Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, December 06, 1901, Sonntags-Blatt, Image 12

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    Ein Fwnwltidsc
W
Selbst-Keines einer amerikanischen
Schriftsteller-in- —- Deutsch von
Mary Ober-berg.
—--.—-—.
Der there Verm-er der Bantsirma
De Vor ic: Fethexingay in Chicago war
seit Jahren Wille-Den Er hatte nur
ein Kind, ein-) nngeceiiliniich schöne
Tochtse ilm dieser Texliier ein bedeu
tendes Vom-exten- zn sichern, arbeitete
er nneeiniidiiclz und ließ sich in die
tiilnisten Spetulationen ein, die ihm
auch seiten sclzlsckslegem
Eine-: Textes brachte Mr. De Voe
einen seiner Angestellten mit zum Di
ner. Alexander Patien, der Sohn ei
nes mit Sorgen tämpsenden Farniers.
hatte in kurzer Zeit durch seine ber
vorragente Intelligenz nnd Geschäfts
tiichtigteit dstz volle Vertrauen des
sonst sehr versxhlessenen Ctyess gewon
nen. Er werd-.- ein Häufiger Gast im «
use des EIJLTCZIHZVS und verliebte
ch sterblich in das- schöne Mädchen,
dem er bei der Tafel gegenübersitzen
durfte.
Die Gewohnheiten nnd Ansichten ·
der extiusiven Kreise waren dem jun- ;
gen Mann noch ziemlich fremd geblie- .
ben, auch wußte e: nicht, welche Macht
der Dellar ausübt-n Von seinen Ge
fühlen übermannt, stürzte er der An
gebeteten eines Abends, als et sich
sum ersten Mai allein mit ihr befand, —
zu Füßen. Mit leidenschaftlichen ;
Worten gestand er ihr seine Liebe und T
bat sie, ihn mit ihrer Hand zu be
glücken.
Jn den Zügen des Mädchens zuckte .
es. Fast schien es, als wollten sich die ;
schmalen, wxißen Finger dem Knien- F
den auf das dunkle Haupt legen. Dann
aber richtete sich die biegsame Gestalt s
hoch aus. Mit spöttischein Lachen ries "
Floreuce ihren Vater aus dem Neben- ,
zitnrner herbei und sagte: »Sieh, Pa
pa, so wird deine Güte gemiszbraucht. »
Kaum ist dieser junge Hm bei uns
Ins-km nimmt-dort do trachtet ct auch
schon-nach deinen Goldrollen Er war
eben so großmüthig, mir Herz und
Hand anzubieten Was sagst du zu
dieser Unverschämtbeit?«
Besiiirzt hatte der Bankier den son- ,
derbaren Auslassungen seiner Toch- «
ter zugebört. Alexander Patton aber
war todtenbleich aufgesprungen. Mit
behenden Lippen stammelte er eine
Entschuldigung und verließ das Haus-.
Schristlich ers uchte er am nächsten Ta- ;
ge die Firma De Voe Fc Folheringan T
urn seine sofortige Entlassung Weder
Ilorenre noch ihr Vater hörten je wie
der etwas von ihm.
Zwei Jahre später lernte Miß De j
Boe einen jungen Börsenmann kennen, «
dem man eine große Zukunft prophe- s
eite. Cliston Warten huldigte der
olzen Millionärstochter in auffälliger
Weise. Sein männlich schönes Reu
keres, sein elegantes Auftreten ver
sehlten ihren Eindruck aus Florence »
nicht. Mit dem Scharfblick des erfah- !
renen Menschenlenners warnte De«
Boe sein Kind vor dem neuen Freier
Als das junge Mädchen nicht auf ihn
hören wollte, verbot er Mr. Warten ?
sein Haus. Stürmische Szenen zwi
schen Vater und Tochter waren die
- Folge. Der Widerstand des Alten
reiste die Eigenwillige und trieb sie
Juni Acußerften
Eines Morgens machte der Buntier
die Entdeckung, daß Florence sich hatte
entsiibren lassen. Die junge Frau ;
kehrte zwar gleich nach erfolgter Trau- j
nng rnit ihrem Gatten in das Vater
baus zurück, doch mußte sie bald ein- J
sehen. daß sie diesmal auf lein Nach- f
« geben zu rechnen habe. De Voe wei- ;
gerte sich, das Paar zu sehen.
»Du hast Dir selber Dein Loos zu :
danken.« schrieb er seiner Tochter. » ch·;
weiß, es wird kein rosiges sein. A er s
ich hoffe, du hast so viel von meinem
Blut in Deinen Adern, daß Du alles
S lirmne, was Du bald zu erdulden -
he dürftest, stumm über Dich erge- :
vers-»si- ein«
- -.-- Cis-s- WI
JIUL all-III LUULJ LUIIZ Ists-U UIULLUIL
der Inhalt des väterlichen Schreibens
mysteriös. Dann begriff sie nur zu
gut. Clifton Warten wurde unter der
Anklage des schweren Vettugeg ver- ;
haftet. Er besaß keine Mittel, keine !
vermögenden Freunde, und so konnte »
nichts ihn vor dem Zuchtbause retten. »,
Vergebens flehte das unglückliche, jun- T
se Weib in rührenden Briefen den Va- E
ter an, sich des Gatten anzunehmen.
An dem Tage, da Warten zu langjäh
riger Gefängni strafe verurtheilt wur
de, beantragte z lorence die Scheidung. I
Uud an dem »Tage, da der Richter- '
mch sie von dem Betrüger trennte,
and man den Senior-Partner der
inna De Boe ckc Fotheringay todt in
einem Arbeitszitnmer.
Man muntelte davon, der Bankier
jd vergiftet worden, Florence aber
Aste, daß der Gram um sein verlore
Isi Kind es war, der dem alten Man
It das Herz gebrochen
Ei wsr dee jungen sta::unmög1ich,
ZU Begräbnis Nisus-sehnen Sie
«We auch nicht ab, bis das Testa
eröifnet ward-. Au die Erd
j » · - auf den Sarg des Vaters nie
« - «-- an Bord eines DampfetT des
Iuti SHW ging. Ein
sub o m ewigen tau
etten, befand sich Florences
! der algerischen Miste nur durch eine
Hsigeltette vom Meere getrennt hatte
die Heimathslose aufgenommen Es
k ist eine seltsame tleine Kalt-nie, · uder
Ilorencejest gehört. Hier find än
ner anzutreffen, nach denen Deiettips
die halbe Welt durchstreifen, ohne ihre
Spur zu entdecken. Hierhin haben sich s
i
Frauen zurückgezogem deren Vergan- i
genheii mehr als fragtviirdig ist.
Täglich sieht man einen großen
hageren Mann mit gelblich blossem,
runzligem Gesicht und grauem Haar.
Von ihm tuschelt man sich zu, daß er
geholfen habe, die Bomhe herinstellem
die einen Zaren tödtete. Da ist ein
lebhafter kleiner Franzose, fast immer
in Absynthlaune,
das Messer getauft zu haben, dessin
Klinge den Weg zu Carus-PS Herrin
fand. Eine pitanie, rothhaarkee Smö
ne, deren grünlich schillernde Augen an
den Blick einer Schkarzge erinnern, hat
ihren Geliebten, einen österreichischen
Fürsten in Monaco erstanden
Der einzige Mann, des en Ruf ma
tellos zu fein schien war ein Englän
i
cr sich gerne rührnt, .
der. John See-mer Morton hatte die- -
sen entlegcrun Erdenwinkel aufge
sucht, weiter hoffte-, seine iranke Lun- ,
ge ioiirdc in dem milden Klima gesun
den. Diesem Schwindsiichtigem ums
den sich Niemand tiimmerte, widmete
sich Florence Warreru Sie plauderte «
mit ihm, fang ihm mit ihrer herrlichen
Altstimme seine Lieblingsliedey las
ihm vor und reichte ihm die Arzneiem
die er in kurzen Zwischenraum-n neh
men mußte. Begreiflicherweise war
der Kranke dem schönen, jungen Weibe
sehr dankbar. Die Dankbarkeit per
wandelte sich in Liebe, und eines Ta
ges fragte John Morton feine Pflege
rin, ob sie ihn heirathen wolle.
Von dem dumpfen Gefühl beherrfcht,
als habe fie eine schlechte That zu süh
nen, milligte sie ohne Zögern ein. Der
zunächst wohnende Kadi « vollzog die
Trauung, als deren Zeugen der bleiche
Nihilist, die rothhaarige Mörderin und
der Anstifter zum Präsidentenmorde
fungirten.
Florence Warten hieß nun Mrs.
Spencer-Morton. Sonst aber änderte
sich nicht viel in ihrem Verhältniss zu
dem Todestandidaten. Sie theilte
dasselbe Zimmer mit sihm und reichte
lylll UUUJ lsulslcllk Ucc Icuwlslllllscll Ulc «
Medizin. Jhr neuer Gatte besaß nur «
geringe Mittel, die binnen Kurzem er- ;
schöpft sein mußten. Auch das kleine !
Vermögen der jungen Frau war bald
aufgezehrt. Und da kam die Sehn
sucht nach alten, vertrauien Stätten,
nach der Heimath. über sie. Die noch
vorhandenen Fonds wurden .fepriifi,
und da sie sich als ausreichend erwie
sen, um nach Chica o zu gelangen, ver
ließ das Ehepaar schon rnit dem näch
sten Dampser Afrika. Matten war
sofort einverstanden, da Florence ihm
sagte, daß sie sich als Erbin der dort I
ihrem Vater hinterlassenen Millionen
melden wolle.
s- it- i
Als sie sogleich nach ihrer Ankunft .
in Chicago den Rechsbeisiand und
Freund ihres Vaters aufsuchte, drückte
ihr der alte herr in herzliche-r Theil
nahme die Hand» Dann theilte er ihr
in schonender Weise mit, daß die Fir
ma De Voe F- Fotheringay unmittel
bar nach dem mhsteriösen Tode des
Senior-Paduas Bankerott gemacht
habe und daß selbst aus dem Vertan
des Wohnhauses nichts für sie, die
Tochter, gerettet werden konnte, da die s
Gläubiger alles mit Beschlag belegten.
»Ich habe aus meiner eigenen Ta
sche die Kosten für das Begräbnis Ih
res Vaters begleichen,« schloß der
Rechtsanwalt seinen traurigen Ve
richt.
Völlig niedergeschmettert kehrte
Mrs. Morton zu ihrem im Hotel war
tenden Gatten zurück. Auf den Kran
ten übte die Kunde · eine streetliche
VIII-lang Cup. Ulll Ucllcgkl OIUUXUIH
drohte fein schwache-s Lebenslicht gänz
lich auszublafen·
Tag und Nacht zergrübelte sich Flo
rence den Kopf, auf welche Weise sie
Geld verdienen könnte. Mit schwerem
Herzen machte sie sich daran, die An
noncen einer viegelefenen Morgenzei
tung durchzusehen. Da fiel ihr Blick
plötzlich auf einen Namen, der seltsame
Erinnerungen in ihr wachrief.
Alexander Paitonl Jn feiteni Druck
standen die beiden Worte an der Spitze
eines Jnferats, aus dessen Jnhalt er
sichtlich war, daß der Träger des Na
mens ein kolossales Vermögen besiien
mußte
Der arme, strebsame Farrnersfohn
war der einflußreiche, umfchwiitrnte
Geldfiirft geworden, und sie — ja, sie
war die gefchiedene Frau eines Zucht
hiiuslers, das Weib eines armen
Schwindfiichtigen, eine Bettlerin . . .
»Florence! Florenee!« erscholl es
da in weinerlichem Ton aussdein Ne
bengemach. Geduldig erhob sich die
junge Frau und ging zu dem Kranken.
Das herz trampfte sich ihr zufammen,
als sie in sein hohlwangiges, schmerz
verzogenes Gesicht blickte-. Ueber die
blauen Lippen des Leidenden kam ein
Röcheln, das sie erfchauern machte.
»Mein Gott, Florenee,« klagte der
Unglücklichek .kannsi Du mir nicht
fiäirtende Mittel verschaffen? Ein
Arzt muß kommen . . · ich must bessere
Luft haben . . . fo geht das nicht wei
ter —- —- —- Du bringst mich ja uml«
Ein furchtbarer haften erfchiitierte
die Lqu Dann wurde ein langgezos
InJehinesezliehes Zimmer-i bar-bar
ihm Hut Sul. ergriff
Mund mit Mkeinein fchnel -
Eil-TM Mk;
ge vor dem vielbeschäfttgten Bankier
lexander Patien.
Der Börsenfiirst hatte einen gleich
giltigsest Blick auf die zierliche Karte
geworfen. die den Namen Mrs Spen
cer-Morton trug. Jn dem Moment
aber, da die Dame iiber die Schwelle
seines Arbeitszimmers trat eilte er mit
ausgestreckten Händen aus sie zu. Wenn
statt der vier Jahre zwei Dezennien
vergangen wären, würde er diese kif
nigliche Gestalt, das vornehme, schöne
Gesicht, die dunklen, je t nicht mehr
hochmüthig blickenden ugen sosort
wieder erkannt haben.
»Florence —- Miß De Voe — Mrs.
Warren,« stammelte er. Dann sah er
aus die Karte nieder und verstummte
Die glühende Röthe, die Mrs Mor
ton"s Wangen überzogen hatte, war
tiefer Blässe gewichen, und mit zittern
der Stimme begann sie: »Mr. Patton,
ich tomme zu Ihnen als eine gebroche
ne, vollkommen verarmte Frau. Jch
habe Schreckliches erduldet. Mein
Gatte liegt in einem elenden Gemach
in den legten Stadien der Schwind
sucht. Es ist mir entsetzlich, ihn so lei
den zu sehen und nichts thun zu tön
nen, um seine Qualen zu lindern. Die
Sorge um ihn gab mir den Muth,
Jhre Verzeihung zu erslehen und Sie
um Ihren Beistand zu bitten. Können
Sie vergessen, was ich Jhnen gethan?«
»Ich habe nichts vergessen,« entgeg
nete Patton, »aber ich habe eingesehen,
daß meine Anmaßun lange nicht so
bestraft wurde, wie se es verdiente.
Sie haben es übrigens nicht nöthig.
um meinen Beistand zu bitten. Ihnen
gehört ein recht ansehnliches Vermö
gen, das ich bis heute verwaltete.« a
sti schritt er zu seinem Schreibti ch,
öffnete ein Fach und entnahm einer
Kasette ein Bündel Papiere, die er vor
den erstaunten Augen der jungen Frau
ausbreitete-.
»Seht-n Sie, hier ist ein Dotument,
das ich Jhnen schon vor zwei Jahren
gern übergeben hätte. Doch Sie wa
ren nirgends aufzufinden, es schien,
als hätte die Erde Sie verschlungen.
Dies ist der Ausweis über eine bedeu
tende Summe. die mir Jhr Vater auf
dröngte. als ich von ihm fortging. Er
war mir sehr gewogen,»und seine Lie
I----h-:Z-h;«I-IZA ·u--uOI---O« wes-I fass-»
-...-..»..»..sp,.... ...........,,.. ......, --»..
—- doch schweigen wir davon. Mit
jener Summe begann ich meine Kar
riere. Bald nachdem mein verehrter
Gönner gestorben war, war ich in der
Lage, die 850,000 mit Zinsen zurückzu
zohlen. Da erfolgte der Krach. Es
ging nicht alles mit rechten Dingen zu.
Die Gläubiger betarnen mehr, als sie
zu beanspruchen batten. So verwalte
te ich denn dieses Kapital, das nun auf
8225,000 gestiegen ist, um es Jhnen
auszuhiindigen.
Florence war keines Wortes mäch
tig. Stumm driiitte sie die hand, die
so edel fiir sie gesorgt hatte. Jhre
Blicke begegneten sich, und was Pat
ton do in den feuchten, dunklen Augen
des jungen Weibes las, erfüllte ihn
rnit unnennbarer Seligkeit.
Nach einer halben Stunde betraten
beide das ärmliche Logis der Mor
tons.
»John«, rief Florence freudig er
regt, «liebster Joha, ich bringe einen
Freund und viel, viel Gelds«
Es folgte keine Antwort. Beftürzt
eilte Mrs Motten in das tleine hin
terzimmer. Das wachsbleiche Gesicht
rnit den bliiulich geiiderten, fest ge
schlossenen Lidern, die schlaff herab
hängenden, sklettartigen Arme ließen
auf den ersten Blick erkennen, daß
Zehn Morton keines Freundes, keiner .
ollars mehr bedurfte. Er hatte aus- s
gelitten. ;
Ehrfurchtsdoll breitete Patton ein i
Tuch iiber das Antliå des Todten. -
Dann führte er die itttoe aus dem
Gemach und ergriff ihre hände, die
er innig drückte. Aufschluchzend lehnte s
die junge Frau ihren Kopf an ou- i
Schulter des tief erschüttern-n Man
nes. Sie fühlte ess, in ihm hatte sie
einen Beschützer für’s Lebe-n gefunden.
— » « -—·s.
i
In die snllrlie Idrelln l
Humoresle von Paul Bliß. I
i
-—.-——
Ewald Bergemann stand vor dem
Spiegel und machte sorgfältig Toilette.
Mit großer Kunstfertigkeit tniipfte er
den Knoten der Krabatte, glättete die
Falten des Hemdes und säuberte den
eleganten Rock, sodaß auch nicht ein
Staubchen mehr zu sehen war. Dann
nahm er hut und Stöckchen und f
schlenderte nach der Linden-Promena- j
de, um irgend Etwas zu erleben. (
herr Ewald Bergemann war ein
Glückkiind —- er war kaum 25 Jahre :
alt und schon war er in der glücklichen l
Lage, von seinen Renten leben zu tön-· «
nen, ohne seine eleganten hände durch
irgend welche Arbeit rauh oder unan
sehbar machen zu müssen. Ein alter »
Onkel war rechtzeitig gestorben und
hatte den lieben Neffen Ewald als Uni
versalerben eingesetzt. Dies begrüßte
der junge Mann mit umso griißerer
Freude, als er an wirklicher Arbeit nie
sonderlich großen Gefallen gesunden
hatte. Und deshalb lebte er ietzt, nun
er sein reichlich gutes Einkommen hatte,
als fünfundzwanzigjiihriger Rentier in
Berlin, allwo man ja stets gute Ge
legenheit fand, sich fiir gutes Geld auch«
gut amllsiren u können.
Langsam chlenderte er durch die
Linden, spähte nach r ts und links
nnd gerade aut, ob es n nirgends
w Etwas gäbe. was in dein öden Ill
" lei eine interessante Abwech
fe m wäre. Aber sowei er auch sehen
I
triebe, sast alle dieselben Menschen« die
er hier zu sinden schon jeden Tag ge
wöhnt war. Selangweilt und blasirt
slanirte er weiter.
Do plzjlich beeanren seine müden
s Nerven einen Ruck. Mit großen er
- staunten Augen starrte er zu der Aus
lage eines Damen-Artikel-Bazars hin.
; Eine Dame erblickte er dort —- eine
ganz entzückende Dame, sesch. chic, ele
gant, frisch und jung, mit naiven,
sreudeleuchtenden Augen.
. »Ei! Donnerwetter!« sliisterte et«
« »das ist wirtlich.’mal etwas Neues!«
: Jm nächsten Augenblick stand er vor
der Aus-lage und musterte mit solchem
Interesse die Hüte und Blusen und
Schirme, als ob er ein vereidigter
Sachverständiger wäre; dabei fand er
aber noch Zeit und Gelegenheit genug,
ein paar dislrete Seitenblicke nach der
schönen Dame zu senden. die erkundi
gen sollten, weß’ Rang und Verlunst
die holde Unbekannte sei
Aber all’ sein eisriges Bemühen war
umsonst, zwar sah er nun, daß die Da
me nicht nur elegant und schön war.
sondern er erkannte auch an ihrer Ihal
tung, daß sie der guten Gesellschaft an
gehörte, weiter aber brachte er nichts
heraus, und erwidert wurde keiner sei
ner Blicke, obgleich sie nach und nach
« recht sprechend und deutlich geworden
- waren.
; Ohne ihn zu beachten, ging die Da
. me weiters
E Aber Herr Ewald Bergemann war
s nicht ein Mann der blassen Furcht; er
wußte aus Erfahrung, daß die Geduld
eine der schäsenswerthesten Eigenschaf
ten ist und deshalb ging er auch weiter,
natürlich unmittelbar hinter den Un
. bekannten her.
Kaum hundert Schritt weiter war
wieder ein eleganter Modebazar mit
prunlvollen Auslagen, und wiederum
machte hier die Dame Halt
here Ewald natürlich auch.
lind wieder begann er die Schöne
mit tragenden und bittenden Blicken
zu bombardiren, aber wieder mußte er
mit langer Nase abtrollen.
Jetzt aber beschleunigte die Dame
ihre Schritte; vor reinem Deut-unn
ster blieb sie mehr stehen, sondern
steuerte direkt aus das Brandenburger
Tbor los, lies behend, mit graziijs ge
hobenern Rock iiber den Fahrwan
sprang in einen der haltenden Pferde
babnwagen — und suhr davon.
Und Herr Ewald lächelte wie ein
moderner Philosoph, er dachte: »Du
entgehst mir nicht« mein holdes Kind,
gerade Dein Widerstand reizt mich!«
—- Dann nahm er eine Droschte, in
struirte den Kutscher und suhr in ent
sprechender Entfernung hinter dem
Pserdebahnwagen her.
Nach tauni einer Viertelstunde stieg
- die Dame aus und ging zu Fuß weiter
T Herr Ewald, in entsprechender Ent
; sernung, that dasselbe und folgte der
I Unbekannten, bis sie in einem hause
der Kursürstenstraße verschwand.
Dann wartete er ein paar Minuten,
ging dann zu dem Portier desselben
Hauses und erkundigte sich nach den;
Preis der leerstehenden ersten Etage,
und so ganz nebenbei sragte er dann: »
..Sagen Sie mir, bitte, die Dame, die .
hier eintrat, ist das nicht FrL Mül
ler?« Dabei legte er sogleich ein Mart- j
stück bin. (
Der Partier machte ein psissigeöz
Gesicht, strich dankend die Mart einj
und sagte: »Nein, das war Frau j
Braunwald, die wohnt in der zweiten E
Etage.« i
.So, so — —- ich glaubte in ver l
Dame eine Bekannte zu erlennen,« sag- 7
te Ewatv teichthiu. l
»Na, ich weiß nicht, vielleicht ist sie 4
’ne gebotene Müller,« lächelte der Al- s
te, »die herrschasten sind nämlich erst i
ein halbes Jahr verheirathet.«
»So, to — danke, danre fehr:" Er s
ging. Vorerst wußte er genug.
Diesem Haufe gegeniibed war eine »
Konditorei und in dieser Konditorei
saß herr Ewald Bergemann am an
deren Tage, Vormittags um 11 Uhr.
Zuerft trant er einen Cognac, dann ei
ne Tasse Bouillon, dann ein Glas
Portwein und endlich noch einen Eng
nac. Inzwischen war es halb Eins
geworden, da plötzlich erschien in der
Haus«-thut gegenüber Frau Braunwald,
und zwar wieder allein!
Eine Minute später war Herr
Ewald hinter ihr. und zwar so nahe,
dasz er den Duft ihres distret feinen
Parsiims riechen konnte. Er war so
kopflas, dasz er sich gar ieinen Plan
machte, wie er nun vorzugehen habe.
Nur ein Gedanke verließ ihn nicht:
weshalb geht sie auch heute wieder al
iein ausi Fiir eine E , die erst t!
Monate alt ist, könnte ma dies als ein
schlechtes Zeichen ansehen! —- jeden
falls ift der Gatte ein bequemer älterer
herr, oder er ist ein übereifriger Ge
schäftsmann, sonst würde er doch ein
so entzückendes Weibchen nicht fort
während allein herumlaufen lassen —
so griibelte er und folgte der schönen
Frau in einer tleinen Entfernung.
Sie ging in ein Geschäft der PM- l
; damer Straße und kaufte Delitatessen. !
; Einen Augenblick übetle te er. Dann
) trat er auch in dasselbe eschiift. Er »
f tau te alles Mögliche zusammen, ließ
s es Ich zufchicken und hatte nicht einmal
l Gele nheit finden können, sich ihr be
mert r zu machen. Ohne ihm einen
Blick u gönnen, ging sie wieder fort.
S on war er nahe daran, die Ge
duld zu verlieren, als sie plöhlich eines
der vielen kleinen Patete fallen ließ
Spsort war er sei ihr, hob das Patri
i
i
;
i thöricht von mir; ich hätte es zusam
chen aus« iiberretchte isihr ser artig
und sagte: ».Bttie gnädige FrauP
Nun sah sie ihn an Luersi erstaunt,
dann verwirrt, and schl eßiieh sagte sie
lächelnd: »Ich denke sehr-L«
Bevor sie aber fortgehen konnte sag
te er schnell: »Ich fürchte, gnädige
Frau, Sie werden gleich wieder eines
der vielen Päctchen verlieren.«
Lächelnd entgegnete sie: »Es war
. ·.· —.-.·—--- --. ..- —- .- -.---.-..
menpacten sollen." Dabei nestelte sie
an den vielen Fädchen der Patete her
um. «
»Wenn Sie mir gestatten, gnädigs
Frau, dann trage ich Ihnen die Waa:
ren.«
Sie wurde verlegen. O, ich danke ’
sehr —- aber ich tann ja auch einen
Wagen nehmen« Und suchend sah sie »
sich um, aber es war keine leere Drosch- »
te zu sehen. ,
»Dann erlauben-Sie mir wenig-E
stens, daß ich Sie zum nächsten Wagen ,
geleite, gnädige Frau!«
Ehe sie noch Etwas erwidern konnte, .
hatte er ihr schon die Paletchen abge- «
nommen und ging nun an ihrer Seite
weiter. z
»Sie sind sehr liebenswürdig mein ;
herri« sagte sie, immer noch ein we- ;
nig verlegen. s
»Aber, ich bitte Sie, gnädige Fran, s
ich bin sehr glücklich, Ihnen den klei- ;
nen Gefallen erweisen zu können!« s
So gingen sie weiter, ohne einen lee- i
ren Wagen finden zu tönnen. s
»Wenn Sie mir erlauben gnädiae :
Frau, dann trage ich Ihnen die Sä- z
chen bis zu Ihrer Wohnung —- es ist 1a F
nur eine kleine Strecke weit.«
Erstaunt sah sie ihn an. »Sie wis- -
sen daö?« - .
Er lächelte. »Durch einen Zufall, J
jawohl —- sogar Ihren Namen tenne ;
ich."
Fragend sah sie zu ihm aus. i
»Frau Brauntoald,'« sagte er lit-l
chelnd. H
Ietzt lachte sie ganz herzbait und?
sagte dann: »Nein, mein Herr. Sie I
irren sich.« Z
»Aber ich weiß es ganz genan!« f
»Wenn ich Ihnen aber versichere, ;
daß Sie sich irren! —- Frau Braun- E
wald wohnt zwar in demselben Hause, ;
UUII luf Yclbc UllUclp
Je t platzte er heraus : »Aber, gnä
dige s rau, als Sie gestern Nachmittag
in's haus gingen, fragte ich unmittel- -
bar darauf den Portier, wer Sie seien."
Wieder lachte sie! »Den Poktier ,
fragten Sie ?«
Nun ärgerte er fich, daß er aus der
Rolle gefallen war, und um die Schatte «
auszuweßem sagte er : »Ich glaubte
nämlich, eine Bekannte von friiher in
Jhnen zu ertennen, deshalb fragte ich.'·
Sie lachte noch immer : »Da hat sich
also der Portier geirrt, denn Frau
Braunwald trat turz vor mir in·iJ
aus —- mich dagegen hat der Portier
überhaupt nicht eintreten sehen, denn
ich habe einen Drücker, der mir die
Thiir öffnet.'«
»So, fo." —- fagte er nut. Bei sich
aber dachte er : »Aha, sie will uner
tannt bleiben —- nun, gut, wie sie will
—- da werde ich mich vorerst auch nicht
zu erkennen geben."
Ein paar Schritte gingen sie schwei
gend neben einander. Dann begann er
wieder : »Der Frühling in Berlin ift
doch herrlich, nicht wahr ?'·
Lächelnd meinte sie : »Wenigftens
draußen im Thiergarten —- hier in den
Straßen ist es doch fast unerträglich
warm und dumpf.«
»Ganz recht ! Aber im Thiergarten
ist es herrlich. Sie sind wohl auch eine
fleißige Spaziergängerin ?«
»O ja, soweit es meine freie Zeit ge
stattet.«
»O ! Sind Sie denn fo mit Arbeit
überhäus i«
»Nun, wenn auch das nicht, so hat
man der-(- in dor- Mirthfsbaft komm n
thun.«
»Aber dann ist es doch unbedingt
nothwendig, daß Sie jeden Tag minde
ltens ein Stündchen im Freien sich er
holen S«
»Das thue ich ja auch·«
»Ah ! Und im Thiergarten ?«
»Gewiß.«
«Sonderbar, dasz ich Sie dort nie
mals getroffen habe ! Welche Plätze he
suchen Sie denn mit Vorliebe ?'«
Sie lächelte sehr sein und sagte zö
gernd :
»Je nachdem, den Goldfischteich,«dcn
Floralplay oder auch den Neuen See.«
«I·tenne ich, tenne ich Alles genau l«
Nun, vielleicht iiigt es der Zufallv
dasz ich Sie dort einmal wiedertresse
— Um welche Zeit sind Sie denn am
liebsten dort, meine Gnödi ste ?«
Und sie mit demselben sein ironischen
Lächeln : »Nun, so um iiinf Uhr knei
sten3.«
«Sehr schön· Würde mich also
glücklich schätzen, meine gnädiae Frau,
wenn ich Sie dort einmal wiedersehen
tönnte.«
Lächelnd nickt sie nur.
Man war vor dem Hause angekom
men. Er übergab ihr die Patetchen
und bekam ein vornehmes Kopsnicken
als Dant.
»Als-z wo darf ich Sie morgen tref
fen ?« fragte er ganz leise. -»
»Am Floraplah,« sagte sie ebenso
leise und verschwand schnell im Hause.
Ali er fortging, wollte eö ihm schei
nen, als mache der Portler ein äußerst
erstauntes Gesicht, aber er achtet nicht
» weiter daraus, weil er mit seinen Ge
. danken lchon bei dem zugelagten Ren
« degous ain Floraplas war.
in anderen Tage inn stinf Uhr war
here Ewald dergeneaän am Floraplah
—- er hatte große Gala angele t nud
war aufgeregt wie ein junger einka
ner, Zier fein erftei Rendczvous t.
Mit arcfzen Schritten ging er um en
kleinen Plan herum, fah ängstlich voll
Erwartung. nach allen Seiten( ob er
seine Heide nicht eefpiihen konnte. Aber
es war bereits fiinf tlhr durch; es
wurde später und später-, nnd die Er
wartete tarn nach immer nicht«
Mög-ich ersönte eine Stimme : »Gu
ten Tag, Herr Bergenzann !«
Ewald fah fich um. Vor ihm stand
der Lbertellner aus feinem Mahle-kal
»Na, Kleinecke, wass- 1nachen Sie denn
hier ?" fragte Ewald ·rnit gnädig-Un
Lächeln.
Ter Oberlellner nahm eine ftratnnre
Stellung ein und antwortete : »Ich er
warte hier Jemand, Herr Bergen:ann.«
»Sieh doch Einer an ! Also ein Tech
tel-Mechtel ?«
»Nein, Herr Bergetnann, ich erwarte
einen Herrn.«
»So ? Na. dann will ile Ihnen mal
was sagen, mein lieber itlcinecte — nun
thun Sie mir mal den Gefallen und
verduften Sie recht schnell — ich er
warte hier nämlich auch Jemand —
aber teinen Herrn.«
Der Obertellner zuette veriegen die
Schultern und sagte: »Ich bedauere
außerordentlich, here Berge-nann, aber
leider kann ich Jhren Wunsch nicht er
füllen."
»Aber, Menschenkind! Jhren Freund
können Sie doch an feder anderenStelle
treffen t« rief Ewalb empört.
»Es ist fa gar nicht mein Freund I«
»Na, umso mehr !«
»Ein ganz fremder Mensch ift es,
dem ich aber eine gehörige Leltion er
theilen will.« Er fuchtelte wüthend rnit
feinem Kniippel herunt.
-Was, Kleinecke, Sie wollen hier eine
Keilerei infzeniren ?«
»Ich muß, Herr Bergemannt Der
Kerl verdient eine exemplarifche
Strafe t«
»Aber weshalb denn gerade hier ?«
»Nun, ich will Ihnen die Wahrheit
sagen, Herr Beraemann. Da läuft fo
ein verdammter Laffe feit ein paar Ta
gen meiner Braut nach, belästigt fie ir!
ganz frecher Weise und hat sie fiir heute
fünf Uhr hier zu einem Rendezdous
herbestellt.«
Herr Ewald versuchte zu lächeln.
aber es wurde ihm doch ein wenig un
behaglich, als er den dicken Rnüpvel an
sah, dann nahm er sich zusammen und
fragte: »Ja, aber kennen Sie denn
den Mann überhaupt ?«
»Nur nach der Beschreibung, um
halb sechs Uhr aber kommt meine
Braut hierher, und dann werden wir
ihn finden."
.Jch vabe ja gar nicht gewußt, daß
Sie verlobt sind, lieber Kleineclr. Wer
ist denn Jhr Fräulein Braut k«
Der Oberlellner lächelte. «Eine fehr
elegante kleine Person l Augenblicklich
ifi sie Wirthfchafterin bei der Baronin
von Reibenftein in der Kurfiirfteni
strafze.«
»Jn der Kurfiirstenftrafze ?« flet
terte Email-.
Der Andere nickte.
»Und wenn man meine Braut auf
der Straße sieht, lann man sie wohl für
eine feine Dame halten, denn sie be
kommt faft alle die eleganten Kleider
ihrer herrin gefchenlt, und sie weiß
diesemit sv viel Ehre zu tragen, als ob
sie ihr Leben lang nur auf dem Pariett
gewandelt wäre.'«
Herrn Bergemann wurde es immer
unbehaglicher. »Seht interessant i«
ftvtterte er.
»Ja, denken Sie nur,« fvrach lä
chelnd der Qberlellner weiter, »der Ele
gant von gefiern hat meine Braut sicher
für eine Dame der Gefellfchaft gehal
ten, denn er redete sie mit »Frau
Braunwald« und «Gniidige Frau«
an." ·
III-D Es- Its-sa- I« » ask-Is- Ins-Just
Herr Ewald nicht heran-Z, denn er ge
dachte des Kiiiippels.
Nun zog der Andere die Uhr. »Na,
in fünf Minuten wird meine Braut ju
kommen, da tönnen wir uns den Laf
fen hier herausiuchen.«
»So, so, dann will ich Sie dabei
nicht weiter stören. Adieu, lieber stein
ecke !« Und mit schnellen Schritten
verschwand Herr Emald Verqemann.
Noch an demselben Tage verreiste er,
und als er dann drei Wochen später zu
rückkam, trug er einen Vollbart, der sei
nem Gesicht ein ganz anderes Aussehen
gab. so daß selbst seine besten Freunde
ihn laum wieder erkannt hätten.
sysp ·
su-»o vsassysv
G u t e r R a t h.
Junggeselle: »Ich weiß nicht, das
E en m der Kneipe schmeckt mir gar
nicht mehr!«
Ehelriippel: «Heirathen Sie, hei
rathen Sie, lieber Freund. Dann
schmeckt hnen nachher auch das —
fineipene en wieder!«
Durchaus Geschäftsmann.
»Popa, Dani- hat eben einen Knopf —
heruntergeschlucktz sollen wir den Arzt
holen?«
»Wozu? Der nimmt jedenfalls mehr
dafür, als der ganze Knopf werth ist«
Deutlich.
Komponist Geisen Operette ange
nommen ist. kam Direktor): »Na, ich
hoffe, in lang ens zwei Monaten wird
die Oper ou gesithri werden können.
Die Musik doch den Sonsern
keine Schwie eiteni«
Direktor-: « its b Mindesten. Die
Miste-J«Melodiea W tennen sie ja