Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 19, 1901, Sonntags-Blatt, Image 15

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    so
Osten-r Schreibebrief von ZZ
sinke HMWL
No. 80. Wie der
Phil, was mein
hosdand is, zu
erscht allein mit
mich in unser Sit
tenruhm gewese is,
—- wisse Se, er hoi
zuerscht die Kids
« all an die Stritt
geschickt —- do hot
mich der Phil en Kisz gewwe un hot
kesagb ,,Lizzie," hot er gesagt —- »du
iicht die beste Frau von die Welt un
ich gleiche dich arig, geb mich noch en
Kiss.'« Ich lann Jhne sage, do is
michs so fonnig geivotde, daß ich’s
gar nit sage lann. Bei Galle, hen ich
kedenth den Weg hot der alte Phil
chon seit zwanzig Jahr nit mehr ge
rit. Was is dann nor die Mätter
mit ihn? Er is- dann her gange un
is hingange un hot die Dohr gelactt
ni dann bot er sei Koht ausgezoge —
ich muss sag-, dass hot nich die Schills
gewwc, bitaliz ich lsen gar nit ans
mache geiBnnt, was die Mätter war.
Er hci auch sei West ausgezoge; ich
hen gebloscht. bitahs ich sin so ebdes
gar nit an den Phil gewöhnt. Wie ich
noch gewunnert hen, was es jetzt
gewwe deht, do hot »der Phil sein
Schörtnhsem usfgebottent un hot e
Biick erausgeholt, was er Uffgemacht
hot un wag tver’n Se denke, was do
drin gewese is? Nickts wie Deimends!
Ei tell juh, ich sin sascht umgefalle, wie
ich das gesehn hen un wie er gesagt
hot, das deht all zu mich belange. Och,
Philippche, hen ich gesagt, was bischt
du en guter seiner Mann, mit was
lann ich denn das nor widder gut
mache? Er hot mich gesagt, daß die
Jhrringg un die Pins un Rings, wo
in den Bart sm, wenigstens zehn Dau
send Dahler werth wäre un daß er se
all von die Emperesz oon Tscheinie
lriegt hätt Well. ich kann Jhne sage,
ich hen in mei ganzes Lewe noch nit so
häpig gesiehlt, wir diesmal un ich
hätt einiges for den Philipp gedahn,
so froh stn ich gewese Jch hen reite
weg iwwergedentt, was ich wohl am
Beste duhn deht, for die Surpreis
schnell poblick zu mache. Jn die erschte
Lein hen ich die sämmtliche Kids erbei
geruse un hen die Deimends zu sie ge
zeigt. sinnen hen ich gesagt, sell sin
lauter Pressens von die Emperesz von
Tscheinie, wo derPa mich mit edracht
got un wo wenigstens zehn Zausend
ahler werth sm Jetzt guckt Euch
die schöne Sache ordentli an, awwer
sagt leim Mensche ebbeä ervon, habt
Ihr gehört? Do hen se gesagt, no, se
dehte Niemand ebbes sage. Wisse Se,
Mister Edithor, den Weg muß ich zu
die Kids spreche, wann ich hen will,
daß iieUS Jedem verzehle solle. Die
Buwe sin dann an die Stritt un wie
ich dorch das Fenster gegnckt hen, do
hen ich gesehn, wie se bei e ganzeKrant
annere Kids gestanne un die Geschicht
verzeshlt hen. Awwer damit sin ich
noch nit sattisseit gewese. Jch hen
mein Meind ussgemacht, e großeI
Partie ussznmache, wo ich all mei
Freinde un in die erschtex ein die We
desweilern inweite wollt· Der Phil
hot gesagt, sell wär e arig gute Eidie
— !.I—k»4-«..
- geschweipt. »Habt J
III III IUUI all-ich VIIIIIUPP clcuu,c, UIZ
kahs er wär zu neigierig, was die Leit
zu die Deimends sage dehte. Jch hen
mich schönk anitehschentarts printe
losse, hen se auch selbst edreszt un ge- «
mehlt, bitahs an den Phil tann ich ja i
doch nit dienende· Dann hen ich alles
Priepertehschens gemacht un ei tell
juh, ich hen e Soper gesictst, wo sori
einige litwien gut genug gewese wär.
Die Wedestoeilern shot mich gleich
Wort geschickt, daß sie schuhr komme
deht un so hen die Annere. Osf
Rohr-z, wann’s ebbeg zu suttere gibt,
dann sin se all in it un bieseids das,
sm se doch auch all neigierig gewese
sor augzufinne, was der Philipg aus
Tscheine mitgebracht hot. Die Kids
hen mich ver-zählt. die Leit dehte all
sage, se dehte nit glauwe, daß der Pa
so feine Deimends mit ebracht hätt un
wenn er hätt, dann ätt er se mehbie
r dann Jemand
ebbes Verzählt't« hen ich gefragt un
hen e Fehs gemacht, als wann ich se
fresse wollt. Do hen se all still ge
schwiege un nor der Bennie hot ge
sagt, er hätt blos dem Kunie Schlah
terbect dervon verzählt, weil dem sei
Ma doch zu meine Ladsch belangc
deht; der wärYFleich heim gelaufe un
nach e topele inntts wär er widder
da gewese un hätt gesagt, sei Ma deht
denke, die Emneresz von Ticheinie hätt
keine Deimends zu verschente un wann
der Pa sie mitgebracht hätt. dann hätt t
er se mehbie geschenlt kriegt, wie bie
seids ihn sonst Niemand in den Ischa
helorstor gewese wär. Do kann mer
sehn, was es for iniene Mensche gibt
Well ich will se schon sickse, wann se zu
meine Partie tomme, hen ich zu mich
gedenkt. Jch hen mich in die größte
Qurrie noch e Dresz mit lohtott Nest
un lorze Schliefs mache losse un die
Dreßmehter hot gesagt, es wär e
Pietsch. Der Philipp is mitgange,
wie ich’s angetreit hen un er hot ge
Laegh das Dresz wär auteseit. Mit
n Dreß hen ich doch a.«1 die Der
rnendö wehte getännt, die E.ectlehsei
II all den Stoff, zu en größere Ant
wentetschs als wie an e tommenes
Dreh. Der Dag von die Partie is
komme un alles in unser Vauz war in
e rosze Eckseitement. Jch hen mich
e Kurs un e Meedche geheiert for an
den Tehbel zu wehte un Disches zu
wasche, bitahs mit mei lohtott Dreß
hen ich mich doch nit an die Sint stelle
könne. Unser Baue hot geguett, sell
war auteseit. isse Se, ich hen mich
noch e paar- große Spiegel kriegt un
auch noch e ganze Latt Lämps, ich
denle mer rust se Bäntwett Lämps,
un do war alles in e eh nomber wonn
Schelm Wie die Gäscht komme sin,
do war alles rettig, ich hen alle Dei
mends gewohre un ei tell juh, die hen
gespartelt, daß eim die Auge weh ge
dahn heu. Die Lehdies sinputtinier
gebostet, wie se mich gesehn hen. Die
Wedesweilern hot gesagt, se deht sich
arig freie, daß ich so e Lock gehabt hen.
Die Dumpelsingern hot gesagt, ob mir
en Tschuhelerstohr starte wollte un die
Stumpsacken hot gesagt, wann ich jetzt
noch e paar Deimends an mei Nohs
deht hänge, dann wär ich tompliet. So
hot jede e Riemahrt gemacht. Die
Missus Steckenroth, wo erscht so ebaut
e halwes Jahr zurück geheirath bot, is
dann komme un hot gefragt, ob sie sich
emol mei Deimends tlth anzucke
derst. Jch hen gesagt, schuhr Ding, se
sollt awwer nit zu tlohs gehn, bitahs
sdie Deimends wäre all gezählt. Se
hot dann gesagt, ihr Pa wär en Tschu
Iheler un sie selbst deht e ganze Latt
von Deimends verstehn. Wie se dann
geguckt gehabt hot, do sagt se: ,,Mei
I liewe Frau, ich will Jhne nit insulte,
awwer Jhne Ihre Deimends sin gar
nit der schensuein Ahrtitel, es fm gar
keine Deimendg un se sin noch keine
s sechs Schilling werth.« Do hen die
Lannere gelacht, als wann se platze
,wollte. Jch hen gesagt, se sollte sich
» nor kein Bein ausreisze, ich wüßt ganz
genau, was der Wälljuh wär. Awwer
gefuchst hen ich mich, daß ich’s kaum
« hen sage gekönnt. Mein ganzer Fonn
war gespeult un die Partie is auch
- arig schnell iwwer gewese. Jetzt möcht
ich nor wisse, wie ich for den Jnsolt
iewen wer’n kann. Wisse Sie sor mich
tein Ettwei5? Mit beste Riegards,
Lizzie Hansstengei.
———.-—-—
Jm Jrrenhanfe.
Bild auc- dem Lebe von G. Bufie Pairan
Nichtweit von einer westdeutschen
Jndustrieftadt liegt eine größere Zahl
sch uetlos, aber gefällig gebauter
Hausen Größtentheils werden sie
von Kranken bewohnt, denen die kräf
i tige Luft und der tiefe Frieden wohl
thut.
·Jn einein der Häuser jedoch werden
lerne ioroerlich Leidenden aufgenom
. men. Es ist die Domäne derer, die
Schiffbruch icn Leben gelitten haben,
das Asnl der Geftrandeten. Es be
herbergt nur Leute aus besseren Le
bensschichten Jn der Ueberzahl sind
sie Offiziere a. D·
Mannigfaltig ist ihre Schuld und
ihr Schicksal; mannigfaltig sind die
Wege, die sie hierhergeführt; allen ge
meinsam aber ist der dumpfe Gram,
der ihre Tage verbittert, und der all
Mäblich auch ihre Sehnsucht, wieder
hinauszufliegen, erdrückt, und erst mit
dieser Sehnsucht matter und matter
wird.
Die meisten der Herren sind schon
längere Zeit da. Man unterscheidet
sie leicht von den übrigen Bewohnern
der Anstalt. Sie tragen einen Zug
fchmerzlicher Resignation im Gesicht
und ihre Augen blicken aus ein vergan
genes Leben.
Hier und da gemahnen noch Gang
und Gebärde an die frühere gesell
faftliche Stellung. Sonst kommt sie
selten zum Vorschein. Besonders nicht
in der Kleidung. Wenn beim Essen
ein Tropfen Suppe oder Bratensaft
auf den Rock fällt —- nun, so schadet
das nichts. Gereinigt wird er deswe
gen doch nicht. Für wen auch? Unter
einander hat man sich gegenseitig nichts
vorzuwerfen und außer der alten
Dame, welche die Wirthschaft führt,
und ihren beiden Dienstmädchen ift
kein weibliches Wesen für sie vorhan
den. In die Stadt zu gehen ist ihnen
auch nicht erlaubt, weil es zum Theil
der Allohol war. der sie hierherge
bracht.
Da ift der Hauptmann und Ober
amtmann a. D. von Wegeler, der ein
tüchtiger, pflichttreuer Beamter war,
bis ihm sein junges Weib im ersten
Kindbett starb. Von da ab hatte er
keinen Sinn mehr für seine Alten ge
habt und vom frühen Morgen an bei
der Flasche gesessen. Man fchonte ihn
so lange als möglich; schließlich aber
ging es doch nicht mehr und er mußte
sein Weh in die stillen Räume der An
ftalt tragen. Vom Trunk ließ er bald;
auch die Wunden, die ihm der Tod
feiner Frau geschlagen, vernarbten in
der alles heilenden Zeit. Dafür über
lam ihn aber die tknergielosigleit sei
nes Lebens, dem jeder Sporn fehlt,
die Resignation eines Lebens, das sich
selber verloren giebt.
Dann wohnt ein junger-. bildhiib
scher Mann dort, der kurz nach seiner
Beförderung zum Oberlieutenant in
später Nacht einst deraufcht und durch
einen Wortwechsel erregt aus dem
Kreise seiner Kameraden geschieden
und auf dem heimwege mit der bren
nenden Eigarre einem Putverschuppen
zu nahe gekommen war. Der Posten
hatte ihn auf die bestehenden Vor
e
ri ten aufmerksam gemacht, viel
igchtf in einem ungebührlichen Tone.
Genug, der betrunkene Lieutenant
hatte ihn mit der flachen Klinge iiber
das Gesicht geschlagen. Verwundet
hatte er ihn nicht, aber die Militiir e
setze lassen nicht mit sich spaßen. r
bekam den schlichten Abschied, und da
er zu teinem anderen Berufe vorgebil
det war, landete auch er hier.
Ach, es sind seltsame Schicksale, die
sich hier zusammensindeni
Jn dumpfemGram, in dumpser Re
signation schleppen sie ihreTage dahin.
Einmal schlug aber doch eine Welle
der Außenwelt auch in ihren Frieden.
Eines Tages blieb Herr von Wege
ler, der als erster der Herren gegen
Mittag das Speifeiimmer betrat,
überrascht in dem Thürrahmen stehen.
Auf seinem dicken, aber bleichen Gesicht
spiegite sich ein tassungsloseg Erstau
nen, das sich mehr oder minder auch in
den Zügen der nachfolgenden aus
drückte.
Neben der Wirthschajterin stand
eine junge hohe Mädchengestalt. Das
Haar lag ihr in schweren, goldenen
Flechten auf dem Haupte, und ihre
Augen waren schön und klug. Sie
hatte das Aussehen einer vornehmen
Dame,. wenn sie auch nur eine Erziehe
rin war, die ihre Tante besuchte.
Nach der Gesammtvorstellung, die
von seitendes Hausvaters, eines weiß
bärtigen Greises, erfolgte, schien sich
die allgemeine Erregung etwas zu le
gen. Man aß eine Suppe wie gewöhn
lich, nur daß hier und da verstohlene
Blicke zu demFremdling hinüberstreis
ten. Bald kam aber die zweite Sensa
tion. Das Fräulein, das einige Zeit
verwundert auf die fchweigenden Ge
sichter gesehen hatte, begann ein Ge
spräch. Seit Menschengedenten plan
derte man nicht am Anstaltstifch Es
war immer, als ob der allgemeine
Gram jedes Wort in den Kehlen zu
rückgehalten hätte. Sie aber stellte
harmlos dem ihr gegenüber sitzenden
Haitgvater allerhand Fragen und zog
allmählich auch Herrn von Wegeler in
die Unterhaltung.
Dabei bemerkte er plötzlich, daß sie
mit einem Blick grenzenlosen Erstau
nens seinen Rock betrachtete, und zum
ersten Male seit langer Zeit dachte er
daran, daß der ja ganz entsetzlich
schmutzig sein mußte. Eine brennende
Röthe flog über sein Gesicht. Dann
aber trat der ehmalige Offizier in ihm
hervor· Mit Gewalt seine Verlegenheit
niederzwingend, setzte er sich durch ein
lebhafteg Geplauder über dasPeinliche
dieses Augenblicks hinweg und schon
nach wenigen Minuten waren in ihm
wie in den übrigen am Tische Sitzen
den wenigstens die Formen der besse
ren Vergangenheit wieder lebendig ge
worden.
Kaum daß sie die Tafel verlassen
hatten, wurde von allen Seiten nach
dem Hausdiener gerufen, und eine
halbe Stunde später trabte dieser teu
chend unter der Last von vierzehn
Qberröcken der Reinigungsanstalt zu·
Herr von Wegeler zog seinen Sonn
taggstaat an und selbst der Minister
sobn, der so lange Jura studirt hatte,
bie- ihm dieHaare ausgegangen waren,
suchte sich eine frische, lachsfarbene
stravatte hervor, obwohl er dabei mur
melte, daß es doch eigentlich nur eine
Erzieherin sei.
-!.- (fl—-I.-!At—.—t.kt.. fl.t»- P
OCUII leussqlllsälugplusscc UUICU III
einen anderen Anblick. Die, zu Ehren
das Alles geschehen war, ließ sich zu
nächst aber nicht blicken. Als sie end
lich doch erschien, war sie im Aussich
costiim und trug den Sonnenschirm
in der behandschnhten Hand.
»Meine Herren,« rief sie fröhlich,
»wer von Jhnen will so freundlich
sein« mich auf dieZiegelburg zu beglei
ten? Tante hat natürlich keine Zeit
dafür!«
Eine Setunde blieb alles still. Jeder
dachte daran, daß es ihnen streng un
tersagt war, das Anstaltsgebiet zu
verlassen. Dann aber schaben sich
dreizehn Stühle zurück und alle er
klärten sie, daß es ihnen ein besonderes
Vergnügen sein würde.
Ein Lächeln in den schönen Augen,
sah sie von einem zum andern.
»Die Herren sind zu liebenswürdig,«
meinte sie dann. »So viel Kavaliere
auf einmal würde aber doch besängsti
gend sein. Herr von Wegeler und
Sie, here Lieutenant, wenn ich bitten
darf. Aus Wiedersehen, meine Her
ren!·s'
Und nach einem graziösen Kopf
nicken ging sie den beiden Auserwähl
ten voran.
Nachdem sie den hohen Burgberg
bestie en und die entzückende Aussicht
genossen hatten, schlug sie vor, noch
einmal in die Stadt zu fahren, wo sie
einen kleinen Einkauf zu besorgen
hatte. Herr von Wegeler und der me
lancholische Lieutenant folgten ihr
auch dahin. Zum zweitenmal übertra
ien sie damit die Jahre lang eingehol
tenen Anstaltsvorschristen Aber was
sollten sie thun? Der bloße Gedanke,
ihr gestehen zu müssen, daß sie wie
Schultinder nur eine sehr begrenzte
Bewegungsfreiheit genossen, trieb ih
nen schon die Scham in das Gesicht.
Als sie heimtehrend die auf das An
staltsgebiet führende Thiir öffneten,
sahen Beide noch einmal zuriick und in
ihre Augen trat ein seltsamer Aus
druck. Dort lag die Stadt. Jhre Lich
ter funkelten zu ihnen herüber und
wie ein dumper Brausen schlug der
Lärm der geschäftigen Freiheit an ihr
Ohr. Das haus vor ihnen aber lag
todt und still.
here von Wegeler konnte in der da
rauf folgenden Nacht nicht schlafen.
Die Idee, wieder hinauszutretem ließ
ihm keine Ruhe. Und am nächsten
Tage nahm er einen großen Bogen
Papier zur Hand, auf dem er eine
Eingabe an das Ministerium zu ent
werfen begann. Er kam damit jedoch
nicht zu Ende. Immer wieder hatte
er zu streichen und zu verbessern und
so verschob er die Absendung denn
von einem Tage zum anderen und bes
serte tagtäglich daran herum.
Es war allmählich ein ganz anderes
Leben in die Anstalt gekommen. Die
Herren hielten wieder auf ihre Klei
dung, bei Tische wurde geplaudert, die
Tagesereignisse besprochen, hier und
da auch ein Scherz gemacht. Selbst
untereinander griiszten sie sich verbind
licher, und wenn einer das Rasiren
vergessen hatte, trafen ihn mißbillis
gende Blicke.
An allen Ecken und Enden merkte
man es, dase ein frischer Wind durch
die modrige Luft der Resignation ge
fahren war.
Die Gouvernante hatte aber nur
einen turzen Urlaub· Schon am näch
sten Sonntag mußte sie fort, über den
Kanal zurück in die erwerbende Frohn
der Kindererziehung
Als sie sich von den Herren verab
schiedete, wurde es von Keinem beson
ders schmerzlich empfunden.
Bei der nächsten Mittagstafel hatten
aber dennoch alle ein eigenthiimliches
Gefühl. Die alte Wirthschafterin saf-,
grämlich aus ihrem Stuhl, der Hauz
vater hatte den weißen Kopf beinahe
ganz in die Schultern hineingezogen
und die Herren sahen trübe in ihre
Snppe, die auch weniger Fettaugen zu
haben schien,wie früher. Einmal ver
suchte der Ministersohn mit der rothen
Krabatte ein Gespräch einzuleiten. Er
erhielt aber nur einsilbige Antworten·
Am nächsten Tage war der Stumpf
sinn wieder in alle seine Rechte einge
setzt. Die Röcke wurden wieder fleckig,
Herr von Wegeler überließ seine Ein
gabe den Mäusen, der Lieutenant bür
stete sich den Bart nicht mehr, und
wenn des Abends die Lichter derStadt
herüberfunkelten, sah sie Niemand
tun-r un.
Für wen auch?
Es war eine Welle der Auszenwelt
auch in ihren »Frieden« gedrungen,
aber sie ebbte viel zu sriih zurück. Jhre
Seelen sinken wieder in den alten
Schlaf. Wie das graue Haus in der
Dämmerung liegen sie da, todt, still,
träge, während doch ganz in ihrer
Nähe das Leben sich in gigantischer
Arbeit regt und mit rothen, funkeln
den, bösen Augen zu ihnen herüber
steht.
——- —————-.———— «
Dem letzten Jahresbericht der New
Dotter Gefängniß : Commissidsi zu
folge nimmt in jenem Staat die
Trunksucht ganz gewaltig zu. Wäh
sesd des Jahres das am letzten J.
Ost-Eber zu Ende ging, wurde-: Its, 59
5i«:".-Tonen wegen Trunkenheit in die
sjuijsthäuscr, Gefangnisse und Ar
lssriivuättser geschickt Der Bericht
sagt, daß die Ein-se fiir Trauten-cis
el) sie nun in Gsfcingniß- oder in
Geldstrafe besteht, die Fuss-» : dest
L’.tc:·l-recher?-, wenn sie arm ist ani inei
uen berührt. Es wird dezsalo con
«.«I·olilen, das Urtheil beim ersten Ver
« thn zu sugpendi«-:. und den Betref
fenden aus Parole zu entlassen. Ge
l-«-.ilinheits - Trurtsucht wird mehr
ast- eine Krankheit denn als ein Ver
k;eo«)en hingestellt und es wird em
pfl)b".en, weit eher einen Ver-sich Du
machen, den Kranken zu ku-«ir:n, al·
.i;i: zu bestrafen. Jn Massuhuseli23
is: seit 1891 das sogenann«e »Moder
:cou Lam« in erfolgreicher Operatioi
ritt neueroings bat man auch in Ver
Isiont und Minneota Versuch-s damit
cis-nacht Dieses Gesetz autorisir: die
C isninalrichter ,,tlsirbation Lssicer5«
anzustellen und ds-«selben eine mäßige
Vergütung zutomnsin zu lass-i. Dein
tikickster ist gestattet, das Urtlkeit zu
i«.l-Lpendiren un) ten Delinquenteu ei
rssnz »Probation -Qfsicer« auf lie
stiinmte Zeit zu übergeben. A r. E·«.de
der Periode stattet der Beamte Bericht
ab. Jst derselbe günstig, so wird der
Delinquent entlassen, iin anderen
Fall tritt das Urtheil in Kraft. Es
ist das immerhin ein Schritt in ter
rechten Richtung.
Die Zucker - Rassinerie in Frank
reich war bisher von vier Firmen,
nämlich Sah, Lebaudy, Saumier,
Halvhen controllirt—- nun sind es nur
mehr drei. Denn Halphen in Saint
Quen wird mit Ende der Campagne
die le ten seiner 1500 Arbeiter entlas
sen. « eine Fabrit hatte sich den neue
ren Erfordernissen nicht anpassen kön
nen und war das am schlechtesten ein
gerichtete Rassinerie - Etablissement.
Mit 1500 Arbeitern erzeugte sie 750,
000 Sack Zucker, während die Raffis
nerie Sah mit 1200 Arbeitern 1,4U(),«
UW Sack producirt, also fast doppelt
so viel Waare mit weniger Mann-—
schast. Die Fabrik Sah ist ganz mo
dern eingerichtet, hat die neuesten und
besten Maschinen und versiigt über ein
in ihr angelegtes Capital von 82
Millionen Franks, während die Hal
phen’sche nur neun Millionen Franks
besaß.
Das schlechteste Gewissen hat, wer
es beruhigen kann. «
humoristifchea
per Pantoffeln-W.
»Deine Frau widerspricht Dir ja in
einem fort!«——,,Aber n u r , wenn B e -
s u ch da ist!«
YolhsthJgiena
' EN
« H
-
Kundim »Ja dem Gehackten
sind doch keine Trichinen?«—
Schlächtermeister: ,,J wo,Ma
dam, wie das gewiegt wird, da
kann doch nischt Le b e n d e s mehr
drin findt« —
Zurekchender Grunde
A. : »Weshalb haben Sie Jhr
Landgut Elysium genannt?«—B. :
»Meine: Gemahlin zu Ehren, die heißt
nämlich Elise!«
Walante Zug-reden
»Aber, Alex, Du hast heute auf mei
nen Geburtstag vergessen!«—,,Verzeih’
—ich hab’s eben gar nicht bemerkt, daß
Du um ein Jahr älter gewordensbist!«
Zimmer derselbe.
Fr e u n d : »Ja, war so unglück
lich auf dein Eise gefallen, das; ich sechs
Wochen gelegen l)abe.«——P r o f e f -
so r : »Aber, sind Sie da nicht ange
froren?«
Die givmprtrmcrr.
M a n n : »Es ist doch nachgewies
sen, daß der Mann mehr Gehirn hat
wie die F«rau.«—F r a u : »Ja1oohl,
aber die Frau hat vor dem Manne wie
der ben Hausschlüssel voraus.«
Verständnis-soll
Besuch (in der Ahnengallerien
»Potz Blitz, Graf, hat dieser Deiner
Ahnen eine häßliche, verwachsene Frau
gehabt!«——G r as : »Jott, wird a u ch
in Jeldverlegenheit jewesen sein.«
chrtrwiirdig.
F r e m d e r : »Besinden sich unter
den Stadtverordneten hier auch Aug
wärtige?« —- Einheirnischer:
»Nein, die Väter unserer Stadt sind
sämmtlich Söhne unserer Stadtk«
Hachftsrtjrijens Musik«-in
»Ach, Olga, wie gerne wäre ich ein
Mann-ein Ofsizier! Bedenke nur,
wenn man es so zum Feldmarschall
gebracht hat und dann stirbt, wird
man Von sechs Leutnants zu Grabe ge
tragen!«
gegründete Vorsicht
V a te r (zu seinem kleinen Sohne,
einem Elementarschiiler): »Wer ist
denn der Letzte in Deiner Klasse?«——
S o h n : »Wir haben gar keinen Letz
ten.« —- Vater (·lächelnd): »Aber
Karl, einer muß doch der Letzte sein.«
—S o h n : »Ja, der ist aber fortge
zogen.«—V ater (lachend): »So!
Wer ist denn aber nun der Le«!te?«——
So h n (zögernd): »Nun bin ich er.«
Mode-tm
R o t a t : »Dein Testament Jhres
Onkels zufolge sind Sie Universaletbe
seines Vermögens-, wenn Sie Ihre
Konsine lyzirathem Ich frage also
beide Theile, sind Sie bereit, sich mit
einander zu verehelichen?«—B e i d e :
»Aber gewiß, wir sind ganz einverstan
den, wickeln Sie die Sache nur rasch
und toulant ab, dann werden wir Sie
auch mit der-—Scheidungsklagse be
trauen!«
gakernenhofblüthew
Unterofsizier (selbstbewußt,s:
»Schiller hat schon recht, wenn er sagt:
,Au"5 ’nem Gemeinen wird een Mensch
gemacht,’ er hat aber verjessen hinzu
zusetzem bei’s Militär!«
Unterosfizier (zun1 Rekru
ten, der sich vergebens bemüht, am Reck
einen Auszug zu wiederholen): ,,Also
Schauspielet sind Sie?—»Hm!-—Da
warten Sie wohl aufs K l i n g el -
zeichen für den zweiten Auf
zug?«
pl· boihaste gouegiw
Aeltliche Lehrerin (in der
deutschen Grammatik examinirend):
»Was ist zum Beispiel das für eine
,Zeit,’ wenn ich sage: ,ich bin hiibsch!’ «
—S ch ü le tin (der die Hilfslehretin
»einsagt«): »Die lä n g st v e r g a n --
g e u e Zeit!«
W
s» seichte- schuf-w
Veneideugwerth M Jedermans,
Tkr schreibt. wovon er nichts Ierflehtl
Wen n- sich nie ers öder kann,
l.·id uie sein Sie zu Ende seht.
Yalsche sussakkunw
» F r e m d e r (der sich tasiren lagen
j will): »Ist das Messer auch scha f«
i-—Dorfbade«r: »F bewahre
i haben S’ nur tei' Angs .«
Mantis-.
»Warum schaut denn der neue Wir-is
den ganzen Tag zum Fenster ’rau5?«
—»Nun, damit doch wenigstens
et w a s bei dem G’schäft ’rausfchaut!«
Höchste Protxcrci.
Sie (zu ihrem Gatten): »Mo
ritz, wenn De Der laßt heu:’ photo
graphiren, so vergeß’ nicht. e’ paar
1000 Mark-Schein’ einzustecken——e2
sieht besser aus!«
Ein schweren-Zither.
F r ä n le i n : »Denten Sie ’ma1,
meomcnirte gestern an der Meierei vor
bei, plötzlich überfällt mich ein Bienen
««e·-lkchen.«-——H e r r : »Das war jeden
tells auf der Suche nach eine :
s;öniain.«
Ein Mcgwpich
Free-. De r tin einem pfiilzischen
Landstädtchxnk »Sagen Sie ’tnal, wo
trinkt man biet den besten Wein?«——
Einheitv · fcher (an einen Vor
—
w W,
übergebenden zeigend): »Du geh’n S
nor clS d e r Nas’ noch!«
lsjnfmst i.errilsl(e.
»Du, Mach, kann ein M ii d ch en
p l L tz l i ch ein M a n n werden?«——
»Wie kommst Tu zu dieser d u m -
m e n Frage?«—-»Der Onkel sagte
vorhin zu unsean Dienstmädchen:
Leni, Sie smd ein netter Ket1!«
Der junge Thier-Itzt
»Na, warum so mißvcrgniigt, Hu
berbauch Ihr Sohn ist doch jetzt
endlich Thierarzt geworden!«——»Dees
i’"g ja! Solang hat er studirt,
. bis i’ nur noch a’ einzige Kuh im Stall
g’habt hab’, und d i e hat er mir jetzt
· -—todtkurirt!«
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Bassinirt
szT
’XX« «8X —
M — « X
»Sie haben dem Verein ,.Harmonie’
ein Geschenk zur Verloosung gemacht-—
sind Sie denn mit den Mitgliedern be
kan;:t"Z«----»Keine Idee! Jch kenne nur
den Schriftsijhren Das ist ein z’wide
rer Kerl, init dem ich seit Jahren ver
feindet bin. Wenn ich nun dem Ver
ein ein Geschenk mache, so ist er als
Schriftfiihrer gezwungen, so hart es
ihn auch ankommt, mir in den Aus
drüelen ausgesuchtester Höf
lichkeit ein Dankschreiben
zu s ch i ck e n ! «
Ein Menschenkennprn
»Und wie wollen Sie Jhr Buch über
Kosmetik nennen ?« —- »Die Kunst
schön zu werden«-»Was fällt
Jhnen ein, da kaust es nicht eine Dame.
Vetiteln Sie es: , D i e K u n st ,
noch schöner zu wetden,’ da
wird es ein Riesenersolg.«
Isaria-,
,,Warurn so niedergeschlagen, Ba
ron?« —- »Ach, denken Sie nur das
Pech! Durchlaucht geruhten an der
Tafel einen Witz zu machen-alles will
eben ein homerisches Gelächter anstim
men, da tritt mir ein serdirender Die
ner auf den Fuß, und ich ireische ein
,Au!’, daß sich die ganze Gesellschaft
nach mir wendet. Was musz Durch
laucht von mir denken!«
GrsparniH-Tticrmomrtcr!
Prahtisctxp Ucutieiti
An diesen von mir erfundenen Ther
rnometer, D.-R.-P. Nr. .. ist die Skala
um drei Grad höher angesetzt, das
Thermometer zeigt also stets drei Grad
mehr als die Temperatur wirklich be
trägt. Herren Prinzipale können
s- wesentliche Ersparnisse erzielen, wenn
sie dasselbe in den Komptoirs des Per
sonals aushängen, da dieses sich genie
ren wird, über einen bestimmten
Wärmegrad hinaus einzuheizen.