Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, July 19, 1901, Sonntags-Blatt, Image 14

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    Yas Bild im Kuge.
g Roman von F. Akncfeldt.
Ware MWUM sss Dis-ei
(10. Fortsetzung)
Er zog das Bild hervor und legte es
vor den Amtstichtee hin, der hastig
danach grisf und es lopschiittelnd be
trachtete.
»Bitte, dergleichen Sie es mit der
Photographie, von der Sie einen Ab
zug bei den Arten haben.«
Kilian holte die Photographie her
bei; er schaute lange abwechselnd das
Bild und die Photographie an und
Mat- endlich mit einem schweren
szer: »Es scheint wirklich eine
Photographie dieses Bildes zu sein.
Wie erklären Sie diesen Vorgang?«
Miiselqr lächelte ein wenig von oben
herunter Und sprach: »Dornedden war
der beste Freund Ahrweilers, es ist
sehr leicht möglich, daß in dessen
Schlasziminer ein Portrait don ihrn
gehangen hat.«
»Das würde Dornedden in den die
len Bei-hören, die ich mit ihm ange
stellt, doch geltend gemacht haben,"
wandte Kilian ein.
meet-k-- ..».t.«.- -..--t4-k--.. h«k. --’
LUIUchsk usths ouswpkeyuh »So ·
sich darüber auch schon gewundert
habe, iieß sich aber dadurch in seinen
weiteren Beweisführungen nicht stö- ;
ren und fuhr fort: »Ich denle mir also I
die Sache folgendermaßen: Der Bra-« «
lianer ist zu Ah-ix::iler, der ja lange
in Rio gelebt hat, gekommen; er hat
Geld von ihm haben wollen; sie sind in
Streit gerathen, und er hat ihn nie
dergestoeIn Das Bild hat sich zu
letzt im uge des Ermordeten gespie
gett und ist dort haften geblieben. Das
an der Wand hän ende Portrait ist
aber auch dem örder aufgefallcn
nnd er hat es mitgenommen, in der
Meinung, der Rahmen besteht aus eckp
tetn Guid r:..I echten Steinen. Und «
nun bitte ich, den Verhafteten sofort -
verführen zu lasse-: ich möchte dem
Berhör beiwohnen.«
18.
Der Richter klingelte urk: l·'·.:l;l,
den soeben durch Herrn ii.7..
commissär Müseler eingelieser.-.. sc
fangenen zum Verhör vorzusühren E
«Lassen Sie ihn barsch an, —- sa
gen Sie ihm die That aus den Kopf
zu; er darf gar nicht zur Besinnung
kommen!« rieth Miiselet. Als er
Schritte auf dein Gange Vernahm
trat er an’s Fenster, tronnnelte mit
den Fingern leise an die Scheibe und
schaute m den Hof hinab, als sei er
bei dem, was sich hier abspielen solle,
ganz unbetheiligt.
Durch ein anderes Glockenzeichen
hatte der Amtsrichter inzwischen sei
nen Protokollfiihrer herbeigeruer.
Fonseca fand bei seinem Eintritt in
das Serichtszirnmer die beiden Her
ren mit sehr ernsten, feierlichen Mie
nen hinter der Schranke sitzen, vor die
er geführt wurde. Er war ein wah
res Jammerbild; die Glieder sei-lot
terten, er vermochte sich kaum aufrecht
zn halten; alle Rechen, die er sonst
zsr Schau getragen, war von ihm ge
wichen nnd hatte der tiefsten Nieder
Ischla enheit Platz gemacht. Schon
«-e iiu ere Erscheinung des Gesange
nen machte auf den Amtsrichter einen
geehr- ungünstigen Eindruck, und mehr
shalb, als weil er Müselers Rath
befollgen wollte, stellte er schon die Ge
nera fragen in recht barschern Tone
nnd ermahnte Alsonso, sich der streng
sten Wahrhaftigkeit zu befleißigen«
dadurch allein vermöge er feine Sache
ÆT Ein-SUPERN
Will Lykcllcll m Den Augen Oel
Ebrach das der ganz geknick:e da Fon
eca.
Der Amisrichter und auch Müfeler
waren erstaunt, fo· gar ieinen Wider
stand bei dem Gefangenen zu finden.
»Sie find befchuldigi, den Rentier
Ahrweiler am 18. December v» J. in
seiner Wohnung in der Uhlandstraße
ermordei und beraubt zu haben; was
haben Sie darauf zu sagen?« fragte
der Richter.
M»Jch habe ihn nicht ermorden wol
Herr Amirichteri — Jch habe
mich nur meiner Haut gewehrt!" lau
tete die unter Schluchzen gegebene
- Antwort
Lilien konnte einen Ruf der Ueber
- M kaum zurückhalten; er ver
«" pch gar zu schwer von der Vor- »
uns losreignn daß Dotnedden der
der sei men schnellen Biick mit
- - Wäseiet wechselnd, sagte er: Sie ge
h Wsigw That eini«
st ss afilianet schluchzte noch
» Js, ich hab’s qetham aber
its kennte mit nicht helfen, hätt« ich
« "W nieset niedergestochem dann hätt’
ers mit Wu!
·-- »Mit t konnten Sie den Reniier
? — Sind Sie oft bei ihm
en? —- Etziihien Sie uns das
» d erzählte: Wie Miiielee be
deeennigebtachi war et der Sohn
»O isendet Leute, die außer ihm
M Tödtet besae en nnd eine
, »Dein bin Faswksiig
.- « ; ern t e e
- » einen ensgede nien handel
- »die-eint d er an Ex -
T- « .Jnfoiehen Gestien
DWMWW
war Kutt Ahkweilee öfters zu seinem
Vater getommen und hatte mit ihn-»
der damals noch ein Knabe gewe en,
elegentlich einige Worte gesprochen
Freundschafttich verkehrt hatte et je
doch nie bei ihnen, et habe immer für
einen Sonderling gegolten. Dann sei
et nach Europa zurückgekehrt und sie
hätten nichts mehr von ihm erfahren;
et habe auch keinen Empfehlungsbrief
an ihn mitbetommen, als er nach
Berlin gegangen fei, um Musik zu stu
diten; die Mutter hätte gemeint, Abt
weiler würde ihm doch nichts nützen,
es lohne sieh nicht, ihn erst aufzu
u n
»Sie sind aber doch zu ihm gegan
gen l« wars der Amtsrichter ein.
»Ansiinglich nicht!« antwortete Al
sonso schnell und fuhr in seiner Er
zählung fort, aus der sich Folgendes
ergab: Sein Vater hatte ihm einen
ganz ansehnlichen Wechsel bewilli t;
er studirte a«n derHochschule und na m
außerdem Privatstunden bei einzelnen
Professoren, die recht theuer waren«
trohdem kam er mit seinem Gelde recht i
gut aus. Später gerieth er, verleitet
durch leichtsinnige Collegen. auf Ab
wege, er trank, spi·lte u. s. to. und
war dann schon in der ersten Hälfte
des Monats mit seinem Gelde fer
tig. Da war ihm der Gedanke gekom
men, sich an herrn Ahrweiler zu
wenden. Er erkundigte sich nach ihm·
erfuhr, daß er in der Uhlandstraße
wohne und für enorm reich galt, und
machte sich aus, um ihn zu besuchen
Er ward jedoch nicht vorgelassen, du
Frau Köhne sich als wahrer Eerberus
erwies; der Herr habe ein fiir allemal
verboten, einen Fremden bei ihm an
zumelden, hatte sie ihm erklärt und
ihm die Thiir vor der Nase zugeschn
gen. Er hatte sich nun anderweitig
Geld zu hohen Zinsen zu verschaffen
gewußt, das ihm bald wieder unter
den Händen zerrann, und die Noth
war dringender geworden.
Da hatten seine Gedanken sich wie
der aus Ahrweiler gerick ek. Er hatte ;
T.ie Verhältnisse der thnefchen Ja
milie ausgefundsjasteh war der-Toch
ter nachgegangen und hatte wenig
Schwierigkeiten gefunden. mit ihr ein
Liebesverhältniß anzulniipsen, beson
ders, da er ihr in Aussicht gstrllt
hatte, sie zu heirathen. Ohne issen
ihrer Muttter hatte sie ihn ein paar
mal bei Ahrweiler eingelassen, und er
hatte den als geizig und unnahbar
verschrieenen Sonderling gar nicht so
unzugänglich gesunden. fweirnal
hatte er ihm eine anz an ehnliche
Summe ge eben, i m freilich beim
zweiten Ma erklärt, er habe nichts
mehr von ihm zu erwarten und solle
nicht wiederkommen-: Marie hatte
ihm auch gesagt, herr Ahrweiler hätte
ihr streng oer oten, ihn wieder einzu
lassen und ihrer Mutter erklärt, wenn
je wieder mand gegen seinen Willen
zu ihm ge acht wurde, so ziehe er am
nächsten Tage aus der Wohnung. Er
sei jedoch tronoem wieder gekommen,
das Messer hätte ihm zu scharf an der
Kehle gesessen.
Am 18. December sei er ums Haus
gästrichen und habe wahrgenommen
tz Frau Köhne aus dem hose be
Hhasitgt undMarie ausgegangen war.
ls einer von den anderen Miethern
das us geöffnet, sei er mit hinein
geschliivst, habe si an der Plinius
wohnung vorbeige chlichen und an
Ahrweilers Thiir mehrmals eschellt.
Letzterer sei endlich herausge otnmem
have ieyr ungeyauen gesragk, mer ihn
störe, und ihm die Thür vor der Nase
zufchlagen wollen. Er habe sie ihm
jedoch aus der Hand gerissen, sei ihm
in feine Wohnung und bis in das
Schlafzitnmer gefolgt und habe ihn
hier fußfällig gebeten, ihn doch nur
noch ein einziges Mal aus seiner Ver
legenheit zu befreien.
Ahrweilet habe das sehr schroff ab
gelehnt, ihn gehen heißen und ihn mit
so häßlichen Namen belegt, daß sein
heißes füdliches Blut nun auch über
geschäumi sei. Er habe ihm die Be
leidigungen mit Zinsen zurückgegeben
und müsse dabei etwas zu weit genan
gen sein, denn Ahrweiler hatte in sinn
losem Zorn einen Dolch von der Wand
gerissen und war damit auf ihn einge
drungen mii der Deo un , er dürfe
nicht lebend von der te e kommen.
Das würde auch unfehlbar geschehen
sein, wenn seine Ju end und seine
Behendigleii ihm ni i ein Ueber-ge
wichi über den älteren Mann gegeben
hätten. Blihschnell hatte et sich eines
zweiten an der Wand hängenden Dol
ches bemächtigt und nni der ihm eige
nen Kraft und Gewandiheii einen
Stoß nach Ahrweilerz Brust geführt,
der nur zu gut getroffen. Mit einem
einzigen S rei war er zu Boden ge
stutzt, lang am war das Blut hervor
get-nahm«
Obgleich die Tödinna A weilers
durchaus nichi in seiner Abt - gele
E , tte da Fonseea ang i der
hai ache doch feine Kalka igkeii
wiedergetvonnen Er hatte den Dolch,
welches der Hand des Stab-enden ent
Ellen war, wieder an—M M
nat nnd den blutbefleckten euva
gelegt, uin deni Vorfall den Charak
ter des Selbstinordeb zu eben. Dann
hatte er na «den Schlit eln iini ei
sernen Geld rhrant gesucht, e aber
nicht tnden können und statt dessen
eine nza l Goldstücke, die aus deni
Schreibtis aufgezählt gelegen, ein
ejteckt Fin Zimmer umherblickend,
fei ihm e n keines Bild ausgesallen,
de en Rahmen er bei Ahrweilers
Nr chthum fiir eine große Kostbarkeit
gehalten; er hatte es an sieh genom
men und unter seinen Mantel verbor
gen. Nachdem er das Gas, das in
beiden Zimmern brannte, wieder aus
gelösiht, war er vorsichtig gegangen
und unbemerkt aus die Straße ge
langt. Weder Frau Köhne noch de
ren Tochter waren inzwischen zurück
gekehrt.
Er hatte sich die ersten Tage ganz
«till verhalten; die erbeuteten Gold
tücke hätten seinem dringendsteiiGeld
bedürsniß abgeholsen; erst nach dem
Begräbniß Ahrweilers sei er wieder zii
Kölnies gegangen, her-e sich mit er: ?
heucheltem Erstaunen Alles erzählen
lassen, was sich inzwischen zugetragen
hatte, unt eine große Erleichterung
gefühlt. als er gehört, man habe in
der Person desFabrikbesitzers Dorned
DIn aus Landeshut den Mörder be
reits festgenommen. Jetzt habe er ge
glaubt, den Rahmen und die Steine
verwerthen zu dürfen, habe einenTheil
der letzteren herausgebrochen und sei
damit zu einein Juwelier gegangen,
von dem er zu seinem Schrecken er
suhr, daß sie unecht wären. Jn An
betracht der schönen Arbeit hatte er in
deß dreißig Mart dasiir bekommen,
und ebenso viel habe ihm der Trödler
in der Martgrasenstrasze sitt das Bild
und die noch darin befindlichen Steine
L riet-geben « -
Miiseler trat, als der Brasilianer
so weit mit feiner Erzählung gekom
men war-, an den Amtsrichter heran
und flüsterte ihm etwas zu, worauf
dieser zu Alfonso sagte: »Der Herr
Eriminalcommissiir wünscht einige
Fragen an Sie zu richten. Antworten
Sie ihn-.
Alfonso nickte.
Miiseler begann, vor ihn hintretend:
«Wußte Marie Löhne, daß Sie bei
Ahrweiler gewesen waren und ihn er
stochen hat:en ?«
»Nein,« erwiderte Alfonso, «sie hat
mich zwar nie gefragt, und ich habe es
ihr nie gesagt; aber ich glaube, sie hat
sich von Anfang an gedacht, daß ich es
gewesen bin, nnd sich sehr darum ge
angstigt.'·
»Ich wundere mich. daß Sie Ber
lin nicht sogleich nach der That verlas
ien haben und immer wieder zu Köls
nes egangen sind,« fuhr der Comtni -
s iir gott.
» ch wollte jeden Tage fort, aber
ich konnte nicht, es war, als wenn mich
etwas mit eisernen Klammern hielte.
und ebenso trieb es mich mit unwider
stehlicher Gewalt zu Lohnes, ich mußte
immer wieder hin, um zu hören, wie
die Din e ftanden.«
Die rren sahen sich einander an.
Da war wieder die geheimnisvolle
Macht« die den Verbrecher zwingt, im
mer von Neuem den Schauplay seiner
That aufzusuchen
»Sie fürchteten auch, Marie Löhne
könne den Verdacht auf Sie lenlen,
wenn Sie sie im Stiche ließen? Des
halb gaben Sie por, sie heirathen zu
wollen?«
Der Brasilianer gestand dies mit
einem Seufzer ein.
Man hatte jetzt alles Wesentliche er
fahren, und der Angeschuldi te war
aufs Aeußerfte erschopft. iachdem
das Protokoll vorgelesen und von ihm
unterschrieben wor, wurde er in das
Gefängniß zuriickgetjiihrt
Kilian er riff, obald er sich mit
dem Commi är allein sah, dessen
beide Hände: »Müseler, Sie sind klü
er gewesen, als ich!« bekannte der
ichter o feu.
»Sagen Sie erfahrener, Herr
Amtzrichter,« wehrte Müseler beschei
den ab, »ich bin ein alter Beamter,
und Sie sind ein junger herr.«
m—-I—k«« L, x - As ]
JIUWUIIU Ucl MUUUUUlUc UUV OIUU "
mer des Richters verlassen, ließ dieser
sofort Herrn Dornedden aus der Un
tersuchungs-hast vorsiihren. »Wissen
Sie nicht, daß der verstorbene Abr
weiler in seinem Schlaszimmer ein
Portrait von Jhnen in einem vergol
dete n und mit Steinen verzietten
Rahmen hängen gehabt hattm lautete
die erste Frage des Richters.
Bei der ihrn sehr unertpariet korn
menden Fra e schaute der Gefangene
den Amtsri tet zuerst erstaunt an;
er blickte dann nachsinnend inz Leere
nnd antwortete endlich: »Ahrweiler
besas allerdings schon seit ein paar
Jahren ein tleines in Oel gemaltes
Brustbild von mir; er hatte einmal
den Wuns geäußert, ein Bild von
mir zu ha en, da ließ ich es malen
und schenkte es ihm. Es hatte aber nur
einen ganz einfachen, schwarz gebeizs
ten Rahmen; ich habe es nie wieder bei
ihm gesehen-«
«haben Sie auch nie danach ge
fragt-W
ornedden lächelte schwach. Ach
nein, das konnte man bei meinem
Freunde Ahrnpeiler nicht thun! er war
so unberechenbar; ich fragte nie nach
Dingen, die er nicht selbst im Gespräch
berührte.« -
»Ist es basi« sragte der Amtsriche
ter und Pielt ihm das Bild hin, das er
von Mti eler bekommen hatte.
Dornedden griff sich an den Kop .
»Das Bitd ist e-, aber der Rahmen i
ein anderer. Wo will man es gesunden
haan
· »So muss er ei erst nach meinem
Leben Besuch dort bit-gebannt haben.
Wcheinl hatsrdenita entr-«
gendwo aufge ödert und das ild hin
eingethank
.So wird es sein,« stimmte Lilien j
zu, der steh in sichtlicher Aufregung be
fand. Nach mc ern ern sa te
weiter: Haben ie hin chtlich ieseij
Otldes gartr ne Bermut ungeni«
Mehr set on gis die Frage selbst l
machte Dornedden stusig und mit be
bender Stimme, zd oernd brachte e:
heraus: »Der lrnte litt des Sterben- l
den —«
»Ist auf das Bild efallen,« unter
brach ihn der Amtsri ter, «es hat sich
in seinem Auge espiegeit und ift da
rin haften geblie n!«
Dornedden verfärbte sich und stam
melte: »Herr Amtsrifxten was darf
ich daraus schließen?«
»Daß wir uns in einem grausamen
Jrrthum befunden haben!« rief Ki
»lian: er ging auf Dornedden zu, er
griff seine beiden Hände nnd sprach
mit bewegter Stimme: »Herr Dorned
den —- können Sie mir verzeihen. —
Jth hahe Jhnen ein schweres Unrecht
zugefügt! — Jch —«
Dornedden wantte.
Der Amtsrichter nmiaßtr ihn und
fchob ihm einen Stuhl hin. »Dati ich
Ihnen ein GlasWein bringen lassen?«
fragte er und streckte die Hand wieder
nach der Klingel aus.
Dornedden lehntr das Anerbieten
entschieden ab und bat nur. ihrn recht
schnell Mittheilung zu machen, wie
das Gericht in den Besitz des Bilde-Z
aelanat fei. «
»Nicht nur in den Besitz des Bildes,
sondern wir sind auch Desseniaen hab
haft geworden, der es mitgenommen
und der den unglücklichen Abt-weiter
aetödtet bat," erwiderte der Amtörickp
ter.
Dornedden stieß abermals einen
Schrei aus und sank mit dem Kopf ge
gen die Lebne des Stubleö zurück.
Jetzt eilte Kilian doch, um Wein
berbeirubolen und bestand daraus,
daß sein bisheriger Untersuchungsge
ianaener davon trinke. Nachdem dies
geschehen war und Dornedden sich et
was erholt hatte, erzählte er ihm so
kurz und knapp wie möglich, was er
von Müseler erfahren, und was Al
sonso da Fonseca gestanden hatte.
um Schlusse las er ihm das von dem
Letzteren unterschriebeneProtocoll vor.
Dornedden hatte mit gesalteten
banden und ties aus die Brust herab
gesunkenem Kopf diese Mittbeilunaen
angebiirtx er schien zu befürchten, daß
er durch eine Bewegung den Zauber
zerstören könne, der ibn jetzt so wohl
tbuend umfing. Nachdem Kilian ge
endet, blieb er noch ein paar Minuten
in dieser Stellung. Große Tbriinen
rannen langsam in den weiß geworde
nen Bart. Ausblickend« sagte er mit
halberstickter Stimme: »Gutes Wege
sind wunderbar! —- Er bat Großes an
mir gethan, —- ich danke ihm und
preise ihn!«
»Aera-Heu Sie die un liiciliche Zeit,
die Sie biet verleben mu ten,'· bat der
tief gebeugte Kilianz so bald Sie wol
len« sind Sie frei.«
»Meine Frau! Meine Kinderl«
schluchzte Dornedden.
»Die Jdrigen werden in wenigen
Stunden biet sein,' saate der Amts
richter; »Den Commissar Müseler hat
bereits an sie telegraphirt.«
14.
Der nachtte Morgen tat-Herrn Karl "
Dornedden mit Frau und Sohn wie-.
der in der Hei-nach und jubelnd be
grüßten die Angestellten und Arbeiter
den wiedergetehrten Herrn
Ganz anderer Art waren die Ge
fühle derer, die higher sest an Dorned
den’5 Schuld geglaubt hatten oder
gern geglaubt hätten.
Zunächst schlug in der Familie Löh
ne die Neuigkeit wie eine Bombe ein.
Dornedden sei schuldlos, und Alfonso
da Fonseca als Mörder gestöndig.
Mutter und Tochter geriethen fehr
heftig aneinander, als es sich nun her
ausstellte, daß Alfonso durch Mariens
Vermittlung ein paar Mal bei Abr
weiler gewesen war, bis er den Weg zu
ibrn allein gefunden hatte. Jn ihrer
Heftigteit machte die Frau dem Mäd
chen sogar den Vorwurf, auch um den
to iibel abgelaufenen Besuch arn 18.
December gewußt zu haben, bis ihr
Mann dazwischen fuhr, ihr Schweigen
gebot und ihr oorhielt, sie werde durch
ihre unsinnigen Bemerkungen Marie
noch eine Anklage als Mithelferin bei
dent Morde zuziehem Erschrocken
schwiea sie jetzt darüber still, da sie
doch aber etwas haben mußte, woran
sie sich austobte, so wandte ihr Zorn
sich gegen ihren sonst so sehr geliebten
Sohn Wilhelm· Drollig genug mach
te sie ihm Vorwürfe über Alles, was
er an jenem Sonntag gethan. Was
hatte er in der Marigrafenstraße spa
zieren u gehen und das Bild int
Schau enfter des Trödlers aufzuftib
hern? Was hatte er dem Polizeieoms
nrifsar davon Nachricht zu bringen,
während er sich den Anschein gab, als
habe er ihr eine Ueberraschung durch
sein Kommen bereiten wollen?
Selbstverständlich war Frau Löhne
auch sehr schlecht auf den Brasiltaner
zu sprechen, der sie und die Ihrigen so
arg in die Tinte gebracht hatte. Arn
ärgsten erbittert zeigte sie sich aber ge
en den Polizeicotnmissar Mithin-,
er sich wie ein-Fuchs in Schafstleis
dern bei ihr etngeschlichen, ihr und ih
rem Manne Freundschaft geheuchelt
hatte, um zu rund chaften und zu
spionieen und steil ins Unglück· zu
Itiir en. Den höchsten Grad erreichte
ihr n, als nun gar eine Borladung
» u e nee Vernehmung vor dem Unter
« uchunasrtchter kam und iie Marie
-
W
ganz fasfungslas var Angst fah, was
ihr dort geschehen könne. Sie neu te
sich aber tzwingem denn Msfe er
zeigte sich fest in Wahrheit als guter
Freund, indem er, o ne argen seine
Amtspflicht zu verfto en, dein Mied
chen doch an die han gab, wie sie
ausfagen solle. I
«Marte bekannte darauf. daß sie ein
Liebetberhaltnifz mit dem Brafilianer
gehabt der If das Be brechen gege
ben, sie zu Brathem ie abe ihm
ein paar Mal den Weg zu hrwei er
gebahni, ihm aber gesagt, sie dürfe das
nicht wieder thun, und er hätte es auch
nicht wieder von ihr verlangt. Als sie
am 18. December Ahrweiler in seinem
Blute in dessen Schlafzimmer gefun
den habe, sei ihr der Verdacht ausge
stiegen, da Fonfeca sei in ihrer Abwe
senbeit dagewesen und habe die That
verübt. Sie habe aber leinen Beweis
dafür gehabt, durch ihre Aussaaen
nicht aus seine Spur leiten wollen
und deshalb über seine Besuche bei dem
Ermordeten ganz geschwiegen, sich
auch gehütet, mit ihm selbst darüber zu
sprechen, weil sie nicht in die Gefahr
kommen wollte, etwas wissentlich zu
verschweigen
Frau Majorin Deppner und Frau
Räthin Kunze mit ihren Kindern wur
den durch die Freilassung Dorneddens
ebenfalls in die größte Aufregung ver
setzt. Sie hatten feine Verurtheilung
mit Gewißheit erwartet und gehofft,
er werde dadurch der Erbschaft verlu
stig eriliirt werden. die ihnen, als
den nächsten Verwandten, dann zu
fallen müsse. Jn dieser Voraussicht
hatten sie auch bisher von der Einrei
chuna einer Klaae gegen «·..cnament
abgesehen. «
neun erwies nch vie ganze Berech
nuna als falsch. Dornedden war
schuldlos; er war erbberechtigt, und es
oerlautete obenein noch, daß er nur
vorgeschoben sei. Die eigentliche Em
pfängerin de; Millionen sollte Jose
sine Leonhard, die Tochter der Savi
tätsriithim sein. Die angeseindete
und verfolgte Verwandte sollte schließ
lich doch in den Besen der Reichthümer
ihres Bruders kommen, von dem man
sie in der Jugend schon durch allerlei
Jntriguen zu trennen gewußt hatte.
.Das dars nicht geschehen! Wir
greifen das Testament an! Jch ede’
nicht nach, und wenn meine legte arl
darausgehtt'· todte Frau Majorin
Dei-uner, die sich in der Wohnung ih
rer Schwester, der Frau Re irr-unga
riitbin Kunze, befand. » eite die
Klage ein, Heinrich, wosiir bist Du
denn Gerichtsassessor?« sitgte sie, Iu
ihre-n anwesenden Neffen gewendet,
hinzu. »Ich muß in die-Lust! —- Ich
ersticke hier!" Sie stülpte den Hut aus
den Kops und eilte so schnell hinaus,
daß die Schwester-, die ihr das Geleit
geben wollte. nicht zu folgen vermochte.
Als die Regierun Bräthin zurück
kehrte, nahm der A essor sie bei der
band und sliisterte ihr zu: «Laß Dich
nicht durch die Tante zu übereilten
Schritten verleiten; wir können teinen
Proceß ansangen.« ,
Sie schaute ihn verwundert an und
stammelte: »Aber Du sagtest doch im
mer —«
»Ich habe inzwischen das Testament
nenau geprüft,« unterbrach er sie, »ich
habe mich auch mit gewieaten Zuri
ften beratben, und wir sind ein im
mig zu dem Urtheil gelangt: das Te
stament ist unanfechtbar. Es muß
von einem sehr schlauen Pratticus ge
macht sein, der auch nicht das kleinste
hätchen aelassen hat, wo man anbiet
den tönnte.«
.-aoer was iou man oa thun-«
fragte die Mithin erschrocken.
»Der Sache ibrenLauf lassen!« ent
gegnete der Asfeffor gelassen und setzte
mit überlegenem Lächeln hinzu: »und
zusehen, daß man ohne Proceß und
ohne Theilung mit der Tante und Jl
gnees in den Besitz der Millionen ac
langt. Jofefine Leonliard ist über
dies ein recht hübsches Mädchen.«
»Und mein Sohn ein Mann, dem
nicht leicht zu widerstehen ist, wenn er
es ernftlich darauf anlegt, ein Mäd
chen zu gewinnen,'· erwiderte, ihn fo
fort verstehen-, die Mutter und ließ
ibr Auge mit Wohlgefallen aus der
wirklich stattlichen Erfcheinuna des
Sohnes rueen. »Es werden sich zwar
viele Bewerber finden.«
»Ich fürchte sie nicht; wenn man die
Sache nur richtig angreift!« entgeg
nete der Affessor selbst-gefällig
«Schade, daß Charlotte dem Milli
bald Dornedden den Laufpafz gegeben
hatt« fagte die Mithin mit einem lei
fen Seufzer-.
»Wie kommst Du darauf?« fragte
heinrich verwundert.
»Wenn er mit Charlotte verspro
chen wäre, lönnte er sich nicht um Jo
feftne Leonbard bewerben.«
»Du fedest das voraus?«
»Er ist doch sozusagen der Nächfte
dazu.«
»Und eben deshalb t ut er es nicht!«
lachte der Affefsor. » ch habe Milli
bald Dornedden kennen gelernt, der
wird immer ein armer Schlucker blei
ben, denn er isi ein itierf annter bea
lic Jch glaube, der knntejäo eftne
Leonbard lieben und nähmee e doch
nicht zur Frau, um nicht den Schein
auf sich zu laden als ftrebe er nach
dem Gen- , das fis durch die Vermin
lutm feines Vaters erhält-«
»Das verstehe ich nichtt« erlliirte die
Mithin e rl ch.
»Man ich Dir-, Mütterchen!« spöt
telte der Affeffor. »Nun, es musz auch
tolche Mit-de gebeut Die Sache soll
übrigens sein eingefiidelt werden; Du
mußt ver acher mit der Sanitiltsräs
tbin wieder tn Fitbluna zu lommen.«
M
»Das wird schwer fallen; Du weißt,
sie zittert mir nnd der Tante.«
»Die laß auch, bitte anz aus dem
Speer Sobald var G- gezablt Ist.
suchst Du die Sanitätsrät in aus«
sagst, daß Du Dich seenst, da an ib
te Kinde altes Unrecht geführt wird
Dis-?- w«« « »», J
»Und wenn sie mich zurückweists«
»So gebjt Du wieder hin; steter
Tropfen hoblt den Stein. nzwi
schen werde ich schon Mittel inden,
mich Josesine u nähern; wir wollen
beantragen, das das Geld schnell ans
aezahlt wird."
»Aber Du hast ja von der Tante ge
hört, daß sie klagen will!« wandte die
Rätbin ein. t
»So sage ihr,·dasz ich es sür aus
sichtslos halte, eme Klage anzusinn
aen, nnd daß wir dabei nicht mittbun
werden. Jlgeners haben von Ansana
an erklärt, sie würden sich dabei nicht
betbeiliaen. und allein kann sie nicht
vorgeben; sie soll sich lieber unserem
Verlanan anschließen, in den Besitz
des uns vermachten Geldes gesetzt zu
werden; es ist lein Grund vorhanden,
es uns noch länger oorzuenthnlten.«
Frau Major Deppner schalt und
tobte zwar, als ihr diese Eröffnunaen
und Vorschläge gemacht wurden, sie
mußte sich jedoch fügen, da ihr-auch
von den Juristen, die sie befragte, die
Ausgchtslosigleit der Klage bestätigt
wur .
Os- D-I-- L.tk.- t,,.h ,«.» . s ,
»Hu Usugc sen-u sussu tut-u lllcc cqll
Tage nach Dorneddeng Freila ung
die Augzahlung der Erbschaft statt.
Alle im Testament Bedachten waren
auf dem Amtsgericht in Charlotten
burg erschienen, um ihren Antheil an
der Erbschaft in Em fang zu nehmen.
Auch Herr Karl - ornedden hatte
sich einaefundenx er war in Begleitung
von Frau und Sohn nach Berlin ge
kommen, aber nur Willihaid war mit
ihm nach dem Amtsgericht gegangen.
Er hatte dieser Zusamnieniunft mit
den Verwandten seines verstorbenen
Freundes mit Besorgniß entgegenge
sehen, fand sich aber angenehm eisi
tiiuscht. Auster der Maiorin Deppner,
die ihren Unmuth osien zur Schau
trug, tam man ihm allseitig sreundlich
entgegen.
Kaufmann Jlgener und dessen Kin
der sprachen ihm- in schlichten Worten
ihre Glückwiinsche zu seiner Befreiung
von der schmählichen Antlaae aus.
Wortreicher und überschwänglicher
thaten dies die Räthin Kern-re mit
Sohn und Tochter-. Charlotte ließ sich
sogar gegen Willihalo zu einer Ab
bitte herbei, die freilich mehr in Bli
cken und in Seufzern, als in Worten
bestand
Es war verloreneLieheBmiih Milli
haid zürnte ihr nicht mehr; er lonnte
ihr ehrlich versöhnt die Hand reichen,
aber die Liebe zu ihr war verslogern
ausgelöscht durch ein anderes Gestirn,
das leuchtend an seinem Lebenshiw
met herausgezogen war. Wenige
Stunden noch, und er sollte sie wieder
sehen, die sür ihn seit Wochen den
Inhalt seines Lebens-, das Ziel seiner
Wünsche und seines Sehnens bildete.
Jn Begleitung von Vater und Mut
ter machte Willthatd sich, nachdem die
Angelegenheiten auf dem Gericht ge
ordnet waren, nach der Nettelbect
straße aus den Weg.
Die Sanitiitsräthin erwartete die
Familie, die ihren Besuch angetiindigt
atte, in begreiflicher Spannung; es
herrschte unter ihnen zunächst eine
kühle, heobachtende Stimmung, die
aber vor Frau Elisabethö sonniger
Liebenstviirdigteit nicht lan e Stand
Zu halten vermochte. Die er en der
eiden rauen Zotten sich gesundem
noch e Herr ari Dornrdden mit
seiner Eröffnung. auf die man Ia
übrigens schon vorbereitet war, her
ausritcken tonnte.
Wie vorausgesehem erilörte Frau
Dr. Leonhard, daß sie ihrer-Tochter
nicht estatten würde, den ihr auf die
sem mtvege zutontmenden Neichthum
anzunehmen. Dabei geschah ihr, was
sie nicht erwartet hatte, wogegen sie
seit vielen Jahren sich fiir «estäih!t ge
halten. Die Erinnerung überwälti te
sie, der Jammer ihres zertrerenen «e
dens, ihrer verrathenen Liebe crfa ,te
sie mit voller Gewalt, und in ersch «t
ternder Klage tönte, was sie so Lange
in verschwiegener Brust getragen, vor
den tief bewegten Zuhdrern aus.
Nun nahm aber auch Herr Karl
Dornedden das Wort zur Schilderung
dessen, was Ahrweiler gelitten. »Seht
ganzes Leben war ein einziger langer
aag der Reue und Vuße,« sagte er;
» e seine Schrullen und Sonderbar
leiten sind aus dem einen Punkte zu
erklären. Mit trarnpfhafter Sehn
sucht klammerte er sich an die Hofs
nung, gut machen zu können, und da
ihm die Mutter jeden Weg dazu ah
schnitt, so wallte er es an der Tochter
thun. Gewahren Sie dem Todten,
was Sie glaubten, dem Lebenden so
streng versagen zu müssen.«
Diese Worte blieben nicht ohne Ein
druck· auf Frau Dr. Leonhard, den
noch ent egnete sie: »Ich kann dieles
Ger au» das wir keinen Anspruch ha
ben, nicht als einen Ersatz für alles
getragene Leid ansehen.«
»So hat ei Ahetveiler auch ni t
gischtetf siel ihr Dornedden in sie
e .
Ohne darauf einzugehen, u r te
fort: »Petneizdcochter tann flecktisch
ern un e w r es werde , ’ -
sei Gewk n o ne die
»Es ist redlich erworben!« tll ·
Dornedden«voe. se n M
YGieichdrelz es kommt unt nicht
zu.
Schluß Mut-)