Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 19, 1901, Sonntags-Blatt, Image 17

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    W
Iie Frage an dni Schittsni.
«..—»«»..M—«—
Von L. B e r g.
Die Frauenabtheilung im städtischen
Krankenhaus. Die Fensterliiden sind
bis auf einen schmalen Spalt geschlos
Pm Die Thüren nach dem Korridor
; ehen weit offen. Ein leiser Luftng
weht durch den großen talten Raum
und fächelt ein wenig Kühlung. Unru
hig werfen sich die Kranken in ihren
ißen Betten hin und her. Die meisten
sehen roth und fiebrig aus, und das
Haar tlebt an ihren Schlafen.
Die dienfthabende Schwester geht an
den Betten vorüber.
»Nun Marie, wie viel Grad haft Du
denn heute ? —- Du hast das Thermo
meter wieder nicht ordentlich gehalten
— ich habe Dir doch fo oft gesagt, ganz
fest den Arm darauf zu drücken. Herr
Doktor wird wieder schelten.«
Marie, ein Kind von 14 Jahren, die
an fchwerem Nheumatismus leidet,
sielöte die Schwester oerständnißlos, bei
na feindfekig an.
Diese wendet sich zu einer anderen
Kranken.
»Und Sie, Hannchem wie geht es Ih
nen ? Jst die Eisblafe noch ordentlich
gefüllt, und rutscht sie auch nicht vom
lKniee herunter ?«
»Sie ist noch gut ——« erwidert die
Gefragte müde.
»Wie war denn die Nacht ?«
»Dante, ganz gut,« wiederholte sie
apathifch.
Hannchen hat immerzu gestiihnt, die
ganze Nacht durch«, sagt die Kranke im
Nebenbett eifrig, »ich habe taum schla
fen können, sie sagt, sie habe fürchter
liche Schmerzen.«
Hannchen liegt regungslos da.
»Und dann hat sie mir gesagt, der
Herr Doktor Berttam hätte gesagt, es
wäre hoffnungslos sie würde wohl
nicht wieder —--«
»Aber Augufte, feien Sie doch still, sie
hört doch Alles.«
Hannchen rührt sich nicht.
Die Schwester geht weiter.
,,.Hanne,« ruft Auguste leise, ,,seien
Sie doch"nicht fo trübielig «
Die Angeredete wendet den zion her
um —-— ein blasses, junges Gesicht mit
großen, duntelumriinderien Augen und
schmalen. eingefallenen Wangen. Sie
kann höchstens zwanzig ahre alt fein.
»Sehen Sie, Sie mii en doch essen,
wenn Jhnen was gebracht wird,« fährt
Augufte eifrig fort, »wenn Sie immer
nichts essen wollen, dann toinmen Jshre
Kräfte doch nicht wieder -— nnd vor
hin meine Tante fagte, ihr Schwester
kind hätte auch so wag am Bein ge
habt und sie hätten ihn gefchnitten und
gesägt. und der läuft jetzt Schlittschuh
und fährt Nod wie nur Einer —— ——-«
Hannchens Augen leuchten aus —
etwas wie ein hoffnungsschimmer be
lebt ihr schmales Gesicht.
»Ich will ia Alles thun, was die
Doktoren wollen«, fagt sie leise, »ich
habe die zehn Wochen doch ganz gedul
dig gelegen. -—-— Jch möchte ja fo gern
wieder gefund werd-n !«
I
O
Einige Tage später.
Die Aerzte haben Hannchens Bein
untersucht und sind einstimmig zu dem
Resultat getommen : Entweder sie läßt
es sich oberhalb des Kniee- abnehmen,
oder sie geht daran zu Grunde. -——- Mit
möglichster Schonung ist ihr die furcht
bare Thatsache beigebracht tvor".en.
Sie schien es taum zu begreifen,
iiußerte weder Entsetzen, noch Furcht —
ihr Verstand schien es einfach nicht fas
sen zu können. Allmählich dämmerte
Ihr die surchtbare Wahrheit. Sie, die
als Dienstmädchen ost mehr hatte lau
en müssen, als zwei gesunde Beine
chassen konnten «—— sie sollte ein Bein
verlieren? Abgeschnitten -«- abgesiigt
—- mit ihren zwanzig jungen Jahren
—- um sich dann vielleicht 50 ahre als
elender Krüppel durch das teben zu
chleppen -—— nein tausendmal lieber
terben -—- -- !
Jhre ganze Jugendirast und Lebens
inst böumte sich gegen die Verstümme
iung aus.
Lieber sterben —- !
Sterben ? hinab in die schwarze
Nacht aus die tein Tag solgt ?Nic mehr
die Sonne scheinen, Blätter und Blu
men wachsen und blühen sehen »- nie
Inehr bei der Mutter sitzen aus der klei
nen Bank, wo der wilde Wein rantt,
und aus der Chaussee warten, bis Karl
aus dem Dienst vom Postamt kommt
s-— keine Hochzeit, keine Zukunft, nichts.
garnichts ? —- Nein, nicht sterben, nur
nicht sterben, niemals.
Ob aber Karl, wenn sie weiter lebt,
mit einem Bein, ob er sie dann noch
ebenso lieb haben wird, sie auch noch
heirathen will« oder ob sie dann nur
Last, nur Unglück sein würde ?
Sie stöhnt entsth aus und zerrt an
ihrer Decke.
»Thut es wieder so weh t« sragte
Augusir.
»Ich weiß, was ich thue,« sagteganm
then plötzlich bestimmt, »ich frage arl.«
Elias wollen Sie Jhren Karl sta
scn t« -
. »Ob ich mir das Bein abnehmen las
sen oder lieber sterben soll. Jch will
thun, was er sagt. Wenn ich ihm eine
Last bin, will ich lieber stetben.·'
»Schwester helene,« wandte sie sich
an die eintretende Schwester.
» a, hannchen.«
» » agen Sie doch meiner Mutter,
oder schreiben Sie ihr, ich möchte Karl
sehen. Sein Dienst ist heute um sieben
Uhr aus, ich möchte ihn was sragen —
ir tann ganz gut abtommen«
.Da muß ich erst die Schwester Obe
tin fragen, ob das außer der Besuchs
stunde geht. «
»Er muß kommen, Schwester Helene,
die Doktoren haben gesagt, ich bin viel
leicht morgen —— todt —- — und Mut
ter weiß auch noch nichts —- !«
Während der nächsten Stunden lag «
die Kranke theilnahmslos da und war
l tete Endlich kam Karl. Karl ist ein
FPostschassner ein fleißiger, tiichtiger
J Mensch, dessen Gesicht den Kummer um
I die irante Braut verrath.
j »Tag, Karl t« ruft Hannchen mit
I einem Lächeln, wie man es seit Wochen
i nicht aus ihrem Gesicht gesehen hatte,
? und reicht ihm die Hand.
- »Tag, Hannchen«, etwidert et müh- (
sam, etwas verlegen, »wie geht es Dir
denn ?"
noch so web.«
gen. «— —
fragte er plötzlich. —-— Pause.
»,Karl das wollte ich Dich fragen.«
»Mich, wieso i«
»Wann kommst Du wieder raus ?« ’
»Die Doktoren sagen —- sie mei- »
»Mir? —- Nicht sehr gut. es thut -
l
Er hält ihre abgezehrte Hand in fei- -
ner großen braunen. Beide schwei- I
i
l
i
4
(
i
»Sei still, Hannchrn, das Redens
strengt Dich ja so an. Wenn Du wie- T
der säsund bist —«« .
enn ich wieder gesund bin?
Karl, sie sagen, entweder muß das Bein
ab —- oder ich muß sterben ! Und da
sogst Du mir sagen, was ich thun
o —.«
Jhre großen, glänzenden Augen be
obachten gespannt jede Bewegung in
seinem Gesicht. Was wird er sagen,
Leben oder Tod ?"
»Karl, sag doch, was soll ich thun ?«
drängt sie.
Er hat ihre Hand losgelassen und
starrt die Wand an.
»Karl, Du mußt ja gleich fort —- sag
doch ein Wort. —— Wenn ich nur ein
Bein habe, glaubst Du, daß Du mich
dann ebenso lieb haben wirst ?«
Er schlägt die Hände vor das Gesicht
und sinlt auf den Bettrand nieder
,,Doch Hanne, doch«, stiifzt er kaum
verständlich hervor, »wenn Du aber
nicht arbeiten tannst —-— ich verdiene
doch selber nicht genug ——— was soll ich
dann nur thun !"
»Dann ist’s also besser -— ich sterbr?«
»Nein, Hunne, nicht sterben,« sagt er
leidenschaftlich und drückt ihre Hand
gegen seine Stirn, »es wird ja wieder
besser werden, bleibe nur hier —- —— und
abnehmen sollen sie es nicht — nein, ich
will es nicht haben ! !«
»Karl, Du verstehst ja nicht· —
Wenn sie es nicht abnehmen, muß ich
doch sterben. Das srißt so inwendig
weiter, und wenn’å an’s Herz
toinmt —
,,Es toncmt nicht an’s Herz !« schreit
er ganz außer sich. Schwester Helene
ist eingetreten.
»Herr Engelte'«, sagt sie ruhig. »Sie
dürfen Jhre Braut nicht so aufregen,
sonst bekommt sie wieder Fieber.«
»Seien Sie still.'« fährt er sie an;
»Sie Alle hier —-— was sind Sie denn ?
Jrnmer reden von liegen müssen und
schneiden und wieder schneiden und im
mer wieder liegen « nichts könnt Jshr,
rein garnichtg — Aber ich sage Euch,
wenn Jhr das Bein abnehmt — ich sage
Euch —- —
Die anderen Kranken haben sich tn
ihren Betten aufgerichtet und beobach
ten furchtsam den erregten Mann.
»Herr Engelte«, sagt die Schwester
bestimmt, und faßt ihn arn Arm, ,,seien
Sie jetzt augenblicklich still. Gehen Sie
nach Hause, und wenn Sie ruhiger ge
worden sind, kommen Sie morgen friih
wieder.«
Er wischt sich den Schweiß von der
Stirn und läßt sich willenlos, ohne seine
Braut noch einmal anzusehen, hinaus
fiihren. . ..
Hanne liegt wieder regungslos da,
das Gesicht nach der Wand gekehrt.
Die Hand, die Schwester Helene von
der Decke aufhebt, ist schlaff und feucht,
das Gesicht wachsbleich Das Mädchen
hat die Besinnung verloren.
Karl fand nicht den Muth, das
Krankenhaus noch einmal auszusuchen.
Er erfuhr durch die Muter seiner-Braut,
daß es dieser sehr schlecht ginge, und
die Aerzte sogar die Amputation des
Beines fiir zwecklos gefunden hatten·
Er litt entse lich unter dem Gedan
ken, vielleicht chuld an dieser Ver
schlimmerung gewesen zu sein. Jn der
Dämmerung schlich er in der Nähe des
Krantenhauses umher und spähte nach
den Fenstern.
Eines Abends. als er die quälende
Unruhe, die ihn gepackt hatte, gar nicht
los werden konnte, ging er vorsichtig
in den Garten des Krankenhauses und
stieg dann zögernd die große steinerne
Treppe hinauf-«
»Ja wem wollen Sie !« fragte ihn
eine Schwester, ,,es ist nicht Besuches
eit.'«
z »Ja Johanna Belitz,« sagte er un
sicher.
«Johanna Belitz ist nicht mehr oben·
Wir haben sie schon nach unten ge
schafft !«
«Wieso —-— kommt sie ’raus ?"'
»N—nein. Sind Sie verwandt,
oder sonst bekannt mit ihr ?«
»Sie ist meine Braut —-—«
»Armer Mann,« sagte die Schwester
mitleidig, «hannchen hat furchtbar ge
litten ——— es wäre doch nie wieder was
Rechtesgeworden Nehmen Sie es sich
nicht zu sehr zu Herzen —- ihr ist jetzt
wo —
—.-—--.—.·—.-—.- — .. -, ..-..- .-.
Vergllfhenterdirelttor.
—
humoreske von J. B. Noa.
—.-..-.—-..
Die Firma Spartdpf di- Siebenzini
nimmt unter den Brauereien der Resi
denz eine nicht unbedeutende Stellung
ein. Jnfolge ihres guten Stoffes, wie
Herr Sparton mit Stolz versichert —
infolge geschickter Anwendung der
neuesten Errungenschaften der Che
mie, wie eiferfiichtige Konkurrenten
behaupten —- Inein Gott, wer hat
nicht Neider! Und namentlich, wenn
man im Glück ist!
Jedenfalls blüht das Geschäft, und
im Komptoir, dem Herr Spartopf in
eigenfter Person präsidirt, hat man
alle Hände voll zu thun.
Eines- Tages läuft eine Bestellung
aus einem kleinen Marktfleclen in der
Nachbarschaft ein, die auf dem Antlitz
des gestrengen Chefg ein behagliches
Schmunzeln hervorruft; denn eine
neue Kundschaft ist immer ein ver
gniiglicheg Ereigniß.
»Herr Scherwenzel«, herrscht er
den demüthig ihm gegenübersitzendön
Buchhalter an, »ziehen Sie sofort
Ertundigungen bei unserem Geschäfts
sreund M. ein.«
Dienstbeslissen eilt Herr Schemen
zel an das Telephon, mit dem er, bei
seiner angeborenen Geschicklichkeit,
nicht gerade im besten Einvernehmen
steht.
Nach manchen mißglüciten Ver
fuchen endlich angeschlossen, schreit er
mit Stentorstimme seine Geheimnisse
in den geduldigen Apparat.
Dann lauscht er mit gefpanntestcr
Aufmerksamkeit hinein. Dazwifchen
verschiedene verzweifelt gebrüllte:
»Wie? —— Noch einmal! Sicher, was?«
—— bis sich sein umwölktes Gesicht auf
klärt. Ein befriedigt gemurmeltes:
»Fein, fein, sehr fein!« Endlich mit
fürchterlicher Stimme: »Danke , —
Schluß!«
»Alle-s in Ordnung, Herr Spartopf,
das Geschäft kann gemacht werden«
»Die bestellten zwölf Fässer gehen ab
mit einer sehr höflichen Empfehlung fiir
ferneren Bedarf.
Jn vierzehn Tagen, denkt Herr
Spartopf, kann das Bier getrunken
Id
......
Die Zeit vergeht, aber keine weitere
Bestellung erfolgt.
Nach vier Wochen entschließt sich Herr
Spartops zu einer bescheidenen Ansrage
über den Erfolg der gesandten Waare.
Umgehend erfolgt Drahtantwort:
»Fässer vorzüglich; momentan kein wei
terer Bedarf.'«
Herr Spartops schüttelt den Kopf.
Aber was ist zu machen? Zahlung Jst
prompt erfolgt.
Nach weiteren acht Tagen schickt er
einen Kutscher zum Abholen der Fässer·
Als Antwort kommt zurück: »Die Fäs
ser sind noch nicht abkömmlich.«
DasselbeManöver wiederholt sich noch
mehrere Male in passenden Zwischen
räumen; der Erfolg ist immer derselbe.
Endlich läßt Herr Spartopf den
Kutscher selbst kommen.
»Du, MuckenschnabeL wie ist das
mit dem Wirth in R—dorf?«
»Ja, Herr, er meint, er kann die Fäs-—
ser noch nich rausjeben.«
»Trinten Sie denn noch immer an
unserem Biere?«
»J nee, Herr, die schenken kee uns’ri- l
ges; da wird D—sches oerzappi.« i
»Und hast Du nichts von unserem ge
hört?«
»Ja, Herr, een paar Dage sagte der
Hausknecht. hätten die Jäste jottgjäm
merlich jeschimpst; nu aber is allens »
wieder in die scheenste Jemiethlichkeit. « ’
»Gut, Du kannst gehen.« !
Etwas stark verschnupft setzt sich Herr i
Spartopf an sein Pult und es wandert !
ein rekornmandirter Schreibebrief nach i
R-— —dorf des Inhaltes:
»Ersuche so dringend wie höflich u. s.
w., u. s. w» dem Kutscher sofort die
Fässer mitzugeben.«
Aber der Kutscher tommt wieder mit
leerem Wagen zurück.
Jetzt schwillt Herrn Sparton der
Kamm, zornbebend kratzt die Feder über
das lPapier und eine neue Epistel wird
— abermals rekommandirt —- entsen
det:
»Hierdurch ersuche zum ledten Male
u s. w., u. s. w» widrigenfalls sofort
Klage gegen Sie erhoben wird-"
Schwarze Gedanken durchziehen die
Seele des Chefs der Firma Sparton
Fe Siebenzink. Wahrscheinlich sämmt
liche zwölf Fässer zum Teufel und noch
dazu lauter neue —- die zehnmal mehr
werth sind als das elende Gesöfft Und
nun noch die Scheererei vor Gericht!
Schluß: Die Kosten draufzahlen. Diese
Wirthe!
Arn anderen Morgen frnoer Herr
Sparton unter den eingelaufenen
Briefen ein Monftrum, das den Post
ftempel Eli-darf trägt. Das Kouvert
graues Packpapier, auf dem die sämmt
lichen Finger des Abfenders in schön
fteni Naturfelbftdruck zu fchauen sind.
Neugierig öffnet er.
Anfangs zieht sich fein Gesicht in
ftrenge Falten, dann aber fängt er an
zu lachen und lacht fo laut und anhal
tend, daß Herr Scherwenzel erfchrockrn
von feinem Drehfeffel emporfährt und
einen Augenblick in bedenkliche
Schwankungen geräth, bis feine dün
nen Säbelbeinchen wieder festen Halt
gewonnen haben.
Das Schreiben lautete folgend-s
rnafzen :
»Entfchuldigen Sie, bitte vielmals
meine Dreiftigleitz aber Herr »S» un
ser Nährvater in R—dors, sagt, es
muß sind-; er kann Jhnen nich länger
hinhalten. Jch bin nämlich ooch Di
rektöhr, aber man bloß von-Z Theater.
Wir jeben hier in Herrn S. seinen
Salohn unsere Vorstellungen- lan
weil Jhre Fässer jrade unt-s Jott set
Dank noch leer waren, so haben wir
sie fürs Pfotium von unsere Bühne
ausjeborcht. Jn das eene kriecht der
Zusslöhr, und wenn meine Frau ihr
rothes Regendach dadrüber ussspann2,
so macht sich det jar nicht schlecht.
Nu, wissen Sie, was unsere erste
Sängerin is, die Male, die is man
höllsch schwach uff die Pusie, und die
böhmischen Bauern, die nff’n letzrcn
Platz eenen Nickel berappem haben
sonst immer: lauter, lauter —- je
brijllt, wenn die Male sang —-— denken
Sie bloß mal an, so’ne Aitsverschämis
heit für eenen Nickel! Nu aber-, wo
wir die Fässertens in die Unienvalt
postirt haben —- das Bier hauen wir
j
übrigens ooch mit überwinden helfen
—- is die Jeschichte wie ausjewechselt.
Die Male singt wie’n Engel. Neulich
in die Jalerthee, den Rummel hätten
Sie hören müssen. Uff eene Tonne is
sie jestanden, zwei daneben alv wört
sche Säule, sie mit klassischer Atten
tiite druff hinjejossen, allens weiß ver
klebt und nu los, das reene Pritnadon
nerwetter. Jck möchte Sie nich jrade
schmeicheln, jeehrter Herr, aber in Ihre
Fässer is eene jewaltig schöne Räson
nirerei.
Und wissen Sie, wie icl uss der Jdee
jetommen bin — meine Olle hat näm
lich ene Weckeruhr, die schon lange een
bisten heiser is, die stellt sie Nachts
imer usf ’ne Zijarrnliste mit rechts
und links zwee umjetehrte BierseideL
denn bullert det wieder janz anständig.
Des haben wir denn nu mit die Male
ooch probirt. Jut, was?
Und nu möchte ich Jhnen schönstens
jebeten haben, als Mensch und Fami
lier.vater, in acht Tage is das Benefiz
von meine Qlle, und da wollten wir
die Jalerthee wiederholen, das Haus
wird bis unters Strohdach voll —
lassen Sie uns Jhre Herren Fässer
noch die kurze Zeit, es jeschieht ihnen
ja jar nischt. Zum Dank schicke ich
Jhnen zwee Billjetter — sonst kosten
sie 30 Pfennige. Sie kriejen sie vor
die Hälfte. Vielleicht beehren Sie uns
und überzeugen sich persönlich. Wenn
die mal singt: Küsse mir, tüsse mir --—
wie das unten in den Tonnen kluckst,
jroßartig, so was muß man Sie jehört
haben.
Jhr janz erjebenster
Fritz Kümmelstrippe,
Theaterdirettöhr.«
»Die schöne Galathee -— frisch vom
Faß«, kräht Herr Scherwenzel, »wenn
» das der selige Ben Atiba erlebt hätte."
« Nach einer Woche kommen richtig
die Fässer; die Bindertnechte wettern
ein paar Tage nicht wenig; denn es iit
keine Kleinigkeit, die mit Pech ange
llebten Zettel zu entfernen.
Spuren davon sind noch lange zu
erblicken und geben stets neuen Stoff
zu boshaften Sticheleien über die
»musikalischen Fässer.«
,4-—
xlliirtcrliiiugchcu Zio. 54.
.—-...-—
Von Emilio de Marchi.
..—.4..——
Um schneller anzulangen, durchschritt
ich die große Heide, welche sich am Tessin
entlang ausdehnt, in der Hossnug, noch
ten Zug zu erreichen, der um 9 Uhr
Abends nach Arona absährt. Mein Ziel
war das Wärterhäuschen No. 54, das
an Feiertagen auch als kleine Station
dient, an der den Reisenden Billets ver
taust werden.
Es war ein Abend im August, mond
lyell zwar, aber durchaus nicht heiter.
Gegen Westen sammelten und ballten
sich einige veilchenblaue, silbergesäumte
Wolken, in denen der Blitz ost wie ein
zorniger Blick ausslackerte.
Straßen giebt es dort nicht, aber jede
Straße war mir gut genug, wofern ich
nur nicht die Kirchthurmspitze. die vor
mir zwischen zwei Büscheln schwarzen
Gestrüpp-s aufragte, aus den Augen
verlor.
An jenem Sonntage kehrte ich von ei
nem Hochzeitsschmause zurück, bei dem
es sehr lustig hergegangen war, zu
Ruhm und Ehren eines alten Universi
tätssreundes von mir, der ein liebes,
achtzehnjähriges Mädchen, schön wie
eine Madonna, geheirathet hatte. Wäh
rend ich in Folge der Unebenheiten des
Bodens eilig aus- und niederstieg, be
mühte ich mich, mit der noch erhitzten
Phantasie den beiden lieben Menschen
zu svlgen, die wir kurz zuvor in einem
Wagen zwischen Tüchern. Kossern und
Bonbonnieren untergebracht hatten.
»Eine Hochzeitsreise, die bei Monden
schein beginnt«, sagte ich mit; ,,wie sehr
wird dieser Augenblick ersehnt, so lange
»er« jung und phantasievoll, »ste«
schüchtern wie ein Turteltäubchen ist . . .
Jhr zügellosen Jungen, wenn ihr wüß
tet, wenn ihr ahnen tönntet . .
Bei den wüthenden Windstößen, die
sich von Zeit zu Zeit aus den zusam
mengeballten Wollen lösten, schwankten
hier und da die Blätter der Sträucher
und die dürren Spigen der Kletten, die
aus den Thalern herausguckten, oder
wenn sich eine Wolke am Himmel ver
schob, war der Mondschein glänzender
und klarer, unter dem die im Grase ver
streuten Kieselsteine schimmerten und
seltsame Schatten von Ziegenböcken und
Ungeheuern hervortraten, die ein Kind
hätten erschrecken können. Hiipsend ge
s 1
noß ich jene heitere Frische, das Schau
. spiel der Wolken, der unbegrenzten
Ebene, das Summen der hunderttau
send Jnsekten . . . hüpfend wie ein
Hase.
s Wie schön ist manchmal das Lebe-It
Wärest Du da gewesen, Adelaide, und
hätten wir Hand in Hand zwei Finger
; hoch iiber dem Erdboden dabinfliegen
T können! .. . Es giebt Augenblicke, wo
Z das Leben Flügel hat! O Jugend, o
, Liebe, o köstlicher weißer Wein von
· Santa Giustina!
; Eine gute Stunde mochte unter die
: sen Gedanken verstrichen sein, als ich, :
H mit dem Kopfe durch eine harte Weiß
- dornlxecke dringend, auf der Eisenbahn
- rsor dem Wärterhäuschen No. 54 her- J
« euskaim ein Holzhäuschen wie die an
« deren alle, mit einem Laubengang von
» Kürbissen, dem kleinen Kuchengarten
I daneben; zwei Bäume, ein Brunnen . . .
· aber in jener Stunde und in meiner ;
( Phantasie schien es mir wie der Zu- ;
iluchtsort eines Einsiedlers oder eines «
len Menschen wohlgesinnten Zauberers. Z
« O Adelaide, wären wir Beide in ir
J gend einem einsamen Häuschen, nahe
« dem Gipfel der Alpen, und könnten von
7 dort aus den Pilgern den Weg mit dem i
z Laternchen unserer Herzen erhellen ! ;
Was denkt man nicht alles, wenn man
« von einem Hochzeitsfest heimkehrt ?
J Eine auf die Erde gestellte Laterne ;
" mit rothem Glas warf einen blutrothen ;
Fleck auf den Kiegboden der Straße. ,
Ein zweites, weißes Laternchen ließ
E mühsam einen Lichtfchimtner in das
» Dunkel dringen. ;
»Heda, Leute, ist’5 noch weit bis "
H Mailand ?« — Ein Mann trat auf ?
T meinen Ruf heraus-.
»Ein Billet zweiter Klasse nach Mai
E land.... dem Geiz zum Trotze l«
sagte ich zu ihm, setzte mich auf eine »
kleine, an der Wand befindliche Bank
und streckte meine, vom Laufen und
Springen auf der Straße wie zer- J
schmetterten Beine weit aus-. Ich rech
nete darauf, ein Koupee siir mich alle-in
- zu bekommen und dort ein Schläfchen "
J halten zu können. ;
Wahrend ich aus mein Billet wartete,
Ihörte ich, wie der Bahnwärter zu Je
mand drinnen sagte: »Hat er Dir das
- gesagt ? —- So, das freut mich, Du
igarstige Hexe Sv magst Du lernen «
und der Schlag einer schweren Hand,
die auf etwas Weiches fiel, übertönte
i ein häßliches Schimpfwort.
Niemand antwortete auf jenen
Schlag, als wenn er auf einen Satt
Kleie geschlagen hätte. Als der Mann
mit der kleinen Laterne in der Hand
. heraustrat, konnte ich undeutlich eine
I Frau wahrnehmen, die den Kopf auf
beide Hände gestützt, auf einem Bette
saß. Dann blieb es drinnen ganz dun
kel. Während der Babnwärter das
Laternchen an einen Haken hing, stieß
er noch zwei oder drei abgerissene Worte
hervor, wobei er auch Christus anrief,
aber man merkte, daß der gute Mann
mit Widerwillen fluchte und nicht da-:
ran gewöhnt war. Sein derbes, hartes,
gereiftes Aussehen hatte nichts beson
deres, aber zwischen den durch Zeit,
Wind und Sonne hervorgebrachten und
hart gewordenen Falten konnte man se
hen, daß der Engel des Guten mit ir
gend einem bösen Teufel im Streite
s——
Er reichte mir das Billet, nahm s
schweigend das Geld, bob die rothe La
terne vom Boden aus und ging etwa 8-——
10 Schritte weit, um sie dem Zuge ge
genüber hinzustellen.
Jch bemerkte einen junan Bauern
burschen, der die Jacke verkehrt über die
Brust geworfen hatte und dicht unter
der kleinen Laterne an der Mauer lehn
te. Er bat mich um einen Ctgarren
stummel.
»Was hat der Bahnwärter ?«
»Er ist wüthend wie ein Hund«
»Er scheint Jemanden zu schlagen.«
»Seit einer Stunde schlägt er sie.«
»Wer ist sie ?«
,,Seine Tochter, die Dunimbeiten ge
macht.«
s »Was ist geschehen s"
s »Es war da ein Gärtner von einem
J Herrn dortoben, so einer mit einem klei
; nen Schnurrbart, ein geschwätziger Ve
; netianer. Die Assunta hat mit ihm
sangebandelt und jetzt weint sie auch
s ohne Zwiebeln. So sind sie; aus
J Hochmuth wollen sie nicht die Bauern,
I die nach Barchend riechen und dann fal
s len sie herein. Er hat sie sitzen lassen,
j und weg ist er auf mirnmerwieder
: sehen !«
T »Die Arme.«
»Mit dem Mädchen ist’s aus für
immer, und der Bahnwärter kann sie
nicht einmal dem Stoppa geben, der
wie die Katzen aus allen Vieren geht.
Heute früh hatte sie gehört, daß ihr
Venetianer mit dem Grafen nach Sesto
gekommen sei, und zu Fuß, in glühen
der Sonnenhitze, ging die Assunta
durch die Heide, fand ihn im Wirths
haus, wo er Weißwein trank, und er
zählte ihm, wie es um sie stände. Der
mit dem kleinen Schnurrbart hielt sie «
hin, gab ihr U Franken, damit sie mit
dem Zug zurückkäme, und mit einer
Entschuldigung ging er aus der Kü
chenthijr. Na, wer den jetzt findet;
ich weiß, er wird schließlich nach
Oesterreich gehen und Rosmatin pflan
zen, und sie hat das Nachsehen!«
»Der Schurke!«
»Jetzt muß sie der Bahnwärter er
nähren; denn die Sache ist bekannt
geworden, und keiner will sie mehr in
der Fabrik haben.«
»Da wäre wirklich ein Gesetz nö
thi» « —
» Der Bauer fing an zu lachen.
L »Die Gendarmen sind da,« sagte er,
I-.. -- h ——..—-.. —
»aber nur zur Aushebung.«
»Ich werde ihn, ich werde Dich er
wiirgen, Du Dirne!« sagte der Bahn-.
wärter mit heiserer Stimme. »Du
garstige . . . .« und wieder schlug er wie
aus einen Sack Kleie. Assunta em
pfing die Schläge ohne Thränen, ohne
Seufzer, das Gesicht in den Händen.
,,Laß sie, Vergello,« schrie der But-.
sche, »ste hat’s gewollt, gut so.«
Der ,Bauer sprach diese Worte mit
Bitterkeit und mit einem schneidenden
Lächeln, das mir keinen Zweifel dar
iiber ließ, daß er in dieser Dorfge
schichte irgend eine Rolle spielte. Die
Art, wie er seinen Ausspruch, daß die
Bauern übel riechen, wiederholte, befe
stigte mich in dem Gedanken, daß er ein
verschmähter Liebhaber oder Bewerber
ware.
Vom Felde erscholl lautes Grillen
geschrei. Von Zeit zu Zeit lugte der
Blitz aus den Wolken.
Der Bahnwärter ging eine Strecke
herunter, um eine Barriere zu schlie
ßen, dann kehrte er zurück, nahm ein
Horn von der Thür, in dem Augen
blicke, als ein heller, von der Luft her
übergetragener Hörnerton die nahe An
kunft des Zuges meldete.
Da schien es mir, als bemerkte ich
einen Schatten, der hinter dem Zaun
des Gärtchens dahinglitt, aber der
scharfe Pfiff der Maschine läßt mir
nicht Zeit, genau hinzusehen, und schon
erblicke ich zwei große, rothe Augen«
den großen Mund voll Feuer, das da
hergleitet, als stütze es von einer An
höhe herab. Eine Minute Aufenthalt.
Dann stößt der Bahnwärter in sein
Horn, der arme Teufel! Und von
Neuem eilt der Zug, pustend«und pfei
fend dahin . . .. Plötzlich macht mich
ein Hinderniß, ein Stoß, auf die Kissen
fallen. Jch glaube einen Schrei, Stim
men zu hören, die Maschine pfeift drei
mal schrecklich, sie pfeift und eilt über
einen Abhang zwischen zwei tiefen Ro
binienherken fort . . . .
Ein junger Mensch, der mit dem
Kopf auf einem Blumentörbchen ru
hend schlief, hob den Kopf und fragte:
»Was-, giebt’5?«
»Dem Bahnwärter seine Tochter ist
iiberfahren«, erwiderte der Schaffner,
der soeben die Billets revidirte, »eH ist
das Beste fiir sie.«
--—»
Eine gute, kalte Sauce
zu kaltem Kalbs- oder
Schweinebraten oder auch
z u R o a ft b e e fJ Schnittlauch und
Petersilie, auch etwas Stangensellerie,
wiegt man fein, ebenso zwei harte Ci
gelb, fi——7 Stück entgrätete abgewa
fchene Sardellen, ein klein wenig Cha
lotte oder Zwiebel fein gerieben, und
ein Theelöffel voll ebenfalls feinge
wiegte Kapern. dies alles herrührt man
mit folgender Saure: 8 Löffel feines
Olivenöl, 2 rohe Eiger und 1 Löffel
guter Weinesfig, sowie nach Geschmack
Salz und Pfeffer wird vermischt und
das feine Gemenge der vorher erwähn
ten Zutbaten daran gethan und tüch
tig vermengt. Der Stangensellcrie
kann durch Sellerieblättchen ersetzt oder
ganz weggelassen werden, doch trägt
fein Geschmack viel zur Verfeinerung
der pilanten Sauee bei.
Franzöfifche Aalfilets.
Der gut Vorbereitete Aal wird der
Länge nach gespalten und die Mittel
gräte herausgenommen, die Hälften in
länglich fchräge Vierecke geschnitten, in
Weißwein, Pfeffer und Salz weichge
kocht, abgegossen und mit einer Citro
nenfauce, die man wie folgt bereitet,
zierlich mit Petersilienbouquets gar
nirt, aufgetragen. Citronensauce :
Mehl wird in Butter hellgelb gefchwitzt,
ein halbes Pint Fisch- oder Fleisch
brühe daran gegossen, der Saft von 2
Citronen darüber ausgedrückt, nach
Belieben etwas Schale, Salz und Pfef
fer nach Geschmack, 20 Minuten gekocht
und mit Eigelb gebunden
Schneeball in Vanille
fa u c e iFloating Jsland). le Quart
Milch, je nachdem man den Schneebatl
groß zu haben wünscht, 8——12 frische
Eier, gut 8 Unzen Zucker, 1 Obertasfe
Mandeln. ein Stück Vanille und einige
Stücke Zimmet· Die Mandeln werden
gerieben oder fein gestoßen, mit der
lMilch, dem Zucker und Gewürz lang
fam zum Kuchen gebracht, damit letzte
res gut ausziehe. Unterdeß wird das
Eitpeiß mIt einem Theil des Zuckers
zu festem Schaum geschlagen, auf einer
flachen Schüssel mit einem Messer
glatt, rund und bergartig geformt, auf
die tochende Milch gehoben und vorsich
tig und langfam, zuweilen 1 Löffel voll
darüber gegeben, bis der Schnee gar
ist, was nur einige Minuten dauert
Dann nimmt man ihn behutsam mit
2 flachen Löffeln heraus, legt ihn in
ein« tiefe Schale, zerrührt die Eidotter
njt kalter Milch und giebt sie nebst ei
ner großen Wallnuß dick Butter, indem
man den Topf vom Feuer genommen
hat und start rührt, allgemach zu der
tochend beißen Vanillemilch, füllt die
Saure, welche zuvor noch eine Weile
gerührt werden muß, um den Schnee
ball jedoch so, daf; derselbe ganz weiß
bleibe und nicht von der Sauce gewürzt
werde. Mit feinem Zucker bestreut und
niedlich verziert, macht dies Gericht
eine hübsche Mittelschüfsel. Eine schöne,
halb aufgeblühte Rose, mit einigen
kleinen Rosenblättern zusammengebun
den, oben in der Mitte hinein gesteckt,
macht sich hübsch. —— Falls 8 Eidotter
zur Sauce angewendet werden, kann
man vorher einen halben Eßlöffel
Stärke in der Milch durchlvchen lasten,