Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, March 29, 1901, Sonntags-Blatt, Image 15

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    W
Erwartungen eines Theater-in-l
reitet-.
—..——..
Von heinrich Stessen.
Maria Stuart im Schin
«,kenlande.
Maria Seebach gastirte bei mir im
Februar 1895 zum legten Male im
Stadttbeater zu Münster, welches 15
Jahre unter meiner Leitung stand, und
spielte auch dort zum le ten Male die
»Maria Stuart«. Sie pielte damals
schon Mütter und komische Alte und
hatte z. B. als »Alle Schachtel« in dem
gleichnamigen Lustspiel das Publitum
zu stiirmischem Beifall hingerissen. Aus
eine Massen-Petition seitens der Mün
steraner entschloß sich die Künstlerin,
an einem Sonntage noch einmal die
,,Maria« zu spielen, und schon Sonn
abend Mittag prangte das unvergeß
lich schöne Wort siir alle Theaterdirel
toren »Auöverlaust« an der Kasse.
Am Sonntag Mittag stürmte eine et
wa 30jiihrige stattliche Dame zu mir
ins Bureau mit dem Ausrus: »Was.
here Direktor-, es giebt leine Billets
mehr?'« — »Nein«, verehrte Frau,«
antwortete ich, —- ,.und wenn der Kai
ser käme, ich könnte ihm kein Plätzchen
mehr verschaffen!«
»Aber mein Gott, wir sind ja extra
von G. herüber gekommen « wir tön
nen doch so nicht wieder abreisen! Wir
sind nämlich ein Verein und spielen
das Stück auch. Der Leicester, Mor
timer -—« alle stehen unten und warten,
was ich ausrichtr. Ach, Herr Direktor,
geben Sie mir noch Billets —— Sie ha
ben gewiß noch einige heimliche Plätz
chen it« So plapperte die schöne Frau
in ihrem westfälis—--chen Dialekt.
»Gut«, sagte ich, »gegen Collegen
muß man galant sein· Jch will Ih
nen Parterre-Billets geben nnd gestat
1en, durchs Orchester zu gehen, damit
Sie nicht in das fürchterliche Gedränge
tominen!«
«le folgenden Dienstag erhielt ich
von Herrn Zieuereinnelimer L. aus
G. ein Dantichreiben, daß ich mich sei
ner Frau gegenüber so coulant benom
men hätte und zngieich die Llnfrage ob
ich seine Frau nicht auch einmal als
»Maria Stuart« gastiren lassen wolle.
Jch nahm das als Scherz und ant
woriete man.
Am nächsten Donnerstag, nachdem
Marie Seebach den Abend vorher noch
einmal mit beispiellosern Erfolge und
Qvationen aller Art die »Maria
Statut« gespielt hatte, tam die Frau
Eteuereinnehiner selbst.
»Herr Direktor-, Sie haben aus den
Brief meines Mannes nicht geantwor
tet«, begann tie. »Wie ist es dann,
wollen Sie mich nicht einmal gastian
lassen?«
,,(«-iteehrte Frau,« antwortete ich, »ha
ben Sie denn auch bedacht, was Sie ei
acntlich von inir verlangen? Sie, eine
Dilettantin ---« aus dem Städtchen G.
—--- wollen in der Provinzialhauptstadt
Münster im Stadttheater gastiren und
in einer Rolle, welche die größte Kunst
lerin Deutschlands soeben erst zweimal
gespielt hai?"
»Nun. wenn ich die Maria Stuart
auch vielleicht nicht ganz so gut spiele
wie die Seebach,« erwiderte die schöne
Frau, »so spiele ich sie dasiir aber auch
ganz! Kein Wort lasse ich aus —
und die Seebach hat doch so viel fort
gelassen!«
Um die energische Frau loszuwer
den, sagte ich: »Nun, dann wollen
wir wenigst-ne noch einige Wochen
warten, bis das Publikum die Seebach
vergessen hat. Ich « schreibe Jhnen
noch!«
»Gut, Herr Dircttor, aber auch
Wort halten!«
Noch dreimal belästigte die Dame
später meine Frau-»denn ich liesz mich
stets verleugnen! Aehnliche Proben von
Dilettantengröszemvahn habe ich ost er
lebt.
Gäste vom Deutschle Thea
t c r.
Im Jahre 1889 liess, mich eines Ta
ges Fürst Waldemar von Lippe zu sich
besehlen und tagte mir: »Ich betont
nie nächste Woche Besuch und möchte
dazu einige Galadorstellungen haben.
Lassen Sie zwei Gäste tomrnen!« »Ja,
was siir Vorstellunan besehlen Durch
lauchti Oper, Schau- oder Lust
spiel?« fragte ich. »Zwei hübsche
Lustspiele«. war die Antwort. »Und
wann kommt der Besuchi« srogte ich
weiter. »Niichsten Dienstag«. »Um
Gotteswillem Durchlaucht.« rief ich,
»ich brauche ja mindestens acht Tage
urn Korrespondirem Die Gäste
schen nicht da und warten, bis man sie
gesalligsi rust." Dann fahren Sie ir
gendwo bin und holen sich Gäste," war
die Antwort. »Oui« dann will ich
morgen sriih nach hannover sahren,«
sagte ich. »Nein, aus annover mäch
te i i Niemand ha n«, entschied
Dorn-taucht sahren Sie nach Berlin!"
—- ,,Zu Beseht Durchlaucht!«
Arn anderen Morgen dampste ich gen
Berlin. Dort angesponnen, suchte ich
zunächst Clara Ziegler aus« welche sriis
her bei rntr gastirt hatte und die zur
Zeit am Berliner Theater spielte. Ich
tras sie in einer Probe von «Uriei Aco
sta«, welche Ludwig Barnah perssnlich
abhielt. Da Frau Ziegler unmöglich
ihr Berliner Gastspiel unterbrechen
tonnte, lies ich zu Gustav Kadelburg,
den ich ebenfalls kannte. »Weder sea
delbura«· sagte ich, »Sie artigen näch
-
I—
sten Dienstag und Mittwoch bei mir in !
A
Detmold gastiren und auch eine Dame «
mitbringen. Welche empfehlen Sie «
mirs« Jch, lieber Direktor,« erwiderte
Kadelburg, ,,da könnte ich Jhnen in er
ster Linie Fräulein Hausner empfeh
len, — aber wir haben ja alle Tage zu
thun! Das ist ja geradezu unmög
lich!« So muß eiritnal das Unmögli
che möglich gemacht werden,« sagte ich
, entschlossen. »Wo treffe ich um diese :
Zeit Herrn Direktor L’Arronge?«
- »Im Bureau; versuchen Sie Ihr
» Gliick!« meinte A«-:delb::rz;.
z Jch eilte zu L’Arronge: »Geehrter
: Herr Kollege,« sagte ich, nachdem ich
s mich vorgestellt hatte, »Sie müssen mir
z Herrn Kadelburg und Fräulein Haus
s ner für nächsten Dienstag und Mitt
s woch nach Detmold zum Gastspiel
s schicken.« »Ja, lieber College,« erwider
k te der Dichterdirettor lachend, »Sie
I haben gut befehlen.« »Sie müssen mir
I die herrschaften schicken!« »Die haben
I aber alle Tage zu thun. Jch kann
s doch Jhretwegen nicht das ganze Re
I pertoire umwerfen!« »Herr Kol
I lege«, bat ich, machen Sie es
t möglich! Der Fürst ist nun einmal
darauf versessen, gerade vom Deutschen
Theater Gäste haben zu wollon,«log
ich. »Er schickte mich persönlich hierher
—- tmd komme ich ohne Resultat zurück
— dann ziehe ich mir die höchste Un
gnade zu!« Und Direktor L’Arronge
erbarmte sich meiner. Er stieß das
ganze Wochenrepertoire um nnd schick
te mir die beiden Gäste.
Am ersten Abend wurde »Die be
rühmte Frau« gegeben ; Kadelg
burg spielte in feinem eigenen
Stück ·- dag war etwas fiir die
Detmolder ! Trotzdem die Vor-—
stellung im Ahonnement ftattfand
und fast das ganze Parquet und der er
ste Rang abonnirt war, machte ich noch
veine Baareinnahme von 620 Mari.
Z Für das kleine Detmold war dies eine
Riesensummet -
Nach dem ersten Alt lam der Hof
marschall zn mir auf die Bühne und
meldete, der Fürst ließe bitten, im
nächsten Zwischenatt mit den beiden
Gästen in die große Hofloge zu kom
men. Als wir bereits vor dem Für
stenpaar standen, fiel mir ein, daß ich
vergessen hatte, meinen Gästen zu sa
gen, daß die Fürstin, als geborene
Prinzessin von Baden, »Hoheit« anges
redet werden müsse. Jch suchte das
also bei der Vorstellung durch etwas
« aufsälliges Betonen der verschiedenen
Titulationen noch klarer zu machen.
Kadelburg verstand mich auch, nur ver
wechselte er die Personen und sprach
den Fürsten mit »Hoheit« und die Für-s
ftin mit »Durchlaucht« an. Doch die
hohen Herrschaften schienen das gar
nicht zu bemerken. Der Fürst stellte
uns seinen fürstlichen Gästen vor, und
es entspann sich eine etwa zwanzig Mi
nuten währende zwanglose Konversa
tion, in welcher Fräulein Hausner mit
der unergleichlichen Naivetät den hohen
I Herrschaften ein riesiges Vergnügen be
reitete.
»Kommen Sie auch manchmal nach
Berlin?" fragte sie die Fürstin. Die
hohe Frau, eine Figur wie Clara Zieg
ler. fah mit innigem Vergnügen ans
das kleine, vor ihr stehende Persönchen
herab und erwiderte lächelnd: »Ja,
wir waren erst tiirzlich zu Kaisers Ge
burtstag dort!«
»Ja, Sie haben’5 gut«, ,meinteFräu
lein Haus-neu »Sie sind da immer
mitten drin -— unsereins muß sich da
gegen immer drängen und stoßen las-.
sen, wenn man mal ein bischen was
sehen will. Und dann wird man auch
noch manchmal von den Schutzleuten
zurückgeschubst«.
Nun war’s aus. Die fürstlichen
Damen fächelten sich lrampshast, Um
das Lachen zu verbergen. Auch der
Fürst, der mit Kadelburg einen Schritt
abseits stand und ihm Von seiner schö
nen Jagd erzählte, hatte die letzte Be
merkung gehört und schüttelte sich vor
Lachen«
Jch glaube, die hohen Herrschaften
hätten lieber aus den lehten Alt des
Stückes verzichtet, um die kleine Haus
ner noch länger plaudern zu hören.
Doch der Fürst bat. nun weiter zu spie
— len und entliesz uns aus das huldvollste.
Am folgenden Abend wurde »Ulti
mo« von Moser gegeben; wieder war
das Haus wiedersaqu aber die Vor
stellung verlief ohne Zwischenfall.
Einige Tage daran erschien der
hofmarschall und brachte L’Arronge
das goldene Ehrenkreuz Erster Klasse
des Livoe’schen Hausordens, welches er
nebst dem Diplom bei mir im Bureau
einvactte und Direktor L'Arronge im
höchsten Aufträge übersandte.
st- I
Hamlet und Frau.
Friedrich Mittetwurzer war, wie so
mancher andere große Künstler, von
dem Ehegeiz beseelt, möglichst viele Ok
den zu bekommen. Jm Jahre 1892
schloß et mit mir ein vierzigmaliges
Gastspiel unter für mich äußerst gün
stigen Bedingungen ab und erklärte da
bei, fein letztes Gastspiel-Honokat einer
wohlthätigen Stiftung überweisen zu
wollen. Zwei Tage vor seiner An
lunft bat er mich telegeaphisch, im er
sten Hotel der Residenz zwei zusam
menhängende Zimmer mit zwei Betten
für ihn zu bestellen.
Jch holte ihn und seine Frau von der
Bahn ab und fuhr mis ihnen in’s Ho
tel. Seine Rolle war Damiet. Eine
der großartigste-i Kunstleisiungem die
ich je aus der Bühne gesehen habe, die
« » ,..»- . » -«.. «. . FIE- -.,.-. . .
ser Mitterwurzer’sche Hamlett Scha
de, daß der Künstler nach dem dritten
Atte schon heiser war. Schon an die
sem Abend erhielt er unter anderen
Kranz- und Blumenfpenden einen
mächtigen Lorbeerkranz mit der lan
desfarbenen Schleife, vom Fürsten
paar. s
Während der Vorstellung kam der
Hofmarschall auf die Bühne und bat
mich, ihn Herrn Mitterwurzer vorzu
stellen. Jch führte ihn in des Künst
lers Gardetobe, wo wir auch Mitter
.»«.:.».. c;«....«.;«.n, uno stellte ihn den
Herrschaften vor. Der hofmarschall
küßte der »gnädigen Frau« galant die
Hand und sagte Mitterwurzer die üb
lichen Komplimente. Nach der zwei
ten Gastrolle (Bolz in »Die Journali
sten«) kam der Hofmarfchall und bat
mich, Herrn und Frau Mitterwurzer
zu melden, daß Nachmittags von drei
Uhr ab sämmtliche Räume des Resi
denzschlosses für die lHerrschaften ge
öffnet seien, falls sich dieselben dafür
interessiren sollten.
. Jch durfte nur annehmen, dasz bei
dieser Gelegenheit ein ,,zufiilliges Be
; gegnen« des ,,"’fiirstenpaares« mit dem
,Mitterwurzer’schen Paare stattfinden
und der sehnliche Wunsch des Künst
lers Erhörung finden würde. Mit
s sreudestrahlendeni Gesicht eilte ich also
l zu Mitterwurzer hin und traf ihn
« glücklicherweise allein.
, Als ich ihm die frohe Botschaft ver
; kündete, machte er ein sehr bedenkliches
z Gesicht und sagte dann: »Das ist ja
» gar nicht meine Frau! Es ist meine
I geliebte ,,Freundin!«
? »Allmächtiger Gott« rief ich er
schreckt, was machen wir denn da?«
; »Ja, ich weiß es nicht,« sagte Mitter
; irsurzer mit sehr komischer Miene.
7 Wir überlegten, was zu thun sei.
», Der Einladung folgen und die Dame
als »Frau Mitterwurzer« vorstellen,
war unmöglich! Sie als ,,«·’freundin«
vorstellen, war noch -—-- unmöglicher.
i Die Dame wegen Unpäßlichkeit ent
; schuldigen, ging auch nicht —- denn
» Mitterwurzer war noch kurz vorher
. mit ihr über den Schloßplag gegangen.
Wir tamen schließlich zu der Erkennt
nis-» daß es am besten sei, wenn Mit
« terwurzer selbst Plötzlich unpäszlich
würde und aus Rücksicht aus die heuti
I ge Vorstellung bis zum Beginn der
; selben der Ruhe pflegte.
s Die Folge war, daß der ersehnte Or
« den augblieb —- obwohl ich in Mitter
, wurzerg Namen der ,,Elisabeth-Stis-i
; tung« vierhundert Mart überbrachte.
l Nach vierzehn Tagen schloß Mitter
I wurzer schon ein neues Gastspiel fiir
i die nächste Saisen mit mir ab, wobei
; er schrieb: »Der Adler ist ihm nicht
sgeschentt!« Leider legte ich noch in
? demselben Frühjahr die Direktion
des fürstlichen Theaters nieder. Bei
meinem Nachfolger, der sämmtliche
Verträge von mir übernahm, wollte
Mitterwurzer das Gastspiel nicht ab
solviren . -- und so entging ihm der
»Adler« dennoch.
,---—
1
Zoilnseudr skelsz
Novelle von O. von Oberkamp.
Monaros ckintönig klingt der Ruf
auf dem Perron des Bahnhoss von den
Lippen des Schassners. Monaeo !
Hier sluthei die Lust, hier schlägt dasJ
Leben den höchsten Wellenschlaa.
Und dann ! ? »Rien ne ba vlug.«
sit II M
Aber noch sluthet das Leben, noch
rauscht die Musik :
Es rusen zum Tanze die Geigen,
Laut jubeln sie :
Die schönste im schönen Reigen
Jstsie;....istsie....
Jhr Leib ist so prächtig,
Nur eines fehlt,
Die Seele, die zaubermächtig
Den Leib beseelt.
Jst es wahr ? Fehlt Hagar Morgan
die Seele? Da schwebt sie dahin im
Tanz, leicht und lustig. Statt der
Blumen leuchtet ein Diamantstern aut
ihrem Rabenhaar. Jhr Auae selbst ist
ein Diamant, ein schöner, schwarzer,
kalter Diamant. Hagar Morgan ist
die Reichste, wie sie die Schönste nnd
Vielumworbenste ist.
Wie die Geigen klingen. Freiherr
von Neischen umsaßt seine Tänzerin
fester. —- Armer Reischen, sie fühlt eg
nicht. —--— Kalt schaut sie iiber ihn hin
weg. Neischen versucht es, eine Kon
versation anzuinijpsem neuer Unstern.
Der Aermste ist leider kein Geistesheros,
er weiß mit dem besten Willen nichts
auszutischen. als das ewig Gestrige,
oder, richtiger gesagt, das ewig Alltäg
liche.
»Es hat einen neuen Siandal im
Eheleben des Grasen von Borstorss ge
geben, wissen Sie schon, meine Gna
dige? Vicornte von Letohaire hat sich
erschossen und der arme, geniale Prinz
von Foi . . . . Ah, Pardon, meine Gna
dige, ich laube, dieser deutsche Bär, der
Konsul erden, hat Sie soeben aus den
Fuß getreten ?«
Die schöne Frau geruht die besorgte
Frage Neischens nicht einmal zu beant
worten . . . . Sie denkt an ganz etwas
Anderes-.
»Sie sprachen vorn Prinzen von Foi,
was ist’s mit ihm ?«
»Was wird’s mit ihm sein, meine
Gnädige« —- nöselt Neischen achsel
zuckend ,,hochadeliges. siirnnches
Blut, genialer Kopf, aber iein Geld!
Fch glaube, daß Foi heute Abend das
etzte Stimmchen an der Roulette ver
I spielt, das er in seinem maaeren Parte
i feuille mitgebracht hat «
i Die schöne Frau hat sich plötzlich wie
· ermattet in einen Sessel gleiten lassen«
Ein Gebild von Marmor, eine Sphinx,
« die in ewigem Schweigen ihre Räthsel
zu begraben Willens scheint.
i und er geht, aber er geht verdrossen.
( Armee Neischen, wie schön hätten sich ’
seine Schulden decken lassen von einem
!
I
i
I
Freiherr von Neischen kann gehen »
winzigen Bruchtheilchen der Million s
IPsund Sterling, die die Gräsin — denn ;
i Hagar Morgan ist eine Gräfin —- im -
i Vermögen besitzt —- und dann wäre im
blieben, um an der Seite des seelenlo
mer noch ein schöne-E- Kapital übrig ge- »
; sen Weibes ein slottes Leben zu führen. s
» Gestalt des kaum sechsunddreißigjähri
" gen Mannes ist etwas vorgebeugt, wie
von Uebermüdung, sein geistvolles, in
teressantes Antlitz zeigt eine fieberhafte
Abspannung.
Der Prinz schaut sich um, und bleibt
Plötzlich erblaßt das Antlitz der ;
Frau. Durch die Saalthijre ist Prinz H
Heinrich von Foi getreten. Die hohe -
gleichsam betroffen eine Sekunde lang ;
stehen
« gan’s auf ihn gerichtet sind !
Wie seltsam die Augen Hagar Mor- :
Der Prinz nähert sich der Dame :
i
s
«
I
t
langsam. ;
»Wie geht es, Gnödigste Z« ;
»Ich möchte die Frage an Sie rich- E
· ten, Prinz.«
: eine Mutter, einen Bruder, und mir,
’ Haupt.
H er sich rauh. »Ich muß Geld haben, viel
I Geld, Gröfin . . . Sie verstehen mich !«
· schwer getragen an dem Fluche.«
Foi zuckt die Schultern. —- ,,Das
alte Lied, Gräfin, ohne Variation: E
Jch habe gespielt und ich habe verloren.« !
Nun neigt sie sich vor : ,,Lockt Sie ;
denn das Gold so sehr ! ?« l
»Mein Vater hat Schulden hinter- i
lassen.« Er stößt es förmlich zwischen !
den Zähnen hervor. »Die Ehre der i
Prinzen von Foi erfordert, daß diese
Schulden getilgt werden. Jch habe i
dem Aeltesten, gebührt es, dafür ein
zutreten, daß Mutter und Bruder tei
nen entehrten Namen tragen ; daß sie
....Doch zu was reden,« unterbricht
Sie schüttelt das dunkelgelockte
»Viel Geld ist ein Fluch . . . Jch habe
»Ich habe reiche Leute oft über den :
l Fluch des Goldes klagen hören,« ent- z
gegnete er höhnisch ; »aber unter diesen ·
2 reichen Leuten fand sich nicht einer, der ·
schen dieses Flucheg entledigt hätte.«
»Dann haben Sie eben nur Menschen
rhne Menschengröße kennen gelernt.«
Sie lehnt sich mit geschlossenen Au
I sich zu Gunsten seiner armen Mitmen- s
1
; gen bei diesen Worten zurück, ——s ein
seltsames Lächeln umspielt ihre Lippen.
Sie scheint über etwas nachzudenken
-)«
,,Wissen Sie was, mein Peine
iagt sie plötzlich, die Augen zu ihm er
..-——-—·—-- .- -
hebend. »Machen Sie eine reiche Hei
rath!«
»Er lacht höhnisch auf. »Mit wem,
Gröfin? Etwa mit JhnenZ«
Sie zuckt leicht zusammen. »Esn
Weib Pflegt seinen Gatten doch nur uni
ter feinen Verehrern zu suchen«, ent
gegnet sie. »Und ich habe Prinz Hein
ricle von Foi nie unter meinenVerehrern
gefunden.«
»Ein umwind, Der Sie ichweruq
schmerzen dürfte, Gräfin.«
»Nein, im Gegentheil«, lächelt sie ge
zwungen »Der Umstand lehrte mich
Sie achten, umsomehr achten, da ich mir
sehr klar bewußt bin, daß man mir nur
um des Mammong Willen huldigt.«
»So streng gegen sich selbst, Gräfin?
Sollten Sie nicht zu schwarz sehen?
Sillte denn teine dieser Huldigungen,
mit denen man Sie überschüttet,tJhr:r
Schönheit allein gelten?«
Jetzt neigt sie sich vor. Es ist, als
trclle ein rascherer Herzschlag ihre Brust
heben, ein rascherer Athemzug sich auf
ihre Lippen drängen. Aber ruhig, fast
lalt, sagt sie: »Sie täuschen mich nicht, »
ich weiß es genau, mir fehlt Alleg, um »
fesseln zu tönnen.« ;
»Mein Dieu, non!« ruft der Prinz. i
,.Jn Jhrer letzten Behauptung liegt ein z
Jrrthum Jhrerseits« Ihnen fehlt nur !
Eines, um z. B. mich fiir immer zu J
Ihren Füßen zu legen . . .« J
»Und dieses Eine, mein Prinz?« Sie ?
fragte es leise, hastig, athemlos. !
»Sie sind eine Peri, Gräfin, ein
Weib, das keine Seele hat und des- ’
halb . . Er stößt es heftig hervor, ein
Geständniß, das man ihm wider Willen
erpreßt —- »werden Sie auch die Seele
teinefs anderen Menschen erwecken tön
nen.«
»Ich danke Jhnen!«
»Für was? Fiir meine Ungezogen
heit?«
»Nein, für die Wahrheit, die man
nur denen zu sagen pflegt, die« groß und
start genug sind, sie zu ertragen, und
jetzt Prinz, einen Dienst. Besorgen Sie -
mir meine Sachen aus der Garderobe, s
ich ziehe es vor, zu Fuß nach Hause ,,u J
gehen." »
I is Il- i
Sie schritten langsam Seite an Seite l
dahin durch die Anlagen, durch diese .
fiidliche Herrlichkeit, über die der Voll- ;
mcnd feine magischen Lichter gießt. l
Plötzlich bleibt Prinz von Foi stehen. !
»Ist hier nicht die Stelle, Gräfin, wo i
der Vicomte von Letoyaire sich ersehns- ;
sen hat?« fragt er. ;
»Ich giaube, ja, mein Prinz. Ec- ist J
immer dasselbe Ende. immer»dasselbe.« J
»Wol!en Sie damit sagen. Gräiin,«
daß auch ich einmal so enden Wedel-«
»Sie, mein Prinz . . . aber nein . . .
Sie« sollen . . . Sie dürfen nicht so en- »
den.« l
c
Jhre feinen Hände haben bei den len
ten Worten ängstlich seinen Arm um
klammert. Mit einer gewissen Hast
drängt sie ihn fort von dcni Fleck Erre,
der das Blut des Selhsixndrders g:
trunken hat.
Heinrich von Foi blickt erstaunt in
das Antlitz der schönen Frau, als suche
er in diesem Antlitz nach der Lösung ei
nes Räthsels.
Jndessen die Züge Hagar Morgans
blicken wieder kalt, seelenlos, wie aus
Stein gemeißelt.
Prinz von Foi blieb plötzlich vor der
Gruppe eines Amor und einer Psyche
stehen.
»Wissen Sie,Mylady, daß Sie Aehn
lichkeit haben mit dieser Psyche da vor
uns?« sagte er lächelnd, »und wissen
Sie, daß ich diese Aehnlichkeit nicht erst
heute herausgefunden habe? Die Aehn
lichkeit ist überrasch-end, Mnladh, na
mentlich jetzt im Mondlicht, sehen Sie
nur.« -
»Das Mondlicht hat der Psyche hi3r
die Seele von den Lippen getiißt«, er
widert sie. »Das ist keine Psyche, das ist
ein seelenloses Weib, das seine Seelen
lesigkeit empfindet wie einen Fluch, und
das dem Liebesgott mit den starren Au
gen und den halbgeiiffneten Lippen zu
zurufen scheint: ,,Gieh mir die Seele,
die mir sehlt«!«
»Glauhen Sie denn, daß ein Mensch
dem Anderen eine Seele einhauchen
könne?« fragte er leise.
»Ein Mensch, nein . . . aber ein gro
ßer Mensch, Einer unter Tausenden
gewiß.«
Er hat ihre Hände erfaßt und zieht
sIs langsam näher: »Ich wollte, ich wäre
der Mensch . . . der große Mensch.«
Sie sieht ihn an athemlos, mit selt
sam flimmernden Augen. »Und was
dann, wenn ich Jhnen die Seele von den
Lippen küßte, wie Undine dem Heinrich
that? . . .«
Sie hat es gerufen, in Schmerz,
Sehnsucht und Verzweiflung
Er will sie halten, die zitternde, blas
fe Frau. . . Aber umsonst; sie ist fort.
. . · Wohin? Dorthin, wo die weißen
Villen aus dem Mondlicht steigen. Noch
einmal sieht er ihr lichtes Gewand
durch das Halbdunlel leuchten; —- dann
das Oeffnen und Schließen eines Tho
res und Alles ist still, todtenstill, nur
die Worte: »Was dann, wenn ich Ih
nen die Seele von den Lippen tüßte«—s
scheinen noch wie in leisem Echo durch
das Dunkel herüber zu zittern.
Am folgenden Tage hatte Hagar
Morgan Monaeo verlassen, wohin sie
gegangen, es wußte kein Mensch. Der
Prinz aber schien durch den Zauber der
Erinnerung auf dem Flect Erde festge
halten zu sein . .. .
Jeder Morgen findet Heinrich von
Foi vor der Gruppe der Pshche und des
Amor. Armer Prinz und das an einem
Ort, wo es so viele lebende Schönhei
ten zn bewundern giebt!
Indessen, die Caprice des Prinzen
von Foi. über die man vierzehn Tage
lang gesprochen, tritt plötzlich in den
Hintergrund durch zwei Neuigkeiten,
die die Zungen der schönen Modedamen
und per leichtsinnigen Lebemänner Mo
nacoLs in etwas dauerndere und anhal
tendere Bewegung setzen.
Die erste Neuigkeit ist eine Notiz, die
die Tageszeitung schreibt. »Gräfin
Hagar Morgan, eine sehr reiche, sehr
schöne, aber etwas excentrische Dame«,
heißt es in dieser Notiz, »ist bei einer
Tour aus die Spitze des Montblanc,
die sie ganz allein, ohne Führer, nur
von einem Diener begleitet, angetreten,
zugleich mit diesem in einem plötzlich
eingetretenen Schneegestöber verun
glückt.«
Die zweite Neuigkeit, die. etliche Wo
chen später in Monacv von Mund zu
Mund geht, beschäftigt die Lebewelt,
wie schon erwähnt, noch andauernder:
,,Gr"cifin Hagar hat ein Testament
hinterlassen, nnd Heinrich von Foi zum
Erben ihres Vermögens eingesetzt«
sc s- se
Prinz Heinrich von Foi ist von dem
Gerichte zu Zürich aufgefordert, sich
behufs Regelung der Erbschastsangele
genheit einzusinden.
Er kann es nicht lassen, sich immer
und immer wieder die selbstquälerische
Frage zu stellen: »Ist Gräfin Hei-gar
wirklich verunglückt, oder aber hat sie
freiwillig den Tod gesucht?«
Die Jahre kommen und gehen;
langsam-bleiernen Flügelschlageg kom
men sie — und langsanisbleiernen Flü
gelschlages gehen sie. Ein Tag gleicht
dem Anderen. —- Prinz Heinrich von
Foi befindet sich ständig aus Reisen.
Es ist an einem heißen Sonnnertug
des August, als der Prinz zum ersten
Mal die Gemäldeausftellung in New
York betritt.
Plötzlich bleibt er überrascht vor eis
nem mittelgroßen Bilde stehen.
Monaco! Da, in wundersamen Fari
ben grüßt es den Beschauer von Neuem
aus dem Rahmen heraus. Jni Vorder
grunde des Bildes hebt sich die Gruppe
der Psyche und des Amor. Und diese
Pshche zeigt die Züge Hagar Morgans.
Das ist ihr edel geschnittenes Ange
sicht, das sind die großen, starren Au
gen, aus denen es doch wie Sehnsucht
blickt, das sind die seinen, halbgeössne
ten Lippen, aus denen der Rus zu
schweben scheint: Gieb mir eine Seele,
gieb mir eine Seele, die mir fehlt
»Ich möchte das Bild Nummer
Tausendundvier erstehen,« sagte Prinz
Heinrich von Foi eine Stunde später
zu dem Direktor der Ansstellung.
»Bedauere unendlich,« entgegnet die
ser, »aber die Künstlerim Miß Aliee
F Yonng, hat wie der Herr sehen, extra «
.» Jst-.
im Kataiog be merkt: »Nicht vertii
lich«. Indessen können der Herr ee f
selbst mit der Tame Riicksprache neh
; men; ihr Ostetier befindet sich in der
! Printe Steckt Nummer dreiundneun
«
zie
Esine Stunde später bestritt Heinrich
T von Foi das bezeichnete Haus. Er
überschreitet die Schwelle des Ateliets.
— —— Teppich-: dämpfen seine Schritte, die
Fiiinstlerin wendet dem Eintretenden
den Rücken. Sie steht, an einem neuen
Bilde arbeitend, vor einer großen Staf
; selei· Und Prinz Heinrichs —- Selt
; sam! Er wagt tcinen Schritt weiter
vorwärts zu gehen Diese formt-ell
T endete Gestalt, an der das weiße Ge
- wand in schweren, elastischen Falten
niedersließt, dieses nachtschwarze Haar
« und jetzt bei einer halben Wendung des
Hauptes-. .O, allmächtiger Gott!
Heinrich von Foi hatte seine Anwe
senheit verrathen, er ist einige Schritte
. vorwärts geeilt —— Die Künstlerin
wendet sich und jetzt tönt ein leiden
« schaftliches, weinendes ,,Hagar!« zu der
Wölbung des Ateliers empor und der
Glückliche hält in unauslöslicher Um
arniung das todtgeglaubte, wiederge
fundene Weib in den Armen. —— —- —
Dies Weib aber schlägt zwei verklärte,
unter Thränen lächelnde Augen zu dem
? Geliebten empor, — nicht mehr die see
lenlose Peri, sondern die seelenvolle
: Psyche, die leben und empfinden ge
; lernt M , .
—- — -—-.0.-———-—-—-—
Sonntagskind.
Aus »Requiem«, Erinnerungsbläiter
einer Mutter.
Als alle Rosen blühten,
Als wehte der Sominerwind,
Da wurde mir geboren «
O Glück —— mein Sonntagskind!
Es ging als Sommersegen
Still lächelnd neben mir her,
Und was sein Händchen streifte,
Das quoll von Blüthen schwer!
ZOie Rosen blüh ’n und welken,
e Die Stürme wehen um ’s Haus:
Da trug man still zum Thore
Mein Sonntagskind hinaus! —
Jch saß an Deinem Bett in sturnmer
Qual,
- Mit letzter Liebe wollt’ ich Dich umfas
sen!
Jch wußte: Rast hielt’st Du zum letz
ten Mal,
; Jch wußte ja: mein Kind —— -ich sollt’
l
es lassen!
Still mark-: ringsum, Verhängt der
Lampe Schein,
« Jch hielt die Handchen, Deine blassen
kleinen,
Jch sog der Augen dunkle Strahlen
ein —
Ein Frevel schien mir selbst verhalt nes
Weinen!
Das war die bange, bange letzteStund’!
Jch sal) Dich schmerzvoll mit dem Tode
I ringen!
Nach Hilfe noch schrie laut der kleine
Mund,
Die Hilfe, ach! ich konnte sie nicht brin
gen!
Nachtschatten käinpsten zitternd mit
dem Licht;
Die Lampe flackert’ auf, dann brannt
sie trüber —
Ein Flügel streifte schattend Dein Ge
i t
Ein dunkler, schwerer «-—— dann warst
Du hinüber-. —
Zerrissene Saiten —— sie klingen nicht
mehr —-—
an Freude nicht mehr, noch imSchmerz.
Wie der Sturm des Lebens auch braust
einher:
Todt liegt in der Brust mein Herz!
Und käme das Glück, ich senkte das
Haupt:
,,Geh’ fort, ich kenne Dich nicht!«
Verhüllte still mit dem Leirljentuch
Mein starres Angesicht!
Otto-— — —
F O t A l .
»Du, Dein neuer Knssirer gestillt
mir nickt, er bat mir mit dem vorigen,
der disfraudirte, zu viel Aehnlichkeit.«
,,Al),die ist ob r nur verschwindend.«
,,(-5·,ben darum.«
s -
! Vergessen Hksflichkeit.
Z Richter: »Also Sie wollen den«-Mann
s nicht kennen, mkk dem Sie gemein
j schriftlich den Tixvstchl ixivsjqesiitsrt ha
; ben?«
z »Nein, Herr (.s)esidii.l-,-c-j, wir hatten
s in der Eile vergessen Uns einander
, vorzustellen«
I
iiiiikr Irr-indem
A: »Ist-ins Fri. U sstzt ja im Neben
ziniiner nnd weint ie bittersten
Schincrzcnsttkriiiicsn!«
B: »Unsiim, Ins sind nur Krokos
dilgihrilncnk«
As ««.-«(’ci. Im Dus«
B Wenn icii eH Dir sage, —- ich
bin Weuike iizei il«
Gaiincrfrccjiyeit
Zeuge (ziim T)1ngctiaqteii):,-Mensch!
Schlägt Sie ka Gewissen nicht bei
dem Gedanken, baß Sie mich bei Ih
rem frevelhaften Einbruch um mein
Vermögen gebracht haben?«
Einbrechet: »Ja, wenn Sie bei mir
injebtochcn hätten, hätten Sie mir doch
nifcht biujelegi!«