Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, October 18, 1901, Sonntags-Blatt, Image 9

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    Sonntags YOU
Beilage des »Nu- nska Staats-T)lu;etge1 nnd Hero l.d«
J. P. Wiudolph, Herausgehen and Island, chbr., den 18 Let. IWL Zahl-gnug 22 No. 7.
,if
Es kommen süße. flüchtige Minute-n
Po jeder Herzschlag nur glückaltnend beist
Wo Schmerzen fliehen, die mich sonst
· durchalntdem
Wo singend, strahlend Freude aufwiirtd
schwebt.
llud tvo die Zchwertnuth wie ein Traum
entweicht
—-— Dann scheint das Leben mir unendlich
leicht!
Es tomtnen dunkle-. fiir.oterliche Stunden
Wo meine Seele tief nnidiiitert ist.
Und nso aus alten, liiugitvermirbten
« Wunden
Cur Ztrorn von Herzblnt nnd von Thra
nen flicszt,
Und too mein Herz so voll und doch so
leer —
-——s— Dann scheint das Leben mir unendlich
«schtverl
— Wie kommen solche Stimmungen ge
zogen,
Tasz tvir bald elend find und bald ent
zückt? —
— Ich fürchte euch, ihr ungestümen Wo
gen
Weil euch die Seele machtlos unter
lieatl ,
-—— Jhr kommt so eilig, flieht so scheuen
Blicks «
Und seid die Nornen menschlichen Ge
schicke-. E
——.-—-—-·
Das verhinderte Duell.
Erzählung von tlarl v. Roderi.
»Und jetzt, wo Mutter draußen ist,
könne wir..... Was, Du bist auch
schläfrig, und möchtest Dich legen
gehen? Ja, das kannst Du gerne thun,
mein Junge, aber erst wollen wir über
die Sache reden, die Du morgen dor
hast. Was? Du haft nichts vor? Du
begreifst nicht, was ich meine? Hm
Du denkst vielleicht nicht daran, Dich
mit Gartschos zu schießen? Nein? Nun,
so lange ich’5 noch verhindern kann, soll
es auch nicht geschehen. Nein, nein,
verlaß Dich drauf. Und wegen eines
Balletmädels, nicht wahr? Wegen
Anna Solevna. Das ist der Mühe
werth! Man schießt sich mit seinem be
sten Freunde, weil . . . . Ra ja, weil die »
Liebe stärker als die Freundschaft ist.
Und das nennst Du Liebe! Und es ist
gerade so, wiss Freundschaft sein
kann, wenn man ans den, den man
Freund nennt, laltbliitig die Waffe
richtet. Was aber das heißt, das tveifzt
Du nicht, und ich.... ich wiirde die
zweiundachtzig Jahre meines Lebens
drum geben, wenn ich auch es- nicht
wüßte.
Romm’, gieb mir mal das Kistchen
da runter; so, da ist der Schlüssel.
Machg auf; Deine Finger sind noch
nicht so steis als die meinen. Was liegt
darin? Briese... Nein, Du brauchst
nicht zu lächeln; es sind keine Liebes
briese. Die hab« ich alle verbrannt, eh’
Du aus die Welt tamst. Du siehst, es
ist ’ne Männerhand, die sie geschrieben.
Und was ist das-? Ein Taschentuch
Sehr gelb, nicht wahrt Und es ist auch
kein Wunder, es liegt seit ztveiundsech
zia Jahren schon hier drin, und zwei
undsechzig Jahre sind sür so ein Ta
schentuch sehr viel. V. V. ist es ge
zeichnet und wie sind die Briese unter
schrieben, die Du in der hand hältst?
Vasili Varestin ist auch das Tuch hier
und Vasili Varestin war der beste
Freund, den ich gehabt habe.
Wir waren Freunde von Kindes«
beinen an, denn die kleinen Gütchen
unserer Eltern grenzten aneinander.
Als Vasili zwölf Jahre alt war, ver
tausten seine Eltern ihr Gut und zogen
nach der Stadt. Andere Kinder ver
aessen unter solchen Umständen ihre
Spiellameraden meist, ich aber hing zu
sehr an ihm und Vasili Varestin war
auch nicht so wie andere Kinder. lsr
schrieb mir viel und ost, und seine
Briese waren mein kostbarstkr Schatz.
Jch hatte ja sonst Niemanden als ihn,
meinen Freund. Keine Brüder, keine
Schwestern, die Mutter todt nnd mein
Vater, der wollte nicht viel von mir
wissen, weil ich schivächlich war und
nicht so toll mit ihm durch die Steppen
reiten tonnte wie er wollte. Vasili war
somit der Einz· e, der sich im Grunde
um mich kiimm te und ich glaube, das;
er es war, der mir die Kraft gab, die
schrecklichen, einsamen Jahre zu über
stehen, die ich mit meinem Vater aus
Ostroga verlebte. Aber auch das Leben
sollte ein Ende nehmen« Jch wurde et
was trant und mein Vater, der un
ruhig wurde, ließ mich nach Petersburg
bringen, um einen berühmten Arzt zu
contulnren
Schläfrig? Nein, schläfrig brauchst
Du nicht zu werden. Du wirst gleich
sehen, warum ich Dir die Geschichte
erzähle.
Jn Petergburg suchte ich natürlich
sofort Varestins aus und sand Vasili in
gar nichts verändert. Jch erholte mich
schnell. Aber ich glaube, es war weni
ger die Kunst des Arztes, als die neue
Umgebung, das Leben, dac- ich durch
Vaseli kennen lernte, die sonnigen
Lichtseiten, die das Leben uns bietet.
Und so ging die Zeit in Glück und
Freude dahin, bis-die Sophia Pe
trotvgta nach Petersburg tam. Sie
war der ,,Star« jenes Jahres. Sie
nabm Petersburg im Sturm gefangen.
Sie war aber auch das schönste Wesen,
das ich in meinem ganzen Leben ges
sehen. Man erzählte sich, dasz sogar
der Zar wahnsinnig in sie verliebt sei,
und wir glaubten es, denn wie waren
es Alle· Auch ich, auch Vasrli. Natür
lich lag ihr an uns nicht sonderlich viel.
Wir konnten ja an Neichthum mit den
Anderen nicht wetteifern, und bei sol
chen Weibern — nein, bitte, unterbrich
mich nicht — kommt es nur aus Geld
und Diamanten und Toiletten an.
Aber auch an den übrigen Anbetern lag
ihr nichts und als sich einer erschofz,
lachte sie und sagte: ,,er macht Platz
für die Andern«. Ja, fa, mein Junge,
so sind sie. Aber Vasili war jung und
fesch und sie amiisirte sich mit ihm und
ich war toll in sie verliebt und sie machte
sich lustig über ihn. Und Einer, der
unsere — meine und Vasilis Freund
schaft kannte, —- wettete mit ihr, daß
selbst die Liebe zu ihr unsere Freund
schaft niemals erschüttern könne.
,,Wirtlich?« fragte sie, »und was
soll die Wette gelten?« —- ,,Eine Dia
mantenriviere.« —- ,,Gut.« Und der
Handel war geschlossen. Vor Allem der
suchte sie Vasili auf mich eifersiichtig zu
machen. Es gelang ihr nicht. Da ver
änderte sie ihre Taktik. Sie that mir
gegenüber so, als ob sie mich wirklich
liebe. Sie lief-, sich überall mit mir
sehen, im Schlitten, im Ballsaal, über
all. Und Plötzlich ließ sie mich stehen
und begann dasselbe Spiel mit Vasili.
Erst begriff ich es gar nicht und suchte
sie aus. Aber ich ward nicht dorgelas
sen nnd dann... fuhr sie mit Vasili
in ihrem Schlitten vorbei. Und so
ging es weiter, und ich war in Peters
burg unglücklicher,einsamer und verlas
sener, alg ich es in Ostroga jemals ge
wesen. Und die guten Freunde bemit
leideten michJPöttisch und sprachen
über Vasili und Sophia Petrowsla
und zuckten die Achseln und deuteten
an und —- machten mich rasend. Und
IV J v« s-- ---h —««l«d4 Ihm -å »
IW ers-sei ou »sp- »Im-»O
Scenr. Jch nannte ihn einen Lügner;
einen-Betrüger, einen Heuchler, einen
ehrlosen Schust. Er drehte sich um.
»Ich lasse Dich allein,« sagte er, »bis
Du ruhiger bist. Dann können wir
sprechen.« Und er wollte gehen. Jch
aber packte ihn und hielt ihn zurück.
»Zchust,« schrie ich, »Du wirst mir
Rechenschaft geben!« Er aber sah mich
von oben bis unten an, machte einen
Schritt aus mich zu und hielt dann
inne. ,,Nein,« sagte er nnd drehte mir
wieder den Rücken, Mit das Zimmer zu
verlassen. Da packte mich vollends die
Wirth. »Feigling!« schrie ich nnd
stiirite aus ihn zu, nnd ehe er sich um
wandte, schlug ich ihm mit der Faust
in’5 Gesicht. Er wurde todtbleich.
Mit fester Hand packte er mich, wie mit
eiiernem Griff, mich unischließend,1ind
die Thüre öffnend, setzte er mich hin
aus. Jch stand da wie ein Wahnsinni
ger, wie ein Verbrecher, der sich seiner
Missethat jetzt erst bewußt wird, und
schlich hinab· Jch ging nach einem
Hotel und schrieb ihm einen Brief, das-,
seine Setnndanten mich da nnd da sin
den konnten- Jch selbst suchte zwei
Freur.«e, die in der Sache iiir mich
handeln sollten, denn ich glaubte na
tiirlich bestimmt, er würde mich for
dern. Allein ich wartete vergebens-L
Ich wartete zwei volle Tage. Und die
aeniigten, um mich wieder in wahnsin
nige Wuth zu versetzen und mir meine
Handlung-weise als die einzig richtige
erscheinen zu lassen. Denn ein Feig:
ling war er, das war jetzt doch erwie
sen, und zu Sophia Petrowsta ging
er noch immer, der Schutte.
Jch ging also nach seinem Eli-b, dem
Eerclc de Paris-. Eg war Abends. Er
ins-, da und spielte Ratten· Jch ging
aus ihn zu und iraate ihn, ob er ge
sonnen fei, siir den Schlag Genugthn
una zu fordern, den ich ihm gegeben.
Er sah mich groß an. »Schlag?«
iraate er. »Ich weiß von keinem Schlag,
den Du mir gegeben. Und da oerzerrte
sich mein Gesicht und ,,so?« schrie ich,
,.nun, dann ist hier noch einer« nnd
schlug ihn wieder aus die Wange.
Jetzt blieb ihm natürlich nichts
übrig. Er forderte mich. Die Bedingun
usIU essen pun
aen waren die schwersten Eine Piscote
wurde scharf, eine blind geladen. Das
Loos entschied und schießen sollten mit
über das Schnupftuch.
Mir war alles Recht. Daß er, der in
Allein Glück hatte, es auch diesmal
haben würde, das wußte ich und es war
mir tlar: er würde mich niederschießen·
Aber was laa daran. Was lag mir
noch am Leben! Nicht so viel! Am
frühen Morgen trafen wir uns aus
dem Terrain. Vasili war mit seinen
Setiindanten«schon da, als ich ankam.
Den Versuch der Versöhnun« wies ich
zurück· Jch wollte sterben. Sie Pisto
len wurden geladen. Vasili gab seinem
Zetundantenein Taschentuch, dasselbe,
das hier liegt und über das wir schos
sen. Zwei Sekundanten hielten das
Taschentuch an seinen Zipseln und bil
deten so eine Barriere damit zwischen
mir und Vasili.
»Seid Ihr bereits«
«-I a««
Jch stieß das »ja« heiser hervor. Va
fili sagte es llar nnd ruhig.
Aus ..zehn« sollten wir schießen. Eine
Einigkeit schien’s. Eins . .. lzwei. . ..
drei. —- Endlich aus neun hob ich die
Waise und legte den Finger an den
Drücker·
»Zehn« und im selben Augenblick ein
KnalL Vasili war gestürzt. Die Se
lundanten waren um ihn beschäftigt
Der Arzt kniete vor ihm hin und unter
suchte die Wunde und schüttelte den
Kopf. Jch stand da in wahnsinniger,
sassungsloser, entsetzlicher Angst. »Va
sili,« schrie ich. Und ich stürzte zu ihm
hin und ergriff seine Hand und dachte
an nichts mehr, nicht an Sophia Pe
trowsta, an nichts, nur an ihn, an
meinen Freund, den ich erschossen. Und
,,Vasili« schrie ich aufs Neue und da
schlug er die Augen auf und lächelte
mir zu und drückte mir die Hand Und
war todt. Er, mein bester, liebster,
einziger Freund.
Gicb mir das Taschentuch her, mein
Junge. Was? es ist naß und Du hast
geweint. O, dann ist noch nicht Alles
verloren. Dann gehe hin, gehI hin,
mein Sohn, zu Deinem Freund, und
sage ihm das eine Wort, das Dein —
Stolz Dir bisher verboten, das eine
Wörtchen: »Verzeih’«. Geh’... geh’
... reiche ihm die Hand und Anna So
levna laß laufen! . ..
...-—...—v
Die Arme de; Einwohner von zieren
und ihre uriosen Heilmittel.
Wie die Heilkunft in Korea ausgeübt
wird, schildert ein vorn russischen Fi
nanzministerium herausgegebenesBuch
Wie viele ihrer Kenntnisse erhielten die
Einwohner Koreas auch die ersten Leh
ren in der Medicin von China aus,
übertrasen aber in der Ausübung bald
ihre Lehrmeister. Gelehrte Aerzte giebt
es eigentlich nur in der Hauptstadt von
Korea, besonders am Hofe des Kaisers.
Um eine derartige Stellung zu erlan
gen, muß derOKoreaner mehrere Jahre
lang in Söul studirt haben. Ein 19
bändiges, etwa vor 2000 Jahren ver
faßteg Wert bildet die Grundlage des
Sudium5. Gewöhnlich vererbt sichs der
ärztliche Beruf vom Vater auf den
Sohn. Jn der Provinz wird er aug
geiibt von Leuten, die ein Mittelding
zwischen Arzt und Avothter sind. Die
Arzneimittel werden vielfach von dem
Kranken selbst bereitet, nachdem sie die
dazu nöthigen Kräuter und Wurzeln
und die Vorschriften der Zubereituna
vom Arzt erhalten haben. Eigenthüm
lich erscheint uns der Brauch, dass die
Aerzte ein Honorar erst bei der Ge
nesung oder beim Tode des stranten
erhalten, gleichviel wie lange diettranL
heit sich hinziehi.
Ins der Hauptstadt giebt es auch
weibliche Aerzte, da ein Mann niemals
zur Untersuchung einer vornehmen
Frau zugelassen wird. Die Hauptsache
bei der Untersuchung ist steig- dag Fiihi
len des Pulse5, dessen Schläge mäh
rend dreier Athemziige des Kranken
gezählt werden. Jst der Puls aepriift,
so kann sofort das Medicament der
schrieben werden. Die Arzneien wer
den gewöhnlich zum innern Gebrauch
verordnet, da äußerliche Mittel als
unwirksam gelten. Unter den stiirten
den steht die berühmte Ginsengivurzel
obenan, die eine hervorragenden Han
delsartiker bildet. Außerdem wird eiu
aus dem Geweih eines junan Hirsches
bereiteteg Pulver so hoch aeschätzt, das-,
der Glaube besteht, es tönne sogar dcu
Tod um einige Tage aufhalten. Von
der lttinsengwurzel werden verschiedene
Theile gegen verschiedene Firantlseiteu
gebraucht: das oberste Gtied gegen
Augenleiden, dag zweite Glied aeaen
allgemeine Schwäche das driite nnd
vierte gegen Magenlrantheiten und
lfrtältungen Europäer, die Versuche
mit dem Ginsengtranl gemacht haben,
haben sich nur ernste Entziindnngen
dadurch zugezogen.
Das Hirschgeweih, dem so wunder
bare Heilkraft zugeschrieben wird, dars
noch nicht ganz hart geworden sein.
Dein Hirsch, von dem es genommen
wird, muß der ganze Kopf abgeschla
gen werden, der dann in umgetehrter
Stellung zwölf Stunden aufgehan
gen wird, damit das Blut sich in’—:
Geweih ziehe. Letzteres wird dann
vorsichtig an einem kleinen Feuer ge
trocknet. Die Arznet bereitet man, in
dem man etwas von dem Geweih ab
schabt und das so gewonnene Pulver
mit verschiedenen Vilanzensästen
mischt. Hohen Werth hat auch mar
mes Hirschblut sowie die Galle und
Leber von Bären. Bedentliche Folgen
hat mehrfach die Fabel gehabt, das-,
auch die Leber eines Knaben einige
Krankheiten heilen könne. Es hat in
folgedessen ein besonderes Gesetz ge
gen Knabenniord erlassen werden miisi
sen, das das Verbrechen unbedingt
mit dem Tode bestraft. Die niedern
Thiere liesern Arzneien in großer
Zahl, und zwar solche merlioiirdigster
Art. Gestoßene Bandwürmer werden
gegen Augenentzündung gebraucht,
gepulverte Renentvürmer gegen starkes
Fieber, Gelbsucht, Halsentziindung
und Schlangenbiß. Aus Blutegeln
wird ein Mittel gegen Verstopsung
bereitet, aus gerösteten oder gekochten
Misttäsern ein Mittel gegen Erkal
tungen, Zahnträmpse bei Kindern und
Wahn-sinnszustände. Zu ähnlichen
Zwecken dienen Spinnen, Heuschrecken,
Heimchen, Seidenraupen, Austern,
Schnecken, Krabben, Skorpionen u. f.
w. Chirurgie ist ebenso wie in China
fast ganz unbekannt, mit Ausnahme(
der Nabelttichbehandlung, die einen;
gestörten Blutumlauf wieder in Ord- s
nung bringen soll.
Eigenakttge Auffassung der Pflicht bri
tifcher Offizicre in Süvnfrita.
Eigenartige Auffassungen britischer
Ofsiziere über Pflichttreue, Diensteiser
und Disciplin werden nach und nach
bekannt. So kam vor mehreren Mo
naten bereits der vielgenannte General
Pole-Carew nach Europa zurück. Er
verheirathete sich, empfing den in Eng
land so häufig oerliehenen Ehrensäbel,
Orden u. s. w. und lief; den Krieg
Krieg und de Wet einen guten Mann
sein. Ein höherer englischer Osfizier
schrieb hierüber: »Es ist recht bedauer
lich, daf-, Pole Carew nicht mehr in
Ziidasrita bleiben wollte, er ist einer
der besten Führer; alles wurde ver
sucht, ihn zurückzuhalten; aber wag
war zu thun? Der Mann hat ein
jährliche-S Einkommen von zehntausend
Pfund« Aus Pole-Earew’g Entschlie
ßungen scheinen auch Wünsche oder gar
Befehle seiner Vorgesetzten gar keinen
Einfluß gehabt zu haben, er soll so
gar, ohne feinen Abschied eigentlich ge
nommen zu haben, abgereift sein. Von
, dem aus gleiche Weise aus Afrila ge
—
seierten Baden-Powell ist zu berichten,
daß er nicht unerhebliche schauspiele
risehe Talente besitzt; ihm ist der Bei
fall der Menge Bedürfnis;. Schon län
gere Zeit ist bekannt, daß er,als er in
dem genomsmenen Johannesburg beim
Betreten eines Coneertsaales mit fre
netischem Jubel begrüßt wurde, ohne
weiteres aus die Bühne hinauslleiterte
Und ein drolliaeg Lied unter Marti
rung der Harsenbegleitung aus seinem
ihn nie oerlassenden Zoazierstorl zum
Besten gab.
Ost hat man in den grösseren Städ
ten der Fiadcoldnie, des Oransefrei:
staates und oon Transdaal gehört,
das-. Lord Kitchener dieses oder jenes
bessere Hotel in eigener Person redi
dirte und den daselbst sich zu ihrem
Vergnügen aushaltenden Ossiiieren
die Wahl ließ, entweder sogleich zu
ihren sich irgendwo anders aushalten
den Regimentern zurückzukehren —
oder nach England heimgeschictt zu
werden. Die Unordnung ging so weit,
daß die Hotelbesitzer schließlich durch
die Ortscommandanien oerpflichtet
wurden, jeden Tag Listen der in den
Gasthäusern wohnenden Osfiziere ein
zureichm Osfiziere, welche nun länger
als zwei Tage im Hotel verblieben.
wurden dann höflichst ersucht, einen
triftiaen Grund für ihr Verweilen an
zugeben oder zu ihrem Truppentheil
iuriiciiutehren Eine aanz besondere
Abneigung scheint auch Lord Kitchener
aeaen Monolleks tu heaen. Man er
.tählt: Vor einiaen Monaten traf er
einen Ossiiier aus der Straße, der sich
mit einer solchen Glasscherbe im Auge
siir noch berückender hielt. Er fragte
ihn, ob er dag. Monocle zum Zehen
durchaus benöthiae. Die Antwort lau
tete besahend, woraus Lord Kitchener
erwiderte: »Das thut mir leid: Offi
iiere mit solchen schwachen Augen
kann ich nicht in Asrita aebrauchen.
Melden Sie sich noch heute bei meinem
Adiutanten zur Empfangnahmc Jklkes
Reisepasses nach England.«
Ein merkwürdiqu literarischco Ereigniß
in Paris-.
Ein Inerkwiirdiges literarischeg Er
eignisz hat sich in den letzten Wochen in
Paris vollzogen. Der Erfolg des
Sietitieioicz’schen Romnng ,,Quo Va
diS?« hatte bekanntlich in den Kreisen
der Nationalisten große Erbitterung
hervorgerufen. Daß nach Jbsen,
Björnson, Dostojewgty, Hauptmann,
d’Annunzio, wiedrum ein Anständen
ein »Barbar« in Frankreichs triumphire,
das-, ein fremdsprachiger Roman iiber
zweihundert Auflngen erlebe, konnte
nicht ruhig hingenommen werden. Ein
litterarischer Nationalist, sztontfortg,
beschloß, ,,Quo Boote-« ein nationale-;
Meisterwerk enstgegenzustellen »Ihr
bewundert (»Quo Vadii5«) donnerte
er in einem Artikel « nnd vergesset
ganz, das; Jhr in Lombard-, »anance«
ein unvergleichlich höheres Kunstwerk
besitzt.« Lombard? Man staunte. Wer
ist Lombard? Niemand kannte den Na
men-. Lebt der Mann? Es stellte sich
heraus-, das-, er vor mehreren Jahren
gestorben sei. Um so besser -—— dann
schadet es nichts-, wenn man seinen
Ruhm ausposaunt. Doch was istUZ
mit dem »thance«? Kein Mensch
wußte darauf zu antworten, Niemand
hatte es gelesen. Man mußte also auf
Treu und Glauben wiederholen, daß
es ein Meisterwerk sei. Eine gewisse
Presse machte es bald zum Dogma, daß
,,Quo Vadis« vielleicht fiir die Menge
gut sei, ,,Byzance« aber das Regal der
feineren Geister bilde. Seiner Un
wissenheit sich schämend, ging nun
mancher in die Buchhandlung: »Ich
bitte um Lombards Byzance.« Die
Commis öffneten weit die Augen.
»Wir kennen das Buch nicht . . —
,,Wass? Jhr kennt dass Meisterwerk der
französischen- Litteratur nicht? Les
sanspatriesi!«
Der Verleger Ollendorf merkte, daß
hier ein gutes Geschäft zu machen sei.
Er liesz bei den Antiquaren am Quai
ein altes Exemplar von ,,Byzance« auf
treiben und gab das Buch mit schönen
Jllustrationen von Leroux neu her
aus. Bald erfuhren die bedrängten
Bitchhändler, daß ,,Byzance« endlich zu
haben sei, und in wenigen Wochen wa
ren 40 Auflagen verkauft. Unter den
Hunderttausendem die nun das Buch
lasen, fanden sich aber auch kritifche
Geister, und für diese war es klar, daß
man die Leichtgläubigteit des Publi
kums mißbrauchte. Furchtfame Stim
’ men wurden laut, daß,,Bt)zance« nichts
. als verworrenes, unverdauliches Zeug
enthalte, und daß sein Roman mit
lRecht der Vergessenheit anheimgefal
len sei Endl ich erhob sich auch in der
Presse ein energischer Widerspruch, und
s Claveau zögerte nicht, den ganzen By
s zanke - Rummel im Figaro als ,,fu
misterie« zu bezeichnen. Damit fand
s das »sens sationelle litterarische Ereig
nifz« welches an Andersens Märchen
» ,,Des Königs neue Kleider« erinnert,
seinen Abschluß. Eine gute Seite aber
! hatte die Wiedererrveckung von »Bis
zanke« doch gehabt. Der Wittwe und'
J dem Bruder Lombards, welche in
J driiclender Armuth lebten, fielen plötz
; lich gegen 15,000Francs in denZchooß.
-
Verschiedene qcflüqelte Personcnnarncn
ini Gebrauch dco Volksmunde-L
i
; - -
! Namentlich bei Den geflügelten
Personennamen spielen Wahrheit und
Dichtung in stärksteni Maße ineinan
Der; Daher weichen hierin auch Die ein
zelnen Nationen nach ihren verschiede
nen Literaturen ab und gilt bei den
einen ein Name für typisch, Den Die
andern kaum kennen. Gemein sind
ung Die aus Der griechischen Mythols
gie und Der ältern Geschichte stammen
Den Gestalten, eben aus Dem Boden
unserer humanistischen Bildung. Um
am weitesten zuriickzugreifen steht
,,Eva« als die Neugierige Da. Die
,,göttlichen Jünglinge«, Die ,,Dios
turen« Kastor und PolhDeukeg sind
uns das Sinnbild wunderbaren Zu
samtnenleben5 und izchaffeng von
Männern, wie Goethes unD Schiller3,
Doch fehlt ihnen Dag sinnliche Liebe»
element oon David und Jonathan,
Don Oresteg und Phlades. »Faust«
gilt fiir einen Menschen, dessen Wesen
in griibelndem Forschungsdrange auf
geht; aber Der Goethesche Faust ist
das nur in seiner Jugend gewesen.
Sollte Dag zeigen, daß Der »Faust«
nicht iiber Die ersten Scenen hinaus
wirklich gekannt und empfunden
wird« Denn ,,75aust« ist Die idealste
Propaganda der ,,That«! Und Darin
ist er ein Gegenftiick zu »Hamlet«, dem
ilnihiitigen, Den Die Welt Des Gesche
hean mit Leid erfüllen muß. Von Dich
terifchen Gestalten sei noch Moliereg
,,.t·)arpagon« genannt, Der Geizhals-,
für Den in Riißland »Pljuschkin« ans
Gogols »Todten Seelen« steht unD
als fein Gegenbild »Tinion« Don
Athen. Der Menschenhasser, Der sich
Menschenhasz aus der Fülle der Liebe
trank. Und König »Lear«! Halb
phantastisch und ganz unbeiviesen,
aber den schwelgerischen Orient gegen
Hfisv Rom Ausssnsfixutn Inskqikswf »Ah-·
»».. ».... .,.......».,··. «...».».... »...
stellend, ist uns Eardanapast über
tommen; der patriotisehe Sinn wird
immer in ,,Leonida5« seinen Heiligen
verehren. Eine lebengheitere große
Dame der Haltuer heißt uns
»Phrhne«, ihr gegenüber steht «Dioge
nes«, als Mensch, dessen übertriebene
Genügsamteit alles verachtet. Und
einer, dessen Ehrgeiz, dessen Ruhm-«
sucht auch vor dem Aeuszersten nicht
zuriickschreckt, vor dem Verbrechen gro:
s3e11 Stils-, ist ein ,,Herostrat«. Der
zügellose ,,aristophaniscbe Witz« ist
ebenso sprichwörtlich, wie die ,,ana
kreontisehe« sinnliche Heiterkeit, wie
der »epituräisehe« weise Lebensgenuss.
Ueber ihnen leuchtet gemeinsam das
blaue irdische Firmament der ,,dionh
fischen« Freude. Der erste der »Ca
saren« wußte, daß man nach ihm Jie
gewaltigen Herrscher nennen würde;
er ahnte aber nichts von seinem rück
sichtslosen Namensdetter, dem »Bor
gia«. Daß der gelehrte Kurfiirst Jo
hann von Brandenburg sich nach ihm
nannte, hätte ,,Cicero« geschmeichelt,
aber wenig Freude hätte es ihm ge:
macht, den notizenreiehen Cicerone
bildunasdurstiger Reisender zu ma
chen. Die strenge Römertugend ist in
»Cato« der Ewigkeit gesichert. Aus
Zeus-orde
auch ,,Brocktsa115,-.
,,Kiirschner« qefliigelt sen-To.
-—.—-—— Fi
»Bavc mit Luft«, in einer Berliner Ge
richtoverhaiidlnng.
Wegen Beleidigung und Körper-ver
letzung mußte der Arbeiter Gustav
Ouanz sich in Berlin vor dem Richter
verantworten. Er hat der Frau seines
Freundes zwei Vorderzähne eingeschla
gen, als dieselbe in berechtigter Sorge
um ihren kranken Mann dem Quanz
das Verweilen in ihrer Wohnung ver
boten hatte.
Richter: Sie sind als giewaltthätiger
Mensch dem Gerichte schon lange ’be
kannt, wie Jhre Vorstrafen beweisen.
Was hatten Sie überhaupt in einer
fremden Wohnung zu schaffen.
Angekl.: Hoher Herr Jerichtshos,
die reene Nechsienliebe iH es jewesen un
mein Drang, mein leidenden Freind
Ede von seine Schwöche zu kurriren.
Un wenn det een Verbrechen is, denn
mechte ick am liebsten nich mehr uff die
undankbare Welt sind, denn tönn’ Se
mir gleich köppen.
Richter: Verschonen Sie uns mit
Albernheiten, das kann ich Jhnen nur
rathen. Haben Sie die Frau geschla
gen?
«O--H
Angeli Mee, vlojz rausschmeiszen
wollt se mir.
Richter: Weshale
Angeli Jck mechte jerne verdefedi
ren, un da will ick nu mit jnedije Er
laubniß Von janz von vorne anfangen.
Jct latsche so in de Invaliden rum, in
de Jejend von Stettinser Bahnhof, da
seh ick mit eenmal mein Freind Ede
ankomm. Wenn ick sage ,,ankomrn«,
missen Se nich etwa denken, det er
richtig anjesehliddert kam, i Jott be
wahre, man jekrochen is er. Mit seine
Latschbeene, dise er nich heben konnte,
rutschte er man immer det Trittoar
lang un von eene Laterne zu de andre
brauchte er jut un jerne ne jute Vier
telstunde. ,,Mensch,« sag’ ick nu
»Menschenskind, Ede, wie sisehste blos
aug, Du hast ja ’nen krummen Rücken
wie son hochherrschastlicher Diener un
Dein Deetz der wackelt uff det Hälse
len wie ’ne ausjeleierte Kasseemiehle.
Mensch, wat is mit Dir log?«
Un da stinat nu Ede an zu wenen,
Det ja aleich mitheulen mußte un er
erzählt mich Von fein jrauen Elend,
aber nich etwa det’5 er von Deliirjum
tlemens behaftet ig, nee, blon det ihm
det Podajra, Die olle Jicht, sämmtliche
Knochen zermerschelte un det er sich so
vorkäme, wie’n Stiele Hackefleesch. Der
Verjleich paßte nu nich recht, denn von
Fleesch war bei mein Freind Ede nich
mehr ville zu sehn. Nu missen Se wis
sen, ick habe mir immer mächxig for de
Dottorei feintressirt, also sage iel zu
tfdem »Was-»te- wat, bade mal mit
Luft!« »Qnatsch!« Jek sage, det is
teen Quatsch, lasse mir ’n Markstiick
Von Even jeben un loose Luft. Denn
brinae ict ihn zu Mutterten ruf in seine
Wohnuna, Mutterken war jrade in de
Hall.-, intoofen, un ict helfe Eden aus
ziehen. Nu lechte icl ihn uf’t Sofa nnd
rieb seine Knochen mit Luft. Er sachte
blos-» det’g ihm sehr jut dhiite, beson
ders der schiene frische Luftjeruch Uf
eenmal reißt Mutterken De Dhiere uf
nn schreit: »Wat i—:—’n Det sor’n ferchter
licher Jestant in de Wohnung, et stinkt
ja wie janz jeweenialicher Fusel!« Fu
sel wart doch aber nich, et war doch
Luft. Nu reifzt mir Mutterton die
wilD wie ·ne Fuer De Luft aus« De
Hand, riecht dran un brillt: »Bei is ja
Sti)11apg, Det ig ja Fefferniime!« »F
fa,« faae ict, det i:- Luft, iel bade jrt e
Jl)r’n Mann mit Luft.« Der war nu
von ten nnjewohnten scheen Luftjernch
injedrussellt un schnarchte uf’t Sofer.
Wat nn lUtutterken war, wurde höllisch
wietend, nackte mir, um mir an De Luft
zu setzen, aber erscht wollte icl De Luft
mitnehmen, davor habe ick doch immer
Verwendung, nu da josz se de scheene
Arznei rang zn’t Fenster uf·n Hof.
Wenn nu da jrare Jemand unten
standi
Richter: Nun hören Sie aber auf!
Nach der durchaus glaubwiirdigen
Aussage der Frau S. hat ihr der An
geklagte-, empört darüber, das-, sie den
Schnapg fortgegossen hatte, mit der
Faust in’5 Gesicht geschlagen, sodaß fie
zwei Zähne eingebüßt hat.
Der Angeklagte wird zu zwei Mo
naten Gefängniß verurtheilt.
Angell.: Jg denn det inenfchenmög
lich? Haben Se denn noch nie wat je
bört von det neiste Heilverfahren, »Ba
de mit Luft?«
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Nach Beendigung des Krieges in
Südasrita gedenkt das englische Kö
niggpaar nach Indien zu gehen, um
unter grosser Pompentfaltung da
selbst stch mit der taiserlichen Krone
schmücken zu lassen. Wenn die Mase
stiiten damit warten miissen, bis das
tapfere Bittendolk wirtlich nnterjocht
ist, werden sie die Freude am Ende gar
nicht mehr erleben.
si- -ie si
Dein Schatzamts - Selretär machen
die Ueberschiisfe Sorgen. Wie oft
» beim Lesen dieser Nachricht wohl der
Rus: »Dein Manne könnte geholfen
werden« gefallen ist?