Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 12, 1901, Sonntags-Blatt, Image 12

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    —
« « cin»scoon«.
Jus den Erinnerungen eines Journa
listen. Von L. Sallentien
W e w e r.
l.
London, den 22. Januar 1894.
Mein lieber Junge!
Es ist aus, ich habe den Prozeß ge
gen Robinfon verloren. Soeben theilt
mir mein Anwalt die Trauertunde
mit. Es gäbe ja noch eine Möglich
seit für mich, nämlich die, in die höhere
Inst-ans zu gehen, aber Du weißt, bei
uns in En land kosten Prozesse ein un
eheures ld. Jch ergebe mich also
n mein Schicksal. Wenn es aber ein
Trost ist, Genossen im Unglück Zu ha
ben, so müßte ich mich damit beruhigen.
daß ich der achte, sage und schreibe der
achte junge Kaufmann bin, dem dieser
stobinson sein Geschäft aegen dates
Geld verkauft har. um es ihm dann
nach einigen Wochen wieder abznjagen.
Er ist einer von jenen schlauen Schur
len, denen man gesetzlich niclst beitomi
nien kann. Er wird höchst wahrschein
lich« nachdem ihm ietzt dag Geschäft
wieder zugesprochen ist, es abermals
durch die Zeitungen aus-bieten, er wird
es wieder einem jungen unerfahrenen
und arglofen Menschen vertausen, um
in den Besitz von dessen Vermdaen zu
gelangen; er wird dem Ungliicklichen
einen Prozeß anhängen, dag- Geschäft
wieder in seinen Besitz bekommen, und
dies Spiel wird der Gauner so lange
fortsetzen bis ibn einmal eines seiner
Opfer in der Verzweiflung todtschläat,
wozu ich Glück wünsche. Doch genug
davon. Meine Lage ist. wie Du wohl
einsiehst, jetzt febr ernst. aber das
schlimmste ist: das Unglück trifft mich
nicht allein. Ich bin der VerlobteDei
nerSchwefter, ich hatte aehosft, ihr bald
ein behagliches Heim bieten zu können.
Jch habe ehrlich gearbeitet, und es ist
nicht meine Schuld, wenn ich jetzt mit
dem Rest meines Besitzes wiederum
da stehe, wo ich vor zehn Jahren stand.
ch muß von vorn anfangen, muß
chnelle Erfol e haben, wenn ich über
upt im Lesen noch etwas erreichen
will, und deshalb will ich nach Austra
lien gehen. Ein entfernter Verwand
ter n mir ift Kapitän eines Segel
chi fes, welches vor acht Tagen von
ngland nach Australien in See ging
Es läuft unterwegs eine Anzahl von
·s"sen an und wird in ungefähr acht
gen im Hafen von San Sebastian
in Spanien fein. Wenn ich übermor
gen von London abfahre, kann ich das
Schiff noch bequem noch erreichen, und
ich habe beschlossen, das zu thun. Jch
bitte Dich« bereite Susan auf dieTren
nung vor. Jch beabsichtige nicht, Dei
ne Schwester an mich zu binden. Es
wäre ein Unrecht, wollte ich sie länger
an mich und meine ungewisse Zukunft
fesseln. Du«weißt, wie sehr ich Su
an liebe, aber wenn das Glück aegen
uns ist, nützen alle Anstrenaungen
nichts. Jch möchte morgen Abend mit
Deiner Schwester und Dir noch ein
mal zusammen fein. Es ist vielleicht
das letzte Mal in diesem Leben
Dein Eugen Board.«
Der Schreiber steckte denBries, kaum
daß er das letzte Wort geschrieben,
rasch in einen Umfchtag versah die
sen mit der AufschristJ Herrn M. B.
Stowell, im Bureau der »Pol! Mall
Gazette«, London« und trug ihn dann
selbst zum nächsten Brieflasten.
Achtundvierzig Stunden später stan
den ans dem Londoner Bahnhof Cha
ring Groß, von dem man nach dem eu
wpäischen Kontinent absährt. drei
Personen. Es waren Eugen Board,
fein Freund Stowell und dessenSchwe
ster Susan. Stowell war Reporter
der ,,Pall Mall Gazette«, ein hervorra
gender Journalist und besonders tüch
tiger Parlamentsberichterstatter. Su
san, ein junges Mädchen von einund
thanzig Jahren, hielt sich in diesem
ugenblicte des Abschieds und Seelen
schmerzes nach englischer Art recht ta
Jpser. Seit Jahren Waise und nur
ans ihren natürlichen Beschützer, ihren
Bruder, angewiesen, waren alle ihre
hoffnungen au Glück, alle die Aus
ichten auf die ukunst jetzt durch den
churlenstreich eines Gauners vernich
tet, der es Verstand, die mangelhaste
englische Rechtspflege und die linken
haste Gesetzgebung in Zivilangelegen
heilen zu seinen Gunsten auszubauen
Aber sie klagte nicht, sie wollte dem Ge
liebten den Abschied nicht noch schwerer
M
Es wurde zum Einsteigen gerufen.
Sagen schüttelte seiner Braut und de
ren Bruder die Hund« Rührende Ab
schiedsworte verstoßen in En land ge
geex die gute Sitte. Eugen prang in
Wagen- einen thränenverschleierten
Blick wars er noch einmal auf Susan,
M vanrpste der Zug aus der großen
e.
2. l
Der Cheftedaktent der »Pall Mallj
Gazette«. Me. Kingstrm hatte den gan-:
en Stab«det Zeitung um sich Zu einer-i
sprecht-IS versammelt Es handel
4e21ch inm« eine-M Eg- Suche. denn
· thust überneenf liebe Anstrengun
gen müssen in England gemacht wet
den, um der Konkurrenz anderer gro-l
ßer Blätter zu begegnen.
»Wir können es uns nicht verhehlen,
meine Herren,« begann der Chefredab
ten »daß wir in letzter Zeit nicht mehr
me Höhe gewesen sent-. Der«Globe«
macht uns eine unerhorte Konkurrenz
und hat in letzter Zeit eradezu fabel
Haftes Glück gehabt r ist, wie wir,
eine Aber i ng My- demnuch, gxeich
. m, den ekgenblattern gegenüber
qu die Zwangsmesse nn Nach
theil. Wenn wir uns aber naht auf
raffen, so wird uns der »Globe«· inner
halb der nächsten Monate vollständig
an die Wand gedrückt haben. Jch kann
Jhnen nicht verschweigen. daß das
neue Fahr siir uns verhältnismäßig
unglin ig begonnen hat. Die Zahl der
Abonnenten ist zurückgegangen, weil
wir in den letzten Wochen keine Sensa
tion ehabt haben. Mit den Abonnens
ten lgchwinden auch die Jnferate und
damit die Einnahmen. Meine Herren,
was uns fehlt, ist ein »Scoop", oder
besser mehrere ,,Scoops« hintereinan
der, und ich erbitte mir Jhre Vor
schläge.'«
Mr. Kingston schwieg und sah sich
erwartungsvoll die Gesichter der Her
ren an, die mit ihm zusammen um ei
nen ellipsenfärmigen Tisch im Konse
renzzimmer der Zeitung saßen. Einen
«Scoop« wollte der Chefredatteur ha
ben. Ja, das war eher gesagt als ge
than! Ein «Sroop« bedeutet in der
vulgären englischen Umgangssvrache
einen Fischzug, ein größeres Geschäft,
daß man durch Spekulation oder durch
Zufall macht, und da sich in London
eine eigene Zeitungssvrache herausge
bildet hat, bedeutet in dieser das Wort
»Scoop« eine ganz besondere Leistung
einer Zeitung, durch welche diese plötz
liches Aussehen erregt und der ge
sammten Konkurrenz mit einer wichti
gen Nachricht einen Vorsprung abge
winni.
Stowell war es, der sich zuerst zum
Worte meldete.
»Es ist selbstverständlich daß die
Mahnung des Herrn Chefredalteurs
nicht ungehört verhallen darf, und daß
wir die Verpflichtung haben, alle un
sere Kräfte einzusetzen, um etwasAus
sehenerregendes zu Tage zu fördern.
Jch habe mich zum Worte gemeldet, um
festzustellen, daß in der politischen und
parlamentarischen Abtheilung an einen
»Scoop« augenblicklich nicht zu denken
ist. Das Parlament ist ver-tagt und
tritt erst im März wieder zusammen.
Die Minister sind verreist. Der Pre
mierrninister Gladstone befindet sich
nicht einmal in England, sondern in
Biarrig. die Staatssetretäre sind meist
aus dem Lande, wo sie in ihren Fami
lien die Weihnachtsseiertage verbracht
haben. Die politische Saison ist todt.
Eine auswärtige Verwicklung nicht in
Sicht. Wie gesagt, es ist nichts in
Sicht.«
»Ich habe an Mr. Gladstone nicht
gedacht,« sagte Kingstom »und glau
be auch nicht, daß auf dem Gebiete der
inneren und äußeren Politit ein
»Scoop« zu erzielen wäre. Aber wir
haben noch eine Menge anderer Gebie
te, wo interessante Dinge fortwährend
sich vorbereiten, und die Herren, die auf
diesen Gebieten thätig find, sollten ihr
Glück versuchen. Jch erwarte in den
nächsten Tagen Jhre Vorschläge.«
Pamit hob Kingston die Sitzung
au .
Der »Grand Old Man«, das heißt
»der große alte Mann," wie Gladstone
allgemein in England genannt wurde,
socht damals als Premierminifter und
Leiter der Liberalen seinen letzten
großen Kampf gegen den immer mehr
um sich greises-idem durch die Konserva
tiven geschürten Jinverialismus. Er
hat in der langen Zeit seiner politischen
Thätigleit viele ehler gemacht, aber
auch große Erso ge gehabt. Er war
ein vor ziiglicher Charakter, ein uner
müdlicher Arbeiter, eine hervortreten
de, eigenartige Persönlichteit und dabei
ein Gentlernan vom Scheitel bis zur
Sohle. Solche Männer vergöttert das
englische Voll, und so sahen selbst die
Gegner und erbittertsten volitischen
Feinde des »Grand Old Man« mit
hochachtung zu dem Greise auf, dem
auch die hohe Zahl der Lebensjahre,
die er erreicht hatte, zusammen mit der
jugendlichen Frische, die ihn auszeich
neäf einen bedeutenden Nimbus ver
lie
Etwas Neues von Gladstone, sa,
das wäre ein »Scoov« gewesen! So
sagte sich Stowell, aber leider war an
so etwas gar nicht zu denken.
O
Ohne Aufenthalt war Eugen Board
über Dover und Calais nach Paris ge
fahren, hatte sich dort nur einige Stun
den aufgehalten und dann die Reise
nach Spanien fortgesetzt. Seine Mit
tel waren knapp. Er mußte so viel
Geld nach Australien mitbringen, um
dort wenigstens ein paar Wochen un
ter bescheidenen Verhältnissen le
ben zu können, deshalb versuchte er so
billig wie möglich nach dem Lande sei
Jes neuen Wirkens zu gelangen, und
deshalb wollte er von San Seba
stian aus das Segelschisf des ihm de
freundeten Kapitans benutzen.
Der Personenzug kroch langsam
durch die bergige Gegend südlich von
Bordeaux. Auf den meisten Statt-)
nen gab es längeren Aufenthalt, so
zum Beispiel in Bayonne beinahe eine
Stunde. Eugen verließ daher den
recht wenig Bequemlichkeit bietenden
Wagen dritter Klasse und ging auf
dem Bahnsteig spazieren. Von dem
langen Jahren waren ihm die Glieder
ganz steif geworden.
«hallo, Eugen!" rief plötzlich eine
Stimme hinter ihm. »Wie kommst
denn du her? Das nenne ich eineUeber
raschung!« «
Aus diese Anrede in gutem Eng
lisih sah Board den Redner prüfend
an.
«Kennst du mich wirklich nicht
mehrt« fuhr dieser fort. »Ah bin Ia
Maclean, Sam Maclean. ir waren
zusammen in der Kostschule in but-d
leisield.«
«Uh, du bist es, est erinnere ich
Iris-U rief Sagen ,, ein, mein Jun
ge, G hätte dich nicht wiederertannt,
wenn du deinen Namen nicht genannt
hättest.«
i Seit 10 Jahren hatten sich die jun
gen Leute nicht gesehen. sie waren
einander vollständiq aus den Augen
Kommen Es stellte sich beraus, daß
aclean Obertellner im Kasino in
Biarritz dem Sammelplatz der vor
nehmen Gesellschaft jenes Seebades,
war. Durch die diplomatische-: Kon
serenzen, die Kaiser Napoleon der
Dritte dort in der Sommerszeit mit
den berühmtesten Staatsmännern Eu
ropas hielt, war das Bad schnell em
porgetommen, und da es auch zu der
;Winteråzeit einen angenehmen Aus
ienthalt bietet, wird es besonders von
ZEnaländern als Klimaturort viel ve
sucht
i Maclean war von Biarrih nach
fBayonne herübcrgetommen, um für
Ldas Geschäft einige Eintiiufe u be
sorgen» und freute sich nun se r, mit
Board zusammen nach Biarriy zu
rückfabrrn zu können.
«Schade nur". meinte er. »die Fahrt
dauert nur siebzebn"Minuten, wir lon
nen uns da nicht ordentlich ausspre
chen. Tbu mir den Gefallen und bleib
einige Stunden bei mir. Du mußt in
Martin so wie so den Wagen mech
sein, um nach San Sebastian zu kom
men. denn der Zug, mit dem wir ietzt
fahren, gebt nach Jrun. Bleibe bei
mir über Nacht. Ich bin heute Abend
um neun Uhr dienstsrei und stehe dann
ganz und gar zu deiner Verfügung
zWir wollen uns einmal ordentlich
'aussprechen. Du glaubst nicht, wie
ich mich jrene, einen Jugenddetanntckn
Itoter-erztrreusrn.
F Eugen hatte sich aus der Fahrt bis
ZBanonne nur mit seinen trüben Ge
danken beschäftigt. und es that ihm
wohl, hier so unerwartet eine mitfüh
lende Seele. einen Jugendfreund zu
finden. Er schlug daher in die dar
gebotene Hand Marleans ein und ver
Jst-rach, bis zum nächsten Morgen bei
ihm in Biarritz zu bleiben.
’ SamMaclean brachte seinenFreund
in einem Zimmer unter und sagte ihm,
er solle sich für den Abend umkleiden,
er werde ihn in Biarritz in die besten
Gaftstätten führen. Ein Engländer
tennt es nicht anders, als daß er des
Abends den Fractanzug mit weißer
Binde anlegt, und so wartete gegen
sieben Uhr Eugen Board in vollem
Wichs aus seinen Jugendsreund. Statt
seiner aber tam ein Bote mit einer(
Karte. welcher den Neuangetorn: J
menen sofort zu Maclean berief. Die-;
sen fand er in höchst ärgerlicher Stim- j
mutig ;
.Denie dir'«, sagte Maclean, »ich;
komme um meinen freien Abend. Im
letzten Augenblick hat sich der "Grand
Old Man«, der, wie du weißt, hier»
in Biarritz weilt, mit zwei Herren zu
einem Abendessen angemeldet, .-aH ins
einem besonderen Zimmer eingenomsi
men wird. Wir sind in der größten
Verlegenheit, denn es find heute Inits
dem Mittagszuge außergewöhnlichs
viele Fremde gekommen Mit Mad
stone ist nicht zu spaßen. Er ift
der Stolz des Badeortes und unseres
Gasthofes, ich kann als Oberlellner
doch die Ehre, ihn und seine
Gäste zu bedienen doch nicht ablehnen.
Wir sind ohnehin jetzt an Leuten
tnapp.« (
»Es ist·nicht nur eine E re«, fort-.
dern ein Vergnügen, mit dem «Grandi
Old Man« zusammen zu sein«, sagt-»
Eugen, der für Gladstone schwärmtr.i
»Ach beneide dich förmlich darumJ
as würden viele Leute in England;
darum geben, wenn sie jetzt an deiner»
Stelle sein lönntenl« t
»Liegt dir etwas daraus-"' lachte
Sam. .Dann kannst du die Ehre
Hund das Vergnügen ohne weiteres ha
ben. Du bist im Fraelanzug. Jch
Inehme dich als Kellner mit in das
Zimmer, du brauchst dort nur herum
zustehen und mir höchstens einmal eine
kleine Handreichung zu machen. O,
du naiver Kerl! Jch oersichere dir, un
sereiner ist gegen derartige Dinge
vollständig abgestumpft."
»Ich nehme deinen Vorschlag an!«
rief Eugen ganz Feuer und Flamme.
.,Wer weiß, wie lange dieser grosse
Staatsmann noch lebt, wer weiß, ob
und wann ich je nach Europa zurück
lehre. Jch will wenigstens tagen tön
nen: ich bin einen Abend mit Stad
stone zusammen in einein Zimmer ge
iwefem und die Leute werden tnich da
Irob in Australien bewundern und be
tneiden. Also oorwiirtst Du mußt
tober natiirlich teine großartigen
Wangen alt Kellner von mir erwar
«Du bist doch sonst nicht ungeschickt «
ent egnete Sam, «man tann dir atso
doeF wo l einmal etwas anvertrauen«
um »ei· it bgn den Tisch der vereen
zu orm en
»Natürlich«
»Als-) gut. Jch werde meinem Chef
sagen, du seiest ein englischer Kolle
ge, der auf der Durchreise begriffen
ist. Es freut mich wenigstens, daß
kan diese Weise der Abend nicht ganz
fiir mich verloren ist. Wir werden
doch hin und wieder Gelegenheit fin
den, etwas zu plaudern, und schließ
lich wird Gladstone nicht bis tief in
die Nacht hinein fiden bleiben, denn er
hat sehr solide Gewohnheiten.«
Sam fiihrte den Freund in ein re
servirtei Zimmer, stellte ihn flüchtig
einem französischen Kellner vor, der
auöhelfen sollte, wies ihm einige Ar
beii zu, die in Wirklichkeit nur eine
cheinbare war, und gab ihm Anwei
un .
sent daran wurden die Flügelthii
ren au gerissen, und herein traten drei
herren. Der erste von ihnen war
Gladftone, wohl aussehend und mun
ter, tro der Last seiner Jahre» An
jseinen atetmsrdern, die einer längst
iberalteten Mode angehörten. und den
«englischen Wihdliittern unablässig zu
Scherzen gaben, hatte ihn Eugen ohne
weiteres erkannt. Hinter Gladstone
kam Sie Algernon West, einer der-Un
terstaatiselretäre, der soeben nach
Viarri gekommen war, urn seinem
Chef ortrag zu halten. Der dritte
swar auch ein En Ender, wie ei im
weiteren Verlau e des Gespräches
schien ein Verwandter des Brei-tier
minifters.
Die Herren nahmen Platz, und es
wurde sofort das Essen aufgetragen
HEugen fiel doch eine größere olle tu
als er selbst geglaubt hat Er half
Tdem französischen Kellner ie fertigen
Speisen aus der Küche holen, und
Sam Marlean servirte sie den Herren.
sDann reichte Eugen dein FreundeGlii
ser und Teller zu wenn ihm dieser ge
winkt und wiederholt flüsterte :hm
Maclean zu er mache sich ganz ge
schickt als Kellner.
Während des Essens waren dieHer
.ren ziemlich fchweigsam Es siel lau-n
Fein interessantes Wort Aber beim
FDessert wurde Champagner gebracht
und nun zogen sich die Kellner zurück,
um die Herren allein zu lasten.
Jm Vorzimmer lonnten sich Sam
und Eugen nach Herzenslust aus-blau:
;;dern der französische siellner war auf
einen andernPosten lommandirtwor
kden, um dort auszuhelfen Nur noch
einmal mußte Sam das stimmer be
treten als getlingelt wurde, und die
Herren noch eine Flasche Seit speftell
,ten Dann erklärte er dem Freunde:
F»Das ist der Schluß- gsch kenne schon
sunseren Grand Old ManC Eine
dritte Flasche wird nicht getrunlen.
Nach einer halben Stunde wird ge
tlingelt, und dann muß ich die Rech
nung hineintragen. Ich will nur ein
mal rasch hinüberaeben nach den an
deren Sälen, Um dort nach dem Rech
ten zu sehen.'«
Eugen blieb allein Plötzlich er
tönte in dem Zimmer in dem Glatz
stone mit den beiden Herren faß, e: n
lautes Klingeln. Einen Augenblick
besann sich Eugen, dann eilte er hin
ein. Die Settflasche war dem Unter
ftaatssekretiir beim Eingießen aus der
Hand gefallen und hatte ihren Inhalt
zum großen Theil iiber den Tisch »
gosfen. Man forderte Eugen auf, die
Gläser nach einem andern Tisch hin
über zu tragen.
»Befehlen Sie noch eine FlascheP
fragte Eugen in französischer Spri:
che, in der Hoffnung. daß nun der
Grand Qld Man« gegangen sei tuch
einmal mit ihm zu sprechen
An Gladstonea Stelle antwortete
ihm aber Sir Algernon West: »Lafien
Sie nur vorläufig, bringen Sie die
Glaser und die Flasmen dort hinüber
nach dem Fensterblatz und legen Sie»
etwas Holz im Kamin nach.«
Während der nächsten Viertelstun
de hatte Eugen unablässig in demZiin
mer zu thun. Er mußte die Gläser
und die halbgeleerte Flasche an den
bestimmten Plat- tragen, Holzscheite
in den Kamin legen den Tisch, auf
dem der Wein bergofsen war in »ed
nung bringen und abräumen «
Während dieser Arbeiten hörte er
scharf nach den drei Personen hinüber
und vernahm« wie Gladftone sagtek
»Wir wollen warten. bis der Mensch
hinaus ist.«' Aber Sir AlaernonWest
erwiderte: »Es ist ein Franzose, er
versteht bermuthlich tein Englisch«,
worauf die Herren sofort lauter zu
sprechen anfingen
Während der nächsten fiinf Minu
ten ging«es ziemlich lebhaft zwischen
den drei Herren zu, dann schlug Guid
ftone plöhlich mit der Hand auf den
Tisch und rief erregt: »Ich thue es
innerhalb der nächsten vierzehn Tage,
daraus gebe ich Ihnen mein Wort. Ich
bin der Sache gründlich milde, ich tre
te zurüä.«
werade rn dreiern Augendua nano
Eugen mit einem Arm voll Geschirr
in der Thür, und bor Erstaunen hätte
er sast das Geschirr sallen lassen
Gladstone wollte sein Amt niedertr
gen, das war tlar, und das mußte im
ganzen britischen Reiche ungeheure
Sensation machen. Wie der Biitz
schoß ihm das durch den Kaps. Dann
siel ihm unwilltiirlich sein Freund
Stowell ein, der ja zum Generalstab
»der «Pall Mall Gazette« gehörte« its-d
»nun hatte er einen Gedanten, der
ihm das Blut schneller durch dieAdern
jagte. Die »Vat! Mall Gazette« aber
brauchte einen »Scoop". Stowell
hatte es ihm gesagt. Die Zeitung
würde die Sensationsnachricht nach
englischer Art glänzend bezahlen
«Wann geht der nächste Zug nach
London? Jch muß sosort zurückt«
sagte er erregt zu Sam, der inzwi
schen wiedergetehrt war.
«Alter Junge«, entgegnete Sam,
hast du den Verstand verloren? Du
kommst vor einigen Stunden hier an,
urn nach Australien zu fahren, und
willst schon wieder nach London zu
.riicl! Sehnst du dich so sehr nach dei
«nem Bräutchen?«
»Kann ich irgendwo einen Fahrplan
einsehen oder ein Kursbuch?«
»Dort drüben liegen sie im Lese
zinuner", entgegnete Sam. »Du kannst
dir Ha holen, was du brauchst.«—
E ne Stunde später verließ Stad
stone mit den beiden Herren as Ka
sino von Martin Es war gegen ·ehn
Uhr Abends; um diese Zeit psegte
Gladstone zur Ruhe zu gehen.
oseht war Saat Maclean srei und
forderte den Freund auf, mit ihm noch
in ein Theater zu gehen, wo sie einen
Theil der Vorstellung noch genießen
konnten.
Eugen zeigte den ganzen Abend
über eine augeordentliche Lustigkeit,
ging spät zu ett, liest sich aber mor
gens duntt neun Uhr wetten und er
tlsrte dem Freunde: »Ich fahre um
elf Uhr zehn Minuten mit dem Eil
zuge nach Paris. Wenn es mir dort
sielinh in fiel-zehn Minuten Den
W zu erreichen, so bin ich
morgen früh um fünf Uhr viekthMi
miten in London. Ich muß ur j,
es handelt sich um meine Ziehen-. «
Es war am frühen Morgen des SI.
Januar 1894, als S owell in derPri
vatwohnuna des Chefredatteuis der
«Pall Mall Gazeite« erschien, und ihn
aus dem Schlafe tlingelte. Die «Pall
Mall Gazette« erscheint am Abend,
und die Redattion beginnt ihre Thä
tiaieit gewöhnlich erst in den Mittags
stunden.
Kinaiton schien zuerst etwas uan
halten, aber nachdem ihm Stoxvell we
niae Worte qefaat hatte, faßte er den
Arm des Mitarbeiters- «.ir.d iiei erregt:
»Alle Hagel, das wäre wirklich ein
»sScoop«! Aber wenn es nur wahr
it!«
»Es ist wahr! Der Mann, irr rni:
die Nachricht beinah ist absolut zuver
lässig. Jeb bükae iiir ikn Er ist der
Bräutiaam meiner Schwkiter.«
»Ist der Mann biet?"
»Er wartet d:außen irn Var-Fitti
mer.
»Lassen Sie ihn «k"crt e siister
Wenige Minuten spaier b: fand sich
EngenBoard deniGrwaltiaen dei, Pa i
Moll Gaiette« gegenüber
»Können Sie ian noch mehr mik
theilen als die nackte Nachricht, daß
Gladftone arben »r- 117« fxaqte Kings
i fton
»Nicht arti-« Aber ich i:i:·.2!e var! Je:
swissem was-ich fiic meinen Bericht sse
?tcnnne."
; »Fort-ern Sie« mein Herr!« entgeg
nete Kinastdn
« «3weitauicnd Pfund!« antwortete
Enden ohne Zögern
Kindston überlegte einige Zeit.
»Machen wir es tur«r. Nehmen Sie
eintausendiäjnfbunderr Pfund und eine
Anstelluna bei une. Sie tönnen in
der Adminiftration eure gute Stellung
bekommen. Sie erhalten dadurch eine
Rente. die vielleicht znelir wertli ist, als
das Geld, dag nie-n Ihnen auf einmal
zahlt-«
" Board iab tragend feinen Freund
Stowell an. und dieser nieste ihm zu.
Ach bin damit einverstanden« erlleir
te ietzt Euan
..Sie belarnmen natürlich das Geld
erit ausqezahlt wenn sich die Nach
richt bestätigt hat«
»Damit bin ich einverstanden Es
ist selbstverständlich Sonst wäre ie
dermann in der Lage, die Zeitungen in
unerhörter Weite H beiden-indean
»Und noiz eins-« meinte Kingiton
»Sie müssen sich schon etwas Zwang
aefallen lassen. Sie durien dieses
Zimmer bier nicht verlassen, bis- unser
heutiges Blatt erschienen ist«
»Auch damit bin ich einverstanden
meine Haft wird ja nicht allzu d:iietend
sein,« lachte Enden.
Kinnsion llingette nach der Dame,
die seinen Haushalt führte, nnd be
fahl ihr. ein Schlafzirnrner iiir Boded
einzurichten. ihm aber auch die noth
wendiaen Speisen nnd Getränke bin
ein zu setzen. Dann schloß er ihn
selbst in das Zimmer ein und begab
sich rnit Stewell nach dein Geschäfts
bause der »Von Moll Gazette«. unter
wegs fortwährend vor sich hineintr
rnelnd: »Das iit ein »Scoop«! Damit
fchlagen wir alle untere Konkurrenten
Wber wenn es nur wahr iitt«
Gegen vier Ubr nachmittdas erschien
die erste Ausaabe der »Pall Malt Ga
3elte« vorn 31. Januar 1894. An der
Svise des Blattes stand mit. Riesen
buchstaben eine Nachricht die wie ein
elektrischer Schlag durch die Bevölke
Hrnnq Londan gina, die in den näch
isien Minuten in Tausenden von Tele
eirdrnmen durch das ganze Land und
sdnech die Welt flog, die Nachricht, daß
Gladstone beschlossen habe, sein Amt
niederzulassen
Die Nachricht ltang unglaublich
Weder lag irgend ein dolitiicherGrund
"vor. rein quditone zu veranlassen, aus
Dem onenrnazen Leven zu schaden«
noch hatte er in iraenv einer Weise in
der letzten Zeit auch nur die geringste
Andeutuna aethan baß er neben wolle.
Es aab teincn Menschen in dem poli
tischen LebenErialand5. ver nicht über
zeuat aervesen wäre, Gladstone habe
tsie feste Absicht, bis an fein Lebenszeit
de in der politischen Arena weiter zu
kämpfen. Deswegen tvar die Senio
tion eine ungeheure, und die »Pall
Mall Gazette« hatte einen Gewinn von
Tausenden von Wunden denn in den
nächsten Taaen wurde see mehr aelaust
als ie. und sie stand mit einemmal wie
ider an der Spitze jener englischenBliit
leer. welche vie besten und neuen-»Noch
richien haben.
Sir Alaernvn Weil aber boile den
Nachtheil davon. Es lamen Hunderte
von Devefchen an ihn, um bei ihm
anzufraaem ob ihm etwas davon be
Ilannt fei, daß Gladslone zurückzutre
ien beabsichtige. Mit der Geduld und
isuvorlommenbeii, die jeder englische
Staatsmnn aeneniiber der Presse fei
nes Landes bat« beantwortele er alle
;dieie Develcben sofort dahin. daß der
Premierminister nicht daran denke,
»sein Amt niederzulegen
l Die Morgenzeilunqen vom l. Fe
bruar verländeten diese Nachricht von
.Sir Alaernon West mit riesenqrasren
Leitern und verfeblien nicht, mit min
destens ebenso aroßen Buchstaben dazu
zu drucken: »Die »Was Mall Gazeii
te« ist binteri Licht geiiibrt war-den«
Jdie Nachricht von dem Asbaanae Glied
lianes M eine dreilie Erfinduna!"
Um Rachmittaa des 1. Februar aber
erschien die »Das Mall GazetM unt
·boaebte an der Svije ihrer Nummer
M
svie ins-staat- .Mk rate-u untere as
strige ittbeiluna betreffs des beab
sichtigten Verzichtes des Premiermints
stets auf sein Amt pollstandra auf
recht. Die nächsten Tage werden uns
,recht geben, und wenn der Premietmk
knister und seine Freunde ietzt noch M
Absicht der Amtöniederleaung ableug
nen. so baden sie eben ihre Gründe
dazu. —
! Es waren banae Tage, die nun fol -
·ten, banae zehn Tage, in denen r.
Rinaiton fast noch mehr graue Haare
tbetann als er schon hatte, in denen
iEuaen und Stowell in banger Unge
iwißbeit schwebten. Eugen konnte
Zzwar darauf schwören, daß er Glied
7sione es selbst hatte sagen hören, er
werde in ungefähr vierzehn Tagen sei
nen Abschied nehmen. Er hatte ge
liört, wie der Premierminisier darauf
sein Wort gab. Aber wenn er die be
sorgten Gesichter der Personen sah,
deren Schicksal gewissermaßen von der
«Wabrbeit der Nachricht abhing, die er
Inach London aedracht hatte, dann tam
,auch iam der Zweifel, und dcr schreck
lich-e Gedanke stieg in ihm auf: wenn
tu disk derbört hättest!
I Qualvolle zehn Tage vergingen,
sdnnn brachten die Organe der Regie
»:ung selbst die Nachricht. das-, Glut
"stcne in der That sein Abschiedsaesuxh
Ibei der Königin eingereicht bade, und
zwar in so besti.nmter Form, daß die
zsiöniain es nicht werde ablehnen tön
Ellen
E Jetzt erst ianl der Alp von derBrusi
derer· die von der Bestätigung dieser
»Aha-nicht ablxänaia waren. Dreißig
ltassend Mart zahlte die »Pall Moll
Mantis-« an Euaen, sthatsächliw nnd
an jenem Tage aan Mr. Kingston wie
Indes Mitalied vom Generalstabe der
Mitall Moll Gazette« erhabenen Haup
Iies umher, denn man hatte einen
’»Ecoop« gemacht, einen grandiosen
!,,Scovv«.
1 ———————————————
I Drei glückliche Menschen saßen in
»der Wohnung Sie-weils zusammen,
Enämlich ek selbst. seine Schwester Su
san und Euaen Board. Es wurdeVer
lnbuna arteiert. nnd der Hochzeitstage
fiir eine der nächsten Wochen festges
seyt Die Menschen, die wenige Tage
ils-Uhu fürchteten, sich iiir immer tren
nen zu miissen. waren durch eine kleine
Laune des Schicksals wieder der-einigt
Eines Jlser bielt Enge-n, der eine gut
dotierte Stelluna in der Inseratenab
thiluna der .'-ll«.:ll Malt Gazeite« er
hielt, noch fiir seine Pilicht Er be
auftraate einen berülnnien Rechtsan
walt, die site-ne neaen Rabinson in der
Zweiten Instanz zn erbeben. nnd zaksite
fasset die Summe von fiinfzia Pfund,
die als Verkehrs-, aesordert wurde
Tsicss liatie den Erfolg, date Robinfon
in Lin-Jst gerieth und dem Rliiaek einen
Vergleich anbot. Ein solcher tarn da
lijn zu stande. dafe der Schwindler
Jciiiaen die Kauisumme zurückzahlte,
die dieiet ihm für das Geschäft gege
sben ba·tte.
f Eine ileine Laune des Schicksals!
Solche kleine Launen machenminzeinnsp
Wunsch-» gutem-, nimm naiskkkkiche
und bringen ganze Welttheile in Ver
iwirruncn Hier war sie ehrlichen,
Hgliicklichen Menschen zum Segen ge
irr-orden
! «Ittez«.
Jin Jahre 1894 wurde auf der Be
fiiziina deg- Oerrii V. B. ans J. helf-to
jvenhagem so schreibt Herr Litben aus
’St. dem »Wild nnd Hund", beim-klu
iinähen ein Rehtitz gefangen und dein
tTöchterchen deH Besi ers geschentt.
«Miez« gedieh vortref lich unter der
isorgsanien Psleae seiner fünfjährigen
;Wohlthäterin. Ec- hörte auf den Lock
jruf »Miez«, tain fröhlich herbeige
.sprungen, nahm aus der sstand seiner
Ftleinen Freundin Leckerbi en, olgte
Eihr durch das Hang und begleitete sie
»aus Spaziergängen. Fiir gewöhnlich
- bewegte sie sieh frei im offenen Part, in
dein ihr auch eine «Wohnun«g« ange
.wiesen war. So verging ein ganzes
Jahr. »Miez'« hatte mitunter einen
kurzen Besuch bei den im Freien leben
xden Verwandten gemacht. war aber
; stets am Abend zurückgekommen Jrn
IJuli des folgenden Jahres wurde sie
» Unruhig, ging öster weg und blieb zu
i letzt ganz aus. Als sich aber der Win
,ter mit Kälte und Schnee einstellte,
« lain .Miez" wieder. um bis zum näch
. sten Frühahr ihr altes Quartier zu be
ziehen. Dies wiederholte sich auch im
nächsten Jahre, in dem «Miez« mit ei
nein «ftrammen« Kihbock erschien, der
sich im Gegensatz zu feiner Mutter recht
zurückhaltend verhielt, sie ängstlich fie
zpend umtreiste und nie eine Annahes
rung iiber dreißig Gänge aushielt.
lDann folgten die beiden milden Win
ter 1897--—-98 und 1898——99. Die
Aesungsverhäitnisse waren in diesen
beiden Jahren fiir das Wild äußerst
günstig. Das mochte »Mie"z« bestimmt
ihabem ganz fortzubleiben. Als aber
lim Jahre 1899—1900 der Winter recht
hart ward und das Wild unter der
Witterun zu leiden begann, stellte sich
unsere ,·, tiez« nach zweijähriger Ab
sweseiiheit niit zwei niedlichen Kitzchen
wieder ein. .Miez'· verhielt sich ihrer
Freundin »geae»i·iiiber ganz wie sonst,
zeigte ihr»die sruhere Zutraulichleit und
Anhanalichleit, tarn auf den Ruf der
Pslegerin herbeigesprungen und nahm
dantbar Leckerbissen aus der Hand.
wahrend die zwei Kitze in achtuniiivols
ler Entfernung mit weil neöffneten
Lichtern der Mutter zuschauten und
Offenbar nicht zu fassen vermochten, wie
inan den fremden Menschenkinder
solches Vertrauen lchenten konnte·
WWO
- —-; Die Originalität irren-fees
Schriftstellers besteht ott niir darin
dafi sonst Niemand so dumm schreibt.