Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, September 20, 1901, Sonntags-Blatt, Image 10

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    - «
Issillpelm Berger.
—.......—
sek- Ems, dem modern aufge
. keiett am Fuße der Berge bin
·::’ Kurortr. am rechten Ufer
- eine Stunde lang fluzaust
pasiert, gelangt zu dem a!ten
dtchen Dausenaie
, et befindet sich jenes Wirthshnus
der Labu. von dem das alte Volls
- erzählt: »Da lehrten alle Fuhr
It« an ; Frau Wirthin sißt am Ofen.
, Gäste um den Tisch herum, den
Hin will Niemand loben.«
; Das alte Gebäude, obgleich in vielen
Ecken modernisiet, kann dennoch m
Mielalter nicht verleugnen, werin eTJ
Ist-standen ist. Es ist im Jnnern der
Htig verbaut, als ob die Schildbtirger
, Plan dazu geliefert hätten Neue
»Es-Este bedürfen vorsichtiger Führung,
M mit heiler Haut zu den Zimmern
It oberen Stockwerke zu gelangen.
TM ’edes tann nur nuf einer besonde
M reppe erreicht werden. Die im
! kbdnniel beginnt und im Gan-mun
verläuft.
, Wenn man im ersten Stockwerte ei
Ies geräumigen Saal durchschritten
, . tritt man in ein winziges Gärtchen
us, das zwischen dee alten, brtxten
; , tedtmauer. von der es nach der Lzbn
I abgeschlossen wird, und den Hans
jetwetm die hier einen rechten Winkel
bilden, ausgeschüttet zu sein scheint.
Es ist als Gärtchen eine mißlungen
;Hchspfung, da nichts darin recht gedei
W will ; doch gewährt es einen über
spscheud hübschen Ausblick in das
kzsghuthal Jenseits des Flusses, auf
Dem eine fliegende Fähre geräuschlos
Im einem Ufer zum andern vendelt,
Wt sich bis zum Fuße der bewaldeten
Ferse ein breites Wiesengelände aus,
M hin und wieder mit Baumgruvpen
gwuthig geschmückt ist. Wenn im
Immer die Sonne bis in die Nähe
zie- weftlichen Vorizonts hinabges unten
Eis nnd die Landschast mit röthlichem
LM Mist-Ile CI OZ MII tin NHD
-Msien Friedens. stilltriiumender
Häckseligteih in das man hineinschaut.
Darüber tiinnte ein einsamer Gast. der
XI dem Gärtchen seine müden Füße
steckt, recht wohl eine Weile des- Kam
pfes vergessen, den er etwa draußen im
Leben zu führen gezwungen ist, und
Lilie Uebel des Daseins mit einem te
xjgnirten Lächeln Von sich ahthun.
. Der Mann jedoch, ein angehender
k» nsziger,' der an einem Abend des
J en Sommers sich dort niederließ,
teinen Sinn für den Zauber der
s» dschaft Er war von Nassau her
gewandert und wollte ein Stündchen
kosten, ehe er dorthin zurückkehrte
Eine Kellnerin des Hauses hatte ihm
den Weg zum Gärtchen newiesen und
bgte ihm diensteisrig Speisetarte und
Mnliste dor, als er Platz aenommen
Hatt-. Früchtig blickte der Gast hinein
nnd wählte das erste beste, woraus sein
sage fiel. Kaum war die Kellnerin
is Hause verschwunden, als er den Jn
M seiner Bestellung schon vergessen
e. Er holte langsam eine Zeitung
Igz der Tasche. breitete sie Umständlich
sitt sich aus und ließ dann die Augen
gji«-freut über die Spalten wandern,
J- oh er mit seinen Gedanken tausend
.Ieilen entfernt wäre.
M nicht lange hatte er gelesen, als
G- Darne in das Gärtchen trat. Auf
Md stutzte er. Die Dame hatte die
, r eines jungen Mädchens, und
Tisch ihr hübsches Gesicht war rund Und
i - -inngig. Dagegen lagen über ih
Schliifen lose gemellte graue Haare
Ird zeigten, daß ihre Besitzerin längst
P Jugend hinter sich hatte.
TI» Der Zeitungsleser schrat aus seinen
räumen empor. Diese Dame, die
- « lich vor ihm aufmachte-trug genau
elden Züge, wie ehedem die Tochter
" ; r Zimmerwirthin in Leipzig, wo
: dirt hatte. Wie mit einer Schwe
" hatte er damals mit dem Mädchen
i , Tag für Tag, zwei Jahre
kaag . . . .
— Rasch erhob er sich.
»Sie müssen Fräulein Fideik- Um
Ehuf sein oder doch einst Diesen Namen
Tseinigen haben.« sagte er.
Die Fremde blickte ihn forschend an.
Bann, Ihn erkennend, streckte sie ihm
— hönde entgegen.
Waldust Jst es möglich!
o seb’ ich Sie doch noch einmal im
. — wieder!«
Or hielt ehre Hände fest und betrach
aufmerksam ihre Züge.
Ei ist überaus merkwürdig, was
seh-. l« ries er aus. »Ueber Sie hat
Zeit nichts vermocht«. Sogar das
s- haar, das anderen Frauen die
rägung des Alters giebt, ist
zum neuen Jugendschmuck ge
-« . Vesißen Sie ein Mittel das
ftp-eß des Alterns aufhält, der
b Uns andern erbatmungslos pell
I —- Sheilen Sie mir-T mit, und
M die Stunde segnen. die mich
seit Ihnen zusammengesiihrt
dann F« seagte die Dame schel
aber ging aus den Ton
densie anschlag. Itnsiec
Itsr ·Svstau Sie, tros der hei
Mit-: die Sie zur. Schau tra
M manches auiznsejeu ha
. Ruck III-Schw
Ja
Die Jugendfreundin fchättelte den
Kopi. «Ich kenne Sie nicht wieder,
Herr Burthard Wald-IF rief sie ieb
haft aus. .Jch muß mich ein Weisen
zu Ihnen seyen. damit Sie mir erlis
Z ren, was mit Jhnen vorgegangen ist
nährend der lesten fiinfnndztvanzig
Jahre . . . Mit einer Lästerung der Este
beginnen Sie unsere neueBelanntschaft;
Das ist schlimm, sehr schlimm. Welche
Erfahrungen mögen Sie gemacht ha
ben! Mein Mann, der Rechtsanwait
Spitzen behauptet. er hätte erst zu leben
angefangen, als ihm der goldene Reif
angelegt wurde, der ihn an mich bin
det. Und das sagt er nicht nur mir
-inS Gesicht, was nicht viel bedeuten
würde, sondern auch hinter meinem
Rücken, was ihm nicht das mindeste
einbringt . . .«
r » tücklicher Sdiller!« seufzte Wal
sue.
Wiederum schüttelte Frau Fides den
Akt-f- »Jch brenne vor Neugierde, —
Aber alles der Reihe nach. Erzählen
Sie mir von Jbren Erlebnissen —- von
Anfang an. Das heißt: von Ihrer Alv
reife von Leipzig aus; denn seitdem
habe ich nichts, gar nichts von Jtnen
gehört; Sie waren wie von der Erde
frrtgeblasen.«
»Sie erwarten wohl. Wunderdinge
von mir zu vernehmen, gniidige Franz«
versetzte Waldus, vor sich nieder-blickend
»Ich erinnere mich, welche hohe Mei
nung Sie einst von mir hatten. Eine
glänzende Karriere fei mir sicher —
3 mit dieser Provbezeiung schmeichelt-n
Sie meiner Eitelkeit. Und was ist aus
mir geworden? Der Direktor einer Le
rensverticherungs - Gesellschaft —- wei
ser nicht5.«
«Nun —- ich dächte doch, damit
» könnten sie zufrieden sein«
«Meinen Sie? Vielleicht wär’ ich’s
noch. wie ich’s zuerft war. Dann aber
; beging ich eine Dummheit, infolge de
« ren mein Nervensystem in Bersall ge
rathen ist Jch deirathete.«
»Aber, here Waldus —«
Er schlug die Beine übereinander und
lehnte sich in den Stuhl zurück. »Ich
beichte die lautete Wahrheit. Sehen
Sie: als ich eine Weile in Amt und
·; Würden gesessen hatte nnd mir’ö wohl
geworden war unter den Bürgern der
- »n-- kam-i di- mit mit ihre Steuern
-,—---- — » . .
ir- denfelden Södel zahlten, da ergriff
« mich das Verlangen, auch einen haus
stand zu gründen.«
»Seht natürlich«, schaltete Frau Fi
E des ein.
»Das sagen Sie. Und es mag ja für
manche Männer am besten sein, daß sie
sich beweiben —- logar, wenn es sein
kann, in der Blüthe ihrer Jahre. Dann
i aber müssen sie das Glück haben, auf
» nicht.
dem Heirathsmarlte, den sie besuchen.
eine Lehensgefähriin zu finden, die zu
ihnenmaßt Ein solches Glück hatte ich
O, meine Ertorene schien ein
fanftes, verträgliches Wesen und hatte
ein Gesicht wie eine Madonna. Ueberall
sprach man nur Guteö von ihr; un
glaublich war die Zahl ihrer Freundin
nen. Und als ich den Schritt gewagt
hatle —- als unsere Berlobungslarten
in fünfhundert häufer der Stadt ge
regnet waren —- wie freuten sich all die
lieben Bekannten, daß dieses engelsgute
Mädchen endlich zur Frau erhoben wer
den sollte! Wie glücklich pries man mich,
daß ich mir diesen Schas gesichert hatte!
— Nach der Hochzeit aber — o weh!
Sofort arbeitete sie mit allen Mitteln
darauf hin. mich zu ihrem »Hei-en
Männchen« zu degradiren — zu einem
Siemandl, wie man fo schön in Wien
sagt . . . Verstehen Sie, was das heißen
will, gnädige Frau? Wie empörend es
ist, wenn der Mann von seiner Frau
ins Schlepptau genommen werden soll
. —- trenn sie beansprucht, daß er ihre
. sämmtlichen Interessen — und nur
diese —- zu den seinigen macht, daß er
; ihre sämmtlichen Sorgen um Toilette
i
i
l
T und haust-alt als den vornehmsten Ge
genstand feines Nachdenkens betrachtet?
— Das war mein Fall.«
»Beneidenswerth war Jst Looe ge
Z rede nicht«, sagte Frau Fideö mit leich
! tem Lächeln· «Meiner Mutter Wünsche
nnd die meinigen fiir Sie singen höher
hinauf . . . Ja. ja. herr aldus, wir
beide haben uns häufia mit Ihnen he
«
l sdkäftigi. Und das war kein Wunden
. Haben Sie uns doch in einer Zeit der
i Noth, als wir weder ein noch aus wuß
ten, großmüthig durchgeholfen —«
I Waldus unterbrach sie mit gerunzel
ter Stirn: ,,Also hat Jhre Mutter doch
E geplaudert?«
( »Sie hat mir nur bestätigt, was ich
, bereits errathen hatte. Damals —- ich
I rann es Jhnen jetzt bekennen, da wir
" beide oon der sicheren Watte des Alters
auf unsere Jugendgefühle hinahfehen——
damals, als schwärmerisches junges
Mädchen, habe ich Sie verehrt wie ein
höheres Wesen. Jch würde alles für
Sie gethan, alles um Jhrettvillen er
litten haben. Zugleich aber hielt ich
meine Neigung ängstlich vor Ihnen ver
borgen. Ich hätte mich zu Tode ge
schämt. trenn Ihnen eine Ahnung da
von gekommen wäre. Glücklicherweife
hatten Sie Tiber andere Dinge nachzu
denken als über das Seelenleben eines
unbedeutenden kleinen Mädchens, ver
Tochter Ihrer Zimmerwirthin. Doch
waren Sie immer ganz reizend zu mit
— das muß ich rühmend anerkennen
Und obgleich seitdem alles in mir und
uen mich anders geworden ist — unt
tote ander-! —- dennoch durchfuhr mich
vorhin ein freudiger Schreck, als ich Sie
erkannte«
Das war für Bnrthardt Waldus ein
überrascht-Wes Bekenntniß aus dem
Munde der W noch anmuthiges
M Ui U stiss tu diesem sinkel
Jt
des alten Wirthshausesan der Lahn
mit ihm zusammengefiihrt hattet
O O I
Jn diese-n Augenblick trat die Kell
nerin in den Garten, Schüsseln, Teller
und eine halbe Flasche Wein tragendl
Waldui, dessen sauertäpfische Stim
k mung nach der fiir ihn so schmeichel
Y haften Enthüllung seiner Gefährtin
plötzlich verschwunden war. erilärte
dieser: .ES wird mein Adendefsen sein,
das dort angekiickt kommt. Jch erin
nere mich wenigstens dunkel, daß ich
diesem Fräulein vorhin einen Auftrag
auf Speise und Trank ertheilt habe.«
»Sie haben bei mir Schmorbraten
und eine halbe Graacher bestellt«, be
stätigte die Kellnerin.
..Schmorbraten hätte ich bestellt?«
rief Waldus mit affektirter Entriistung
aus. »Schmorbraten, dieses undefi
nirbare Etwas, in das sich schließlich
in den Gasthauzliichen alles Fleisch
verwandelt. das sich seines ehrlichen
Namens schämen muß? Da muß ich
von allen guten Geistern verlassen ge
wesen sein! Bitte, nehmen Sie das
Gericht wieder mit und machen Sie den
nächsten armen Teufel, der vorspricht,
» damit glücklich. Und an dem Graacher
s mag er sich auch gütlich thun . . . Nein.
Frau Fides, wir müssen in eine-n bef
feren Getränl anstoßen ..... Schnell,
« Fräulein: eine Flasche von Jhrem be
; sten Selt!«
»Halt, herr Dotier!« fiel Fikes ein.
" »Ich bin zu Rad. Wie soll ich heil nach
- Eins zurückgelangen, nachdem ich Ih
, nen in diesem heimtiiciifchen Getränk
j gebührend Bescheid gethan habe?"
»Nichts einfacher als das-! Schicken
. Sie Jhre Maschine durch einen zuver
: Hause . .
lässigen Dausenauer Jüngling nach
. Jch begleite Sie hernach
. iiber die Berge . . . das ist ein iöstlicher
Weg im Mondschein . · . Es bleibt bei
Selt, Fräulein!«
Die Kellnerin zeigte sich der Lage der
Dinge- gewachsen.
»Mächten die herrschaften nicht Fe
l rellen speisen Z« erkundigte sie sich. »Es
; ist gerade ein frischer Fang eingebracht
Z worden«
!
»Forellen!« rief Waldus begeistert
aus-. «Ein himmlischer Gedanlei Was
meinen Sie, Frau Fideö« «
L -—1
; »Ulllllclfluuscu, ruuruxux unis
s und nielte der Kellnerin zu. aNur Ih
i nen zu Gefallen, herr Doktor! Aber
I was werden meineTöchter fagen, wenn
Z sie kommen, mich abzuholen, und fin
I den mich schmausend und pokulirend
i mit einem fremden Herrn?«
! .Jhchöchtck2 Sind sie mit Jhum
; in Einsi«
! «Beide. Serafine und Hildegard
i Prächtige Mädchen! Mir sind sie iiber
i den Kopf gewachsen. Wir find mit ei
E ner Freundin ausgeradelt Jch wurde
müde und mache hier Station; die an
dern sind weiter gefahren. Auf ihrem
Nüawege wollte ich mich ihnen wieder
anschließen.«
»Gesegnet sei diese Müdigkeit!« rief
Waldus aus. «Jch fühle mich wie der
jiingt in Ihrer Gefellschaft!« ,
«Dariiber freu’ ich mich. Es that
auch noth, daß Jemand kam und Sie
aufheiterte. Als ich Sie traf, waren
Sie in einer fchauderhaften Stim
mung.«
Sie lachte hell auf. Es war ein kne
lodisches Lachen, das mit Silberton
eine Oktave durchlief.
»Wie entzückend Sie lachen!« sagte
Waldus. »Noch immer wie in alten
Zeiten! —- Ach Gott, wenn doch meine
- Frau solch einen lustigen Finkenfchlag
an sich gehabt hätte! Werden Sie es
glauben: Sie konnte überhaupt nicht
lachen. Und sprechen that sie, wie ein
heimchen zirpt. Meist in demselben
Ton; nur zuweilen schlug ihre Stim
me in die Quart hinauf — ganz ohne
Veranlassung« Dabei brachte fie es
auf mehr Worte in der Minute, als der
gewiegteste Stenograph hätte zu Pa
pier bringen können . .. Ach, Frau Fi
des, wenn ich mich doch damals in
Leipzig in Sie verliebt hätte! Es wä
re mir besser ergangen im Leben!«
Wieder erklang ihr silbernes Lachen.
»Wissen Sie denn, bester herr Dok
tor, ob ich Jhnen im intienen Verkehr
-ZI-5 --J- nunsssdoslnÆAP costs Mäsk
als Ihnen Jbre Frau gewesen zu sein
scheint?«
»Unmsglich! Sie! Jch bin über
zeugt, wir würden sabelhast gut zu
einander gehaßt haben. . . . Aber hier
ist endlich der Seit. Lassen Sie uns
aus gute Freundschaft von jetzt an an
stoßen!"
Jides that ihm Bescheid.
«ErziihlenSie mir von Jhrer Frau.«
bat sie bann. «Sind Sie schon lange
Wittweri«
«Genau genommen bin ich leinWitt
wer."
»Wie soll ich das verstehen? Ihre
Frau lebt also noch?«
»höchst wahrscheinlich Sie wirt
wohl irgendwo munter weiter zirpen
Mich ärgert sie nicht mehr. Wir sini
nach siins Jahren iriegerischen Zusam
menlebens geschieden worden· Rinden
hatten wir glücklicherweise nicht. Un
sere gegenseitige Abneigung war bit
zu einem Grade angewachsen, daß das
Gericht nicht umhin konnte, uns oor
einander zu befreien.«
»Und Sie haben den Antrag au«
Scheidung gestellti«
»Dazu fehlte mir der Muth. Ja
fitrchtete den Standab Glücklicher
weise war sie weniger s trupuliis· Ei
net Tage-, während ich im Bureoi
war, riickte sie aut, unter Mitnahtns
ihrer habe. Gchrisilich erklärte sie mir
des sie länger seine Lust habe, alt'
Mo d eines launis . thrannischen.
selb iichtigen, von einer Unfehlbars
seit iiberzeugten Menschen ihr Lesen
u verbringen. Jch bise Sie. Frau
Pries, sagen Sie mir, ob diese Vo
chreibung auf mich paßt.«
T »Gewiß nicht«
! »So aber hat sie mich damals der
fggnzm Stadt geschildert. Denn sie
«
tte sich bei einer von ihren Freundin
nen einquartiert und lief geschäftig um
her, um die öffentliche Meinung gegen
mich zu wenden, während ich so anstän
dig war, jede Auslunft über die Ange
legenheit zu oerweigern. Zunächst lam
sie obenauf. Jch galt als ein Unge
heuer. sie als eine bedauernswerthe
Dulderin. Als das Gericht unsere Ehe
elöft, empfing sie Blumensträuße zu
utzenden und die Gratulationsdesuche
sollen bis in die Nacht hinein gedauert
haben.a
Hoffentlich haben Sie sich nichts
daraus gemacht?«
.Das lann ich nicht behaupten. Jch
ließ mich zu einer Gegendemonftration
reizen. Zur Feier meiner Erlösung
veranstaltete ich ein herrenfouper. das
glänzend verlief. Nach dem zweiten
« Gange wurde in der Mitte der Tafel
unter Absingung eines angemessenen
Liedes nach der Melodie von Gnaden
« mns igitur ein paar Papierpantoffeln
verbrannt. Dann nahm mir der Fest
» redner ein Joch vom Nacken und vollzog
feierlich meine Aufnahme in vers Bund
der freien Männer.«
»Nicht übel!« sagte Frau Spiller
lachend.
..Am nächsten Morgen wußte die
ganze Stadt, was vorgesallen war, und
« die Stimmung schlug zu meinen Guns
ften um. So entschieden, dafz meine
gewesene Frau es fiir rathsam hieit,
abzureisen. Seitdem habe ich nichts
wieder von ihr gehört."
; »Ri; tann mir denken, daß Sie nach
Hdiefer Erfahrung meinem Geschlechte
. möglichft aus dem Wege gegangen
. sind-«
- »Das bin ich. Gebranntes Kind
scheut das Feuer. Und doch, Frau Fi
T des: wenn Sie frei wären —- mit Ih
E nen« wiirde ich’s gleich nochmals wa
« gen.«
z uns vieie rieoeserrcarung antwor
I tete sie nur mit ihrem melodischen La
J chen.
« Er aber fuhr eifrig fort: »Ach spre
che in vollem Ernst. Schon einmal hat
; Jbr Herz mir angehört, ohne daß ich
J Esel eine Ahnung davon hatte. Es ist
- meine feste Ueberzeugung, daß wir
heute noch gliieklich mit einander fein
könnten —«
»Wenn Spiller nicht wäre," fiel Fi
des lachend ein. .Der aber denkt nicht
daran, von seinen verbrieften Rechten
irgend etwas aufzugeben. Er hängt
; sehr an mir, mein lieber Sviller, und
ich wiederum an ihm. Wir Beide hof
fen. noch manches Jahr zusammen deg
Lebens sroh zu werden. Sie haben nun
einmal die Gelegenheit verpaßt, liever
J Herr Doktor. Und was man dem Au
« genhlitke ausgefchlagem bringt keine
Ewigkeit zuriict.'«
f
f .
Die Zurechtweisung, die Burihardt
Waldus fiir seine tollpatschige Offen
herzigteit erfahren hatte, war milde ge
nug gewesen, aber sie wirkte doch aus
ihn ein wie ein kaltes Sturzhad. Noch
hatte er sich zu keiner Antwort erman
nen können, als die Kellnerin mit den
bestellten Forellen in das Gärtchen trat.
Hinter sich ließ sie die Thüre zum an
grenzenden Saale offen.
Helle Stimmen klangen heraus.
»Es ist doch meine Schuld nicht,«
sagte die eine. »Warum ist sie nicht
abgestiegen, als das Dausenauer Pfla
ster begann. dessen Gefährlichkeit für
unsichere Fahrer sie doch zur Genüge
kennt!«
»Weil du führtest,« erwiderte die an
dere. «Wo du giatt weiterkommst,
wollte sie doch nicht zurückstehen! Du
kennst sie ja.«
« »Es sind meine Töchter.« erklärte
j Fides iihreiknch Gefährtefrn Xlleber wa-y
i möåeg ie i nur erei ern-«
on traten die beiden Mädchen in
— den Garten hinaus. Keine fah der
i Mutter ähnlich-aber hübichwaren auch
t
s
—
sie, und der helle Anzug, Den ne von
gleichem Stoff-und Schnitt trugen, hol
die schlanlen, jugendlichen Gestalten
auf das vartheilhasteste hervor.
Fides stellte sie dem alten Freunde
rasch vor. Dann sragte sie neugierig
»Was ist vorgesallen? Wo ist Lucie?«
Bei diesem Namen guckte Waldus zu
samtnen
»Sie itst ntit dem Rade am Anfange
des Ortes gestürzt,« antwortete bilde
gard. »Jetzt läßt sie sich unten ins
Hause reinigen.«
««Sie hat sich doch nicht verleht?«
»Jedensalls ist ei nicht der Rede
werth,« versicherte Serasine. »I:eilich
stöhnt und lamentirt sie, als ob sie voll
ständig aus den Fugen geganaen wäre.
Aber das thut sie ja immer, wenn ihr
nur det tleine Einger web thut.«
»Ihr hättet i tbr bleiben und euch
Bewe- annehmen sollen,« tadelte die
utter. »Ich denke, ich sehe einmal
nach ibr.«
Waldus mischte sich ein« ,Jch er
laube mit, zu bemerken, gnädige
rau,« sa te er, »daß unterdessen un
ere Fore en talt werden würden.«
»Selbstdekständlich bleibst du bei dem
Deren Doktor, Mutter,« entschied Hil
degard. »3u deiner Beruhigung wol
len wir beide dem Schaden einmal auf
den Grund gehen. Komm, Serasine!«
Die Mädchen eilten lachend davon.
Kaum waren sie aus dem Saale ver
schwunden, als Walde-s sich hastig ek
lundigte: »Wer ist die Dame, die Sie
! vorhin Lueie nannteni«
«Ein älteres Iikriinlein aus Leids . ;
eine hausfreund n von uns. Sie i
; mit uns nach Eins geregt und wir woh
s nen dort in dersele ension.«
Bernhigt wandte Waldus sich den »
i Forellen zu. Das konnte die Luciej
; nicht sein. der er wieder zu begegnen ;
; fürchtete. i
E Die Unterhaltung zwischen den bei- I
« den Tischgenossen wollte nicht wieder ·
in Gang kommen. Der Mißtlang, mit
dem das legte intime Gespräch geschlos-— ;
sen hatte, ballte noch nach.,in ihm wie
in ihr.
Endlich raffte Fides sich zu der Fra
ge auf: «Weeden Sie sich noch längere
Zei; in Nassau aushalten, Herr Dol
tor" « »
Schmerzlich empfand Walduå die
tonventionelle Kühle dieser Anrede. Es
schien ihm, alk- od die Jugendsreundin
sich plötzlich meilenweit von ihm ent
fernt habe. .
»Meis; ich’s denn ?« versetzte er un
wirich. »Mein Arzt versichert mir täg
lich, er sei sehr zufrieden mit mir, Aber
so reden sie alle —- aus Geschäftsinteri
esse. Ich merke noch nichts- von dem
Wohlgefühl, das mich in früheren Zei
ten durchströmtr. Und deshalb-wenn
meine Stimmung sich nicht sehr bald
bessert, werde ich eines Tages den
Staub des Ladnthales von meinen Fiis
ßen schütteln.« -
Fides wollte eben dem unzufriedenen
Freunde empfehlen, in Geduld auszu- ,
harren, als aus dem Nebensaale der
MorgenrötdesWalzer von Strauß her- -
iiberllana, von geschickten händen ei
nem verstimmten alten Klavier entlockt. ?
»So tanzt doch!« rief Hildegard, die
Spielerin. .Da wird es sich gleich
eigen. daß das Dusenauer Straßen
vflaster keinen Schaden angerichtet bat.«
Eine zirpende Stimme ließ sich kläg
lich vernehmen: »Lassen Sie mich doch
los Serafine! Es ist grausam von
Ihnen, mich in solch rasendem Tempo
herumzuschwentenL Kaum lann ich
mich auf den Füßen halten: «
. Beim ersten Tone dieser Stimme war .
Waldus entseht ausgesprungem »Mus-,
dieses verhaßte Weib mir wieder den .
Weg lreuzen!«
Fides begriff sofort. «Wie?« fragte
sie höchst erstaunt. «Lurie Greifenstein
ilriiirse Jhr altes HeimchenZ — Unglaub
ich."
»So! Jhren Mädchennamen hat sie
also wieder angenommen!" rief Wal
dus. «Unter einer Lüge versteckt sie ihre «
Vergangenheit! Und wieder ist sie gut
Freund mit Jedermann, gerade so wie
ehemals.« ;
Er tohte in dem Gärtchen umher wie
ein wildgewordener Löwe in seinem2
Käfig. Wäre die Mauer nach der Lohn
nicht so hoch gewesen« er wäre hinahges ;
sprungen.
»Gegen Sie sich doch ruhig hin,'« rief ’
Fides. »Sobald Ihre frühere Frau?
Sie erblickt hat, wird sie schnell genug .
den Rückzug antreten.'« «
Doch Waldus ließ sich nicht bedeuten. L
«Jch will ihr falsches Gesicht nicht wie
dersehen!« raste er weiter. »Wenn sie
mir wieder vor die Augen träte mit dem
süßlichen Lächeln, das mich früher so
oft wild gemacht hat — ich weiß nicht,
was ich zu thun im Stande wäret
Schützen Sie Jhre Freundin: Frau
» Rechtsanwalt Spiller!" z
J Noch immer nahm drinnen der Wal- s
» zer seinen Fortgang. Als jedoch Fides ?
l sich jetzt in den Saal begehen wollte. um
s eine Begegnung der geschiedenen Gat
E ten zu verhindern, erschien Lucie Greis I
; fenstein auf der Schwelle. Taumelnd
, und mit geschlossenen Augen klammerte Z
s sie fich an einen Thürposten. H
i »Alles dreht sich im Wirbel mit mir i
herum!'· llagte sie weinerlich. »Die ;
I gottlofen Mädchen! Mich so zu miß- :
I hauveini —- Wo sind Sie auk Indes-»
i Dicken Augenblick benutzte Waldus, ;
" um an ihr vorüber hinauszuschliivfem ;
! So ichwiuviich wie Lucis sich das-,
, stellte, schien sie doch nicht zu sein. Denn I
i samn hatte Waldus sich in Sichckhcih
«’ gebracht, als sie sich mit einem plötzli- .
; chen Ruck umwandte, die Augen weit«
« geöffnet.
g »Wer war der Herr?« stief-, sie auf
s geregt hervor und starrte dem Flücht
linn nach.
j Unbarmherzig antwortete Fideå:
; »Ein alter, sehr intimer Bekannte-r von
Jhnen —- Herr Doktor Vurthardt
i Waldus, Jhr geichiedener Mann.«
z Da hielt Lueie es siir rathsam, in
; Ohnmacht zu fallen.
- « o si·
; Am nächsten Morgen reiste Fräulein
; Lucie Greifenftein nach Leipziq zurück·
. Der Abschied von der Freundin und
ihren Töchtern war eiskalt ; weder em
- pfing sie das übliche Bouquet, noch wur
, de sie zum Bahnhof begleitet. Serasine
j nnd hildegard triumphirten gegen ihre
Mutter: «haben wir nicht immer ge
J sagt, sie sei eine falsche Knotan
i Den Doktor Walde-s aber hatten die
; Mädchen sofort in Verdacht, er sei die
z erste Liebe ihrer Mutter gewesen« Und
. deshalb waren sie sehr begierig daraus,
. ihn näher kennen zu lernen. Sie san
den, der arme Herr Doktor«, der so
schmäslich von feinen Forellen ausge
jagt worden sei, müsse erfahren, daß
sein Schreckgespenft aufgehört habe, in
und um Eins zu spuken. Und am Rach
« mittag quälten sie ihre Mutter, sie mä
s ge doch mit ihnen nach Rasse-u tadeln
; und dem Doktor diese besteiende Mit
« theilung machen.
l quu Fide- ieisme lang-Widerstand
endlich aber gab sie dem Drängen der
Tä ter nach. Doch mußten die neu
gier gen Mädchen eine arge Ent
töuschung erleben. Der Thorwart der
Anstalt berichtetg Herr Doktor Wcsdus
sei am Morgen nach Rigisstaltbad ab
gereist.
«Wie schadet« riesen Serasine und
hildegard wie aus einem Munde.
hre Mutter aber erwiderte: »Es ist
be er so. Man soll nicht aus der Asche
alte Funken hervorsnchenz dabei ver
brennt man sich leicht die Finger.«
Den Sinn dieser dunklen Rede haben
die Töchter niemals erfahren.
Salomon und die Geister.
(Arabiscl): Legcnde.)
Dreimal schwang den Zauberstab
Salomon. des Siczels Meister,
Und die Dschinnen au) dem Grab
Stiegen aus, die bösen Geister. T
Was vor Adam’5 Tag gelebt,
Aus dem Chaos war entstanden,
Kam in Flug heraufgtschwebt,
Auf aus diamant’nen Banden.
Auf- der Mondgebirge Rund,
Aus den höhlen der Vuliane
Flogen Teufel aus im Bund
Mit den Fürsten der Orkanr.
Aus der Edelsteine Schovß,
Aus den Tiefen der Metalle
Rissen sich die Geister los,
Die die Welt verstören alle.
Als der bösen Geister Schnar,
Jhren Flug zur höhe lenlend,
Um den Thron versammelt war,
Die gezackten Flügel senkend :
»Feinde jedes Guten, hört!'«
Rief ihr herrschet, «bei den Kronen
Eurer stolzen Häupter schwört,
Dreierlei nunmehr zu schonen
Schtvöret mir mit einem Eid,
Wenn euch lieh iit euer Leben,
Nimmermehr geschehe Leid
Nicht den Rosen, nicht den Rede-g
Schwöret, nicht mit eurer Gluth
Eva’ö Töchter zu verletzen,
Nicht beim Bad in tiihler Fluth,
Nicht beim Spielen und Ergötzen.«
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alls- IIII Ulwlslll Ha Wurst-Ists
Sprach: »Ich gebe dies Versprechen,
Wenn nicht mehr, o himmelösohm
Rosen tnit den Dornen stechen,
Wenn der Wein nicht mehr berauscht,
Wenn von Weibes Schmeichelblieten
Nicht mehr langes Elend tauscht,
Wen sie triigerisch bestricken.«
Sprach’s der Dschinn und Salomon.
Zürnend rief er: »Dreimal schlimmer,
Als der Stich vom Storpion.
Jst der Neid. so biiß ihn. Grimme-. l«
Sieht da warf den Dfchinn ein Plis
Aus dem Ring des Köni s nieder
Und er sank von seinem i
Jn den tiefsten Abgrund wieder.
Und mit Beben schwur den Eid
Alles andere Volk der Dschinnem
«Nimmermehr gescheb’ ein Leid,
herrschen Deinen Lieblinginnen,
Mögen stets im Glanze blühn
Eva’s Töchter wie die Rose,
Mög’ des Geldes Feuer sprül)’n
Aus der Rede süßem Schooße.«
Vorzügiicher Erlaß siir
W a l d m e i st e r. — Die Maibowle
ist und bleibt doch noch die anmuthigste
unter ihren Schwestern, und gewiß hat
mancher schon bedauert, daß idre Zeit
so lurz ist. Essenz bietet einen ebenso
mangelbasten Ersatz, wie getrockneter
oder mit Zucker gemischt ausbetvahrter
Waldmeister. welcher dem Wein stets
einen Beigefchmack wie nach Heu oder
dergleichen ertheilt. —- Dagegen haben
wir in dem Cumarin einen Ersatz, wet
cher gestattet, zu jeder Jahreszeit eine
Maibotvle von dem seinsten Waldmeis
ster - Atoma herzustellen freilich odne
die Poesie, die mit dem Gebrauch des
Waldmeiiters verbunden ist. Das Cu
macin ist das allein tvirtsakne Prinzip
im Waldmeister (auch in den Tonh
Bohnen. die man zum-eilen ebenfalls als
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IZHUV Jus wonniuisuk
bildet weiße, clänzende Blättchen und
ist in so hohem Grade fein aromatisch,
daß man nur äußerst geringe Mengen
davon zu verwenden braucht. Man ge
braucht so wenig, daß man von dem
reinen Curnarin sehr leicht zu viel neh
men nnd die Bowle zu stark nach Wald
ineifter schmeckend machen würde. Es
empfiehlt sich deshalb, das Cumarcn
gleich mit zehntachem Gewicht Zucker
innig zu betreiben und es to in einem
gut verkorttem Gläschen aufzubervazp
ren. Die Beide-wird wie gewöhnlich«
angesetzt. Man löst zunächst den Zucker
in hinreichend viel Wasser vollständig
auf (fiir jede Flasche Wein 1 bis höch
stens 15 Unze teinlte Rafiinade), ver
mischt den Wein mit der Zuckerlösung
und feht dann von dem mit Zucker ver
riebenen Cumarin in sebr kleinen Men
gen unter Umriibren nach und nach lo
lange zu, bis das Aroma die gewünschte
Stärke erreicht hat. Ei erhöht den
Wohlgeschmack, wenn man unmittelbar
vor dem Genuß der Bowle eine ent
totechende Menge Selterswasser oder
i guten Schaumwein hinzukiigt.
k-«-9-·, k-«
" Stachelbeer - Gelde. --« Die
I Kfänberten und vorbereiteten Stachel
l eren werden in einen Steintopf ge
« than, der ut zugedeckt wird, so daß we
I i
) der Damv noch Wasser dazu kommen
kann. Den Steintovt se t man in einen
großen Kochtopt mitWa er aufs uer
und läßt die Stachelvoeren zehn inu
ten kochen, bis die Beeren zufammen
i fallen. Dann giebt man den Saft durch
ein T und kocht ihn, 2 fund Sa t
mit 2 fund Zucker, zu lese. D
Stachelbeeren mästen gut reif ein.