W Der gtiiue Itater. » Von Maxim Gorki. Autorisrrte Ueberseßung von Stefania Goldenring. . . . Das runde Fenster meiner Kam mer ging nach dem Gefängnißhof hin aus. Jch hatte genügend Zeit, um von meinem erhöhten Standpunkt aus die Bevölkerung des Gesängnisses näher kennen zu lernen, und ich wußte, daß der lustigste Mann unter seinen düste ren Bewohnern Zahn hieß· Es war ein unterseßtm dicker, klei ner Mensch mit rothem Gesicht und ho lter Stirn, darunter ein Paar großer heller Augen, die stets lebhaft blinkten. Die Mütze trug er aus dem Hinter tapfe, seine von dem lurzgeschorenen Kopf abstehenden Ohren verliehen ihm etwas Komischeö. Der immer sichernde, bewegliche nnd lebhaste Kamerad war im Gefängniß Gegenstand allgemeiner Anbetung : stets war er von einer Schaar grauer Genossen umgeben und er erheiterte und zerstreute sie mit verschiedenen tollen Einfällen : so verschönte seine Heiter keit dieses düstere, eintönige Leben . . .. Außer Zahn gab es im Gefängniß noch einen Liebling — eine braune, dicke Katze ; ein kleines, verspieltes, von Al len verwöhntes Thierchen. Beim Spri ziergang suchten die Arrestanten sie je desmal auf, amiisirten sich mit ihr, lie ßen sie von Händen zu Händen wan dern, liefen ihr im Hofe nach und ließen sich von ihr die Hände und die Gesichter zertraßen J Wenn die Katze aus der Bildfläche erschien, dann lentte sie die Aufmerk samkeit von Zahn ab, und dieser konnte damit nicht zufrieden sein. Wenn sein Publikum sich mit der Katze vergnügte, da blieb er allein, setzte sich in irgend eine Ecke des Hofes und beobachtete von hier aus die Kameraden, die ihn in die sen Augenblicken vergaßen. Zahn war neidisch auf das Thierchen. das mit ihm die Gunst der Menge theil te, und ich fürchtete, daß er sich eines Tages rächen würde. An einem hellen Sonnentage, als die Arrestanten aus den Hof geleitet wur den. bemerkte Zahn in einer Ecke des Hrses ein Faß mit grüner Farbe ; die Maler, welche die Dächer des Gesäng nisses gestrichen hatten, hatten es dort stehen lassen. Er trat näher heran, sann eine Weile nach, tauchte schließlich einen Finger in die Farbe und färbte sich den Schnurrbart grün. Dieser griine Schnurrbart auf seinem rothen Gesicht erweckte allgemeines Gelächter· Gerade in diesem Augenblick erschien die braune Katze auf dem hofr. Ganz gemiithlich schritt sie über den Hof, hob graziös ihre Pfötchen empor und we delte mit dem nach oben gerichteten Schmause »Vruder l« rief Jemand, ,,Mieze ist »Ach ! LsJiieze-Kätzchen !" »Pufsi. l Brauniöpfchen "' Sie griffen die Katz-» streichelien sie und rissen sie sich aus den Händen. Um Zahn herum ward es leer. »Briider! hört, wir streichen die Katze ant« -—- ertönte plötzlich eine Stimme. Unter den Arrestanten wurde es laut. »Dabei tann sie draufgehen !« -—— be merite Jemand. »Ach was, mach Dich davon, Zahn! Streiche hurtig. t« Zahn hielt die Katze bereits in der Hand und ging mit ihr an das Faß her an. Dabei sang er: Ausgepaßt, hier ist zu fchau’n Wie ein Kätzchen hübsch und braun, Grün wird angemalt im Nu ; Freunde singt und tanzt dazu ! Laute-Hi Gelächter erschallte, die Arre stanten hielten sich die Seiten und tra ten zurück; —- ich konnte sehen, wie der Spaßmacher die Katze am Schwanz ergriff, sie in’·3 Faß tauchte und tän zelnd dazu sang : Miaue nicht und halt fein still Wie es der Patenvater will. Neues Gelächter erschallte. Eine dünne Stimme quitschte · »Oi-oi-Oi L« »Ach, Kinders« stöhnte e.n Anderer. Sie würgten sich, prusteten vor La chen; es lrümmte die Leiber dieser Menschen, verbcg und schüttelte lie, er schallte in der Luft —- miichtig, immer stärker werdend, beinahe zum hysteri schen Krampf ausartend Aus den Fenstern der Frauenabtheilung sahen lächelnde Gesichter unter weißen Til chern hervor. Der Aufseher stand mit dem Rücken an die Wand gelehnt, steckte seinen dicken Bauch vor, den er mit bei den hiindeu festhielt, und stieß ruckwei se, in tiefem Baß Lachtriimpfe aus, die ihn zu ersticken drohten »Es ist genug, der Teufel hole Dicht« rief stöhnend ein Nothbärttger. Ader· Zahn war in Ra e gerathen. Um ihn herum tönte das sinnlose La chen der grauen Menschenschaar, und er wußte, daß er es war, der sie zu lachen veranlaßt hatte. Aus jeder seiner Be wegungen· jeder Grimasse seines beweg lichen launischen Gesichts blickte dieses Bewußtfein deutlich hervor, seine ganze Gestalt wuchs im Genusse des Tri umphs. Jth hielt er die state am Kopf, und während er die überflüssige Farbe von ihrem Fell abschiittelte, hörte er nicht auf, zu tanzen und zu imvrovi stren: »Liebe Brüder, sehet her: Unsrer Katze — es ist schwer — Gilt«s ’nen Namen nun zu finden, Werden einen wir ergründen?« Alles lachte mit der Schaar der Ar restanten, die von sinnloser Heiterkeit ergriffen war. Endlich legte Zahn die grüne Katze auf den Rasen, der hin und wieder wie Inseln zwischen den Steinen des Ge fangnißhoses austauchte, —— und setzte keuchend, schwitzend und erregt seinen wilden Tanz fort. Aber das Gelächter begann abzuneh men. Es hatte die Leute müde ge » macht. Dort treifchte noch Einer hy sterisch. Einige licherten noch weiter, aber mit Unterbrechungen · . . Zuletzt schwiegen Alle, außer Zahn, der seinen , Singsang brummte und der Katze, die leise und jämmerlich miauend über den Rasen schlich. Die Farbe mußte sie wohl blind gemacht und ihre Bewegun gen gelähmt haben; unsicher kroch sie auf ihren zitternden Pfötchen, blieb oft stehen, als bliebe sie am Rasen kleben, und miaute unaufhörlich . . . J Das Publikum betrachtete seinen Z Künstler mit übersätiigten Augen. T »Sie miaut!« bemerkte ein junger s Bursche, nickte der Katze mit dem Kopfe zu und blickte die Kameraden an. Diese . betrachteten das Thierchen und schwie gen. Jndessen winselte die Katze herzzer reißend und ries in der Stimmung der ; Arrestanten eine Reaktion hervor. »Wird sie trepiren ?« fragte der junge Bursche Niemand anwortete ihm. Das kleine, grüne Häuschen rollte langsam zu Fü ; ßen dieser rohen Menschen und war in seiner Hilslosigteit ganz jämmerlich an zuschauen. Der Bursche trat ganz nahe an die Katze heran und hob sie aus, legte sie aber gleich wieder aus den Ra s sen und sagte: s »Sie ist ganz heiß . . .« Dann sah ; er die Kameraden an und sagte trau j rig: i ————-—-—— »Unsere Miezel Nun werden wir keine Mieze mehr haben. Weshalb ; wurde das Thier getödtet? Was . . .'« s »Nun, es wird sich noch erholen«, « sagte der Rothhaarige. Das grüne i entstellte Thier schleppte sich über den « s Rasen. Zwanzig Paar Augen verfolg- i i s l J ten es, kein Gesicht trug mehr die Spur z eines Lächelns. Alle waren niederge , drückt, sie schwiegen Alle und sahen l . ebenso jämmerlich aus« wie die arme . » Ratze. I I Er, der verdammte Spaßmacheri s »Nun« —— sagte Zahn besänftigend ; —- »es haben doch Alle dazu beigetra l gen!« Ein kalter Schauer durchrieselte ihn. »Alle zusammen!« —- machte ihm der junge Bursche nach . . . »Wieso? Du allein bist der Schuldige . . . .« »Wenn man sie in Petroleum badete, dann ginge die Farbe ab.« »Meiner Ansicht nach sollte man sie ! am Schwanz fassen und über die Mauer werfen« — sagte Zahn undl fügte lächelnd hinzu: »das ist das Ein- ! fachste!« k.» cis-ts-. « MS US , UUIWIT UU Jesuit »Und wenn ich Dich selber so nähmes Willst Du?« ,,Teufel!« schrie der junge Bursche, riß dem Alten die Katze aus« den Ar men und stürzte davon Der Alte und noch einige Andere eilten ihm nach. Da bliebZahn allein zurück im Krei se von Menschen, die ihn mit bösen, finsteren Augen anschauten Sie schie nen darauf zu warten, daß er etwas thiite. »Ich war es doch nicht allein, Kame raden!« sagte Zahn in klagendem Ton Der Nothhaarige versetzte ihm einen Faustfchlag in s Gesicht. Der Künstler wich zurück, aber dort begegnete er ei nem Nackenhieb Brüder sahen, daß die beiden Aufseher sich entfernt hatten; so umschlossen sie ihren Liebling in dicht gedrangterMen ge und stürzten ihn mit wenigen Stö ßen sich dumpfe Laute vernehmen, sie stießen mit den Füßen nach feinen Ric pen, sie schlugen ihn, ohne llebereilung, ohne Wuth und warteten r thig ab, bis der wie eine Schlange sich toindende Mensch eine besonders günstige Lage für einen neuen Fußtritt annahm. Zahn lag mit der Brust ans Boden, sein Rücken zitterte« — er weinte wohl —- hustete und röusperte sich fortgesetzt. i tete er, seine Glieder zu verlieren, sich »Brüder« . . . flehte er. Aber seine - ßen zu Boden Von Zeit zu Zeit lie- - Dann versuchte er vorsichtig, als fürch- " i ) i i i i von der Erde zu erheben stützte sich mit i i dem linken Arm auf, dann Schob er ei- — . nen Fuß unter und wie ein lranker I Hund winselnd, nahm er eine sitzende Stellung ein. »Verstelle Dich nur!« rief der Roth i l s " Ruck und stand in einein Nu auf den T I i haarige drohend. Zahn gab sich einen i 1 Füßen i Dann ging er schwankenden Schrit i tes auf eine Mauer des Gesängnißge i bäudes zu. Eine Hand drückte er an I die BrusZ die andere hielt er ausge j streckt et berührte er mit ihr die : Wand, leie stehen und ließ den Kopf .« zur Erde sinten. Er hustete. ? Ich sah duntle Tropfen zur Erde i fallen; man sah es deutlich, wie sie am Z grauen hintergrund der Gefängniß s mauern schillerten. i Und die anderen lachten über ihn — i Die Katze war seitdem verschwun s den. Zahn brauchte mit Keinem mehr die Aufmerksamkeit der Gefängnißbe wobner zu theilen. wie man Maler baut. -——.-...—.— Jm Jahre 1714 lebte in Berlin ein aus Frankreich ftammender Baron von Bernezobre de Laurieux, der große Reichthümer besaß. Er hatte eine gro ße Anzahl Güter in der Mart getauft und führte das Leben eines- hochmögen den Herrn. Da er auch viele industrielle Unternehmungen ins Leben rief, so schien dem König Friedrich Wilhelm l. viel daran gelegen zu sein« daß Verne zobre sich dauernd in Preußen ansiedel te; denn er hatte deni Prediger Tornet eine Pension von zweihundert Thalern dafür ausgesetzt, weil dieser zur Nieder lassung des Baron von Bernezobre in Preußen beigetrageu hatte. Nun sah es König Friedrich Wilhelm l. sehr gerne, wenn Offiziere seiner Ar mee reiche Heirathen machten, und war stets bereit, sich zum Freiwerber für sie herzugeben. Der reiche Baron von Bernezobre hatte mehrere Töchter und durfte sich daher nicht allzu sehr wun dern, daß er eines Tages vom König folgenden Brief erhielt: »Da es mir zum Vergnügen gereicht, Euch einen Beweis von Aufmerksamkeit zu Gunsten der Etablirunq Eurer Kin der zu geben, fo habe ich die unterthä nigste Bitte meines Kapitän von For cade genehmigt, welcher mit Euch allj irt zu werden wünscht durch die Hand von Einer Eurer Töchter. Es wird Mir angenehm fein, wenn Jhr dazu Eure Einwilligung gebt und werde Jch Euch jederzeit zu erkennen geben, daß ich bin Euer wohlaffettionirter Kö nig.« Nach wenigen Tagen antwortete darauf Bernezobre in folgendem Schreiben: ,,L!urer Kontguchen Maieuar fuyte ich mich zu Dank für die Gnade ver pflichtet, sich für meine Töchter zu inte ressiren. Jch habe meiner ältesten Toch ter den Kapitän von Forcade vorge schlagen, allein dieselbe hat nicht die geringste Neigung für denselben, eben sowenig wie meine anderen Töchter, für welche der nämliche von Foreade sich schon früher durch den gnädigen Herrn Markgrafen Friedrich von Schwedt verwendet hat. Jch halte mich über zeugt, Eure Königliche Majestät werden hiernach meiner Tochter die Wahl ihres Etablissementg selbst überlassen, indem ich mit dem höchsten Respekt verharre als- Eurer Majestät unterthänigster und treugehorsamster Diener.« Der König war an solche abschlägige Antworten nicht gewöhnt, auch über baupt nicht der Mann, sich so leicht von einem Entschlusse abbringen zu lassen, der einem seiner Offiziere vortheilhafi sein konnte. Er antwortete dem Ba ron: »Aus Eurem Schreiben habe ich er fahren, daß die Neigung Eurer Tochter den guten Absichten nicht entspricht, welche Jch hege, sie an Kapitän vonFor rade zu vermählen. Da er aber ein braver Offizier ist, und Jhr eigentlich nichts gegen diese Allianz einzuwenden habt, so halte Jch Eure Tochter für zu llug, um Meinem und Eurem Wollen zu widerstehen, und erwarte von ihrem Verstande eine würdige Entschließung als Euer wohlaffeltionirter König« Nach einer so unzweideutig ausge sprochenen Willensmeinung des Königs mag Baron Vernezobre sich in großer Verlegenheit befunden haben, das dro hende Verhängnis-, abzuwehren. Er versuchte es aber doch mit dem nachste henden Brief: »Mit dem tiefstem Respekt hätte ich Eure Königliche Majestät um Erlaub niß gebeten, die triftigen Gründe mei ner Tochter gegen die Partie mit dem Hauptmann von Forcade Eurer Ma jestät allergehorsamst zu Füßen le gen zu dürfen; allein ein Viehsterben in meiner Schöferei, sowie Ueberschwem mungen in meinen Brüchen halten mich hier zurück, um den erlittenen Schaden wieder zu repariren· Unter diesen Umständen wage ich, Ew. Königlichen Majestät beigehend ein Schreiben mei ner Tochter zu überreichen. Jch hoffe, Ew. Königliche Majestät werden der: selben ebendie Gnade und den Schuß angedeihen lassen, welche Allerhöchsh dieselbe mir einst bewilligte, als Ew. Königliche Majestät wünschten, daß ich mich in deren Staaten etabliren möch ten.« Das in dieser Antwort erwähnte Schreiben der Tochter enthielt das Ge ständniß ihrer Liebe zu einem Herrn von Osten, der aus dem Regiment von Kalckstein entlassen worden war. Der König erklärte darauf in einem bündi gen Briefe an den Baron und seine Tochter, daß er den genannten Offizier nicht für würdig halte, eine so gute Par llc zu machcll Herr von Vernezobre mochte sich nun überzeugt haben, daß er sich nicht so leichter IHand aus der Asfaire ziehen könne und wandte sich an den Minister von Marschall mit der Ansrage, ob es denn nicht möglich sei, den König von seinem Plane til-zubringen Durch den Minister hatte der Fliiaeladjutant von Derschau, welcher als Vorsitzender der berühmten Baulommission fungirte, die der Residenz zu möglichst vielenNeu bauten verhelfen sollte, von der Angele genheit gehört, und er benutzte den Vor-— gang, um für den entlegenerenTheil der Friedrichstadt einen Prachibau zu er halten. Er rieth daher in Gemein schaft mit dem Minister dem König, er möge nicht aus dem beabsichtigten Hei rathsplan bestehen, wenn sich Vernezo bre anheischig machen wollte, ein Haus zu bauen. Der Bescheid des Königs lautete dahin, daß Bernezobre »von dem Prätendenten seinerTochter befreit wer den soll; es muß aber ein Plan von ei nem Hause sein, welches des von Hap pen sein Haus (das heutige Kriegsm nisterium in der.Leipziger Straße) nichts nachgiebt, denn was hilft das viele Geld dein Venezobre, wenn er es nicht will zur Zierde der Stadt mit an ivenden.« k Am Tage darauf schrieb Vernezobre an den König, er sei sehr gern bereit, ! ein schönes Haus zu bauen, bat aber um die Gnade, seiner Tochter freie Wahl zu i lassen. Der Hausbau war dem König ; der seine Residenz verschönern wollte, z ganz angenehm, der ihm ungewohnte jWiderstand gegen seinen Willen ver i anlaßte ihn jedoch, deinGeneral v.Kalcl sstein den Befehl zu geben, fiir den Ka z pitiin Von Forcade bei Vernezobre noch mals um die Tochter zu werben und - ,,ihn dahin zu disponiren, daß er sich hierin Meinem (des Könige-) Willen ! consorm erweise.« Diese nachträgliche Werbung sollte indessen wahrscheinlich nur dazu dienen, daß nicht der König, sondern der General die endgiltig ab schlägige Antwort erhalten möge, die - denn auch wirklich erfolgte. Vernezo bre hatte unterdessen einen aus Paris schon mitgebrachten Plan zu einein pa laisartigen Hause eingereicht, und der König erklärte sich damit einverstan den. Das schöne Haus wurde nun gebaut. Nach dein Tode des Herrn von Vernezo bre kam es in verschiedene Hände, bis es schließlich in den Besitz des Kö nigshauses gelangte, indem es die Schwester Friedrichs des Großen,Priii zessiii Amalie, fiir 31, 500 Thaler lauf te. Jm Jahre 18.o 0 bezog es Prinz Albrecht, der Bruder des Kaisers Wil helm l., nach dem Tode des ersteren ging es auf dessen Sohn, den gegenwär tigen Prinz- Regenten von Braun schweig, über. Es ist das jedem Ber liner bekannte Prinz Albrechts- Palais in der Wilhelmstraße, dessen prächtiger Garten sich bis zur Königgrätzer Stra ße ausdehnt. Der bekannte Geheime HosrathLouis Schneider, welcher später beim Kaiser Wilhelm l. die Vertrauensstellung als Z Vorleser bekleidete, hatte die Korrespon ! denz zwischen dein König FriedrichWil helm l. und dem Baron von Vernezobre gelegentlich in Sanssouci dem König Friedrich Wilhelm H vorgelegt, wo ran dieser bemerkte: »Das ist ja ein vortrefflicher Lustspielstoff,suc1,en Sie doch Frau Birch- Pfeiffer dazu zu be wegen, ein solches zu schreiben« Schneider sprach nun darüber mit der fruchtbaren Theaterschriftstellerin, und so entstand das im königlichen Schau spielhause seiner Zeit oft aufgeführte Lustspiel: »Wie man Häuser baut!« Es lohnt sich wirklich der Mühe, die ses hübsche Stück neu autgefrischt wie der auf die Königliche Bühne zu brin gen« besonders da zwei preußische Köni ge zu den Urhebern des Lustspiel-s ge j hören W Zslie letzte älnihi. —O.«O-—— f Unten auf der Straße lag Stroh . ausgebreitet, damit das Rollen der ? Wagen die Schwertrante nicht störe. : Sie lag in dem hohen Himmelbett, die ’ durchsichtigen, dünnen Finger griffen nervös in dje Spitzen der Decke, schwer lagen die dunklen, langen Wimpern über den nmilorten Augen und auf dem wachsbleichen, mageren Gesichtchen lag ein Ausdruck hilfloser Ergeben heit. Da bewegte sich die Portiksra Die Kranke schlug die milden Augen auf und ein leichtes Lächeln huschte über ihre Züge ,,Richard?« sagte sie leise. »Ich bin’s, gnädige Frau!« »Ah — Sie, Herr Doktor!« —- Es llang enttäuscht und die Lider senkten sich wieder. Er trat an’s Bett. »Wie geht’5, gnädige Frau?« fragte er in gedämpftem Tone. —— »Wie füh len Sie sich?« —-— — »Schwach «- sehr schlvach·« — — »Nun, das ist selbstverständlich« — tröstete er —- »nach so einer Krankheit. .— Aber dafür sind wir jetzt drü « ber. — — »Doitor!« »Gnädige Frau?« »Nicht wahr —- Sie sind mein ! Freund?« s Er zog als Antwort ihre Hand an ! seine Lippen E ,,S;igen Sie mir die Wahrheit — — s muß ich sterben?« — — »Aber — gnädige Frau!« —- — — »Die Wahrheit ——— ich will sie wis sen.« —- Sie hatte sich ein wenig auf s gerichtet und starrte ihm fragend in’s l Gesicht. —- Er mußte die Augen ab wenden — er konnte diesem halb erstor benen und doch so angstvollen Blick nicht Stand halten. »Nein,« sagte er gepreßt. »Ihr Ehrenwort?« Er athmete schwer. — »Mein Ehren ; wort«, sagte er dann. Mit einem erleichterten Ausathmen « siel sie in die Kissen zurück. Eine Weile blieb es still, dann be gann die Kranke wieder mit ihrer lei sen, belegten Stimme: »Ich fürchte mich nicht vor dem Sterben —- für mich wäre es ja eine Erlösung —- Sie wissen doch, was ich leide. Aber mein Mann —- ich lann ihn nicht allein lassen. Wenn Sie wüßten, wie gut er ist und wie er mich W liebt. Ein Anderer hätte schon längst die Geduld mit einem solchen Kran kensessel verloren; sechs Jahre sind wir verheirathet und ich bin immer trank, einmal besser, dann wieder schlechter ——- nie eine Frau lvie die anderen. Er hat kein Heim, keine Frau, keine —- — Familie. Und niemals klagt er, im mer ist est-gut« und liebvoll ——- und er ist doch noch jung und hat noch auf mehr Anrecht, als sein Leben mit einer Kranken zu verbringen. Für ihn möchte ich gesund werden, um ihm für seine Güte danken zu können. Werde ich das jemals? -— —- —- Doktor! — — werde ich einmal gesund wer den? — — — ----« Ein schwerer, trockener Husten unter brach sie, Und das Tuch, das sie vor die Lippen preßte, färbte sich roth. »Das haben sie von dem vielen Sprechen«, sagte der Arzt mit liebevol lem Vorwurf, »wie ost habe ich es Jhnen untersagt. — Nicht viel spre chen und vor Erkältung hüten — und I das Uebrige wird Gott thun. —- Und - jetzt schlafen Sie!« ! Er deckte sie sorgfältig zu, schraubte I dieLampe etwas tiefer und ging leise S hinaus. ,,Wo ist der Herr?« fragte er das Mädchen, das er im Vorzimmer traf. »Im Bureau.« »Das ist nicht wahr· Das Bureau ist um fünf Uhr aus und jetzt ist’s neun Uhr vorüber.« Das Mädchen zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht,«, sagte sie, »aber ich glaube er ist im Frack fortgegangen.« «Jnsam«, knirschte der Arzt im Hin ausgehen. »Die Frau liegt im Ster ben und er amiifirt sich.« — Drinnen lag die Kranke mit geschlos senen Augen — aber sie schlief nicht; sie wartete auf ihren Gatten. Die verhängten Fenster und die schweren, dunklen Vorhänge ließen kei nen Strahl von außen herein, so daß sie niemals wußte, welche Tageszeit es war. Aber vor und nach dem Bureau kam er immer zu ihr herein und hauch te einen Kuß auf ihre Stirne und sie wühlte dann mit zitternan Fingern in seinem dichten Haar. Das war die ein zige Liebkosung, die sie sich gestattete; sie küßte ihn niemals, aus Furcht, ihre Krankheit auf ihn zu übertragen. Und er —- dieser Gute — begnijgte sich mit dieser kargen Zärtlichkeit Jeyt —--— in dieser letzten Krankheit wo eine Erkäl tung sie aus lange Wochen niedergewor sen --—- da hatte er Nächte hindurch an ihrem Bette gemacht. Sie hatte nichts davon gewußt, denn sie war die meiste Zeit ohne Besinnung gewesen — aber der Arzt und das Mädchen hatten es ihr immer erzählt, wenn sie erwachend nach ihm gefragt· Sie erinnerte sich, wie ihr alle Welt von der Verbindung mit dem leichtsin nigen, verschuldeten Lebemanne abge rathen —- aber sie hatte ihn geliebt von dem ersten Momente an, wo sie in sein hübsches, verlebtes Gesicht geblickt, und sie hatte bis jetzt keine Ursache gehabt, ihren Entschluß zu bereuen. —-— Er war der beste, geduldigste Ehemann — Und da gab es Leute, die behaupte ten, er hätte sie nur des Geldes wegen geheirathet. Sie lachte leise auf — so ein stilles, zitterndes Lachen, und dann träumte sie weiter von ihrem eingebildeten Glück. — — Ein polterndes Geräusch, als ob et was umgefallen wäre, schreckte sie auf. »Was giebt’s Z« rief sie mit schwacher Stimme. »Ich bin’s«, klang es aus dem Ne benzimmer. »Du, Richard?« Wie ein leises Jauchzen lag es in dieser Frage. »Ja —- ich. Du bist noch aus?« Er trat ein, noch völlig angetleidet, in Hut und Ueberrock. Sie streckte ihm die zitternde Hand entgegen und er beugte sich über sie. Da schlang sie ihre Arme um seinen Hals und blickte ihn zärtlich an. »Jst’g denn heute später als sonst?« fragte sie. »Nein,« gab er zurück, »das heißt ja; es war viel zu thun, da mußte ich län ger bleiben.« »Und mir war die Zeit so lang’ —— unb so bang’ nach Dir. Aber jetzt bleibst Du ein wenig bei mir,« schmei chelte sie. »Um diese Zeit mußt Du Ruhe ha ben«, wich er aus. »Ich will ja nicht sprechen — nur daß ich Dich bei mir weiß.« «Jch bin auch müde und möchte schlafen,« sagte er gähnend. »Verzeih —— ich bin eine Egoistin,« hauchte sie resignirt. Er beugte sich Tiber sie, um ihr den obligaten Abschiedstuß zu geben, da mußte sie sich plötzlich hüstelnd abwen den; ein schwerer Weindunst entströmte seinem Munde. »Entschuldige«, bat sie, »Du hast wohl Wein getrunken?« »Ja«, stotterte er, »ein Gläschen nur — —- wcnn man to arbeiten muß . .. .' Sie blickte berängstigt zu ihm auf, es war ihr, als ob ihm die Zunge den Dienst versagen würde, als ob er die Worte nur so lallen möchte, und seine sonst geistvollen, spöttischen Augen blickten sie so verglast an· Erschreckt strich sie sich mit der zitternden Hand iiber die Stirne und blickte ihm nach, wie er mit unsicheren Schritten aus dem Zimmer ging »Was er nur haben mag —- am En de ist er kranl«, dachte sie. Sie wollte sich aufrichten und dem Mädchen klin geln. Da fiel ihr Blick aus eine Mit-. me, die auf ihrem Bette lag. Es war W eine Chrysantheme —- die Lieblings blume ihres Gatten, die nie in seine-n Knopsloch fehlen durfte,«wenn er zu einer Unterhaltung ging. Sie mußte ihm entfallen sein, Its er sich über Ihr Bett gebeugt. —- —— — Aber er kam doch vom Bvireant — Eincn Moment war es ihr, als ob « ihr der Athem stocken würde, und Plöt lich horchte sie aus. « Von dem nahen Kirchthurme schlug« es die zwölfte Stunde. »Bist ich verrückt«, sammelte sie leise, «· »e5 kann doch jetzt nicht Mittag sein...« Sie wollte llingeln, doch dann he sann sie sich eines Anderen. Langsam, mit unsäglicher Mühe richtete sie sich auf und stieg aus dem Bette; wankend, und bei jedem Schritt Halt machend, ging sie zum Fenster, schob mit zittern der Hand den schweren Vorhang zur Seite und öffnete das Fenster . . . . Finstere Nacht gähnte ihr entgegen. «Mitternacht!« stöhnte ste. Und plötzlich wußte sie Alles; sie durchschaute den frommen Betrug des Arztes, u1·-.«» ei-. qualvoller Schmerz drückte ihr das Herz zusammen. Die rauhe Nachtluft strich ihr lühlend über die schweißgebadete Stirne —- kalte Schauer rannen ihr über den Rücken --— — mik leisem Stöhnen sanl sie zu Boden. di- sk III Am nächsten Tage war das Stroh von der Straße weggelehrt und die Wagen fuhren rasselnd und polternd über das Pflastet Doch sie störte es nicht mein-; sie lag still und ruhig auf ihrem Bette und der Arzt stand kopf schüttelnd daneben und starrte m das fahle Gesicht, auf dem der Tod den Ausdruck wilder Verzweiflung festge halten hatte. Er wußte ja nicht, daß ihre letzte Nacht die schwerste gewesen war. Lola Marguliesnv — —---———--.0.-————— Genicinniitzige5. -—-.- — S a l a t. — Bei allen Salatarten merke man sich, daß viel Oel, wenig Essig Und mäßig Salz daran kommt. « Kopfsalat.—Mannimmt die einzelnen zarten Blätter eines Sa lat-Kopfes, sowie das Herz, wäscht sie sauber, läßt sie eine Weile in frischem Wasser liegen, läßt sie dann auf einem Siebe abtropsen, salzt sie ein wenig und bereitet in einer Obertasse 3 Löffel Oel, 1 LöffelEssig, z Theelöffel Zucker, 1 Prise Pfeffer und 1 Prise Salz, mischt dies gut untereinander und ver mengt es mit dem in eine tiefe Schüssel gelegten Salat. Kopfsalat mitEiersauce. —- Man vermengt zwei hartegetoehte, geriebene und 1 rohes Eidotter mit 1 Theelöffel scharfem Essig, 1 Theelöffel Sens, 1 Prise weißem Pfeffer, 2 ge hackten Zwiebeln, z Theelösfel Salz, 3 Eßlöffeln Provenceröl und Z Eßlöffeln guten Essig und gießt dies über gut ge reinigte Salatblätter. Man giebt hartgekochte Eier, in Viertel geschnit ten, dazu. Kopfsalat mit Speck. — Nachdem der Salat gewaschen und zer schnitten ist, —- die inneren Theile, das sogenannte Herz, bleibt ganz, — wird in kaltem Essig gerührtes Eiweiß dar über gegossen, etwas Salz und Zucker hinzugefügt und dann der in Würfel geschnittene, gebratene Speck und ge kochter Weinessig heiß dazu gegeben. Kopfialat mit Rahm. — Dicker, saurer Nahm wird mit Essig, Salz und etwas Zucker gut vermischt und über den sauber verlesenen, gewa schenen und abgetropften Salat gegos sen. «Endiviensalat.-—Zum Sa lat verwendet man nur die gelbenBlät ter der Endivien, verliest sie, entfernt die dicken Rippen und wäscht den Sa lat recht rein. Beim Anrichten schwenkt man ihn aus und vermischt ihn mit Oel. Essig. Pfeffer, Salz und feinge l)ackten Kräutern, oder mit einer Ma yonnaisensauce. Er kann bedeutend viel Oel vertragen. Seite riesa — Yeachoem man die Sellerieköpfe gewaschen hat, kocht man sie mit der Schale in Wasser weich, schält sie und schneidet sie in vier ectige oder runde Scheiben, die man mit Oel, Essig, Salz und Pfeffer anmacht und mit Rapunzel garnirt. Brunnenkresse, Garten K r es fe. Beide Arten werden gut verlesen, gewaschen und meist nur mit Oel, Essig. Salz und Pfeffer ange macht; doch rührt man zur Brunnen tresse auch wohl einige hartgetochte Ei dotter mit Oel, Essig, Salz und Pfef fer zu einer Saure, mit welcher man die Brunnenkresfe vermischt. Bunter Salat. —— Ein Kopf sehr fein geschnittenes Rothkraut wird mit kochendem Essig übergossen und nach dem Augkiihlen ausgedrückt, dann werden Endivien, nachdem sie verleer und gewaschen, auf einem Durchsch ag recht geschwenkt, damit sie gut ab tiopfen; einige rothe Rüben, eine groß: Sellerieknolle werden weich getocht,g schalt, in feine Scheiben geschnitten und jeder dieser Salate dann besonders mit Essig, Oel und Salz vermischt. Auf der Salatschiissel kommt das Rothkraut in die Mitte, von den Selleriescheiben umgeben dann folgt eine Reihe rother Rüben. Die Endivien bilden den Rand-« ker Schüssel; so gewährt dieser wo scl,meckende Salat zugleich einen h b: schen Anblick