Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 19, 1901, Sonntags-Blatt, Image 14

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    . s- II «
M sah ich einst . . . .
. sah ich einst —
«lcn«k geheimnison —
ZW- halbgeschloss’mn Wimpern
iefe, braune Staat —
Dntübet gebtemh
Die um den Glanz zu verhüllen.
Deriu leuchtenden Stradien
Golds- lxtvorbvichsh -
Licht-h wogende Schwier —
Doch durch dies Gewebe.
oder treffien Tiefe,
glomm und glühte —
Wie feur ge Kohle unter erkalteter
» Asche —
Eifu brennende-: Funken, —
Das Feuer eine-r gskoßem
Deißen, verzehrenden. —
Allgemeltigen Lube!
Augen sah ich einst —
Dunkle —- ach-: imnißvolle. —
Marcella Kurth.
Das Jllißueksiändniß zwischen
Mann und efran.
VonDr.KiitheSchirmacherin
Paris-.
Wer Augen hat, kann fast aus
Schritt und Tritt dem großenMißver
ständniß zwischen den Geschlechtern be
gegnen, dem diese Zeilen gewidmet
find. Jn allen Ländern, in allen Zei
ten, in allen Gesellschaftsklassen ist es
zu finden. Allerdings muß man ge
nau hinschauen, denn anscheinend sind
es lauter Kleinigkeiten, die das große
Mißverständniß zusammensetzen
Hier wartet eine junge Frau verge
bens daraus, daß der Gatte des Jah
restages der Verlobung oder Hochzeit
mit einem Worte, einem Zeichen geden
ke. —- Eine andere, durch Erfahrung
klug gemacht, rechnet gar nicht mehr
auf die tausend kleinen Aufmerksam
!eiten, die Koseworte, die Komplimen
te über ein neues Kleid, einen gutste
henden Hut. Rechnet sie wirklich nicht
mehr darauf? Nun, das Bedauern,
daraus nicht mehr rechnen zu dürfen,
ist im Becher ihres Verzichteng bitterer
Vodensatz zurückgeblieben
Die Todestage geliebter Kinder, tei
ne Mutter wird sie 1e vergessen und je
des Jahr den Kalvarienberg wieder
hinansteigen. Der Mann muß in vie
len Fällen erst durch den Schatten im
Antlitz der Frau daran erinnert wer
den, daß heute vor so und soviel Jah
ren ein kleiner Sarg das Haus verließ.
Fragt etsahrene Frauen, sie wer
den’s euch bestätigen, »die Männer tra
en solche Schmerzen anders, finden
Ich mit ihnen ab.«
Es giebt viele und gute Männer-, die
kitr das Seekenleben ihrer Frauen, die
e auf ihre Art durchaus lieb haben,
dnnoch kein Auge besitzen. Vergehen,
sterben kann man an ihrer Seite, ohne
daß sie es merken. —- Fällt ihnen ein
mal im Wesen der Frau etwas beson
deres aus, fragen·sie: »Was fehlt dir?«
und lautet die Antwort »Nichts«, so
beruhigen sie sich dabei. Die Frauen
sind so unverständlich, so reizbar, so
leicht verstimmt . . .
Das tlassische »Nichts« der Frau
aber, wenn es- manchmal auch wirtlichx
nichts deckt, bezeichnet ost doch auch ein
schweres-, bitteres Etwas, geistige nnd
seelische Kämpfe, große Leere und Ein
samkeit des Herzens. Die, welche so
antwortet, hat sich aber mit dem, der
kriegt, derartig auseinandergelebtg daß«
e re tiefsten Gedanken, ihre feinsten«
Schuhu-nun für sich behält. »Damit
ionuneich meinen-Manne nicht« »Das
wärde - mein Mann nicht oerstehen,«
Bdåbsenso tiassisch wie das latonische
« i ".
-«- -- —
l
Paul Ochs! Ylll lll Iclllcl »Hu-HENN
emancipation« diesen Stand des Un
verstehens zwischen Gatten fein gezeich
net. Der Frau, die unter dieser Leere
leidet, bietet der Gotte das ebenfalls
llasscsche Auslunftgmittel: »Geh in’s
Theater, tauf’ ein neues Kleid.«
Eine tiefe Beobachterin der Frau,
« Madame Jeanne Marni, faßt in einem V
ihrer Dialoge die Sachlage dahin zu
mmen:»Tous les hommes sont sons
ir les femmes tendres.«
Und wer den Vorzug gehabt mit·
staune Marni eingehender über dies-l
roblem zu sprechen, dem sagt sie:
Mann und Frau —- in Sachen des Ge
F —- zwei WeltenX zwei ganz ver
schiedene Rassen. Wir verstehen uns
nicht. Jhre Freude ist unser Absehen,
was uns begeistert, läßt sie lalt. O
. wes unselige Mißverständniß der
» chlechter . . . »la femme est une crea
tsre de douleur.«
Iiip diesen Ausspruch liefern Sage
nnd Geschichte manches Beispiel.
»Was mag Penelope empfunden ha
- Den alz die rohen Freier begehrlich um
’ »Wen, ohne je Fu denken, da die
e »Frau doch ein lebend setz saß,j
s solche Werbun die denu od desl
tien vorwegna , stundlichens
bereiten mußte. s
an obardenldnig Alboin, deri
en echter Rosamunde zwang,’
m Schädel ihres geniert-etcan
, s zutrinken und dann die Seine zu
den. trieb die Verachtung der weib
-" iBsyche so weil, daß die leidvolle
» Wer ihn den Frevel mit dem
· de sähen ließe
Wenn Ludwr s des Bierzehnten
« , die Kön gin»von Frankreich,
» Wa- Mlen tm leicheu Wa
" wie die La Balliere Meintes
May-J mögen auch ihr ei
« se letzteres-dann stei
tbitzll heckende gepreßte herz
Wegenku
phie über das seelische Mißoer Eindniß
wischen ihr und dein nur äu etlichen
runk liebenden Gatten. Läßt es aus
sehr tiese Beziehungen beider schlie
ßen, wenn sie vor hrern Tode sagt:
Jhr Gemahl werde sich bald trösten, da
ihr Leichenbegiingniy ja Anlaß zu gro
ßem Gedränge gebe
Die unglückliche Gattin Friedrichs
des Großen hat sozusagen nie für ihn
existiert. Bersuchte sie, in den eltenen
Augenblicken, die er ihr schenkte, zu
seinem Herzen zu sprechen, siir ihn, die
Gattin, die Freundin zu sein« so traf
sie aus eisiges Und-erstehen Theologie
und gute Werke, das war ihr Lebens
»inhalt. .
« Von der Marquise du Chatelet wis
sen wir, daß, als Herr von Guebriand
sie oerrieth, sie Gift nahm und nur mit
Mühe gerettet wurde.
Die liebliche Madame d’Epinan,
ganz jung verheirathet, lernte nur un
ter heißen Thränen, daß es thöricht ist,
seinen Gatten zu lieben und Treue von
ihm zu verlangen.
Wie Marh Wollstonecrast in den
Leiden einer fürchterlichen Ehe die
Kraft und dieGedanten zu ihrer »Vin
dication os the rights of Momen« sand,
wie Sbellen Mary Godwin in den
Tod trieb, welche Schmerzen Georg
Sand um Musset gelitten, wie hart
und selbstsüchtiq Carlisle seine hochbe
gabte Frau Kate Welsh, mit Haus
arbeit aufgebraucht, mit seelischer Ein
samkeit gemartert, das steht unaus
löfchlich in den Annalen der Ge
schichte.
Nun dürfte man entgegnen, daß
Klagen des Mannes über moralisches
und geistiges Understehen der Frau im
Laufe der Zeiten doch auch laut ge
worden.
Gewiß. Diese Klagen sind sogar in
einer bestimmten Jungmännerlittera
tut sehr laut und das alte Thema von
der Jnseriositäi der Frau dort bis zur
Erschlassung abgehandelt worden. —
Obgleich die Klagen dieselben —- ist
die Sachlage eine wesentlich andere.
Es giebt wohl keine Frau, die sich
im Laufe ihres Daseins nicht mitRecht
über mangelhaftes Verständniß des
Mannes für ihr Seelenleben zu della-i
gen hatte. —- Der Dutchschnittsmannr
hingegen wird kaum Mangel an Sen-;
sibilität und Miteinpfinden, an liebe-H
vollem Eingehen, und taltooller Aus-»
mertsamleit auf seiten der Frau fest-H
stellen. s
Die »unverstandene Frau« ist eines
typische « igur, der »unverstandene;
Mann« eine Ausnahme. Zu diesenj
Ausnahmen stehen die hochbegnbtenj
und unt-gewöhnlich fein organisierten«
Männer das Haupttontingent, dies
Dichter. Maler, Bildhauer, hier-und!
Fa hein fanster Gelehrter und Philo
op .
Diese Männer besitzen eben ein’
stauenhast entwickeltes Seelenleben.
das Stimmungen und Schwankungen
unterworfen ist, Schattierungen und’
Uebergänge kennt, die dem Gemüth des
Dilrchschnittsmannes, weil viel zu
sein, unbekannt sind
Das wäre an und für sich ja kein
Unglück, da es an Frauen, Jdie ein
derart hoch eiilwielelies See enleben
verstehen und theilen können, nicht
fehlt. — Es scheint aber — aus nochI
ungenügend ausgellärten Gründen —s
jäher diesen Männernaturen geradezul
ein Unstern zu walten, der sie bei ihrer
seelischen Ergänzung. besonders durchs
die Ehe, fast immer an »die Unrechte'«s
geratyen tagt z
Statt einer schönen Seele, lieben siek
einen wenn auch schönen, so doch see
lenlosen Körper, statt einer sein orga
nisierten Gefährtin suchen sie sich —-—
eine Köchin oder Haushalterin
So vergriff sich seiner Zeit der ehr-,
wiirdige Sokraies, dem seine Xantippel
allerdings auf keinem Gebiete zu sol
gen vermochte. Die gleiche Tragilo
kniidie spielt in modernen Zeiten sich
bei Anatole « rance in Monsieur Ber
geretes häuslichen Leiden ab.
Und wenn man Schopenhauers
oder Nieysches bissige Aussälle gsgen
»das Weib« liest, darf man getrost
schließen, daß hier viel »Mißverständ
niß« zu Grunde liegt.
Aber —- nnd das verändert die gan
ze Sachlage —- an diesem Leiden durch
nichtverstehende Frauen sind diese
Männer in der Reäel selber schuld. —
Sie waren die Wii ,lenden. sie diehaw
delnden. cim Grunde ernteten sie nur,
was sie gesäei.
Weshalb denn, statt ihresgleichem
Uniergoordnete zum dauernden Bunde
suchen? Weil es «bequenier« so ist?
Weil der Mann im hause unbedingt
herrschen, statt mit der Kritik der
gleichgestellien Gefährtin rechnen willH
Weil der rein äußerliche Rei die gross
den Sinne noch imer allmä ig ge-an
gen nimmt? Räihselkragr. s
Dem nru aber doch wohl so sein«
denn als sel sc ein so idealer Geist wies
Friedrich Schiller Zu wählen hätte zwi-l
schen der hohen Begabun einer Rate-J
lin: oder den stillen san iugenden ei-l
ner Char;otte, da wählte er — die
Haustugenden
lkno auch in d’AnnuncioS letzternL
Rünstterdrnma sie i die körperschöneJ
Gioconda über die seelenschönh beiden
haste und mständnißvolie Silvia.
» Der »und-erstanden Mann« ist das
der nicht nnr weit weniger zahlreich,
Isondern auch viel weni er pathetisch
sals die »unoeri«:ant-ene rau«.
An: wenigsten aber diir en seine-kla
ngen gelten, nierm er den g ur Kirke
sging und sing in niedrige ißgesiali
Fern-endete Latr tBitteh Detail-maxi
ner gen i era nr n gen ie
ske nnd Eile Schiilerinm singz nur von
jder soc-Masken oder· kritischen Seite
U WARWMHM
i . «M«wixa-sipncmo«å
W
sin »Bei-ges la morie«
i
schildert nicht,
auf Mitleid haben sie te nen Ansvrn
Ganz abgesehen davon aber. da
der »unversiandene»Mann« sein her
zeleid in hundert Fallen neunundneun
zigrnal selbst verschuldet, wie viel leich
ter ro«rd es ihm sich mit dem »fait ar
compli« abzufinden.
Ein thritiges Leben zieht ihn von
dem inneren Leiden ab. Jhm gehü
ren Straße, Markt und Welt. Er ver
gißt . . . andere tröstetWissenschaft und
Kunst. Die Freundschaft Gleichge
smnter ist ihnen erreichbar. Sie zer
streuen sich . . .
Die unverstandene Frau aber bleibt
in den engen Mauern ihres heims,
haus und Itindcnsind ihre Interessen.
Und als-»Mißderstandniß« zwischen ihr
und ihrersiManne muß sich, selbst wenn
es einzig auf verschiedenen Graden von
Eeinfühligieii beruht, auch auf diesen
T eiden Gebieten ietndertfältig wieder
i
;
I
holen. Denn selbst in ihrem häusli
chen Reich iit sie nicht freie Herrin, son
dern nur erster Vasall, in allen Din
gen der Entscheidunq eines meist we
niger sein Empfindenden unterworfen.
Und für diesen Mangel an häusli
chet «.E!)s«.rathie auch in Kleinigkeiten,
für diesen Mangel an vollem Verstehen
in Gefühls-fachen lann nichts die Frau
entschädigen
Das Ver-senken in aelehrte oder
künstlerische Studien erschweren ihr,
selbst bei vorhandener Begabung, man
elhafte Vorbildung und die tausend
ach wiederkehrenden Pflichten des»
Haushaliå. z
Die Freundin-ten bringen ihr selten,·j
wie dem Manne der Freund, sachliche
Interessen Und außer häusliches-;
Glück endlich is: für sie in den meistenj
Fällen mit gar zu viel Gefahr ver-(
knüpft, mit gar zu vielen Schrantenj
der Fiorwenienz und Moral umgeben-»
Also? Die unverstxrndene Frau der-(
zirhtet und schweigt Jhr Leben aderx
verlier: Glanz und Fülle, es verblaßti
Wollt ihr das Losunagwort so vieler
gedrückter, farbloser, innerlich freule
ser Frauenexistenzen haben, sagt euchi
ruhig: hier ist ein Fall vom Mißver
ständniß der Geist-fechten
Das Mißverständrciß der Geschlech
ter ist demnach eine recht ernste Sache,
vor allem iiir die Frau. Und daher
darf der Versuch. seine Quellen auf
zudeelen, nicht alszs ein mäßiger bezeich
net werden.
Der Urgrund dieses Mißverständ
nisses sehen mir in der absolut verschie
denen Ertixhung leider Geschlechter
Es ist verhängnisvoll. daß man bei
dem jungen Mädchen torwiegend das
Gefühl entwickelt. Als ob es von Na
tur damit nacht schon mehr als genü
gend versehen wäre! Man überlege
doch, daß in den darbarischen Zeiten,
die unserem, im Grunde toch auch noch
herzlich uncivilisterten Jahrhundert
voraufgmgen die Fran, die physisch
Schtoäche:«e, ja nur tadurch im Kampf
ums Dasein siegen tonnrr, daß sie Ich
an den Stirteren antsaßte, oder wie
ein frarizissiittercsjioralist es ausdrückt:
»An Inst-: bendbcsoeguna, einem Ton
fall den anfitciaenden Zorn des Man
n33, seine rtserbittlich letzte Entschei
d-:na,, sein erwacht-isten Mitleid zu er
rathen, war oft für die Frau eine Exi
stenzsrage.«
Wer seit Jahrtausenden durch eine
solche Schule gegangen, der bringt eine
einheit der Auffassung, des Ver
ständnisses, eine Errathen, eine Intui
tion der Stimmungen anderer, des
Meisters, mit, die weiterer Entwick
ren Seele willen bedachte.
Daher die Auffaisungsfiihi leit der
Frau, ihr Einfügen und Ans miegen,
ihre Sensibilitüt, die sie auf Reize rea
fierem Unterschiede bemerten, von an
cheinenden Geringfügi ieiien leiden
läßt. die dem grdber Gefühl des
Mannes gar nicht Zu Bewußtsein lam
men
Und sie empfindet nicht nur feiner
als der Mann, sie empfindet auch
treuer, da ihre Welt eine kleinere und
dfite Zahl ihrer Eindrücke eine geringere
r .
J
Die heutige Lljiädchenerziehung läßtl
alle diese Faktoren der feelifchen Vers
und Ueberlieferung ohne Gegengewicht
destehen. Noch immer haben unsere
Jungen Mädchen, jungen Frauen bei
Handarbeiten oder ähnlichen mechani
schen Beschäftigungen Zeit, sich Träu
men hinzugehen, aus ihrer Seele ein
Herbarium zu machen, in dem sie das
kleinste Vergißtneinnicht, das ein Zu
fall, eine Laune in ihren Schoß warf,
heilig aufbewahren.
Keine Körperübung arbeitet der un
ablässigen Traumspinnerei entgegen!
Mk diesem Gefühlstultuz setzt die
übertriebene Vorstellung von Liebe
und Che, die man den jungen Mädchen
häufig beibringt, die Krone auf. Mit
wie absolut unerfüllbaren Erwartun
gen, wie verstiegenenAnschauungen ste-«
hen ie vor diesem Thor, das ihnen alöt
der ingan zum Paradies geschildert
wird und o t doch nur auf ein Stücli
'-lklattland. Haideland, den Bürgersteigj
der Großftiidte, schwarze Fabritw
oder fteinige Berge hinausfiihrtl i
»Nun wären hohe ideale Ansprüche in
Bezug aus Liebe und Ehe, die Treue
rer Frau im kleinen, ihr Hängen an
Gefühlswortem ihr Sehnen nach vol
lem Verständnis mit dem Geliebten,
ja, weiß Gott, an und für sich gar nicht
vorn Uebel. Leider bereitet unsere Er
»ziehung den Mann systematisch dar
icus vor, diesem Ideal nicht zu entspre
ichm und sein Getühlitapital bereits
in kurzen Flitterwochen zu derart-ga
Man hütet sich ja in· ihnen das Ge
«siihl, den Salt, die Rücksichtnahme zu
Ientwieleln oder deren Uebung ansduems
Ipfehtere Ste, deren Natur in ieser
Dinitcht gar keiner weiteren Gunst-ite
k-— 1
run bedarf. lehrt man vorwiegend i
grei en, Drein chlagen und Ko far it
oder doch eint davon. Jhre feineren
Regungen, ihre zarteren Emp indust
werden nicht nur nicht« gepflegt,
Rdern durch einen Massenzwang ge
radezu ausgetriehen. Knaben, die von
ihren Miittern erzogen, in öffentliche
Schulen kommen, wissen, mit wel-I
chen Spottnamen man sie um ihrer ar
tigern Manieren. ihrer empfindsame·
ren Seele wiwllen bedachte.
Gefühl, Seele, Rücksicht Takt, Fein
heit, Reinheit. all diese hohen, mora
lischen Werthe gelten dein heranwach
senden Knaben —- als unmännlich.
«Das ist aut siir die Miid en, »C’est
bon pour les silles« —- in en Spra
chen der Welt lann man das wegwer
fende Urtheil wiederholen hören.
So beginnt in der Knabenfchule die
Verliimmerung dieser werthvollen Ei
genschaften. Man blattere Tolstojs
Kreurersonate durch, nehme die »De
)racines« von Maurice Bartes zur
;Hond, überall tritt uns die Abstumpf
ung des Gefühls in den Knabenseelen
zu Tage, die von Ehrgeiz und Begier
den erfüllt, bald zu der Ansicht gelan
gen, daß die sittlichen Gesetze nur für
das Frauengeschlecht geschrieben, fei
nes Ewpfinden einseichen von Schwä- ;
che, aufmerksames Behand:!:r von Ge
fühlsvroblemen eines rechten Mannes
unwiirdig sind.
Er mit Hacke und Spaten, baut
Kot-bäte mit zierlichem Gießtännchen
zieht ergißmeinnichtl ,
Und zwei in sittlicher Hinsicht so ab
solut verschieden aewöhnte Elemente
sollen nun die höhere Einheit, die Ehe
bilden!
Schwere Ausgabe. —- Und diese
Schwierigkeit erklärt, daß eine Her-Z
zensiundige wie Jeanne Marni ihres
Erfahrungen in die bereits citierien«
Worte kleidet: Mann und Weib, in
Sachen des Gefühls, zwei ganz der
fchiedene Rassen. Wir verstehen uns
nicht. Jhre Freude ist unser Abscheu,i
was sie begeistert, läßt uns kalt. O«
das unselige Mißverständniß der Ge
schlechter!
Unselig wohl, doch nicht unheilbar.
Wer von ihm betroffen wird. und we
nigstens e i n i g e Erfahrungen in die
set Hinsicht dürften, nach Ablauf des
Honigmondes, keiner Frau erspart
bleiben, empfindet es schwer. f
Zum Verzweifeln ist deshalb aber;
lein Anlass» denn in der Hand derFrauz
liegt es, hier Abhilfe zu schaffen. Mitj
dem Entfagen auf Verständnisr seiten-Z-v
des Mannes ist es da nicht gethan. die;
Frauleiftet sich und ihren Schwestern;
damit sogar einen schlechten Dienst.;
Ihr liegt es im Gegentheil ob, dem?
Manne, was er verlernte oder nichts
lernte, anzuerziehen »
Daß die Frauen sich dieser Ausgabej
bewußt werden« beweist die moderne
Frauenemancipationslitteratur aller;
Länder, und in ganz letzter Zeit be-?
sonders ein Büchlein, genannt: Boms
neuen Weibe und von seiner Liebe, ein;
Buch für reife Geister, das rund her-z
aus erklärt, es miitse das böse Mißver-;
ständnisz der Geschlechter elöst, dies
Mifzachtnng mit welcher er Manns
feine feinsten Gefühle als einen frem-.
den Tropfen in seinem Blute betrach-l
te, aufhören.
Wie das zu bewirken ist? i
Vorläufig möchten wir hier nur dies
Worte des von uns bereits citiertens
französischen Moralisten und PädagoJ
gen Henri Marion anführen:
»Die Erziehung tann und soll deri
Liebe Frau Vernunft und Maß zurz
Regel setzen, dem kalten Verstande des
gekannes aber die Flügel der Liebe ge
n.«
Eine Jran als MilitärsehristltetlesI
rin.
Von W. Stavenhagen.
Bei fartiiitatorisch - trieaswissenst
schaftlichen Studien, wo ich wahrlicht
nicht erwartet hatte, weidlichenGeisteH
erzeuanissen zu begegnen, stieß ich auf;
die seltene Frau, von der ich den Lese-.
rinnen in Nachfalqendern berichten
möchte.
Christine de Piian wurde 1363 u
Venedig geboren. Jhr Vater Tarna o,
damals Rath der hohen Repuhlit, war
ein überaus unterrichteter Mann. Von
ihrer Mutter verlautet nichts Nähere§. s
Ob der Familiennmne ein wirtlichess
Adelspriidihat gewesen« tonnte ichs
nicht feststellen. Wahrscheinlich ist fei- ,
ne Entstehung dadurch zu ertliirean
daß Rath Toman aus Pisan in den
Bologneser Alpen staut-ritt Kaumj
fünfjährig, fo te Christine den Eltern.
an den franzs schen hof, wohin der
gelehrte Ehariei der Itinfte ihren Ba
rer als Istrolpgen berufen hatte. Siei
wuchs irn Louvre auf und wurde, da
tie sich zu einem hübschen, stattlicheni
Mädchen entwickelte, nach damaliger
Zeitsitte schon rnit löJahpen den-zählt
Ihr Gatte, ein junger pisardttrber
Edelmann, Etienne du Castel, starb
jedoch nach tamn 10-1ahr Cget Ehe undt
ließ die erst 25-jährige hriktine mit
S Kindern zurück Da auch ihr Vater
der nach dem Tode Charlei des Fünf i
ten in Unanade gefallen nnd verarmt.
war bald darauf zu der von ihm» »aus-i
»den Sternen vorhergesanten« Stunde
starb, war die junge Frau ganz aqu
iich angewiesen. Bei ihrer großen Be- I
gq und Energie fand sie Trost
und en Lebensunterhalt in- gelehr
ten Studien, wobei ihr die reichenBik
cheeeien ihres Vaters zu tilfe kamen.
Da sie dichtetisches Talen besaß, ver
suchte sie sich auch mit sogenannteni
»Die leinen epischen und lyrtss
ichs-I Weiten-—- Balladem Lati, Miss
relats und Rondeaux s-— und hatte Er
W
»ala. Sie erregte sogar die Aufmerk
arnleit des Grafen von Salishurh,
des Giinstlings König Ri rds von
England. eines der gebildet en Män
ner seiner Zeit. Bald entwickelte sieh
zwischen iben und der schönen, geistvol
len Frau ein wahrhaft sreundsehast
liebes, aus wissenschastlichem Gedan
tenaustausch ausgebeutet Verhält
nis. Der Gras nahm ihren ältesten
Sohn mit an den englischen has, um
ihn rnit deni seinigen er iehen zu las
sen. Von dieser Sorge esreit, ionnte
sich die junge Frau ganz der Wissen
schaft widmen. Aber auch nach der
beim Sturze König Richards erfolgten
Hinrichtung Salisburns ging Chri
stines Glücksstern nicht unter. Der
neue herrschen Hean v. Lanraster,
fand unter Salisburns PapierenDich
jungen der selten.n Frau, die ihn so
ausmachen daß er lesbhaste Versuche
machte, sie an seien Hos zu sieben.
Lluch ließ ihr der herzog von Mai
land die vortheilhaitesien Anerbietun
gen machen. Aber Christine blieb ih
rem Vaterlande treu. und auch bei
seinen Fürsten fand sie Anerkennung
Herzog Philipp der Gute von Bur
aund nahm auch ihren von England
zursiiclaetebrten ältesten Sohn in sei
nen Dienst und ertbeilie der Mutter
drn Auftrag das Leben Charles des
Fäusten. des Gönners ihres Vaters,
zu schreiben. Doch wieder lam ein har
ter Schicksalsschlag Philin starb«
noch ehe das erste Buch vollendet war,
ihr-Sohn verlor seine Stelle, und ihr
blieb nur die Sorge iiir ihre Kinder,
ilvrealte Mutter und eine arme Ver
wandte. Auch damals schon sammelte
man bei literarischer Tbiitiqleit lein
Vermöaen. So aerieih Christine bald
in sehr peinlicke Laoe. Da war es der
Könia, der sie daraus befreite, indem
er ihr 1416 Dein Jahresgehalt von
200 Livreå aus-setzte und ihrer Toch
ter einen Platz im Kloster der Da
men von Poissv gab. Ein ruhiger
Lebensabend war ihr nun beschieden
und erst 14fil. fast 7t)jiihria. starb sie.
Nach Stiizierunq ibrer äußeren Le:
bensumitiinde mochte ich einige Worte
der Person und dem Lebenswerl die
set-Frau widmen
Jhk Bildnis-» das das Titels-an
eines Manuskripts der Pariser Na
tionalbibliathet schmückt, zeigt ein schö
nes. seelenvalles Antlitz. Weichheit des
Gemüths war trotz aller Tapferkeit unr
Eneraie der auch in den meisten-Schrif
ten hervortretende Zug dieser tüchtigen
Frau und Mutter. Ihre Schriften ach
nten den Geist der Renaissancr. Die
meisten sind moralisch - politischen und
lehrbaften Inhalte-, in Versen oder in
Perser Einige möchte ich hervorhe
b:n. Zunächst ihr Erstlingswerix 100
Balladen Dann unter Ansderem
HHistoire du rai Charles le Sage,'«
die der Abbe Leboeui mit Anmerkun
gen in seinen »Dissertations sur
l’hii"toire de Paris« iin Auszuge her
ausaegeben hat. Vollständg sind sie
in Petitvts ,,Memoires« sowie in
Michauds und Vaujaulatszi »Er-siec
1-vn" enthalten. Das 1405 vollendete
Brich enthält namentlich inseinem zwei
km Theile eine Menge — irieasrvissem
schaftiicher Angaben. Noch bedeuten
Ler und in einer iiir eine Frau jener
Zeit geradezu einzig dastehenden Weise
methodisch ist das 1410 entstandene
berühmte ,,Livre des faicts d’arrneå et
de chevalerie«« eine Encntlopädie der
strieaswissenschaftem das beste fran
zösliche Wert auf diesem Gebiet aus
dem 15. cJahrhundert Es ist ja bedeu
tend, dah Napaleon der Dritte viele
Stellen in seinen «Etudeö sur le passe
et l’avenir de l’artillerie" wiedergege
ben hat. Das erst achtzig Jahre nach
seiner Abfassung 1488 zu Paris ge
druckte Buch wurde schon ein Jahr da
raus von W. Caxton im Austrage von
Heinrich dem Achten ins Englische
überseßn Erst viel später war es wie
der eine Frau, die auf diesem sonst
ausschließlich und mit vollsiem Recht
den Männern überlassenen Gebiete eine
denlwiirdige Arbeit geschaffen, näm
lich ihre Namenvetterin, die gelehrte
Königin Christine von Schweden lar
starben 1689) mit ihren nReiterions
sur la vie et les artions de Cesar.«
Das Schöne und Seliene an der Er
scheinung Christines de Pisan aber ist
nach meiner männlichen Aussassun?,
daß wir in dieser bedeutenden Schrif -
stelletin leinen gelehrten Blaustrurnpf
var uns halten« sondern eine alle
fanden und Leiden einer Frau und
utter voll unsd gesund empfindende,
edle« anmuthige und qeistvalle Vertre
ter«-n echter Weiblichteit und eine wahre
Fördertn der Wissenschaft Den Wett
henzerb solcher Frauen werden sich die
lMäsnner zu allen Zeiten gern gefallen
a en· .
Das stossweise-I sah-leises l.
Der BildhauerSchumacher instanz
ruhe lam aut den ungeschickten Gedan
len, noch zu Lebzeiten des Kaisers Na
poleon dem Ersten dessen Grabdenb
mal zu verfertigen. Drei Jahre ver
wendete er daraus, es im Modell her
zustellen und dann in Marmor aus«
zuführen. Als Inschrift setzte er do
raus: »Wer ruht der Kaiser Nava
leon der Große.« Nun wollte er aber
auch, daß der Kaiser sein eigenes-Grab
dentrnal bewundern und ihn taiserlich
belohnen solle. Es gelang ihm, den
badischen Gesandten am stanzösischen
Dose, Grasen v. Beust, sür diese Ab
sicht zu gewinnt Mit dessen Empfeh
lung-en reiste er nach Paris und Stellt
sein Grabdenlmai im Hause des badi
schen Gesandten össentlich zur- Schau.
Der Graf Brust bat den« Großreremo
nienmeisier v. Segur, den Kaiser dieses
Meisstrrwert eines deutschen Künstlers
i
aufmerksam zu machen. Mut lesnte
das ab und wies denGrafen an. den
Ordimavschall des ia etlichen Pala
stes. denMarschall uroe. Dieser
ktva te es nicht, in dieser hettlen Ungele
sae it selbstständig vorzusehen, und
«-oandte sich an Denon, den General
direttor der Museen. Denon besich
tigte das Grabdentmal, sprach sich da
hm aus-, die Ausführung des Mono
ments verrathe Talent, aber die Wahl
des Gegenstands sei eine unbegrei
liche Taltlosigleit, und lehnte es ab,
den Kaiser aus sein eigenes Grabdenb
mal aufmerksam zu machen. Drei Mo
,n-ate weilte Schucnacher isn Paris und
sandte Bittschristen an alle am kaiser
lichen hofe einflußreichen Männer,
aber alles war umsonst. Endlich schien
es ihm bei Fauche, dem Polizeiminsister,
zu glücken. Derselbe ertheilte ihm eine
Audienz und zeigte sich sehr kraft-las
send und freundlich. Endlich fragte
erätZWo befindet sich Jhr Meisterwerk
le "
.,,Jm Hatel des Gesandten Grafen
Brust "
I Ein Lächeln ist-erflog das Gesicht
des Ministers. »Sie müssen dafür sor
Iaen, daß Ihr Werk bekannter wird.
jDas große Publikum von Paris muß
ksich dafür interessieren. Miethen Sie
keinen Raum im Palais Royal, undSie
lwerden sehen, wie die Pariser in Mas
sen herbeieilen werden, um dasErzeug
nis; Jhrer Kunst zu bewundern.«
,.Excellenz haben recht, und ich schul
de Ihnen vielen Dani fürJhrrnWint,«
Terwiderte Schumacker arglos. Er
dachte nicht daran, daß der heimtiicki
fette Fouche lediglich ihn und sein an
fiöfiiges Denlmal aus dem Hotel des
Gesandten, in das einzudringen er
jtein Recht hatte, zu entfernen wünsch
te.
E Raum batte er fein Wert im Pa
tcis Ronal aufgestellt, da erschienen
sPolizeicotnmissäre und Gendarmen,
nackten das Denkmal sorgfältig ein,
luden es aus einen Wagen und schaff
;t-.n es sammt dem höchlichsi erstaunten
in schneller Fahrt aus Frantreich bin
ausJ aus das rechte Rheinufer. Von
allen Mitteln entblößt sal) sich Schu
machetvliitzlich jenseits der Grenze.
Großherzog Karl Friedrich schenkte
ihm eine Summe Geldes, mit deren
Hilfe der enttäuschte Künstler in seine
Heimath zurückkehrte Hier stellte er
das Denkmal wieder aug, und endlich
taufte es ein Engländer für hundert
undsiinfzia Louisdor.
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Der Stirn eiser- Rose.
Bis zum Jahre 1712 herrschte an
dein für ganz Europa tonangebrnden
Hofe zu Veriarlles ein Kopfputz der
Damen, der sich etagenartia übe-r den
Haarfrisuren zu einer Höhe erhob, daß
der Kopf der Schönen in der Mitte des
Körpers zu sitzen schien. Diesen MI
deunaethiimen wurde durch einen Be
such der Königin Anna von England
in Veriailles ein unerwartetes Ende
bereitet. Als Anna mit zwei ihrer
Hofdamen den Speisesaal Ludwigå des
Bierzehnten betrat, fiel den französi
schen Hofdamen der niedriae Kvpsputz
auf, ten die Königin trug. Einen Ans
aenblict herrchte peinliche Stille, da
man aber ein spöttisches Lächeln in
Ludwige Miean zu gewahren glaub
te, war damit sofort die Loiung gege
ben, nriit einem wenig verstahlenen La
chen die modewisdrige englische Tracht
» zu begrüßen.
Der König suchte jedoch dieser re
spettvollen Heiterkeit feiner Heisa-ran
Jzen dadurch die Spitze abzubrechen.daß
er galant der Königin die band küßte
und ihr die Worte zuflüsterte »Sie ie
hen, Madame. der allzuholie Kapij
wirkt nachtheilig auf den weiblichen
Verstand!«
Mehr bedurfte es nicht, um auf der
Stelle eiwe völlige Kopfputzrevolution
bervorzurufen Die ganze folgende
Nacht halten Rosen und Modifttnnen
alle hände voll zu thun, um die Band
und Federthiirme der Haidamen abzu
tragen tin-d sie dem winzigen Haupt
ichmuck der Englanderinnen ähnlich zu
machen. Tags daran erblickte die Kö
nigin von England nur niedrig tou
pierte Franc-nispr und das freund
schaftliche Einvernehmen, das sich zwi
schen beiden bösen damals lniipite,war
»zum arößten Theil dese Kopfpusreoos
lutian zu England’5 Gunsten zuzu
Ziel-reiben.
, Luni-.
—
LKunst kommt von lsnnen her nnd len
nen,
iDari nimmer eins vom andern tren
nen.
Wer einzig tennt und Inn-n doch nie,
Der ist ein Mann der Theorie.
Und wer da tann und leimt doch nicht«
Treibt Dandwesäglsäraxis plump und
i .
Nur wer da ten-it zugleich und kann,
Den staunst die Welt als Genius an.
Grwm Bot-mann.
—- Unmöglich. Fremder: »Sie ha
ben ja fast kein Publikum irn Idea
ter —— da sollten Sie lieber nicht trie
lm lassen und den Leuten das Geld
zurückgeben!« — Direktor: Das geht
nicht, lieber Herr — es sind Alles
IFoeibillets!«
I —- Beleisdigung. Rammel: »War
um hast Du das Zimmer nicht gemie
.rl)et?« —- Bummel: »Weil ich mich
lnicht verullen lasse-. Die Wirthin hat
,mir gesagt, sie befhße auch einen ieuers
’festen Gelt-schmut« und wolle mir exern
überflülsineö Geld darin aufbewahren
. . . So eine Genie-ruhen«