Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, June 21, 1901, Sonntags-Blatt, Image 18

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    Z ZHM Juki-is
Mn von Heinrich Lee.
(4. FortfesungJ
Ei entging dem Manne dabei nicht,
M ber herr- Gras bei dieser Botschaft
etwas ton ernitt aussah dann ent
fernte er ch. -
Her-leugnen hatte fie sich vor ihm
lassen —- unb ohne ieben fchonenben
Zusat. Daß er sie gesehen hatte, das
wußte sie! Und trotzdem ließ sie i m
tw- sie wäre nicht zu Haufe. N« t
einmal zu einer Migräne oder zu sonst
einer Entschuldiguna nahm sie Ru
slucht. Ganz einfach —- fie brüstirte
ihn. Daf- war offenbare Abneigung,
was sie ihm zeigte. Er hatte sich also
verrechnen
Er biß sich auf die Lippen.
Schön! Dann wollte er versuchen.
auch ohne ihre Zuneiauna lich in ihren
Besitz zu brinaen. Ja, ihr Besitz schien
ihm ietrt doppelt reizvoll Er mußte
iie aeminnem nnd war es nicht weaen
ibrer selbst. fo weaen ihres Reich
tbrrms. Seine Gläubiger wurden un
aednldieh sie wollten nicht mehr war
ten.
Aus welchem anderen Grunde hät
te er sich sonst mit ihrem Vater diese
enorme Arbeit aemachtZ Er iniriauir
ie, er wählte für ihn. Jeder in der
Partei suchte feinen versönlicben Vor
theil —- der eine iaaie nach Geib der
andere wollte feine Eitelkeit befriedi
aen. Es wäre ein unentfchuldbarer
Dummtovf aeioesen, wenn er nicht
gleichfalls seinen Vortheil suchte. Das
Eraebniß der Wahl stand io aut wie
in feiner Hand, das wußte der Oberst.
Außerbsm leqte er bei seiner Werk-ira
thuna feinen Namen in die Waa
schale Der Oberst mußte feine Wer
bnna um Hortense unterstützen -—— er
mußte und würde es auch. Ohnebin
hatte er sosort mit ihm in ivrechen in
einer Anaeleaenbeit geschäftliche-: Art
dann lief-, sich beides aleich zusammen
ais-sum Diese Anaeleaenheit ac
ichaftlicher Art war folaendet Vom
Gemeinderatbe war die Liefernna eis
ner neuen großen Maschine ausar
sehrieben morden, und eine gewisse
Fabrik nahe bei Paris, mit der er seit
liinaerer Zeit schon vertrauli e Be
ziehunan unterhielt, hatte e An
sraae an ihn aerichtet, ob es nicht
möglich sein würde, baß sie die Liefe
runa bekame. Die verlanate« Maschine
revräsentirte eine hübsche Summe.
Zehn Procent von dieser Summe fie
len an ihn, wenn er die Lieferung an
die besaate Fabrik burchzusetzen ver
mochtev Damit konnte man sich schon
eine anstänhiae Eauivirnna fiir die
Hochzeit beschaffen, Hortense’s Vater
mußte ihm dazu behilflich sein. Er
riet einen Fiater heran und fuhr nach
dem Tuileriengartm «
Er brauchte nicht lange zu suchen.
Der Oberst, daser ihn von weitem
schon hatte kommen sehen. ainsa ihm
bereits entgegen. Er schüttelte feinem
unentbehrlichen und aleichaesinnten
jungen Freunde die Hand-, saßte ihn
unter den Arm und ichan mit ihm
ben nächsten fchattiaen stilleren Sei
tenwea ein.
»Wie was Neues, mein lieber
m--t0sk
Use-H ;
Allerdinas aab es etwas Neues, et
was Wichtiaes, etwas Beinah-bes
Der Graf hätte sanft, wie er hinzu
siiate. den Herrn Oberst nicht hier zu
inlommadireri sich erlaubt.
»Sie sollen nicht so reden, mein lie
ber Gras,« erwiderte der Oberst mit
väterlicher Strenge —- »Sie sind
jung, ich bin alt, ab:r der Zweck, dem
wir beide dienen, ist der gleiche. Es
ist die Partei· das Vaterland; Jch
schätze Ihre liebevolle Rücksichtnahme
das darf Sie aber nicht daran hin
dern, mich jeder Zeit auch meinem Po
sten aufzusuchm Um was handelt es
sich also?"
Um was es sich handelte,das erzähl
te der Gras jetzt in folgender Weise:
Der Gemeinderath hatte die Liefe
rung einer gewissen neuen Maschine
aus eschrieben. Nun läge es im Jn
tere e der Partei, im Gemeinderaih
dahin zu wirten, daß Diese Lieferung
einer ganz bestimmten Firma anver
traut würde. Der Graf nannte gleich
ihren Namen. Gerade zu dem Wahl
irt des herrn Oberst unterhielte
z sie Firma sehr werthvolle, für Die
»smk in Betracht formende Bezie
gen —- unb ihm, dem Grasen, sei
. ts von den Inhabern der Firma
bis Zusicherunq gemacht worden. falls
Ue Partei sich in ihrem, der Firma,
Eier-esse bei der Vergebung des Aus
« »a» bemühen welle, daß sie dann
"" e Beziehungen guts-Gunsten derPar
iei eliend machen wärt-e. »Ich möch
is deshalb fragen, Herr Oberst,«
sosigkaß der Gras seinen Bericht —
»al- ich den genannten Herren dieses
» Jus-hie Versprechen von Ihnen
Ihr-innen darfst-«
Mßgberst biieb stehen« Er räu
Æ scheint, mein lieber Gras,«
W sz tie- st- «diesez Geschäft wäre
USE NEWTON-«
· « · «Mkrejeau hatte von dem alten
·« natürlich sei-ne andere Ant
T · H - WM die andere,« er
, » « . Kriege selten alle it
TM Ver Kritik den Mr führen,
M Bd . des Interminei-«
zszk entom rsnsperte sich
» Ringes-res- dpa die
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pretiwertb nnd pünktlich bedient wer
den rosede.«
»Dosiir biirge ich anen2«
»Sitz-wen Sie das auch? Mit gn
tem Gewissen?«
Der Oberst blieb sieben und-sah mit
seinen alten Soldatenaugen dem jun
gen Vertrauten voll und forschend ins
Gesicht.
»Ja, her Oberst!«
»Jhre Hand daraus!«
Fast schien es, als ob Graf Mon
trejeau einen Augenblick lana zögerte,
aber es war zu spär. er hatte keine
Wahl mehr. Er schlug ein.
»Mein lieber Gras,« sagte der
Oberft mit Feierlichleit, »im Namen
«deö Vaterlands-E will ich also seben,
was sich in dieser Angelegenheit für
die Herren thun läßt. Sagen Sie das
ihnen. Es versteht sich —- unter der
nöthigen Diskretion!«
Montrejeau war bis jetzt mit sich
zufrieden. Der alte Haudegen war
ein etlatanter Dummkopf, man tonnte
- ihm, korn- man nur das Wort »Va
ter!an-d« nannte, mit den unwahr
scheinlichsten. unalaublichsten Sachen
tornmen, er unterschied sich darin
kaum von dem übriaen Volk —- desto
besser aber für ihn, Montreiea, selbst.
,,Sonst noch etwas, mein lieber
Gras?"
Der Augenblick war giinstig.
Montrejeau legte dem Herrn Oberst
ein Geständnis-, ab. Ein Geständnis-«
das den alten Haudeaen im ersten
Auaenblick sehr betroffen machte —
mehr betroffen, als Montreieau sich in
seiner Berecbmsna voraestellt hatte.
Als aber eine Stund- sväter sich beide
Herren vor dem hübschen Hotet in den
Sbamvs Elnses trennten, sagte der
Oberst m ihm:
»Noch heute werde ich mit Hortense
sprechen. Ich werde mit ibr moraen
in der Oder sein. Ich erwarte Sie in
unserer Loge."
o.
Ganze drei Tage weilten nun schon
unsere deutschen Freunde in Paris.
Den Vormittag brachten sie in der
Aussiellung zu, am Nachmittag be
iahensie sich die Stadt. Von den
Abenden hatten sie einen in einer rei
senden Sommerwirtbschafi im Bois
de Bouloane verbr acht, den zweiten
auf der Ansstellung, wo eine großar
tige Jllumination stattfand. und über
den dritten war man sich noch nicht
einig, man wollte ihn gemeinsam mit
Alidorfer verbringen.
Viel mehr Vergnügen als die Aus
stellung — nur Bäumchen machte da
rin eine Ausnahme, machte unseren
Freunden die schöne Stadt selbst.
Denn was nutzten einem alle dieWun
derdinge, die man auf der Aussicllung
sah, wenn man nicht ordentlich sah,
wenn man. von der endlosen Fülle ge
drängt, nur immer im Fluge daran
voriiber mußte. Wochenlana hätte
man darin herumgehen können, nd
auch dann wäre man damit nicht zu
Ende aekommem Es war genau so
wie bei mancher Tafel-eine Unmasse
Gerichte, und doch, wenn man auf
stand, war man nicht satt geworden
Das Schönste auf der aanzen Ansstel
lunm darüber herrschte eine einzige
Stimme, war und blieb der Eiffel
thut-im Nein, so hatte man sich ihn
nicht dargestellt. am wenigsten nach
den in Deutschland bekannten Abbil
dunaen. die immer etwas Lamm-eili
aes hatten. Schon der iolossale Ein
druck, wenn man unter ihm stand. in
seine Wölbuna binauisah —- ein Ein
druck, der doch dabei nichts Deklam
menes hatte, im Gegentheil, etwas
Heiteres, Befreiendeå, so harmonisch
war alles daran. Und dann. wenn
man durch das unendliche gelbe Ge
mirr des Gerüstes mit dem Eleoator
hinausglitty Von einer Bewegung
merkte man nichts! Nur wenn man
durch die Fenster sah, dann gewahrte
man, wie unten in der Tiefe das gelbe
Riesen aitter immer weiter sank, fant
und stiea, während es oben immer lich
ter, freier wurde. Bis z um Gipfel
hinauf. Erst hatten die Damen
Angst Nein —- weiter alz bis zum
ersten Stock wollten fee nicht höch
stens bis zum zweiten. Dann aber-,
unter Lachm und Späßem fuhr man
doch hinauf, uns nun that sich die
Aussicht aus Was siir eine Aussicht!
Dafür stand man auch aus dem höch
sten Bauwerk der ganzen Erde! Ein
here ließ in dem leisen Winde ein
Zeitunasblatt fliegen —- itn Nu flog
es iiber die Seine. immer weiter, bis
« es nicht mehr zu sehen war
»Wi!k,eim,« sagte eines Nachmit
taaå Wilhelmine, ats man vornOpetn
vlaß her durch die Rue de la Patx
fuhr und vor den Häufetn der großen
Damenschneider und Juweliete wohl
mehr als hundert Eouivaaem alle snit
limitter Dienerschnfi. hielt-n. LIM
belm, ich glaube es war doch gut, daß
Fritz Dir zuqeredet hat.«
»Ja,« sagte Btösickr.
Es war nicht so sehr die Pracht, die
Größe, der Reichthum, was et an die
ser Stadt bewunderte, als vielmehr
immer wieder vie herrliche Damm-tin
die über dem allem lag. Von Kunst,
von Aesthettt verstand er nicht viel,
davon hatte et auf der Schule nichts
seiest-Ich und doch sprach das alles hier
in» emer Sprache zu ihm, die ihm ver
standlich klang- Sekbsi wenn matt in
die Vorjtadte karn, wo nicht diePtachL
- der Reiaitbum herrschte. Allein das
bunte, Immer wechselnde, lebensvrii
bende Bild! Nicht blos vor den Ca
fes —- anch vor venGemüse- und Blu
menhandlnnaen, den Bazaren und
» Geschäften den Buchhande nnd
handwertetsistten Ueber-as fes-oben
sie sich mit ihrem bunten, lustigen
« Kram. dein Farbenbde die Indes
bend, auf das Trottoir, in das -
wiihl hinein. Teppichr. Spihentiicher
wehren heiter in der Luft; vor den
Cafegiisten, mitten iin dichtesten Ge
dränge. eine herumziehende San er
gesellsihaft, die hier aus deni S eg
reife Coudleti dorten . Dazu diese
tausendfältig abwech elnden Gestal
ten. Jedes ging und trug sich, wie es
wollte. Keinm Menschen fiel est ein,
sich deshalb umzusehen, ja auch nur
Verwunderung zu zeigen. Ueberall
Lust, Leben, Reif-ein Selb die
hunde! Ohne auliorb liefen ie her
um, und doch geschah Niemandem von
ihnen etwas. Das eben war es! Je
der ließ jeden treiben, was ihm Spaß
machte. und weil jeder in seiner Frei
heit don der des anderen abhing, fo
respektirte man einander. Auf einein
Bouledard stürzte gestern — unsere
, Freunde waren dessen gen gewe
« sen —- ein AutornobiL lle Umfteheii
den griffen helfend ein, niemand zeigte
ein schadenfrohes Gesicht, obwohl der
Unfall sichtlich einen Reichen traf.
Vom Bris de Baulogne tam man am
späten Abend durch eine Vorstadt. wo
Jahrmarkt gefeiert wurde. Jn dem
ganzen ungeheuren Trubel troh aller
Ausgelassenheit nicht ein einzi es
Schimpfwort, nicht ein einziger e
truntener. nicht eine einzige Belasti
gung. Wie war das in Berlin? Jii
den Votstadtstraßen, genau nach der
Schnur und den Polizeivorschriften,
vom Auge des patrouillirendenSchuh
manns überwacht, die gleiche regie
ntentirte Langweiligkeit. Kein Korb
mii Kartoffeln, den die Grüntraiii
händlerin vor ihre Thüre setzen darf,
wenn die Polieei nicht ihre Genehmi
gung dazu ertheilt hat. Gefchah auf
der Straße ein Unfall, war ein Rad
fahrer gesitirzi, —— gleich faininelten
sich ichadrnfrohe Menschen herum, und
sie riefen dem armen Opfer noch lie
benswiårdige deensarten zu. Ging
eine Dame allein über die Straße, so
setzte sie sich den rijelsichislofeften An
reden aus. Hier nnd dort —- zwischen
allzn diesen Dinan gab es einen Zu
sammenhang, und der war ganz ein
i fach. Macht«-s dieer Voll auch all die
Laster haben, die ihm so oft nachge
z sagt werden —- eins hatte es init sei
I nein ganzen Stadtbild gemeinsam,
I das war die wohlthuende· die feine
HAußenfeitr. Gott freilich sieht nicht
l auf das Aeußere sondern in’s Herz,
l aber —— und Brösiite dachte ietzt an
keinen Vers oder etwas Aehnliches,
I was er einmal auf einein Blatt seines
IAbreißtalenders gefunden hatte und
kdas damals in ilsm haften geblieben
; war — »dariini eben, weil Gott nur
Fiisg Herz sieht, sorge mein Freund,
z dafz auch wir etwas Erträglicheäs
s seh n.«' »Am mertiviirdigsten aber war
I fur Bronne, da er feine Vaterstadt
I Berlin bisher für so gänzlich tadellos
I gehalten hatte, daß er erft hier in der
Fremde zur Einsicht ihrer Mängel
kommen mußte. -
»Das izt schön von Jhnen," lachte
Witweer als er mit ihin gelegentlich
aus diesen Punct zu sprechen kam,
»daß Sie das Gute bei anderen Leuten
gleich so raushaben und anerkennen.
Besonders ift es schön, weil Sie ein
Berliner sind. Dass-, was Sie sagen,
das stimmt auch schon, das ist wohl
richtig. Nur wollen wir mal abwarten.
ol Sie in acht, vierzehn Tagen auch
nrJnganz fo reden werden«
apa- -:Ir-.ni: er sum-H AUWZYU
kannte Paris —- er sprach also au
6riahrung. Meinte er vie etwas
schwerfälligen und nicht ganz ausrei- l
dienaen Qinnibuzs- und Tramways
Verbindungen so daß man faft im
mer, wenn man von einem Ort zum
andern wollte, eine ziemlich theure
Drofchie nehmen muß-ei Das lag doch
even daran, daß man Fremder war,
rasz man nicht die nöthigt Uebung da
rin hatte. Brösiae nahm sich vor, in
acht, vierzehn Truen — so lange wie
ihm Altar-riet Zeit gearben — sich
darauf einzufatirem -awohl, dann
wollte man noch einmal drüber reden.
Was Wiihzlmine betraf, so innre-e
ihre Aufmerksamkeit freilich noch durch
gcnz andere Dinge eregi. Was man
an einem Tage hier an Toiletten sah,
auf der eraße, auf den Spa ierfahr
ten im Bois de Boulogne, A ndå in
den Restaurantk und Caer, das fah
man in Berlin taum im ganzenäahrr.
Und was für Tatlettens anche
Dame hätte in Berlin einen Straßen
anflauf veranlaßt, der Schuhmann
wäre dazu gekommen. Allerdin s hat
ten diese Reftaurants und Ca es mit
den Damen darin Abends auch ih
sehrGenierliches. ndessen konnte man
ja io thun, auch » ilchen that so, als
sei man zu harmlos, als merke man
so etwas nicht. Das war chonSelma’s
wegen nothwendig. A der anderen
Seite waren diese Dinge, die man ja
sonst niemals u sehen bekam, auch
ganz lehrreich. biolut ungehörig be
nahm sich nur Däumchen dabei, er fah
diese Damen immer ganz ungenieri
an.
»Ich von meinem Manne würde
mir so etwas verbitien,« hatte Wil
helmine einmal zu Milchen gesagt.
Ali Milchen mit Bäumchen allein z
war, stellte sie ihn deshalb zur Rede. l
Und was erwiderte er ihr-? Er fii »
sich nur die RüschensColiieri und die H
Spiien an, welche die Damen trii en ;
—- ob vielleicht Planean Fabr tat
darunter sei, denn Platten exportirte l
its viel in die ein Artikel nach Pan-. ;
f i iend a ein aus Gelchäftsinter
Ehe er sieh dieDamen so enan an.
ilchen glaubt-e es natürli , und es
wäre hart gewesen« ihr di en Glau
vben zu nehmen-«- Selb die ein
faiea Ladenmädchen trugen Seide.
wenig-sent seidene Uniertscke, f- ro
» Rette tin-net esse an ihnen, und alle,
—
I
)
f
)
i
J fchtoelgte nur, und das war aut
- ....· -·--..--.- --.--«
sogar die Dienstmädchen und Apfel
fmenverkiiuferinnen, hatten dieselbe
moderne Fristen das haar glatt in
Wellen über Stirn und Ohren und
oben einen Dass. Nur so reinlich, so
ordnungsvoll, wie in den Berliner
Häusern war es nicht. Jrn Hofe in den
Ecken hingen große Spinn ewebe, im
,.Louvre«, dem großen Kaushausg wo
sie mit Milchen handschuhe getauft
hatte. lagen die Waaren drunter und
drüber, alles roar durcheinander e
Ioursielt, und aus den Möbeln, wo in
man auch lam, lag fast immer Staub.
Wilhelm merkte es eben nicht,»er
Do
etwas merkte nur eine Frau!
Sehr unzufrieden da egen n. . dem,
iras er in Paris, specie aus der Ans
siellung gesundenhatth war dagegen.
nachdem sein erster Enthusiasmus sich
gelegt hatte, Bäumchen. Mit ihm zu
gieich befanden sich auch alle anderen
ir: Paris weilenden Plauener Fabri
tanten in Aufregung, in ohnmächtigern
Grimm. Von der ganzen Plauener
Gruppe nämlich war auf der Ansstel
lung noch nicht das Mindeste zu sehen
Alle anderen deutschen Aussteller
rinasherum waren fertig, die nieder
rheinischen Seidensabritantem die
Q---·-- D-..-.- -------- —..- h
sonst-nis«wussuvsuspsuukq aus »s
Plan von Plauen bot noch ein wüstes
Bild von herumstehenden ugenagelten
Kisten, von unbelegten äretterhodem
von mässig herumlungernden, ewig
i iihftiickenden Arbeitern Plauen war
—- roenigftens war Bäumchen davon
sit-erzeugt — die Zielscheibe des Mit
leids-, eines versteckten spöttischen Lä
chelns ringsherum. Dieses Unglück
kam daher, daß die fiir die Gruppe be
stimmten Schränle noch nicht anne
tommen waren. Der Neichscommissär
hatte die Schranke bestellt, aber sie ina
ren noch nicht ferkia. Wo hatte er sie
bestellt? Jn Berlin.
»Warum läßt man sie in Berlin be
steilen!u schrieDiiumchen ioiithend, »in
Dresden können sie wohl keine
Schriinte machen? Jetzt ist’s einem
recht! Jetp müßten sie überhaupt nicht
fertig werden!«
Der Grund der Berziigerung war
der Berliner Tischterstreit· Daum
cken’5 ers-« ! Ganz-, an jedem Moraen
war nach dem hesaqten Platz. Mit ihm
trafen auch die anderen Plauen’er
Landsleute und Leidensgenossen hier
ein« ader die Schranke wollten nicht
kommen. Die Erbitterung gegen den
Berliner Tischlersneister wuchs noch
»sehr-, ais man erfuhr, daß er trod des
Tischlerstreiks piinctliche Lieserung
versprochen hatte. FurchtbareVerrviim
ichungen reaneken auf sein Haupt.
»Die Krätze muß er triegeni« schrie
Bäumchen, »und an jedem Finger e
Pirtetchen, daß er sich nicht tragen
kann-«
Dieser Aerger verdarb Bäumchen
von nun ad auch jede weitere Freude
an Paris. Am meisten örgerten ihn
die Preise. Das Raiiren zum Beispiel
leitete tünsundzwanzig Centimeö,
und dann mußte man noch extra in
e:ne Büchie fünf Centimes als Trink
geld wersen, worauf alle Gehilfen —
sie rasrrten blos in Hemdsiirmeln —
»Merei" riesen. Dreißig Centimes,
fünsundzioanzig Pseuniaei Jn Plauen
wurde man dasiir zweieinhalh Mal
rasirt. Auch mit seinem braunen Ta
schenbuch ging die Sache nicht so ut,
wie er sich gedacht hatte. Glückli er
weise redeten sa- noch wenigstens im
Hoiel alle deutsch. Aber zum Beispiel,
nenn« man mit einem Eingehorenen zu
redne hatte.
«Felix,' sagte jedesmal Milchen,
sei ist»wohi besser, Du läßt uns re
n.«
Schon das argerte inn.
»Ich :e")e,'« riet er, »ich bad’sBuch!«
Abe- gerade, was man brauchte,
das stand nicht drin Man suchte und
suchte, der Eingeborene wartete, der
Mensch machte :inen ganz nervög, und
hatte marke- endlich glücklich gesunden,
dann verstand es der Mensch nicht
einmal. Ob Bäumchen ein Jtaliener
wäre. hatte ihn einmal einer gesragt.
Aus-gerechnet ein Italiener.
»Im möcht ich blos wissen, warum
mich der Mensch aerade sür ’n Jtolies
ner hält. Wie e Leieriastenrnann oder
e anesiaurenhändler seh’ ich doch
nicht aug!«
»Weil Bäumchen so eine weiche,
sanfte» wohltlingende Aussprache
dätte,« erwiderte Brösicien
Däumchen woslte blos vor fremden
Menschen keinen Stank-at ansanaen
icnst hätte er Brösicle den richtigen
Bescheid gegeben.
Was Milchen betraf, so beschiis
tgten sie, ossen gesagt, die ganze Aus
s:ellung, die ganzen Herrlichkeiten von
Paris rnit jedem Tage weniger. Je
den Morgen, wenn man in die Aus
ttelluna ging, tain man durch die Ma
schinenhalle, und hier begegnete man
Herrn Altdorser. hier, von einein
Gitter umschlossen, in der Mitte von
allerhand sausenden Maschinen, sah
er gemüthlich mit noch Zwei anderen
jungen Leuten an einem großen Pult
nnd arbeitete. edezmal wünschte man
sich mit ihm » uten Morgen,« und
wnn es gerade seine Zeit zuließ, wie
neulich Abends, so verbrachte man
auch sonst ein Stündchen mit ifnn
Wirklich. es war ein reisender Men ch!
Selina schien ihn ja zu interessiren,
er olauderte, er lachte mit ihr. Man
mußte sich nur noch ein wenig mehr an
- ihn atta tren. Milchen nahm sich vor,
ei wenig· s so weit zu bei-ign, daß
» sie zusammen Mittag agen. hnehin
waren sie mit ihrem Re aurant nicht
i gar-? zusrteden —· vor allein Felix
nich. Sein Liebtingzessen war Taube
sitt Reis, n hause in Platten muite
ch es then ede Woche einma! kochen —
— l—. . --· - » « , --·- »l«...- !- -ll«—- —. l-.
und das bekam man in dtesetn Rettaus
rant nicht. Ueberhaupt das Leiden mit
der Speisentaete. Achtundzwanzig
Gerichte hatten sie gestern darauf ge
zählt, aber bei den unverständlichen
Namen wußte man von keinem dersel
ben ordentlich, was es bedeutet. Ge
nau wußte man nur »Consomme« —
das heißt Bouillon. Man las etwas
von der Speisentaete ab, bestellte es,
aber erst, wenn es det Kellnet aus den
Tisch stete, sah man, was es ei entlich
war. Wilhelmine hatte aus die e Akt
und Weise gestern und vorgeitetn
Hammel bekommen, das einzige, was
sie nicht essen konnte.
T »Wo speisen Sie, here Altdoeset?«
Lfragte ihn also Milchen heute· Mot
gen.
s Er aß ganz in der Nöbe und war,
; nsie Miichen sich ettundiäez mit sei
; nem Restaukant recht zufrieden.
; »Dann können wiss doch auch mai
z dort versuchen«« sagte Mitchen.
! So wurde es auch cis-gemacht Zum
k Deieunet, Punkt 1 Uhr, wollte man
Ysichjn dem angegebenen Restaukant
.«-.-.-s
" ireiien. .
Altdorser hatte an diesem Vormit
tag ganz besonders fleißig gearbeitet.
Da bei dem in der Ausftellun walten
den System der Anordnung eine Ma
schinen iiber fiinf verschiedene, von ein
ander ganz abgelegene Stellen ver
theilt waren, so hatte er, um an die
herantretende Kundschaft die nöthigen
Ausiünste zu geben, vft von der einen
Stelle zur anderen zu gehen. was bei
den großen Entfernungen und dein
verwirrenden Labyrinth der Gänge
nicht eben angenehm war. Einmal
gelegentlich, als er bei der französi
schen Abtheilung vorüberlam, blieb er
stehen. Was er hier jept zufällig er
blickte, das fesselte ihn ganz besonders.
Es war eine Maschine derselben Art,
ivie sie in feiner ei enen Abtheilung
stand —- dieselbe, iiFer die er aus Ver
anlassung der Direction gestern das
Angebot an die Stadtverwaltung ab
aeschiitt hatte. Aufmerksam betrachtete
e. das französische Fabrikat. Jn
Kunst und Kunstgeiuerbe —- und das
sah man auch auf der Ansstellung —
iii allein, was Geschmack betraf, inari
schirieFrantreich noch immer unter al
len Nationen an ver Spitze. Wer das
den Franzosen nicht zugestand, der
war blind. Ganz anders sah es dage
gen mit der eigentlichen ranzösischen
Industrie aus. Hierin zeigte Frank
reich iin Vergieich zu anderen Ländern
einen vollständigen Stillstand, ja
Rückschritt i-— alo tobnten ihm derar
tkge trockene, langiveilige Dinge nicht,
als iiöerließ man die eben ain besten
seinen auteii Nachbarn. Ganz ausfal
lend zeiate sich daii hier und da auch
unter den Maschinen. Außer der er
sichtlich nachlasiigen rbeit aran wa
ren auch viele darunter geradezu ver
altet. Däunichen atte eine von den
Franzosen ausgeste te Stickinafchine
gesehen, die man in Plauen schon vor
Jahren zum alten Eisen geivvrsen
hatte. Und was die nachlassige Arbeit
betraf, so konnte Altdorfer eben an
der Maschine, vor der er nach immer
stand, gleich ein Beispiel feststellen.
Man brauchte nur das Absverrungs
ventil davon sich anzusehen. Wie nahe
es an den bewegten Theilen war.
Wenn die Maschine aus eine sehr hohe
Geschwindigkeit gestellt wurde, wie
leicht tvnnten sich die Lager davon la
ciern, dann sing die Rollenstange an
m schlagen und der Planet zersprang!
Wahrscheinlich, daß die Maschine aus
eine so hohe Geschwindigkeit nicht be
rechnet war, aber ein Fehler blieb» es
doch. An einein deutschen Fabrilat
wijre so·etivas jedensalls taurn mög
F um armen-n « «
Altdorser betrachtete ietzt den ihm
von der Direktion ertheilten Auftrag
von einem anderen Gesichtspunkt
Deutsche Maschinen wurden nach allen
Welttheilen verkauft, auch nachFranb
reich, und überallhin truaen sie den
Rubin der deutschen Arbeit. Nur die
Behörden in Frankreich hielten sich
noch immer davon zurück. Wenn es
ihm aelana, die letaschine also an die
Stadtoerwaltung zu vertausen, so
war vor allem auch ein Eriola bedeut
sam moralischer Art. Schon deshalb
wollte er nun alles daransetzen.
Er fühlte. daß ibm die Arbeit der
letzten Tage eine tleine Erholung nö
thig machte. Seine deutschen Bekann
ten, auch das nemeinsam verabredeie
Dejeuner, kamen ibm deshalb ganz
gelegen. Die Arbeit! Was sitr ein
Gesundbkunnen sie war. Sie hatte
ihn wieder ganz frisch gemacht, auch
was aetviise Erinnerunaen betraf. Er
innerunaen, die er in sich nun ausge
tilat hatte —- fite alle Zukunst.
Das begagte Restaurani lag in einer
der anstoenden Stra en, die von ei
nem Tbeil der Ausste ung zu einem
anderen führte. Cz war ein um die
Mittagsstnde immer dichtgefiillter.
aber durch seine vielen Fenster, vielen
Spiegel, und vor allem durch seinen
heiterm, lichten Anstrich und die von
keinem plumpen Schmuck beschwerten
Wände doch sreundltch und lustig wir
tender Nautu Wie schwerfällig und
ernsthast, Lo dachte Brösiele dabei, nali
men sich agegen mit ifren dunklen,
mass-den« vornean sein ollenden, an
geblich ,,altdentlchen" Einrichtungen
te meisten Restaurants der Heimat
ans. Die Bänle an den Wsnden waren
kni: hellrotbem Leder beoolstert was-.
rnit den weißgedeckten Zischen wieder
einen hübschen, munteren uontrast aab
und statt der getreu-« en Kronleucht«
rantten sich von Wan in Wand eine
Art Guirlanden von elektrischen Bir.
nen. Jnner ld eines solchen ekaumes
war die Mo lzeit kein ernste-, würde
dollez GeWiist sondern eben ein Bee
gniigen erktoiirdig war-en die ver
W
schiedenen Türtinnen, Serbinnen,
Ungatinnen, Russinnen, Spannun
nen und sonstigen meist jungen und
hübschen Vertreter-innen aller Völker,
die man hier in den Nationaliostiimen
sah. Sie waren sämmtlich von der
Ausstellnua. wo sie als Verlänserins
nen oder sonstwie Angestellte fungie
ten. Aus einer Ecke schallen, weithin
vernehmdar, deutsche Leute. hier ser
virte ein aus dem Elsas; ediirtiger
Aellnen der außer sranz«sisch auch
deutsch sprach und in dessen Bezirk die
deutschen Gäste sich mit Vorliebe de a
ben. Eben wurde ein Ti ch bei i ts
srei, denn an einen Tisch ch zu s en,
an dem schon eine fremde Person aß,
das galt hier in Paris siir einen
trassen Mangel der asereinfachsten
Lebensart. So nahmen denn unsere
Freunde, auch Altdorfer, Plaz Nur
Däumchen war noch nicht da. r hat
te noch einmal schnell nach »Plautn«
sehen wollen, denn es hatte ch heute
Morgen das Gerücht verbre·et, daß
die Sei-tönte noch im Lause des Ta
ges einiressen würden —- er wollte
nachkommem Aber Däumchen iiesz aus
sich warten. Endlich sing man ohne
——s
IUU Ill
Daß Diiumchen aus sich wart
lies, mußte natürlich einen Gru
haben —- und den hatte es auch.
«Plauen« lag ohen aus der Gallerie.
Die herumstehenden geschlossenen Ki
sten, der unhelegte Fußboden, die
Bretter und Werkzeuge —- alles sah
leider noch immer gan unverändert
aus. Von den »eingetrofienen Schräns
tcn' wußte Niemand etwas. Sie wa
ren immer noch niiht da. Dahingegen
wartete aus Däumchen eine andere
Ueberraschuna.
»Guten Tag, Herr Däumchen," sag
te Jemand ruhig, der an ihm voriiberi
g.ng. Es war ein junger Mann mit
einem schwarzen Ledertasten unter
dem Arm.
hastig drehte sich Bäumchen bei
dem Klange dieser Stimme um.
Ningsum war es, wie immer um die
Mittagszeit, ziemlich still geworden.
Ter junge Mann war ruhig weiter
gegangen. Jetzt stürzte Bäumchen ihm
nach. Vor der englischen xaumtr)ollen
ahtheilung erwischte er ihn und stellte
sich ihm in den Weg.
Eg war Herr Kleinen.
»Was wollen Sie denn hieri«
scurhte Bäumchen ihn an.
Der junge Mann srhmu eite.
»Das ist doch eine tomi che Frage,
Herr Däumchen,« erwiderte er ganz
ruhig, »ich kann doch ebensogut in i a
ris sein wie Sirt Oder meinen ie
nicht?«
»Hinter uns hergereist sind Sie —
tvegen meiner Tochter!«
»den Bäumchen, Sie irren sich-«
entgegnete Klemm, indem er plisslich
einen eisigen, vornehmen Ton nn
nahm. Jch hin hier, um photographi
sche Ausnahmen zu machen. Das isi
mein Geichtistt Sie haben Ihr Ge
schäft, ich habe mein Geschäft.«
Aus eine so naheliegende Erklärung
trar Däumehen allerdings nicht ge
saßt gewesen. Ader er glaubte nicht
daran-«
»Das ist ein Schwindet von
Jhneni«
»Ich muß bitten, herr- Diiutnchem
ieine Beleidigungen Jch habe diesen
Auftrag von einer großen illustrirten
Zeitschrift erhalten —- 80,000 Abou
nenten. Sie werden es sehen! heute
Nachmittag photographiere ich
« Mai-ent«
» Platten-J
«Pl.1neni«
»Wir sind doch noch nicht sertia.
Wir haben doch die Schränie noch
nicht«
»Das thut mir leid· Dann wird
man eben aus dem Bilde ersehen. wie
weit Platten zurückgeblieben ist. Auch
io etwas ist für vie Leser interessant.'«
Däuntchen gerieth in Zorn
»Wenn Sie das thun, dann, daraus
ldnnen Sie aber Gift nehmen, dann
mach’ ich, dann machen mir Sie alle
mitsamcnen in Plauen unmöglich.
Bomotiirt werden Sie. Kein Mensch
soll sich mehr in Platten von Ihnen
photographieren lassen, wenigstens
tein anständigen wenigstens ieinec
aus den Gardinem und Spitzengei
schästen.«
Selbst diese Drohung oersehlte aus
Klemm ihre Wirtung.
»Ich andere snein Domizil,« ent
gegnete er, Hei-siehe von Platten fort,
ich iehe nach erlin!"
« a passen Sie hinl«
Klemm wollte sich empfehlen. Er
hatte, wie er sagte, leidet teine Zeit
mehr, er mußte an seine Arbeit. Aber
Däurnchen hielt ihn noch einmal sest.
«Denten Sie vielleicht, ich durch
schaue Sie nicht? Einen Tort wollen
Sie mir anthun, mich ärgern wollen
Sie, Sie. weil ich Ihnen meines-achtet
nicht gebe. Wenn Sie aber vielleicht
isenien, Dass Sie mich so herumlrie en,
mit so einer Gemeinhett, dann tad
Sie akvi dem Holzwegr. P otogrophb
ren un lnipsen Sie, was te wollenl
Meine Tochter bekommen Sie nichti«
Klemm zog seinen Hut.
»Adieu, here Däumchenl«
»Aoieu!«
Klemm ging.
Däunschen wischte ich die ganz roth
gewordene Stirn. il einem solchen
Aeraer sollte nun ein Mensch zu Mit
taa gehen. Dabei darste er sich vor den
anders-nicht einmal Ze- Wäre-gelas
en. on wegen- s « us«
nicht« Und deshalb, Vio- mu sich die
Hätte auszureden, law man nach Ps
r
Gortsekung folgU