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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (April 19, 1901)
s— Hugenieur Horstmann »Ro oam Mikhekm n;egeker. m IWWW l —7’mäj"’ "’-"-1 (21. FortsesungJ »Ach was! half ich denn das ac saat? Scheut« mir erst mal eine Tasse Tbce rin, nie-in Sebast« Anna goß Beet ocn aoldllaren Thee · in die kleine Porzellantaffe und träu felte aus einem lristallenen Kännchen einiae Tropfen Arrat hinterher. E: sal; ihr zu, Und während er einen braunen Cates Derknadberte fiel ihm plötzlich das Diner ein. »Es nah da ein Raaout. tleinaehack te Schuri-fern Austern. ein paar Kör ner Cadiar waren. alau-b' ich. auch drin . aroßartial Aber, was ich sagen wollte. sei ietzt mal vernünftia nnd höre zu. Eine Frau bat aewiß mehr Recht, nach idren Sentiments zu leben, wie ein Mann. All-er hin und wieder must sie doch auch die Ver nunft sprechen lassen. Desdalb möchte icb Dir mal einen Rath neben. Ihr lebt alle zusammen so wild drauf los, als ob ihr die Leute aeradezu beraus scsrdern tvolltet.« »Ich möchte wissen· wies-ji« »Er-Zeno Dein Schwaner Denn-in Der scheint mir ein verflucht komischer Vormund zu sein. Er bat mir selbst aesaat, daß er mit dem Gericht fort während Krittel-l hat. Vom Affessor Melinert hast«-e ich acliört daß er Pa pieke verkauft hat. dnd nicht anaeden will oder kann. Nu welchem Zweck. In solchen Dinaen sollte man sich wirklich immer tadellos betteln-ten i Man tann sonst zu set-r hereiniallen i Zweitens Deine Mutter-. Der würdet ich aanz aeliöria auf die Finger sehen· DieLeute nmnsteln daß sie an der Börse spielt. Und man staat sich: mit wessen Geld? »Was aekit das die Leute aus« saate Anna zornia »Um Gottes-willen rea’ Dich nicht aqu Jes- toill mich absolut nicht in Deine Geldsachen·mischen. Ich. als Dein WAan bade aewisi am aller letzten ein Recht dazu. Ader in Dei nem eiaenen Interesse saae ich Dir, chd aus den Geldsacl —— sonst kommt eines Taaes der Madderadatsch!« »Der kommt odnetsin!« »Un«sinn! Deine Zukunft hat sich in letzter Zeit glänzend aetlärt Von Deinem Mann droht nicht mehr die geringste Gefahr. Wenn die Aerzte noch ein Körnchen Zweifel an seiner Verrücktbeit aekpztdt haben. ietzt find iie bomlensest davon iitberzeuat Der kann noch zehn Jahre leben. er sann nach zehn Monaten sterben, todt ist er schon heute. Die einziae die Dir unbeauem werden kann, ist Lotte.« Anna senkte den Kon und sah un ter den Hain-verrichten »Die est mir allerdinas un—beauem. Ader anders als Du denkst.« »Sie macht Dir moralische Be schwerden. Ich weiß. Das ist Dein Vrioatveranüaen, und ich würde da riiber kein Wort verlieren. Es aiebt Frauen, die genießen ils-r Glück niit Seelenruhe, andere müssen die Siißia seit erst mit einian Tdränen sauern damit sie ihnen schmecken soll. Das ist Temperamentsache. worüber sich nicht streiten läßt. Du bildest Dir ein, in den Augen Deines Kindes die Ausge linrt der Hölle zu sein: nach meiner Meinuna bat die Kleine keine Ahnung. 3 Und wenn sie damals etwas aesehen ; bat. so wird sie sich höchstens aesctat haben: Alle Wetter-, Maina lüßtHerrn ; Holledeh den möchte ich auch mal läs- ? sent« i Beet lächelte ein wenia und strich sich Durchs den Sc-nurrbart. Var-n fuhr er fort: »Was ich meine, ist« aanz etwas an deres-. Lotte ist ietzt neun-sehn Jahre alt. In zwei Jahren ist sie mänoia und kann ihr Erbtkieil heraus-verlan gen. Oder sie verloGt sich. was jeden » Tag Passiren kann. Dann hast Du das Vergnüan noch früher. Das solltest Du Dir ariindlich überlegen und bei Zeiten daaeaen etwas thun, anstatt Dich mit Gbimären zu pla en. »Mit wem sollte sie sich verlobienk - Sie spricht ist-Zum mit Jeniandem!« »Da« genieat ein Wort. Daß sie reich ist, weiß Ieder Mensch Daß sie anspruchle isk.»ist npch eine beson dere Tugend. Hubsch ist sie ia nicht« aber ich weis-. verschiedene Bekannte, denen ihr Gesicht aesällt Also. ich sage Die —— aieb Mk »Und was sollte ich nach Deiner Meinung tbnnsk »Welche sie möglichst mit Jemand. der Dir paßt« Erstaunt da sie nicht «beariss, wo hin-aus dieser Vorschlag sollte, sah Anna ihren Freund an. Ihr Gesicht var noch aanz barmlos fse hatte nicht den geringsten Verdacht Aber an sei «·, est-m verschmitzten, spitzbwbenhasien Lächeln merkte sie daß dieser Plan ei nen tieferenSinn hatte Allerhand un mögliche Gedanken verwirrten sie Da — während ihr plötzlich sein Lächeln verrucht nnd stecke erschien —- sagte ihr eine Ahnung was er wollte Abwec felnv blaß und roth werdend. stam Missis »Auf»»D-tpolltesis»«Mein es- ers-M- »zw m einem Wiss XVI-t- tue-verde Ihn-In I —- -- IMWII ein Glück, wie es einfach keins giebt Jn dieser Welt beißt’s ladiren. Kleine Unbequemlichkeiien mit in den Kan vermer damit man sich das aroße Glück erhält. Man muß immer auf dem qui vive sein« sonst sitzt man aus einmal in der Bredouillr. . Deshalo solltest Du Dir meinen Vorschlag gründlich iiberleaen.« Sie drehte bliiischnell ihren Kopf zu ihm: »Du denkst im Ernst an diese. . diese Insamieim Er zuckie die Achseln. »Was ist das nun wieder sür ein Ausdrück?« Anna .sprana auf. die hände zu sammenschlaaend: »Mein Gott. mein Gott! Ich bin Teine Geliebte —- nun wiitii Du mei ; ne Trchter heirathen. Und das saasi ;Du so Ach, mein Gott. was ihr ; aus wir machen wolli!« ’ »Wer ihrs« fraate er arob. »Meine Mutter bat mich zur Be triigerin gemacht uno Du . . . .« »ErlciIHel«« saate Bett aufs-rin gend· »Von dem. was Deine Mutter für qui befunden bat, weis-, ich nichts. Will ich nichts wissen. Ich kann beschwören daf; ich nichts weiß. Und wenn ich was wüßte« würde ich Dir aufs drinnendsie abgeratben ba den. Denn das send aanz verflucht iauie Sachen! Aber was ich Dir rathe .Uebriaens toar es natürlich nur Er brach in Lachen aus. ,..Na hassi Dir es denn für Ernst ne halten? Wider Anna! Ich werde mir doch nicht diese Leberwurst anbinden!« »Sei doch iiill es war Dein Ernst! jxchf »Ach es sieht Dir ia auch so ann Run wurde er hefiia, fuhr sie an, wie sie so etwas deuten konne. Er hatte sie nusr auf die Probe stellen wollen: die Frauen fielen aber auch auf alles herein. Sie ließ sich beruhian —- mutig stens zum Schein. Einsildia hörte sie seine Reden an. Er küßte ihr die Thränen aus den brennenden Aussen Dann aina er. Sie wallten sich Abends auf einem Ball wieder greifen. Anna setzte sich an’s Fenster und starrte auf die Straße. Gleichreitia blickte sie hinter Bett ker. der aus dem hellen Lichtschein einer Laterne itn Dunkel verscksvand Echte Gedanken waren anderswo. Sie sann tidet sich selbst nach. über das widerspruchvolk Wesen. das sie war. Zu schied-ji« um aut zu sein, und doch nicht sakccht as nua, um sich nicht nach dem Guten zu sehnen. · »Wenn ich die Nerven meiner Mut ter hätte!« dachte sie. »Aber so passe ich nicht für das Leben. das ich mir geschaffen habe .. . .« · Sie ries sich die Zeit wieder in tsie Erinnerung wo sie wie heute aus dem Fenster dieses Zimmers auf die Stra ße gestattt hatte. Wenn die Blendlich ter einer Eauivaae aus dem Dunkel auftauchten. war sie in die höhe ae sprungen, hatte ibt Gesicht an die Scheiben asevresit und dem Waaen mehrte-starrt Und wenn er längst ver schwunden war, war sie im Geist sei nem Laus ges-nah in ein Haus« wo es tell war« in dem eine Gesellschaft statt fand. Jer Blut war in Walluna ak tathen. Eine umiderstedliche Sehn sucht, eine sasi wahnsinniae Anast hat te sie ergriffen, daß ihre Iuaend in dieser Monate-nie rettostete und zer siel, daß sie nie mehr das Leben·süb ten würde. für das sie eintia strick-af sen war. Vor ihren beißen Anaen hat ten tie Lichter eines Bacsaals gestim mert. Inihreni Innern hatte es ere schrieen, daß es nur eins ausbe: Glanz. Luxus. Genießen « .·. Jetzt» hatte sie alles und roat doch nicht aluckltch. »Nein,« dachte sie Möglich, indem sie den furchtbaren Druck siihkte. von dem ihre Brust zusamnienaevtesit war, »ich bin nicht alticktich. sondern so elend und unglücklich, daß ich es am lgbsten laut ans die Straße hinaus . tie.« .»Ls·.s. -.-!. «.l.« L- l-. - SD UUU UUIIKIIUILUI lklc lcus, lll Uc nen sie vor ihrem Geliebken Ekel isnv Haß empfand. Sie hackte ihn, wie sie zu Zeiten das Motvbiuin haßtr. Bis ietzt hatte ssie iim immer entschuldigt »Mit der Gier eines Menschen. ressen iLeben davon abhänat. hatte sie nach itaend einem Fleckchen aesucht, pas gut und edel bei ihm wor. Sie Hatte nichts gefunden. Und wag ihr am weheften that, sie merkte, dass er sie ebenso be handelte wie alle anderen. Er nutzte sie aus« bis er fue eines Tages weg werer würde. Die Leidenschaft, die ihn eine Zeitlang vutchaliiht hatte, daß er leuchtete uni- fchillerte, war verraucht, es blieb nichis Zurück. als dieste brutale und aetvsbnliche aniii. Ja. das wat’s!- Er war so Gewöhnlich so entsetzlich gewöhnlich-! Wenn er ein Künstler aewelen wäre. ein Jus-mitten der einem großen Ziel nachrennt und dabei blindlinasz alles unter die Füße tritt, dann hätte sie sich aern geopfert Aber was war er? Ein Schmutz-seh der vor den Leuten. denen er ein verthlosej Bild anhänan konnte, die ihn zu Dinets einluden. wie ein Kö tee kroch. Und ieint Menlspenmachs tum- seine Ilazvbemin fein Consi inus hinter denen sie früher so viel I Großes geglaubt hatte. entivrana nur seiner eigenen Niedriateit. Nicht. weil et aber den Menschen stand. derachiete er sie so. sondern weil er selbst ein so verachtlicher Mensch war. »Ge dakhte Wohl-ich an ihren Mann »Sie yet lich ihn mit Weder. Auch Ietzt, in « «er Stunde. wo Gewissens hrsse sie aualtem war sie sich klar, daß sie mit ihn: nicht hätte glücklich wer den tonnen. Doch fett. wo sie ivn ohne Haß« ohne Liede beurtheilte« sand sie» wie groß er eigentlich dastand. Sein Gang war ungeschlacht, sein Ge sicht abschreckend, seine Hände die ei nes Steinklodsers —- ader während sie ihn sich vorstellte. erinnerte sie sich, daß m seinen Auaen. diesen schweren, rn’s Ferne starrenden Armen, etwas ganz Besonderes oeleaen hatte. ’:.! wenn er sprach. war es nie dies sahst-, eielhafte Geschwätz der anderen gewe sen« das sie nicht mehr hören tonntr. das sie an aboefiandenen Wein, an Cigarrenreste und sauer aewordeneå Eig, an alles, was gestern schon unge nießbar gewesen war. erinnerte. Wie in einem Tunnel noch das dumpfe Brausen eines Eisenbahnzuges nach tönt, hatte in seinen Gesprächen etwas wiederaetönt von den arosien Arbeiten, denen seine Gedanken ach-Beten Manchmal, wenn er ihr seine Pläne enthüllte, war sie von seiner Beaeisieg runa mit fortaerissen worden. Er hatte sie formlich ichwindlia gemacht, sie war stolz aus ihn aetveien und zu gleich von einer ganz körperlichen Zu neiauna zu then erfüllt. »Ich alcu«he, ich habe ihn wirklich gilteht!« dachte sie und lehnte, von schmerzlich-n Stichen aetrofien, ihren Kon zurück. »Ich hatte ihn lieb und hätte mit ihm aliicklich werden tön nen, wenn ich nur etwas tliiger gewe sen wäre. Nein, nicht lliiaer, sondern göttan Als das Unalück inm, lliitte ich ihm teisiehen sollen — statt dessen habe ich ihn verlassen und mein Leben k--t..:-t4 « »Hu-« Anna saii auf die Uhr. Es war balb acht. Sie mußte sich anziehen Wäh rend sie in dem kleinen. bis in’s letzte Wintelchen erleuchteten und durch ivärmten Toiletteniimmer saß und sich oon der Jungfer frifiren lieg, Ler dlaßten allmählich die schwarzen Ge danken. Als sie in’s Eßzimmer hin iinteraina, um ibrer Tochter Adieu zu saqen, fand sie sie nicht. Der Diener, der ihr den Mantel umleate, sagte, Fräulein Lotte sei auf idrem Zimmer. Während der Waaen schon auf der Straße hielt. eilte Anna noch einmal hinauf. Auf ihr Klopfen erfolgt-. tei ne Antwort. Nur undeutliches Schliichnen drana aus dem Zimmer. »Mach« doch auf. Lotte! Ich möchte Dir aute Nacht saaen!'« Endlich öffnete das iunae Mädchen-. Erstaunt blickte Anna in ibre vom Weinen aeschtvollenen Auaern auf die gelösten Zoer und bemerkte oie zer drückten Kissen des Bettes. »Was- feblt Dir denn?« Das junge Mädchen lonnts lein Wrrt heraus-bringen« so wurde ihr Körper von immer neuem Schluchzen erschüttert. »Ja, was ist denn geschehen, mein Kind?« »Gicfzmutter . . . ist schwer lrant!'« Sie iam nicht weiter. Jänd das hat Dich so auiaere«it?« »: cr-« Anna wollte eintreten. um sie zu trösten und sich näher zu ertunoiaen, aber Lotte dränate sie hinaus ZJIrh lann Niemanden selten! Bitte-, bitte, aelil Ich musi allein sein!« »Wenn hast Die denn die Nachricht bekommen?« Enge Nachmittaa.' »Er-o « Unschliissig blieb Frau Horstmann sieben. Es schien ihr seltsam, daf; die Nachricht von einer Erlrantuna der alten Frau sie sv aufaereat baden sollte. »Du willst wohl hinreisen?« »Ja, moraen!« Anna ging schließlich Aber wäh rend· sie im Wagen saß, beschäftigten sich ihre Gedanken fortwährend mit dieser plöslichen Abreise. Erst als sie die rnitMenschen gefüllten Zimmer be trat, lenkten andere Eindriicke sie ab. Die Unterhaltung der Gesellschaft drehte fich an diesem Abend haupt sachlich um den Tod des Bierbrauers Osivald, der gan löslich an einein Schlaganfall vers ieden war. Die allgemeine Meinung war, daß die Trauer der Wittwe wohl nicht allzu tief sein würde. Bei Tisch lam das Gesprach zufällig auf das Alter de: Biertoni in. suptinann v. Dehwis erklärte, mit e doch annähernd vier zig sem. Voll-der stät-ite, er toi e ganz enaii, daß sie erst f nfunddr ·g sei. rofessor Seiffert holte aus seinem weißt-miet- hempt halb per esse-re Erinnerungeii hervor und ersah te un ter Diseretioin er habe ihr schon vor fitnfiindztvanzig Jahren als Academi- — ier den gemacht. Damals sei sie ein M sch wesen, fiel-zehn oder achtzehn. U r er glanbd schon da mals habe sie sich ein bischen jünger gemacht, als sie wirklich war. Nun triurde der Streit allgemein, ohne daß man zu einein Resultat lam. Schließ lich meinte Jemand: »Das ist immer so.» Die allernächst liegenden Dinge bleiben« ewig Ge beimnisz. Wie alt die Honigin Semi ramis morden ist« lernt man, glaub« ich, in Schule. Ader ob ivir je Frau OiwaldW Alter er obre-ni« «Fenfalli ist sie n jung eniig, am wieder zu verbeiratheiit sagte Mich Und Eis-haft Matt sie hinva »Den Hierbeaiier hat sie«ia doch iiiir auf Abbruch sen-aimen. Zottelea die aeauie M tiieri J wach und wiederholte sich das, was sie erfahren tte, und waj ihr Bewußt sein doch mmer wieder von sich gab,so wie der Mund eines Kindes den er sten uck Branntwein ausspeii. Zusii tg hatte sie am Nachmittag den Geherrnrath Zimmer getroffen. Ali sie sich bei ihm nach ihres Vaters Krankheit erkundigte und ihn fragte, warum er nicht zu haus gepflegt wer den tönnte, hatte der alte Herr ihr schrnend und sehr unbestimmt, wie es ihm einem jungen Mädchen geaeniiber angebracht schien, Horstmamss Ber folgungswahn geschildert, zu oem ncch in letzter Zeit der Verdacht, daß seine Frau ihm nicht die Treue hielte, getrmmen war. Er hatte auf den Vcrfall in erannsbausen hingewie sen ——— und als Lotte davon hörte,war ez ihr, als wenn sie plötzlich der Ver stand verließe. Scheinbar beruhigt hatte sie sich don dem Arzt verabschie det. Aber mitten aus dem Weg blieb sie stehen, um sich den Zusammenhang dessen, was sie gehört hatte, tlar zu machen. Jhr Vater hatte auf dem Dampfer seine Frau mit Holleder zusammen ge schen. Und das wurde ihm als Wahn sinn ausgelegt. Deshalb wurde er in der Anstalt festgehalten. AusSchmerz darüber hatte er einen Selbstmotdder such gemacht . . . Aber was er gesehen hatte, war ja wahr! Holleder hatte ja ihre Mutter nach Reichenberg beglei tet, sie selbst hatte ihn im Zuge gefe hen. Und der Verdacht, den ihr Va ter hatte, war ja berechtigt. Es war ja alles so, wie cr sagte, und also war er auch nicht geisiesirant Während sie weiterginög, ohne zu wissen. wohin, und während sie sich ebne Unterlaß immer dasselbe wieder holte, wie etwas, das man zwar weiß, aber doch nicht begreist, traf sie iu fallig wieder aus den Waan des Ge heimraths, der vor einem Hause hielt. Bei diesem Anblick tam ihr der Gedan ke, sie müsse ihn erwarten und ihm saaen,dasz ihr Vater nicht geistestrani, dass, aber ihre Mutter die GeliebteHvls Irren-i sei. Wie gebannt blieb sie in einiger Entfernung von dem Wagen stehen. Als aber dann der alte here wirklich aus dem hause trat, drehte sie sich um, ohne ihn eingesprochen zu haben. Sie wußte, daß sie es nie würde sagen tön nen. Aber wenigstens beschäftigten sich ihre Gedanken mit dem, was geschehen mußte, und fanden so einen Halt in der Erfckjitterung, die fiir eine Weile ihr Dentvermögen vollständig zerrin tet hatte. Sie tam zu dem Entschluß, am nächsten Tag nach Neichenberg zu reisen und selbst die Befreiung ihres Vaters in’s Wert zu setzen. Sie machte einen Plan, in dem zugleich viel Phantasiisches und llug Ueber lcgtes war. Sie dachte an Vermi dung, an eine Flucht per Strickleiter und sagte sich gleichzeitig, daß sie ih ren Vorsa vor allem vor ihrer Mut-« tei geheim lten müsse, da diese sonst alles thun würde, um ihn zu vereiteln. Sie schlief in der Nacht nicht. Ohne das Morgengrauen abzuwarten, stand te auf und otdnete denn Lampenlicht hre sämmtlichen Sachen, als wenn sie dies Zimmer fiir immer verlassen wollte. Sobald die Mädchen aus wa ren, lie sie isten Koffer vom Boden holen. — nn tühstückte sie und ging aus die Bahn, um sich nach den Zügen zu ertundi en. Wenn sie Nachmittags um zwei a fuhr, war sie Abends gegen sechs inRomannshaufen Der-Zug nach Eisenach ging schon turz nach elf. Da Frau Horftmanm die gewöhnlich nach einer Gesellschaft länger schlief, noch nicht auf war, gin Lotte an ihr Bett, um ihr Adieu zu agen. Sie war jetzt vollständig ruhig und sagte ihrer Mut ter, sie wurde spätestens in zwei Wo chen wiederkommen Trotz ihrer Mi gräne tleidete Anna sich rasch an und begleitete ihre Tochter nach der Bahn. Der unbestimmte Verdacht, den sie hatte, legte sich vollständig, als das junge Mädchen ein Billet nach Eisen ach töfte und mit dem Zug Hagen-Cas sel abfuhr. Lette stieg jedoch auf der ersten Station aus und fuhr nach Düfseldors zurück. Da sie an diesem Nachmittag Mal siunde bei Fernoto haben sollte. be nuhte sie die freie Zeit, um in fein Ate lier u gehen und sich von ihm zu ver abf «den. Der Maler hatte erade ein Modell siyen, einen alten ann in holländi schem Fischereostiim Als er hörte, daß sie oerreiien wollte, und daß sie viel leicht so bald nicht wieder nach Diissel dorf zurückkam, bat er re, noch einen Augenblick zu warten. «hreno das Modell sich hinter einem Kann-wor hank umzog. betrachtete er sie nach den lich. »Es muß doch etwas Besonderes vorg alten sein, daß Sie so plötzlich abrei en." · »Ja. Aber ich kann es Ihnen nicht sagen." »Das ist schade. Vielleicht könnte ich Ihnen rathen. Ein Mann weiß in manchen Dingen doch besser Bescheid.« Sie erwiderte nichts, sondern schüt telte nur den Kopf. »Es muß etwas Ernstes sein. We nigstens sehen Sie sehr angegriffen aus." »Ja." Während Lotte ihn ansah, dachte sie, daß es gut sein müsse, ihm alle-Z zu sa gen und einen Menschen·zu haben, an dem sie sich festhalten konne. Aber sie brachte es nicht über die Lippen. Sie bat ihn nur, diesen Besuch ihrer Mut ter gegenüber nicht u erwähnen. Der alte Mann satte das Fischer eoftiirn mit feinen gewöhnlichen Klei dern vertauscht und verabschiedete sich . istto »Alle bis morgen um nennt'· »Um neun pünktlich.« »Ich muß nun auch get-ein« sagte Lotte, als er draufen war. Zum lestenMal ah sie sich um« Die ser Raum mit feinen dlaugrau gestri chenen Wänden, feinen Bildern und Rahmen, der holländischen Uhr, die rasselnd wie ein altes Glockenwert schlug, den hohen, friesischen Schran len, den gelben Küchenstühlem den Südwestern an der Wand —- allee da rin war ihr vertraut. Die Luft, dieser leise Terpentingeruch, war ihr ver traut. Die Laurustinus an dem hohen Fenster, von denen sie manchmal die wellen Blätter abgepflüclt, und die sie begossen hatte, waren ihr vertraut. Die beiden Damen, mit denen sie zu sammen gearbeitet hatte, die spindel diirre Ostpreußim die dicke, kleine Ol denburgerin mit ihrer vier-senden Stimme, die auf einer Fnßbanl vor der Staffelei stand, waren ihr ver traut. Under selbst, der sich diese Uni gebung geschafer hatte, war ihr ver traut. Es war ihr im Laufe der Jahre so vertraut geworden, daß sie alle seine Gedanken, seine Sympathien, Antipa rhien, jede kleinste Regung seinerSeele zu Lennen glaubte. — « ««".:I ON slcllo Noch immer M Oel Llllll s und starrte das angefanaene Bild an, als wenn sie sich nicht los-reißen könnte. Der alte Mann sasz am Kamin und warmte sich die weiten hände an der veraltmmenten Kohlengluth und hörte aus der Ferne das Meer branden und dachte an vergangene Fahrtem an durchtärnpste Stürme-, an erlittene Uniiille, deren Erinnerung sein nun still gewordenes Herz nur noch leise bewegte . . . Und während sie sich der Stimmung die aus diesem Bilde sprach, hingab, iibertam sie plötzlich mit aller Macht das schmerzliche Ge fühl, daß sie· den einziqu Fleck, wo sie sich geborgen und sicher fühlte, verlas sen müßte. Jn diesenfs Raum war sie um ersten Mal zum srohen Be wu tsetn ihrer selbst gekommen, sie hatte ihre heimath hier gesunden. Und dem Mann, der hier waitete, hat te sie Vertrauen geschenkt. Ihr Herz, das weder Vater- noch Mutterliebe ge kannt, das haltlos geschantL hatte, wie ein Schiss ohne Ball-ast, hatte sich mit der Liebe zu ihm ausgefüllt Mit einer Liebe,die ganz verschwiegen war, die sich nur in taurn merklicher Für sorge, in ganz verstohlenen, unschuldi gen Zärtlichkeiten geäußert hatte, die nichts forderte, nichts hoffte, und die ihr doch bei aller Unruhe einen süßen Frieden gegeben hatte. Und ieyt in diesem Augenblick, ihn zun- letztenMal zu sehen, fühlte sie, wie es sie festhielt. wie es ihre Füße an diese Dielen fest niethete, ais wenn sich ein Magnet an ein Stück Eisen klammert. Die bolländische Uhr setzte tnarrend zum Schlagen ein· Es war halb zwei »I.Fch muß gehen. es ist die hochste e·t « « i . »Also Sie reisen wirklich ab, ohne mir zu sagen, wohin, und wann Sie zurückiommen?' »Ich tann Ihnen das nicht sagen. Jch weiß es selbst nicht!« »Wir tennen uns nun so lange Daß wir so stened bleiben würden, habe ich nicht gedacht.« »Wir sind auch nicht sremdt« stam metre sie. »Sie weniastens sind mir nicht fremd. Jch habe wirklich Ver trauen zu Ihnen. Jch musz Jhnen siir so vieles danken, siir so viel. Jch werde Sie nicht vergessen.« Er hielt ihre Hand fest, indem er mit der anderen die schon geöffnete Idiir schloß. »Wenn Sie wirklich etwas siir mich iebrig haben, dann bleiben Sie noch einen Augenblick. möchte Ihnen etwas sagen, was ich chon lange sagen werte-« . , i Inder ais wenn sie ahnte, wag er ncch auf der Zunge hatte, riß sie die Thür auf. »Ich muß ja fort! Ich kann Sie nicht hören! Jch muß fort!« Er liesz mit einem finsteren Aug-« druck den Kopf sinten. Da drückte sie ihm noch einmal mit ilirer ganzen Ktast die Hand und lies hinunter. Abends tam Lotte in Romannshau sen an, übernachtete und fuhr am nächsten Morgen in sie Anstalt· Da der Director zu einer Consultation nach auswärts berufen war, wurde sie zum Oberath geschickt Dr. Sinshei-v mer empfing sie im Conferenzzimmer und bot ihr mit seiner gewohnten Lie benjwiirdi teit Platz an. Während er herablafsen ihre Bitte anhört-, be trachtete er sie nnd fand, daß sie mit ihrer Mutter teinen Vergleich aushal ten könne. Schließlich sagte er, es. sei unmii lich, ihr eine Unterredung mit dein ranten zu gewähren. Er müßte dazu die Erlaubniß seines Chesi ha ben, der erst morgen zurücktämex er glaube nicht, daß dieser sie geben würde. Als Lotie auf ihrer Bitte be stand, wurde er sehr kühl. Schließlich mußte sie unverrichteter Sache wieder fortgehen. Der Arzt eleitete sie bis aus den Gang, einen kommt schien er Neigung zu haben, sie noch weiter zu begleiten, rief dann aber einenWär ter, daß er die Dame bis ans Thor bringen sollte. Während Lotte dem alten Mann, der sich bei jedem Schritt mit dem Schlüsselbnnd aufsiknie schlup» folgt-, betrachtete sie die langen Reiter der verqitterten Fenster. «Wissen Sie, in welchem Zimmer Herr Horstrnann wohnt?« Der Wärter zeigte aus die beiden Fenster. Lotte spähte hinauf, ohne Je manden u bemerken Äste stand wohl das Fräulein Toch: ter « »Ja. Wissen Sie, wie es weitrequ ter gehtisp . c-«sp « ch weiß es nicht, ich bin von ei ner anderen Adtheilung.« .Könnte ich nicht den Mrter spre chen, der meinen Vater pflegti moJä genau hören, wie es ihm geht!« » rten Sie doch ab, bis morgen der Herr Direktor kommt. Wir Wärter dürfen uns nicht mit den Besuchern einlassen-« Lotte blieb den ganzen Vormittag auf ihrem Zimmer im Gasthof »Bist Post und zur Krone«. Während sie aus die hohen Mauern starrte, die den Pari umgaben, wurde ihr immer kla rer, daß eine oflucht unmöglich sei. Wie sollte re sich mit ihrem Vater in Verbindung setzen? Es blieb ihr nichts anderes übrig, als morgen dem Director die ganze Wahrheit zu ent hüllen. Der aber würde ihr nicht glau ben. Er würde erschrocken und empört über sie sein. Ader sie konnte doch nicht anders-! Sie lonnte doch ihren Vater nicht in der Anstalt lassen . . . . Während ihr Leib eistalt war, glühte ihr Kopf im Fieber. Je öfter sie an den Augenblick dachte, desto entsetzlicher schien er ihr Sie hatte das Gefühl, als müsse sie etwas Unmögliches und Unnatürliches be hen. achdem sie zuMittag gegessen hatte, brachte sie die Zeit bis zum Adendessen mit den gleichen qualpollen Gedanken bin, während der Fieberfrost sie durch schauerte und die dunkelrotbe Gluth ihklen Kopf bis zum Zerspringen an iii te. Es war schon lange Zeit dunkel in Lotte’9 Zimmer. als ein Mädchen an die Tbür tlopite und meldete, das Akendbrod stände unten bereit. Jn einem kleinen, ovalen Rai-m. den Herren der Anstalt die Postkutjcht genannt, war iuk sie aedeckt. Ein Ho fa, ein runder Tisch, einige Stuhle hatten eben Platz darin« die hange lampe an der Decke erschien schon viel lu groß. » Als die Wirthin dereiniam, wurgte Botte ein paar Bissen hinunter. Sie fragte die dicke Frau nach ihrem Va .er. Diese besann sich einen Augen ilick und meinte denn. das sei nzohl ;-er, der nie einen Ton geredet ·lIatie. zugleich machte sie eine unbestimmte « Bewegung. alt wenn sie ausdriickxn vollte, der oeiie Bruder sei das nicht. Bieich darauf wurde sie herausgew 7en. Nebenau im Schentzimmer saßen schon einige Gäste« deren aeräuschdolle Unterhaltung zu hören war. Es sollte wohl gespielt werden. denn verschie ene Stirrmen riefen snach Karten. Plötzlich wurde die Tbür ausgerissen, lnd ein bärtiger Mann steckte den den Worten: ,.Donnerwetter, sind Sie denn hieri« den Kopf durch den anli. Jrn Augenblick. wo er Lotte gewahr wurde, fuhr er zurück, ner gleichzeitig flog ein zusammengeht-te tes Stück Papier auf ihren Tit-h Sie ariii darnach und las auf der offenen Seite: »Weil-en Sie morgen auf Ihrem Zimmer Ich tomme dann Vormittaa5.« Sie taltete dass Papier auseinander und erkannte ihres Vaters Hand "chtiit. Er schrieb: »Liebe Tochter! Ich bade gehörnt-aß Du bier bist. Tbur alles. uni mich in befreien. Sprich init dem Mann, Tu kannst ihm vertrauen. Er meint’s ehr ,ich. Jilz will nach der Schweiz· In Deutschland betoinnie ich inein Recht doch nicht. Man hält irr-ich gefangen, als wenn ich ein Verbrecher untre sich bekomme Niemand zu leben. Aber ich werde schon Mittel und Wege fin den. Nur niit Du Geduld haben. Ein günstiger Augenblick toiniiit vielleicht erst in Wochen. Das Nähere sagi der Bärten Sorge für Geld! Dein Va ier.'« Es war dein jungen Mädchen, ais »denn bei jedem Wori. das sie las, ein Theil der Last von ibr absiclr. Sie itbniete in tiefen, hastian Zügen, wie Jemand, der ari- einer Schlinge te freit wird, nachdem er bald erstickt ge wesen. Dann Ieibara sie den Brief und ging aus ibr Zimmer. Während sie am Rand ihres Bettes saß, geiioii sie von Neuem des-S Gefühl der Erlö sung. Die Freude, daß ityr Vater bald besteit würde war nicht so i.i:ichtia, wie die Freude darüber, daiz sie ihre Mutter nicht anzuschuldigrn brauchte. Jin Bett begraben unter die sen ungeheuren Bauerntissen, dii wahre Berge von Eiderdaunen verbar Ien, gingen noch aller-band romanti sche Gedanteii iiber die Flucht durch ihren Kopi. Einen Auaenbtict dachte sie auch an Maus Fernoiix Dann ver sank sie«vloßlick. in einen tiefen, tod teniesten Schien Der Meter tat-i gegen Mittag. Er machte einen tsiedrreii Eindruck isilt seinem braunen, dollbiirtigeii Gesicht Er nannte seinen« Namen: - Mode Burschen-. Lotte dritte an seiner Aue sprache seist-, bist-. er Wein-date war. In der unistiindlichenArt aetdöbnlicher Leute erialilte er seine Lebensschicksale Er war Reitliiecist :-ei einem Gutsbe sitzer gewesen. iiaite seinen an Gehirn eriveichung erkrankten Deren in di Anitalt dealeitet und war nach disk-n Tod dort· als Wärter aebliebeiu Aber es«aeiiel ihm dort nicht« er seh-m sich · nieder unter berniinitiae Menschen« Der Ingenieur. deifess Pslraex ck skik turziii war« war nach ieiriex Any-»F ir- arssnnd,«dasi er nick- beqiifi Ern FUM MHM Ihn in eine Anstalt fpkrrie. Lion seiner Verwunduna bitte » sich ziemlich wieder erholt. mir mai- X ielir niedergedrückt nnd iszusz MS sein einziaer Wunsch war, die Anstalt ZU verlasssns Da sie in dies-m Ve IMVM beide ivmvuidiiirten qu es ibni als das Beste erschienen, wenn sie icmeiiisame Sache machten Gortsehung solgt.)