Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, June 07, 1901, Sonntags-Blatt, Image 17

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    W
Der gtiiue Itater.
» Von Maxim Gorki.
Autorisrrte Ueberseßung von Stefania
Goldenring.
. . . Das runde Fenster meiner Kam
mer ging nach dem Gefängnißhof hin
aus. Jch hatte genügend Zeit, um von
meinem erhöhten Standpunkt aus die
Bevölkerung des Gesängnisses näher
kennen zu lernen, und ich wußte, daß
der lustigste Mann unter seinen düste
ren Bewohnern Zahn hieß·
Es war ein unterseßtm dicker, klei
ner Mensch mit rothem Gesicht und ho
lter Stirn, darunter ein Paar großer
heller Augen, die stets lebhaft blinkten.
Die Mütze trug er aus dem Hinter
tapfe, seine von dem lurzgeschorenen
Kopf abstehenden Ohren verliehen ihm
etwas Komischeö.
Der immer sichernde, bewegliche nnd
lebhaste Kamerad war im Gefängniß
Gegenstand allgemeiner Anbetung :
stets war er von einer Schaar grauer
Genossen umgeben und er erheiterte und
zerstreute sie mit verschiedenen tollen
Einfällen : so verschönte seine Heiter
keit dieses düstere, eintönige Leben . . ..
Außer Zahn gab es im Gefängniß
noch einen Liebling — eine braune, dicke
Katze ; ein kleines, verspieltes, von Al
len verwöhntes Thierchen. Beim Spri
ziergang suchten die Arrestanten sie je
desmal auf, amiisirten sich mit ihr, lie
ßen sie von Händen zu Händen wan
dern, liefen ihr im Hofe nach und ließen
sich von ihr die Hände und die Gesichter
zertraßen J
Wenn die Katze aus der Bildfläche
erschien, dann lentte sie die Aufmerk
samkeit von Zahn ab, und dieser konnte
damit nicht zufrieden sein. Wenn sein
Publikum sich mit der Katze vergnügte,
da blieb er allein, setzte sich in irgend
eine Ecke des Hofes und beobachtete von
hier aus die Kameraden, die ihn in die
sen Augenblicken vergaßen.
Zahn war neidisch auf das Thierchen.
das mit ihm die Gunst der Menge theil
te, und ich fürchtete, daß er sich eines
Tages rächen würde.
An einem hellen Sonnentage, als die
Arrestanten aus den Hof geleitet wur
den. bemerkte Zahn in einer Ecke des
Hrses ein Faß mit grüner Farbe ; die
Maler, welche die Dächer des Gesäng
nisses gestrichen hatten, hatten es dort
stehen lassen. Er trat näher heran,
sann eine Weile nach, tauchte schließlich
einen Finger in die Farbe und färbte
sich den Schnurrbart grün. Dieser
griine Schnurrbart auf seinem rothen
Gesicht erweckte allgemeines Gelächter·
Gerade in diesem Augenblick erschien
die braune Katze auf dem hofr. Ganz
gemiithlich schritt sie über den Hof, hob
graziös ihre Pfötchen empor und we
delte mit dem nach oben gerichteten
Schmause
»Vruder l« rief Jemand, ,,Mieze ist
»Ach ! LsJiieze-Kätzchen !"
»Pufsi. l Brauniöpfchen "'
Sie griffen die Katz-» streichelien sie
und rissen sie sich aus den Händen. Um
Zahn herum ward es leer.
»Briider! hört, wir streichen die
Katze ant« -—- ertönte plötzlich eine
Stimme.
Unter den Arrestanten wurde es laut.
»Dabei tann sie draufgehen !« -—— be
merite Jemand.
»Ach was, mach Dich davon, Zahn!
Streiche hurtig. t«
Zahn hielt die Katze bereits in der
Hand und ging mit ihr an das Faß her
an. Dabei sang er:
Ausgepaßt, hier ist zu fchau’n
Wie ein Kätzchen hübsch und braun,
Grün wird angemalt im Nu ;
Freunde singt und tanzt dazu !
Laute-Hi Gelächter erschallte, die Arre
stanten hielten sich die Seiten und tra
ten zurück; —- ich konnte sehen, wie
der Spaßmacher die Katze am Schwanz
ergriff, sie in’·3 Faß tauchte und tän
zelnd dazu sang :
Miaue nicht und halt fein still
Wie es der Patenvater will.
Neues Gelächter erschallte. Eine
dünne Stimme quitschte ·
»Oi-oi-Oi L«
»Ach, Kinders« stöhnte e.n Anderer.
Sie würgten sich, prusteten vor La
chen; es lrümmte die Leiber dieser
Menschen, verbcg und schüttelte lie, er
schallte in der Luft —- miichtig, immer
stärker werdend, beinahe zum hysteri
schen Krampf ausartend Aus den
Fenstern der Frauenabtheilung sahen
lächelnde Gesichter unter weißen Til
chern hervor. Der Aufseher stand mit
dem Rücken an die Wand gelehnt, steckte
seinen dicken Bauch vor, den er mit bei
den hiindeu festhielt, und stieß ruckwei
se, in tiefem Baß Lachtriimpfe aus, die
ihn zu ersticken drohten
»Es ist genug, der Teufel hole Dicht«
rief stöhnend ein Nothbärttger.
Ader· Zahn war in Ra e gerathen.
Um ihn herum tönte das sinnlose La
chen der grauen Menschenschaar, und er
wußte, daß er es war, der sie zu lachen
veranlaßt hatte. Aus jeder seiner Be
wegungen· jeder Grimasse seines beweg
lichen launischen Gesichts blickte dieses
Bewußtfein deutlich hervor, seine ganze
Gestalt wuchs im Genusse des Tri
umphs. Jth hielt er die state am
Kopf, und während er die überflüssige
Farbe von ihrem Fell abschiittelte, hörte
er nicht auf, zu tanzen und zu imvrovi
stren:
»Liebe Brüder, sehet her:
Unsrer Katze — es ist schwer —
Gilt«s ’nen Namen nun zu finden,
Werden einen wir ergründen?«
Alles lachte mit der Schaar der Ar
restanten, die von sinnloser Heiterkeit
ergriffen war.
Endlich legte Zahn die grüne Katze
auf den Rasen, der hin und wieder wie
Inseln zwischen den Steinen des Ge
fangnißhoses austauchte, —— und setzte
keuchend, schwitzend und erregt seinen
wilden Tanz fort.
Aber das Gelächter begann abzuneh
men. Es hatte die Leute müde ge
» macht. Dort treifchte noch Einer hy
sterisch. Einige licherten noch weiter,
aber mit Unterbrechungen · . . Zuletzt
schwiegen Alle, außer Zahn, der seinen
, Singsang brummte und der Katze, die
leise und jämmerlich miauend über den
Rasen schlich. Die Farbe mußte sie
wohl blind gemacht und ihre Bewegun
gen gelähmt haben; unsicher kroch sie
auf ihren zitternden Pfötchen, blieb oft
stehen, als bliebe sie am Rasen kleben,
und miaute unaufhörlich . . .
J Das Publikum betrachtete seinen
Z Künstler mit übersätiigten Augen.
T »Sie miaut!« bemerkte ein junger
s Bursche, nickte der Katze mit dem Kopfe
zu und blickte die Kameraden an. Diese
. betrachteten das Thierchen und schwie
gen.
Jndessen winselte die Katze herzzer
reißend und ries in der Stimmung der
; Arrestanten eine Reaktion hervor.
»Wird sie trepiren ?« fragte der junge
Bursche
Niemand anwortete ihm. Das kleine,
grüne Häuschen rollte langsam zu Fü
; ßen dieser rohen Menschen und war in
seiner Hilslosigteit ganz jämmerlich an
zuschauen. Der Bursche trat ganz nahe
an die Katze heran und hob sie aus,
legte sie aber gleich wieder aus den Ra
s sen und sagte:
s »Sie ist ganz heiß . . .« Dann sah
; er die Kameraden an und sagte trau
j rig:
i
————-—-——
»Unsere Miezel Nun werden wir
keine Mieze mehr haben. Weshalb
; wurde das Thier getödtet? Was . . .'«
s »Nun, es wird sich noch erholen«,
« sagte der Rothhaarige. Das grüne
i entstellte Thier schleppte sich über den «
s Rasen. Zwanzig Paar Augen verfolg- i
i
s
l
J ten es, kein Gesicht trug mehr die Spur
z eines Lächelns. Alle waren niederge
, drückt, sie schwiegen Alle und sahen l
. ebenso jämmerlich aus« wie die arme .
» Ratze. I
I Er, der verdammte Spaßmacheri
s »Nun« —— sagte Zahn besänftigend
; —- »es haben doch Alle dazu beigetra
l gen!«
Ein kalter Schauer durchrieselte ihn.
»Alle zusammen!« —- machte ihm der
junge Bursche nach . . . »Wieso? Du
allein bist der Schuldige . . . .«
»Wenn man sie in Petroleum badete,
dann ginge die Farbe ab.«
»Meiner Ansicht nach sollte man sie !
am Schwanz fassen und über die
Mauer werfen« — sagte Zahn undl
fügte lächelnd hinzu: »das ist das Ein- !
fachste!«
k.» cis-ts-. «
MS US , UUIWIT UU Jesuit
»Und wenn ich Dich selber so nähmes
Willst Du?«
,,Teufel!« schrie der junge Bursche,
riß dem Alten die Katze aus« den Ar
men und stürzte davon Der Alte und
noch einige Andere eilten ihm nach.
Da bliebZahn allein zurück im Krei
se von Menschen, die ihn mit bösen,
finsteren Augen anschauten Sie schie
nen darauf zu warten, daß er etwas
thiite.
»Ich war es doch nicht allein, Kame
raden!« sagte Zahn in klagendem Ton
Der Nothhaarige versetzte ihm einen
Faustfchlag in s Gesicht. Der Künstler
wich zurück, aber dort begegnete er ei
nem Nackenhieb
Brüder sahen, daß die beiden Aufseher
sich entfernt hatten; so umschlossen sie
ihren Liebling in dicht gedrangterMen
ge und stürzten ihn mit wenigen Stö
ßen sich dumpfe Laute vernehmen, sie
stießen mit den Füßen nach feinen Ric
pen, sie schlugen ihn, ohne llebereilung,
ohne Wuth und warteten r thig ab, bis
der wie eine Schlange sich toindende
Mensch eine besonders günstige Lage
für einen neuen Fußtritt annahm.
Zahn lag mit der Brust ans Boden,
sein Rücken zitterte« — er weinte wohl
—- hustete und röusperte sich fortgesetzt.
i tete er, seine Glieder zu verlieren, sich
»Brüder« . . . flehte er. Aber seine -
ßen zu Boden Von Zeit zu Zeit lie- -
Dann versuchte er vorsichtig, als fürch- "
i
)
i
i
i
i
von der Erde zu erheben stützte sich mit i
i dem linken Arm auf, dann Schob er ei- —
. nen Fuß unter und wie ein lranker
I Hund winselnd, nahm er eine sitzende
Stellung ein.
»Verstelle Dich nur!« rief der Roth
i
l
s
" Ruck und stand in einein Nu auf den T
I
i haarige drohend. Zahn gab sich einen
i
1 Füßen
i Dann ging er schwankenden Schrit
i tes auf eine Mauer des Gesängnißge
i bäudes zu. Eine Hand drückte er an
I die BrusZ die andere hielt er ausge
j streckt et berührte er mit ihr die
: Wand, leie stehen und ließ den Kopf
.« zur Erde sinten. Er hustete.
? Ich sah duntle Tropfen zur Erde
i fallen; man sah es deutlich, wie sie am
Z grauen hintergrund der Gefängniß
s mauern schillerten.
i Und die anderen lachten über ihn —
i Die Katze war seitdem verschwun
s den. Zahn brauchte mit Keinem mehr
die Aufmerksamkeit der Gefängnißbe
wobner zu theilen.
wie man Maler baut.
-——.-...—.—
Jm Jahre 1714 lebte in Berlin ein
aus Frankreich ftammender Baron von
Bernezobre de Laurieux, der große
Reichthümer besaß. Er hatte eine gro
ße Anzahl Güter in der Mart getauft
und führte das Leben eines- hochmögen
den Herrn. Da er auch viele industrielle
Unternehmungen ins Leben rief, so
schien dem König Friedrich Wilhelm l.
viel daran gelegen zu sein« daß Verne
zobre sich dauernd in Preußen ansiedel
te; denn er hatte deni Prediger Tornet
eine Pension von zweihundert Thalern
dafür ausgesetzt, weil dieser zur Nieder
lassung des Baron von Bernezobre in
Preußen beigetrageu hatte.
Nun sah es König Friedrich Wilhelm
l. sehr gerne, wenn Offiziere seiner Ar
mee reiche Heirathen machten, und war
stets bereit, sich zum Freiwerber für sie
herzugeben. Der reiche Baron von
Bernezobre hatte mehrere Töchter und
durfte sich daher nicht allzu sehr wun
dern, daß er eines Tages vom König
folgenden Brief erhielt:
»Da es mir zum Vergnügen gereicht,
Euch einen Beweis von Aufmerksamkeit
zu Gunsten der Etablirunq Eurer Kin
der zu geben, fo habe ich die unterthä
nigste Bitte meines Kapitän von For
cade genehmigt, welcher mit Euch allj
irt zu werden wünscht durch die Hand
von Einer Eurer Töchter. Es wird
Mir angenehm fein, wenn Jhr dazu
Eure Einwilligung gebt und werde Jch
Euch jederzeit zu erkennen geben, daß
ich bin Euer wohlaffettionirter Kö
nig.«
Nach wenigen Tagen antwortete
darauf Bernezobre in folgendem
Schreiben:
,,L!urer Kontguchen Maieuar fuyte
ich mich zu Dank für die Gnade ver
pflichtet, sich für meine Töchter zu inte
ressiren. Jch habe meiner ältesten Toch
ter den Kapitän von Forcade vorge
schlagen, allein dieselbe hat nicht die
geringste Neigung für denselben, eben
sowenig wie meine anderen Töchter,
für welche der nämliche von Foreade sich
schon früher durch den gnädigen Herrn
Markgrafen Friedrich von Schwedt
verwendet hat. Jch halte mich über
zeugt, Eure Königliche Majestät werden
hiernach meiner Tochter die Wahl ihres
Etablissementg selbst überlassen, indem
ich mit dem höchsten Respekt verharre
als- Eurer Majestät unterthänigster und
treugehorsamster Diener.«
Der König war an solche abschlägige
Antworten nicht gewöhnt, auch über
baupt nicht der Mann, sich so leicht von
einem Entschlusse abbringen zu lassen,
der einem seiner Offiziere vortheilhafi
sein konnte. Er antwortete dem Ba
ron:
»Aus Eurem Schreiben habe ich er
fahren, daß die Neigung Eurer Tochter
den guten Absichten nicht entspricht,
welche Jch hege, sie an Kapitän vonFor
rade zu vermählen. Da er aber ein
braver Offizier ist, und Jhr eigentlich
nichts gegen diese Allianz einzuwenden
habt, so halte Jch Eure Tochter für zu
llug, um Meinem und Eurem Wollen
zu widerstehen, und erwarte von ihrem
Verstande eine würdige Entschließung
als Euer wohlaffeltionirter König«
Nach einer so unzweideutig ausge
sprochenen Willensmeinung des Königs
mag Baron Vernezobre sich in großer
Verlegenheit befunden haben, das dro
hende Verhängnis-, abzuwehren. Er
versuchte es aber doch mit dem nachste
henden Brief:
»Mit dem tiefstem Respekt hätte ich
Eure Königliche Majestät um Erlaub
niß gebeten, die triftigen Gründe mei
ner Tochter gegen die Partie mit dem
Hauptmann von Forcade Eurer Ma
jestät allergehorsamst zu Füßen le
gen zu dürfen; allein ein Viehsterben in
meiner Schöferei, sowie Ueberschwem
mungen in meinen Brüchen halten mich
hier zurück, um den erlittenen Schaden
wieder zu repariren· Unter diesen
Umständen wage ich, Ew. Königlichen
Majestät beigehend ein Schreiben mei
ner Tochter zu überreichen. Jch hoffe,
Ew. Königliche Majestät werden der:
selben ebendie Gnade und den Schuß
angedeihen lassen, welche Allerhöchsh
dieselbe mir einst bewilligte, als Ew.
Königliche Majestät wünschten, daß ich
mich in deren Staaten etabliren möch
ten.«
Das in dieser Antwort erwähnte
Schreiben der Tochter enthielt das Ge
ständniß ihrer Liebe zu einem Herrn
von Osten, der aus dem Regiment von
Kalckstein entlassen worden war. Der
König erklärte darauf in einem bündi
gen Briefe an den Baron und seine
Tochter, daß er den genannten Offizier
nicht für würdig halte, eine so gute Par
llc zu machcll
Herr von Vernezobre mochte sich nun
überzeugt haben, daß er sich nicht so
leichter IHand aus der Asfaire ziehen
könne und wandte sich an den Minister
von Marschall mit der Ansrage, ob es
denn nicht möglich sei, den König von
seinem Plane til-zubringen Durch den
Minister hatte der Fliiaeladjutant von
Derschau, welcher als Vorsitzender der
berühmten Baulommission fungirte,
die der Residenz zu möglichst vielenNeu
bauten verhelfen sollte, von der Angele
genheit gehört, und er benutzte den Vor-—
gang, um für den entlegenerenTheil der
Friedrichstadt einen Prachibau zu er
halten. Er rieth daher in Gemein
schaft mit dem Minister dem König, er
möge nicht aus dem beabsichtigten Hei
rathsplan bestehen, wenn sich Vernezo
bre anheischig machen wollte, ein Haus
zu bauen. Der Bescheid des Königs
lautete dahin, daß Bernezobre »von dem
Prätendenten seinerTochter befreit wer
den soll; es muß aber ein Plan von ei
nem Hause sein, welches des von Hap
pen sein Haus (das heutige Kriegsm
nisterium in der.Leipziger Straße)
nichts nachgiebt, denn was hilft das
viele Geld dein Venezobre, wenn er es
nicht will zur Zierde der Stadt mit an
ivenden.«
k Am Tage darauf schrieb Vernezobre
an den König, er sei sehr gern bereit,
! ein schönes Haus zu bauen, bat aber um
die Gnade, seiner Tochter freie Wahl zu
i lassen. Der Hausbau war dem König
; der seine Residenz verschönern wollte,
z ganz angenehm, der ihm ungewohnte
jWiderstand gegen seinen Willen ver
i anlaßte ihn jedoch, deinGeneral v.Kalcl
sstein den Befehl zu geben, fiir den Ka
z pitiin Von Forcade bei Vernezobre noch
mals um die Tochter zu werben und
- ,,ihn dahin zu disponiren, daß er sich
hierin Meinem (des Könige-) Willen
! consorm erweise.« Diese nachträgliche
Werbung sollte indessen wahrscheinlich
nur dazu dienen, daß nicht der König,
sondern der General die endgiltig ab
schlägige Antwort erhalten möge, die
- denn auch wirklich erfolgte. Vernezo
bre hatte unterdessen einen aus Paris
schon mitgebrachten Plan zu einein pa
laisartigen Hause eingereicht, und der
König erklärte sich damit einverstan
den.
Das schöne Haus wurde nun gebaut.
Nach dein Tode des Herrn von Vernezo
bre kam es in verschiedene Hände, bis
es schließlich in den Besitz des Kö
nigshauses gelangte, indem es die
Schwester Friedrichs des Großen,Priii
zessiii Amalie, fiir 31, 500 Thaler lauf
te. Jm Jahre 18.o 0 bezog es Prinz
Albrecht, der Bruder des Kaisers Wil
helm l., nach dem Tode des ersteren
ging es auf dessen Sohn, den gegenwär
tigen Prinz- Regenten von Braun
schweig, über. Es ist das jedem Ber
liner bekannte Prinz Albrechts- Palais
in der Wilhelmstraße, dessen prächtiger
Garten sich bis zur Königgrätzer Stra
ße ausdehnt.
Der bekannte Geheime HosrathLouis
Schneider, welcher später beim Kaiser
Wilhelm l. die Vertrauensstellung als
Z Vorleser bekleidete, hatte die Korrespon
! denz zwischen dein König FriedrichWil
helm l. und dem Baron von Vernezobre
gelegentlich in Sanssouci dem König
Friedrich Wilhelm H vorgelegt, wo
ran dieser bemerkte: »Das ist ja ein
vortrefflicher Lustspielstoff,suc1,en Sie
doch Frau Birch- Pfeiffer dazu zu be
wegen, ein solches zu schreiben«
Schneider sprach nun darüber mit der
fruchtbaren Theaterschriftstellerin, und
so entstand das im königlichen Schau
spielhause seiner Zeit oft aufgeführte
Lustspiel: »Wie man Häuser baut!«
Es lohnt sich wirklich der Mühe, die
ses hübsche Stück neu autgefrischt wie
der auf die Königliche Bühne zu brin
gen« besonders da zwei preußische Köni
ge zu den Urhebern des Lustspiel-s ge
j hören
W
Zslie letzte älnihi.
—O.«O-——
f Unten auf der Straße lag Stroh
. ausgebreitet, damit das Rollen der
? Wagen die Schwertrante nicht störe.
: Sie lag in dem hohen Himmelbett, die
’ durchsichtigen, dünnen Finger griffen
nervös in dje Spitzen der Decke, schwer
lagen die dunklen, langen Wimpern
über den nmilorten Augen und auf
dem wachsbleichen, mageren Gesichtchen
lag ein Ausdruck hilfloser Ergeben
heit.
Da bewegte sich die Portiksra Die
Kranke schlug die milden Augen auf
und ein leichtes Lächeln huschte über
ihre Züge
,,Richard?« sagte sie leise.
»Ich bin’s, gnädige Frau!«
»Ah — Sie, Herr Doktor!« —- Es
llang enttäuscht und die Lider senkten
sich wieder.
Er trat an’s Bett.
»Wie geht’5, gnädige Frau?« fragte
er in gedämpftem Tone. —— »Wie füh
len Sie sich?« —-— —
»Schwach «- sehr schlvach·« — —
»Nun, das ist selbstverständlich« —
tröstete er —- »nach so einer Krankheit.
.— Aber dafür sind wir jetzt drü
«
ber. — —
»Doitor!«
»Gnädige Frau?«
»Nicht wahr —- Sie sind mein
! Freund?«
s Er zog als Antwort ihre Hand an
! seine Lippen
E ,,S;igen Sie mir die Wahrheit — —
s muß ich sterben?« — —
»Aber — gnädige Frau!« —- — —
»Die Wahrheit ——— ich will sie wis
sen.« —- Sie hatte sich ein wenig auf
s gerichtet und starrte ihm fragend in’s
l Gesicht. —- Er mußte die Augen ab
wenden — er konnte diesem halb erstor
benen und doch so angstvollen Blick
nicht Stand halten.
»Nein,« sagte er gepreßt.
»Ihr Ehrenwort?«
Er athmete schwer. — »Mein Ehren
; wort«, sagte er dann.
Mit einem erleichterten Ausathmen
« siel sie in die Kissen zurück.
Eine Weile blieb es still, dann be
gann die Kranke wieder mit ihrer lei
sen, belegten Stimme:
»Ich fürchte mich nicht vor dem
Sterben —- für mich wäre es ja eine
Erlösung —- Sie wissen doch, was ich
leide. Aber mein Mann —- ich lann
ihn nicht allein lassen. Wenn Sie
wüßten, wie gut er ist und wie er mich
W
liebt. Ein Anderer hätte schon längst
die Geduld mit einem solchen Kran
kensessel verloren; sechs Jahre sind wir
verheirathet und ich bin immer trank,
einmal besser, dann wieder schlechter
——- nie eine Frau lvie die anderen. Er
hat kein Heim, keine Frau, keine —- —
Familie. Und niemals klagt er, im
mer ist est-gut« und liebvoll ——- und er ist
doch noch jung und hat noch auf mehr
Anrecht, als sein Leben mit einer
Kranken zu verbringen. Für ihn
möchte ich gesund werden, um ihm für
seine Güte danken zu können. Werde
ich das jemals? -— —- —- Doktor! —
— werde ich einmal gesund wer
den? — — — ----«
Ein schwerer, trockener Husten unter
brach sie, Und das Tuch, das sie vor die
Lippen preßte, färbte sich roth.
»Das haben sie von dem vielen
Sprechen«, sagte der Arzt mit liebevol
lem Vorwurf, »wie ost habe ich es
Jhnen untersagt. — Nicht viel spre
chen und vor Erkältung hüten — und I
das Uebrige wird Gott thun. —- Und -
jetzt schlafen Sie!« !
Er deckte sie sorgfältig zu, schraubte I
dieLampe etwas tiefer und ging leise S
hinaus.
,,Wo ist der Herr?« fragte er das
Mädchen, das er im Vorzimmer traf.
»Im Bureau.«
»Das ist nicht wahr· Das Bureau
ist um fünf Uhr aus und jetzt ist’s neun
Uhr vorüber.«
Das Mädchen zuckte die Achseln.
»Ich weiß nicht,«, sagte sie, »aber ich
glaube er ist im Frack fortgegangen.«
«Jnsam«, knirschte der Arzt im Hin
ausgehen. »Die Frau liegt im Ster
ben und er amiifirt sich.« —
Drinnen lag die Kranke mit geschlos
senen Augen — aber sie schlief nicht; sie
wartete auf ihren Gatten.
Die verhängten Fenster und die
schweren, dunklen Vorhänge ließen kei
nen Strahl von außen herein, so daß
sie niemals wußte, welche Tageszeit es
war. Aber vor und nach dem Bureau
kam er immer zu ihr herein und hauch
te einen Kuß auf ihre Stirne und sie
wühlte dann mit zitternan Fingern in
seinem dichten Haar. Das war die ein
zige Liebkosung, die sie sich gestattete;
sie küßte ihn niemals, aus Furcht, ihre
Krankheit auf ihn zu übertragen. Und
er —- dieser Gute — begnijgte sich mit
dieser kargen Zärtlichkeit Jeyt —--— in
dieser letzten Krankheit wo eine Erkäl
tung sie aus lange Wochen niedergewor
sen --—- da hatte er Nächte hindurch an
ihrem Bette gemacht. Sie hatte nichts
davon gewußt, denn sie war die meiste
Zeit ohne Besinnung gewesen — aber
der Arzt und das Mädchen hatten es
ihr immer erzählt, wenn sie erwachend
nach ihm gefragt·
Sie erinnerte sich, wie ihr alle Welt
von der Verbindung mit dem leichtsin
nigen, verschuldeten Lebemanne abge
rathen —- aber sie hatte ihn geliebt von
dem ersten Momente an, wo sie in sein
hübsches, verlebtes Gesicht geblickt, und
sie hatte bis jetzt keine Ursache gehabt,
ihren Entschluß zu bereuen. —-— Er war
der beste, geduldigste Ehemann —
Und da gab es Leute, die behaupte
ten, er hätte sie nur des Geldes wegen
geheirathet.
Sie lachte leise auf — so ein stilles,
zitterndes Lachen, und dann träumte
sie weiter von ihrem eingebildeten
Glück. — —
Ein polterndes Geräusch, als ob et
was umgefallen wäre, schreckte sie auf.
»Was giebt’s Z« rief sie mit schwacher
Stimme.
»Ich bin’s«, klang es aus dem Ne
benzimmer.
»Du, Richard?« Wie ein leises
Jauchzen lag es in dieser Frage.
»Ja —- ich. Du bist noch aus?« Er
trat ein, noch völlig angetleidet, in Hut
und Ueberrock.
Sie streckte ihm die zitternde Hand
entgegen und er beugte sich über sie. Da
schlang sie ihre Arme um seinen Hals
und blickte ihn zärtlich an.
»Jst’g denn heute später als sonst?«
fragte sie.
»Nein,« gab er zurück, »das heißt ja;
es war viel zu thun, da mußte ich län
ger bleiben.«
»Und mir war die Zeit so lang’ ——
unb so bang’ nach Dir. Aber jetzt
bleibst Du ein wenig bei mir,« schmei
chelte sie.
»Um diese Zeit mußt Du Ruhe ha
ben«, wich er aus.
»Ich will ja nicht sprechen — nur
daß ich Dich bei mir weiß.«
«Jch bin auch müde und möchte
schlafen,« sagte er gähnend.
»Verzeih —— ich bin eine Egoistin,«
hauchte sie resignirt.
Er beugte sich Tiber sie, um ihr den
obligaten Abschiedstuß zu geben, da
mußte sie sich plötzlich hüstelnd abwen
den; ein schwerer Weindunst entströmte
seinem Munde.
»Entschuldige«, bat sie, »Du hast
wohl Wein getrunken?«
»Ja«, stotterte er, »ein Gläschen nur
— —- wcnn man to arbeiten muß . .. .'
Sie blickte berängstigt zu ihm auf, es
war ihr, als ob ihm die Zunge den
Dienst versagen würde, als ob er die
Worte nur so lallen möchte, und seine
sonst geistvollen, spöttischen Augen
blickten sie so verglast an· Erschreckt
strich sie sich mit der zitternden Hand
iiber die Stirne und blickte ihm nach,
wie er mit unsicheren Schritten aus
dem Zimmer ging
»Was er nur haben mag —- am En
de ist er kranl«, dachte sie. Sie wollte
sich aufrichten und dem Mädchen klin
geln. Da fiel ihr Blick aus eine Mit-.
me, die auf ihrem Bette lag. Es war
W
eine Chrysantheme —- die Lieblings
blume ihres Gatten, die nie in seine-n
Knopsloch fehlen durfte,«wenn er zu
einer Unterhaltung ging. Sie mußte
ihm entfallen sein, Its er sich über Ihr
Bett gebeugt. —- —— —
Aber er kam doch vom Bvireant —
Eincn Moment war es ihr, als ob «
ihr der Athem stocken würde, und Plöt
lich horchte sie aus. «
Von dem nahen Kirchthurme schlug«
es die zwölfte Stunde.
»Bist ich verrückt«, sammelte sie leise, «·
»e5 kann doch jetzt nicht Mittag sein...«
Sie wollte llingeln, doch dann he
sann sie sich eines Anderen. Langsam,
mit unsäglicher Mühe richtete sie sich
auf und stieg aus dem Bette; wankend,
und bei jedem Schritt Halt machend,
ging sie zum Fenster, schob mit zittern
der Hand den schweren Vorhang zur
Seite und öffnete das Fenster . . . .
Finstere Nacht gähnte ihr entgegen.
«Mitternacht!« stöhnte ste.
Und plötzlich wußte sie Alles; sie
durchschaute den frommen Betrug des
Arztes, u1·-.«» ei-. qualvoller Schmerz
drückte ihr das Herz zusammen. Die
rauhe Nachtluft strich ihr lühlend über
die schweißgebadete Stirne —- kalte
Schauer rannen ihr über den Rücken
--— — mik leisem Stöhnen sanl sie zu
Boden.
di- sk III
Am nächsten Tage war das Stroh
von der Straße weggelehrt und die
Wagen fuhren rasselnd und polternd
über das Pflastet Doch sie störte es
nicht mein-; sie lag still und ruhig auf
ihrem Bette und der Arzt stand kopf
schüttelnd daneben und starrte m das
fahle Gesicht, auf dem der Tod den
Ausdruck wilder Verzweiflung festge
halten hatte.
Er wußte ja nicht, daß ihre letzte
Nacht die schwerste gewesen war.
Lola Marguliesnv
— —---———--.0.-—————
Genicinniitzige5.
-—-.- —
S a l a t. — Bei allen Salatarten
merke man sich, daß viel Oel, wenig
Essig Und mäßig Salz daran kommt.
«
Kopfsalat.—Mannimmt
die einzelnen zarten Blätter eines Sa
lat-Kopfes, sowie das Herz, wäscht sie
sauber, läßt sie eine Weile in frischem
Wasser liegen, läßt sie dann auf einem
Siebe abtropsen, salzt sie ein wenig
und bereitet in einer Obertasse 3 Löffel
Oel, 1 LöffelEssig, z Theelöffel Zucker,
1 Prise Pfeffer und 1 Prise Salz,
mischt dies gut untereinander und ver
mengt es mit dem in eine tiefe Schüssel
gelegten Salat.
Kopfsalat mitEiersauce.
—- Man vermengt zwei hartegetoehte,
geriebene und 1 rohes Eidotter mit 1
Theelöffel scharfem Essig, 1 Theelöffel
Sens, 1 Prise weißem Pfeffer, 2 ge
hackten Zwiebeln, z Theelösfel Salz, 3
Eßlöffeln Provenceröl und Z Eßlöffeln
guten Essig und gießt dies über gut ge
reinigte Salatblätter. Man giebt
hartgekochte Eier, in Viertel geschnit
ten, dazu.
Kopfsalat mit Speck. —
Nachdem der Salat gewaschen und zer
schnitten ist, —- die inneren Theile, das
sogenannte Herz, bleibt ganz, — wird
in kaltem Essig gerührtes Eiweiß dar
über gegossen, etwas Salz und Zucker
hinzugefügt und dann der in Würfel
geschnittene, gebratene Speck und ge
kochter Weinessig heiß dazu gegeben.
Kopfialat mit Rahm. —
Dicker, saurer Nahm wird mit Essig,
Salz und etwas Zucker gut vermischt
und über den sauber verlesenen, gewa
schenen und abgetropften Salat gegos
sen.
«Endiviensalat.-—Zum Sa
lat verwendet man nur die gelbenBlät
ter der Endivien, verliest sie, entfernt
die dicken Rippen und wäscht den Sa
lat recht rein. Beim Anrichten schwenkt
man ihn aus und vermischt ihn mit
Oel. Essig. Pfeffer, Salz und feinge
l)ackten Kräutern, oder mit einer Ma
yonnaisensauce. Er kann bedeutend
viel Oel vertragen.
Seite riesa — Yeachoem
man die Sellerieköpfe gewaschen hat,
kocht man sie mit der Schale in Wasser
weich, schält sie und schneidet sie in vier
ectige oder runde Scheiben, die man mit
Oel, Essig, Salz und Pfeffer anmacht
und mit Rapunzel garnirt.
Brunnenkresse, Garten
K r es fe. Beide Arten werden gut
verlesen, gewaschen und meist nur mit
Oel, Essig. Salz und Pfeffer ange
macht; doch rührt man zur Brunnen
tresse auch wohl einige hartgetochte Ei
dotter mit Oel, Essig, Salz und Pfef
fer zu einer Saure, mit welcher man
die Brunnenkresfe vermischt.
Bunter Salat. —— Ein Kopf
sehr fein geschnittenes Rothkraut wird
mit kochendem Essig übergossen und
nach dem Augkiihlen ausgedrückt, dann
werden Endivien, nachdem sie verleer
und gewaschen, auf einem Durchsch ag
recht geschwenkt, damit sie gut ab
tiopfen; einige rothe Rüben, eine groß:
Sellerieknolle werden weich getocht,g
schalt, in feine Scheiben geschnitten und
jeder dieser Salate dann besonders mit
Essig, Oel und Salz vermischt. Auf
der Salatschiissel kommt das Rothkraut
in die Mitte, von den Selleriescheiben
umgeben dann folgt eine Reihe rother
Rüben. Die Endivien bilden den Rand-«
ker Schüssel; so gewährt dieser wo
scl,meckende Salat zugleich einen h b:
schen Anblick