Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, September 27, 1901, Sonntags-Blatt, Image 12

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    In Frankreich fanden im letzten
Jahre 902 Streiks und Sperren statt,
M welchen 222714 Arbeiter beschäf:
tisi waren und 2,645,053 Tage Ar
beitszeit verloren. Am meisten betrof
fen wurde die Textil-Jndustrie, das
cransportgefchäft und der Bergbau
II Deutschland fanden 1483 Streits
und 38 Sperren ftatt, an denen 122,
SOZ Arbeiter defchäftigt waren
Rückwanderer aus Amerika kom
men zur Zeit in beträchtlicher Zahl
durch Berlin. Dies sind meistens
Ruthenen Rumänen, Serhen, Vul
aaren u. f.tv " Russen sind nicht Var
unter. Es ifi indeß früher schon kse
ahachiet worden, daß diese Leute wel
che aus Sehnsucht zur Heimath die
weite Reife unternehmen, dauernd doch
nicht wieder in Europa bleiben. Bin
nen Jahresfrist kehren sie nach Ame
rika zurück, so lieb ihnen auch Was-«
Deirnathland fein mag.
Die Einnahmen an Zöllen unt-Vers
drauchssteuern in Deutschland betru
gen fr die Zeit vorn l. April bisEnde
Juli dieses Jahres nach Abzug der
Verwaltungs-kosten 256,463,555Mark,
iiber eine Million weniger, als in ders
felben Zeit des vorhergehenden Jal
res. Die Einnahmen an Zöllen haben
Illl such Uns sIWI «Ie-IUUSU Ist-Hv
uommem die Tabaks- und Zuckersteuer
u. a. dagegen haben beträchtlich abge«
nommen. Die Staatslotterien brach
ten iiber acht Millionen ein, eine Zu
nahme von naher vier Millionen ge
gen dieselbe Zeit in 1900.
Daß dieser Sommer zu den trocken
sten zählt, die seit Jahren zu verzeich
nen sind, kst aus dem Weinstein bei
Pänderich zu ersehen. Wie die »Saarb.
Zig.« mittheilt. rührt der Name Wein
W daher, daß der Stein nur in den
trockensten Sommern aus dein Wasser
hervorragt und diese in derRegel guten
Wein bringen. Auf dem Stein sind
verschiedene Jahreszahlen eingegraben
von denen jetzt die Zahlen 1857, 1685
und 1835 wasserfrei sind. Jm Wasser
sieht man noch 1870, 1892 und 1892
oerzeichneL Ein Blick auf diese Zah
len zeiat uns die drei oorsziiglichften
Weiniahre des letzten halben Jahr
hunderts 1857, 1865, 1893. Zu be
merken ist, daß die erwähnten niedri
gen Wasser-stände stets im August und
September waren. Hoffentlich erweist
sich der Stein diesmal nicht als falscher
Prophet.
Jn Spanien distutirt man gegen
wärtig die Gründe fiir oder gegen
einen Anschluß an den Zweibund. Jn
einer Madrider Depesche heißt es: Der
Minister des Aeuszeren dementirt das
sauch von Paris aus schon dementirte)
Gerücht, daß König Alfons in Beglei
tung des Generals Weyler der Reim
set Parade beiwohnen werde· Dage
gen kündigt der hiesige russrsche Ge
schöftsträ er die Ankunft einer beson
deren rus schen Gesandtschaft zur Be
ßtmg der Königin an. Die Pre
chäftigt sich daher fortgesetzt mt
Usianzplänern Der heraldo plädirt
sit Anschluß Spaniens an Frankreich,
mauigesetzt, daß England nicht gün
stigere Offerten mache. Der Liberal
protestirt aber heftig gegen den Ein
tritt Spaniens in den Zweibund, da
dies- nur schwächere Völker ausbeu
ten wolle, wie die neuen russischen Ge
lüste aus eine Kohlenstation in Mahon
oder Ceuta bewiesen.
Die Gelehrten Dr. Hoff, Prot. v.
Steffella, wie viele andere hervorra
gende Mediziner, besprechen in der me
dizinischen Fachpresse die Entdeckung
des Dr. me . F. Schmey in Beuthen
und ihre langen und erfolgreichen Ver
suche hiermit, nämlich die Zimmtfäure
in Verbindung mit Altohol zur Be
kämpfung der Krankheit zu vermen
den« Es war wohl auch dem Laien be
kannt, daß man Lungentranten Alto
hol reichte und dieser Einfluß auf die
Entwickelung der Krankheit hatte, doch
wurden nennenswerthe Resultate hier
mit nicht erzielt. Dagequ fand man,
daß die im Perubalsarn enthaltene
s Zimmtsäure ganz entschieden die Wei
tetenttvtckelun der Krankheit verhin
- vert. und so t man diesen Beruf-al
tem-« der allein site sich widerlich
schmeckt, mit Alcohol verbunden und
ehe- sogenannten Peru - Cognac ge
Æfseih Die Versuche sind bereits ab
seschlossen und als äußerst gelungen
aussefallen in der Fackpresse bespro
" O- Selbstvetständlich handelt es sich
ist-leer unt Ansangtstadien oder noch
sieht sehr vorgeschnttene Fälle
Det Drang nach Schulbildung im
M Uußlands zeitigt in den Krei
s fes der Landbevslleeung ganz eigen
sttice stände. So besuchten in
diesen inter, wie die «Watt. Gub.
Dieb« aus dem weit im Osten jenseits
»der Oele-a gelegenen Gouvernement
- statta berichtet, Großvater, Vater
III Sohn ist Alter von 59, 34 und 15
- eine Sonntag-Mute im Kreise
- s « Die Landschaftl- und
Eulen sind ttberfttllt. Die
- et Schulen streben weiter
« - i- - ·undProgymnasien;
S
z
00 bis 70 M gehen fn zur Schule,
zuweilen gegen den sillen der Eltern.
Eine Bäuerin erzählte, sie habe· ihrer
Tochter durch Reihen die Lust aus
treiben-wollen, in die Schule zu lan
ienz doch es half nichts, Ee mußte die
Tochter ins Progymnasium gehen las
sen. Es kommen auch Fälle vor, daß
Mütter auf Betiel ausgehen. utn ihren
Kindern die Möglichkeit zu geben,die ;
Stadtschule oder das Progymngjium
zu besuchen. —- Diefe Miiiheilung aus
dein Wjatiaschen Gouvernement steht
übrigens nicht vereinzelt da; wieder-s i
holt wurden ähnlichecärfäieinungen
des Dranges nach Schuldildung ges T
rade aus diesem Gouvernement ge
meldet.
Wenn man lange Zeit nichts mehr
vernimmt iiber vie wirthcheftliche
Lage in Rußland, so pfleg: es dort
schlimm auszusehem Die ruisische Re
gierung versteht sich Natur«-J Nachrich
ten, vie ihr unangenehin find, mö»
Xichst zu unterdrücken, um sie ringt
in’s Ausland gelangen zu lassen.
Aus Petersburg wird über die mitth
fchaftliche Lage in Rahlanv ver
Köln. Volksztg. geschrieben: »Die
Wirrhfchafisforgen beginnen hier alle
anderen Interessen in den Hinter
grunb zu drängen. Mit Bansigteit
fuhr man der Beendigung der Nischni
Noivgvroder Messe entgegen, auf Der
wohlunterrichteie Banllreife In
Wechselproteften nnd Zahlungseini
Fellungen niJI weniger-now eine Pas
)
sWa Voll ÆU Uclulollcll Allsctll cklllllks
ten. Daß die Reichsbant dieser Tage
den Wechseldistont herabgesetzt bat,
mag wohl im ersten Augendiirt das
große Pudiiturn sehr angenehm be
rührt haben als ein Zeichen dafür,
daß unsere Wirtbschastskrisiz ihren
Höhepunkt überwunden hat; die in
dustrielle Welt ist aber dadurch nicht
aus ihrer Leibargie erweckt. Die no
minelle Herabsetzung des Wechseldiss
tontå hilft in der That den Indu
striellen nichts, wenn die Reichsbani
«de sarto« so gut wie keine Wechsel
dislontirt Man würde gern einen
hoben Zinsfuß zahlen. wenn es nur
Credit gäbe-«
Den Zaren bei seinem Besuche in
Frankreich vor anarchisiischen Atten
taten zu schützen, macht die dortige
Polizei großartige Anstrengungen
Nicht weniger als dreihundert Com
missiire, Jnspecteure nnd Polizeiosfii
ziere sind mobil gemacht und in alle ·
Ortschaften gesandt worden. die der ;
Zar betreten wird oder auch nur be- ·
treten könnte. Ihnen unterstehen über
tausend Unteragenten und Spione, zu
denen dann noch das Heer der unifor- H
mirten Schuster-te, sowie starle Dei s
tachements Militiir aus dem Westen
und Centrum des Landes treten wer
den. Der Chef der Criminalpolizei.
Caoard, und ein Adlatus Hennion
sind gegenwärtig mit der Untersuchung
der Bahnlinien von Dünttrchen nach
Neuns, von dort nach Compiegne und
von da nach Paris beschäftigt. Es gilt
nicht allein alle Schlupswintel am
Babnkörper und bis aus mehrere hun
dert Meter in seiner Umgebung festzu
stellen und zu überwachen, damit sich
dort keine Anarchisten einnisten, son
dern auch die Sicherheit und Berliißs I
lichteit der Strecken muß erprobt wer- F
den. Die genannten Beamten, denen s
mehrere Bahninaenieure beigegeben
sind, bedienen sich eines besonders eins -
gerichteten Wagens, den man den ,,dd- «
namornetrischen« nennt und auf dem
sich eine Anzahl äußerst setnfiihliger -
Instrumente zur Feststellung aller Un
ebenheiten der Geleise befinden. Ver
mittelst dieser Werkzeuge gelingt es, ·«
alle etwa vorhandenen Fehler mit
großer Schnelligteit und Sicherheit
ausfindig zu machen.
—
Eine kleine Handels-Episode, welche
von dem amerikanischen Lonsular
Agenten Manning aus Matagalpa,
Nicaragua, dein Staats-Departement
berichtet wird, nnd nicht ohne einen
bumoristischen Beigeschmaa ist. sei den -
amerikanischen Expartenren zurBeach
tung empfohlen »Die hiesigen haupt
sächlichen Kaufleute sina Europäer«,
schreibt HerrMannitia, »aber vie be
deutende amerikanische Kolanie ver
langte, daß gewisse aineritanische Ar
tikel importirt werden sollten, weil
man eine bessere Qualität wünschte.
als bei den nämlichen Artikeln eure
pöischer Fabrikate zu finden. Um die- ?
sen Wünschen gerecht zu werden,
sandte einer der hervorragendsten Jen
porteure eine Ordre sijr die verlangten
Artikel an ein Handelshaug in San
Franciseo. Man denke sich das Er
staunen, als beim Eintressen der Sen
dung bemerkt wurde, daß die meisten
gesandten Artikel mit Jnschriften sol
gendet Art versehen waren: »Made in
Germany«, »Made in France', »Al!
englisb labor employed«. Der Imper
tear erhielt genau die nämlichen Arti
kel, welche er aus Deutschland, Frank
reich und England direkt zu importiren
pflegte, nur daß dieselben infolge der
zusatltchen Fracht, der in den Ver·
Staaten bezahlten Jmpartzölle nnd
der Provision fiir den amerikanischen
Jmparteur, um so viel them-en zu ste
hen tanren." »Mein« Ansicht nach,«
so schließt der Konsular-Agent seinen
Bericht, »sollten doch unsere Engroii
Basler versteka daß amerikanische
nnd nicht eneopiiische Artikel verlangt
nettes-, wenn Ordres aus Spanisch
scmeztka nach den Ver. Staaten kom
M
W
Den Meer entrissen.
Muth Dolland treibt Eroderun t
politit. Aber nicht Flinte und Sii
sondern harte und Spaten sind die
Massen, mit denen es sich zu seinem
Beutezug e tiistet. Gefen das Meer,
egen die tückischen Futhen wendet
tch seine Unternehmun Mist. Die
Zuidersee will es mgjheii trocken
legen, und einen andzuwachs von
beinahe 50,000 Dettaren futchtdaren
Bodens hofft es dadurch in den näch
sten wet Jahrzehnten zu erhalten.
Die åuidersee um aßt 3193 Quadrat
tilometerz mit den zur Edde eit blos
gelegten Watten sogar 5 Qua
drattilometer. Ursprunglich ein
Binnenwasset, hat diese See in dein
Zeitraum von etwa 450 bis 1410 nach
Christus ihre jetzige Gestalt erhalten.
Die Jnseln Texel, Blieland, Inschri
ting, Ameland u. s. w. sind die Ueber
bleibsel. die davon zeugen, daß Nord
holland und Friesiand einst eine zu
sammenhängende Landermasse bilde
ten. Diesen Zusammenhang wieder
herzustellen, hat es seit 1849 an Vor
schlägett nicht gefehlt. Die ersten
Pläne gingen tu weit oder waren
technisch unaussiihrbar. m Gegen
satz zu ihnen iibt ein Ge etzentwuki.
der dot Kur em der zweiten Kammer
der Generalstaaten zugegangen ist,
weise Beschränkung
Nach diesem Entwurf ist die thiils
msifo FkncktniHntmn ho- Qntdpfsps kni
gendermaßen gedacht. Die See wird
von dem Meere durch einen Abschlies
ßungsdamm geschieden, der von der
nordholländischen Küste durch das
Amsteldiep zur Jnsel Wierin en und
von dieser zur sriesischen Rsste sich
zieht, wo er bei Piaam (einem Dorfe
in Friesland) endigt. Die Schleuse
beim Piaam und eine bei der Jnsel
Wieringen werden die Verbindung der
See, die den Namen Jisfelmeer erhal
ten soll, mit dem Meere vermitteln.
Zur Trockenlegung der solchermaszen
eingediimmten See sind vier Gebiete,
zwei im Westen, eins im Süden und
eins im Osten, ausersehen Vorläu
fig soll aber nur an die Trockenlegung
der beiden ersteren gegan en werden.
Das eine, das nordroest iche, isi be
grenzt von der nordhollöndischen
Küste, dem Ahschlieszungsdeich, der
Insel WierinLen und einem von dieser
Insel nach Süden hin, bis Mel-em
blick, zu errichtenden Deichr. Dieses
Gebiet ist der Wieringer Zolder (das
durch Ahdeichuna dem eere ent
rissene Land heiszt im holländffchen
Polder). Das siidwestliche Gebiet. der
Hoornsche Polder, wird im Weste-n
und Norden von der Küste und im
Osten und Süden von einem zu er
bauenden Deiche begrenzt. Beide Ge
biete werden insgesammt 46,000 het
tar Ackerland dar teilen, auf dem 40
Dörfer und ungefähr 4000 Bauern
höfe errichtet werden sollen. Die Ko
sten der Abschließung der Zuidersee
sind aus 57 Millionen Gulden, die der
Trockenleguna aus 38 Millionen Gul
den veranschlagt.
Für die Arbeiten sind achtzehn Jah
re in Aussicht genommen. Jn neun
Jahren soll der Abschlie ungsdeich
vollendet sein, im achten « ahre soll
mit der Ahdeichung des ierinaer
Polders und im eliten mit der Äb
deichung des hornschen Yolders he
aonnen werden· Die Aussahrung des
Planes verschafft Dolland außer dem
ungemein werthvollen Landzutoachs
eine erhebliche Verbesserung seiner Ver
tehrsverhiiltnisse. Ueber den Ah
schlieszun sdamm ist eine Eisenbahn
linie gev ant, die eine unmittelbare
Verbindung Nordhollands mit Fries
land darstellen und die Entfernung
zwischen Amsterdam und Läutvarden
um 52 Kilometer vermindetn wird.
Solche Eroberungspolitit ist der hei
fiiilligen Zustimmung Aller gewiß!
(B. Tages-U
-—-———..—-—— --——·
Der »Burcntrett« nach Sirt-west
Afrika.
Von den Itadtolonisten und Trans
Vaalern, die im Friihjahr d. J. nach
Deutsch - Züdivest - Asrita ausge
mandert sind, liegen der »D. Wochen
zeitung« Briese vor, die ohne Aug-—
nahrne, den Geist der Zufriedenheit
athmen. Fünfundzwanzig von den
vierzig haben Land ungetauft und
verlegen sich mit Eifer aus die Be
wirthschaftung desselben. Sie erklä
ren, von der, ihnen in so schwarzen
Farben geschilderten deutschen Beam
tenwilltiir absolut nichts zu verspü
ren, im Gegentheil, die Zudortom
menheit des Gouverneuri und seiner
Beamten sei nicht genug zu rühmen.
Mit der Lösung der Schulsrage sind
sie völlig zufrieden. VerschiedeneMiß
derstiindnrsse wurden durch die Beam
ten aufgeklärt. So verkehrten die
Buren im Glauben, sie müßten eine
Viehsteuer und Einfuhrzoll siir solches
bezahlen. Dem ist jedoch nicht so· Nur
die Viehhändler haben Steuern zu
entrichten, das für den Betrieb nöthiae
Vieh jedoch ist all- und steuerfrei
Auch der Einsu rzoll aus Mehl ist be
seitigt.
Das Klima bekommt ihnen allen
gut. Einzelne von ihnen, die sich in
der Hauptsache aus Schasgucht verle
en sund mit ein paar hundert Stück
gannen, haben bedeutenden Zuwachs
an Lämmern erhalten, die sehr gut ge
deihen. Durch di e günstigen Rach
richten bewogen, ha n gegen zwan ig
in Amsterdam wohnende Vuren -
tret-lassen ebenfalls dorthin are-zuwan
rn; die erste Mitteilung reist am 20.
September von haniburg ab. Jan
Dezember folgen ge n 200 Hat-to« -
nisten, die von K adt aus die Reife
antreten. Es sind dies zuneeisi Bureni
stöhne, die nicht genügend Kapital de
sisem um den theuren Preis fiithund
und Boden in der Kapiolonie zu zah
len, die jedoch wohl tin Stande sind.
die vom deutschen Gouvernement ver
langte Anzahlung zu leisten und dann
noch genügend etriehskapital übrig
behalten.
Da von englischen Blättern wieder
holt die Behauptung ausgestellt wurde,
die im Frühjahr nach Deutsch - West
Afrita ausgewanderten But-en hätten
auch noch politische Missionen zu er
füllen, u. a. sei Kommandont Lukas
Steenkamp über die Grenzen gezogen
und habe sich an die Spitze eines Bu
ren - Kommendos gestellt. das kürzlich
einer englischen Kolonne eine empfind
liche Schlappe beihrnchte. so bemetlt
das genannte Blatt, daß ihm ein Brief
des genannten Kommandanten Stern
lamp aus Gideon dorlieatx in demsel
ben theilt er mit. seine Schnsheerde sei
bereits auf 520 Stück angewachsen
Uebrigens haben alle Buten die Er
klärung abgegeben; das deutsche Gou
vernement in keiner Weise in eine
schiefe Stelluna geaeniider England zu
bringen, und ein But hält bekanntlich
fein Wort.
Pariser Stroßengekiiche.
« scher Geruch findet sich in den alten
LStraßen. die häuser aus dem 18.
, Jahrhundert enthalten. Die Straßen
- sind meist eng, und wenig Sonne
l
l
Alles ward in Paris bereits bess
schrieben, die Straßen, die Straßen
gänger, die Straßentoiletten, diesm
ßensrenen, die Straßenruse, einzia die
Straßengeriiche scheinen mir dieser
Ehre noch nicht thei.has:ia geworden
Und doch bilden die Geruche ein-H sehr z
bedeutenden Theil jedes Stadtcharatq
ters, sind Geräth-: und Melodien dochl
die Reize, die am erinnerungströstig
sten aus unsere Sinne wirten. Ein
Uasscnhauer---—ruil er nicht inngst ver
ganene Zehen mit Gewalt zurück, ein
Par "m, das aus al.en Schachteln, al
ten Kleidern strömt —- verse t es uns '
nicht mit einem Schlage unt ahre zu
riiet in eine andere Welt? Citirt die
Psychologie nicht den Fall jenes Jüng
lings, der wider Willen die Buchbin
derei erlernend, in späteren Jahren.
wenn er unglücklich war, ganz spon
tan wieder den Kleister roch? Wer
sein Paris gut lennt, wird sich nach
den Gerüchen geradezu orientiren tön
nen. Jch bin überzeuqt, der aus dem
linten Seineuser allbetannte Blinde,
der, nur mit einem Stellen versehen,
täglich seinen Weg durch die belebten. i
ja über die Iahrwege tastet, hilst sichs
zur Orientirung ebenso mit seiner?
Nase wie rnii seinem Stabe. i
Die Pariser Gerüche wechseln mit!
dem Stadtoiertel, der Tages- und der !
Jahreszeit. Ein specifisch Pariseri-·
dringt zwischen die hohen Giebel, dies
unregelmäßigen Pslastersteine. Es
riecht dott verwöhnt, nach vielen Men
schen und nach ihren Ueberresten; die
Spiilwässer, sorglos aus die Straße
gegossen, verbreiten einen saden Fett
geruch. dein die rings umhergestreuten
Gemüsereste ihre süßliche Fäulniß hin- k
zufügen. Jn solchen Gassen riecht man ;
zugleich das alte Paris und das ro-’«
manische Paris.
Durch die ganze Stadt oersolgt uns
der Weingeruch. An allen Ecken hats
Paris seine Schanlwirthe, seine »ma- «
stroquets«. Aus ihrem Eint-Schand ;
tisch driinat sich Flasche an Ilasche,«
hier ist eine Prohirstube, dort liegt der
Wein in ässern, und der hlaurothe
Sah der lösen die au die Straße
geschleuderlen Reste la en Alte-hol,
ths, Farhstoss in die ust verfluch
tigen. Seit der Ermiißigung des
Stadtzolls aus Wein tann sich unsere
Nase jedoch auch an weniaer chemischen
s Yesngeriichen erbauen. »Das edle Naß
:«4.4 «—...·-—-- -.K-l 44 : .-.-k
tust-Ists list ARIIIHIC Hcsutpusjt tu aus«-b
Keller, und neulich verbreitete —- das
Abziehen findei in der Straße statt —
ein klares, weißes Weinchen sein sehr
angenehmes Bouquet in meiner Stra
ße, Erinnerungen don Noab bis Ra
belais wachrufend.
Die zahlreichen Pariser Cafes ge
sellen dem Weindunft den Absinthg
hinzu. Zwischen 5 und 6 Uhr brideit
es Jedem, der die Terrasse derTaoerne
Pousset entlang gebt, gewaltia in der
Nase. Es ist das gelbgriinliche Ab
sinth - Ungeheuer, das diesen durch
dringend pfefferiaen Odem auf-haucht
Der Duft sehr guten Kaisees und der
weniger angenehme Duft von der-.
brauchter Luft bilden außerdem noch
eine Wolke um jedes Pariser Case
baut
Da in Paris alle Ladentbiiren ge
öffnet, alle Eßwaaren auf der Straße
ausgestellt sind, machen die Krämer
sich dort ganz besonders bemerkbar.·
Die ieischereien, die selbst bei Nacht
nicht urch fefte Thüren, sondern nur
durch starke, eiserne Gitter von der
Straße getrennt werden, sind zur
Sommerszeit im Stande« auch startes
Magen zur Emvörung zu bringen.
Den feuchten Teiggeruch, der Nachtt
aus den Bäckertellern steigt, vergesse ich
nrit unheimlicher Schnelligkeit, denn -
sanft wäre es urn meine reude an der ·
guten Morgenfenirnel ge chehen.
Wie die Milch-, Butter und Käfe- I
höndler es bei 24 Grad Wärme inmit- «
ten ihrer gerinnenden, giihrenden, sich
zersehenden Waaren aushalten, ist rnir
stets ein Rathsel gewesen. Der wider
wiirtige Geruch gesäuerter Milch, al- ;
ter Biechtannen, ranziger Butter
niigt, urn dir den Appetit gründkich
zu verschlagen. Da muß man es der
Natur Dank wissen, daß fie die Früch
te fchuf, die sich in Körnern in der mil
den Sonne dehnen und die feinen
Düfte ihrer arotnatischen haut aus
ftrömen. Angesichts dieser tändli n
Gartengeriiche wird man Begetar n
ner, fchtosrt nur noch auf Kohl, Au
derginen und Tomaten, auf Erd- und
imbeeren, Aveitpsen Kirschen, Mir
r .
ehLeion Zeit zu Zeit berührt der Duft
leckerer Chotolade unsere Nasen, dann
sind wir in der Nähe eines Confiis
teurs, oder es riecht nach frischgeis
brannte-u Rufer dann schwentt inl
unserer Nähe der Krämersputz einen!
flachen Korb, um die heißen brauneni
Bohnen auf der Straße zu tühlen.
Auf den großen Boutevards mirs
chen sich die Gartöche und Restaurantä
bemertbar. Aus den geöffneten Erd
geschoß - Fenstern dringen Fisch- und
Bratengeriiche, erhebt sich der Dust
eines Vol-au-vent einer Salatsaucr.
Leider jedoch verdirbt Geruch von
schlechter Matgarine nicht selten dies
plaisirliche Schnuppern unseres Riech
organs.
Ein Restaurant Duval kann man
sofort an seiner schmälen Sirt-pen
und Braten - Atmosphäre erkennen.
Wer sich bei Duval übernahm, wird
mit Befriedigung den Pillenii nnd
Mixturenduft der Apotbeten einath
men. Aus diesen geheimen Officinen
dringt meist das indistrete Kreosot
auf die Straße. Die Drogehandlnn
gen, »herborifteries«, geben sich ein
nafenfreundliches Air durch die
Kränze nnd Bündel miinimsk cis-Eiss
ter, Fencheh Tbymian, Salbei. ArsI
nica u. s. w., die Sommers var den
Laden bänaen Man glaubt die Ge
sundheit mit vollen Lungen tu atb
men. Zur Sommerszeit füllt auch
Ladendelduft die Straßen, denn arme
Schlucht alte Weiblein bieten die
aanzen Stenael oder nur die blauen
Körnchen dieses freundlichen Groß
Entsttergewächfes als Mottenpulver
et .
Dass eigentliche Gewerbe riecht man
weniger aus den Pariser Straßen.
Die großen Fabriten sind an den
äußeren Stadttreis gedrängt, und
verpesten die Bannmeile mit ihrem
Ammoniak, Cellulose, Schwefelduit
und Rauch. Die innere Stadt kennt
freilich die Messing-, Kupfer- und
Schmelztigel-Geriiche der Goldfchrniede
und Devotionalienbiindler. Es ift
eine schwere, ftickige Lust, die aus die
fen Ersgefchoßiucken aufsteigt: die
Metalldämpfe kratzen uns im Hals
und lassen uns den bömmernden Ar
beiter dort unten nicht beneiden.
Der heiße, beizende Aspbaltgeruch
ift in Pariser - Straßen ständig, da
ja am Pslaster immerfort gefiiett wird
auch mit den getheerten Blöctrn des
yolzpfiafiers macht jede Pariser Nase
Bekanntschaft Gasauödiinftungen ge
hören zu den alltäglichen Erscheinun
aen, und den Geruch von ausgewähl
ten Fundamentem frischem Kalt,
neuen Ziegeln, diefen talten, naisen
Kellerwurmgeruch kennt gleichfalls
Jedermann.
Jn den letzten Jahren bat fich die
Pariser Geruchstarte noch durch die
Petroleum- und Benzindiiite der Mo
torwagen bereichert. Unsere Nasen
baben sich zuerst gegen befaaten Ge
ftant empört, jetzt atbmen wir diesen
höllenbrodem ebenso ergeben ein« wie
die Ausdünstungen der Schlächter
und Milchliiden.
Mit zu den »öffentlichen Geriichen'
der Stadt Paris gehört auch die un
iagbare Atmosphäre von Staub.
Schweiß, nassen Kleidern und Kupfer
geld, die im Winter die Omnibus:
bureaur und die Fabrzeuge selbst er
füllt, von dem alten Leder nnd unge
biirsieten Tuch der Droschken ganz zu
schweigen.
Eine wahre Pönitenz ist in Paris
die sogenannte »Artillerie Rinier«,
deren die Ville lumiere, die heute noch
in all ihern alten Vierteln am Ab
suhrlystem klebt, nicht entbehren kann,
und welche Nachts die Straßen mit
Wollen füllt, deren schlimmste-, lite
ment sicher nicht der durchdringend
Steinlohlengeruch der Dampf-Nunm
inaschine ist. Endlich verunstaltet Pa
ris ost seine schönsten Plätze und
Prvmenaden durch die Errichtung
zahlloser Etablissements, die. einem
anscheinend in Frankreich besonders
dringenden Bedürjnisse des starken
Geschlechts gewidmet, slir älthetisch
empiindende Seelen und seine Nasen
jedoch ein uniiberrvindlicher Greuel
sind. Die Ausstellungsbesucher haben
von dieser specifisch Pariser Einrich
tung kein gutes Andenken mitgenom
men und die Amerikanerinnen, denen
man damit die schöne Prornenade am,
Luxembourg verdorben, nennen dies
Verfahren kur weg »piggish«.
Um jedoch aris nicht mit einem
üblen Geruche zu verlassen, sei noch
erwähnt, daß dieser selbe Luxembourg
im Juni voller Linden- und Akaziens
dust ist. rn Juli stillt ein anderer,
etwas süßlicher Geruch viele der brei
ten Boulevards: es ist die Blüthezeit
des »Vernii de appn«, eines sehr
laubreichen und·s önen Baumes. Jrn
Herbst, und bei heißem Sommer schon
früher, riecht jede baurnbestandene
Straße nach den verbrannten Blät
tern der Kastaniem man glaubt im
Wald zu sein und in Schichten gelben
Laubei zu wandeln. Entzücken der
Augen und Nase sind und bleiben aber
stets die großen Blumenmärkte, deren
Rosen jahraus, jahrein ihren Dust
entfalten und uns «Artillerie Richer«
und ihre-gleichen vergessen machen.
Wir endlich die Pariser-innen sich
felbsi und die Straßen parfiirniren,
weis jeder Banlevardier. »Er treiie
incarnat«, der-zart besaiteten Natu
ren unleidlichen Kopfschnierz bereitet,
war die lehte, durchdringende Mode
Eriindung, von Allen geschäht, die
Interesse daran haben, im Pariser
eriihl ein Mertltchses Kielwafser zu
hinterlassen.
Hochmnth lomtnt vor dein Fall.
Dieses alte Sprichwort hat sich dieser
Tage an einem stolzen portugiesischen
Abgeordneten bewahrheitet: Der Er
preßzug von Oporto hält zwei Minu
ten auf der Station von Alfarellos;
auf-dein Bahnsteig herrscht eifriges
Treiben und Drängen, da viele neue
Reisende den Zug besteigen, andere
wieder die Zweigbahnen, die nach den
nahen Badeorten führen, zu erreichen
sich beeilen. Ein sehr vornehm geklei
deter Herr ist aus dem Salonwagen
gestiegen und hat sich einer Dame ge
nähert, die ihn augenscheinlich erwar
tet hat und mit der er sich in ein eifri
ges Gespräch eintiißt. Dis erste,
zweite und dritte Glockenzeichen er
tönte, im Eifer der Unterhaltung über
hört aber der vornehme Herr alle drei
Signale, und rasselnd seht sich der
Zug ohne ihn in Bewegung.
Wüthend stürzt er auf den Sta
tionsooriteher zu: »Sie Mensch! wie
haben Sie sich unterstanden, den Zug
ohne mich abfuhren zu lassen, wußten
Sie nicht« daß ich mitfahre? »Excellenz
entschukdigen, aber-» die Zeit, die
Signale«, itotterte der arme Beamte,
der zum mindesten den neuen Director
des Aufsichtsrathes oder einen Mini
ster vor sich zu sehen vermeint. »Kon.
nen Sie denn nicht vornehme Perso
nen von anderen unterscheiden. Sie
Esels« Der Stationschei, der sich in
seinem guten Recht weiß. wagt dennoch
nicht zu widersprechen, da er um sein
Brod zujommen fürchtet, nur bittet
er, Excellenz möge ihm seinen Namen
nennen, damit künftig ein ähnliches
Veriehen vermieden werde. »Ich bin
der Abgeordnete X!« erwidert der hohe
Herr stolz. Statt der gewünschten
Wirluna dieser Ertliirung erfolgt von
Seite des Stationschefs die schnelle
Frage: »Regierungspartei oder Op
position?«, und da die Verzögerung der
Antwort die Vermuthung des Beam
ten bestätigt, so ändert dieser auch so
sort seine Haltung. »Sie miserabter
Regierungsfeind, Sie wagen hier noch
Lärm zu machen!" Und ehe der vor
nehme Herr es sich versieht, wird er
von dem Stationsches und einem Wei
chensteller am Nacken gefaßt und unter
einer furchtbaren Tracht Priigel aus
dem Bahnhoie hinauzhesiirdert
DerFall ist thpisch sür portugiesische
Verhältnisse: auf der einen Seite der
Düntei, die Laune des Gewalthaberg,
der iiber Regiement und Gesetz zu ite
hen glaubt, aus der anderen die Furcht
eines pflichtgetreuen Beamten vor eben
derselben Laune, vor welcher ihn stie
rnand zu schützen vermag, es sei denn,
daß der Gewalthaber nur ein Intui
Magnat ist, dessen man sich mit einer
Tracht Prügel erwehren kann.
——.
zersmn bki Lehrerin-en
»Geisteslrankbeit bei Lehrerinnen«
ift der Titel eines Aufsehen erregen
den Aufsayes, den Prof. Zimmer so
eben in der deutfchliindifchen »Ok)ristli
chen Welt« veröffentlicht hat. Er be
richtet, daß ihm beim Besuch verschie
dener Jerenanstatten aufgesallen sei,
daß »verha·ltnißntiißig viele und ernst
erkrankte Lebterinnen unter den Gei
fteåkranken sich besänden.« Diese Be-:
obachtungen gaben Professor Zimmer
Veranlassung« eine Uniirage bei
sämmtlichen Jrrenanstalten inDeutfch
land, Oesterreich, derschioeiz unwillk
land zu veranstalten, die zwar nicht
von allen, jedoch von einen-. großen
Bruchtbeil beantwortet ift. Tag
Resultat ist, daß je nuf 80 bis M
weibliche Geifteslranke eine Lehrerin
kommt. Da in Preußen nach der letz
ten Zahlung auf je Its« Frauen eine
angeitellte Lehrerin entfällt, fo ergib:
sich, dasz die psychische Gefährdung der
Lehrerinnen viermal so groß ist wie sie
nach dem Durchschnitt der , rat-enge
fiibrdung fein würde. Noch chlimmer
steht es mit den jungen Mädchen, dce
in der Vorbereitung zum Lehrerberuf
stehen. Diese sind nach der Ansicht des
Professors Zimmer etwa zehnmal so
sehr psychisch gefährdet als die Frauen
überhaupt! Der genannte Autor er
klärt weiter: »Wenn Telephoniftinnen
und Verlänferinnen nervöåwerdem so
nimmt das nicht Wunder; denn ihre
Tbiitigleit äindet keine Refonanz im
Frauengem th. Aber wenn die Leh
rerinnenthiitigleit der Natur derSache
nach so recht dem Frauengemiitb ent
sprechend, durch dies oder jenes Un
sweckmiißi e in Vorbildung und Aus
«bung ge ährdet wird, dann giebt es
allerdings viel zu denken.«
Ei wäre interessant, auch liber Gei
fteskranlheil bei amerikanischen Leb
rerinnen eine entsprechende Statistik
u erlangen, zumal dieser Stand ver
iiltnißmäszig so zahlreich ift. Dabei
kommt freilich auch in Betracht, daß
für die meisten dieser der Lehrberuf
keine Beschäftigung fiir das ganze Le
ben ist, in vielen Fällen sogar nur we
nige Jahre gelibt wird. Eine Statistik,
wie die obige, bezüglich der amerika
nischen Lebterinnen dürfte daher ziem
lich glinftig ausfallen.