Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, October 11, 1901, Sonntags-Blatt, Image 15

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    Mem-r Schreibebrief von
----------------
thor, hen Sie
in Jhne Jhr
Pehper nit e
Ettwetteise
meni von wege
e Meedche, was
en Platz iuchts
Jch will Jhne
Lage, ich im e
Wu, wo, wie met uf deutsch sage
Buhl, gut geficlft un gut ab is, ihre
Atweit nit alleins duhn soll. Sehn
Se, met kommt doch lo bei un bei in
die Jahre, wo mer gleicht, e wenig
mehr Ruh zu hen un Dingses in
ischennekrell e wenig mehr iestg zu
nemme. Der Philipp was-« mein Hok
band is, Der gleicht gar nit Daß ich
noch so zu alles Schwiepe un Schimp
pe tende und wie met uff Deitsch sage
duht, en Fahl aus mich mache. Er hat
schon lang gesagt, warum ich nit sgelm
deht, mich e junges Mehdche nemme.
Oss Hohes-, tell is ganz aut off Kwefti
schen; e junge kommt mich nit ins
Haus. Wenn ich eine nernme, dann
muß se wenigstens fetzig Jahr alt
fein. Sie wisse, die Menniohls is nit
zu trofte un meim alte Esel etscht recht
nit. Bei mich Do links e Meedche gut;
in die etfche Lein nit viel zu schaffe.
Morgens muß se off Hohes in Zeit
aus den Beit, for zu Den Ztohf un den
Behsbrennek zu tenve un das Brectfest
zu ficlse. Dann eckspeckt ich auch, Daß
alles gellient is, wann ich uffstehn
dulm Nachher wem Disches gewasche
und getriclelt, dann muß fe zu ihr-e
Erholung e wenig in die Jahro schaffe !
un die Lahn mohe. Dann werd’—:«
eit sor das Dinner zu koche, oo muß
e zu tende. Dann wet’n ivioder
Disches gewasche un dann lann se sich
selbst usssiclse un kann die Stackins
mende un Bottens annähe und was
sonst noch so zu duhn is, bis es wid
der Zeit sor das Sopper ist. Osf Rohr-s s
muß se auch in den Stohr gehn. Wann
das Sopper immer is un alles usng
tlient ig, dann bot se e gute Zeit un
se kann an meine Krelisilwilts, ioo ich
mache, helfe, bis se ausgeteiert is un
dann der! se ins Bett gehn. Wann
mer Wasch heu, dann muss se oss
Kot-is e wenig mehr hossele. bit-ale
mer hen immer e ziemlich große Was-ji s
un die muß se alleins onlin· For was
hot mer dann heiert Meer-che? Jch den
lang genug das Waschbort georickt.
Am nächste Dag do muss ie eirene un
das muß se auch alleins duhn. Se
sehn, die Arweit is nit so schlimm un
dasor hot s·e auch ihr gutes Futterche.
Se muß ofs Kost ihre Miels in oie
Kitschen nemine, bilahs mer will sich
doch nit ewe schmeiße. Schloie muß
ke in die ersachte Zeit an Die Gaerret,
ikahs mer hen noch tei Ruhm ufsges
sickst, acvmet in Spring, dann reysc
mer die Bahin un biloe do e scheeneg
kleines Ruhm sor das heiert Meedche.
Sie könne sehn, daß mer alles oulnk
was zu so e Meeoche fein Romsokt ge
bahn kann wer’n. Un dabei bezahke
mer auch gute Wehticheg. Jch sin
willings zwei Dahler die Woch zu
gewme, awiver es muß osf Rohr-z auch
e «coinmpetentes Meedche sein, wo
Owends uno Sonnoags schön heim
bleiwe vuht. Zch gleiche nämlich gar
nit, wenn oie teeoercher so gern sott
gehn, das is ar nit gut for se, bikaho
vie Mensche Find heitzudag zu schlecht.
zch oente doch, do sollt eigentlich jedes
eevche sei els Finger nach lecke, so en
Platz zu triege un wann »Die e forscht
Kläsz Meedche misse, dann schicke Se se
plies zu mich. Jch hen mit oie Missus
Wioesiveiler gesproche un die hot ge
sagt, se«det)t mich gar nit blehme, wann
ich mich e Wer-Date kriege oey:, oaiui
dehi ich doch wenigstens einmal in mei ·
Lewe, en Mensch wer’n un hätt codes
von mei Lewr. Der Weoesweiler hot
gejagt, ich sollt mich nur keine junge
irrege, sonst mißt erjein Satuhn aus
verkause, er is nämlich esireho, oann
deht der Philipp, wo doch sein beste
Kostiemer is, immer heimstehn un oeht
nit mehr sein Platz srietwenie. Weil
do is teine Dehnscher. Zwische Jhne
un mich — ich hen ichon e Ireiel ge
macht. Der Pehperrectsmann, wo mich
als mein alte Stosf un mei Gelumps
abkauft hot, der hot mich eine rietom
menoeo gehabt. Er hot gesagt sie wär
e seines Meeoche, un arig tiien. Sie
hätt sor ihn orei Dag geichasst, awwer »
dann hätt er ie oißtscharesche misse, bi
tahs se wär zu ilien sor ihn gewese.
Se hätt sich alle Dag gewiische un hätt
alle Dag »ich-nicht« un daß oeht Eni
so e Bißneo wie seine, nit schaffe. Es I
wär e arig gutes Meeoche und e
Schasierin, das deht einiges biete. Un !
dann wär se auch ari» bescheide. Sie
wär mit einige Wehts es sattigseit un
all wag se wollt, wär, daß se e gutes
heim hätt. Bei Galle, hen ich gedenkt,
sell wär ecksäcktlie was ich will. Jchz
hen dem Mann Order gewwei mich
pas Meeoche emol zu schicke un am
seltve Owend is se auch schon komme.
Von wege oen alle Dag wäsche, do hen
ich gleich genohtist, daß ver Feller e
Storie an mich geteilt hats o well hen
ich gedenkt, e Treiel tann mer ennihau
mache. Jch hen se gefragt, ob se mit
wei Dahler satisseit wär un do hat
se gesagt, ich sollt mich nor kein Tru
wei mache wege sie, en Dahler wär
plentie· Wege das Esse bräucht ich
mich auch nit zu battere, sie wär sat
s Weit, wann ie als ernol en Kräcker
un en Drint Wasser nemme bebt, bat
is all, was se brauche bebt. Mister
Ebitbor, in mei Jnseit hen ich .mi
tobngrattjulegeeh daß ich so e Piets
kriegt ben. bot geschafft, tote en
Deibbenter un ich war'n so hap ig,
baß ich mein Meinv uffgemacht en,
denselwe Owend etnol in vie Lobi-sch
mtebung zu gehn. Das Meevche bot
gesagt, ich ollt nor ruhig gehn, sie veht
weiter scha e bis semiiv wär un dann
bebt se in ihr Bettche gehn. Do jin .ch
dann auch fort un wie ich so ebaut um
halb nach elf Uhr heim sind komme,
do bot mei Saus geguckt, ais wann ’5
von en Zeitiubn gestrocke worbe wär.
Das gute Meebche war fort unv so
war vie hälfte von mein sinnen un
mei Silwer un auch noch e ganze Latt
täsches G-to, wo ich in mei Bett ge
beit gehabt ben. Jch ben nie nit e
Wort gesagt, bitabs jedes hätt sonst
de Läf an mich gehabt. Jn Zukunft
will ich awwer e wenig mehr ausgucte
un wann Sie mich e Meedche rietorn
menbe könne, dann blies sein Se so
gut. Mit beste Rieaahbs
Jahrg
Lizzie HanUtengeL
AmAbgrunb.
Novellette von Annie O. Tibbits.
Uebersetzt von E. Bilmar.
Es war spät geworden. Der Stra
ßentärm war verhallt. Statt des ohr-«
betäubenden Gerassels der Omnibusse,
Automobilen und Straßenbabnen
drang nur der Schall von Fußtrittem
Stimmen unb Lachen durch vie tlare,
kalte Abenvluft und- an das Ohr des
Mannes, der in dem spärlich erleuchte
ten Arbeitszimmer über sein Punlt ge
llclgb sus«
Es war ein großes Gemach — ein
Adootatur-Bureau —— mit teppichbe
legte-n Boden, Viicherschränlem ver
schiedenen- mit Papieren bedeckten
Schreibtifchen und einem großen Geld
schrein.
Endlich schloß Georg Andrew lang
sam den Deckel feines Pulteöi und
starrte mit düsterem, verzweifeltem
Blick vor sich hin.
Erst zweiundvierzig Jahre und hoff
nu nsslos ruinirt, entehrt! «
r zählte zu denen, die aus«-Schwach
heit zum Verbrecher werden. Die ihm
nahe standen, lannten ihn als überaus
gutherzigen, fast thöricht gutherzigen
Menschen, dessen Generosität und Frei
gebigkeit nahezu ans Sträfliche grenz
ten. Seine Freunde liebten undschät3
ten ihn, seine Familie betete ihn an.
Und doch fand er sich nun am Rande
des AbstrssndeT
Es hatte, wie so oft im Leben, mit
" einer Kleinigkeit begonnen. Ein lang
jähri er Klient, dem er baares Geld
zur rfii ung gestellt, hatte sich in
folge vers iedener Mißerfolge infol
vent erklären müssen. Doch statt feine
Rechte nun geltend zu machen, hatte
Andrew ruhig gewartet, bis der Mann
im Stande sein würde, ihn zu bezah
len. Es handelte sich um etwa zwölf
tausend Mari, aber er konnte sie da
mals gerade entbehren und würde den
Verluft wohl auch verfchmerzt haben,
wenn er den Rest seines Vermögens
in der Tasche behalten hätte. Das ge
schah indes nicht. Als ein alter Freund
- ihn bat, ihm zwanzigtausend Mart
zur Uebernahme eines Theaters zu
leihen, vermochte er ihm die Summe
nicht zu derweigern, und ein Viertel
: jahr darauf mußte er die Entdeckung
machen, daß das Geld bis auf den leh
ten Heller verloren und sein Freund
fliichtig geworden war. Jahrelang
war er vergebens bemüht, sich wieder
; emporzuarbeitm Da bot sich ihm eine
anscheinend günstige Gelegenheit, den
Verlust weit zu machen, und da ihm
das zu dem betreffenden Unternehmen
erforderliche Kapital fehlte, nahm er
das bei ihm devonirte Geld eines-Hien
ten. Doch das Unternehmen war fehl
geschlagen, das Geld verloren.
Seither war es stetig hergab began
gen. Mit dem Gelde eines anderen
Klienten hatte er das Defizit zu decken
» und mit im eines Dritien den Zwei
ten zu befriedig » gesucht. Und so war
es immer weiter gegangen auf der ab
schiissigen Bahn, unaufhaltsam dem
Abgrunde zu. »
Aug’ in Aug’ mit den unerbittlichen
Konsequenzen seines Vergehen-Z hatte
er nur das Einzige gethan, was ihm
übrig geblieben. Er hatte seinen Mien
ten ein schriftliche-Hi Betenntnis abge
« legt, ihnen eine Aufstellung seiner Ge
schäftslage gegeben und sich zur Aus
lieferung alles dessen erboten, was er
an Geldeswerth besaß. Vor einer
Stunde waren diese Vriefe abgesandt.
Morgen würde er den Geschädigten ge
genüber treten müssen. Dann gab es
teine Fristung, keine Schonung mehr.
Diese Stunden waren die letzten feiner
Freiheit·
I Doch trosz dieses ver-richtenden Be
wußtseins vermochte er nur voll Mit
3 leid derer zu gedenken, die indirekt die
; Urssache seines Ruins waren. Wahr
E lich, John Gillan war nicht mit der
. Absicht umgegangen, ihn um seine
i zwanzigtausend Mart zu betrügen. Er
i hatte den Erfolg seines Unternehmens
fiir gesichert aehalten und den Fehl
schlag jedenfalls bitter empfunden. Der
arme, alte Gillan! Er war einmal sein
bester Freund gewesen«
Der Advotat löschte das Gas und
verließ mit langsamen, bleischwer-en
Schritten das Haus.
Draußen herrschte Ahendduntel
Als er die Hausthiir schloß, schlug die
’ Domuhr acht. Er schrat nervös zu
amnieiu Seine Frau würde sich um
ihn ängstigen und dte Kinder bereits
I zu Bett gebracht sein-.
W
- Die Kinder! sei dem Gedanken an
ste blieb er plöslich stehen und starrte
mit wildem, berzweifeltem Blick die
» erleuchtete· Straße hinunter. Seine
« Kinder! Nicht nur sein eigenes Leben,
? nein, auch das ihrige hatte er verwüstet.
; Endlich hatte er seine Wohnung er
s reicht. Seine Frau tam ihm bereits
» an der Thür ent egen und schaute ihm
! besor tins Gesi t.
I Miste spät Du tommst, Georg . . . .«
Doch beim Ansblick seiner fahlen Blässe
stockte sie jäh. »Georg, Georg, was ist
geschehen?« riesf sie angstvoll·
I Er wandte ich ab. Nein, er konnte
—- er konnte es ihr nicht gestehen.
»Nichts — nichts, liebe Minnie. Ich
habe lange gearbeitet und bin müde.
Das ist Alles. Sind die Kinder schon
zu Bett?«
Ermattet sant er in einen vor dem
gedeckten Tische stehenden Stuhl, doch
ohne die Speisen zu berühren, die seine
Frau ihm vorsetzte. Hastiq stürzte er
einige Gläser Coanac hinunter und be
mertte dann, er wolle zu den- Kindern
gehen.
Das war nichts Ungewöhnliches —
er pflegte noch allabendlich hinaufzu
gehen, um nach den beiden schlafenden
Lockentöpschens zu schauen; · doch der
berstörte Ausdruck seiner Züge erfüllte
seine Frau mit tiefem Bangen und
bewog sie, ihm zum Kinderzimmer zu
folgen. Von der Schwelle desselben
aus sah sie, wie er sich erst eine Weile
über das kleine Mädchen, dann über
den Knaben neigte. Sobald er den
Kopf hob und sie den Ausdruck seiner
Züge gewahrte, flog sie auf ihn zu und
schlang die Arme um den Hals.
Georg, mein geliebter Mann, o sag’
mir, was Dich quält!«
Er neigte sich und küßte sie stumm.
»Jetzt nicht, jetzt nicht,« sagte er
dann heiser. »Ich will hinaus in die.
Lust. Wenn ich zuriicltehre — ja,
dann will ich’s Dir sagen.«
Die talte Abendluft fchien anfangs
beruhigend auf ihn zu wirken. Voll
neu erwachten Hoffens schritt er zum
Thor hinaus. Es mußte irgend einen
Ausweg geben. Uninöalieh konnten,
durften die Sünden des Vaters auf die
Kinder zurückfallem
Doch so sehr er sein Hirn zumar
terte, er fand teinen Ausweg, keine
Rettung. Ja hätte ihm Jemand hun
derttausend Mart geliehen, so wäre es
ihm vielleicht möglich gewesen« sich in
einiaen Jahren emporznarbeiten, denn
seine Praxis hatte sich in der letzten
Zeit bedeutend vergrößert; wer aber
wiirde ihm eine solche Summe leihen?
Die beiden reichen Freunde, die er da
rum ersucht, hatten es ihm abgeschla
gen.
Jmmer fester, unerbittlicher schlug
ihm die Sorge ihre Krallen ins Herz.
Diister, hoffnungslos gähnte ihm die
Zukunft entgegen. Gefängniß,
Schande, tiefste Demüthigung nnd Er
niedrigung, ein verlorenes, zerstörtes
Dasein war alles, was sie in ihrem
Schooße fiir ihn barg.
Und fein Weib gemieden, arm, dem
Elend preisgegeben, seine Kinder fiir
Lebenszeit gebrandmarkt als die
Sprößlinge eines Verbrechers.
Sein Knrti Seine kleine May! Er
hob das blasse, derhärmte Gesicht zum
stillen, tiesduntlen Himmel, an dem
hier und da ein Stern flimmerte. Ach,
wie erbarmungslos sie schienen! Er
aab nirgends, nirgends Hilfe fiir ihn,
und er verdiente keine. Er hätte früher
bedenken sollen, daß die Folgen seiner
That nicht auf ihn allein zurückfallen
würden.
O, daß er Frau und Kinder wenig
stens vor dieser äußersten Schande, die
sem bittersten Weh bewahren könnte,
ihn im Gefängniß zu wissen!
i Verzweifelt starrte er in das Dun
el.
Er befand sich auf einer Anhöhe.
Ringsumher dehnten sich reifbedettte
Aecker und Wiesen, und·dahinter blitz
ten ihm die Lichter der Oahnunre ourm
die frosttlare Nacht entgegen —— hel
ler, freundlicher, als die Sterne, so
schien es ihm. Und sie waren ihm and)
näher. Die Sterne waren ja so uner
reichbar und der Himmel so welten
fern.
Er lauschte. Ringsum mächtige-J
Schweigen. Er war allein, allein mit
seinen wahnsinnigen Gedanken.
Beim Schein eines Zündhölzcheng
sah er nach seiner Uhr. Es war bei
nahe zehn. Jn wenigen Minuten mus-,
te der Londoner Expreszzug den Vin
dutt passiren, und wenn er lief —
Pliitzlich schreit er zusammen. Wo
ran dachte, wag plante er? Er war
von Sinnen. Er mußte zuriick -— zu
rück zu Weib und Kind.
Dann aber standen ihm wieder alle
Schrecken vor Augen, die der kommende
Tag fiir ihn und die Seinen mit sich
bringen würd-e. Man würde ihn arte
tiren, ihn in’s Gefängniß bringen nnd
die Seinen zeitlebens darunter leiden
miissen.
Wie, wenn er statt dessen todt auf
den Schienen gefunden wurde?. . .
Die Wahrheit würde natürlich an den
Tag kommen und offenbar werden,
was ihn dazu getrieben, aber man
würde es wieder vergessen, es würde
Gras darüber wachsen und die Schan
de seiner Jnhaftirung den Seinen er
spart bleiben.
Mit gliihendem Kopfe und schwin
delndem Hirn stürzte er den Hügel
hinab zum Viadutt.
Nur noch eine Wiese trennte ihn vom
Ziel. Jm Begriff, das Gehege dersel
ben zu übersteigen, hob er plötzlich den
Kopf. Sein Gesicht ward grau, sein
Athem stockte.
Durch die stille Winternacht drang
W
I klar und deutlich das Rasseln des na
3 benden Zuges.
s Zu spät! Er konnte die Brücke nicht
s rnlebr erreichen. Der Zug war schneller
- a s er.
An allen Gliedern bebend, lehnie er
an der Umzäunung, während der Zug
i blitzgleich vorbeisauste, um wieder im
s Dunkel zu verschwinden.
) Wäre er eine Minute früher zur
; Stelle gewesen —- —
i Mit zitternden Händen nahm er den
. Hut vom Kapse. »Dein Himmel sei I
Dant, daß ich zu spät getommenl«
murmelte er.
Sekundenlang verharrte er regungs
los. Das Gerassel des Zuges erstarb
allmälig —- doch weit langsamer als
sonst — ja, es schien sogar im Erster
ben wieder lauter zu werden.
Was war das?
Sein Herzschlag stockte jäh. Krampf
hast hielt er sich am Gehege. War er
von Sinnen? Träuinte er? Was be
deutete dieser zweite Zug zu dieser
nächtlichen Stunde?
Dort s— dort brauste soeben derselbe
Zug vorüber, passitte den Viadutt und
verschwand im Dunkel, just wie vor
kaum einer Minute
Rsegungslos starrte er ihm nach. Es
konnten doch unmöglich zwei Züge —
innerhalb dreißig Sekunden einander
folgen?. . . . Oder würde noch einer
und noch einer und abermals einer
kommen, die nur ihm allein sichtbar
warens. . . .
Es wirbelte in seinem Hirn, ihm
war, als sei er im Begriff, denVerstanir
zu verlieren. Doch jetzt erklang das
laute, schrille Pseifen der Lotomotive
und dann verstummte das Gerassel
Plötzlichsp Der Zug war in die Station
—
eingelaufen.
Andrew schaute um sich ·wie ein .
Träumender. Er war gerettet — ge- ·
reitet vor seiner eigenen wahnsinnigen ·
That· Jener erste Zug hatte ihn vom
Ueberschreiten der Wiese zurückgehal
ten. Es war die Hand des Himmels,
oie ihn gerettet. Gott hatte ein Zeichen
geschehen lassen -— ihm eine Vision ge
sandt. Es war in seinem Rath be
stimmt, daß er am Leben bleiben solle.
Er hob die gefalteten Hände zum
Himmel. Doch Plötzlich schien ihn
Blindheit zu überkommen. Ohnmäch
tig sank er zu Boden. —- —— —
Als er die Augen aufschlug, fand er
seinen Kon in feines Weib-IS Schooß
gebettet. Doch unfähig, ihn allein nach
Hause zu bringen, warMinnie gezwun
gen, zur Stadt zurückzueilen und die
Hilfe zweier Schutzleute inAnfpruch zu
nehmen. Dahseim angelangt, sandte sie
sofort nach einem Arzt, welcher Ner
venfieber konstatirte.
———————--—-—-—
Am nächsten Vormittag wurde zu
früher Stunde die Glocke der Andrew’
schen Wohnung gezogen. Da das Mäd
chen momentan abwesend war, öffnete
Minnie selbst.
Eine hohe Männergestalt stand vor s
ihr. :
»Joh» — John Gaum Sies« rief «
sie, kaum ihren Augen trauend. l
»Ja, ich. Jch bin endlich wieder da, ,
obwohl ich kaum noch auf die Möglich
keit einer Wiederkehr zu hoffen gewagt. :
Es ist nicht leicht, in der Welt zu reüs- .
stren, doch endlich ist es mir gegliirlt.
Aber sagen Sie mir, Minnie, es tann I
doch unmöglich wahr sein? Er ——— er ist ;
krank, er phantasirt oder leidet an ;
l
t
Wahnborstellungen? Die Briefe« die
er geschrieben, beruhen hoffentlich nicht s
auf Wahrheit?« -
Minnie schaute ihn bestürzt an.
»Was — was meinen Sie? Was soll
nicht wahr sein?«
Gillan schwieg. Wenn sie nichts da- .
von wußte, konnte er es ihr nicht sagen.
Sie lsatte ihn mittlerweile in’g Zimmer
geführt und durch die offene Thiir des
Ytebenzimmerg erblickte er den verdutzt
losen Kranken. «
»Er hat verschiedene Briefe —- un-· i
« l
sinnige Briefe geschrieben, entgegnete
er. »3usälligerweise ist mir ein solcher
heute Morgen zu Gesicht gekommen.
Jch bin erst gestern Abend mit dem -
Expreszzuge hier angelangt und komme i
direct aug New York. Mein erster
Gang galt heute einem mir bekannten s
Bankier. Derselbe hatte soeben einen
kuriosen Brief von Andrew erhalten.
Da er um unsere frühere Freundschaft
wußte, zeigte er mir das ihm völlig
unverständliche Schreiben, aus dem ich
jedoch ebenso wenig tlug wurde. An
drew muß bei Abfassung desselben schon
trank gewesen sein; aber mit Gottes
Hilfe wird er bald wieder genesen. Und
nun nur noch eins: Jeh komme als ver
mögender Mann zurück, als Besitzer ei- »
nes New Yorler Theaters, das sich als
wahre Goldgrube erweist, und bin ei
gens zurückgekehrt, um Andrew, dem
besten, edelsten Freunde in der Noth,
das schuldige Capital persönlich zu
überbringen Und sollte hier irgend
etwas nicht in Ordnung sein .. . .«
Minnie bebte. »Ich fürchte ettvasI
Derartiges,« sagte sie leise. »Jraend
etwas quält und martert ihn dermaßen,
daß es ihn an den Rand des- Grabes
gebracht hat. Gestern Abend tam er so
blaß und verstört nach Hause, daß ich
mich entschie: er ging sodann zu den ’
schlafenden Kindern und verließ das !
Haus. Von vager Angst getrieben,
folgte ich ihm. Ich fürchtete . . . .« s
Schluchzen erstielte ihre Stimme.
,,Beruhigen Sie sich, Minnie,« trö
stete Gillan. »Seien Sie ganz unbe
sorgt. Es wird Alles wieder gut wer
den. Jch will unverzüglich die Rege
lung seiner geschäftlichen Angelegenhei
ten in die band nehmen«
Und das that er mit vollster hinge
bung. Anstatt des erwarteten betrü
gerischen Banterotts, fanden die er
schreckten Gläubiger einen großen,
breitschulterigen, graubärtigen Mann,
der ihnen erklärte, daß Mr. Andrew
ernstlich erkrankt und zur Wahrung
seiner geschäftlichen Angelegenheiten
vor der Hand unfähig sei. Seine an
gebliche Jnsolvenz beruhe auf einem
Jrrthum, und falls Jemand Zweifel
daran hegen svllte, übernehme er, John
Gillan, die Bürgschaft für jede Forde
rung im Betrage bis zu zweimalhun
derttausend Mark.
Jn Folge dessen wurde allgemein
angenommen, daß Andretö’s Briefe im
Fieber-wohn abgefaßt worden. Das
Nervenfieber ift schon für so manches
verantwortlich gemacht worden.
Und während der Kranke von seinem
Banterott, seiner Schande phantasirte,
beglich John Gillan sämmtliche Man-— ;
kos, so daß der endlich Gewesene an-:
statt der drohenden Häscher ein neues,
ehrenhaftes Leben feiner harrend fand
Voll tiefen Dankes nahm er die ihm
von Gillan zur Verfügung gestellten
Summen, unter der Bedingung all
mäliger Zurückzahlung an und heute ist
seine Schuld bereits bis auf den letzten
Heller getilgt.
Nunmehr gipselt seine Schwäche le
diglich in einer Art fixer Idee. Er
bleibt dabei, daf: er in jener Nacht eine
Vision gehabt, ein Zeichen, eine Inter
vention des Himmels-.
Vielleicht war es so — wer weiß?
Denn der erste Zug. den er gesehen,war
kein wirklicher, und der zweite brachte
ihm feinen Freund und Retter.
——--..——.
Zitlbliikht.
(Aus einem Romane): »Der Gotte
sitzt mit feiner Gattin heim Mittag
essen. Sie schweigen. Augenscheinlich
herrscht eine Mißstimmung zwischen
ihnen. Sie verzehren ihr opulentes
Mahl, ohne auch nur ein einziges Mal
ihren Mund zu öffnen!«
Gute Zufrmlimk
»Na, Herr Müller, hält Jhre Frau
noch immer solche fürchterliche Gar
dinenpredigten, wenn Sie nach Hause
l
kommen?«—»Nee, jetzt macht sie nur
noch Momentaufnahmen von mir.«
Ein vernünftiger Patient.
F r a u : »Aber, lieber Mann, mit
der starken Eriältung, die Du hast,
wirst Du doch heute Abend nicht etwa
in’s Wirthshaus gel)en?«——G a t t e ·.
,,J bewahre, wie werde ich denn so un
vorsichtig sein. Jch fahre natürlich mit
der Elektrischen!«
ginsprnrnlioftstüthrw
Unterosfizier (zum(7in
jährigen, der Kaufmann isi): ,,Einjiib
riger, Jhr Parademarsch muß viel bes
ser tlappern denn er ist gewissermaßen
die militärische Bilanz der Weinfuh
rung!«
»Die Kniebeugen müßt Jhr mit sol
cher Grazie machen, daß bei dem An
blicke selbst das Herz einer alten Kuh
wie Butter an der Sonne zerfließt!«
Zu- der sind-erstatten
Dac neugeborene Brüderchen hat zu
wiederholten Malen bewiesen, daß es
im Besitze ganz außerordentlicher
Stimmmittel sei-zum nicht geringen
Leidwesen des kleinen Gustav. Eines
Tages fragt dieser die Mama: »Nicht
wahr, das Briiderchen ist vom Himmel
gesallen?"—----»Ja, mein Söhnchen.« Der
kleine Gustav schweigt eine Weile, dann
beginnt er wieder: »Mama!«——»Was
denn, mein Söl)nchen?«s—»Jch kann es
den Engeln eigentlich nicht übelnehmen,
daß sie ihn hinausgeschmissen haben.«
Yagkalouotoq
A
V
»Jetzt hob’ i’ neuli’ den schöna
Gamdbock g’fehlt, gestern den Mord-J
Rehbock und heunt den Vierzehn
Ender; i’ möcht’ jetzt schon beiläufi’
wiss’n, was die Viacher allz’am’ von
mir denka!«
Zchulhmi
G y m n a s i a l p :
«Sch-keiben Sie doch nicht
wag ich sage, es hat ja dx
Sinn.« ,
Zitgeliendtr Hut-verth.
K a d e t t Cim Negenwetter): »bede
-—Civilist!—Jungen Dame dort in« «
meinem Namen sofort Ihren Schim
anbieten!«
pi- richtigk gutwort
Oh
N- « Ws
»So, Schneider sind Sie? Sind Sie
selbstständig?«——»Nein, ich bin verhei
rathet.« - "
Zu ängstlich.
B e n m te r (großer Streber): »Ich
habe mir einen Geradehalter bestellt,
hoffentlich erfahren es meine Vorge
setzten nicht!«
Flor erste Eindruck.
V a t e r : »Nun, Paulcn wie war
der erste Eindruck, den Deine Kousine
auf Dich machte?«—-T o ch t e r:
«Papa, sie hat einen entzückenden Hutt«
Gesunde- erthcih
P r i v at i e r (seinem Freund in
der Kunst - Aussiellung ertlärend):
»Sixt, jetzt kummen die Bilder, bei die
sich Niemand auökennt—dös san dö
modernen!«
sange geht-zeit.
A. : »Wie, jetzt wollen Sie doch die
zweite Frau nehmen, nachdem Sie
zwanzig Jahre eine so unglückliche Ehe
geführt haben?«——-B.: »Nun-—Lehr
geld muß jeder zahlen!«
»Im wenn!
E h e m a n n tim Jnseratentheil
der Zeitung lesenb »Hausschlüssel ver
loren«): »So leichtsinniqx ich glaube,
wenn ich einen Hausfchliissel hätte, ich
würde ihn in meinem Leben nicht ver
lieten!"
Yartc Zudentnnky
H e r r (zum neuennagirten Die
ner): »Kiinnen Sie auch schweigen?«
—-—-D i e n e r : »Jn dieser Beziehung
können sich gnii’ Herr ganz auf mich
verlassen; ich sage immer: ,Schwei
genist Gold!««
Bemerkt-IN
tEin Zukunfts-Gesprärh.) »Ihr
wünscht Euch keine Kinder?«——J u n -
g e r E h e m a n n: »Nein! denn
die werden einem ja doch nur von der
elektrischen Strassenhahn und den
Automobilen todtgefahren.«
— gtoin Beispiel.
Erster Soldat: »Was-ver
steht man eigentlich unter dem heute so
oft gehörten Schlagwort ,Eni
artung·t’ "—-Z w eite r S old at :
»Ich denke mir darunter zum Beispiel
eine Köchin, die ihre Wurst selbe-r auf
ißt.«
sitz
" «W Vi« LI«
D o k i o r : »Von Morgen an dür
fen Sie breiige Sachen genießen; was
wünschen Sie siir Brei’-3«—P a ·
tie nt : »Spatenbräu!«
Zchriftlim zu how-sich
A. : »Achtundachtzig Jahre ist Ihr
Onkel alt geworden? Und war bis-i zu
I letzt im Besitze seiner Geistegtraft'?«—«
! B. : »Das s- at)--—tann ich wirklich
s noch nicht sagen spdag Testament ift
! noch nicht eröffnci.«
Wafftniri.
l K e l l n e r i n : »Wie-, ich soll dem
Professor der Zoologie, der bei uns
speist, diese Fliege in die Suppe ib11n?«
——K a n di d at : »Ja, wissen Sie, ich
. muß diesen Nachmittag zu ihm in das
: Eratnenspda prüft er mich Dann var
Aerger iilser die Insekten, und Die habe
ich studirt!«
i Gewisscrmaljen rietitim
s Der Herr Zuchthausdirettor trifft
auf einem Spaziergang einen entlasse
nen Sträfling, einen »schweren Jun
f gen,« der seine zwölf Jahre hinter sich
» hat. ,,Jun’ Tag ooch,« fagt der Ber
» brecher, freundlich grüßend und streckt
dem Direktor feine «biedere« Rechte ent
gegen. Dieser ist darob ganz verblüfft
und greift nicht zu. »Ach warf sagt
der Kerl, ,,nehmen Se meine Hand
ruhig an, Herr Direktor-, un schenirn
Se sich nich, wenn wir Zuchthiiusler
nich wären, hätten Sie doch Ihren
icheenen Posten nich.«