Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, August 30, 1901, Sonntags-Blatt, Image 11

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    W
Für geistigen Fortschritt
Inng der Gesellschaft fiir Fiede
’ rung der Wissenschaft.
»Da-sey sol» st::ar;a:srlnnshet —- sie
state der Oesesldast—3dre Institut-m
Ists-W des Seines —- Tee meettbie
IIIML
Eine hachanfehnliche Versammlung
geistiger Kowphiien wird zu Ende die
ses Monats in der Stadt Denver,
Cal» zu ernster Bergthung zusammeni
treten. Es ist dies die »Ameriianifche
Gesellschaft zur Förderung der Wissen
schaft,« welche dortseibsi vom 24. bis
Bl. August ihren jährlichen Kongreß
abhalt. Die genannte Gesellschaft ist
eine der bedeutendsten und vornehmsten
Bereinigungen auf dem Gebiete geisti
en Fortschritts, und manches ihrer
itglieder hat sich auf dem Felde ge
lehrter Forschungen einen Namen er
worben, dessen Ruhm weit über die
Grenzen seines Vaterlandes hinaus, in
die tosmopoliiische Republit der Geister
gedrungen ist
Die Versammlung in Denver ist der
SO. Kongreß, zu welchem die ,,Ameri
tanische Geselschaft zur Förderung der
Wissenschaft« zusammentritt. Die Ver
sammlungen der Gesellschaft, die aus
Gelehrten und Freunden wissenschaft
licher Forschungen besteht, finden all
jährlich im Sommer statt, und zwar
abwechselnd in den verschiedenen grö
ßeren Städten Nordameritas. Der
Hauptzweck der Sitzungen ist, die wis
senschaftlichen Errungenschaften des
verstrichenen Jahres zu distutiren.
Alljährlich wählt die Vereinigung einen
Präsidenten Diese Auszeichnung wird
ewiihnlich einem Manne zu Theil, der
ich ganz besondere Verdienste auf
irgend einein wissenschaftlichen Gebiete
erworben hat«
Die Gesellschaft versammelt sich in
einzelnen Settionen, deren Arbeiten sich
über fast alle Felder menschlichen Gei
steslebenö erstrecken.
Mitglied der Vereinigung tann
Jedermann werden« der sich für wis
senschaftliche Bestrebungen interessirt
Xxx l
That-les Sedgwch Minot. l
rtnd von zwei Mitgliedern schriftlich
zur Aufnahme vorgeschlagen wurde«
Ueber die Aufnahme des Kandidaten »
entscheidet der Verwaltungsrath s
Selbstverständlich sucht man in erster H
Linie Männer, welche auf irgend einem !
Gebiete der Wissenschaft thätig sind, -
doch ist deeGeseaschan jedes intelligente 1
Ameritaner willkommen Die ileineJ
Aufnahmsgebiihr und der unbedeutende -
Jahresbeitrag wird reichlich ausgewo- !
gen, indem die Mitglieder mit werth- i
vollen wissenschaftlichen Berichten, den I
offiziellen Prototollen der Sitzungen ;
und einer, unter dem Namen »Scienee« s
wöchentlich erscheinenden Zeitung I
iostenfrei versorgt werden. i
Die Mitgliederzahl beträgt zur Zeit i
etwa YOU Unter denselben befinden !
sich Männer, wie Newcomb, Langley,
Morfe, Mendenhall und Brust-, die alle
bereits der Gesellschaft als Präsidenten
vorstanden. Die Vereinigung setzt sich
zusammen aus ordentlichen Mitglie
dern, »Fellows,« Protettoren, korre
spondirenden Mit liedern und »Vorw
rary Fellows.« ie« »Fellows« wer
den voin Vertoaltungärathe aus fol
chen Mitgliedern gewählt, welche sich
bereits wissenschaftlich bethötigt haben.
Mitglieder des Verwaltungsrathes sind
die bisherigen Präsidenten, die Bise
Prässdenten der zwei vorhergehenden
Jahre, die Beamten des laufenden Ge
schäftsjahres und ein »Fellow« von
jeder Seition.
Charles Sedgwick Minot, der der
zeitige Präsident der Gesellschaft,
stammt aus dem Staate Massachussets.
Er ist 49 Jahre alt Und seit 1880
Professor fiir histologie (Gewebelehre)
und Embryolo ie an der Harvards
Universität. not studirte an den
Universitäten Leipzig, Perris, Würz
burg und harvard Seine Erfahrun
en nnd die Resultate seiner Unter
suchungen auf medizinischem Gebiete
hat er in werthvollen Büchern nieder
glegt die ihm in der Aerztewelt einen
deutenden Ruf erwarben. Er ift ein
esuchter Mitarbeiter an medizinischen
zournalen und Mitglied zahlreicher
wissenschaftlicher Vereine. Die »Am
ritanische Gesellschaft fiir Förderung
der Wissenschaft« wählte Professor
Minot im Jahre 1885 zum General
setretär und 1890311 einem ihrer Bise
Priisidentem m letzten Jahre wurde
et durch seine abl zum Präsidenten
Ist Eissiåsii Gott«-Wie
»Tons« Oklbönig.«
. gis-mil- Itsssushlt des staut-ums pun
s ten-sein« Ins In Wie-Ist M Produkts
Die Ergiebkgkeit des neuen Petru
leumgebietes von Beaumont, Tex» ist
,eine derart immcnse, daß trotz der
zåtößten Anstrengungen, die nöthigen
l ransportmittel zum Vetsandt des
iPettoleums herbeizuschaffen, die letz
--h
I’ , , ,,
Jameo M. Gnssey.
teren nach nicht annähernd ausreichen.
Man ist jetzt im Stande, täglich etwa
30,000 Faß zu verschicken, während
von "den 13 Quellen, welche bis vor
Kurzem aus dem ungefähr 150 Acker
umfassenden Oelgelände erbohrt waren,
einzelne allein 50,000 bis 70,000 Faß
per Tag liesern.
Die in Beaumont interessirten unab
hängigen Oelproduzenten, an deren
Spitze Calonel James M. Gussey von
Pittsburg, Pa» steht, haben für die
Verschickung des Petroleurng drei Oel
dampser gekauft und drei weitere bei
der Neafle ch Levy Ship and Epgine
Building Company in Philadelphia be
stellt. Diese Dampser werden je 800,
000 Gallonen fass en.
Jameö M. Gussey, genannt ,,Texaz’
Oeltönig,« wurde im Jahre 1889 in
Westnworeland Couniy, Pa» geboren.
Er arbeitete bis zu seinem 18. Lebens
jahre aus der väterlichen Form, war
dann Eisenbahn- und Expreßcleri und
bethätigte sich« seit 1872 im Oelge
schiistr. Aus den Oelfeldern Pennsyl
vanienö gewann und verlor er wieder
holt große Vermijgen Gussey erbohrte
überdies Petroleumquellen in Kansas
und Kaliforniem sowie zuletzt in
Texas. Sein gegenwärtiger Neichthum
wird aus viele Millionen geschätzt.
Ihm und seinem Kompagnon John H.
Galey gehört auch die berühmte Lukas
auelle, der erste in Beaumont erhohrte
Petroleumsprudei.
Ehruug Chrilioph v. Schande-.
Im beliebtes quesdlchristscllir is cis-nu
haumy sahen-, ein Denk-as erstellt.
Arn B. September d. J» der 47.
Wiederkehr seines Todesiages, wird
dem Jugendschriftsieller Chrisioph v.
Schmid in Thannhausen im dayeri
Eben Regierungöbezirl Schwaden ein
entmal enthüllt, das aus freiwilligen
Spenden der Bürgergeselllchafi von
Thannhausen, wo Schmid längere Zeit
hindurch als Schulinspeltor und
Schnlbenefiziai ihätig war und einige
seiner besten Bücher geschrieben hat, er
stellt ward.
Chrisioph v. Schmid wurde 1768 zu
DinkelsbiihL Mittelstanlem geboren
und widmete sich dem geistlichen
Stande. Er wurde, nachdem er das
oben ern-ahnte Amt belleidei,1816
Pfarrer In Stadion bei Ulm und starb
1854 als Dornherr irr Augsburg
Unter den zahlreichen durch leichte »
Darstellung nnd herzgetvinnenden Ton ;
i
(
I
Standbitd Chktfloph v. Schandg
sich augzeichnenden Jugendschriften
Gchmidö sind besonders hervorzu
heben: «Osteteiek,« »Genoveva,« »Rose
v. Tannenbutg,« und das »Lehr
und Lesebüchlein in hundert kurzen Ge
schichten.« Die Werke Schmids wur
den auch inI Französische und Eng
lifche übersetzt, und sie üben durch ihren
emüthvollen Ton noch heute einen gro
en Einfluß auf die ugend ems.
Das Christus-h v. chtntd in Thanns
hausen gewidmete Denkmal stellt den
Schriftsteller stehend dat, mit einem
Bändchen feiner Werke in der einen, den
Stos tu dee anderen dont-. 1
W
spanieuo wirft-schriftliche Lag-.
Jn dem Maße, wie Marotto zu ei
nem politischen Wetterwintel wird,
zieht auch die wirthschastliche Lage
Spaniens, dessen Ohnmacht allerlei
Begehrlichteiten hervorruft, die Aus
mertsamkeitiauf sich. Die natürlichen
Verhältnisse dieses Landes sind sehr?
günstig. Wo das Wasser verständig
ausgenutzt wird, weist der Boden die
größte Fruchtbarkeit auf, und ebenso
ist der Metall- und Mineralienreich
thum unerschöpflich. Darum hätte i
Spanien, wie Dr. Gustav Diercks in
seinen ,,Betrachtungen über die spani
sche Cultur und Volkswirthschast«
hervorhebt, »ein Ackerbau- und Indu
striestaat ersten Ranges werden klin- ;
nen, wenn eine vernünftigere Wirth
schaftspolitit zur Anwendung gelangt
wäre.«
Die natürlichen Grundlagen des na
tionalen Reichsthums und Erwerbes
sind in Spanien noch heute dieselben
wie vor 2500 Jahren: Ackerbau, Vieh
zucht und Bergbau. Untersucht man,
welchen Ertrag sie heute bringen, so
fällt zunächst aus, daß die Landwirth-«
schaft kaum die Hälfte des cultursähii
gen Bodens wirklich in Enltur genom
men hat. Nach dem Census vom 30.
November 1897 hat Spanien etwas
iiber 18 Millionen Einwohner aus
» 504,552 Quadrattilometer, so daß ca.
36 Einwohner aus den Quadrattilo
; meter kommen. Von dem gesammten
« Boden sind 52 Prozent productiv, doch
werden höchstens 80 bis. ZE· Procent
wirklich und einigermaßen rationell
ausgebeutet, denn der letzte Colonial
. krieg hat gerade die Landwirthschaft
durch die Decimirung der ohnehin nicht
zahlreichen agrarischen Bevölkerung
sehr geschädigt In einzelnen Bezir
ten, wie in den bastischen Provinzen
und in gewissen Küstenstrichen amMit
ielmeer, wie um Valencia und Mureia.
ist die Landwirthschast allerdings weit
vorgeschritten, aber diese begünstigten
Gebiete machen doch nur einen kleinen
Theil des Landes aus. Ueberall an
derswo ist der Betrieb ärmlich und
primitiv; der Boden wird mit veralte
ten Psliigen nur oberslächlich ausgerin
und von modernen Dungmitteln ist
gar nicht die Rede. Eine mit Capital,
Intelligenz und Unternehmungsgeist
. arbeitende Landwirthschast, giebt es
nirgends- Die von der Regierung ein
gesührten Ackerbauschulen und-Muster
sarmen nützen ebenso wenig, wie die
: auf Hebung des Ackerbaues gerichteten
: Bemühungen der ,,Liga agraria«. Die
Besteuerung ist drückend hoch: die
Grundsteuer beträgt 25 bis 530 Pro- :
zent, die Pachtsteuer ist nicht viel ge- ;
ringer, und da die Pächter obendrein ;
das Inventar selbst bestellen, sowie
Tagekohn und Fuhrtosten zahlen mits
sen, so bleibt ihnen) mag dieErnte noch
zso gut ausfallen, nur ein geringer
Ueberschuß. Noch trauriger ist die
Lage der armen Bauern und Tagelöh
ner. Nothwendigerweise ist dabei der
Getreidepreis ziemlich hoch, und so er
tliirt es sich, daß Spanien, welches zur
Römerzeit eine der besten Korntam
mern war und dessen Boden noch heute,
selbst in wenig günstig gelegenen Ge
genden, vierzigsältige Frucht ergiebt,
einen großen Theil des benöthigten
Geireides einführen muß. Der Acker
bau könnte aber den viersachen Ertrag
liefern, wenn es in Spanien geordnete
Verhältnisse gäbe, wenn der Steuer
druck erleichtert und Bildung unter den
Massen (die zu 70 Prozent noch Anal
phabaten sind) verbreitet würde-.
Auch ote Viehzucht ist nicht, wag sie
sein tönnte und früher gewesen ist.
Ehemals war die spanische Wolle welt
berühmt und spanische Merinoschafe
waren im Auslande zur Hebung der
Schafzucht begehrt. Jnfolge von Ver-:- -
nachlässigung hat jedoch die spanische
Wolle und das spanische Schaf den al
ten Ruf längst verloren. Auch dass
spanische Pferd, welches einst inaments
lich das andalusischei so hoch geschätzt
wurde, ist völlig entartet. Dagegen
ist das Maulthier, dessen Zucht mit
ausgezeichnetem Erfolge gefördert
wurde, sehr leistungsfähig; es ist dass
Laftthier des heutigen Spaniens und
wird auch im Heere verwendet.
Der Bergbau liegt fast ganz darnie
der, obwdhl so ziemlich alle Minera:
lien, die irgendwie von Werth sind, in
mehr oder minder großer Menge vor
kommen. Es giebt große Kohlenlager
in allen Theilen des Landes, und seit
1858 (wo dies erst bekannt wurde) sind
Gruben in Catalonien, Leon, Teruel,
Cuenca, Cordova, Sevilla, Catilin
gena in Betrieb. Das unerinefilich
reiche Kupfererzlager von Rio Tit-to
lim Alterthuni schon von den Phöni
ziekn ausgebeutet) liefert ein Kupfer,
das zu dem besten der Welt gehört.
Außerdem wdd Eisen, Silber, Blei,
Zink, Mangan, Antitnon, Quecksilber
und Schweselties gewonnen. Ueberall
müssen« aber ausländifche Kräfte und
Capitalien eingreifen, um den Berg
bau nutzbringend zu machen; doch ist
dies ein undankbares Unternehmen,
denn sobald die Auslönder glänzende
Erfolge erzielen, werden fie durch über
mäßige Besteuerung oder durch Ränie
aller Art zu Grunde gerichtet, falls sie
nicht vorstehen, ihren Besitz der spani
schen Regierung abzutreten Nur große
Eapitaltraft« wie sie s. B. der malt
i
—
schen Rio Tinto - Gesellschaft zur Ver- J
siigung steht, vermag diesen Machen
schasten die Stirn zu bieten. Da die
Kohlen - Förderung (246'7 Millionen
Kg. im Jahre 1898) den einheimischen
Bedarf nicht deckt, so wird mit großen
Opfern viel Kohle, namentlich eng
lische, eingeführt, obwohl solche im
Lande selbst in mehr als ausreichender
Menge gewonnen werden könnte. Die
Eisenerzförderung betrug im Jahre
1898 7,125,600 Tonnen, wovon 6,
» 558,060 ins Ausland gegangen sind.
Ungefähr 5s6 der Erzausfuhr geht
nach England; das an Eisenerzen so
überaus reiche Spanien vermag diese
nicht zu verarbeiten Die spanische
Eisenfabriiation bezisferte sich 1898
auf nur -380, 000 Tonnen.
Fünf Dotian und die Kosten. :
Die unverständige Behandlung «
von Truntenheitsfätlem welche das
Gesetz den Polizeigerichten vorschreibt,
ist fchon oft Gegenstand der Bespre
chung gewesen; es wird aber wohl noch :
lange dauern, bis die gesunde Ver
nunft der Bürgerschaft mit den her-«
gebrachten Formen und Anschauungen ’
früherer Zeit in dieser Beziehung ein- I
mal aufräumt. An Versuchen dazut
fehlt es jedoch, wie sich erfreulicher?
Weise berichten läßt, nicht mehr; von ’
dieser und jener Seite kommen An-l
regungen, reformirend einzugreifen.«
So liegt zum Beispiel der Vorschlag«
eines Geistlichen aus New England «
vor, der an Stelle der Geld- oder Ge- l
fängnißftrife für Truntfällige den,
Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte!
setzen will. »Unsere weisen Gesetz- J
geber, sagt er, haben angeordnet, daf; I
ein Mann, der sich betrintt, um Geld
gestraft werden soll oder, wenn er
nicht bezahlen kann, auf dreißig oder
sechzig Tage in's Gefängniß muß.
lind während er dort genug zu essen
und nichts zu thun hat, muß seine
arme Frau sehen, wie sie sich mit den
stindern durchschliigt.«
Das ist schon oft gerügt worden,
ebenso wie die häufig mangelnde Un
terscheidung zwischen Trunkenheit
und Trunksitchts-Füllen. Der eigent
liche Zweck der Strafe, die Besserung,
wird dabei ganz aus den Augen ver
loren. Es ist nicht der Trinker, den!
die Strafe trifft, sondern seine Fa-?
niilie, die das Geld, das in den Po-!
ltzeisäckel fließt, so nöthig braucht wie
das liebe Brod, während der Urheber;
der Noth, die in fein FamilienheimT
einkehrt, auf allgemeine Kosten gesät
tert wird und, selbst wenn man ihn J
in’s Arbeitshaug steckt, auch eben nur »
ein Tagwerk, wenn auch in anderer
als der gewöhnten Form, verrichten
muß. Die Schande der Einfperrung
wird in der Regel nicht schwer
empfunden. Der eigentliche Trin
ter, resp. Säufer, hat das
Feingefühl für das Entehrende
der Strafe in der Regel schon lange
verloren, es sind nur wenige, die, wie»
der Selbftmörder in der Polizeistation i
auf der Südseite, ernstliche Reueanq
wandlungen über ihren moralischen:
Defett haben. i
Aus diesem Grunde ist es auch
fraglich, ob das vorgeschlagene Mittel «
der bürgerlichen Entrechtung anschla-Z
gen würde. Der Trinler soll darnach s
bei dem erstenVergehen seines Stimm
rechts verlustig gehen, im Wieder
holungssalle auf ein weiteres Jahr.s
Da man voraussetzt, daß der Bürger
sein Wahlrecht als ein tostbares Gut
betrachtet, meint man, der Verlust
müsse den Trinler derart kränken, daß «
er in sich gehen und sich dauernd bes
sern würde, um nicht alg Pariah unter
seines Gleichen leben zu müssen. Wie
hoch manche Leute ihr Bürgerrecht
schätzen, hat man bei den Wahlenzu
beobachten reichlich Gelegenheit, wenn
das »ausgeschmorte Fett« zu »Seise«
wird; der Trunkenbold wird die Ehre
auch nicht höher taxiren als jene, zu
mal ihm der moralische Maszstab
überhaupt abhanden gekommen ist.
Das Gift deg Altohol stumpst alle
edleren Regungen und Empfinoungen
ab. Aber trotzdem ist der Vorschlag
beachtenswerth in so weit er Veran- .
lassung gibt, das Thema wieder vors
das Forum der Oeffentlichteit zui
bringen. f
Daß Trunksucht eine Krankheit ist, s
die iu das Bereich des Arztes, nicht
aber des Polizeirichters gehöri, sollte
von den gebildeten Klassen des Volkes
schon längst allgemein verstanden sein,
so daß eg nicht zu viel Mühe nehmen
würde, derartige Fülle aus der Reihe?
der kriminell zu strafenden Vergehen
auszuscheiden Blieben dann nur noch"
die Fälle übrig, wo Dieser oder Jener J
gelegentlich einmal über die Schnur,
haut. Dies wie ein Verbrechen gegen ,
die Gesellschaft zu behandeln, kann
nur noch Puritanische Anschauunng
weise beanspruchen; der Anblick eines
Betrunlenen ist allerdings widerlich
und verletzt das ästhetische Gefühl.11
Wenn die Organe der öffentlichen
Ordnung dafür zu sorgen hätten, sol- '
chen Anblick dem Publikum schnellst
möglich zu entziehen, thäten sie genug; »
eine Nacht im Käfig würde die nöthige ;
Ernüchterung bringen. DerFamilie ei
nes armen Mannes aber naher einen
Wochenlohn zu entziehen, weil das
Oberhaupt einmal zu tief in’s Glas
geguckt hat, ist grausam, brutal Der«
Säufer dagegen gehört ins Ashl süri
Trunkenbolde. i
i
—-.-—
Jn Deutschland sind die Anklage
bankdireltoren an der Reihe.
W
Der Sühnrprinz.
soll site die Ermordung von Kett-Ins III
Verzeihung bitten
Obwohl der größte Theil deö deut
schen ostaseatischen Puppen-Kontin
gents China bereits verlassen hat, er
regen die chinesischen Angelegenheiten
in der öffentlichen Meinung Deutsch
lands noch immer lebhaftes Interesse.
Dasselbe trat erst unlängst wieder, an
liißlich der Ueberführung der Leiche des
ermordeten deutschen Gesandten Frei
herrn von Ketteler nach Münster, West
falen, und der fast gleichzeitig erfolgten
Rückkehr des Feldmarschalls Grafen
von Waldersee deutlich u Tage, und
ncit großer Spannung ieht man- nun
der Ankunft des chinesischen Prinzen
Tschun entgegen, der vom chinesischen
Hofe dazu ausersehen wurde, die Ver
zeihung des deutschen Kaisers für den
grausamen Gefandtenmord in Peting
zu erbitten. Der Prinz hat den größ
ten Theil seiner weiten Reife bereits
zurückgelegt und dürfte binnen Kur-—
zem in Berlin eintreffen.
Prinz Tschun, ein jängerer Bruder
des Kaisers von China, ist etwa 20
Jahre alt und macht einen fast kind
lichen Eindruck. Er ist ein jüngerer
Sohn des älteren Tschun, der der sie
bente Sohn des Kaisers Tautuang und
ein Bruder des bekannten Prinzen
Kung war, der seit dem englisch-fran
zösischen Kriege von 1860 bis in die
Mitte der 80er Jahre die auswärtige
Politik Chinas geleitet hat. Der Kai
ser Fiwangsii ist der um zwölf Jahre
ältere, erste Sohn Tschuns des Aeltes
ren, der von seiner ersten Frau nur
diesen einen Sohn hatte.
Die Familienähnlichleit zwischen
Kwangsij nnd Tschun ist sehr groß.
Der jüngere Bruder sieht aber bedeu
tend frischer und ausgeweckter aus als
Prtnz Tichun.
der Kaiser-. Er ist auch kräftiger und
größer gewachsen als der Kaiser, wenn
er auch wie dieser weder in der Gestalt
noch im Gesichtsschnitt für einen typi
schen Mandschu gelten kann. Er hat
bisher in seinem im Nordwesten der
Tatarenstadt gelegenen Palais in so
völliger Abgeschiedenheit von der Welt
gelebt, daß er nicht einmal während
des Boxeraufstandes und der Belage
rung der Gesandtschaften Kunde von
den blutigen Vorgängen erhielt, die sich
weiter im Süden der Stadt abspielten.
Für den Empfang des Prinzen wer
den große Vorbereitungen getrosfen, die
jedoch vielfach, und nicht ganz mit Un
recht, kritisirt werden, denn Prinz
Tschun ist ein sehr junger Mann, und
so lange die allmächtige Kaiserin-Mut
ter am Ruder bleibt und der Sohn
ihres Günstlings Tuan der erklärte
Thronerbe ist, keine eigentliche poli
tische Persönlichkeit. Es sollte daher,
meinen die Kritiker, Niemand darüber
imeeifel gelassen werden, daß es sich
kei des Chinesenprinzen Deutschland
salth um eine S ü h n e reise, und
keine vergnügte Spritztour handelt.
——-·..
» Die neue »Vineta«
site-s der tat-muten deutschen Kette-Nehmt
besucht demnächst die Stadt Beste-n
Ein deutsches Kriegsschiff, der Kreu
zer »Vineta,« wird demnächst der Stadt
Boston, Mass» einen Besuch abstatten.
Diese Nachricht rust die Erinnerung an
eine kaum verslossene Polemik zwischen
etlichen hierländischen und einigen
deutschländischen Zeitungen wach. Die
»Vineta,« die Anfangs dieses Jahres
den Hafen von New Orkan-T La» an
gelausen hatte und von da nach den
südamerikanischcn Gewässern gedainpft
war-, nahm nahe der Jnsel Margarita
an der venezuelanischen Küste Tiesrnes
sungen vor, woraus mehrere amerika
nische Blätter den Verdacht schöpften,
Deutschland wolle die Venezuela ge
hörige Jnsel durch Kauf an sich brin
gen. Die Meldung-n hierüber wurden
von zuständiger Stelle prompt demen
tirt, und zur Beruhigung der Gewit
ther trug nicht zum Wenigsten eine
diesbezügliche Erklärung des amerika
nischen Botschafters am Berliner Hofe,
White, bei. Es fanden dann im Ha
sen von Rio de Janeiro zwischen dem
Ossizierkorps der »Vineta« und dem
des Ber. Staaten-Knie ers «Atlanta«
srcundschastliche Demonftrationen statt,
und wenn trotzdem hier ulande noch ein
Rest von Argwohn hinsichtlich etwniger
O
—
deutscher Annektionsgelüste betreffs
südamerikanischen Gebietes bestehen
sollte, so dürfte dieser Angesichts des
oben erwähnten Besuches zum Mu
desten einen Damper erhalten.
Die »Vineta« ist eines der schmuck
sten Schiffe der deutschen Krie sflottr.
JmsDezember 1897 auf der kaiserliche-n
Werft in Danzig, Westpreußen, vom
Staptl gelaufen, trat das Fahrzeug an
-·- telle der alten »Vineta,« die in den
Die ,,Vineta.«
Jahren 1865 bis 1868 als erstes preu
ßischess Kriegsschiff eine Reise um die
Erde machte, seit 1897 aber aus des
. deutschen Mariae verschwunden ist, in
dem sie, zusammen mit der Kreuzerkor
vette »Freya,« in jenem Jahre an Pri
vate verkauft wurde.
DE neue »Vineta« ist ein modernez
l Kriegsschiff von» 94 5Fuß Länge, 58
Fuß größter Breite und 6100 Tonnen
Wasserverdrängung Für den Schutz
der Maschinen und Kessel, Munitions
und Torpedoräume besitzt es ein über
die ganze Länge sich erstreckendes Pan
zerveck von vier Zoll größter Dicke. Die
»Vineta« hat drei Maschinen von zu
sammen 10,000 Pferdestärken, welche
dem Schiff eine Fahrgeschwindigkeit
von 182 Seemeilen verleihen. Die Ar
mirung besteht aus zwei, in gepanzer
ten Drehthiirtnen aufgestellten säzöb
ligen Schnellladetanonen, vier in ge
panzerten Drehthiirmen aufgestellten
. Szölligen Schnellladekanonem 20 szzöb
ligen Schnellladekanonen, zehn Maschi
nenkanonen von lz Zoll und vier Ma
schinengewehren von z Zoll Kaliber.
Die Torpedoarinirung besteht aus
einem Unterwafferbugrohr und zwei
Unterwasserbreitseitrohren. Die Bau
kosten für den Kreuzer, einschließlich
der Armirung, beliefen sich auf 11,
390,000 Mark.
! Aus schwierigem Jesuiten.
Der General Judge Ahn-rate ver Warer ein
» Anna von umfassenden Rechtskeuumisem
; Eine nach außen hin weniger her
» dortretende, dabei aber sehr wichtige
! Rolle bei den bevorstehenden Verhand
« lungen des Untersuchungsgerichts in
H der SampsonsSchleipKontroverse wird
der General Judge Advocate (General
Auditeur) der Marine, Kapitän Sa
; muel C. Lemly, spielen.
) Der General-Auditeur ist derRechtB
; verständige des Marine-Departements.
E Er sungirt zugleich als Rechtsbeistand
! der Kommission und ist-ins.a.fern der
;Anlliiger, als in seinem Bureau die
, Doluinente, die der ,,Court of anuith«
? dorgelegt werden sollen, lopirt werden.
Für den Fall, daß der Angeklagte eines
juristischen Beirathes ermangeln sollte
lann der General-Auditeur auch bis zu
einem Grade diesen ersetzen. Zu sei
nen weiteren Obliegenheiten gehört die
Protokollirung der Gerichtsverhands
lungen.
Daß die Stellung und Aufgabe des
General Judge Advocate keine leichte
ist, erhellt aus dem eben Gesagten.
Neben den- nöthigen Rechtslenntnissm
muß er spezielle Kenntniß des Verfah
rens von Kriegs- und Untersuchungs
gerichten besitzen, abgesehen davor-, daß·
er nach seinem besten Wissen, ohne
Furcht oder Gunst zu urtheilen hat.
Kapitän Leian hat bereits in einer
Reihe von Kriegsgerichten als-Auditeur
funairt. Er studirte die Rechte, trat
1869 in die Marinealademie von
AnnapolisT Md., ein und avancirte in
der gewöhnlichen Rangfolge bis zum
Leuinant Jm Jahre 1892 wurde er
General Judge Advocate der Marine.
Die Stelle eines General Judge Ad
docate der Kriegsflotte wurde im Jahre
7 W ,- --7«",«
Samuel L. Leinw.
1865 geschaffen, während der gleiche
Posten für die Armee schon seit 1797s
bestand. Der erste Inhaber der Stelle
war ein (5ivilift, Richter Bolles, dem
stapitän Remey und dann, wie bereits
angedeutet, Lemly folgte. Der Inhaber
des Postens führt den Titel eines Ober
sten der Marinetruppen oder eines
Linienfchiff-Kapitäns, während dev
GetieralsAuditeur des Heer-es den Rang
eines Brigade-Generals innehat. Die
früher beträchtlichen Emolurnente der
Stellun sind jetzt auf eine mäßige
Kompenkiaiion beschnitten.
Die größte Meilenzahl
in einem Tage hat bisher der
Hamburger Dampfer «Deutschland«
zurück elegt. Dieselbe belief sich aufs
601 eilen. - «