Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 10, 1902, Sonntags-Blatt, Image 10

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    Ofener Schreibebrief un
Mir JanfsengeL
,
N o. 1 1 8
Geht mich doch
mit die ganze
Kriszmefzk Jes«
es is ja e ganz
schönes Fest,
awwer was hot
met auch for en
. . , Batter mit!
- « .Well, die Fei
W Weg sind gatm
un fort und so is mei Geld. Es wiir
alles noch gsit genug. wann mer mit
den Ger noch all die Leit sattigfeie
dehtk awwer do spend mer sei Geld un
dann fängt die Kicterri an. Der Phi
lipp wo mein Hogband is. der hot e
Suhtche kriegt und e Ohsertutt und c
ganze Latt Reitteig und die Kids hen
ihre Pennieg zusammegeschmisse un
hin ihn e neie Schnussbarts taufi, for
daß er in jeden Koht eine hawtve kann.
Un wisse Se, was er gesagt hot? Das
is alles Nonsens, hot er gesagt, mei
Saht un mei Kutt, die ware noch
plentie gut; e Tei hen ich auch nit ge
braucht, bitahs ich gehn doch an tein
annere Platz, als wie zu den Wertes
tveiker un do brauch ich iwwerdaupi
tei Recktei. do sin ich so gut wie heim.
Was awwer die Schnufsdacks anhetref
se dicht, do kann ich auch keine Nessessi
thee,se«hn. Wann Jhr e wenig mehr
for euetn Pa iwwrig hätt. dann dehi
ihr mei Schnussbarts in mein Meind
kahle. wann ich e annereXKutt anziehe,
for daß ich in teine Verlegenheit tum
me duhn· Jhr wollt awwer mit die
neue Backs blos euere Faulheit unner
stiihe un das is all was Jhr wollt. J
Sehn Se, so hot der Phil gesagt. Soll «
sich do e Frau und Isamiliemutter nit
Irgend wann se ihre Duttie so schön
gedahn hot, un se muß dann so edbes
höre? Die Kids hen’g oss Kohrs nisi
besser gemacht. Jch hen e ganze Latt
Geld gest-end for die Kanne, awwer
Se hätte nor emol die Fehses sehr sol
ie, ioo se geschnitte hen. Der Johnie
hot es Schuhtinggällerie gewollt. Ahl
recht-, hen ich gedenkt, es macht ja nicks
auH, was es is un hen eine getauft for
sechs Schilling. Wie er se gesehn hot,
do hot er awwer angewwe. Er hot
gesagt, warum ich ihn keine Pennie
wonn getauft hätt, do hätt ich doch we
niastens vier Pennies sehfe könne. Das
Ding da, wär gut sor nattings un
wann die annere Kids das sehn dehte,
dann hätte se den Lähf an ihn. O,
mei, was hen ich mich geärgert! Der
Bennie der is immer trehsia for Bucts
un do hen ich ihn e arig schönes Buch
gekauft; es hot en Kowwer gehabt, der
war auteseit, oss Kehrs, was in den
Bart geprint war, do hen ich nit nach
aeguckt. Wie er das Buck gesehn hot
do hot er mich gefragt, was die Miit
ter mit mich wär-. Jn den Buct do
wiir das grosse Einmaleins drin, ob
ich mehbie dente deht, er wär e Bebt-te
Sehn Se, do hot der Feller auch schon
eins von die neie Bucks hen wolle, wo
doch gar nicks for Kinner ig! Den Weg
»Es es ahleraund sange. O, ich sin so
nEhd åeqwesx daß ich am Liebste die
sganze ··ng gepeusend hätt. Am Krisi
rneß Owend hen mer off Kohrs Be
scheerung gehabt. Jch hen en arig
schöne Krißnreßtrie ussgefickst gehabt
im dabei in die Dinger diesmal so
verdollt pensief gewese. Awwer ich
shen nicks drum aewwe; ich hen gedenkt,
man mer tein Trie hot. dann is auch
reine Krisnmß un immerhaupt, ich
gleiche metsekdst en Trie zu hatt-we
Well, es is alles rettig gewese unsd die
Stids hen schon sor e Stund in den
Sittenruhm gehockt un hen gewart bis
iich die Parlordiehr usfmache deht. Jch
fm retiig gewese, awwer ich hen noch
for Den Philipp gewart. Er hoi noch
enios schnell zu den Wedesioeiler ge
mißt, bikahå er hot ebbes vergesse ge
habt Jch hen schuhk gedenkt, er hätt
mei Ktißmeßpresent mehbie bei den
Wedesweiler hingelegt un er wollt’s
jeht hete. For den Riesen hen ich auch
nit gekickt, wie er noch emal sort is.
Wann ich not ewißt hätt, was er mich
gemwe geht! isse Se, sonst hot der
Philipp nie nit ebbes sieh-et halte kön
ne un ich hen immer schon e paar Woche
besor Krißmeß ausgesunne, was ich zu
eckspeckte hatt, awwet diesmoh da hat
er kein Wort gesagt un do hen ich osf
Kogts ebbes seines eckspecktet, wo er
mi mit hat sutpreise wolle. Die Kids
sin von den lon e Watte ganz teiett ge
worde un ich se auch nit blehme
könne. Jehsii zu- se ii den Sitteituhm
un ufs eemol is die Frontdohe aff
gangr. Aha, hen ich gedenkt, jetzt kommt
mei Preseni. Es muß ebbes schweres
gewese sei, hitohs es bot so gest-und,
als wann e ganze Lohd in gaz hous
gebracht dehi wer’n. Jch btn emol die
Diehe enaus gemach schuhr Ding es
is der.Phil gewese un et is reitetoeg in
den Parloe gonge von die schlank
. « Jest hen ich die Kids in den Parloe
onme un hen bei Ttie geleit. Der
III hot in den Mittel von den Ruhm
gest-tue un do hen ich onch gesehn, wo«
ed for e Lo Cewese is, wo et mich
: E· tell , ot
W, det wie-r opttheiteseSho eri:
str E III-Irr igngqgihh dg
e Im M weis ge
s on emol so ebbet ge
—
hört? Jch sin so miibd gewese, daß ich
gegreint ben. Der Johnie bot den
Trie fertig geieit un der Phi( bot ge- s
fragt, sor was mit so viel Leits an
ziinde debte? Denke Se nur«emal, do
bot der Fesiet doch schuer nit gewißt
daß mer Krisimeszåehabt heut Er is
dann von den Na lstubl autgestanne
un is nach den Tkie gange un beschie,
daß ich n helse könne. is er bingesalle
un der rie bot an den Flohr gelege.
Jn e Seckend bot der Karpet gfkrennn
eins von die Kids hot das indic
pahktement erbei geholt un in eß denn
no teim is die Jnschein dagewese. Mir
sin osf Kohrs all gleich aus den Pag
lor sortgelause un blos; der Philipp Is
dringeblitowe. Ei tell juhj der hot
awroer e Soht kriegt, die war auteseii;
wie das Feietdiepabrtement dorch war,
do is der Phil so sauwer gewese, als
wann er nie nit en Drap Licker ge- 1
totscht hätt. Das hot ihn gut gedabn i
nn ich dub mische, er debt jedesmal.
wann er so e Pick aus sich mache duht, ,
so e Das kriege. Well, ennitveg, war ;
unser Krißmesz gespeult un, es nimmt
mich e lange Zeit, bisobr ich widder da
drin-wer enasus tommr. Weil ennihau
e Merrie Kriszäie tu juh un beste Rie
u
gards. rs
Lizzie hansstengei.
Um Telephon
Ins dem Französischen von P a nl B t o a.
Als ich aus dem Klub aus dieStrasze
trat, begleitete mich here Maron noch
eine turze Strecke Weges. here Ma
roux war ein sympathischer älterer
Herr, an dem nichts Besonderes zu be
merken schien: außer vielleicht einer
stillen, tiesen Schwermuth, die über
seinem ganzen Wesen lag.
Vor der Post blieb ich stehen.
«Wollen Sie mich einen Augenblick
» erwarten? Jch habe nur in die Nach
; barschast zu telepboniren.«
, Er zuckte zusammen. ch sah, wie
s seine band sich trampsbat um den
. Knopf seines Stockes schloss. Als ich
nach einigen Minuten zurückkehrte,
I stand er noch immer an derselben
Stelle; sein Gesicht war blas-z- seine
clppcll sllfllllllllcllchlcsh ou- tust-«
ihn aus feinem offenbar schmerzlichen
Nachdenken reißen und begann ein s
gleichailtiaes Gespräch
»Dies Telephon ist doch wirtlich eine
großartige Erfindung. Wenn man
an alle die Bequemlichkeiten denkt, die
es uns verschafft, möchte man es kaum
mehr entbehren. Ja, die Wissenschaft
bringt Segen!«
«Meinen Sie?« sagte Herr Maron
’ bitter. »Ich bin ganz anderer An
sicht. Jch alaube, daß die Wissenschaft s
uns unsere Unvollkommenheit und j
- Ohnmacht nur noch schmerzlicher em
; pfinden läßt, daß sie viele unserer Lei
den verdovpelt. Sie zweifeln?
selbst bin ein Beis iel für meine e
hauptung. hören ie, was ich erlebt
habe, und Sie werden mir Recht geben.
Jch fiebere noch, wenn ich an die Qua
len denke, die mir dieser «segenöreiche« ;
Apparat verschafft hat — Qualen, die »
ich mein Leben lang nicht vergessen
tann.« s
Und nun erzählte er die folgende T
Geschichte:
»Ich verbrachte den Herbst in Mo- «
tande, einem kleinen Besitzthum, das
l ich in der Umgegend von Marseille
J getauft hatte. Bei mir waren meine
» Frau und mein Junge, mein lieber
» kleiner Marcel. Unsere alte Magd
führte uns die Wirthschaft, mein Die
; net Peter, ein treuer uno ergebener
: Mensch, hielt den Garten in Ordnung
. und versah u gleicher Zeit die Pflich
; ten eines bürhiiters. Der brave
» Junge war glücklich, als er unö beglei
! Os- sue-fö-- Isi-- »U- MIIOOIQ Inn-est
»....... ,-.... -..- ......- .--,...
; in Marseclle, und wenn er einen balben i
j Taa Urlaub erwischen ionnte, ging er
. nach der Stadt, um ihr Gesellschaft
zu leisten. Unser Landausenihalt war
reizend. Die Flinte auf dem Rücken,
meine beiden Hunde hinter mir, strich i
ich mit meiner Frau und meinem Kind ?
in der herrlichsten Einsamkeit umher. !
Nicht einmal wegen meiner Geschäfte
brauchte ich mich aus meinem Land
baus zu entfernen; ich hatte mir eine
telepbonische Verbindung mit dem
Centralbureau in Marseille anlegen
lassen und konnte jeden Abend von
meinem Schlaszimmer aus meine An
gelegenheiten in Paris iontrolliren.
Unser Frieden wurde nach ein paar
glücklichen Wochen durch eine Nachricht
aus der Hauptstadt gestört: ein großes
Geschäft stand niir in Aussicht, wenn
ich mich dazu entschlos, für einen oder
zwei Taae persönlich nach Paris zu
reisen. Das Wetter war schön. unser
Kind gesund, meine Frau beschloß
also, die kurze Zeit unserer Trennung
auf unserem Landgut abzuwarten.
Am Abend meiner Abreise fiel ein
leichter Regen. Die Wolken hingen
tief, die Baume und die weite Ebene
waren in Dunkel gehüllt. Ali der
Wagen vbrfubr, fühlte ich eine unbe
stimmte Bangigkeit; mir war zu
Muthe, als wenn mir einunältik be
vor-stände Meine Frau biete
mich.
»Du bift ·a nur IZwei Nächte fort.
Narrette L itzt-r ebenzimnerz Pe
ter irrte und kann von
seiner T bäitte aus ganz gut Pren,
wenn wir n rufen· IÆM wa
chen noch die hunde, die Frem
den in den Garten lassen. Da sann
uns doch wirklich nichts tiefster-P
txt schiensmiMs ob ihre Stirn-me
n·tgan o We ierre
Vorte. Schon wollte
die Reise
aufgeben . . . Aber meine Frau schien
meine Gedanken zu erratben.
—
M
»Du darfst Dein Geschäft nicht der- i
xchliissigern Du mußt fiir unseren;
ohn arbeitern er soll keine Sorgen
haben, wenn er ins Leben tritt. lind
"wir haben ja das Telephon; wir ihn
nen uns jede Stunde sprechen, wenn
es nöthig isi. Rein, wirklich: ich habe
keine Angst. Nanette und Peter sind
ja bei mitl«
Ich schämte mich, schwächer zu sein
als mein Weib, umarmte meine Lieben
nud reiste ab. Als ich nach schlasloser
Nacht in Paris ankam, war mein
erster Gang zum Telephon. Sobald
der Anschluß hergestellt war, dernagem
ich ——etwas leise und verschleiert, a r
doch deutlich — die Stimme meiner
Luife.
»dalloh! Luise! Jst alles in Ord
nung? Hast Du keine Furcht gehabt?«
»Ach —- nur wenig. Nanette hat
sich mehr geängftigt als ich. Wir find
erst gegen Morgen schlafen gegangen,
weil . . . aber es ist ja gar tem Grund
zur Sorge vorhanden. Liebster! . . .
weil Nanette Schritte im Garten zu
hören glaubte. Die hunde bellten
fürchterlich! Wir öffneten das Fenster
und riefen nach Peter. Er kam mit
der Flinte, ließ die Hunde los und
suchte überall nach, ohne irgend etwas
Verdiichtiges zu bemerken. UnserJunge
hat gar nichts von »der ganzen Ge
schichte gehört. Er schläft wie ein
MurmelthierL Horch! Jeßt ruft er!
Jch muß zu ihm. Adieu, Liebsterz
wenn Du Abends eine Viertelstunde
; Zeit hast, ruf’ uns noch einmal an.«
Jch war beunruhigt. So schnell als
s möglich erledigte ich meine Gänge, aber
s es war doch schon Abend, als ich wie
’der am Telephon stand. Jch mußte
lanae tlingeln.
»halloh! Warum ließest Du mich so’
hang- waktm, Luisei Hoffentlich ist
; doch nichts dorgefallen?«
»So gut wie nichts. Nur —- Peter
: mußte nach Marseille. Es war ge en
Abend, wir tten die Jalousien s von
herunter ela en, und Nanette war
dabei, für Peter im Borzimmer ein
Bett aufzuschlagen, damit wir uns
diese Nacht nicht zu ängstigen brauchen,
da tam ein Bursche aus der Stadt
und brachte Peter die Nachricht, daß
seine Mutter schwer trank sei und ihn
sehen wolle. Der Mensch lief gleich
wieder fort, ohne etwas Genaueres su
sagen Du kannst Dir denken, wie
unglücklich der arme Peter war. Jch
habe darauf bestanden, daß er nach der
Stadt aebt und zu Wagen zurück
tomrnt. Er wollte uns durchaus nicht
allein lassen, aber ich konnte doch nicht
die Verantwortung übernehmen, ihn
zurückzuhalten Denke nur, wenn die s
arme Frau stirbt! . . . Und es ists
ja auch nichts zu fürchten. Jch habe
alles verschlossen und verriegelt; des- .
halb ließ ich Dich ein wenig warten.
Wie geht’s Dir denn? Was machen
die Geschäfte?«
»Ach, reden wir nicht von den Ge
schäften! Du hättest Peter nicht fort
lassen sollen! Selbst mit einem Wagen
tann er ja kaum vor Elf zurück sein.
Jch bin in großer Sorge. So lan e
ich einen Mann tm hause wußte, für
tete ich nichts. Aber nun —Jhr Frauen
allein! Sind denn wenigstens die
hunde da? Jst das Gewehr geladen?«
»Die hunde liegen aus der Treppe.
Das Gewehr steht im Vorzimmer.’
habe nur keine Angst. hörst Du den j
Jungen toben? Er will durch’s Tele
phon gute Nacht sagen.'· »
»Gute Nacht, Papa, gute Rachtlj
Bring mir was Schönes mit!« (
»Gute Nacht, mein Liebling Gute
Nacht, Luise. n einer Stunde bin
ich wieder da; i gehe jetzt essen, aber (
in einer Stunde
»Auf Wiedersehen!« s
Als ich von dem Avvarat zurücktrat. .
klopfte mir das Herz. Dieser fremde
Bursche mit der Nachricht, die den
einzigen Mann aus dem Hause ent
feinte, flößte mir entsetzliche Angst
ein. Wenn diese Botschaft ein Vor
wand war? Mein Weib, mein Kind
schutzlos in dem einsamen Landbaus
zu wissen! Mit fieberhafter Ungeduld
fertigte ich meinen Geschäftsfreund ad,
der mich mit seinen Vorschlägen und
Berechnung-n zu lange aufhielt. An
Essen war natürlich überhaupt nicht
zu denken: sobald ich lostam, stürzte
ich in die Telephonzelle.
Jch war schrecklich aufgeregt; der
Schweiß stand mir aus der Stirn. Als
ich das hörrohr ans Ohr ,legte, per
» nahm ich zunächst nichts als ein Brau
; sen und Klirrem Endlich unterschied
i ich die Stimme meiner Frau. Mein
srBlut erstarrte vor Schrecken; diese
l Stimme klang matt, abgeängstigt, sie
I bebte vor Furcht.
»Seit einer Stunde bin ich aus
An st beinahe gestorben. Das Ge
wese ist fort. Der Mann, der Peter
holen kam, muk es gestohlen haben.
Peter ist noch n cht zurück . . . Wenn
man ihn mit Absicht entfernt, ihn in
einen hinter-halt gelockt hättet Jch
verliere den Kopf . . . ich iann kaum
mehr athmen . . . Draußen im Gar
ten raschelt es · . . Mir ist’i, als
näherten sich schleichende Schritte . . .
Mark . . . laß mich tauschen . . .«
An die Wand gelehnt, wartete ich
. . . metneRniee bten. . . .
«Luise . . . ich flehe Dich an . . .
Sprich . . . Was hörst Du . . .t«
»Die hunde bellen . . . sie bellen
wilthend. Ich höre, wie sie über den
Rasen aegeu das Gebüsch jagen . .» .
Jeßt find fie ftill . . . Auf einmal still
...Ga ftill«.alsobsieEtner
todt ges-Nagen hätte . . . Ei ift fest
ganz still . . . Ader nein! Der Sand
des Weges knirscht . . . Jußtritte».
G schleicht Jemand heran. . . .«
. m Gottes willen, Luife . . . spricht
ch wequde ja wähnsinnig . . . Was
r . . .
«Nichtt! Die Schritte sind nicht
’mehr zu hören... ch!... Es
reibt und fchabt leise an den alon
sten. als wenn Einer mit einem esser
» oder einem Bohrer . . . Gott, mein
Gott! . . . Die Jaloufie ift erbrochen
. . . Eine Scheibe llirrt . . . Jch hab’
An ft! Jch hab’ Angft2«
ie ein Verriictter fchrie ich in den
Apparat:
«Rafcb —- telephonire nach Mar
feille. Man foll die Polizei benachrich
tigen —- man foll Gendarmen —-—'·
»Aber wie denn? Es ift ja nicht
möglich! Man töme ja doch u spat!
Und ich lann auch nicht me r! Jch
fühle. wie mir die Sinne vergehn —
ich hab’ Angst! Angft!«
»Mach’ Lärm! Schreie! Oder noch
besser —- verbirq Dich! Spring zum
Hinterfenfter hinaus und rette Dich.
Nimm das Kind! Und rette Dich!"
»Ich lann nicht mehr . . . ich breche
zufammen. Sie steigen die Treppen
herauf, die Stufen lrachen —- jeht find
sie im Korridor . . . Sie taften nach
der Thür . . . Sie fiihlen an den«
Wänden . . . Marcell . . . Ob mein
GolttS Komm! hilf mir! Zu Hilfe! Zu
i . . .«
Zwei fcharfe Schlage. ein dumpfer
Lärm, ein Röcheln, ein wirres Durch
einander . . . . Dann tiefe Stille. . ..
Jch fühlte, wie es schwarz vor mei
nen Augen wurde; an der Wand ent
lang gleitend fnnt ich bewußtlos in der
) Telephonzelle zu Boden.«
! ———————————
Herr Marour schwieg: die Erinne
i rung an das fürchterliche Erlebnifz
) übermannte ihn.
! »Ich werde Jhnen die »Gerichtszei
tung" fchicken, die alle Details des
»Verhrechens von Marende« enthält.
s Meine Frau, mein Kind, meine beiden
; Dienftboten sind bei diefem Verbrechen
! ums Leben gekommen. Das ift eine
«Erinneruna, deren Furchtbarteit sich
nie verwifcht. Aber beinahe noch
; furchtbarer als die Erinnerung an den
Tod der Unaliicllichen ift der Gedanke
an die Minuten, die ich vor diefem
«Gefchenl der Wissenfchaft« zubrachte,
während Alles, was ich liebte, erschla
gen tvurde, und während ich nichts,
nichts thun konnte, als mein Entfehem
meine Muth meine Ohnmacht in diese
gesühlloseMaschine hinein zu schreien.«'
Eine abgekürzte tell s Vorstellung.
Eine Berliner Zeitung erzählt: Die
lehte Ausführung von »Wilhelm Tell«
im Königlichen Schauspielhause ruft
die Erinnerung an einen der besten
Zell-Darsteller wach, der allerdings
nur noch den älteren Theaterbesuchern
erinnerlich sein dürste, aber mit der
Geschichte unseres Schauspielhauses
; sür alle Zeiten eng verknüpft bleibt:
» Hermann Hendricks. Was war er sür
J ein martiger Tell, wie tam sein wohl
« lautendes Organ, seine trastvvlle
männliche Erscheinung da zur Geltung
und welche Stürme von Enthusiasmus
hat er entsesseltt Einstrnalg gastirte er
in Leipzig als Tell. Den Geßler
spielte Wilhelm Mögen ein genialer
Eharatterdarsteller, der aber zu seinem
Ungkück den Becher zu sehr liebte und
so im Elend starb. — Vor jener Tell
Vorstelluna in Leipzig hatte Kläger im
Kreise lustiger Studenten eine schwere
Sitzung in Auerbachs Keller. Man
zechte vom Frühschoppen bis zur Thea
terzeit und hätte am liebsten die Vor
stellung geschtoiinzt. Da versprach
Kläger den lustigen Musensöhnen, den
»Tell« srüher zu schließen — um nach
her die Kneiperei fortzusetzen. »Tell'«
srüher schließen« —- so lachte man —
»unmöglichll« Doch Kläger erwiderte:
Jhr werdet schon sehen, kommt nur alle
in’s Theater. Das haus wr auspa
taust hendzichk erntete Applausüber
Apparat Da lulu oie grosse Haku-H
szene und Geßler stellt die Frage:
»Woz« den zweiten Piei1?'·
Tell-Hendrichs erwidert mit dem
ganzen Aufgebot seiner Kunst:
»Mit diesem zweiten Pfeil durchictwiz ieli
ich euch,
Wenn ich mein liebes-Kind getroffen hätte,
lind euer « wahrlich« hats ich nicht ges
fehlt-«
Ein itiirmischerApplaus folgt, Geß
ler macht eine große Kunitpause, dann
entgegnet er:
«Tran hätteit eigentlich Du recht gethan.
Hör’ Tell« nun-J »Deinen Buben. kehre
Um
Eei unverzagt und grüße inirDeittWeib!«
Schluß - Tableaui — hendrichs
starrt Klöster an. Das Publikum ist
eine Moment sprachlos vor Staunen,
dann bricht der Standal los —Lachen,
feiien, Zischen. Der Direltor rauft
ich die haare vor Verzweifluna, aber
·Tell« iit nach der Antwort des Geßler
doch aus s- und man läßt rathlos den
Vorhang fallen. Die bobe Theater
ftraie zahlten Mögen Freunde.
Die junge Frau Depetp scheint mit
dem Namen auch die Redefertigteit
des Senatori angenommen zu haben.
Wen« iteni meldet uns der Telegrapb,
daß , unvorbereitet wie sie-cita- hatte,
in einer niedlichen kleinen de auf
»voer with aussäh« den Blumen
miidchen von iz a ilnegreudige Rüh
rung über zwei ieien- ouquetg aus
gespr hat, die diese ibr in feier
lichem uf us übers-richten Da der
Senator de ouquets und die va
tion mit tbeurem Gelde —, aber da
hätten wir beinahe was verrat n,
das Recept iiir Ooationen niiat ich,
dein fo manche Größe die Zeugnisse
iiir ihre Beliebtlteit verdankt.
-
Vopelius-.
——-—
Wo ist der Grfängnißlvärtekf
———.
WJMWJ
Yermischies. »
· - WJWUMY · is
Deutschlands neuer ,Militäketat
übertrifft den ootiähtigen um rund
Ost) Millionen Matt. An sortdauetn
Den Ausgaben werden 8,106,726 Mart
mehr, an einmaligen Ausgaben im
ordentlichen Etat 61,815,470 Mattt
mode, an einmaligen Ausgaben im!
iußekoeventlichen Etat-H ,8)2,0.)« Mi.
mehr gefordert
Ism
—
l
s
Die Bevölkerung ver diinischen An «
tillen ist aeaen den Verlauf an dies
Ver. Staaten; sie will bei Dönemart
bleiben. Da iit im Lause eines Men i
schenalters ein Umschwung in Det- Zs
ientlichen Meinung eingetreten. Als-I
seknerteit oee Anlauf der Inseln durch I
Je Ver-. Staaten so gut wie beschlof «
Inn XI HI» nas- ds- ziksss des-A den- l
»s- - suqs -s- ·, -v- ---· -
entschiedene Auftreten von Charleg
Zuntner vereitelt wurde hatte die Be
oölterung der Jnseln sich fast einstim
mig siir den Anschluß ausgesprochen
Bie Aenderung gehört vielleicht auch
tu den Folgen des spanisch a nerilani
schen Krieges-.
Von einem Geheimerlasz gegen das
Duell im österreichischsungarischen
Heere berichtet »Don-serv Armee-Zei
tung« in Wien» Wie das Blatt mit
theilt, wurde vor Kurzem an sämmt
liche Offiziere ein reservater Erlaß
herausgegeben, welcher die Einschan
sung der Duelle im Heere bezweckt Bei
Ehrenangelegenbeiten zwischen Osti
zieren dars, dem Erlaß zufolge, leine
Forderung ergeben, bevor nicht dem
Reginientstvmmando Meldung erstat
tet wurde: die vorgesetzte Behörde hat
nunmehr erst zu entscheiden und kann,
zum Beispiel bei tbätlicherBeleidigung,
den Beleidiger in gerichtliche Untersu
chung ziehen.
Aus Brafilien lomntente Nachrich
ten von einer dort immer mebr um sich
greifenden Bewegung zugunsten der
Monarchie sind teineswegs iiberras
schen). Das Experiment, welches ra
Land vor 12 Jahren mit Einführung -
der Revublit unternahm. bat sich
durchaus nicht als glänzender Erfolg
erwiesen, und sehr viele Brasilianer
i find seit dem Stare- dea Kaiserreickie
im Jahre 1889 zu der Ueberzeugung
getomu:en, daß diese Monarchie, wenn
man vom Namen absehen will, Viel
mehr wirklichen Republitanismus in
sich darg, als die Regierungs-form die
unter dem Narren Nepublil an ihre
Stelle gesetzt wurde.
-.«—.
Augenscheinlich rechneL die englische
Regierung nicht auf baldige Nieder
tverfung des Widerstande-s in Süd-«
afriia. Engliiche Agenten sind in
allen Welttheilen um weitere Vervoll
ständiaung des Kriegsmateriala und
Herheischafsung von Zugthieren he
cniiht. So Ineldet die · inies aus New
York »Acht britische Transportdaw
pfer sollen so schnell wie möglich mit
Pferden nnd Mauleseln beladen wer
den. Britische Bevollmächriate durch
reisen den Westen und machen die
größten Anstrenaungem um noch mehr
Pferde aufzubringen.« Dass in Nuß
land, Oesterreich - Ungarn und Au
stralien große Aufliiufe ähnlicher Art
bis in die jüngste Zeit hierin stattge
funden haben, ist wiederholt gemeldet
worden.
Jrn ahreihericht des Gaswerts der
Stadt ffenbach a. M. fiir das abge
Eausene Iiilal - Jahr findet sich der
bemerkenswerthe Passus, daß troy
Einsiihrung der Achtstundenschicht bei
den Feuerleuten, die feiner Zeit auf
Antrag der Direktion geschah unter
Beihehaltung der für die frühere
Zwölfstundenschicht ezahlten Löhne,
die Gaserzeugungzlo en pro 1000
Kubitmeter sich nicht erhöht, sondern
gegen das Vorfahr noch vermindert
haben. Es Liegt dies, wie der Bericht
hat-erhebt insbesondere an den durch
den günftgen Stand der Jnduftrie itn
abgelaufenen Geschäftsjahre erzielten
höheren Preisen fiir die Nebenprodntte,
zum großen Theil aber auch daran.
daß relativ die Leiftungsföbgleit dec
einzelnen Mannes gegen dac- Vorfahr
gestiegen ist
Jn der Generaldebatte iilssr das
französifche Bndget legte der Abgeord
nete Leqrand dar, daß die Zahl der
Staatsbeamten in fiinfzia Jahren von
rund 188,0()« auf 416,0()0 nnaetvachs
sen fei. Rechne man noch die Beamten
der Departements und Gemeinden hin
«ru, so bade man einen Beamten auf 20
Wahlen Vor 50 Jahren hätten die
Bsarnten 255 Millionen Itaitcs jähr
lich aetoftetx jetzt tofteten fee 620 Mil
tiunetk Der französifche Zteuerpflichs
tiae zahle Ali Franks pro Kopf, der
lFixalönIer As Franc-H, der Dcinfche
Til- 7f:-.1n«-.-. DieGenteindeirlntlden bät
ten oereits vier Milliarden erreiche, die
des Staates Its-. Milliarden, woran-S
ZJI s-«-Js«k- Issi »Is- thsn Tsfsussssg
bei seiner Geburt einelSchusld von
1000 Franc-.- laste.
Der engliscke Schriftsteller Lsanon
Scott Holland plaidirt in einer anrü
snnten Abhandlung dafür, den alt-nd
dischen John Bull, wie er sich noch im
mer in den »Punch« —- Catritnturen
und anderen Wisbliittern findet, durch
eine neue Figur zu ersehen. Zehn
Bull sei nicht mehr der tehiibige, starke
englische Fariner, aus dessen Antliy
sich Wohlstand und Zufriedenheit wie:
derspiegeln. Der siidasritaniiche Krieg
habe John Ball merkwürdig altern
lassen, sein Gang sei schwerfällig ge
worden, und statt des wohlbeleibten
freundlichen Herrn getvahre ntan einen
altersmiiden, tniirrischen. mager-n
Greis. Auch die wattirten Röcke nnd
Beintleider, die man John Bull heute
zur Auestassirung anhänge, tönschten
iiber seine törperlichen Gebrechen nicht
weg. Nun, wenn das ein Engländer
selbst sagt, so dars man ihm schon
erlauben
Die bedeutende Ertragssiihigkeit
des Bodens aus den deutschen süd
see-Inseln bespricht eine interessante
deutsche Correspondenz aus Bei-baue,
Australien. Es heißt darin: »D?e
Krisis, welche über das ohnehin durch
eine lange Dürre schwer heimgesuchte
Queensland lAustraliens hereinbre
chen wird, bringt auch Hunderten dnn
deutschen· LandwirthkFamilien schwe
re Brunne, und die kerage entstehn ed
sie iiir ihre Kenntnisse, Kräfte und
Caditalien nicht anderweit bessereAuH
sichten finden tönnen. Jn langjähri
ger Ihärialeit haben sie Etlahkfmgm
,1eianinseit, die sie ouisnsitzcn tdnnen,
xvo tropifche Arbeiter leicht n..d billig
tu haben sind: auf den verlier-en Sud
iee Inseln, wenige Tagesellen oon
Queensiand entfernt. Die Qarolinen
tnilien reichen Boden und gesund-s
Kliniax dort ist in den letzt-J 14 Jah
? ren eine große Arbeit geleit:.: worden,
JVersucholtationen haben bexoielemdaß
Lmertdoolle Tabalarten dort aedeihen,
sdie in Europa mit durchislxnittlich 7,
. in einzelnen Fällen mit li; Mart das
k Pfund bezahlt werden. Die Bea
;,.’(sland Baumwolle wir-: aute Use
, träge ad, derKaffee mncht sich bezahlt,
; und die Cocoedalme gedeiht nirgends
I besser als dort. Die deutsche Reiche
j regierung bat daiiir gesorgt, daß tüch
s tiae Arbeitstrofte angetoorben werden
- können, während die eiaenen Gebiete
kAustraliens fiie andere Nationen ge
Hchlossen sind. Durch Angliederung
der Inielgrudpen an das Liniennen
i des Norddeutichen Llondö ift ilir Ber
fbinduna und Ablaß gesorgt. seit,
l« nach langer Vorarbeit, erklärt li der
them-erneut in der Lage, Ansiedler,
, die Mittel und Erfahrungen mitbrin
:aen, aufzunehmen. Wenn Australien
« die Thorheit begehn feinen tropilchen
Ackerbau zu vernichten, io ilt damit
nicht gesagt, das die deutschen Land
wirtbe, das «werthvolle Kultureles
ment«, das aeduldig über lich ergehen
lassen werben-«
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