden
herzlich lachen.
»Na. seien fee man gut!« sagte er
Jana im gemiithlichen Tone. ,,Sehen(
Zie, die Sache lieat so! Ich möchte
aern ein Mädel heirathen, hier in vers
Stadt — aber die Eltern —- nebenbei,l
gute Familie, angesehene Leute, auch»
»oom Besten« vorhanden — die Eltern
wollen erst ihre älteste Tochter der-hei
rathen. Das Mädel — ich meine die
Aelteste «- ist nun auch ein famoses
Mino, und da fiel denn vorhin mein
Gedanke auf Sie. Sie,« fuhr er mit
aeivinnendem Tone fort, »Sie werden
ivr gefallen« —- Falt drehte seine
Schnurrbartspitzen —- »und die Alten
werden gegen meinen Compagnon
nichts einzuwenden haben. Was sagen
Sie nun zu der ganzen Geschichte?«
Falk hatte sich gesammelt.
»Ihr Antrag, Herr Pelzer —«
,,Ehrt mich ungemein,« unterbrach
Pel;zer, »tenne ich, hat mir der Alte
raehin erst gesagt! Weiter!« J
»aber —- !
»Aber J« ;
»Aber man muß sich doch die Sache
-— Sie verzeihen meine Offenheit —;
man muß sichs doch erst einmal über
irgen, man muß sich über sich selbstj
klar werden« l
»Sie wollen eine Galgensrift her-«
den .'« sagte Pelzer lachend. »Gut, ich
betoillige sie Ihnen, aber heute Nach
mittag stelle ich Sie der Familie vor.«
Nach einer kurzen geschäftlichen Be
forechung verließ Pelzee den nachdenk
lich gewordenen jungen Mann mit den
Worten: »Wenn Sie mich heute Nach
mittag 3 Uhr im Hotel abholen wollen,
soll es mir angenehm sein. Einstweii
len," fiigte er launig hinzu, ,,werden
Zie nur über sich selbst klar!«
Zinnend blieb Falk sitzen.
»Heirathen!« sprach er vor sich hin.
»Der goldenen Freiheit des Haus-.
schliisselg und des Extraordinarismug
Adieu sagen! Also wirklich soweit?
Zeit war-«- ja eigentlich, könnte viel
leicht nichts schaden. Sie soll ein fa
mosez Möbel sein, meine Zukünftige?
Na, wir können uns die Sache ja ein
mal ansehen, schon aus Gefälligkert
für Pelzen ’s ist doch ein guter Kertl
Geld könnte ich übrigens auch brausi
Oben. Kellner, eine Cigarre, aber eines
7«
gute. (
Nachdem Falk seinen Wein mit Be
hagen ausgetrunken, begab er sich in
den besten Laden fiir Herrenartitel
und kaufte eine entzückende Krabatte.
Nach Tisch ließ er sich dann Haupthaar
und Bart sachkundig behandeln. Beim
Kaffee sann er über das Benehmen
nach, das er in der Familie Schöne
mann beobachten mußte.
»Schneidia austreten, aber nich: zul
unverschämt! Vor Allem der Fraiii
Zlltama den Hof machen, den Vater aus-(
— f1!.(.f!.--.-Ac--.--—
scllc Olculluchssjclllu Uclslgclh Ul- clllcllsi
stillen Moment das Herz der Zukünfti
aen durch Schilderung der trostlosens
Verlassenheit des Junggesellen rüh- i
ten --—« Diese Lebens-regeln prägte-(
sich Falk ein, bevor er Pelzer abholte.
—- Alles ging prächtig Falk ta:n,
sah und siegte, unI ais er bald darauf
dag ve rhänanißoolle ca errungen,
wurde. das Geschäft perfect« oder —
schöner gesagt — das berzensbünanik
besiegelt, und Pe. zer sorgte dafür, daß
seine und seines- neuen Compaanonsf
gemeinsam gefeierte Hochzeit zur Ver: i
Minderung aller Tanten und Baien’
nach erstaunlich kurzer Frist vollzogeni
:vurde.
— --——-.—- .-—s- —
Averqtäuvtfche Fürsten.
Vom Aberglauben gelrönier Haus
ter eriiihlt man sich manch hubs che Geq
schichte. So ist der König von Portu
aal ein hervorragend praktischer Ge
schäftsmann und wird in seinen Hand
lungen gewiß nicht sehr vorn Aberglau
ben beeinflußt. Er ist auch ein glückli
cher Herrscher-, die ganze Woche hin-:
durch —- mit Ausnahme des Freitag.
an welchem Tage er sieh immer un
glücklich fühlt. Vor einigen Jahren
sprach er wahrend eines Besuches- in
England vor einer Gesellschaft icn
West-End London-L Es war zufällig
ein Freitag und der König infolgedes
sen etwas nervös. Während seiner
Rede stieß er zufällig an einen der auf
der Rednertridilne aufgestellten Blu
mentöpse, und dieser Blumentops siel
einem oaruntersitzenden Aristotratkn
aafden Kopf. König Carlos bedauerte.
W
diesen Unfall sehr und entschuW
sich bei dem Verletzten in tliiglichm
Ton: »Ich wußte ja nur zu gut, Das
kommen würde. Wäre es nur ein
Sonnabend statt ein Freitag gewesen,
so hätte ich und auch Jhr Kopf mehr
Glück gehabt, Lord X.«
Die jetzige Prinzefsin vonWales zer
brach, als sie noch Herzogin von York
war, einst einen ziemlich kostbaren
Spiegel und war infolgedessen den
Rest oegTages verstimmt. Am nächsten
Morgen erzählte sie ihrem Gemahl
ganz betrübt: ,,Gestern zerbrach ich
einen Spiegel und wußte gleich, daß
sich etwag Schreckliches zutragen witt
de, und heute Morgen ist eine meiner
armen Katzen gestorben!« Nun kann
der Herzog Kahen nicht leiden. Er be
zeigte der tHerzogin jedoch fein Mitge
siihl«, und der Gesprächsgegenstand
wurde fallen gelassen. Am nächsten
Tage sagte der Herzog ruhig zu seiner
Gemahlin: ,,Sind heute Morgen wie
der Katzen gestorben?« —- ,,Oh, ich
hoffe nicht,« rief die Herzoain sehr be
unrubigt. —- ,,Warum fragst Du
das ?« —- ,,Nun,« erwiderte der Her
zosr »als Du mir gestern sagtest, Du
hättest einen Spiegel zerbrochen und
infolgedessen wäre eine Katze gestor
ben, zerbrach ich vier Spiegel —- da
rum frage ich heute nach den Katzen!«
Als Kaiser Wilhelm einst bei einer
Jagd in England eine Elfter über sei
nen Fiopf hinwegfliegen sah, wandte
er sich an den Herzog von Cambridge.
oer auch zu der Jagdgesellfchaft ge
hörte, und sagte: »Ich habe eben eine
Elfter gesehen. Nun bin ich zwar nicht
besonders aberglijubisch, aber ich habe
es nicht gern, wenn mir diese Thiere
iiber den Weg tommen.« Der erzog
lachte und sagte fröhlich: ,,Kenn Eure
Majestiit nicht unsern alten Ausspruch
iiber den Aberglauben über Eltern?
Ein-e für Trauer, zwei für Heiterkeit,
drei fiir eine Hochzeit, vier für eine Ge
burt. Eure Majestijt muß nach einer
zweiten, dritten ooer vierten Elfter
augschauen.« —- »Wirklich,« erwiderte
der Kaiser, ,,eine vierte Elfter bedeutet
eine Geburt? Aber wenn man eine
fünfte Elfter sieht, was dann?« —
»T«ia dann,« erwiderte der Herzog feier
lich, »dann bedeutet es Zwillinge!«
----—-·—..-——————
Kaiserin Enge-etc schreibt Wem-i
- ren.
unrernurzt von vier Secretarem die
nährend deg aanzen vorigen Jahres
rnit dieser Arbeit beschäftigt waren.
bereitet die Kaiserin Eugenie ihre Me
inoiren vor. Die Kaiserin wird bei
ihrem Tode alle auf ibre »Regierungs
zeit« bezüglichen Schriftstücke einem
öffentlichen Institut vermachen, und
nach einer bestimmten Frist sollen diese
Documente aller Welt zugänglich ge
macht werden. Die Frist wird sehr
kurz sein; die Kaiserin wünscht nur,
oasz unter den Schriftstiicken sich keines
befinden möge. das irgend einer noch
lebenden Person Schaden bringen
könnte. Seit dem 80. Januar 1853,
dem Tage ihrer Vermählung, bis zum
heutigen Tage hat die Kaiserin nie
mals einen an sie gerichteteuBries acht
los bei Seite celegt.
Als man nach dem Sturze des zwei
ten Kaiserreichs in den Tuilerien die
Papiere durchwühlte, fand man von
allem etwas, nur von der Kaiserin
nichts. Jedes Jahr waren nämlich alle
Briese und alle Denkwiirdigkeiten der
Kaiserin unter sicherer Escorte nach
London geschickt und in den in jeder
Beziehung sicheren Schranken einer
Bank untergebracht worden. Die Sich
tung ung Ordnung dieser Schriftstiicke
ist vollendet. Alles-, was bedeutungs
los war, ist verbrannt worden.
Zu dieser Sammlung von Schrift
stiicken werden noch hinzukommen die
Briefe, die Eugenie von Montijo als
Braut an den Prinzen Louis Rapp
leon geschrieben hat. Ferner wird man
allen Schriftstiicken begegnen, die sich
aus die Geschicht-e der Familie Montifo
beziehen,und einer bedeutendenSamms
lung (120 Cartons) von politischen
Papieren, die die ganze Regierungszeir
Napoieong bis zum 4. September
187U umfassen. Ein Carton mit
Schriftstiickem hatt-e Bezug aus vie
Kamme ver Kaiserin mit dem Vater
des Prinzen Victor Napoleon. Aber
man wird niemals erfahren, was sich
in diesem Dossier befand, denn die
Kaiserin hat nach dem Tode des ihr
feindlich aesmnten Vetters alles ver
nichtet, wag der Nachwelt von dieser
Feindschaft Kenntniß aeben konnte.
Sie hat es abaelehnt, einen Bonaparie
einzugreifen und hat lieber aus das
schönste Stück ihrer Vertheidigung ver
zichtet.
s-- ——· --.-—» —
Ueberraschende Wirkung.
Mutter sbrummend): « den Tag
holst Du Dir einen po tlagernden
Brief ab, Und es führt doch Alles zu
Nichts!«
Tochter: ,,’"J ja . . . mitdem Post
xelretiir werde ich mich nächstens ver
oben.«
Ein Ueberfliissiget.
Klein - Häuschen lsitzt mit seiner
Mama am qedectten Eßtisch und et
martet ungeduldig den Papa) verdrieß
lich: »Ach, Manto, wäre doch Papa gar
nicht auf die Weit gekommen, dann
brauchten wir beide nicht immer so
l..:nae mi: dem- Mittagessen zu war
ten«
Heimgegebem
Batorim »Ich höre, Sie haben sich
verheirathet, Herr Professor. Nehmen
Sie meine besten Glückwiinschee. Ra
tiirlich ein bürgerliches Mädchen?«
Professor: »Im Gegentheil, der erste
Adel des Landes —- es ist eine Frau
oon Geist."