Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 22, 1901, Sonntags-Blatt, Image 14

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Ersä lunq aus Maimcr alten Taqcn von A. NokdatL
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(A. Hinsiin
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tJOHLLkLÆL essst
(17. JortseyungJ
»Aber das ist ja der reine Wahn
sinn!« rnst der Wirth. »Mehr-er ver-:
niinstige Mensch wird sich denn in dre
sem Sataniwetter aus den Rhein wa
gen, ebensogut könnt Jhr Euch gleich
den Kops an der Mauer einrennen. da
habt Jhr’5 bequemer."
Aber die remden lassen «- nicht so
kurz ahfertrgen, sie verlangen nach
einem gewiegten Fährmann und ver
sprechen reiche Belohnuna.
Nun erscheint der Wirth in der
sonsthiih noch mit der Zipfelmiiße aus
dem Kaps. ·
»Alle Schlasmiitze,'« brummt der
Kutscher, dem es in dem Wetter auch
nicht wohl aus dem Bock ist.
Kopfschüttelnd llovst der Wirth an
verschiedene Fischerhäuser, schimpfend
nnd übellaunig, aber die Fremden tre
ten so herrisch aus, es muß wohl was
Vornehmes sein. Doch überall erhält
er die gleiche Antwort, man weist ihn
kurz ab nnd wirst ihm das Fenster vor
der Nase zu.
Trotz der späten Stunde finden sich
aumählich doch manche Neugierige am
Rheinuier ein; die Frauen erscheinen
in großen Fladusen am Fenster. um
die Fremden zu sehen, die bei solchem
Sturm die gefährliche Fahrt unterneh
men wollen und demjenigen, der ihr
Verlangen ersiillt, einen übermäßig bo
hen Lohn bieten. Es müssen wohl
Vrinzen oder Herziige sein« oder gar
arge Verbrecher, die vor der strasenden
Gerechtiateit fliehen.
Indessen sind die drei Herren dem
Schlitten entstiegen, nngeduldia geht
der eine am Rheinuser aus und ab,
während die anderen sich noch immer
vergeblich um eine Fahraelegenheit be
mähen.
»Aber wollen denn die Herren nicht
einen Augenblick eintreten, sagt der
Wirth, seine Zipselmiitze lüstend. ·
Zögernd entschließen sich die Reisen
;
ven zu dem unwillkommenen Ltusscttutx
Franz von Greifsentlau hat, noch
immer am Fenster stehend, dem gan
zen Vorgang zuerst ohne besonderes
Interesse zugehöri, als er aber dann die
französischen Worte, in denen sich die
Verren untereinander besprachen, ver
nimmt, horcht er befremdet aus. Jst
es möglich, daß die scharfe, befehlende
Stimme, die jetzt spricht, wirklich je
nem Manne gehört, den er weit fort
gewöhnt, in den Steppen Rußlandei,
an der Spiße seiner Armee? Und
doch. diese kurze, abgebrochene Art zu·
sprechen, dieser scharfe Klang der
Stimme, es ist leine Täuschung, das-«
ist der Kaiser!
Er zieht sich ganz in die Fensternb
sche zurück und läßt durch den Diirftiaen
Vorhang soviel wie möglich seine Ge
stalt verdecken. Die spärliche Beleuch
tung der qualmenden Oellampe hilft
ihm dazu.
Und da tritt er ein. der kleine, unter
setzte Mann, die Gestalt in einen wet
ten Pelz gehüllt; er wirft den Hut, der
st sein bleiches, sorgenentstelltes Ge
skbt sreigiebt, ungeduldig auf einen
Stuhl und schlägt mit dem schweren,
galdbetnopsten Stock an die Schäfte
seiner hohen Stiefel.
»Es ist leine Möglichkeit, Sire. wei
ter zu kommen,« sagt der eine seiner
Brei-leiten »Wir werden uns aedulden
music-n chlgilklli VII lrckspfll lkli17."
»Bis morgen friin Und Das feinen .
Sie so ruhig, uno Dann hoben nriri
nutzlos viel kostbare Zeit verloren Ich
sage Ihnen doch, daß ich nicht warten
kannt«
Die anderen beiden Herren zucken
schweigend die Achseln, sie kennen ihren
Gebieter, sie wissen, das-, jedes weitere
Wort den Ungeduldiaen bis aufs Ein
ßerfte reizen kann. Stumm, in finste
tem Schweigen wird der heiße Wein,
den der Wirth ihnen bringt« getrunken.
Doch der kleine, bleiche Mann nippt
kaum an dem dampfenden Glase, mit
einer ungeduldigen Bewegung weist er
es zurück, als der eine der Herren ihn
befchwört, wenigstens einen stärkenden
Trunk zu nehmen, da er den ganzen
Tat- noch keine Nahrung zu sich genom
— men. Er hat sich in einen Stuhl ge
werfen, feine weiße, frauenhaft zarte
d wühlt in seinem haar. Es ist
«« ganz still im Zimmer, man hört
m den Penselfchlag der alten Uhr
E das heulen des Sturmes drau
Qs klopft ei leise an die Thür, ein
We W tritt über dieSchwelle,
-" " IMP- IMOCM zwischen den
« -— -—, hindern Er wolle das
. fsgtheeä M
Fern a .
Der den seinen Lohne-st
Iish san nicht wisset-,
einbohren- habe Deutng
Meine
siich wieder sie Thür, ver Wien- tritt
e n.
Der Schiffer habe sich anders beson
nen, sagt er, indem er das Geld aus den
Tisch legt. Es sei sicherer Tod, für
jeden, der sich in dieser Nacht aus den
Rhein wage, der Herr möge sein Geld .
behalten. «
Da springt der kleine here tviitbend l
aus. »Aber das ist ja unerhört!« rust l
e: halb französisch, hau- veuisch i
»Gebt es denn keinen Mann meer hier i
im Lande?« i
Da theilt sich plötznch ve- Vokhana s
am Fenster, eine hohe. dunlle Gestalt
steht vor dem Ausgeregten, scharfe, ad
lerartige Augen blihen ihn an.
»Sie haben recht, mein Herr,« sagt !
der Fremde, »es giebt kaum noch einen
tdatlrästigen Mann leier im Lande, der
Krieg bat sie alle ver chlungen. Wenn
Sie sich mir aber anvertrauen wollen.
so bin ich bereit, das Waaeltiiet zu un- »
ternebmen.'« s
»Herr Baron !« schreit der Wirth i
aus. Doch eine gebieterische Bewegung '
des Fremden beißt ihn schweigen.
Stumm siebt der Kaiser in das
ernste Gesicht des plötzlich wie aus der
Erde Erwachsenen Wo bat er doch
diese charakteristischen Züge früher
schon gesehen, diese blitzenden. adler
artigen Augen, die durch die über der
Stirn fait zusammengerdachsenen
Brauen einen so ernsten, riitbselbaiten
Ausdruck erhalten? Er erinnert sich
genan, dies Gesicht schon einmal ge
sehen zu haben. aber er weiß nicht wo.
Sein Blick gleitet hinab an der Gestalt
des Fremden und bleibt an den
schlankem aristolratischen banden
haften.
»Sie, mein Herr, wollen das Wa
gestiick unternehmen? Werden Sie es
k Ist
Wall Uulwfllqcca IUUUIIII
»Mißtrauen Sie mir, fürchten Sie
sich, mir anzuvertrauen?« fragte der
Baronmit leisem, spöttischem Lächeln
Der andere will auffahren, doch Greis
fentlau sagt, ohne daraus zu achten:
»Jch«hahe nicht selten das leichtgehaute
Kanoe durch die Eisschollen des Mis
sissippi geführt, aiso wohl einige Cr
iahrung in solchen Dingen. Gestatten
Sie nur, daß ich meinen Diener werte,
denn ein anderer würde sich schwerlich
dazu verstehen, uns als Steuermann
zu begleiten.«
»Wie heißt der fremde Herr?« fragt
der Kaiser den Wirth.
»Freiherr von Greifsenilau,« erwi
dert dieser. Und er ergeht sich in
Lobpreisungen iiher den Freiherrn,
der in der Gegend hoch verehrt wird.
«..Greiffentlau,« sagt der eine der
beiden anderen Herren, ,,ich erinnere
mich jetzt. Es sind Jahre darüber
vergangen, es handelte sich um die
Berschwörung Pichegrns, einGreissens
tlau war dahei, der dann später ver
schwand, man sagte, er Iei verschollen.«
Indessen meidet der Wirth, dahs
alles bereit sei, und die herren treten
hinaus in die Sturmnacht. » Dort
wartet ihrer das schwankende Boot,
hochausgerichtet darin die duntie Ge
stalt des Schiffer-si, eine grobe, wollene .
Schifferjacte unt-schließt seine kräftigen
Glieder, ein dreitrandiger Hut ist tief ;
in die Stirn gedrückt· Am Steuer«
fitzt ein kleiner, buckliger Mensch.
»En wann meine Herren!" Die
Stimme Des ZchifferH übertönt den
heulenoen Sturm. Er hilft mit träf
tiger Hand Dem Kaiser in S Bont, ,i5
gernd fol gen seine beiden Bea leitet
»Da-Z ist eine Fahrt auf Tod und
Lehen,« sagt der eine zum andern.
Vorwärtg geht eg, umtobi von den
entfesselten Elementen,. hem Heulen
Krachen uno Tosen. Aug Der Ferne
ertönt es wie das heitere Gekläff ges
fräßiger Wölfe, wenn Das Eis, in
seinen Grunofeiten erzitternd, ausein
anderberstet und die Schollen krachean
zerfchellen Der Nachen, der sich müh
selig Und langsam witerarheitet, ächzt
und stöhnt in der eisigen Umarmung
feiner furchtbaren Bedriinger.
Was ist Menschenwert und Men
schenfein gegen vie gewaltigen Urträfte
der Natur? Denkt der Mann mit dein
Riefengeitt, der ein willenloses Wert
zeug dieser Kräfte in dieser Schre
ckensnacht geworden ist, wohl voran,
» daß es eine Grenze giebt, die ihm ein
Halt gebietet?
Seine Stimme klingt so ruhig und
unbewegt wie immer, als er ruft:
»Aber wir treiben ja ganz Rheinb
wörts.«
Er macht fogar Miene, ein Ru
der zu etc-reifen, doch der Schiffer
achtet nicht darauf, er gteht seinem
bucklig Zum Diener um Steuer von Zeit
eine kurze Weisung dann ar
ktååt er r triftig weite-.
Its-ste- pkiieeud sie-« die
tm Lachen« Es sind
WMÆ reasettt
Max-Thule- M state-M vie
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deizttg hinter ipen schwanken, lie- I
gleitet von jenen s , at Misean
die iiberall da zu finden nd, wo iie
Leichen wittertn Denkt er. der zum·
: ersten Mal seine Ohnmacht gegen die »
? Allgetvalt des Ges ielej fühlt, daran. l
» daß er es ist, der a en diesen Jammer .
Da fühlt er etwas wie einen bren
nenden Blick, und er sieht in ein-dro
hendej Augenpaar, das aus ihn ge- l
richtet ist. Der Kaiser diillt sich fester "
in seinen Mantel nnd wendet sich av. s
Es ist ein Ringen um Leben und?
Tod. Jeder Moment droht den Un
tergang n bringen, und als man end
lich nach unsiiglicher, stundenlanan
Ansirengung in Mombach. einein
Dörfchen unterhalb Mainz landet. da
wagt man es lnntn. dein wiedergewon
nenen Leben ins Antlitz zu schauen,
den Herren ist zu Muth. als wenn
sie nur durch einen glücklichen Zufalls
detn Tode entronnen find. s
»Ich danke Jltnen,« sagt der Kaiser -
zu Greiffenllau, der von der unerhör- ·
tenAnstrenguna keuchend und schweiß- .
triefend mit Hilfe des Buckligen eben
den Nachen an’s Ufer zieht, um ihn
festzuleaen. »Sie haben Jbr Leben
siir mich ristirt, wollen Sie diesen
Ring als Andenken an diese Stunde
tragen und später zu mir kommen, da
mit ich Ihnen meinen Dank noch ganz i
besonders aussprechen lann?« I
Er hat einen Brillantrina vom Fin
aer gezogen nnd reicht ihn Greifer
ilau. Doch dieser würzt-tat die Gabe:
keines Blickes, er scheint die ausge
streckte Hand gar nicht zu sehen.
»Sie schulden mir nicht-S, Sire,«'x
saat er. »Was ich heut gethan, ist let
neH Dankes wertb, denn ich bezahlt-:
nur eine alte Schuld, nichte- weisen
Sie schenkten mir vor Jahan mein
Leben, ich setzte beut dies Leben füt«
Sie ein, das ist alles-" ;
»Sie sind sehr stolz, mein Herr,«?
versetzt dkk nassen .fm:- Sie aus«-pl
zu itali. um ein einfachss Danleswort i
anzunehmen?« Z
»Ich habe es nicht verdient. Sire,« :
i
heranfbeschworen hatt ]
1
erwidert der Freiherr, »der lleine
Dienst, den ich anen lieut erwiesen
habe. geschah nur deshalb, weil ichs
Niemand auf der Welt etwas schulden i
mag, weil ich frei sein will wie der!
Vor-et der unbehindert seine Bahnen;
zieht«
stark! Giedt es nach mehr Leute, die
so denten?« ,
»Vielleicht, Sire, ich weiß nicht.
Möglich. daß die Individualität der
Menschen verloren gegangen ist unter
den eisernen Zeitmrhältniisem mii -
lich auch, daß sie sich einesTages Ba n
bricht, um dann ais furchtbare Reine
fis ihr Rächeramt zu beginnen. Das
ist ein Naturgesetz.«·
Der Kaiser sieht dem Mann in der
groben wollenen Schifferjarte, der da
so imponirenv vor ihm steht, streng
und ernst wie das mabnende Schicksal
finster ins Gesicht. Es durchschauert
ihn. Vielleicht hört et wieder dac
Rauschen schwerer« unsichtbarer Flü
ael, der SchicksalsfliiaelS Er wirft den
Brillantrina dem Buckiigen zu und
wendet sich dann stumm ab. —
Noch lange sab Franz von Greif
fentlau den drei herren nach, wie sie
sich mühsam durch den wirbelnden
Schneesturm weiter-arbeiteten Er
dachte an ein Wort, das St. Jean
Andre, der alte Jatobiner. gesprochen,
nach einer Fahrt mit dem Kaiser in
Einer prachtvollen Pacht: «Jett ein
susztriit, und Europa täme aus den
Fugen. Nein, es bleibt immer ein
Mard.'·
Ost
Einige Tage später meldeten die
Zeitungen die fluchtartiae Durchreise
des Kaisers, und allmählich erfuhr
man alle Einzelheiten der furchtbaren
Niederlage der Armee. Und dann
I-k-a-- Its-· Qnmmfssfssnm III-poss
i
»Ah,« sagt der Kaiser. »das ist
i
«
» »... «,«........ ........,» -..-... -
der gewaltigen Heerfäulen, Isie so fie- "
gesqewiß ausgetogen waren. und nun s
wiederkehrtm ein entfetzlicheg Bilos
von Elend uno Noth. .
In Maine füllten sich Die Li.-1iarek:e,
und viele, Die weiteringen nachFranl .
reich, Ver engeren Heinxath zit, blieben «
sterbend am Wege lie;en. II gab es
unfäxilichen Jammer, Joenn Der thte
Zoltn oder Bruder heimkehrte Il
Sterbenoer over für sein Leben gie
brochener Mann. Doch nun ahnte
nicht« Daß dies nur die Vorlänier eva
» ren von tommenoen noch schlimmerm
’ Zeiten. —
Sechzehntes Kapitel.
Trotz cill dieses Elendes war im
Haufe oeä Baron-) von Reisender-g kein
Winter so freundlich vergangen wie
dieser. Jetzt gab es fiir den Kranlcn
teine einsamen Abenve mehr, wenn
«» bei dem Schein der hohen Sinn-abu
« lampe ein appetitlichet meiß auf dem
sTilch stand, und ihn qetäuschlofes
Walten umgab. Dann ruhte sein Blick
nicht mehr mißttauifch prüfend auf
dein jungen Geschöpf. Es lag jeßt
Wohlwollen und ein wärmetez Jn
teeesse darin
Bis fest hatten sich alle vie schlim
men Bessechtnngen nicht erfüllt, mit
denen et ihrem Kommen entgegenge
sehen, und fee war doch nun monates
lang in feinem Hause. Und am Weih
nachtiabend. der sonst file ihn vergan
gen eva- lvie jeder andere Tag, öffnete
Billet net ihm die lange veischlosien
gewesenen säume des Speifezlmnere
nnd bot ihm dann bilfreich den Nenn
Eine Mille m Licht fees-m ihm
«GI
-III I« sehst
.«.«37i-I esse-g M
»Es ist Beide-Entade sagte
das Mädchen
»Ach Uns-unl« derseste der Baron
lteß sich aber doch geduldig . in das »
Eszinrmer fiihrern :
Da standen auf blendendem Das «
malt die schweren silbernen Armleuch
ter der Familie. eine Fiille von Blu
men fchmttckte die Tafel, und ein üp
pig dliidender Rosentopf. den Billet
lange und sorglich gezogen, stand vor :
dem Plas des Hausherrn, dazu aller- J
lei Backwerl und feian Catria-L 1
»Weder hat Sie das?« fragte der
Baron.L !
»Ich fand ein altes Kochbuch in ei
ner der Anrichten.«
Richtig, das Kochduch seiner Mut
ter. Dies Confect nach den alten Re
cepten hatte in seiner Kindheit und
ersten Jugend fein Herz entzückt.
Und nun saß der Baron nach lan- I
ger, langer Zeit wieder einmal in demi
schönen, eichengetäfelten Raum, anf
den Anrichten glänzten kostbare sil
berne Gerathe, von den Wänden grüß
ten verdunlelte Bilder und im großen
Kamin flammte ein helles Holzfruer.
Das Lauten der Domglocken klang
wie ein Gruß aus einer anderen, schö
neren Welt herüber. Es war wie ein
Traum aus längst verllunaenen Kin
dertagen, der den einsamen Mann
umfing.
»Aber ich mag nicht allein essen,·'
sagte er jetzt, als ihm Bill-a zartes Ge
iliiael mit aefchickten Fingern zer
theilte. »Sie kann sich mit andcn
Tisch scßcll.« .
Bescheiden nahm das Mädchen
Platz. und nxtn saßen die beiden sich
argeniiber, die sich durch die Bande des
Blutes so nahe standen und durch diel
Satzungen der Menschen doch so fern
blieben. «
Nach dem Adendessen faaie der Dz
rdn: »Das hat Sie gut geinnck)t.«
Und als er dann später arti feinem
bequemen Lager ruhn-, müde nnd
traumielia nnd in d»em mohlägemGes
L
HIUL DIE Ihm Dck Gast-Unsinn murik, «
da hörte er aus der Ferne von einer
süßen, hellen Stimme das uratte
Weihnachtslied: »O Du feliae, fröh
liche, gnaoenhringende Weihnachsf
zeit!« «
Unter den sanften, leiie verhallen
den Tönen entichlummerte er allen-j
lisg, und der Traum spann sich fort
und führte ihn zurück in die glücklichen
Jahre der Jugend. Aber die Erin
nerung daran erfüllte ihn nichts mit
Bitterkeit wie sonst, er fühlte sich woh
ler und hoffnungsreicher am nächsten
Morgen.
Später fand Ban auf ihrem Plan
ein einfaches goldeneIKreuz an schwar
zem Sammethandr. Sie wagte nicht
es anzurühren. bis der Baron zu ihr
sagte: »Das isi für Sieg wenns Jhr
Freude macht.·'
»Für mich?« . ,
Sie fah ihn zweifelnd an und als er
bejahend nickte, da füllten sich ihre
Augen mit Thränen und sie küßte ihm
dankbar die hand. Er ließ sich dies
mal den handtuß geduldig gefallen
und strich sogar leife über ihren blon
den Scheitel.
»Ich glaube, Du hist ein ganz gujes
Kind-I sagte er dann.
Zum ersten Mai hatte er sie »Du«
genannt, und nun blieb es dahei.
Er hatte das Kreuz aus vekn
Schmucklaften feiner Mutter genom
men, als die einfachsie der darin ange
hiiuften Kaitharteiiem Aber Pisa
durfte das nicht erfahren, sie hätte sich
vielleicht etwas daran eingehildet, so
meinte er.
Von diefem Tage an mußte sie seines,
Mahlzeiten theilen, und die Lilitahlzek1
ten wurden auch ferner in dem schön-n T
Eßzinmer eingenommen, nnd Ia B.«..I.:
qestans, das-, iie die Ziiiiaerin de
Weibnachtilieoeg gewesen, tin-site sie
ihm Abends öfter vorsinaen Eis
waren nur einfache Lieder, Die sie sich
auf einer alten Finitaree mit schlicht-n
Accorden bealeioete,ader ihre helle, süße
Stimme durchtlang den weiten Raum
Toie Engeliaesana. «
»Warum lachstDu niemals?« stagie
der Baron sie eines Tages in so vo:
murföddllem Ton, alk- habe sie etwas
Böses begangen.
Sie sentte wie schuldbeivuszt den
Kons. »Bei-teilten Sie, herr, ich will
es oersuchen.'«
»Ach was, das ist eine dumme Ant
wort. So etwas versucht man nicht«
man thut es, weil man gar nicht an
dersgtanm wenn man jung ist.'·
Btlla hätte jetzt wohl allen Grund
gehabt, mit ihrem Schicksal zufrieden
zu sein. Der Baron war jest so gütig
argen sie, wie er es überhaupt seen
;tonnte, und wenn sich das auch zu
Ltveilen aus eine etwas sonderbare Art
Eiiußerte, so kannte sie ihn nachgerade
sgut genug, um diese Art richtig tu
;verstehen. eSie schnitt-te und waltete
in seinem Hause als unnmschräntte
Gebieterin, und doch toar sie nicht von
herzen froh. War ei ihre traurige
Vergangenheit, die sts noch immer nicht
iabstreisen konnte, oder das furchtbare
gElend, das ihr täglich aus Schritt und
tTritt entgegentratc Sie suchte dies
lElend zu lindern so viel ei in ihren
Mrästen stockt-, sie opserte ihre ganze
Baarschaft und gab von dein Ueber
sslns des Hauses, eoas entbehrt wer
den konnte.
Als sie den Baron schüchtern am
kseine Erlaub-it da n hat, da schnaubte
ser Mitwelt-« u iad « iste
gksient, warum staa- Du m not-littn
i sit- uiom u- m ihn spie m
hilseslehenden Blick an. den er san
seither her kannte.
»Komm her,« sagte er jetzt ganz
sanft. »Hier isi der Schlüssel znen
sSecreiiih nimm, was Du brauchst
Thu’ damit, was Du willst, nnd nun
. .
last mich in Wohl«
Ihre Danleiworte wies er lurz ab. «
Und wenn sie dann ihre Gaben tn
die Lazarette brachte, dann irrte ihr;
angstvollet Blick suchend— über die blei
chen, entstellten Gesichter, aber sie sand «
nicht, was sie suchte. Und in der
Nacht, in der Stille ihres Zimmers -
rang sie die Hände imGebet nnd weinte s
heixe Thriinern —
rau Pilz ihre alie Gönnerin, he
suchte sie von Zeit zu Zeit und brachte
ihr Nachrichten aus dem Falt’schen
hause. Sie war stolz aus ihren
Schätzlina, den sie doch eigentlich
entdeckt hatte, obgleich alles gegen das
Kind der Eva Zech gesprochen.
Welche Stellung die Ban in dem
reichen Hause einnahm, wie hübsch das
Zimmer war, das sie bewohnte, alle
Möbel von dem kostbaren Mahagoni
holz. Und wie die Ban mehr und
mehr zur Dame wurde! Eigentlich
hatte sich in ihrem Aeußeren nichts
verändert, sie trua wie immer ihre
hellen Kleider von einsachem Stoff
und Schnitt. und ein ichlichtes weiszes
Miisselintnch um die Schultern. Aber
ihr Wesen hatte etwas so Apartes.
Die Magd tarn herein, um sich eine
Weisung zu holen. und Billa aab ihre
Jlnoranangen mit der Witwe nnd
Sicherheit der Hausfrau, deren Auto
rität gar nicht angezweifelt werden
tann. lind die Magd· dass srar is.
Christine, die frrche Person. Aus-— der
aroben Baaernoirne war ein verstiin
diaes Weib txt-worden« laut-er geliebte-,
das Billakz Anordnungen semiighiq
hinnahm.
»Wie leimmst Du in der schlechten
Person-Z« fragte Frau Piitz erstaunt,
sti- Ctniitine dag- Ftimtner verlassen
hatte.
»Sie ist nicht schlecht das Schicksal
hat sie erzogen,« lautete die Antwort.
»Ihr elendes Kind starb aleich nach
der Geburt; ich nahm mich ihrer an,
denn sie war unglücklich Sie ist mir
treu ergeben-»und ainae siir mich durchs
Feuer. Und wenn ihr rasches We
sen iiber sie lommt, so genügt eianrt
um sie zur Besinnuna zu bringen«
»Du bist 'ne Hexe," riei Frau Piih
ärgerlich. »Und machst aus den Men
schen was Da willst!"
Aber die Nachrichten. die FrauPiiß
aus dem Falt«schen Hause mitbrachte,
lauteten mit der Zeit immer trauriger.
Die Schreiopulte in den tsomptoirs
waren verlassen, das Geschäft ruhte
sast ganz. Man hatte keine Arbeitg
lriiste mehr nöthig, denn das wenige.
was erledigt werden mußte, tonnten
die beiden These-i allein bewältiaen
(Fortsehung solgt.)
-—--—-—
Der Ostens gegen dte sahn-tin
Alljährlich im Herbst, in den Mona
ten September und Oktober, wird die
römische Campagna von der Malaria
heimgesucht, der jährlich in Italien e
gen 15,000 Menschenleben zum Op er
fallen. Es ist noch nicht lange her, seit
man den Ursachen dieser regelmäßig
wiederkehrenden Epidemie nachge
sorscht und ihr entgegenzuarbeiten be
adnnen hat. Gegenwärtig bringen aber
die medizinischen Kreise der Angelegen
heit lehhastes Interesse entgegen, und
reiche Wahlthiitet spenden die Mittel,
der Krankheit auf ganzer Linie entge
genzutreten. Vor allem ist es das
italienische Rathe Kreuz, das aus die
sem Gebiete seit zwei Jahren eine große
und-segensreiche Thätigteit unter der
Leitung des Dr. Oreste Sgambati ent
c-Ie-e III-L å««l;--;«««Is- Missis- svsns I
itebt unter dein Vorsiy des-— Zenators
Innern-en Tiesein nn: dem Professor
Postenmöli iit es en danken, daß die
nöthiae Amt-til non Aeriten nnd das
nmsanareiche nnd tostfpielige Material
beschafft werden tcnntm um den
schwierigen Feldzua qeaen Die tiiaische
Krankheit ans rationelle Weise durch
rusiilirm Das Operationgaebiet in
der Campaana umfaßt einen Raum
don etwa-— über eine halbe Million
i
Acre5. Tie Bewohner sind zum gro
ßen Theil Noinatenx sie führen das
ursprünaliche Wanderleden der hirtem
nnd ihre Behausunaen find nur siir
vorübergehenden Aufenthalt berechnet.
Nur etwa 9000 Menschen wohnen das
ganze Jahr hindurch in denHiitten und
häusern der Campagna. Zur Ernte
und Saatzeit dagegen steigt die Be
völkerunaszisfer auf 32,000. Die
HHöchstzahl der Einwanderer wird alle
mal aerade in den Monaten erreicht,
wo die Malatia am heftiglten wüthet:
vom Juli bis November. Dann kam
rnen aus entfernten Gegenden der rö
mischen Provinz die tagelöhnernden
Bauern unterLeituna der »Caporali«,
der Unternehmer oder Jmpresarios,
wie man sie nennen will. Jrn Futen
unter Zelten oder in armseligen hüt
ten finden sie Nachti Untertunftz nach
Sonnenuntergang aber erscheinen die
dichten Schwärme der Stechmiieten,
die man nun als die eigentlichen Ver
breiter der Mataeia erkannt hat, und
fallen über die Schlafenden bee. Das
Rathe Kreuz nun hat in der Cam
paana sechs Sanitötistationen errich
tet. jede mit einem Sanitätsossizier
nnd zwei Schüssen Ein Ambnlanz
many der acht Personen ausnehmen
kamt und auch die nöthigen Instru
mente. Lebensmittel und eine Apothete
enthält, hebt jeder Statian zne Verfü
auna, daneben noch ein letchterer Wa
gen. Mit diesen Julien-eilen wird das
O
i
aanze Gebiet täglich zweimal abge
suchtx denn bei der Jndisserenz der Be
vslkeruna darf man nicht erst warten,
bis die Leute selbst zurn Arzte korn
men, selbst wenn er ihnen unentgeltlich
zur Verfügung steht. Die Aerzte des
Rothen Kreuzes nehmen sieh der Fie
berkranken eifria an, versehen sie mit
Chinin, theilen dies auch zum Zwecke
der Prophylare den Gesunden aut,
ferner Lebensmittel und geben Anwei
iuna, wie die Stiche der Moslitos zu
behandeln sind. Die Aerzte und Ge
hiilfen schlafen stets unter einem sei
nen Schutznetz und tragen dieses auch
bei ihren Ausgänaen bei Sonnenauf
und Untergang. Bis jeyt ist von ihnen
noch keiner vom Fieber erfaßt worden.
Jrn veraanaenen Jahre hat das Nothe
Kreuz in der lfampaana 4513 Perso
nen verpflegt, wovon 3751 Malaria
lranle; 306 wurden ins Spital nach
Rom aedracht. Dieses Jnhr wird der
Feldzug noch umfassender durchge
führt. Die Bevölkerung erkennt die
Bestrebunan des Rothen Kreuzes be
reits danlbar an.
Die Landleute kommen jetzt in im
rner größerer Anzahl zu den Statiu
nen, um die Hiilfeleiitnng der Aerzte
nachzusuchen Sie haben sieh über
zeuat, daß man dem Fieber, auch wenn
es schon einen hoben Grad erreicht hat,
in wirksamer Weise entge entreten
lann, wenn inr richtigen « eitpunkt
Ckbinin aeaetsen wird. Professor Pto
irernvsti. der Direktor des aaneen
Dienstes, iiifvicirt fortgesetzt die Sa
nitäteitntionen, überall Rath und Un
ter-stütztan Trinacria Jn seiner Be
aleitnna befindet sich gewöhnlich Gene
ral Taderna.
Vielleicht ift die Hoffnung vorhan
den, Daf-. durch die Wirtfarnkeit des
Reihen Kreuzes in absehbarer Zeit
einmal die tsarrrpagna wieder zu einer.
beipölterten Genend wird, wie sie es zu
Römerzeiten wart eine fruchtbare
Miene, mit bliibenden.St«cidten und
Ortschaften an Stelle der Wiistenei,
die es ießt ist, in der nur noch die Rai
nen der mächtigen alten Viadukte und
die Gräberreite der appifchen Straße
als Zscllchl Icllck Dclllllllgkllcll Picc
lichteit in die Gegenwart hineinragen
Gegenwärtig ist die Wiederdesiedelung
der Ebene freilich auch noch eine schwie
rig zu lösende Geldirage.
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Vergeben
Vergiebst du nicht im Leben,
Wird Gott dir nicht vergeben!
Die ernste Mahnung dieser Worte
sollte nicht nur mit Flammenschrift in
dem Herzen der Erwachsenen einge
graben sein, sondern auch im zarten
Kindesalter bereits die erforderliche
Berücksichtigung finden, und Eltern
und Erzieher sollten mit allen Kräften
dahin wirlen, die bösen Regungen von
Neid, Haß und Nachsucht in der wei
chen Rinderseele zu unterdrücken. Wie
häßlich entstellt der Zorn ein junges,
liebliches Gesicht! Verzerrt und absto
stend wirten die reinen kindlichen Züge
und der Grund zu dem --— Gott sei
Dank meist recht schnell vorübergehen
den Groll? Irgend ein unbedeutender
Anlaß, ein dersagter Wunsch, ein ver
weigertes Spielzeug »Ich bin bose
auf Dich!« »Mit Dir rede ich nie
mehrf« Diese Worte bat man häufig
Gelegenheit zu hören, und meistens
schließen sich ihnen noch eine Anzahl
beleidiaender Schimpfnamen an, ge
dankenlos im Zorn bervorgestoßen,
auch von Kindern besserer Stände, die
diese von Dienitboten oder aus der
Straße erlauscht haben.
Kleine Anliisse —-— große Wirlutp
aen! Wie ost entzweit der Zank der
Kinder miteinander eng befreundete
Familien, Denn statt der Sache auf
den Grund zu gehen nnd die Kinder
ihre-J unoenrrjnlichen Wesens halber
zu tadeln, iviro oon ten beiderseitigen
Miittern ihren Lieblingen tapfer bei
qeitanden. ob auch die jahrelange
Freundschaft darüber in die Brüche
geht. »Ni« nicht noch-geben, Ivenn
man im Recht ist,« so dentt jede der
streitenden Parteien, und doch wäre es
die Pflicht dessen, der sich schuldloö
fühlte. die ileine Bitte auszusprechen
»Sei wieder gut!«
O, iiebe Mutter, die Du Deinen
Kindern als unanfechtbare Autorität
giltftffei ihnen ein edles Vorbild in
verzeihlicher Liebe, dulde nicht Zorn
und Unversöhnliehteit, suche ihnen das
schnelle Beleidigtweroen und Em
pfindlichsein in der Jugend abzuge
wöhnen, —- Du ersparsi ihnen fiir ihr
später-es Leben dadurch manche herbe,
teuevolle Stunde. Nicht immer wer
den liebende Mutterhände ihnen den
Wen ebnen, mißlirhe Verhältnisse und
abhängige Stellunq bleiben Wenigen
erspart. Da heißt es viel Selbstver
leuanun und Ueberwindung üben,
nicht i es rasche, nnbedachte Wort
als persönliche Kränkung ausfassen
und stetsein freundliches, beherr chtes
Wesen zeigen- Das Schicksal n mmt
tecne Hineisicht auf Gefühle und leicht
Vttledltche Empfinbun en, aber es
itrait·Gtoll und Unvers hnlichteit sehr
oft mit« lebenslanaer Reue, — darum:
gäislerzeic Dir nichts nnd andern
e .
—
Die Stock - Engländer von Mon
treal haben der herzogin von York ein
noldenei Abornblatt, das Symbol der
Stadt, geschenkt. Die Emaille baran
hatte ein Rasse hergestellt, die Sehn-li
rtung mit Diamanten und Perlen ist
das Werk zweier Deutlchem Daher
dveäälame zuglifches Kunsthanbs
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